Land
Berlin-Brandenburg
Sozialgericht
LSG Berlin-Brandenburg
Sachgebiet
Grundsicherung für Arbeitsuchende
Abteilung
18
1. Instanz
SG Cottbus (BRB)
Aktenzeichen
S 31 AS 322/14
Datum
2. Instanz
LSG Berlin-Brandenburg
Aktenzeichen
L 18 AS 684/15
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
B 4 AS 379/16 B
Datum
Kategorie
Urteil
Bemerkung
BSG: Beschwerde (-)
Die Berufung des Klägers gegen den Gerichtsbescheid des Sozialge-richts Cottbus vom 14. Januar 2015 wird zurückgewiesen. Außergerichtliche Kosten sind auch im Berufungsverfahren nicht zu er-statten. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand:
Der 1951 geborene Kläger steht im laufenden Leistungsbezug bei dem Beklagten. Unter dem 10. Oktober 2013 beantragte der Kläger die Entfernung sämtlicher Konto-auszüge aus den ihn betreffenden Verwaltungsakten des Beklagten. Hierauf teilte der Beklagte mit Schreiben vom 14. Oktober 2013 mit, soweit Kontoauszüge einge-reicht worden seien und Angaben enthalten seien, die die Höhe des Leistungsbezu-ges beeinflussten, seien die Voraussetzungen des § 67c Abs. 1 Satz 1 Sozialgesetz-buch – Sozialverwaltungsverfahren und Sozialdatenschutz – (SGB X) erfüllt. Sollten sich in der Akte Kontoauszüge befinden, für die diese Voraussetzung nicht erfüllt sei, würden diese Kontoauszüge aus der Akte entfernt. Unter dem 11. November 2013 legte der Kläger durch Rechtsanwalt Lange gegen dieses Schreiben Widerspruch ein und begehrte weiterhin die unverzügliche und vollständige Löschung der Daten. Die Beklagte wies den Widerspruch des Klägers gegen den "Bescheid" vom 14. Oktober 2013 mit Widerspruchsbescheid vom 11. Dezember 2013 zurück und führte aus: Der zulässige Widerspruch sei in der Sache unbegründet. Das Speichern, Verändern o-der Nutzen von Sozialdaten durch die in § 35 Abs. 1 Satz 1 Sozialgesetzbuch – All-gemeiner Teil – (SGB I) genannten Stellen sei zulässig, mindestens soweit es zur Erfüllung der in der Zuständigkeit der verantwortlichen Stelle liegenden gesetzlichen Aufgaben nach diesem Gesetzbuch erforderlich sei und es für Zwecke erfolge, für die die Daten erhoben worden seien (§ 67c Abs. 1 Satz 1 SGB X). Das Aufbewahren von Kontoauszügen sei insbesondere dann zulässig, wenn sich aus deren Inhalt ein weiterer Ermittlungsbedarf oder eine Änderung der Leistungshöhe ergebe. Kontoauszüge seien Beweismittel im Sinne des § 60 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 SGB I, welcher sich die Behörde gemäß § 21 Abs. 1 Satz 1 SGB X zur Ermittlung von Sachverhalten, insbesondere der Feststellung von Hilfebedürftigkeit gemäß den §§ 7 ff SGB II bediene. Als begründende Unterlagen für das rechtmäßige Handeln der Träger der Grundsicherung für Arbeitssuchende sei die Aufbewahrung solcher Unterlagen, welche für die Erfüllung der gesetzlichen Aufgaben erforderlich sei, unverzichtbar. Andernfalls bestünde die Gefahr, dass entscheidungserhebliche Informationen verloren gingen, welche Grundlage und Voraussetzung für den Erlass rechtmäßiger Verwaltungsakte seien. Der Kläger habe nicht substantiiert vorgetragen, auf welche Kontoauszüge sich sein Verlangen beziehe. Es seien keine Tatsachen vorgetragen worden, welche eine Verzichtbarkeit der Kontoauszüge begründen können. Im Klageverfahren hat der Kläger vorgetragen: Das Speichern von Kontoauszügen in der Verwaltungsakte sei zur Aufgabenerfüllung grundsätzlich nicht erforderlich. Die Beklagte möge darlegen, was sie – wem gegenüber – mit den Kontoauszügen konk-ret beweisen wolle. Die vorsorgliche Erhebung und Speicherung von Sozialdaten sei unzulässig. Die Kenntnis des Kontostandes erfordere ganz sicher keine Speicherung der Kontodaten bei dem Beklagten.
