S 4 KR 1115/11

Land
Hessen
Sozialgericht
SG Fulda (HES)
Sachgebiet
Krankenversicherung
Abteilung
4
1. Instanz
SG Fulda (HES)
Aktenzeichen
S 4 KR 1115/11
Datum
2. Instanz
Hessisches LSG
Aktenzeichen
-
Datum
-
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Leitsätze
Der Landeskrankenhausplanung ist es wegen des Vorrangs des Bundesrechts (§ 39 Abs. 1 S. 2 SGB V und § 2 Abs. 2 S. 2 Nr. KHEntgG) verwehrt, durch die Schaffung von Fachprogrammen Rehabilitationsleistungen während einer akutstationären Behandlung vom Versorgungsauftrag eines behandelnden Krankenhauses auszuschließen. Daher kann ein behandelndes Akut-Krankenhaus Prozeduren wie den OPS 8-550 (Geriatrische frührehabilitative Komplexbehandlung) auch dann DRG-wirksam kodieren, wenn es (noch) nicht in ein bestehendes Fachprogramm „Akutgeriatrie“ aufgenommen ist.
1. Die Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin 9.705,65 EUR nebst Zinsen in Höhe von zwei Prozentpunkten über den Basiszinssatz aus 4.381,76 EUR seit dem 31. Dezember 2009, aus 3.516,51 EUR seit dem 17. Dezember 2009 und aus 1.807,38 EUR seit dem 25. März 2010 zu zahlen. Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.

2. Die Beklage trägt die Kosten des Verfahren.

Tatbestand:

Die Beteiligten streiten über die Höhe der Vergütung der stationären Behandlung dreier Versicherter der Beklagten. Die Klägerin behandelte in der von ihr betriebenen A-Klinik, ( ), die Versicherten der Beklagten
- V1 im Zeitraum vom 24. November bis 10. Dezember 2009,
- V2 im Zeitraum vom 10. bis 27. November 2009 und
- V3 im Zeitraum vom 15. Januar bis 9. Februar 2010
im Rahmen eines stationären Aufenthalts, während dessen eine frührehabilitative geriatrische Komplexbehandlung durchgeführt wurde. Hierfür stellte sie der Beklagten drei DRG-basierte Vergütungen in Rechnung mit Datum vom 16. Dezember 2009 (V1), vom 30. November 2009 (V2) und vom 22. Februar 2010 (V3), zu deren Bestimmung sie jeweils den
OPS 8-550.1 Geriatrische frührehabilitative Komplexbehandlung: Mindestens 14 Behandlungstage und 20 Therapieeinheiten
kodierte.
Die Beklagte glich die Vergütungsrechnungen nicht vollständig aus, so dass für die Behandlung der Versicherten noch folgende Beträge offenstehen:
- V1: 4.381,76 EUR,
- V2: 3.516,51 EUR und
- V3: 1.807,38 EUR.
Mit Schriftsatz ihrer Bevollmächtigten vom 28. Dezember 2011, der am Folgetag bei dem SG Fulda eingegangen ist, hat die Klägerin Klage erhoben und verfolgt ihr Vergütungsbegehren in Höhe der vorstehend bezifferten Teilrechnungsbeträge weiter. Zur Begründung führt sie aus, dass das Fachprogramm "Akutgeriatrie" gemäß des Beschlusses des Bayerischen Krankenhausplanungsausschusses vom 23. November 2009 keinen Versorgungsauftrag "Akutgeriatrie" eröffne, sondern lediglich einen Versorgungsschwerpunkt. Soweit der Klägerin ein diesbezüglicher Feststellungsbescheid vom 8. Juni 2010 erteilt worden sei, komme dem nur deklaratorische Bedeutung zu.

Die Klägerin beantragt nach Klageerweiterung zuletzt,
die Beklagte zu verurteilen, an die Klägerin 9.705,65 EUR nebst Zinsen in Höhe von zwei Prozentpunkten über den Basiszinssatz aus 4.381,76 EUR seit dem 31. Dezember 2009, aus 3.516,51 EUR seit dem 17. Dezember 2009 und aus 1.807,38 EUR seit dem 25. März 2010 zu zahlen.

Die Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.

