Land
Berlin-Brandenburg
Sozialgericht
LSG Berlin-Brandenburg
Sachgebiet
Vertragsarztangelegenheiten
Abteilung
24
1. Instanz
SG Potsdam (BRB)
Aktenzeichen
S 1 KA 134/13
Datum
2. Instanz
LSG Berlin-Brandenburg
Aktenzeichen
L 24 KA 25/15
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
B 6 KA 89/16 B
Datum
Kategorie
Urteil
Die Berufung wird zurückgewiesen. Die Klägerin trägt auch die Kosten des Berufungsverfahrens. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand:
Im Streit stehen die Honorarbescheide der Beklagten für die Klägerin in den Quartalen 2011/I, 2011/III sowie 2011/IV.
Die Klägerin ist Fachärztin für Frauenheilkunde und Geburtshilfe und ist seit Dezember 2008 in C zur vertragsärztlichen Versorgung zugelassen. Die Beklagte behandelte die hier streitgegenständlichen Quartale als das 9., 11. und 12. Abrechnungsquartal der Klägerin.
Mit Zuweisungsbescheid vom 28. Dezember 2010 wies die Beklagte der Klägerin für das Quartal 2011/I ein Regelleistungsvolumen (RLV) in Höhe von 16 554,98 Euro zu. Sie legte dabei die durchschnittliche Fallzahl der Arztgruppe und den durchschnittlichen Fallwert der Arztgruppe des Vorjahresquartals zugrunde.
Die Beklagte wies der Klägerin weiter mit Bescheid vom 26. Mai 2011 für das Quartal 2011/III ein Regelleistungsvolumen in Höhe von 17 048,80 Euro zu. Sie legte dabei wieder die durchschnittliche Fallzahl der Arztgruppe zugrunde.
Die Klägerin widersprach der Zuweisung des arztrelevanten RLV (A RLV) und qualifikationsgebundenem Zusatzvolumen (QZV) im Schreiben vom 29. Juni 2011 Die Beklagte gewährte mit Honorarbescheid vom 28. Juli 2011 für das Quartal 2011/I ein Bruttohonorar in Höhe von 34 093,27 Euro. Dies entspricht einer Vergütungsquote von 79,93 %. Der Berechnung des RLV legte die Beklagte hierbei die tatsächlich im Abrechnungsquartal abgerechnete Behandlungsfallzahl von 779 zugrunde.
Die Beklagte wies der Klägerin mit Bescheid vom 25. August 2011 ein RLV für das Quartal 2011/IV in Höhe von 14 131,80 Euro zu. Sie ging zunächst von einer arztindividuellen Fallzahl von 852 aus.
Die Klägerin erhob am 27. August 2011 Widerspruch gegen den Honorarbescheid der Beklagten vom 28. Juli 2011. Die Anwendung der Regelung für Jungpraxen bedeute für sie einen überdurchschnittlichen Honorarverlust im Vergleich zur Fachgruppe.
Auf den Widerspruch der Klägerin vom 22. September 2011 gegen den Zuweisungsbescheid vom 25. August 2011 hiergegen änderte die Beklagte ihren Zuweisungsbescheid mit Änderungsbescheid vom 9. Dezember 2011 ab und setzte für das Quartal 2011/IV ein Regelleistungsvolumen in Höhe von 17 048,80 Euro fest, entsprechend der durchschnittlichen Fallzahl der Arztgruppe. In dem Bescheid heißt es, dass Einwände gegen diese Zuweisung ohne Verschlechterung der Rechtsposition im Widerspruchsverfahren gegen den Honorarbescheid geltend gemacht werden könnten.
Mit Honorarbescheid vom 26. Januar 2012 bewilligte die Beklagte der Klägerin ein Bruttohonorar in Höhe von 35 829,91 Euro für das Quartal 2011/III. Dies entsprach einer Vergütungsquote von 89,16 %. Für die Berechnung des RLV legte sie die tatsächliche Fallzahl des Abrechnungsquartals zugrunde (892).
Die Klägerin erhob hiergegen am 16. Februar 2012 Widerspruch.
Die Beklagte bewilligte der Klägerin mit Honorarbescheid vom 26. April 2012 für das Quartal 2011/IV ein Bruttohonorar in Höhe von 32 528,71 Euro, entsprechend einer Vergütungsquote von 91,14 %.
Die Klägerin erhob hiergegen am 31. Januar 2013 Widerspruch, den die Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 15. November 2013 zurückwies.