Das Sozialgericht (SG) Cottbus hat die Klage mit Gerichtsbescheid vom 14. Januar 2015 abgewiesen. Zur Begründung ist ausgeführt: Die zulässige Klage sei unbe-gründet. Der "Bescheid" vom 14. Oktober 2013 in Gestalt des Widerspruchsbeschei-des vom 11. Dezember 2013 sei nicht rechtswidrig und verletze den Kläger nicht in seinen Rechten. Auch das Feststellungsbegehren des Klägers sei unbegründet. Es bestünden bereits erhebliche Bedenken, ob hinsichtlich des Klägers in dem Schrei-ben des Beklagten vom 14. Oktober 2013 überhaupt ein anfechtbarer Verwaltungs-akt vorgelegen habe. Insgesamt dürfte es sich um eine Zwischenmitteilung gehandelt haben, die nicht selbstständig mit dem Rechtsbehelf des Widerspruchs angefochten werden könne. Allenfalls enthalte das Schreiben des Beklagten konkludent eine Teil-ablehnung, soweit der Kläger nämlich die Entfernung sämtlicher Kontoauszüge, also auch derjenigen, die für den Leistungsbezug ggf. noch benötigt würden, enthalte. Nur dann, wenn man insoweit von einer teilweisen Ablehnung des Begehrens des Klägers ausgehe und darin eine Beschwer des Klägers angenommen werde, wäre der Widerspruch ggf. zulässig. Hiervon sei der Beklagte offensichtlich ausgegangen, denn in dem Widerspruchsbescheid des Beklagten sei erstmalig der Antrag des Klä-gers durch eine Sachentscheidung abgelehnt worden. Wenn danach aber der Be-klagte – ohne Not – jedenfalls in dem Widerspruchsbescheid eine Sachentscheidung getroffen habe, sehe sich die Kammer dazu berufen, das Klagebegehren insgesamt in der Sache zu prüfen. Ein Anspruch des Klägers auf Löschung der von dem Be-klagten gespeicherten Daten durch das Abheften der Kontoauszüge des Klägers fin-de seine Stütze in § 84 Abs. 2 SGB X. Das Abheften der von dem Kläger zur Verwal-tungsakte eingereichten Kontoauszüge sei ein Speichern von Sozialdaten im Sinne des § 67c Abs. 1 SGB X. Die auf diese Weise nicht nur erhobenen sondern damit auch gespeicherten Sozialdaten seien nicht im Sinne des § 84 Abs. 2 SGB X unzu-lässig gespeichert worden. Denn die bloße Erhebung der Daten durch die Vorlage der Kontoauszüge im Rahmen einer Leistungsbewilligung reiche zur ordnungsgemä-ßen Erfüllung der Aufgaben des Beklagten nicht aus. Aus den vorzulegenden Konto-auszügen, die insoweit Urkundscharakter hätten, seien die jeweiligen Geldzu- und -abflüsse belegt, die für die Frage der Hilfsbedürftigkeit und auch für die Leistungsbe-rechnung evident wichtig seien. Sei dienten damit der Erfüllung der gesetzlichen Aufgaben des Beklagten, dem hilfebedürftigen Kläger die ihm zustehenden Leistun-gen nach dem SGB II zu bewilligen. Hierzu reiche die bloße Vorlage der Kontoaus-züge nicht aus. Dem jeweiligen Sachbearbeiter müsse die Möglichkeit gegeben sein, diese Unterlagen sorgfältig auszuwerten und zu überprüfen. Danach komme nur ein Anspruch auf Entfernung der Kontoauszüge aus § 84 Abs. 2 Satz 2 SGB X in Be-tracht. Danach seien gespeicherte Daten zu löschen, wenn sie nicht mehr erforder-lich seien. Der Begriff der Erforderlichkeit sei dabei ein unbestimmter Rechtsbegriff. Der Wegfall der Erforderlichkeit könne sich danach um verschiedene näher zu be-stimmende zu beziehen. In Betracht käme dabei der Ablauf eines Bewilligungszeit-raumes spätestens mit einer endgültigen Leistungsfestsetzung bei vorangegangener vorläufiger Leistungsfestsetzung; der Ablauf der Ausschlussfrist aus § 40 Abs. 1 SGB II in Verbindung mit § 44 Abs. 4 SGB X von einem Jahr oder auch der Ablauf von zehn Jahren. Das Speichern der Sozialdaten gemäß § 67c Abs. 1 Satz 1, Abs. 2 Nr. 1 SGB X sei zulässig, wenn es zur Erfüllung der gesetzlichen Aufgaben der Behörden erforderlich sei. Zu diesen Aufgaben gehörten nicht nur Leistungsbewilligungen, sondern auch die Umsetzung späterer Entwicklungen durch Korrektur der ursprünglichen Entscheidung. Hinzu kämen gerichtliche Verfahren und verwaltungsinterne Maßnahmen nach § 67 Abs. 3 SGB X. Zu den gesetzlichen Aufgaben gehörten zumindest das Verwaltungsverfahren zur Bewilligung von Leistungen, die Korrektur von Leistungsbescheiden nach §§ 44 ff. SGB X, die Geltendmachung von Ersatzansprüchen nach §§ 34, 34a SGB II, die Erbenhaftung nach § 35 SGB II, Erstattungsverfahren gegenüber anderen Leistungsverträgen nach §§ 102 ff. SGB X und damit zusammenhängende gerichtliche Verfahren. Hinzu kämen Aufsichts-, Kontroll- und Disziplinarverfahren, Rechnungsprüfung und Organisationsuntersuchungen. Eine Datenspeicherung sei erforderlich, wenn der Leistungsträger die Kenntnis der Daten benötige, um seine Aufgaben zu erfüllen. Die Prüfung der Leistungsvoraussetzungen und die längerfristige Notwendigkeit der Nachvollziehbarkeit und Überprüfbarkeit der Verwaltungsentscheidung sei nach dem dargelegten Aufgabenspektrum offenkundig notwendiger Teil der Verwaltungsaufgaben. Die Höhe des Erwerbseinkommens, die Aufgliederung der Lohnbestandteile und der Zuflusszeitpunkt beeinflusse unmittelbar die Höhe des Anspruchs auf Leistung nach dem SGB II. Aus diesem Grund sei nach der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts (BSG) gemäß § 60 Abs. 1 SGB I grundsätzlich auch Kontoauszüge für mehrere Monate vorzulegen. Wie dargelegt könne diese Rechtsprechung nicht so verstanden werden, dass die Verwaltung nur einen Blick darauf werfen dürfe. Die längerfristige Speicherung der angeforderten Lohnunterlagen und Kontoauszüge sei für die Aufgabenerfüllung des Beklagten er-forderlich. Es sei davon auszugehen, dass die Speicherung der Kontoauszüge des Klägers in den Verwaltungsakten des Beklagten für die Dauer von zehn Jahren nicht zu beanstanden sei, sodass er umgekehrt jedenfalls derzeit keinen Anspruch auf Löschung dieser Daten aus § 84 Abs. 2 SGB X habe. Die Berufung werde zugelassen, weil die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung habe.
Mit seiner Berufung verfolgt der Kläger sein Begehren unter Bezugnahme auf sein erstinstanzliches Vorbringen weiter.
