L 4 KR 3419/16 ER-B

Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Krankenversicherung
Abteilung
4
1. Instanz
SG Stuttgart (BWB)
Aktenzeichen
S 3 KR 4070/16 ER
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 4 KR 3419/16 ER-B
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Beschluss
Die Beschwerde des Antragstellers gegen den Beschluss des Sozialgerichts Stuttgart vom 17. August 2016 wird zurückgewiesen.

Der Antragsteller trägt die Kosten auch des Beschwerdeverfahrens.

Der Streitwert für das Beschwerdeverfahren wird endgültig auf EUR 5.000,00 festgesetzt.

Gründe:

I.

Der Antragsteller begehrt die Beteiligung an der Versorgung der Versicherten der Antragsgegnerin mit Hilfsmitteln der Produktgruppen 05 (Bandagen) und 23 (Orthesen).

Das antragstellende Sanitätshaus wurde nach Anerkennung des zwischen dem F. O.-T. S. (FOS) und den Landesverbänden der Krankenkassen geschlossenen Rahmenvertrages vom 7. Mai 1985 (Rahmenvertrag) und der zur dessen Durchführung geschlossener Vereinbarungen am 12. Juni 1995 gemäß § 126 Fünftes Buch Sozialgesetzbuch (SGB V) in der damaligen Fassung zur Versorgung der Versicherten der Antragsgegnerin mit handwerklichen Maß- und Fertigungsleistungen im Bereich der Kleinorthopädie sowie Sanitäts- und medizinischen Handelswaren zugelassen. Der Antragsteller ist nicht Mitglied des FOS. Nach der gesetzlichen Änderung im Bereich der Hilfsmittelversorgung mit dem Entfallen der Zulassungsregelung und der Einführung der vertraglichen Regelungen durch das Gesetz zur Stärkung des Wettbewerbs in der gesetzlichen Krankenversicherung (GKV-WSG) vom 26. März 2007 und das Gesetz zur Weiterentwicklung der Organisationsstrukturen in der gesetzlichen Krankenversicherung (GKV-OrgWG) vom 15. Dezember 2008 kündigte die Antragsgegnerin am 18. Juni 2012 gegenüber dem Antragsteller die Vereinbarung über die Versorgung mit nicht-wiedereinsetzbaren Hilfsmitteln, da sie die Versorgung mit Hilfsmitteln der Produktgruppen 05 und 23 neu regeln wolle. Nach längerer Auseinandersetzung bestätigte die Antragsgegnerin unter dem 4. April 2013 den Beitritt des Antragstellers gemäß § 127 Abs. 2a SGB V zum Vertrag mit dem FOS über die Versorgung nicht-wiedereinsetzbarer Hilfsmittel zum 15. März 2013 (Eingang der Beitrittserklärung des Klägers).