Die Beklagte wies ferner am selben Tag den Widerspruch gegen den Honorarbescheid für das Quartal 2011/I zurück. Sie habe gemäß § 17 Abs. 1 des Honorarverteilungsvertrages (M GV/A RLV Vertrag 2011) die tatsächliche Fallzahl des konkreten Abrechnungsquartals herangezogen. Die Überprüfung von Praxisbesonderheiten habe ergeben, dass diese nicht zu einer Erhöhung des Honorars führe. Aufgrund der Anwendung der Neu- und Jungpraxenregelung komme eine Anwendung des § 18 Abs. 1 M GV/A RLV Vertrag 2011 nicht in Betracht. Auch liege keine Praxisbesonderheit nach § 18 Abs. 3 M GV/A RLV Vertrag 2011 vor. Das Volumen aus arztrelevantem RLV (A RLV) und qualifikationsgebundenem Zusatzvolumen (QZV) werde lediglich um 25,05 % und damit unter 30 % überschritten.
Zuletzt wies die Beklagte mit weiterem Widerspruchsbescheid vom 15. November 2013 auch den Widerspruch der Klägerin vom 16. Februar 2012 gegen den Honorarbescheid für das Quartal 2011/III zurück. Auch eine Ausgleichszahlung komme nicht in Betracht (Zustellung: 18. November 2013). Gleichzeitig wies die Beklagte den Widerspruch gegen den RLV Zuweisungsbescheid vom 26. Mai 2011 zurück.
Hiergegen hat die Klägerin am 12. Dezember 2013 insgesamt Klage beim Sozialgericht Potsdam (SG) erhoben. Die Anwendung der Neu- und Jungpraxenregelung nach § 17 M GV/A RLV Vertrag 2011 bedeute eine Benachteiligung der Klägerin. Während die Zuweisung des Regelleistungsvolumens mit der durchschnittlichen Fallzahl der Arztgruppe erfolge, werde im Honorarbescheid jeweils nur die tatsächliche Fallzahl des Abrechnungsquartals der Berechnung des Regelleistungsvolumens zugrunde gelegt. Das Regelleistungsvolumen werde gemindert. Damit sei keine Kalkulationssicherheit gegeben. Nach der ständigen Rechtsprechung des Bundessozialgerichts (BSG) müssten Jungpraxen sofort die Möglichkeit haben, zumindest den durchschnittlichen Umsatz der Arztgruppe zu erreichen. Der Umsatz der Arztgruppe könne nicht mit der Fallzahl der Arztgruppe gleichgesetzt werden. Letzteres sei für Honorarbegrenzungsmaßnahmen entscheidend. Das BSG betone aber gerade hierzu, dass neugegründete Praxen von jeglicher Honorarzuwachsbegrenzung freizustellen seien (Bezugnahme auf BSG, Urteil vom 28. Januar 2009 – B 6 KA 5/08 R). Das BSG habe mit seiner Rechtsprechung zu Jungpraxen gerade eine Ausnahme von der Regel der RLV vorgegeben. Die Beklagte habe zudem nicht in den Honorarbescheiden von den RLV Zuweisungsbescheiden abweichen dürfen. Eine Aufhebung habe nur nach Maßgabe des § 47 Sozialgesetzbuch Zehntes Buch (SGB X) erfolgen dürfen. Der Klägerin stehe in den drei streitgegenständlichen Quartalen das angeforderte Honorar im vollen Umfang ohne Abstaffelungen zu. Dies ergäbe einen Betrag von 5 582,82 Euro (auf die Berechnung im Klageschriftsatz vom 11. Dezember 2013 wird ergänzend verwiesen).
Die Beklagte hat ausgeführt, der von ihr angewendete § 17 Abs. 1 M GV/A RLV Vertrag 2011 sei materiell nicht zu beanstanden und folge der Rechtsprechung des BSG. Bei den RLV Zuweisungsbescheiden habe es sich nur um vorläufige Informationen gehandelt. Die Beklagte habe die einschlägige Regelung auch rechtmäßig umgesetzt.
