S 9 AS 348/15

Land
Nordrhein-Westfalen
Sozialgericht
SG Detmold (NRW)
Sachgebiet
Grundsicherung für Arbeitsuchende
Abteilung
9
1. Instanz
SG Detmold (NRW)
Aktenzeichen
S 9 AS 348/15
Datum
2. Instanz
LSG Nordrhein-Westfalen
Aktenzeichen
-
Datum
-
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Klage wird abgewiesen. Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.

Tatbestand:

Zwischen den Beteiligten sind nur noch höhere Leistungen für Kosten und Unterkunft in Höhe von weiteren 56,80 Euro monatlich für Grundmiete und Nebenkosten für die Zeit vom 1.1.2015 bis 30.9.2015 streitig.

Die Kläger leben in einer Bedarfsgemeinschaft und bezogen von der Beklagten laufend ALG II. Sie bewohnten eine 87 qm große Wohnung in B (Kreis Q) zu einer Grundmiete in Höhe von 320,00 Euro zzgl. 80,00 Euro Nebenkosten und unstreitigen Heizkosten in Höhe von 89,00 Euro. Bis zum 31.7.2014 wohnte mit den Klägern in dieser Wohnung noch der gemeinsame Sohn. Nach dem die Kläger der Beklagten mitgeteilt hatten, dass ihr Sohn zum 31.7.2014 aus der Wohnung ausziehen würde, forderte die Beklagte die Kläger mit Schreiben vom 12.6.2014 auf, die Kosten der Unterkunft auf ein angemessenes Maß zu senken. Die derzeitigen Kosten in Höhe von 400,00 Euro zzgl. Heizkosten würden nur noch bis zum 31.12.2014 übernommen. Danach hätten die Kläger nur noch Anspruch auf die für einen 2 - Personenhaushalt angemessen Unterkunftskosten in Höhe von 343,20 Euro zzgl. Heizkosten. Dieses ergäbe sich aus dem für den Kreis Q erstellten Konzept für die Ermittlung der Bedarfe für Unterkunft der Firma Analyse & Konzept.

Mit Bescheid vom 1.12.2014 und Änderungsbescheiden vom 18.12.2014, 5.1.2014, 9.1.2015, 26.1.2015, 19.3.2015, 23.4.2015 und 27.4.2015 bewilligte die Beklagte den Klägern ab 1.1.2015 bis zum 30.9.2015 Leistungen für Unterkunft und Heizung nur noch in Höhe von 343,20 Euro zzgl. Heizkosten.

Den hiergegen rechtzeitig erhobenen Widerspruch wies die Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 3.2.2015 als unbegründet zurück:

Die Kläger hätten nach dem Auszug des Sohnes nur noch Anspruch auf eine angemessene Miete für eine 65 qm Wohnung in Höhe von 343,20 Euro zzgl. Heizkosten. Dieses ergäbe sich aus dem für den Kreis Q erstellten Konzept für die Ermittlung der Bedarfe für Unterkunft der Firma Analyse & Konzept.

Mit der am 2.3.2015 erhobenen Klage verfolgen die Kläger ihren Anspruch auf Gewährung der Kosten für Unterkunft und Heizung in tatsächlicher Höhe von 400,00 Euro monatlich zzgl. Heizkosten im vollem Umfang weiter.

Sie sind der Auffassung, dass sie Anspruch auf Übernahme der tatsächlich anfallenden Miete haben. Sie könnten wegen des Auszuges ihres Sohnes nicht die Wohnung wechseln. Jedenfalls aber sei auch die von der Beklagten bewilligte Miete zu niedrig. Wohnraum sei in B für diesen Mietzins nicht zu erhalten. Das von der Beklagten vorgelegte Konzept für den Kreis Q entspräche nicht den Anforderungen an ein schlüssiges Konzept für die Ermittlung der Bedarfe für Unterkunft und Heizung im Sinne der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts (BSG). Daher sei mindestens der Satz der Wohngeldtabelle zzgl. 10 % Sicherheitsaufschlag zu gewähren, was insgesamt 387,20 Euro zzgl. Heizkosten entspräche. Zumindest dieser Betrag sei daher von der Beklagten zu leisten.