Zur Begründung führt sie im Wesentlichen aus, dass die klägerische Klinik erst mit Bescheid des Bayerischen Staatsministeriums für Umwelt und Gesundheit vom 8. Juni 2010 mit sofortiger Wirkung in das "Fachprogramm Akutgeriatrie" aufgenommen worden sei. Erst ab diesem Zeitpunkt sie sie daher berechtigt gewesen, eine geriatrische frührehabilitative Komplexbehandlung erlöswirksam durchzuführen. Da die streitgegenständlichen Behandlungen bereits zuvor erfolgt seien, könnten sie mangels Versorgungsauftrags auch nicht durch die Beklagte abgerechnet werden. Soweit Entscheidungen zur Rechtslage in anderen Bundesländern ergangen seien, könnten diese nicht auf Bayern übertragen werden. Denn der Bayerische Krankenhausplan enthalte ausdrücklich die "Akutgeriatrie" in Gestalt eines Fachprogramms, das unter den Vorbehalt einer speziellen Krankenhausplanung falle. Soweit der Versicherte V2 betroffen sei, fehle es zudem an der Erfüllung der Voraussetzungen des streitgegenständlichen OPS-Kodes.

Wegen des Vorbringens der Beteiligten im Einzelnen wird auf die eingereichten Schriftsätze nebst Anlagen verwiesen.

Entscheidungsgründe:

Die zulässige Klage ist begründet. Die Klägerin kann mit Recht auch die weitere streitgegenständliche Vergütung geltend machen.

Rechtsgrundlage des geltend gemachten Vergütungsanspruchs der Klägerin ist § 109 Abs. 4 S. 3 SGB V i. V. m. § 7 S. 1 Nr. 1 KHEntgG sowie der Vertrag über die Bedingungen der Krankenhausbehandlung nach § 112 Abs. 2 Nr. 1 SGB V für den Freistaat Bayern. Nach Rechtsprechung des BSG entsteht die Zahlungsverpflichtung der Krankenkasse unabhängig von einer Kostenzusage unmittelbar mit der Inanspruchnahme einer Leistung durch den Versicherten (BSGE 86, 166, 168 = SozR 3-2500 § 112 Nr. 1, BSGE 90, 1, 2 = SozR 3.2500 § 112 Nr. 3). Die Höhe der einem Krankenhaus zustehenden Vergütung wird durch die abzurechnende DRG (Fallpauschale) bestimmt, die wiederum von den zu kodierenden Diagnosen und Prozeduren abhängig ist (zu den Einzelheiten s. BSG, SozR 4-2500 § 109 Nr. 11, sowie Urteil v. 25.11.2010 – B 3 KR 4/10 R – juris Rn. 13).

1. Vorliegend allein streitentscheidend ist, ob die Klägerin berechtigt war, den OPS 8 550.1 zur Bestimmung der DRG zu kodieren. Die ist zu bejahen; insbesondere war sie nicht durch den Krankenhausplan des Freistaates Bayern an dieser Kodierung gehindert.
a) Dies gilt bezüglich der Versicherten V1 und V2 schon deshalb, weil der Bayerische Krankenhausplan für das Jahr 2009 (34. Fortschreibung) keinerlei Regelungen zur Geriatrie etwa in Gestalt eines Fachprogramms "Akutgeriatrie" enthielt. Der Krankenhausplan des Freistaats Bayern enthält in seiner 35. Fortschreibung für das Jahr 2010 in Teil II, Abschnitt E, erstmals Grundsätze des "Fachprogramms Akutgeriatrie" und die damit verbundenen Qualitätskriterien für Akutgeriatrien einschließlich einer Auflistung der anerkannten Akutgeriatrien.
Daher kann insoweit auch keine Einschränkung des Versorgungsauftrags der Klägerin durch Beschränkung der geriatrischen Leistungen auf (durch Bescheid) anerkannte Akutgeriatrien erfolgt sein. Folglich gehörten zu den von der Klägerin zu erbringenden allgemeinen Krankenhausleistungen ohne Weiteres gem. § 2 Abs. 2 S. 2 Nr. 5 KHEntgG auch solche der Rehabilitation, also auch eine Geriatrische frührehabilitative Komplexbehandlung i.S.d. OPS 8-550.
Soweit die Beklagte die individuellen Voraussetzungen des OPS 8-550.1 betreffend den Versicherten V2 zuletzt als nicht gegeben ansieht, vermag sie damit nicht durchzudringen. Hiergegen spricht schon die gutachterliche Äußerung des MDK vom 30. März 2010, in der die Bedingungen der OPS-Definition als erfüllt bestätigt werden. Im Übrigen lautet der OPS in der Version für das Jahr 2009:
"8-550 Geriatrische frührehabilitative Komplexbehandlung
Exkl.: Neurologisch-neurochirurgische Frührehabilitation ( 8-552 ff.)
Fachübergreifende und andere Frührehabilitation ( 8-559 ff.)
Physikalisch-medizinische Komplexbehandlung ( 8-563 ff.)
Hinw.: Mindestmerkmale:
- Behandlung durch ein geriatrisches Team unter fachärztlicher Behandlungsleitung (Zusatzweiterbildung oder Schwerpunktbezeichnung im Bereich "Klinische Geriatrie" erforderlich)
- Standardisiertes geriatrisches Assessment zu Beginn der Behandlung in mindestens 4 Bereichen (Mobilität, Selbsthilfefähigkeit, Kognition, Emotion) und vor der Entlassung in mindestens 2 Bereichen (Selbständigkeit, Mobilität)
- Soziales Assessment zum bisherigen Status in mindestens 5 Bereichen (soziales Umfeld, Wohnumfeld, häusliche/außerhäusliche Aktivitäten, Pflege-/Hilfsmittelbedarf, rechtliche Verfügungen)
- Wöchentliche Teambesprechung unter Beteiligung aller Berufgruppen mit wochenbezogener Dokumentation bisheriger Behandlungsergebnisse und weiterer Behandlungsziele
- Aktivierend-therapeutische Pflege durch besonders geschultes Pflegepersonal
- Teamintegrierter Einsatz von mindestens 2 der folgenden 4 Therapiebereiche: Physiotherapie/Physikalische Therapie, Ergotherapie, Logopädie/fazioorale Therapie, Psychologie/Neuropsychologie Eine gleichzeitige (dauernde oder intermittierende) akutmedizinische Diagnostik bzw. Behandlung ist gesondert zu kodieren
( ...) 8-550.1 Mindestens 14 Behandlungstage und 20 Therapieeinheiten
Hinw.: Der therapeutische Anteil umfasst insgesamt mindestens 20 Therapieeinheiten von durchschnittlich 30 Minuten, davon maximal 10% als Gruppentherapie"