Das SG hat mit Urteil vom 6. Mai 2015 die Klage abgewiesen (Zustellung: 3. Juni 2015). Die angefochtenen Honorarbescheide beschwerten die Klägerin nicht, da die Honorarberechnung richtig erfolgt sei. Die Vereinbarung zur Gesamtvergütung und zur Regelleistungsvolumina 2011 in der Fassung vom 11. August 2011 (M GV/A RLV Vertrag 2011) habe die einschlägigen Bundesvorgaben des (Erweiterten) Bewertungsausschusses ([E]BewA) zur Umsetzung des hier anzuwendenden § 87 b Abs. 1 Satz 5 Sozialgesetzbuch Fünftes Buch (SGB V; in der hier anzuwendenden Fassung des GKV WSG vom 26. März 2007) rechtmäßig umgesetzt. Speziell die Regel des § 17 Abs. 1 M GV/A RLV Vertrag 2011 sei nicht zu beanstanden. Die allgemeinen Vorgaben des Bewertungsausschusses in Bezug auf Jungpraxen seien ausreichend umgesetzt. Dies gelte insbesondere für die Vorgaben des BSG für neugegründete Praxen bzw. Jungpraxen, denen Gelegenheit zur Umsatzsteigerung bis zumindest auf den durchschnittlichen Umsatz der Arztgruppe eingeräumt sein müsse. § 17 Abs. 1 M GV/A RLV Vertrag 2011 ermögliche dies. Mit dessen Regelung, der Berechnung des RLV im Honorarbescheid mit der tatsächlichen Fallzahl des Abrechnungsquartals, erfolge eine leistungsgerechte Vergütung für jeden tatsächlich erbrachten Behandlungsfall entsprechend dem Durchschnitt der Arztgruppe. Es sei in der Rechtsprechung des BSG zwar bisher offengelassen worden, ob auch eine Steigerungsmöglichkeit in der Form gewährt werden könne oder müsse, dass statt eines Fallzahlzuwachses zumindest gleichberechtigt daneben auch eine Fallwertsteigerung zu berücksichtigen sei, die etwa auf eine Veränderung in der Morbidität des behandelten Patientenstammes oder einer Veränderung der Behandlungsausrichtung beruhen könne (Bezugnahme auf BSG, Urteil vom 28. Januar 2009 – B 6 KA 5/08 R; Urteil vom 3. Februar 2010 – B 6 KA 1/09 R – und Urteil vom 17. Juli 2013 – B 6 KA 44/12 R). Grundsätzlich gehe das BSG immer von der Möglichkeit der Fallzahlerhöhung für Honorarsteigerungen aus. Die Phase des Aufbaus habe das BSG in den o. g. Urteilen auf einen Zeitraum von drei, vier oder fünf Jahren bestimmt. § 17 Abs. 1 M GV/A RLV Vertrag 2011 gehe von zwölf Quartalen aus. Ob dies nach den Vorgaben der Rechtsprechung des BSG ausreichend sei, könne dahinstehen, da das I., III. und IV. Quartal 2011 bereits das 9., 11. und 12. Abrechnungsquartal sei. Für eine vom BSG angedeutete Fallwertsteigerung aufgrund der Morbidität der Patienten oder einer besonderen Ausrichtung der Praxis seien vorliegend keine Ansätze ersichtlich. Sofern jedoch das "normale" Leistungsspektrum der Arztgruppe im Durchschnitt pro Behandlungsfall erbracht werde, könne dies nicht dazu führen, dass über die tatsächliche Fallzahl hinaus eine weitere Vergütung erfolge. Die RLV Zuweisungsbescheide seien jeweils nur vorläufige Regelungen gewesen und hätten deshalb auch nicht widerrufen werden müssen. Sie hätten jeweils in der Anlage 3 den ausdrücklichen Hinweis enthalten, dass die durchschnittliche Fallzahl für die Berechnung des Regelleistungsvolumens im Zuweisungsbescheid nur vorläufig sei. Wesentlich sei auch, dass der Klägerin zwar in allen drei streitbefangenen Quartalen jeweils (nur) zirka 17 000,00 Euro im Regelleistungsvolumen zugewiesen worden seien, die tatsächliche Vergütung aber einschließlich der erbrachten freien Leistungen dann jeweils zirka 33 000,00 Euro betragen habe. Im Ergebnis habe die Beklagte zu Recht darauf hingewiesen, dass die der Klägerin in den Quartalen gewährte Vergütungsquote mit 79,13 %, 89,16 % und 91,14 % über dem Durchschnitt der Vergütungsquote (aller) Fachärzte insgesamt liege.