Die Kläger beantragen,

den Bescheid der Beklagten vom 1.12.2014 in der Fassung der Änderungsbescheide vom 18.12.2014, 5.1.2014, 9.1.2015, 26.1.2015, 19.3.2015, 23.4.2015 und 27.4.2015 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 3.02.2015 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, an die Kläger höhere Leistungen für die Kosten für Unterkunft und Heizung in der Zeit vom 1.1.2015 bis 30.9.2015 zu zahlen.

Die Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

Sie beruft sich im Wesentlichen auf ihre Ausführungen im Widerspruchsbescheid und auf das für den Kreis Q erstellte Konzept für die Ermittlung der Bedarfe für Unterkunft der Firma Analyse & Konzept.

Die Beteiligten haben sich am 23.3.2016 im Erörterungstermin übereinstimmend mit einer Entscheidung ohne mündliche Verhandlung einverstanden erklärt.

Zur Ergänzung des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der Gerichtsakte und der beigezogenen Verwaltungsakte der Beklagten, einschließlich des für den Kreis Q erstellten Konzeptes für die Ermittlung der Bedarfe für Unterkunft der Firma Analyse & Konzept, Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

Das Gericht konnte gemäß § 124 Abs. 2 des Sozialgerichtsgesetzes (SGG) ohne mündliche Verhandlung durch Urteil entscheiden, da die Beteiligten sich zuvor mit dieser Verfahrensweise einverstanden erklärt haben.

Die zulässige Klage ist unbegründet.

Die Kläger sind nicht beschwert im Sinne des § 54 Abs. 2 Satz 1 SGG, da der angefochtene Bescheid vom 1.12.2014 in der Fassung der Änderungsbescheide vom 18.12.2014, 5.1.2014, 9.1.2015, 26.1.2015, 19.3.2015, 23.4.2015 und 27.4.2015 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 3.02.2015 rechtmäßig ist. Denn die Kläger haben keinen Anspruch auf höhere Leistungen für Kosten der Unterkunft. Dies folgt aus § 22 Abs. 1 Satz 1 SGB II.

Nach dieser Vorschrift werden Bedarfe für Unterkunft und Heizung in Höhe der tatsächlichen Aufwendungen anerkannt, soweit diese angemessen sind. Insoweit ist es nicht zu beanstanden, dass die Beklagte die monatlich übernommenen Bedarfe für die Unterkunft im streitgegenständlichen Zeitraum auf 343,20 Euro beschränkt hat, da die tatsächlichen Aufwendungen der Kläger für die Unterkunft, soweit sie die von der Beklagten festgesetzten Grenzen übersteigen, unangemessen sind.

Die Angemessenheit der Aufwendungen für eine Wohnung bzw. ein Eigenheim ist nach der Rechtsprechung des BSG im Rahmen einer mehrstufigen Einzelfallprüfung zu beurteilen. Der unbestimmte Rechtsbegriff der "Angemessenheit" beinhaltet keinen der gerichtlichen Kontrolle entzogenen Beurteilungsspielraum der Verwaltung, sondern unterliegt der uneingeschränkten gerichtlichten Überprüfung (BSG, Urteil vom 19.10.2010, Az. B 14 AS 50/10 R; Luik in: Eicher, SGB II, 3. Auflage 2013, § 22, Rn. 72 m.w.N.). Die Einzelfallprüfung hat sich an der sogenannten Produkttheorie zu orientieren. Das "Produkt Mietpreis" setzt sich zusammen aus angemessener Wohnfläche und Wohnstandard und muss angemessen sein. Zu prüfen ist, ob die tatsächlich anfallende Miete die abstrakt angemessene Mietobergrenze in dem räumlichen Bezirk, der den Vergleichsmaßstab bildet, überschreitet. Nicht alle berücksichtigungsfähigen Faktoren müssen je für sich angemessen sein. Entscheidend ist allein das Produkt aus angemessener Wohnfläche und Standard, dass sich im Mietzins niederschlägt (vgl. BSG, Urteile vom 07.11.2006, Az. B 7b AS 10/06 R, Az. B 7b AS 18/06 R, Urteil vom 18.06.2008, Az. B 14/7b AS 44/06 R; Luik, a.a.O., Rn. 72). Zur Konkretisierung der Angemessenheitsgrenze werden nach der Rechtsprechung des BSG in einem ersten Schritt die abstrakt angemessene Wohnungsgröße und der Wohnungsstandard bestimmt, sowie in einem zweiten Schritt festgelegt, auf welchen räumlichen Vergleichsmaßstab (Vergleichsraum) für die weiteren Prüfungsschritte abzustellen ist. In einem dritten Schritt ist zu ermitteln, wie viel auf diesem Wohnungsmarkt für eine Wohnung einfachen Standards aufzuwenden ist (Referenzmiete), indem eine Datenerhebung und Datenauswertung durch den kommunalen Träger bzw. das Jobcenter erfolgt (sog. "schlüssiges Konzept"). Diese ersten drei Schritte bezeichnet das BSG als abstrakte Angemessenheitsprüfung. In einem vierten und letzten Schritt ist zu prüfen, ob für den Leistungsberechtigten eine andere bedarfsgerechte und kostengünstigere Wohnung verfügbar und zugänglich ist, sog. konkrete Angemessenheitsprüfung (vgl. Luik, a.a.O., Rn. 74).