Daraus ergibt sich bei der gebotenen wörtlichen Anwendung des OPS, dass zur Kodierung von 8-550.1 "mindestens" 20 Therapieeinheiten vorliegen müssen zu durchschnittlich 30 Minuten, wobei hier maximal 10 % als Gruppentherapie erfolgen dürfen. Dies bedeutet, dass der OPS dann kodierbar wird, wenn mindestens 18 Therapieeinheiten von durchschnittlich 30 Minuten als Einzeltherapie durchgeführt wurden zuzüglich zweier Gruppentherapien. Alle zusätzlichen Therapien wären dann eine Zusatzleistung, die die Kodierbarkeit nicht verhindert, aber insoweit auch keine weitere Vergütung auslöst. Nach den Darlegungen des MDK im Gutachten vom 30. März 2010 wurden sogar 30 Einzeltherapieeinheiten absolviert, also 2/3 mehr als erforderlich gewesen wären. Damit genügte die Klägerin den OPS-Anforderungen insbesondere vor dem Hintergrund der zusätzlichen 25 Gruppentherapien. Nur ergänzend sei darauf hingewiesen, dass dann, wenn man der Argumentation der Beklagten folgte, die Klägerin infolge der (für die Beklagte kostenlosen) Mehrleistung zugunsten des Versicherten über die (mindestens) 18 geforderten Einzeltherapieeinheiten hinaus durch eine Vergütungsreduzierung sanktioniert würde. Dies kann nicht ernsthaft angenommen werden. b) Nicht anderes gilt aber für den Versicherten V3. Hierfür ausschlaggebend ist der Umstand, dass der Bundesgesetzgeber sowohl in § 39 Abs. 1 S. 3 SGB V als auch in § 2 Abs. 2 S. 2 Nr. 5 KHEntgG die Frührehabilitation zum integralen Bestandteil einer (jeden) akutstationären Behandlung erklärt hat. Praktisch bedeutet dies, dass eine medizinisch erforderliche Frührehabilitation bereits bei der akutstationären Behandlung beginnen muss. Dies ist deshalb unerlässlich, weil das Krankenhaus als Leistungserbringer nur auf diese Weise den Anspruch eines Versicherten gem. § 39 Abs. 1 S. 3 SGB V erfüllen kann. Erbrächte es die Rehabilitationsleistungen nicht, bliebe der Anspruch des Versicherten, nicht nur irgendwann, sondern "zum frühestmöglichen Zeitpunkt" entsprechend versorgt zu werden, unerfüllt. Dieses Regelungskonzept des Bundesgesetzgebers hat gem. Art. 31 GG Vorrang vor landesrechtlichen Regelungen jeglicher Art und geht daher erst recht der Landeskrankenhausplanung vor, die ihrerseits keinen Rechtsnormcharakter aufweist (BVerwG, Urt. v. 25. Juli 1985 – 3 C 25/84 –, BVerwGE 72, 38 ff., juris Rn. 47). Wollte man dies anders sehen, käme es zu einer Trennung akutstationäre Versorgung einerseits und von Rehabilitationsleistung andererseits. Dies scheidet jedoch aus, weil Rehabilitationsleistungen gem. § 39 Abs. 1 S. 3 SGB V nicht von einem Versorgungsauftrag für ein bestimmtes Fachgebiet getrennt dürfen.