Hiergegen richtet sich die Berufung der Klägerin vom 23. Juni 2015. Zur Begründung hat sie ausgeführt, die Beklagte habe entgegen der Auffassung des SG gegen den Grundsatz der Honorarverteilungsgerechtigkeit verstoßen, indem der relevante Unterschied zwischen etablierten Praxen und Neupraxen nivelliert worden sei. In der bisherigen Rechtsprechung des BSG sei offengelassen worden, ob die Möglichkeit, den durchschnittlichen Umsatz der Fachgruppe zu erreichen, alleine durch eine Fallzahlerhöhung oder auch durch eine Fallwerterhöhung erreicht werden können müsse (BSG, Urteil vom 17. Juli 2013 – B 6 KA 44/12 R ). Es sei gegen die Vorgabe des BSG verstoßen worden, Neupraxen von jeglichen Honorarbegrenzungen freizustellen. Einer nachträglichen Berechnung des RLV stehe § 87 b Abs. 5 SGB V a. F. entgegen, wonach das zur Verfügung stehende abrechenbare Leistungsvolumen vor dem jeweiligen Quartal bekanntgegeben werden müsse. Sie begehre keinesfalls eine Vergütung außerhalb jeglichen Regelleistungsvolumens. Sie fordere lediglich eine solche in Höhe des ihr jeweils in den Zuweisungsbescheiden zugewiesenen RLV. Da das RLV in seiner Höhe von der Fallzahl des Vorjahresquartals und dem durchschnittlichen Fallwert der Fachgruppe abhänge, sei der Fallwert Teil der Wachstumsbegrenzungsmaßnahme. Von dieser müsse die Anfängerpraxis bis zum Durchschnitt der Fachgruppe ausgenommen werden. Die Klägerin habe nicht unwirtschaftlich behandelt. Es frage sich, warum zwar - entgegen der gesetzlich vorgeschriebenen RLV Systematik – das RLV nachträglich anhand der unterdurchschnittlichen Fallzahl des Abrechnungsquartals aber bei gleichzeitig niedrigem Fallwert des Vorjahresquartals berechnet worden sei. Es seien von den vier zur Verfügung stehenden Werten (durchschnittliche Fallzahl der Arztgruppe im Vorjahresquartal, praxisindividuelle Fallzahl im Abrechnungsquartal, Fallwert Vorjahresquartal, Fallwert Abrechnungsquartal) die für die Anfängerpraxis jeweils ungünstigsten Werte gewählt und miteinander kombiniert worden. Anfängerpraxen seien so doppelt benachteiligt. Sie erhielten kein festes RLV, welches sie unabhängig des praxisindividuellen Fallwertes ausschöpfen könnten, noch werde eine die gesamte Fachgruppe betreffende Fallwertsteigerung im Abrechnungsquartal berücksichtigt.
Die Klägerin beantragt,
1. das Urteil des Sozialgerichts Berlin vom 6. Mai 2015 aufzuheben,
2. die Beklagte zu verurteilen, unter Änderung des Honorarbescheides vom 28. Juli 2011 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 15. November 2013 zu verurteilen, über den Honoraranspruch der Klägerin für das I. Quartal 2011 unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts neu zu entscheiden,
3. die Beklagte zu verurteilen, unter Änderung des Honorarbescheides vom 26. Januar 2012 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 15. November 2013 zu verurteilen, über den Honoraranspruch der Klägerin für das III. Quartal 2011 unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts neu zu entscheiden,
4. die Beklagte zu verurteilen, unter Änderung des Honorarbescheides vom 24. April 2012 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 15. November 2013 zu verurteilen, über den Honoraranspruch der Klägerin für das IV. Quartal 2011 unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts neu zu entscheiden.