Zum 15. März 2014 schlossen – wohl ohne Ausschreibung – die Beklagte und der FOS neue Verträge über die Abgabe von Hilfsmitteln gemäß § 127 Abs. 2 SGB V (in der Fassung des Art. 1 Nr. 2c GKV-OrgWG) zu den Produktgruppen 05 und 23. Unter dem 13. März 2014 setzte die Antragsgegnerin den Antragsteller hierüber in Kenntnis, übersandte ihm Beitrittserklärungen und wies ihn darauf hin, die bisherigen Regelungen für die Produktgruppen 05 und 23 aus dem Rahmenvertrag würden hierdurch ersetzt, ohne dass es einer Kündigung des Rahmenvertrages bedürfe. Einen Beitritt hierzu lehnte der Antragsteller ab; für seine Leistungen sei damit weiterhin die ab dem 1. Januar 2004 geltende FOS-Preisvereinbarung maßgebend (Schreiben vom 1. April 2014). Die Antragsgegnerin hingegen vertrat die Auffassung (Schreiben vom 2. April 2014), durch die Beitrittserklärung vom 14. März 2013 habe sich der Antragsteller dem Rahmenvertrag mit dem FOS einschließlich einer GKV-OrgWG-Überleitungsvereinbarung vom 1. März 2009 unterworfen. Diese sehe in Ziffer (4) ausdrücklich vor, dass ein neuer Vertragsschluss mit dem FOS nach § 127 Abs. 2 SGB V automatisch den Altvertrag ersetze. Mit Schreiben vom 14. Mai 2014 kündigte sie vorsorglich den Vertrag über die Versorgung mit nicht-wiedereinsetzbaren Hilfsmitteln i.V.m. dem Rahmenvertrag, jeweils in Bezug auf die Produktgruppen 05 und 23, hilfsweise den gesamten Vertrag über die Versorgung mit nicht-wiedereinsetzbaren Hilfsmitteln i.V.m. dem Rahmenvertrag zum nächstmöglichen Zeitpunkt und übersandte eine GKV-WSG-Überleitungsvereinbarung vom 2. Juni 2008 zwischen ihr und dem FOS, die eine Ziffer (4) der GKV-OrgWG-Überleitungsvereinbarung entsprechende Regelung enthielt. Mit Schreiben vom 26. Juni 2014 kündigte die Antragsgegnerin vorsorglich nochmals den Rahmenvertrag in Bezug auf die Produktgruppen 05 und 23, hilfsweise den gesamten Rahmenvertrag zum nächst möglichen Zeitpunkt.

Am 26. Mai 2014 erhob der Antragsteller Klage beim Sozialgericht Stuttgart (SG) mit dem Begehren festzustellen, dass er dem Rahmenvertrag am 31. Juli 2012 beigetreten sei und dieser durch die Antragsgegnerin am 14. Mai 2014 nicht wirksam gekündigt worden sei. Im Erörterungstermin des SG am 11. Juni 2014 formulierte der Antragsteller sein Begehren dahin, festzustellen, dass die Beklagte den Rahmenvertrag von 1985, dem er am 30. Juli 2012 beigetreten sei, nicht kündigen könne. Die GKV-OrgWG-Überleitungsvereinbarung sei wegen fehlender Unterschriften und Nennung der Vertragsparteien nicht wirksam zustande gekommen. Die GKV-WSG-Überleitungsvereinbarung sei von der Antragsgegnerin nie genannt, vorgelegt oder veröffentlicht worden; ein "Anerkenntnis" hierzu habe er nicht erteilt. Im Übrigen sei sie durch das zum 1. Januar 2009 in Kraft getretene GKV-OrgWG überholt. Durch seine Anerkenntniserklärung zum Rahmenvertrag sei ein eigenständiges Vertragsverhältnis zwischen ihm und der Antragsgegnerin zustande gekommen; alle Vertragsänderungen und Anpassungen hätten daher mit ihm vereinbart werden müssen. Die Versorgungsverträge nach § 127 SGB V a.F. seien bei Fortgeltung noch beitrittsfähig, so dass er dem Rahmenvertrag im Juli 2012 noch hatte beitreten können. Eine Vertragsklausel, die es der Antragsgegnerin ermöglichte, Vertragsinhalte einseitig anzupassen, unterliege als allgemeine Geschäftsbedingung den Regeln der §§ 305 ff. Bürgerliches Gesetzbuch (BGB). Da die Vertragskündigung der Antragsgegnerin mit einem Verweis auf einen Beitritt zu einem Vertrag mit dem FOS einhergehe, liege ein unzulässiges Vertragsdiktat vor. Preisvereinbarungen seien Bestandteil des Rahmenvertrages und bedürften daher keines Beitritts. Die Kündigung einer Preisvereinbarung führe nicht zum Verlust der Versorgungsberechtigung, da der Rahmenvertrag die Leistungsvergütung nach Preisvereinbarung oder Kostenvoranschlag vorsehe. Der Antragsteller erklärte unter dem 15. September 2014 dem Beitritt zum Rahmenvertrag vom 7. Mai 1985 mit Gültigkeit ab 1. Oktober 2014, weiterhin beschränkt auf handwerkliche Maß- und Fertigungsleistungen im Bereich der Kleinorthopädie sowie Lieferung von Sanitäts- und medizinischen Handelswaren. Zur Vergütung seiner Leistungen gab er an, dass hierfür für die jeweiligen Hilfsmittel die Preisvereinbarung aus dem Jahr 2004 maßgeblich sei.