Er beantragt sinngemäß,
den Beklagten unter Aufhebung des Gerichtsbescheides des Sozialgerichts Cottbus vom 14. Januar 2015 sowie des Bescheides vom 14. Oktober 2013 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 11. Dezember 2013 zu verurteilen, sämtliche ihn betreffende Kontoauszüge aus den Verwaltungsakten des Beklagten zu entfernen,
festzustellen, dass der Beklagte durch die Speicherung der Kontoauszüge in der Verwaltungsakte das geltende Recht verletzt hat.
Der Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Er verteidigt den angegriffenen Gerichtsbescheid und nimmt Bezug auf die Entschei-dung des Bayerischen Landessozialgerichts vom 21. Mai 2014 – L 7 AS 347/14 B ER –, juris.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhaltes und des Vorbringens der Betei-ligten wird auf die Schriftsätze der Beteiligten nebst Anlagen verwiesen.
Die Gerichtsakte sowie die Verwaltungsakten des Beklagten (6 Bände) haben vorge-legen und sind Gegenstand der Beratung gewesen.
Entscheidungsgründe:
Die Berufung ist nicht begründet.
Die Klage ist als kombinierte Anfechtungs- und Verpflichtungsklage nach § 54 Abs. 1 Sozialgerichtsgesetz (SGG) zulässig (vgl BSG, Urteil vom 21. März 2006 – B 2 U 24/04 R = SozR 4-13000 § 84 Nr. 1), soweit der Kläger die Entfernung der Konto-auszüge aus den Leistungsakten erstrebt. Soweit der Kläger die Feststellung der Rechtswidrigkeit der Speicherung begehrt, ist für die hierfür in Betracht kommende, aber generell subsidiäre (vgl Keller, in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, SGG, 11. Aufl., § 55 Rn. 18 mwN) Feststellungsklage nach § 55 Abs. 1 Nr. 1 SGG ein Feststellungsinteresse erforderlich, welches über das mit der Verpflichtungsklage zu verfolgende Interesse an der Entfernung der Kontoauszüge hinausgeht. Ein berechtigtes Interesse an der Feststellung der Rechtwidrigkeit der Speicherung der Kontoauszugsdaten ist hier im Hinblick auf den Gesichtspunkt der Wiederholungsgefahr anzunehmen. Von einem Vorrang der Verpflichtungsklage ist nicht auszugehen, weil der von dem Kläger geltend gemachte Anspruch auf Entfernen der Kontoauszüge nicht zwingend von der ursprünglichen Rechtswidrigkeit der Speicherung abhängt (vgl § 84 Abs. 2 Satz 2 Sozialgesetzbuch – Sozialverwaltungsverfahren und Sozialdatenschutz - SGB X). Die hier angefochtenen Verwaltungsakte lassen sich durchaus dahingehend verstehen, dass der Beklagte auch die Feststellung der ursprünglichen Rechtswidrigkeit der Speicherung abgelehnt hat. Entgegen der Auffassung des SG ist mithin auch die Feststellungsklage zulässig.
Ein Anspruch des Klägers auf Löschung der Daten im Wege der Entfernung der Kon-toauszüge aus den Leistungsakten des Beklagten nach § 84 Abs. 2 SGB X besteht nicht. Nach Satz 1 dieser Vorschrift sind Sozialdaten zu löschen, wenn ihre Speicherung unzulässig ist. Unter Löschen ist das Unkenntlichmachen gespeicherter Sozialdaten zu verstehen (§ 67 Abs. 6 Satz 2 Nr. 5 SGB X). Hierunter dürfte - neben der physi-schen Vernichtung - auch das Entfernen von Datenträgern und das Aushändigen an den Betroffenen fallen. Die Voraussetzungen für eine Löschung nach § 84 Abs. 2 Satz 1 SGB X liegen nicht vor, denn die Aufbewahrung der Kontoauszüge in den Verwaltungsakten ist eine rechtmäßige Speicherung von Daten nach § 67c SGB X. Unter Speichern ist das Erfassen, Aufnehmen oder Aufbewahren von Sozialdaten auf einem Datenträger zum Zwecke ihrer weiteren Verarbeitung oder Nutzung zu verstehen (vgl. § 67 Abs. 6 Satz 2 Nr. 1 SGB X. Das Bayerische Landessozialgericht (BayLSG) hat zur Speicherung von Sozialdaten hinsichtlich der Aufbewahrung von Kontoauszügen im Beschluss vom 21. Mai 2014 – L 7 AS 347/14 B ER – (juris) Fol-gendes ausgeführt:
"Das Aufbewahren von schriftlichen Datenträgern in der Verwaltungsakte ist eine Form der Datenspeicherung nach § 67 Abs. 6 Satz 2 Nr. 1 SGB X (vgl. BayLSG, Urteil vom 31.03.2011, L 15 SB 80/06 und BayLSG, Beschluss vom 14.11.2013, L 7 AS 579/13 B ER).
Gemäß § 67c Abs. 1 Satz 1 SGB X ist das Speichern von Sozialdaten zuläs-sig, wenn es zur Erfüllung der in der Zuständigkeit des Leistungsträgers lie-genden gesetzlichen Aufgaben nach dem Sozialgesetzbuch erforderlich ist und es für die Zwecke erfolgt, für die die Daten erhoben worden sind. Diese Daten dürfen gemäß § 67c Abs. 2 Nr. 1 SGB X auch für andere Zwecke ge-speichert werden, wenn sie für die Erfüllung von Aufgaben nach anderen Vorschriften des Sozialgesetzbuchs erforderlich sind.
Die Aufbewahrung der Kontoauszüge ist zunächst erforderlich, um die Hilfe-bedürftigkeit des Antragstellers zu überprüfen. Die Kontoauszüge sind sorg-fältig auf Einkommen, Vermögen und Bedarf zu prüfen. Eine kurze Einsicht-nahme genügt dafür nicht.