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie führt ergänzend aus: Soweit die Klägerin annehme, Neu- und Jungpraxen müssten alle abgerechneten Leistungen völlig außerhalb eines RLV erbringen können, d. h. die Leistungen zum Preis der regionalen Gebührenordnung ohne Fallwertbegrenzung vergütet zu erhalten, könne dies auch nach der Rechtsprechung des BSG nicht Bestand haben. Ganz allgemein habe das BSG in seiner Entscheidung vom 11. Dezember 2013 (B 6 KA 6/13 R) zutreffend ausgeführt, dass eine Vergütung mit festen Euro Beträgen nur in einem Idealfall in Betracht komme, dass vielmehr eine feste, begrenzte Gesamtvergütung die Vergütung aller vertragsärztlichen Leistungen mit einem garantierten Punktwert ausschließe und Mengenbegrenzungen und Quotierungen unvermeidlich seien (Bezugnahme auf BSG, Urteil vom 17. Juli 2013 – B 6 KA 44/12 R). Es widerspräche gerade dem Grundsatz der Honorarverteilungsgerechtigkeit, wenn diese Praxis zu Lasten der übrigen eine Vergütung erhielte, welche diesen Umstand völlig außer Acht ließe. Die Beklagte vertrete nicht, dass eine zusätzliche Fallwerterhöhung für eine Anfängerpraxis generell ausgeschlossen sei. Dies setze jedoch voraus, dass die Anfängerpraxis im Vergleich zu den Ärzten ihrer Fachgruppe einen erhöhten Leistungsbedarf zur Versorgung ihrer Patienten benötigt habe. Die Klägerin berufe sich auch hierauf. Allerdings habe sie im Vergleich zu ihren Fachkollegen einen unterdurchschnittlichen Leistungsbedarf abgerechnet. Der abgerechnete Fallwert habe im Quartal 2011/I mit – 5,665 %, im Quartal 2011/III mit – 10,095 % und im Quartal 2011/IV mit – 12,977 % durchweg unterhalb des abgerechneten Gesamtfallwert der Fachgruppe gelegen. Es bestehe deshalb, jedenfalls bei der Klägerin, kein Grund für eine Ausnahme vom normativen Fallwert des RLV. Dass jedenfalls nur besondere Umstände für eine Fallwerterhöhung maßgeblich sein könnten, habe auch das BSG in seiner Entscheidung vom 28. Januar 2009 so gesehen (B 6 KA 5/08 R).
Auf die von den Beteiligten eingereichten Schriftsätze wird ergänzend Bezug genommen. Der Verwaltungsvorgang der Beklagten lag zur mündlichen Verhandlung vor und war Gegenstand der Erörterung.
Entscheidungsgründe:
Der Berufung bleibt Erfolg versagt. Das SG hat die Klage zu Recht abgewiesen. Die angegriffenen Honorarbescheide verletzen die Klägerin nicht in eigenen Rechten.
Das den Bescheiden jeweils zu Grunde gelegte Regelleistungsvolumen (RLV) einschließlich der Zusatzleistungen verstößt nicht gegen § 87b Abs. 2 SGB V Sozialgesetzbuch Fünftes Buch (SGB V; in der Fassung des Gesetzes zur Stärkung des Wettbewerbs in der gesetzlichen Krankenversicherung [GKV-Wettbewerbsstärkungsgesetz – GKV-WSG] vom 26. März 2007 [BGBl I S. 378], gültig bis 31. Dezember 2011; nachfolgend: "SGB V a. F.").
Wie bereits das SG zutreffend ausgeführt hat, beruhen die Honorarbescheide auf einer korrekten Umsetzung der landesrechtlichen Vorgaben durch den M-GV/A-RLV, der seinerseits in Übereinstimmung mit den bundesrechtlichen Vorgaben des (E)BewA steht. Diese Vorgaben haben wiederum die formalgesetzlichen Regelungen in § 87b SGB V a. F. rechtmäßig umgesetzt:
Gemäß § 87b Abs. 1 S. 1 SGB V a. F. werden die vertragsärztlichen Leistungen abweichend von § 85 SGB V von der Kassenärztlichen Vereinigung auf der Grundlage der regional geltenden Euro-Gebührenordnung nach § 87a Abs. 2 SGB V vergütet. Zur Verhinderung einer übermäßigen Ausdehnung der Tätigkeit des Arztes und der Arztpraxis sind gemäß § 87b Abs. 2 S. 1 SGB V a. F. arzt- und praxisbezogene RLV festzulegen. Dabei definiert § 87b Abs. 2 S. 2 SGB V a. F. ein RLV nach Satz 1 als die von einem Arzt oder der Arztpraxis in einem bestimmten Zeitraum abrechenbare Menge der vertragsärztlichen Leistungen, die mit den in der Euro-Gebührenordnung gemäß § 87a Abs. 2 SGB V enthaltenen und für den Arzt oder die Arztpraxis geltenden Preisen zu vergüten ist. Abweichend von Abs. 1 S. 1 ist die das RLV überschreitende Leistungsmenge mit abgestaffelten Preisen zu vergüten; bei einer außergewöhnlich starken Erhöhung der Zahl der behandelten Versicherten kann hiervon abgewichen werden (§ 87b Abs. 2 S. 3 SGB V a. F.).