Die Antragsgegnerin trat der Klage entgegen. Für die Feststellung der Wirksamkeit des Vertragsbeitritts vom 31. Juli 2012 fehle es an einem Feststellungsinteresse des Antragstellers. Der Antragsteller sei der Preisvereinbarung für nicht-wiedereinsatzbare Hilfsmittel zum 15. März 2013 beigetreten, worauf sie die Versorgungsberechtigung für diese Hilfsmittel bestätigt habe. Zwischen den Parteien sei weiter vereinbart worden, dass im Falle einer neuen Preisvereinbarung mit dem FOS für die Produktgruppen 05 und 23 die bisherige Preisvereinbarung auch gegenüber dem Antragsteller zu kündigen sei. Nach Abschluss des neuen Vertrages mit dem FOS über die Versorgung mit Bandagen und Orthesen zum 15. März 2014 sei die Teilkündigung für den Versorgungsbereich Orthesen und Bandagen der Preisvereinbarung mit nicht-wiedereinsetzbaren Hilfsmitteln gegenüber dem Antragsteller wirksam erfolgt. Zu diesem Zeitpunkt habe dessen Versorgungsberechtigung für ihre Versicherte in diesem Bereich geendet. Rein vorsorglich sei die gesamte Vereinbarung sowie der Rahmenvertrag gekündigt worden. Damit fehle es an einer für die Versorgung ihrer Versicherten durch den Antragsteller notwendigen vertraglichen Grundlage. Ein Beitritt dessen zur früheren, gekündigten Preisvereinbarung über nicht-wiedereinsetzbare Hilfsmittel mit Wirkung zum 1. Januar 2004 für die Produktgruppen 05 und 23 sei aktuell nicht mehr möglich. Denn dieser Vertrag bestehe aufgrund der Neuregelung mit dem FOS und der Kündigung gegenüber dem Antragsteller für diese Produktgruppen nicht mehr.

Die Antragsgegnerin kündigte unter dem 26. Juni 2014 vorsorglich nochmals den Rahmenvertrag in Bezug auf die Produktgruppen 05 und 23, hilfsweise den gesamten Rahmenvertrag fristgemäß zum nächst möglichen Zeitpunkt.

Einen mit Klageerhebung gestellten (ersten) Antrag auf einstweiligen Rechtsschutz nahm der Antragsteller am 11. Juni 2014 zurück. In diesem Rahmen hatte er vorgetragen, Orthesen und Bandagen für Versicherte der Antragsgegnerin machten ca. 10 % seines Umsatzes aus.

Am 19. Juli 2016 beantragte der Antragsteller beim SG erneut den Erlass einer einstweiligen Anordnung auf Verpflichtung der Antragsgegnerin zu seiner Beteiligung an der Versorgung derer Versicherten in den Produktgruppen 05 und 23. Seit Oktober 2014 verweigere die Antragsgegnerin die Bearbeitung der Kostenvoranschläge zu den Produktgruppen 05 und 23 mit dem Hinweis auf fehlende Vertragsbeitritte und versuche, Versicherte auf andere Leistungserbringer "umzusteuern". Durch dieses Verhalten der Antragsgegnerin drohe er Kunden zu verlieren, die annähmen, dass sie auch in anderen Produktgruppen nicht mehr von ihm versorgt werden könnten. An seinem Betriebssitz (Stadt mit ca. 43.000 Einwohner) und in der näheren Umgebung gebe es etwa zehn weitere in diesen Produktgruppen tätige Leistungserbringer. Einmal an Konkurrenten verlorene Kunden könne er aber kaum zurückgewinnen. Dies stelle nach dem Beschluss des Landessozialgericht (LSG) Nordrhein-Westfalen vom 10. Mai 2012 (L 5 KR 101/12 B ER - juris) unabhängig von Umsatzverlusten einen schwerwiegenden Nachteil dar. Auf eine Entscheidung in der Hauptsache zu warten, erscheine ihr nicht zumutbar, da sich diese Situation mit zunehmender Dauer verschärfe und der dann zu erwartende Schaden kaum mehr vermeidbar sei.