aa) Dies wird zunächst durch die Gesetzesmaterialien belegt. Gem. § 2 Abs. 2 S. 2 Nr. 5 KHEntgG gehört zu den allgemeinen Krankenhausleistungen auch "die Frührehabilitation im Sinne von § 39 Abs. 1 Satz 3 des Fünften Buches Sozialgesetzbuch". Diese bereits seit Einführung des KHEntgG geltende Norm ist ausweislich der Gesetzesbegründung die Konsequenz aus § 39 Abs. 1 S. 3 SGB V, der als solcher mit Einführung des SGB IX zum 1. Juli 2001 in Kraft trat. Der Gesetzesentwurf der damaligen Regierungsfraktionen zum KHEntgG enthielt insoweit folgende Erwägungen (BT-Drs. 14/6893, S. 38 f.):
"Die ausdrückliche Einbeziehung der Frührehabilitation im Sinne von § 39 Abs. 1 Satz 3 SGB V in die allgemeinen Krankenhausleistungen beruht auf der entsprechenden Änderung des § 39 SGB V durch das SGB IX (Artikel 5) vom 16. Juni 2001 (BGBl. I S. 1046, 1098); danach umfasst die akutstationäre Behandlung auch die im Einzelfall erforderlichen und zum frühestmöglichen Zeitpunkt einsetzenden Leistungen zur Frührehabilitation. Soweit Fragen einer frührehabilitativen Versorgung der Patienten betroffen sind, ist diesen auch in anderen Regelungsbereichen der stationären Versorgung (z. B. Qualitätssicherung) adäquat Rechnung zu tragen."
Zu § 39 Abs. 1 S. 3 SGB V hatte die Bundesregierung in ihrem Entwurf vom 26. Januar 2001 ausgeführt (BR-Drs. 49/01, S. 357 f.):
"Die Neuregelung stellt im Grundsatz klar, dass im Rahmen der Behandlung im Krankenhaus, die bereits heute viele Elemente einer Frührehabilitation z.B. die Frühmobilisation/Motivation, die Versorgung mit Heil- und Hilfsmittel, die psychologische Betreuung bei lebensbedrohlichen Erkrankungen und die Sozialberatung beinhaltet, zukünftig noch konsequenter die Chancen der medizinischen Rehabilitation genutzt werden sollen. Die Rehabilitation soll von Anfang an integraler Bestandteil der medizinischen Versorgung sein. Ärzteschaft, Pflegepersonal und das spezifische Fachpersonal haben an dieser Aufgabe mitzuwirken. Für die Feststellung des individuellen medizinischen Rehabilitationsbedarfs im Akutkrankenhaus sind Art und Schwere der Erkrankung und die individuellen Voraussetzungen wie LB: Lebensalter und Multimorbidität des Patienten zugrunde zu legen. Hierfür sowie für Art und Umfang der medizinischen Rehabilitationsmaßnahmen im Rahmen der Krankenhausbehandlung sind Kriterien aufzustellen. Vorrangiges Ziel dieser frühen Rehabilitation im Krankenhaus ist die Wiederherstellung der Basisfähigkeiten, wozu neben der Mobilität die weitgehende Unabhängigkeit in den einfachen Aktivitäten des täglichen Lebens gehört sowie die Kommunikation mit und die Orientierung in der Umwelt; hinzu kommen die frühzeitige Auseinandersetzung mit Fähigkeitsstörungen in der Folge von Erkrankungen/Unfällen und der frühzeitige Einstieg in das Erlernen von Bewältigungsstrategien. Soweit medizinisch erforderlich, sind auch fachspezifische Rehabilitationsansätze zum frühestmöglichen Zeitpunkt zu integrieren. Über die bereits vorhandenen Rehabilitationsansätze im Krankenhaus hinaus sind zukünftig bereits bei Aufnahme in das Akutkrankenhaus der funktionelle Status, das Rehabilitationspotential und der Rehabilitationsbedarf des Patienten in die