Die Größe der von den Klägern bewohnten Wohnung mit einer Wohnfläche von 87 qm ist nach dem Auszug des Sohnes ab 1.8.2014 als unangemessen zu beurteilen. Zur Festlegung der angemessenen Wohnfläche ist aus Gründen der Praktikabilität und Rechtssicherheit auf die Wohnraumgrößen für Wohnberechtigte im sozialen Mietwohnungsbau abzustellen (vgl. BSG, Urteil vom 07.11.2005, Az. B 7b AS 18/06 R, Urteil vom 16.05.2012, Az. B 4 AS 109/11 R; Luik, a.a.O., Rn. 77 m.w.N.). Maßgeblich sind dabei in Nordrhein-Westfalen die Werte der Nr. 8.2 der Wohnraumnutzungsbestimmungen (vgl. BSG, Urteil vom 16.05.2012, Az. B 4 AS 109/11 R). Danach beträgt die Wohnflächengrenze für Ein-Personen-Haushalte 50 qm, für jede weitere Person sind 15 qm hinzuzurechnen. Die Wohnfläche von 87 qm übersteigt die für den Zwei-Personen-Haushalt der Kläger angemessene Wohnflächengrenze von 65 qm um über 20%. Diese Überschreitung der angemessenen Wohnungsgröße wäre nach den oben dargestellten Grundsätzen allerdings grundsicherungsrechtlich unbeachtlich, wenn das Produkt aus den Unterkunftskosten je qm und der tatsächlichen Wohnfläche gleichwohl angemessen im Sinne des § 22 Abs. 1 Satz 1 SGB II wäre. Dies ist hier jedoch nicht der Fall, da die tatsächlichen Aufwendungen der Kläger in Höhe von 400 Euro (zuzüglich unstreitigen Heizkosten in Höhe von 89,00 Euro) die Angemessenheitsobergrenze i. H. v. 343,20 Euro für den maßgeblichen Vergleichsraum deutlich übersteigen.

Bei der Bestimmung des maßgeblichen örtlichen Vergleichsraums zur Ermittlung einer angemessenen Referenzmiete am Wohnort oder im weiteren Wohnumfeld des Leistungsberechtigten sind ausreichend große Räume (nicht bloße Orts- oder Stadtteile) der Wohnbebauung zu definieren, die aufgrund ihrer räumlichen Nähe zueinander, ihrer Infrastruktur und insbesondere ihrer verkehrstechnischen Verbundenheit einen insgesamt betrachtet homogenen Lebens- und Wohnbereich bilden. Es kann also nicht schematisch auf das Gebiet des zuständigen kommunalen Trägers oder auf den kommunalver- fassungsrechtlichen Gemeindebegriff abgestellt werden. Bei der Bildung des räumlichen Vergleichsmaßstabs kann es - insbesondere im ländlichen Raum - geboten sein, größere Gebiete als Vergleichsgebiete zusammenzufassen, während in größeren Städten andererseits eine Unterteilung in mehrere kleinere Vergleichsgebiete, die kommunal- verfassungsrechtlich keine selbständigen Einheiten darstellen, geboten sein kann. (vgl. BSG, Urteil vom 07.11.2006, Az. B 7b AS 18/06 R, Urteil vom 19.10.2010, Az. B 14 AS 50/10 R; Luik, a.a.O., Rn. 81 m.w.N.).