Die Antragsgegnerin trat dem Antrag entgegen. Das Begehren stelle eine unzulässige Vorwegnahme der Hauptsache dar. Ein Anordnungsgrund sei nicht glaubhaft gemacht. Dem Antragsteller drohten keine erheblichen wirtschaftlichen Nachteile; von einer Gefährdung der wirtschaftlichen Existenz könne nicht ausgegangen werden. Dies zeige sich schon daran, dass der beschriebene Sachverhalt bereits seit Oktober 2014 andaure. Aus den im Klageverfahren vorgetragenen Gründen bestehe auch kein Anordnungsanspruch.

Mit Beschluss vom 17. August 2016 lehnte das SG den Antrag auf einstweiligen Rechtsschutz ab. Der Antrag sei nicht auf eine bloße Zulassung zur Versorgung gerichtet, sondern auf eine Versorgung der Versicherten zu den Bedingungen der ehemaligen Preisvereinbarung aus dem Jahre 2004. Einen Anspruch hierauf habe der Antragsteller nicht glaubhaft gemacht. Aufgrund der zwischen der Antragsgegnerin und dem FOS geschlossenen "Überleitungsvereinbarung" sei durch den Abschluss des neuen Versorgungsvertrages mit dem FOS die ehemalige, ab dem 1. Januar 2004 geltende Preisvereinbarung über nicht-wiedereinsetzbare Hilfsmittel ersetzt worden, ohne dass es einer Kündigung bedurft habe. Diese Überleitungsvereinbarung sei auf den Antragsteller anwendbar, da bei "Verbandsverträgen" die Versorgungsberechtigung der nach § 127 Abs. 2a SGB V beitretenden Leistungserbringer akzessorisch zu dem zwischen den Verbänden geschlossenen Liefervertrag sei (Verweis auf LSG Nordrhein-Westfalen, Beschluss vom 10. Mai 2012, a.a.O.).

Gegen diesen ihm am 19. August 2016 zugestellten Beschluss hat der Antragsteller am 12. September 2016 Beschwerde beim LSG Baden-Württemberg eingelegt und zur Begründung über sein bisheriges Vorbringen hinaus ausgeführt, im Erörterungstermin vor dem SG am 11. Juni 2014 habe der Vertreter der Antragsgegnerin eingeräumt, dass diese keine Möglichkeit sehe, mit Leistungserbringern, die nicht Fachverbandsmitglied seien, andere Verträge zu schließen als mit diesem. Wegen erkennbarer Aussichtslosigkeit habe er – der Antragsteller – daher auf die Abgabe eines eigenständigen Vertragsangebotes verzichtet. Auf einseitig von der Krankenkasse vorgegebene "Beitrittsverträge" müssten die Grundsätze über die Kontrolle der Allgemeinen Geschäftsbedingungen Anwendung finden. Dies habe zur Folge, dass alles, was über die Standardanforderungen an Leistungserbringer hinausgehe, nur in individuell ausgehandelten Verträgen gefordert werden dürfte, nicht aber in Beitrittsverträgen. Das SG habe auch übersehen, dass der Altvertrag im überwiegenden Teil weiterhin bestehe und viele Produktgruppen weiterhin problemlos nach diesem angerechnet würden. Nach seiner – des Antragstellers – Auffassung hätte der Altvertrag aber gänzlich ersetzt werden müssen, was nicht geschehen sei. Die GKV-OrgWG-Überleitungsvereinbarung verhindere den gesetzlich vorgesehenen Vertragswettbewerb, da fast alle Leistungserbringer über Verbandsverträge versorgungsberechtigt seien und daher die Überleitungsvereinbarung hätten akzeptieren müssen. Aufgrund des Automatismus der Vereinbarung seien eigene Vertragsangebote oder Beitritte nicht möglich, außer zu den künftig vorgegebenen, bei Geltungsbeginn der Vereinbarung aber noch nicht absehbaren Verträgen.