Diagnosestellung einzubeziehen und ein am individuellen Bedarf ausgerichtetes Rehabilitationskonzept in die Krankenbehandlung zu integrieren. Die medizinisch notwendigen rehabilitativen Maßnahmen im Krankenhaus sind dabei differenziert an den individuellen Voraussetzungen der Patienten auszurichten. Auch hierfür sind Kriterien zu entwickeln und die Qualität sicherzustellen. Dabei ist zu beachten, dass sowohl rehabilitative Unter- aber auch Überversorgung ausgeschlossen wird. Das Erbringen von medizinischen Leistungen zur Rehabilitation hat im Rahmen der für die jeweilige Akutbehandlung erforderlichen Verweildauer zu erfolgen. Das Krankenhaus kann und soll die Rehabilitationseinrichtung nicht ersetzen, sondern die Ausschöpfung des Rehabilitationspotentials im Rahmen der Krankenhausbehandlung verbessern bis zur Entlassung des Patienten bzw. der Fortsetzung der Rehabilitation in einer spezifischen ambulanten oder stationären Rehabilitationseinrichtung. Die Integration der medizinischen Rehabilitation in die Krankenhausbehandlung stellt vor allem eine Qualitätsverbesserung der stationären Versorgung dar. Für weitergehende Rehabilitationsziele stehen die fachspezifischen Rehabilitationseinrichtungen zur Verfügung."
Daraus wird deutlich, dass die Rehabilitationsmaßnahmen zwingend parallel zur akutstationären Behandlung zu beginnen haben, so dass sie nicht etwa auf den Zeitpunkt einer etwaigen späteren Verlegung in eine als Akutgeriatrie anerkannte Klinik verschoben werden dürfen. Es muss also, soweit geriatrische Rehabilitationsmaßnahmen erforderlich und möglich sind, eine zeitliche Kongruenz von akutstationärer Behandlung und Rehabilitation erfolgen. Dies ist im Übrigen auch ausdrückliche Auffassung des Bundesministeriums für Gesundheit und Soziale Sicherheit, wie sie in dessen Schreiben vom 27. Oktober 2004 (216.43546-8) an verschiedene Kassenverbände zum Ausdruck gebracht worden ist (zitiert seitens des VG Münster im Urteil vom 23. Juni 2010 – 9 K 249/09, juris Rn. 49 ff.). Aus der Vorgabe, "ein am individuellen Bedarf ausgerichtetes Rehabilitationskonzept" zu erarbeiten und anzuwenden, folgt gleichzeitig, dass nicht etwa eine geriatrische Rehabilitation als Spezialanwendung von dieser Regelung ausgeschlossen sein könnte. Wenn ein alter Mensch daher eine geriatrische Rehabilitation benötigt, ist sie im Rahmen des § 39 Abs. 1 S. 3 SGB V zu erbringen. Dieses Ergebnis wird auch durch folgende Erwägung gestützt: Auf der Basis der Auffassung, dass geriatrische Rehabilitationsleistungen nur in Akutgeriatrien im Sinne des bayerischen Fachprogramms durchgeführt werden dürften, wären solche Leistungen entgegen gesetzlicher Anordnung nicht mehr zum frühestmöglichen Zeitpunkt im Akutkrankenhaus möglich. Dies könnte dann nur noch verhindert werden, indem alle rehabilitationsbedürftige Patienten in Krankenhäuser verlegt würden, die im Fachprogramm Akutgeriatrie aufgenommen worden sind und die gleichzeitig über einen Versorgungsauftrag für die akutstationäre Behandlungsfachgebiet verfügten. Dass dies mit den im Bayerischen Krankenhausplan 2010 als Akutgeriatrien ausgewiesenen Krankenhäusern möglich gewesen sein könnte, ist offenkundig ausgeschlossen.