Als räumlicher Vergleichsmaßstab kann hier nicht auf das gesamte Kreisgebiet des Kreises Q abgestellt werden, da die Städte und Gemeinden des Kreisgebietes insgesamt nicht nach Lage, Größe und Struktur vergleichbar sind. Dementsprechend hat die mit der Erstellung des für den Kreis Q zugrunde gelegten Konzepts beauftragte Firma innerhalb des Kreises Q unterschiedliche Wohnungsmarkttypen identifiziert und voneinander abgegrenzt, um den regionalen Besonderheiten des Kreisgebietes bzgl. der Mietpreisbildung gerecht zu werden. In dem Konzept wurde der Wohnungsmarkt im Kreis Q dementsprechend in drei Raumeinheiten mit strukturell vergleichbaren Wohnungsmärkten unterteilt, für diese Wohnungsmärkte wurden Vergleichsmieten ermittelt. Dies geschah mithilfe des statistischen Verfahrens der sog. Clusteranalyse, eines Analyseverfahrens, das es ermöglicht, Objekte innerhalb einer Grundgesamtheit zu identifizieren und zusammenzufassen, deren Eigenschaften oder Eigenschaftsausprägungen bestimmte Ähnlichkeiten aufweisen (vgl. hierzu weiter Seite 3 und 4 des Konzepts). Die Stadt B ist dabei dem Wohnungsmarkttyp 1 zugeordnet.

Diese Verfahrensweise sowie die vorgenommene Einteilung in Wohnungsmarkttypen ist nach Auffassung des Gerichts im Hinblick auf die Rechtsprechung des BSG zur Ermittlung des maßgeblichen örtlichen Vergleichsraums nicht zu beanstanden. Hierdurch wird gewährleistet, dass zum einen Wohnungsmärkte mit größtmöglicher Ähnlichkeit zusammengefasst und von den sich erheblich unterscheidenden Wohnungsmarkttypen abgegrenzt werden und zum anderen repräsentative Fallzahlen ausgewertet werden können. Dies führt zur Schaffung ausreichend großer Räume der Wohnbebauung, die - wenn auch nicht unmittelbar aneinander angrenzend - räumliche Nähe aufweisen und von ihrer Infrastruktur her einen insgesamt betrachtet homogenen Lebens- und Wohnbereich bilden. Soweit es die vom BSG geforderte verkehrstechnische Verbundenheit betrifft, ist zu berücksichtigen, dass eine enge Auslegung dieser Voraussetzung in ländlichen Gebieten gerade zur - vom BSG nach den obigen Ausführungen nicht für sinnvoll erachteten - Notwendigkeit der Einzelbetrachtung vieler Gemeinden führt, was die Ermittlung repräsentativer Zahlen deutlich erschweren würde.

Die Beklagte konnte der Bestimmung einer angemessenen Vergleichsmiete auch das für den Kreis Q erstellte Konzept zu Grunde legen, da es den Anforderungen des BSG an ein sog. "schlüssiges Konzept" entspricht.