Der Antragsteller beantragt,

den Beschluss des Sozialgerichts Stuttgart vom 17. August 2016 aufzuheben und die Antragsgegnerin zu verpflichten, ihn bis zum Abschluss des Hauptsacheverfahrens an der Versorgung ihrer Versicherten mit Bandagen und Orthesen (Produktgruppen 05 und 23) zu beteiligen.

Die Antragsgegnerin beantragt,

die Beschwerde zurückzuweisen.

Sie hält den angefochtenen Beschluss für zutreffend sowie die Beschwerde wegen fehlenden Rechtsschutzbedürfnisses für die Durchführung eines Verfahrens des einstweiligen Rechtsschutzes für unzulässig. Über ihr bisheriges Vorbringen hinaus hat sie die vom Antragsteller wiedergegebenen Ausführungen ihres Vertreters im Erörterungstermin vor dem SG als unzutreffend zurückgewiesen. Dieser sei an der Gestaltung der in Rede stehenden Verträge nicht beteiligt und auch nicht in der Vertragsabteilung tätig gewesen. Durch die Beitrittsmöglichkeit nach § 127 Abs. 2a SGB V sei dem Antragsteller der Zugang zur Versorgung ihrer Versicherten grundsätzlich nicht verwehrt. Dieser habe sie lediglich nicht wahrgenommen. Die Versorgung auf Basis von Kostenvoranschlägen komme unter dem Gesichtspunkt des § 127 Abs. 3 Satz 1 SGB V nicht in Betracht. Im Übrigen fehle es aus den bereits im sozialgerichtlichen Verfahren genannten Gründen an einem Anordnungsgrund.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des weiteren Vorbringens der Beteiligten wird auf die Gerichtsakten beider Rechtszüge, der Verfahrensakten des SG (S 3 KR 3100/14, S 3 KR 3047/14 ER) sowie auf die beigezogenen Verwaltungsakten der Antragsgegnerin Bezug genommen.

II.

1. Die gemäß § 173 Satz 1 Sozialgerichtsgesetz (SGG) form- und fristgerecht eingelegte Beschwerde des Antragstellers ist zulässig, insbesondere statthaft. Die Beschwerde ist nicht nach § 172 Abs. 3 Nr. 1 SGG ausgeschlossen, weil die Berufung in der Hauptsache nicht der Zulassung nach § 144 Abs. 1 Satz 1 SGG bedürfte. Der Antragsteller begehrt keine Geld-, Dienst- oder Sachleistung oder einen hierauf gerichteten Verwaltungsakt.

2. Die Beschwerde ist nicht begründet. Das SG hat den Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung im Ergebnis zu Recht abgelehnt.

a) Nach § 86b Abs. 2 Satz 1 SGG kann das Gericht der Hauptsache, soweit – wie hier – nicht ein Fall des Abs. 1 vorliegt, eine einstweilige Anordnung in Bezug auf den Streitgegenstand treffen, wenn die Gefahr besteht, dass durch eine Veränderung des bestehenden Zustands die Verwirklichung eines Rechts des Antragstellers vereitelt oder wesentlich erschwert werden könnte. Einstweilige Anordnungen sind auch zur Regelung eines vorläufigen Zustandes in Bezug auf ein streitiges Rechtsverhältnis zulässig, wenn eine solche Regelung zur Abwendung wesentlicher Nachteile nötig erscheint (Satz 2).