bb) In dieser Rechtsfindung sieht sich die Kammer durch die Rechtsprechung anderer Gerichte bestätigt.
(1) So hat das LSG Hamburg im Urteil vom 18. Dezember 2014 (L 1 KR 60/14 –, juris Rn. 19 f.) die erstinstanzliche Entscheidung bestätigt und wie hier zum "Kerngedanken" der Regelung ausgeführt,
"dass die Frührehabilitation untrennbar mit der Akutbehandlung verbunden ist. Dies bringt § 39 Abs. 1 Satz 3 Hs. 2 SGB V deutlich zum Ausdruck. Die Situation der Frührehabilitation stellt sich also immer so dar, dass der Patient auf einer bestimmten Station akut behandelt wird und währenddessen ergänzend die Frührehabilitation hinzutritt. Dies meint auch das Sozialgericht, wenn es im Zusammenhang mit der gfK von einem Annex spricht. Vor diesem Hintergrund wird deutlich, dass es auf die Frage, ob das Krankenhaus auch Betten auf einer geriatrischen Station hat, nicht ankommen kann. Denn die gfK findet gerade nicht auf einer geriatrischen Station, sondern auf der Station statt, die die Akutbehandlung vornimmt."
Diese unmittelbar bundesrechtliche Vorgabe bindet daher auch den Landesgesetzgeber und erst recht die Landes-Krankenhausplanung, so dass es entgegen der Auffassung der Beklagten nicht auf landesspezifische Regelungen ankommen kann und diese Auffassung auch auf die bayerische Situation ohne Weiteres übertragbar ist.
(2) Zuvor hatte bereits das OVG NW im Urteil vom 22. November 2012 (13 A 2379/11, juris Rn. 57 ff.) ausgeführt, dass sich eine Krankenkasse zur Begründung ihrer Auffassung, die geriatrische frührehabilitative Komplexbehandlung sei eine geriatrische Kernleistung, die ausschließlich vom Versorgungsauftrag Geriatrie umfasst werde, weder auf den Operationen- und Prozedurenschlüssel (OPS) 8-550 noch auf die Systematik des Fallpauschalensystems G-DRG berufen. Beide beträfen letztlich allein die Abrechnung von Krankenhausleistungen und sind nicht maßgeblich für die krankenhausplanungsrechtlich erforderliche Bestimmung des Versorgungsauftrags. Darüber hinaus verlange der OPS 8-550 in der hier maßgeblichen Version 2008 Gleiches gilt für das Jahr 2010 – ausdrücklich weder eine Fachabteilung für Geriatrie noch Strukturvoraussetzungen, die ohne Ausweisung einer solchen Abteilung nicht bestehen können. Insbesondere reiche die "Behandlung durch ein geriatrisches Team unter fachärztlicher Behandlungsleitung (Zusatzweiterbildung oder Schwerpunktbezeichnung im Bereich "Klinische Geriatrie" erforderlich)" aus und sei die in späteren OPS-Versionen vorgesehene Tätigkeit der fachärztlichen Behandlungsleitung überwiegend in der zugehörigen geriatrischen Einheit nicht erforderlich. Das OVG NW führt gleichzeitig (ebd., Rn. 45) aus:
"Der Wortlaut des § 2 Abs. 2 Satz 2 Nr. 5 KHEntgG i. V. m. § 39 Abs. 1 Satz 3 SGB V bietet keine Anhaltspunkte für eine solche differenzierte Betrachtung. Der Gesetzgeber stellt allein auf die individuellen Bedürfnisse ab. Maßgeblich ist, welche Leistungen der Frührehabilitation im Einzelfall erforderlich sind. Der Begriff der geriatrischen frührehabilitativen Komplexbehandlung selbst stellt schon sprachlich den Bezug zur Frührehabilitation her. Die Beschränkung der Leistungen auf den »Rahmen des Versorgungsauftrags« in § 39 Abs. 1 Satz 3, 1. Halbsatz SGB V bedeutet entgegen der Auffassung der Kläger ebenfalls nicht, dass ein Versorgungsauftrag für die Geriatrie oder gar explizit für Leistungen der geriatrischen frührehabilitativen Komplexbehandlung bestehen muss. § 2 Abs. 2 Satz 2 Nr. 5 KHEntgG verweist allein bezüglich des Begriffs der Frührehabilitation auf § 39 Abs. 1 Satz 3 SGB V und nimmt damit lediglich auf den zweiten Halbsatz dieser Vorschrift Bezug. Darüber hinaus meint § 39 Abs. 1 Satz 3, 1. Halbsatz SGB V allein den akutmedizinisch-kurativen Versorgungsauftrag, hier: Innere Medizin, Teilgebiet Rheumatologie. Mit der Bezugnahme auf den Versorgungsauftrag wird lediglich klargestellt, dass § 39 Abs. 1 Satz 3 SGB V den Begriff der Krankenhausbehandlung nicht erweitert, im Fall des 2. Halbsatzes insbesondere nicht zu Lasten des Begriffs der Rehabilitationsbehandlung in den dafür vorgesehenen Einrichtungen."
Soweit das OVG NW in der in Bezug genommenen Entscheidung (etwa ebd., Rn. 49, 52) auf fehlende "Schwerpunkt"-Planung in Bezug auf die Geriatrie verweist und insofern eine mögliche Einschränkung des Versorgungsauftrags durch eine solche Planung insinuiert, kann die Beklagte hieraus nicht für sich ableiten. Denn selbst wenn man das bayerische Fachprogramm Akutgeriatrie als eine solche Schwerpunktplanung ansehen wollte, bliebe es gleichzeitig dabei, dass die WBO 2010 die Geriatrie nur als eine Zusatz-Weiterbildung definiert, die, worauf das OVG NW ebenfalls verweist, auch in Bayern mehreren Fachgebieten zuzuordnen ist bzw. auf entsprechende Facharztausbildungen aufbaut.