Für Kontoauszüge, die Einnahmen enthalten, liegt dies auf der Hand. Das anrechenbare Einkommen festzustellen erfordert komplexe Berechnungen. Aber auch Kontoauszüge, die kein anrechenbares Einkommen ausweisen, sind leistungserheblich. Der Bedarf - insbesondere Miethöhe und Betriebs-kosten der Unterkunft - lässt sich teilweise aus den Kontoauszügen ablesen. Länger dauernde Ausgaben können zu anrechenbarem Vermögen führen. Die Kontoauszüge der letzten Monate können Anlass für eine Direktüberwei-sung der Unterkunftskosten an den Vermieter nach § 22 Abs. 7 Satz 2 SGB II geben. Aus Kontoauszügen ablesbares unwirtschaftliches Verhalten kann zu einer Sanktion nach § 31 Abs. 2 Nr. 2 SGB II führen. Kontoauszüge sind somit eine wesentliche Entscheidungsgrundlage für die Gewährung von Leis-tungen nach SGB II und als solche zu der Verwaltungsakte zu nehmen.
Zu den Aufgaben nach dem Sozialgesetzbuch gehören neben der aktuellen Verbescheidung des nächsten Bewilligungsabschnitts auch sich eventuell anschließende Widerspruchs- und Gerichtsverfahren. Hinzu kommt die Kor-rektur von Bescheiden gemäß §§ 44 ff SGB X; nach § 45 Abs. 3 Satz 3 SGB X kann dabei ein Zeitraum von zehn Jahren betroffen sein. Weitere mögliche Folgeverfahren sind die Geltendmachung von Ersatzansprüchen nach § 34 und § 34a SGB II. Eine Erbenhaftung nach § 35 SGB II erstreckt sich eben-falls auf zehn Jahre, wobei der Leistungsträger die Rechtmäßigkeit der Leis-tungsgewährung nachweisen muss (Eicher, SGB II, 3. Auflage 2013, § 35 Rn. 20). Hinzu kommen mögliche Erstattungsverfahren gegenüber anderen Leistungsträgern nach §§ 102 ff SGB X.
Dies macht deutlich, dass sich die Erforderlichkeit der Datenspeicherung kei-neswegs in der aktuell anstehenden Verwaltungsentscheidung erschöpft. Die Entscheidungsgrundlagen sind auch für mögliche Folgeverfahren aufzube-wahren.
Weil nicht im Vorhinein festgelegt werden kann, welche Entscheidungsgrund-lagen für wie viele Jahre benötigt werden, treffen Aktenordnungen pauschali-sierte Regelungen zur Aufbewahrungsfrist. Diese sind als verwaltungsinterne Richtlinien nicht geeignet, gesetzliche Vorgaben wie die Grenzen des § 67c SGB X zu beseitigen. Der Aktenplan SGB II der Bundesagentur für Arbeit und der gemeinsamen Einrichtungen nach SGB II von 2012 sieht eine re-gelmäßige Aufbewahrungsdauer von 10 Jahren nach Schließung der Akte bzw. des Vorgangs vor. Vor dem oben aufgezeigten Hintergrund ist das nicht zu beanstanden.
c) Es besteht auch die erforderliche Zweckidentität nach § 67c Abs. 1 Satz 1 SGB X, da die Daten für den Zweck, für den sie erhoben wurden, der Ge-währung von Leistungen nach dem SGB II, gespeichert werden. Soweit es um Folgeentscheidungen geht, handelt es sich zumindest um die Erfüllung von Aufgaben nach anderen Vorschriften des Sozialgesetzbuchs nach § 67c Abs. 2 Nr. 1 SGB X."
Der Senat schließt sich diesen Ausführungen nach eigener Prüfung in vollem Umfang an. Entgegen der Auffassung des Klägers genügt zur Erfüllung der Aufgaben des Beklagten die Einsichtnahme in die Kontoauszüge und "ein entsprechender Vermerk" nicht, da für die korrekte und zügige Erledigung der Aufgaben die vollständige, sichere und schnelle Verfügbarkeit der in den Kontoauszügen enthaltenen Daten unerlässlich ist (vgl LSG Berlin-Brandenburg, Beschluss vom 19. März 2015 – L 31 AS 2974/14 -, juris, speziell auch zur Notwendigkeit, mit der "Schlagzahl" des hie-sigen Vertreters der Klägerin "Schritt zu halten"). Der Kläger hat auch keinen Anspruch auf Entfernung der Kontoauszüge gemäß § 85 Abs. 2 Satz 2 SGB X. Danach sind Sozialdaten auch zu löschen, wenn ihre Kenntnis für die verantwortliche Stelle zur rechtmäßigen Erfüllung der in ihrer Zuständigkeit liegenden Aufgaben nicht mehr erforderlich sind und kein Grund zu der Annahme besteht, dass durch die Löschung schutzwürdige Interessen des Betroffenen beein-trächtigt werden. Diese Voraussetzungen liegen nicht vor, denn die Kenntnis der in den Kontoauszügen enthaltenen Daten ist aus den o.a. Gründen auch noch nach Abschluss des jeweiligen Verwaltungsverfahrens, in dem sie vorgelegt wurden, re-gelmäßig erforderlich. Selbst wenn ausnahmsweise ein Löschungsanspruch ggf hin-sichtlich einzelner Daten auf Kontoauszügen im Hinblick auf den eingetretenen Zeit – bzw. Fristablauf bzw sonstige "erledigende" Umstände in Betracht käme, so war der Beklagte im Hinblick darauf, dass der Kläger sein Begehren nicht dahingehend in Bezug auf konkret bezeichnete Kontoauszüge konkretisiert hatte, nicht verpflichtet, von sich aus jeden Kontoauszug auf den Antrag vom 10. Oktober 2013 dahingehend zu überprüfen. Solange - wie hier - der Umfang des Prüfauftrags für die Verwaltung bis zum Abschluss des Widerspruchsverfahrens nicht erkennbar ist, ist der Beklagte berechtigt, von einer weiteren inhaltlichen Prüfung abzusehen. Insoweit kann nichts anderes als im Fall nicht konkretisierter Überprüfungsanträge nach § 44 SGB X gel-ten (vgl nur BSG, Beschluss vom 4. Juni 2014 – B 14 AS 335/13 - juris mwN).