Der Leistungsträger hat insoweit die konkreten örtlichen Gegebenheiten auf seinem Wohnungsmarkt zu ermitteln und zu berücksichtigen, so wie das etwa bei der Erstellung qualifizierter Mietspiegel der Fall ist. Um ein gleichmäßiges Verwaltungshandeln innerhalb eines Vergleichsraums zu gewährleisten, darf die Ermittlung der regionalen Angemessenheitsgrenze nicht punktuell von Fall zu Fall, sondern muss durch ein planmäßiges Vorgehen des kommunalen Trägers bzw. des Jobcenters im Sinne einer systematischen Ermittlung und Bewertung genereller, wenngleich ort- und zeitbedingter Tatsachen im maßgeblichen Vergleichsraum sowie für sämtliche Anwendungsfälle erfolgen (BSG, Urteil vom 17.12.2009, Az. B 4 AS 50/09 R m. w. N.; Luik, a.a.O., Rn. 84 f., m.w.N.). Das BSG verlangt vom kommunalen Träger, die Wirklichkeit zu erfassen und sich Kenntnis über seinen Wohnungsmarkt zu verschaffen. Das Konzept muss transparent und nachvollziehbar sein und soll hinreichende Gewähr dafür bieten, dass die aktuellen Verhältnisse des örtlichen Mietwohnungsmarktes wiedergegeben werden und die Begrenzung der Kosten der Unterkunft auf ein angemessenen Maß von den Gerichten hinreichend nachvollzogen werden kann (BSG, Urteil vom 18.06.2008, Az. B 14/7b AS 44/06 R; Luik, a.a.O., Rn. 85 m.w.N.). Das BSG (vgl. nur Urteil vom 22.09.2009, Az. B 4 AS 18/09 R) hat für die Schlüssigkeit eines Konzepts folgende Mindestvoraussetzungen aufgestellt:

- Die Datenerhebung darf ausschließlich in dem genau eingegrenzten und muss über den gesamten Vergleichsraum erfolgen (keine "Ghettobildung"),

- es bedarf einer nachvollziehbaren Definition des Gegenstandes der Beobachtung (z. B. welche Art von Wohnungen, gegebenenfalls Differenzierung nach Standard der Wohnungen, Brutto- oder Netto-Kaltmiete, Differenzierung nach Wohnungsgröße),

- Angaben über den Beobachtungszeitraum,

- Festlegung der Art und Weise der Datenerhebung (Erkenntnisquellen, z.B. Miet- spiegel),

- Repräsentativität des Umfangs der eingezogenen Daten,

- Validität der Datenerhebung,

- Einhaltung anerkannter mathematisch-statistischer Grundsätze der Datenauswer- tung und

- Angaben über die gezogenen Schlüsse (z.B. Spannoberwert oder Kappungs- grenze).

Das Konzept für den Kreis Q genügt diesen Anforderungen und stellt nach Auffassung des Gerichts ein schlüssiges Konzept im Sinne der ständigen Rechtsprechung des BSG dar. Es folgt im Wesentlichen der Methodik, die auch für die Erstellung eines qualifizierten Mietspiegels im Sinne von § 558 d des Bürgerlichen Gesetzbuches (BGB) angewandt wird, passt diese aber in nachvollziehbarer Weise den Erfordernissen der Ermittlung von Obergrenzen für die Kosten der Unterkunft im Grundsicherungsrecht an.

Die beauftragte Firma hat eine umfangreiche und repräsentative Befragung von Vermietern und Mietern im gesamten Kreisgebiet durchgeführt. Berücksichtigt wurden dabei sämtliche Mietwohnungen, also sowohl solche, die öffentlichen Mietpreisbindungen unterliegen, als auch frei finanzierte Mietwohnungen. Darüber hinaus wurden in ländlichen Bereichen auch Wohnungen in Zwei-Familien-Häusern berücksichtigt, da dort ein entsprechender Geschoss-Wohnungsbau und damit ein entsprechendes Wohnungsangebot fehlt bzw. nur in sehr geringem Umfang vorhanden ist. Nicht berücksichtigt wurden Wohnungen in Wohn- und Pflegeheimen, gewerblich oder teilgewerblich genutzte Wohnungen, mietpreisreduzierte Werkswohnungen und Wohnungen mit Freundschaftsmieten ebenso wie Apartments (möblierte Wohnungen), da bei letzteren eine Unterscheidung zwischen Netto-Kaltmiete und den Zahlungen für die Möblierung nicht möglich ist. Im Rahmen der Erhebung bzw. der Auswertung wurden weiterhin in nachvollziehbarer Weise unter Einbeziehung des im Rahmen der Produkttheorie maßgeblichen Merkmals des Wohnstandards nur diejenigen Wohnungen berücksichtigt, die zumindest über die Merkmale "Bad" und "Sammelheizung" verfügten. Substandardwohnungen, die diesem Niveau nicht genügten, blieben unberücksichtigt. Dies trägt dem Umstand Rechnung, dass eine Wohnung nach der Rechtsprechung (vgl. z. B. BSG, Urteil vom 20.12.2011, Az. B 4 AS 19/11 R) zwar dann angemessen ist, wenn sie nach Ausstattung, Lage und Bausubstanz einfachen und grundlegenden Bedürfnissen entspricht und keinen gehobenen Wohnstandard aufweist, hierbei allerdings das untere und ausdrücklich nicht das unterste Marktsegment als angemessen angesehen wird. Von der Erhebung ausgeschlossen wurden auch Wohnungen des Luxussegmentes, die explizit als solche vermarktet oder erkennbar waren.