cc) Soweit das Schleswig-Holsteinische VG im von der Beklagten vorgelegten Urteil vom 15. Mai 2014 zu einem anderen Ergebnis gelangt, überzeugt dies nicht. Es geht nämlich unter Missachtung der bundesrechtlichen Vorgaben in § 39 Abs. 1 S. 3 SGB V davon aus, dass die Landeskrankenhausplanung Rehabilitationsleistungen in bestimmten Kliniken ausschließen könne. Insofern steht das Ergebnis zunächst in Widerspruch zu der auch hier zuvor in Bezug genommenen Entscheidung des OVG NW, der sich das Schleswig-Holsteinische VG andererseits aber ausdrücklich anschließt (S. 19 der Urteilsausfertigung vom 15. August 2014). Es meint dann aber, dem Feststellungsbescheid gegenüber dem Krankenhaus unter Heranziehung des Krankenhausplans "hinreichend deutlich entnehmen" zu können,
"dass die stationären geriatrischen Leistungen, dazu gehören auch die geriatrischen Leistungen zur Frührehabilitation ausschließlich den ( ...) geriatrischen Kliniken bzw. geriatrischen Abteilungen mit im Krankenhausplan ausgewiesenen Betten für die Geriatrie zugewiesen werden sollten und der Versorgungsauftrag andere Krankenhäuser dieses Leistungsspektrum währen der akut-kurativen Krankenhausbehandlung – insoweit in Abweichung von der Weiterbildungsordnung der Ärztekammer Schleswig-Holstein – demnach nicht umfassen sollte."
Dabei stehe es dem Plangeber frei, "solche Abweichungen von der Weiterbildungsordnung bei der Festlegung und Ausweisung von Fachgebieten" vorzunehmen, auch wenn die Geriatrie (nur) eine Zusatz-Weiterbildung, aber selbst kein Fachgebiet nach der Weiterbildungsordnung sei. Nicht thematisiert wird durch das VG, ob eine solche Abweichung (eine entsprechend dahinterstehende Planung unterstellt) bundesrechtlich überhaupt zulässig ist. Damit weist die Entscheidung eine zentrale Argumentationslücke auf, so dass die Kammer der darin zum Ausdruck kommenden Auffassung nicht zu folgen vermag. Daher kommt es auch nicht darauf an, ob die Krankenhausplanung Fachgebiete in Abweichung von einer ärztlichen Weiterbildungsordnung definieren darf oder eine solche zumindest deutlich zum Ausdruck bringen muss; Letzteres insbesondere vor dem Hintergrund der allgemein angenommenen Verknüpfung der krankenhausplanerischen Fachgebietsdefinition mit der der Weiterbildungsordnungen.