Der Kläger hat auch keinen Anspruch auf Feststellung der Rechtswidrigkeit der Spei-cherung der in den Kontoauszügen enthaltenen Daten, denn die Speicherung war – wie oben unter Bezugnahme auf den Beschluss des BayLSG vom 21. Mai 2014 ausgeführt – rechtmäßig.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Gründe für eine Zulassung der Revision gemäß§ 160 Abs. 2 SGG liegen nicht vor.
Tatbestand:
Der 1951 geborene Kläger steht im laufenden Leistungsbezug bei dem Beklagten. Unter dem 10. Oktober 2013 beantragte der Kläger die Entfernung sämtlicher Konto-auszüge aus den ihn betreffenden Verwaltungsakten des Beklagten. Hierauf teilte der Beklagte mit Schreiben vom 14. Oktober 2013 mit, soweit Kontoauszüge einge-reicht worden seien und Angaben enthalten seien, die die Höhe des Leistungsbezu-ges beeinflussten, seien die Voraussetzungen des § 67c Abs. 1 Satz 1 Sozialgesetz-buch – Sozialverwaltungsverfahren und Sozialdatenschutz – (SGB X) erfüllt. Sollten sich in der Akte Kontoauszüge befinden, für die diese Voraussetzung nicht erfüllt sei, würden diese Kontoauszüge aus der Akte entfernt. Unter dem 11. November 2013 legte der Kläger durch Rechtsanwalt Lange gegen dieses Schreiben Widerspruch ein und begehrte weiterhin die unverzügliche und vollständige Löschung der Daten. Die Beklagte wies den Widerspruch des Klägers gegen den "Bescheid" vom 14. Oktober 2013 mit Widerspruchsbescheid vom 11. Dezember 2013 zurück und führte aus: Der zulässige Widerspruch sei in der Sache unbegründet. Das Speichern, Verändern o-der Nutzen von Sozialdaten durch die in § 35 Abs. 1 Satz 1 Sozialgesetzbuch – All-gemeiner Teil – (SGB I) genannten Stellen sei zulässig, mindestens soweit es zur Erfüllung der in der Zuständigkeit der verantwortlichen Stelle liegenden gesetzlichen Aufgaben nach diesem Gesetzbuch erforderlich sei und es für Zwecke erfolge, für die die Daten erhoben worden seien (§ 67c Abs. 1 Satz 1 SGB X). Das Aufbewahren von Kontoauszügen sei insbesondere dann zulässig, wenn sich aus deren Inhalt ein weiterer Ermittlungsbedarf oder eine Änderung der Leistungshöhe ergebe. Kontoauszüge seien Beweismittel im Sinne des § 60 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 SGB I, welcher sich die Behörde gemäß § 21 Abs. 1 Satz 1 SGB X zur Ermittlung von Sachverhalten, insbesondere der Feststellung von Hilfebedürftigkeit gemäß den §§ 7 ff SGB II bediene. Als begründende Unterlagen für das rechtmäßige Handeln der Träger der Grundsicherung für Arbeitssuchende sei die Aufbewahrung solcher Unterlagen, welche für die Erfüllung der gesetzlichen Aufgaben erforderlich sei, unverzichtbar. Andernfalls bestünde die Gefahr, dass entscheidungserhebliche Informationen verloren gingen, welche Grundlage und Voraussetzung für den Erlass rechtmäßiger Verwaltungsakte seien. Der Kläger habe nicht substantiiert vorgetragen, auf welche Kontoauszüge sich sein Verlangen beziehe. Es seien keine Tatsachen vorgetragen worden, welche eine Verzichtbarkeit der Kontoauszüge begründen können. Im Klageverfahren hat der Kläger vorgetragen: Das Speichern von Kontoauszügen in der Verwaltungsakte sei zur Aufgabenerfüllung grundsätzlich nicht erforderlich. Die Beklagte möge darlegen, was sie – wem gegenüber – mit den Kontoauszügen konk-ret beweisen wolle. Die vorsorgliche Erhebung und Speicherung von Sozialdaten sei unzulässig. Die Kenntnis des Kontostandes erfordere ganz sicher keine Speicherung der Kontodaten bei dem Beklagten.
Das Sozialgericht (SG) Cottbus hat die Klage mit Gerichtsbescheid vom 14. Januar 2015 abgewiesen. Zur Begründung ist ausgeführt: Die zulässige Klage sei unbe-gründet. Der "Bescheid" vom 14. Oktober 2013 in Gestalt des Widerspruchsbeschei-des vom 11. Dezember 2013 sei nicht rechtswidrig und verletze den Kläger nicht in seinen Rechten. Auch das Feststellungsbegehren des Klägers sei unbegründet. Es bestünden bereits erhebliche Bedenken, ob hinsichtlich des Klägers in dem Schrei-ben des Beklagten vom 14. Oktober 2013 überhaupt ein anfechtbarer Verwaltungs-akt vorgelegen habe. Insgesamt dürfte es sich um eine Zwischenmitteilung gehandelt haben, die nicht selbstständig mit dem Rechtsbehelf des Widerspruchs angefochten werden könne. Allenfalls enthalte das Schreiben des Beklagten konkludent eine Teil-ablehnung, soweit der Kläger nämlich die Entfernung sämtlicher Kontoauszüge, also auch derjenigen, die für den Leistungsbezug ggf. noch benötigt würden, enthalte. Nur dann, wenn man insoweit von einer teilweisen Ablehnung des Begehrens des Klägers ausgehe und darin eine Beschwer des Klägers angenommen werde, wäre der Widerspruch ggf. zulässig. Hiervon sei der Beklagte offensichtlich ausgegangen, denn in dem Widerspruchsbescheid des Beklagten sei erstmalig der Antrag des Klä-gers durch eine Sachentscheidung abgelehnt worden. Wenn danach aber der Be-klagte – ohne Not – jedenfalls in dem Widerspruchsbescheid eine Sachentscheidung getroffen habe, sehe