L 1 KR 518/16 B ER

Land
Berlin-Brandenburg
Sozialgericht
LSG Berlin-Brandenburg
Sachgebiet
Krankenversicherung
Abteilung
1
1. Instanz
SG Frankfurt (Oder) (BRB)
Aktenzeichen
S 27 KR 268/16 ER
Datum
2. Instanz
LSG Berlin-Brandenburg
Aktenzeichen
L 1 KR 518/16 B ER
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Beschluss
Die Beschwerde des Antragstellers gegen den Beschuss des Sozialgerichts Frankfurt (Oder) vom 27. Oktober 2016 wird zurückgewiesen. Außergerichtliche Kosten sind auch für das Beschwerdeverfahren nicht zu erstatten.

Gründe:

Die am 4. November 2016 erhobene Beschwerde gegen den genannten Beschluss ist unbegründet.

Die Voraussetzungen für den Erlass einer einstweiligen Anordnung liegen nicht vor.

Nach § 86b Abs. 2 S. 1 SGG ist der Erlass einer einstweiligen Anordnung zulässig, wenn andernfalls die Gefahr besteht, dass ein Recht des Antragstellers vereitelt oder wesentlich erschwert wird. Gemäß § 86b Abs. 2 S. 2 SGG kann das Gericht auf Antrag eine einstweilige Anordnung auch zur Regelung eines vorläufigen Zustands in Bezug auf ein streitiges Rechtsverhältnis treffen, wenn dies zur Abwendung wesentlicher Nachteile notwendig erscheint (sog. Regelungsanordnung). Voraussetzung sind das Bestehen eines Anordnungsanspruches und das Vorliegen eines Anordnungsgrundes.

Der Anordnungsanspruch bezieht sich dabei auf den geltend gemachten materiellen Anspruch, für den vorläufiger Rechtschutz begehrt wird. Die erforderliche Dringlichkeit betrifft den Anordnungsgrund. Die Tatsachen, die den Anordnungsgrund und den Anordnungsanspruch begründen sollen, sind darzulegen und glaubhaft zu machen (§ 86b Abs. 2 S. 4 SGG i. V. m. § 920 Abs. 2 Zivilprozessordnung).

Hier fehlt es bereits an einem Anordnungsanspruch. Es ist nicht überwiegend wahrscheinlich, dass die Antragsgegnerin verpflichtet ist, die Kosten einer Therapie bei dem vom Antragsteller gewünschten nicht vertragspsychotherapeutisch zugelassenen gewünschten Therapeuten R zu übernehmen:

Das Recht der gesetzlichen Krankenversicherung geht als Regelfall davon aus, dass die Versicherten die Leistungen als Sach- und Dienstleistungen erhalten (vgl. § 2 Abs. 2 S. 1 Sozialgesetzbuch Fünftes Buch - SGB V). Die ärztliche und psychotherapeutische Behandlung erfolgt nicht durch alle approbierten Ärzte oder Psychotherapeuten, sondern nur durch die entsprechenden Vertragsärzte ("Kassenärzte") oder Vertragspsychotherapeuten. Die freie Arztwahl besteht nur innerhalb dieses Kreises, § 76 Abs. 1 S. 1 SGB V. Anderes gilt nur bei einem Notfall, § 76 Abs. 1 S. 2 SGB V, für den hier nichts ersichtlich ist.

Die Krankenkasse darf an Stelle der Sach- oder Dienstleistung Kosten nur erstatten, soweit es das Fünfte oder das Neunte Buch Sozialgesetzbuch vorsieht (§ 13 Abs. 1 SGB V; vgl. Bundessozialgericht -BSG-, Urteil vom 18. Juli 2006 – B 1 KR 24/05 R –, BSGE 97, 6-16 juris-Rdnr. 15).

Als Anspruchsgrundlage kommt hier allein § 13 Abs. 3 SGB V in Betracht. Nach dieser Vorschrift sind dem Versicherten Kosten einer selbst beschafften Leistung in der entstandenen Höhe zu erstatten, wenn die Leistung unaufschiebbar war und die Krankenkasse sie nicht rechtzeitig erbringen konnte oder wenn die Krankenkasse die Leistung zu Unrecht abgelehnt hatte. Die Erstattung von Kosten setzt sowohl begrifflich als auch nach Wortlaut und Zweck der Norm voraus, dass dem Versicherten Kosten entstanden sind. Da der Anspruch nicht von einer tatsächlich geleisteten Zahlung abhängen kann, reicht es jedoch aus, wenn der Versicherte einer Honorarforderung des Leistungserbringers ausgesetzt ist. Insoweit umfasst § 13 Abs. 3 SGB V auch einen Freistellungsanspruch (vgl. Urteil des BSG vom 28.03.2000 - B 1 KR 11/98 R - = SozR 3 - 2500 § 135 Nr. 14 Seite 61 m. w. N.). § 13 Abs. 3 Satz 1 Alternative 1 SGB V scheidet hier von vornherein aus.

Die Voraussetzungen des § 13 Abs. 3 Satz 1 Alternative 2 SGB V liegen ebenfalls nicht vor. Die Beklagte hat mit Bescheid vom 29. Juli 2016 nicht eine Leistung zu Unrecht abgelehnt.

Die Krankenkasse ist nur dann zu rechtzeitiger Sachleistung außer Stande, wenn kein anderer als ein außervertraglicher Leistungserbringer für die Behandlung zur Verfügung steht. Sofern im Bezirk des Versicherten ausreichend zugelassene Psychotherapeuten niedergelassen sind, die den Anspruch des Versicherten im Wege der Dienst- und Sachleistung erfüllen können, besteht kein Anspruch auf Behandlung durch einen nicht zugelassenen Therapeuten im Wege der Kostenerstattung (vgl. BSG, Urteil vom 18. Juli 2006, a. a. O. Rdnr. 35 mit weiteren Nachweisen).

Hier ist für dieses Eilverfahren nicht davon auszugehen, dass dem Antragsteller kein zugelassener Vertragspsychotherapeut bzw. psychotherapeutisch behandelnder Vertragsarzt zur Verfügung steht. Dies hat das Sozialgericht im angefochtenen Beschluss dargestellt. Zur Vermeidung bloßer Wiederholungen wird hierauf verwiesen, § 142 Abs. 2 S. 3 Sozialgerichtsgesetz (SGG).

Ergänzend ist auszuführen, dass der Antragsteller nur pauschal behauptet und keinen Sachverhalt glaubhaft gemacht hat, aus dem sich ergibt, weshalb eine Behandlung durch eine Therapeutin per se ausscheiden soll. Er kann die Beschränkung seines Anspruches auf Behandlung nur bei Vertragspsychotherapeuten auch nicht mit der Begründung umgehen, mittlerweile sei ihm ein Wechsel nicht mehr zuzumuten.

Zu Recht hat ferner das Sozialgericht das Vorliegen einen Anordnungsanspruches verneint.

Gegen die dazu erforderliche Dringlichkeit spricht ergänzend, dass der MDK in seinem sozialmedizinischen Gutachten vom 29. September 2016 zu dem Ergebnis gelangt ist, der Antragsteller müsste dringend einen Psychiater aufsuchen zur entsprechenden Diagnostik und Abklärung. Soweit neben einer psychiatrischen Behandlung weiterhin die Indikation für eine Psychotherapie bestehen sollte, sei -so der MDK- eine Wartezeit bis zu deren Beginn zumutbar.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 193 SGG entsprechend.

Dieser Beschluss kann nicht mit der Beschwerde an das Bundessozialgericht angefochten werden (§ 177 SGG).
Rechtskraft
Aus
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