dd) Im Übrigen kann das Fachprogramm "Akutgeriatrie" nicht zur Definition des Versorgungsauftrages eines Krankenhauses im Sinne des § 108 SGB V herangezogen werden. Es darf als weithin verbreitete Auffassung in der Rechtsprechung gelten, dass der Inhalt eines Versorgungsauftrags eines Krankenhauses durch die entsprechende Fachgebietsbezeichnung in der jeweils geltenden Landes-Weiterbildungsordnung für Ärzte bestimmt wird. Folglich dürfen in einem Plankrankenhaus gem. § 108 Nr. 2 SGB V sämtliche Leistungen erbracht werden, die Gegenstand einer Facharztausbildung sind. So hat etwa das LSG Niedersachsen-Bremen im Urt. v. 24. März 2015 (– L 4 KR 314/11 –, juris Rn. 21) ausgeführt:
"Welche konkreten Leistungen des Krankenhauses, wie die hier durchgeführte Operation, konkret vom Versorgungsauftrag umfasst sind, lässt sich dem Versorgungsauftrag selbst folglich nicht entnehmen. Maßgeblich zur Auslegung des Versorgungsauftrages ist daher die von der Landesärztekammer beschlossene Weiterbildungsordnung (WBO), die besondere Einrichtungen und Leistungsschwerpunkte ausweist (vgl. Urteil des BSG vom 14. Oktober 2014, Az.: B 1 KR 33/13 R (abgedruckt in Juris). Die Bestimmung des Inhalts und der Grenzen des Versorgungsauftrages eines Plankrankenhauses ist danach nach der im Zeitpunkt der Beschlussfassung des maßgeblichen Landeskrankenhausplans geltenden ärztlichen Weiterbildungsordnung des Landes Niedersachsen vorzunehmen."
Ebenso hat das LSG Berlin-Brandenburg die Bestimmung des Inhalts und der Grenzen des Versorgungsauftrags eines Plankrankenhauses nach der im Zeitpunkt der Beschlussfassung des maßgeblichen Landeskrankenhausplans geltenden ärztlichen Weiterbildungsordnung ermittelt (Urt. v. 17. April 2012 – L 9 KR 119/10 –, juris Rn. 19). Gegen diese inhaltliche Verknüpfung von Versorgungsauftrag und Weiterbildungsrecht bestehen auch keine bundesrechtlichen Einwendungen, wie das BSG im Urteil vom 14. Oktober 2014 (B 1 KR 33/13 R, BSGE 117, 94 ff., juris Rn. 72) ausdrücklich festgestellt hat. In der Weiterbildungsordnung für die Ärzte Bayerns vom 24. April 2004 in der Fassung des Beschlusses vom 11. Oktober 2009 für das Jahr 2010 (im Folgenden WBO 2010) wird das Fachgebiet der "Geriatrie" (nur) als "Zusatz-Weiterbildung" geführt. Voraussetzung für deren Erwerb ist die
"Anerkennung als Facharzt für Allgemeinmedizin, Facharzt für Neurologie, Facharzt für Physikalische und Rehabilitative Medizin, Facharzt für Psychiatrie und Psychotherapie (auch Anerkennung als Facharzt für Nervenheilkunde nach bisherigem Recht) oder einer Facharztbezeichnung im Gebiet Innere Medizin".
Gleichzeitig darf die Zusatzbezeichnung "Geriatrie" gem. Abschnitt D.II. der Weiterbildungsordnung nur mit den Facharztbezeichnungen in den Gebieten
"Frauenheilkunde und Geburtshilfe, Innere Medizin und Allgemeinmedizin, Neurologie, Öffentliches Gesundheitswesen, Physikalische und Rehabilitative Medizin, Psychiatrie und Psychotherapie, Psychosomatische Medizin und Psychotherapie, Urologie"
geführt werden.
Daher stellt nach dem Bayerischen Krankenhausplan die "Geriatrie" kein Fachgebiet im Sinne der zuvor herangezogenen Rechtsprechung dar. Denn es handelt sich lediglich um eine "Zusatz-Weiterbildung", die gem. § 1 Abs. 1 WBO 2010 eine Spezialisierung darstellt, die auf der Qualifikation als Facharzt aufbaut. Daher definiert die Zusatz-Weiterbildung kein Fachgebiet, sondern nun eine Spezialisierung in demselben, so dass diese Zusatzweiterbildung nicht zur inhaltlichen Bestimmung des Versorgungsauftrags herangezogen werden kann (i.E. ebenso SG Aachen, Urteil vom 23. April 2013 S 13 KR 212/12 –, juris Rn. 19).
Nach alledem muss die Klage in der Hauptsache Erfolg haben. Andere Gründe, die die geltend gemachte Vergütungshöhe in Frage stellen könnten, sind nicht ersichtlich.

2. Der Zinsanspruch folgt aus § 22 des bayerischen Vertrages zu § 112 Abs. 2 Nr. 1 SGB V.

3. Vorgerichtliche Anwaltsgebühren kann die Klägerin von der Beklagten nicht ersetzt verlangen. Vielmehr regelt § 22 des bayerischen Vertrages zu § 112 Abs. 2 Nr. 1 SGB V die Verzugsfolgen abschließend nur in Gestalt des Zinsanspruchs. Insofern sind die gem. § 69 Abs. 1 S. 3 SGB V grundsätzlich anwendbaren BGB-Normen vertraglich zwischen den Beteiligten abbedungen (so die parallele Wertung auch des LSG Berlin-Brandenburg, Urt. v. 16. April 2008 – L 9 KR 251/04 –, juris Rn. 15 m.w.Nw.).

4. Die Kostenentscheidung beruht auf § 155 Abs. 1 S. 3 VwGO i.V.m. § 197a SGG.
Rechtskraft
Aus
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