Der Erlass einer einstweiligen Anordnung verlangt grundsätzlich die – summarische – Prüfung der Erfolgsaussichten in der Hauptsache sowie die Erforderlichkeit einer vorläufigen gerichtlichen Entscheidung. Die Erfolgsaussicht des Hauptsacherechtsbehelfs (Anordnungsanspruch) und die Eilbedürftigkeit der erstrebten einstweiligen Regelung (Anordnungsgrund) sind glaubhaft zu machen (§ 86b Abs. 2 Satz 4 SGG i. V. m. § 920 Abs. 2 Zivilprozessordnung). Die Erfolgsaussichten in der Hauptsache können auf eine summarische Prüfung der Erfolgsaussichten in der Hauptsache gestützt werden, solange jedenfalls nicht schwere und unzumutbare, anders nicht abwendbare Beeinträchtigungen entstehen können, die durch das Hauptsacheverfahren nicht mehr zu beseitigen wären (Bundesverfassungsgericht [BVerfG], Kammerbeschlüsse vom 12. Mai 2005 – 1 BvR 569/05 – juris, Rn. 23 ff. und vom 25. Februar 2009 – 1 BvR 120/09 – juris, Rn. 11). Die notwendige besondere Eilbedürftigkeit liegt vor, wenn dem Antragsteller die Änderung des bisherigen Zustandes (§ 86b Abs. 2 Satz 1 SGG) bzw. dessen Aufrechterhaltung (Satz 2) für die Dauer des Hauptsacheverfahrens, also ein Abwarten bis zur Entscheidung in der Hauptsache, nicht zumutbar ist.

Anordnungsanspruch und Anordnungsgrund stehen dabei nicht isoliert nebeneinander; es besteht vielmehr eine Wechselbeziehung der Art, dass die Anforderungen an den Anordnungsanspruch mit zunehmender Eilbedürftigkeit bzw. Schwere des drohenden Nachteils (dem Anordnungsgrund) zu verringern sind und umgekehrt (vgl. LSG Niedersachsen-Bremen, Beschluss vom 15. November 2013 – L 15 AS 365/13 B ER – juris, Rn. 18; LSG Baden-Württemberg, Beschluss vom 29. Januar 2007 – L 7 SO 5672/06 ER-B – juris, Rn. 2). Selbst bei offensichtlicher Begründetheit der Klage kann aber nicht gänzlich auf einen Anordnungsgrund verzichtet werden (LSG Niedersachsen-Bremen, Beschluss vom 15. November 2013 – L 15 AS 365/13 B ER – juris, Rn. 18; Hessisches LSG, Beschluss vom 5. Februar 2007 – L 9 AS 254/06 ER – juris, Rn. 4). Maßgebend für die Beurteilung der Anordnungsvoraussetzungen sind regelmäßig die Verhältnisse im Zeitpunkt der gerichtlichen Entscheidung.