sich die Kammer dazu berufen, das Klagebegehren insgesamt in der Sache zu prüfen. Ein Anspruch des Klägers auf Löschung der von dem Be-klagten gespeicherten Daten durch das Abheften der Kontoauszüge des Klägers fin-de seine Stütze in § 84 Abs. 2 SGB X. Das Abheften der von dem Kläger zur Verwal-tungsakte eingereichten Kontoauszüge sei ein Speichern von Sozialdaten im Sinne des § 67c Abs. 1 SGB X. Die auf diese Weise nicht nur erhobenen sondern damit auch gespeicherten Sozialdaten seien nicht im Sinne des § 84 Abs. 2 SGB X unzu-lässig gespeichert worden. Denn die bloße Erhebung der Daten durch die Vorlage der Kontoauszüge im Rahmen einer Leistungsbewilligung reiche zur ordnungsgemä-ßen Erfüllung der Aufgaben des Beklagten nicht aus. Aus den vorzulegenden Konto-auszügen, die insoweit Urkundscharakter hätten, seien die jeweiligen Geldzu- und -abflüsse belegt, die für die Frage der Hilfsbedürftigkeit und auch für die Leistungsbe-rechnung evident wichtig seien. Sei dienten damit der Erfüllung der gesetzlichen Aufgaben des Beklagten, dem hilfebedürftigen Kläger die ihm zustehenden Leistun-gen nach dem SGB II zu bewilligen. Hierzu reiche die bloße Vorlage der Kontoaus-züge nicht aus. Dem jeweiligen Sachbearbeiter müsse die Möglichkeit gegeben sein, diese Unterlagen sorgfältig auszuwerten und zu überprüfen. Danach komme nur ein Anspruch auf Entfernung der Kontoauszüge aus § 84 Abs. 2 Satz 2 SGB X in Be-tracht. Danach seien gespeicherte Daten zu löschen, wenn sie nicht mehr erforder-lich seien. Der Begriff der Erforderlichkeit sei dabei ein unbestimmter Rechtsbegriff. Der Wegfall der Erforderlichkeit könne sich danach um verschiedene näher zu be-stimmende zu beziehen. In Betracht käme dabei der Ablauf eines Bewilligungszeit-raumes spätestens mit einer endgültigen Leistungsfestsetzung bei vorangegangener vorläufiger Leistungsfestsetzung; der Ablauf der Ausschlussfrist aus § 40 Abs. 1 SGB II in Verbindung mit § 44 Abs. 4 SGB X von einem Jahr oder auch der Ablauf von zehn Jahren. Das Speichern der Sozialdaten gemäß § 67c Abs. 1 Satz 1, Abs. 2 Nr. 1 SGB X sei zulässig, wenn es zur Erfüllung der gesetzlichen Aufgaben der Behörden erforderlich sei. Zu diesen Aufgaben gehörten nicht nur Leistungsbewilligungen, sondern auch die Umsetzung späterer Entwicklungen durch Korrektur der ursprünglichen Entscheidung. Hinzu kämen gerichtliche Verfahren und verwaltungsinterne Maßnahmen nach § 67 Abs. 3 SGB X. Zu den gesetzlichen Aufgaben gehörten zumindest das Verwaltungsverfahren zur Bewilligung von Leistungen, die Korrektur von Leistungsbescheiden nach §§ 44 ff. SGB X, die Geltendmachung von Ersatzansprüchen nach §§ 34, 34a SGB II, die Erbenhaftung nach § 35 SGB II, Erstattungsverfahren gegenüber anderen Leistungsverträgen nach §§ 102 ff. SGB X und damit zusammenhängende gerichtliche Verfahren. Hinzu kämen Aufsichts-, Kontroll- und Disziplinarverfahren, Rechnungsprüfung und Organisationsuntersuchungen. Eine Datenspeicherung sei erforderlich, wenn der Leistungsträger die Kenntnis der Daten benötige, um seine Aufgaben zu erfüllen. Die Prüfung der Leistungsvoraussetzungen und die längerfristige Notwendigkeit der Nachvollziehbarkeit und Überprüfbarkeit der Verwaltungsentscheidung sei nach dem dargelegten Aufgabenspektrum offenkundig notwendiger Teil der Verwaltungsaufgaben. Die Höhe des Erwerbseinkommens, die Aufgliederung der Lohnbestandteile und der Zuflusszeitpunkt beeinflusse unmittelbar die Höhe des Anspruchs auf Leistung nach dem SGB II. Aus diesem Grund sei nach der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts (BSG) gemäß § 60 Abs. 1 SGB I grundsätzlich auch Kontoauszüge für mehrere Monate vorzulegen. Wie dargelegt könne diese Rechtsprechung nicht so verstanden werden, dass die Verwaltung nur einen Blick darauf werfen dürfe. Die längerfristige Speicherung der angeforderten Lohnunterlagen und Kontoauszüge sei für die Aufgabenerfüllung des Beklagten er-forderlich. Es sei davon auszugehen, dass die Speicherung der Kontoauszüge des Klägers in den Verwaltungsakten des Beklagten für die Dauer von zehn Jahren nicht zu beanstanden sei, sodass er umgekehrt jedenfalls derzeit keinen Anspruch auf Löschung dieser Daten aus § 84 Abs. 2 SGB X habe. Die Berufung werde zugelassen, weil die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung habe.
Mit seiner Berufung verfolgt der Kläger sein Begehren unter Bezugnahme auf sein erstinstanzliches Vorbringen weiter.
Er beantragt sinngemäß,
den Beklagten unter Aufhebung des Gerichtsbescheides des Sozialgerichts Cottbus vom 14. Januar 2015 sowie des Bescheides vom 14. Oktober 2013 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 11. Dezember 2013 zu verurteilen, sämtliche ihn betreffende Kontoauszüge aus den Verwaltungsakten des Beklagten zu entfernen,
festzustellen, dass der Beklagte durch die Speicherung der Kontoauszüge in der Verwaltungsakte das geltende Recht verletzt hat.