Den Klägern wäre es schließlich auch konkret möglich gewesen, eine bedarfsgerechte und angemessene Wohnung anzumieten. Für den Fall, dass die tatsächlichen Kosten der Wohnung - wie hier - die abstrakt ermittelte angemessene Referenzmiete übersteigen, ist zu prüfen, ob der Leistungsberechtigte tatsächlich die konkrete Möglichkeit hat, eine abstrakt als angemessen eingestufte (bedarfsgerechte und kostengünstigere) Wohnung auf dem Wohnungsmarkt des konkreten Vergleichsraums anmieten zu können. Besteht eine konkrete Unterkunftsalternative nicht, sind die Aufwendungen für die tatsächlich gemietete Unterkunft als konkret angemessen anzusehen und daher zu übernehmen (vgl. BSG, Urteil vom 07.11.2006, Az. B 7 b AS 18/06 R; Luik, a.a.O., Rn. 98 m.w.N.).

In dem schlüssigen Konzept für den Kreis Q wird durch die Erhebung aktueller Angebotsmieten und deren Gegenüberstellung mit den erhobenen Bestandsmieten sichergestellt, dass die ermittelten Mietpreise es Grundsicherungsempfängern erlauben, zu den angegebenen Preisen Wohnraum anmieten zu können.

Die Kläger können daher einen Anspruch auf Gewährung weiterer Kosten der Unterkunft im streitgegenständlichen Zeitraum schließlich auch nicht auf § 22 Abs. 1 Satz 3 SGB II stützen, da der dort regelhaft genannte Zeitraum von sechs Monaten für die Übernahme unangemessener Kosten der Unterkunft im streitgegenständlichen Zeitraum bereits abgelaufen war. Soweit die Aufwendungen für die Unterkunft und Heizung den der Besonderheit des Einzelfalles angemessenen Umfang übersteigen, sind sie gemäß § 22 Abs. 1 Satz 3 SGB II als Bedarf solange anzuerkennen, wie es der oder dem alleinstehenden Leistungsberechtigtem oder der Bedarfsgemeinschaft nicht möglich oder nicht zuzumuten ist, durch einen Wohnungswechsel, durch Vermieten oder auf andere Weise die Aufwendungen zu senken, in der Regel jedoch längstens für sechs Monate.

Die Beklagte hat die Kläger bereits mit Schreiben vom 12.6.2014 zur Senkung ihrer Unterkunftskosten auf ein angemessenes Maß aufgefordert und im Anschluss daran lediglich noch die aus ihrer Sicht angemessen Kosten der Unterkunft bis zum 31.12.2014 gewährt. Den Klägern war dementsprechend bei erneuter Beantragung von Leistungen am 12.06.2014 bekannt, dass die anfallenden Unterkunftskosten unangemessen waren und daher von der Beklagten auf den Mietrichtwert abgesenkt würden. Dabei ist nach Auffassung der Kammer auch unerheblich, dass die Wohnung erst durch den Auszug des Sohnes ab 1.8.2014 unangemessen geworden ist. Für die Berechnung des 6 Monatszeitraumes kommt es lediglich darauf an, dass die Kläger somit 6 Monate Zeit haben sich eine angemessene Wohnung zu suchen. Daher kann die Senkungsaufforderung auch schon vor einem zukünftigen Ereignis, durch das die Wohnung erst unangemessen wird, ausgesprochen werden.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Rechtskraft
Aus
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