b) Vorliegend fehlt es bereits an einem Anordnungsgrund i.S.e. besonderen Eilbedürftigkeit. Der Antragsteller hat nicht glaubhaft gemacht, dass ihm das Abwarten bis zur Entscheidung in der Hauptsache unzumutbar ist. Er hat im sozialgerichtlichen Verfahren vorgetragen, die Antragsgegnerin verweigere die Bearbeitung der Kostenvoranschläge zu den Produktgruppen 5 und 23 mit dem Hinweis auf fehlende Vertragsbeitritte und versuche, Versicherte auf andere Leistungserbringer "umzusteuern". In der Stadt seines Betriebssitzes mit ca. 43.000 Einwohnern gebe es etwa zehn weitere in diesen Produktgruppen tätige Leistungserbringer. Da die Versicherten dem Anschreiben der Antragsgegnerin nicht entnehmen könnten, dass es sich bei den Vertragsstreitigkeiten nur um zwei Produktgruppen handle, gingen viele Kunden davon aus, dass sie auch in anderen Produktgruppen nicht mehr vom Antragsteller versorgt werden könnten. Dies spreche sich schnell herum. Einmal an Konkurrenten verlorene Kunden könne er aber kaum zurückgewinnen. Dies stelle nach dem Beschluss des LSG Nordrhein-Westfalen vom 10. Mai 2012 (a.a.O.) unabhängig von Umsatzverlusten einen schwerwiegenden Nachteil dar. Das geschilderte Vorgehen hat die Antragsgegnerin nicht in Abrede gestellt und wird durch die vorgelegten Unterlagen (Kostenvoranschlag vom 23. Oktober 2014 und Schreiben der Antragsgegnerin an einen Versicherten vom 6. November 2014) belegt. Die sich hieraus ergebenden Folgen hat der Antragsteller hingegen nur pauschal behauptet. Auch auf ausdrücklichen Einwand der Antragsgegnerin sowohl im Antrags- als auch im Beschwerdeverfahren, ein Anordnungsgrund liege nicht vor, ist keine weitere Substantiierung erfolgt, sondern nur der Verweis auf den Beschluss des LSG Nordrhein-Westfalen vom 10. Mai 2012 (a.a.O.). Unter Berücksichtigung der besonderen Umstände des vorliegenden Falles genügt dies jedoch nicht, um eine besondere Eilbedürftigkeit zu begründen. Das gerügte Vorgehen der Antragsgegnerin besteht seit Oktober 2014 und damit zum Zeitpunkt der Antragstellung beim SG seit 20 Monaten, zum Zeitpunkt der Beschwerdeeinlegung seit zwei Jahren. Gleichwohl ist nicht vorgetragen worden, dass und gegebenenfalls in welchem Umfang sich tatsächlich wirtschaftliche Nachteile oder Einbußen ergeben hätten (Kundenverluste, Umsatz- oder Gewinneinbußen). Im Rahmen des ersten Antrags auf einstweiligen Rechtsschutz hatte der Antragsteller am 11. Juni 2014 angegeben, Orthesen und Bandagen, also die Hilfsmittel der strittigen Produktgruppen, für Versicherte der Antragsgegnerin machten ca. 10 % seines Umsatzes aus. Ob seit Oktober 2014 tatsächlich ein Umsatzrückgang in dieser Höhe eingetreten ist, ist dem Vortrag des Antragstellers aber nicht zu entnehmen. Ein konkreter Umsatzrückgang wurde weder vorgetragen noch belegt. Geschäftsergebnisse wurden nicht mitgeteilt oder vorgelegt. Eine aktuelle Zuspitzung wirtschaftlicher Schwierigkeiten, die zur Antragstellung nach Ablauf von fast zwei Jahren geführt hätte, wird ebenfalls weder behauptet noch substantiiert vorgetragen. Eine wirtschaftliche Existenzgefährdung ist erst recht nicht erkennbar. Es ist daher nicht ersichtlich, weshalb nun – anders als über zwei Jahre hinweg – ein weiteres Zuwarten nicht mehr zumutbar sein sollte. Dabei ist auch zu berücksichtigen, dass das SG im Hauptsacheverfahren bereits Termin zur mündlichen Verhandlung anberaumt hatte, der nur wegen Verhinderung der Antragsgegnerin aufgehoben worden war. Auch aus Sicht des SG ist die Sache mithin entscheidungsreif. Die Entscheidung in der Hauptsache wird daher nach Abschluss des Verfahrens des einstweiligen Rechtsschutzes nicht noch durch Ermittlungen verzögert.

3. Die Kostenentscheidung beruht auf § 197 a Abs. 1 Satz 1 SGG i.V.m. § 154 Abs. 2 Verwaltungsgerichtsordnung.

4. Die endgültige Festsetzung des Streitwerts beruht auf § 197a Abs. 1 Satz 1 SGG i.V.m. § 63 Abs. 2 Satz 1, § 52 Abs. 2 und § 47 Abs. 1 Gerichtskostengesetz GKG). Da der Sach- und Streitstand für die Bemessung des Streitwerts keine genügenden Anhaltspunkte bietet, ist gemäß § 52 Abs. 2 GKG ein Streitwert von EUR 5.000,00 anzunehmen.

5. Dieser Beschluss ist mit der Beschwerde nicht anfechtbar (§ 177 SGG).
Rechtskraft
Aus
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