Der Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Er verteidigt den angegriffenen Gerichtsbescheid und nimmt Bezug auf die Entschei-dung des Bayerischen Landessozialgerichts vom 21. Mai 2014 – L 7 AS 347/14 B ER –, juris.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhaltes und des Vorbringens der Betei-ligten wird auf die Schriftsätze der Beteiligten nebst Anlagen verwiesen.
Die Gerichtsakte sowie die Verwaltungsakten des Beklagten (6 Bände) haben vorge-legen und sind Gegenstand der Beratung gewesen.
Entscheidungsgründe:
Die Berufung ist nicht begründet.
Die Klage ist als kombinierte Anfechtungs- und Verpflichtungsklage nach § 54 Abs. 1 Sozialgerichtsgesetz (SGG) zulässig (vgl BSG, Urteil vom 21. März 2006 – B 2 U 24/04 R = SozR 4-13000 § 84 Nr. 1), soweit der Kläger die Entfernung der Konto-auszüge aus den Leistungsakten erstrebt. Soweit der Kläger die Feststellung der Rechtswidrigkeit der Speicherung begehrt, ist für die hierfür in Betracht kommende, aber generell subsidiäre (vgl Keller, in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, SGG, 11. Aufl., § 55 Rn. 18 mwN) Feststellungsklage nach § 55 Abs. 1 Nr. 1 SGG ein Feststellungsinteresse erforderlich, welches über das mit der Verpflichtungsklage zu verfolgende Interesse an der Entfernung der Kontoauszüge hinausgeht. Ein berechtigtes Interesse an der Feststellung der Rechtwidrigkeit der Speicherung der Kontoauszugsdaten ist hier im Hinblick auf den Gesichtspunkt der Wiederholungsgefahr anzunehmen. Von einem Vorrang der Verpflichtungsklage ist nicht auszugehen, weil der von dem Kläger geltend gemachte Anspruch auf Entfernen der Kontoauszüge nicht zwingend von der ursprünglichen Rechtswidrigkeit der Speicherung abhängt (vgl § 84 Abs. 2 Satz 2 Sozialgesetzbuch – Sozialverwaltungsverfahren und Sozialdatenschutz - SGB X). Die hier angefochtenen Verwaltungsakte lassen sich durchaus dahingehend verstehen, dass der Beklagte auch die Feststellung der ursprünglichen Rechtswidrigkeit der Speicherung abgelehnt hat. Entgegen der Auffassung des SG ist mithin auch die Feststellungsklage zulässig.
Ein Anspruch des Klägers auf Löschung der Daten im Wege der Entfernung der Kon-toauszüge aus den Leistungsakten des Beklagten nach § 84 Abs. 2 SGB X besteht nicht. Nach Satz 1 dieser Vorschrift sind Sozialdaten zu löschen, wenn ihre Speicherung unzulässig ist. Unter Löschen ist das Unkenntlichmachen gespeicherter Sozialdaten zu verstehen (§ 67 Abs. 6 Satz 2 Nr. 5 SGB X). Hierunter dürfte - neben der physi-schen Vernichtung - auch das Entfernen von Datenträgern und das Aushändigen an den Betroffenen fallen. Die Voraussetzungen für eine Löschung nach § 84 Abs. 2 Satz 1 SGB X liegen nicht vor, denn die Aufbewahrung der Kontoauszüge in den Verwaltungsakten ist eine rechtmäßige Speicherung von Daten nach § 67c SGB X. Unter Speichern ist das Erfassen, Aufnehmen oder Aufbewahren von Sozialdaten auf einem Datenträger zum Zwecke ihrer weiteren Verarbeitung oder Nutzung zu verstehen (vgl. § 67 Abs. 6 Satz 2 Nr. 1 SGB X. Das Bayerische Landessozialgericht (BayLSG) hat zur Speicherung von Sozialdaten hinsichtlich der Aufbewahrung von Kontoauszügen im Beschluss vom 21. Mai 2014 – L 7 AS 347/14 B ER – (juris) Fol-gendes ausgeführt:
"Das Aufbewahren von schriftlichen Datenträgern in der Verwaltungsakte ist eine Form der Datenspeicherung nach § 67 Abs. 6 Satz 2 Nr. 1 SGB X (vgl. BayLSG, Urteil vom 31.03.2011, L 15 SB 80/06 und BayLSG, Beschluss vom 14.11.2013, L 7 AS 579/13 B ER).
Gemäß § 67c Abs. 1 Satz 1 SGB X ist das Speichern von Sozialdaten zuläs-sig, wenn es zur Erfüllung der in der Zuständigkeit des Leistungsträgers lie-genden gesetzlichen Aufgaben nach dem Sozialgesetzbuch erforderlich ist und es für die Zwecke erfolgt, für die die Daten erhoben worden sind. Diese Daten dürfen gemäß § 67c Abs. 2 Nr. 1 SGB X auch für andere Zwecke ge-speichert werden, wenn sie für die Erfüllung von Aufgaben nach anderen Vorschriften des Sozialgesetzbuchs erforderlich sind.
Die Aufbewahrung der Kontoauszüge ist zunächst erforderlich, um die Hilfe-bedürftigkeit des Antragstellers zu überprüfen. Die Kontoauszüge sind sorg-fältig auf Einkommen, Vermögen und Bedarf zu prüfen. Eine kurze Einsicht-nahme genügt dafür nicht.
Für Kontoauszüge, die Einnahmen enthalten, liegt dies auf der Hand. Das anrechenbare Einkommen festzustellen erfordert komplexe Berechnungen. Aber auch Kontoauszüge, die kein anrechenbares Einkommen ausweisen, sind leistungserheblich. Der Bedarf - insbesondere Miethöhe und Betriebs-kosten der Unterkunft - lässt sich teilweise aus den Kontoauszügen ablesen. Länger dauernde Ausgaben können zu anrechenbarem Vermögen führen. Die Kontoauszüge der letzten Monate können Anlass für eine Direktüberwei-sung der Unterkunftskosten an den Vermieter nach § 22 Abs. 7 Satz 2 SGB II geben. Aus Kontoauszügen ablesbares unwirtschaftliches Verhalten kann zu einer Sanktion nach § 31 Abs. 2 Nr. 2 SGB II führen. Kontoauszüge sind somit eine wesentliche Entscheidungsgrundlage für die Gewährung von Leis-tungen nach SGB II und als solche zu der Verwaltungsakte zu nehmen.
Zu den Aufgaben nach dem Sozialgesetzbuch gehören neben der aktuellen Verbescheidung des nächsten Bewilligungsabschnitts auch sich eventuell anschließende Widerspruchs- und Gerichtsverfahren. Hinzu kommt die Kor-rektur von Bescheiden gemäß §§ 44 ff SGB X; nach § 45 Abs. 3 Satz 3 SGB X kann dabei ein Zeitraum von zehn Jahren betroffen sein. Weitere mögliche Folgeverfahren sind die Geltendmachung von Ersatzansprüchen nach § 34 und § 34a SGB II. Eine Erbenhaftung nach § 35 SGB II erstreckt sich eben-falls auf zehn Jahre, wobei der Leistungsträger die Rechtmäßigkeit der Leis-tungsgewährung nachweisen muss (Eicher, SGB II, 3. Auflage 2013, § 35 Rn. 20). Hinzu kommen mögliche Erstattungsverfahren gegenüber anderen Leistungsträgern nach §§ 102 ff SGB X.
Dies macht deutlich, dass sich die Erforderlichkeit der Datenspeicherung kei-neswegs in der aktuell anstehenden Verwaltungsentscheidung erschöpft. Die Entscheidungsgrundlagen sind auch für mögliche Folgeverfahren aufzube-wahren.
Weil nicht im Vorhinein festgelegt werden kann, welche Entscheidungsgrund-lagen für wie viele Jahre benötigt werden, treffen Aktenordnungen pauschali-sierte Regelungen zur Aufbewahrungsfrist. Diese sind als verwaltungsinterne Richtlinien nicht geeignet, gesetzliche Vorgaben wie die Grenzen des § 67c SGB X zu beseitigen. Der Aktenplan SGB II der Bundesagentur für Arbeit und der gemeinsamen Einrichtungen nach SGB II von 2012 sieht eine re-gelmäßige Aufbewahrungsdauer von 10 Jahren nach Schließung der Akte bzw. des Vorgangs vor. Vor dem oben aufgezeigten Hintergrund ist das nicht zu beanstanden.
c) Es besteht auch die erforderliche Zweckidentität nach § 67c Abs. 1 Satz 1 SGB X, da die Daten für den Zweck, für den sie erhoben wurden, der Ge-währung von Leistungen nach dem SGB II, gespeichert werden. Soweit es um Folgeentscheidungen geht, handelt es sich zumindest um die Erfüllung von Aufgaben nach anderen Vorschriften des Sozialgesetzbuchs nach § 67c Abs. 2 Nr. 1 SGB X."
Der Senat schließt sich diesen Ausführungen nach eigener Prüfung in vollem Umfang an. Entgegen der Auffassung des Klägers genügt zur Erfüllung der Aufgaben des Beklagten die Einsichtnahme in die Kontoauszüge und "ein entsprechender Vermerk" nicht, da für die korrekte und zügige Erledigung der Aufgaben die vollständige, sichere und schnelle Verfügbarkeit der in den Kontoauszügen enthaltenen Daten unerlässlich ist (vgl LSG Berlin-Brandenburg, Beschluss vom 19. März 2015 – L 31 AS 2974/14 -, juris, speziell auch zur Notwendigkeit, mit der "Schlagzahl" des hie-sigen Vertreters der Klägerin "Schritt zu halten"). Der Kläger hat auch keinen Anspruch auf Entfernung der Kontoauszüge gemäß § 85 Abs. 2 Satz 2 SGB X. Danach sind Sozialdaten auch zu löschen, wenn ihre Kenntnis für die verantwortliche Stelle zur rechtmäßigen Erfüllung der in ihrer Zuständigkeit liegenden Aufgaben nicht mehr erforderlich sind und kein Grund zu der Annahme besteht, dass durch die Löschung schutzwürdige Interessen des Betroffenen beein-trächtigt werden. Diese Voraussetzungen liegen nicht vor, denn die Kenntnis der in den Kontoauszügen enthaltenen Daten ist aus den o.a. Gründen auch noch nach Abschluss des jeweiligen Verwaltungsverfahrens, in dem sie vorgelegt wurden, re-gelmäßig erforderlich. Selbst wenn ausnahmsweise ein Löschungsanspruch ggf hin-sichtlich einzelner Daten auf Kontoauszügen im Hinblick auf den eingetretenen Zeit – bzw. Fristablauf bzw sonstige "erledigende" Umstände in Betracht käme, so war der Beklagte im Hinblick darauf, dass der Kläger sein Begehren nicht dahingehend in Bezug auf konkret bezeichnete Kontoauszüge konkretisiert hatte, nicht verpflichtet, von sich aus jeden Kontoauszug auf den Antrag vom 10. Oktober 2013 dahingehend zu überprüfen. Solange - wie hier - der Umfang des Prüfauftrags für die Verwaltung bis zum Abschluss des Widerspruchsverfahrens nicht erkennbar ist, ist der Beklagte berechtigt, von einer weiteren inhaltlichen Prüfung abzusehen. Insoweit kann nichts anderes als im Fall nicht konkretisierter Überprüfungsanträge nach § 44 SGB X gel-ten (vgl nur BSG, Beschluss vom 4. Juni 2014 – B 14 AS 335/13 - juris mwN).
Der Kläger hat auch keinen Anspruch auf Feststellung der Rechtswidrigkeit der Spei-cherung der in den Kontoauszügen enthaltenen Daten, denn die Speicherung war – wie oben unter Bezugnahme auf den Beschluss des BayLSG vom 21. Mai 2014 ausgeführt – rechtmäßig.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Gründe für eine Zulassung der Revision gemäß§ 160 Abs. 2 SGG liegen nicht vor.
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