Der gemäß § 87b Abs. 4 S. 1 SGB V a. F. zur Bestimmung des Verfahrens zur Berechnung und zur Anpassung der RLV nach § 87b Abs. 2 und 3 SGB V berufene BewA hat - als EBewA - in seiner 15. Sitzung am 2. September 2009 einen Beschluss zur Weiterentwicklung der vertragsärztlichen Vergütung im Jahr 2010 gefasst (DÄ 2009; 106[39]: A-1907; ergänzt durch den Beschluss des BewA in seiner 199. Sitzung am 22. September 2009, DÄ 2009 PP [11], November 2009, S. 518). Die Beschlüsse des Erweiterten Bewertungsausschusses vom 27./28. August 2008, ergänzt und geändert durch die Beschlüsse des Erweiterten Bewertungsausschusses in der 8., 11. und 12. Sitzung sowie durch die Beschlüsse des Bewertungsausschusses in der 164., 172. und 180. Sitzung sind durch diesen Beschluss fortgeschrieben worden. Er ist ab 1. Juli 2010 durch den Beschluss des BewA in seiner 218. Sitzung am 26. März 2010 ersetzt worden. Für 2011 erfolgte die Berechnung der morbiditätsbedingten Gesamtvergütung auf der Grundlage des Beschlusses des EBewA zur Weiterentwicklung der vertrags-ärztlichen Vergütung in den Jahren 2011 und 2012 in der 23. Sitzung am 05./11. Oktober 2010 in der Fassung der 242. Sitzung des BewA vom 24. November 2010 und der 26. EBewA-Sitzung vom 22. Dezember 2010. Inhaltlich hat sich nichts Entscheidendes geändert: Nach Teil F Nr. 1.2.1 werden die RLV nach Maßgabe von Nr. 2. und 3. sowie den Anlagen 1 und 2 zu Teil F für das jeweilige Abrechnungsquartal ermittelt. Der Rechenweg für die Bestimmung des arztindividuellen RLV ist in der Anlage 2 zu Teil F Nr. 1 des Beschlusses vorgegeben. Vereinfacht dargestellt, ergibt sich die Höhe des arzt- und praxisbezogenen RLV aus der Multiplikation der Fallzahl des Arztes im Vorjahresquartal mit dem arztgruppenspezifischen Fallwert (Bundessozialgericht -BSG-, Urt. vom 11. Dezember 2013 -B 6 KA 6/13 R- Rdnr. 20) Die bundesgesetzlichen Vorgaben sind nach der Rechtsprechung des BSG damit rechtmäßig umgesetzt: Nach § 87b Abs. 3 SGB V a. F. sind die Werte für die RLV somit zum einen morbiditätsgewichtet und differenziert nach Arztgruppen und nach Versorgungsgraden sowie unter Berücksichtigung der Besonderheiten kooperativer Versorgungsformen festzulegen (Satz 1), zum anderen sind gemäß Satz 2 insbesondere die dort aufgeführten Zahlungen sowie Zahl und Tätigkeitsumfang der der jeweiligen Arztgruppe angehörenden Ärzte zu berücksichtigen (Satz 2). Nach Satz 2 Nr. 1 wird ausdrücklich die Berücksichtigung der "Summe der für einen Bezirk der KÄV nach § 87a Abs. 3 insgesamt vereinbarten morbiditätsbedingten Gesamtvergütungen" vorgegeben. Maßgeblicher Faktor für die Höhe des RLV sind somit nicht die Preise der Euro-Gebührenordnung, sondern die tatsächlich gezahlten Gesamtvergütungen. Somit stellt das RLV nur im "Idealfall" sicher, dass die von ihm erfasste Leistungsmenge in vollem Umfang mit den Preisen der Euro-Gebührenordnung vergütet wird: Dies ist nämlich nur dann der Fall, wenn die Höhe der gezahlten Gesamtvergütungen - bzw. der auf die in das RLV fallende Leistungsmenge bezogene Anteil hieran - mit dem Geldbetrag übereinstimmt, der für die in das RLV fallenden Leistungen nach den Preisen der Euro-Gebührenordnung insgesamt zu zahlen wäre. Es ist aber keineswegs ausgeschlossen, dass der für die Vergütung der in das RLV fallenden Leistungen zur Verfügung stehende Gesamtvergütungsanteil hierfür nicht ausreicht (BSG, a. a. O. Rdnr. 24). In dem Umstand, dass aus den dargestellten Gründen nicht sichergestellt ist, dass die in das RLV fallenden Leistungen in jedem Fall mit den Preisen der Euro-Gebührenordnung vergütet werden (oder das RLV umgekehrt nicht alle "notwendigen" Leistungen umfasst), liegt keine "gesetzwidrige" Lücke, die von der Rechtsprechung im Wege der Auslegung zu füllen wäre. Wenn der Gesetzgeber für die Berechnung des RLV nicht die Preise der Euro-Gebührenordnung, sondern die Höhe der vereinbarten Gesamtvergütungen zum Maßstab genommen hat, hat er damit zwangsläufig in Kauf genommen, dass die angestrebte Vergütung aller in das RLV fallenden Leistungen mit den Preisen der Euro-Gebührenordnung nicht in jedem Fall erreicht werden kann. Im Übrigen blieb dem Gesetzgeber insoweit ohnehin kein Spielraum, weil er andernfalls die Finanzierung der vertragsärztlichen Leistungen von Grund auf neu hätte regeln müssen. Die Vorgabe absolut fester Preise für eine bestimmte - zumindest bei zahlreichen Arztgruppen den größeren Teil der vertragsärztlichen Leistungen umfassenden - Leistungsmenge ist nicht kompatibel mit einer nach anderen Kriterien vereinbarten Gesamtvergütung. Durch die Einführung der MGV und der RLV hat sich nichts daran geändert, dass die Menge des zur Verteilung unter die Vertragsärzte zur Verfügung stehenden Geldes begrenzt ist (BSG a. a. O. Rdnr. 32).
Die Umsetzung der Honorarregelungen im Land Brandenburg durch den M-GVA/A-RLV entspricht den Vorgaben des Bewertungsausschusses (so bereits Beschluss des Senats vom 20. Februar 2015 -L 24 KA 98/13 juris-Rdnr. 28ff sowie Urteile vom 6. Oktober 2015 -L 24 KA 65/14- juris-Rdnr.49ff sowie vom 18. März 2016 -L 24 KA 22/15- jeweils für 2010 und Urteil vom 18. März 2016 -L 24 KA 9/15- juris-Rdnr.44ff für 2011):
Die Berechnung der arzt- und praxisbezogenen Regelleistungsvolumina gemäß § 7 Abs. 2 der Vereinbarung des M-GVA/A-RLV 2011 erfolgt ausdrücklich nach Maßgabe der Regelungen des Beschlusses der 218. BA-Sitzung vom 26. März 2010 zur Berechnung und zur Anpassung von arzt- und praxisbezogenen Regelleistungsvolumen i. d. F. der 242. Sitzung vom 24. November 2010 [ab 01.04.2011: 248. Sitzung vom 25. Januar 2011] und den in diesem Vertrag vereinbarten Normen. Das praxisbezogene Regelleistungsvolumen ergibt sich gemäß 1.2.4 aus der Addition der Regelleistungsvolumen je Arzt, welcher in der Arztpraxis tätig sei, sowie der entsprechenden Zuschläge für Berufsausübungsgemeinschaften, medizinischen Versorgungszentren und Praxen mit angestellten Ärzten.
Für Ärzte in den ersten zwölf Abrechnungsquartalen wird zur Ermittlung des A RLV nicht auf das Vorjahr abgestellt, vielmehr wird die tatsächliche Fallzahl des Abrechnungsquartals herangezogen, maximal jedoch die durchschnittliche Fallzahl der Arztgruppe. Steht (bereits) eine Vergleichsfallzahl aus dem Vorjahresquartal zur Verfügung, findet diese nach § 17 Abs. 1 M GV/A RLV-Vertrag 2011 Anwendung, sofern sie die tatsächliche Fallzahl des Abrechnungsquartals und/oder die durchschnittliche Fallzahl der Arztgruppe überschreitet. Bei der Zuordnung der durchschnittlichen Fallzahl der Arztgruppe werden grundsätzlich keine Gewichtungsfaktoren angesetzt.
Die Beklagte hat diese Regelung auch bereits ihren Zuweisungsbescheiden zu Grunde gelegt und nicht erst den Honorarbescheiden. Diese weisen zwar jeweils höhere Eurobeträge als RLV aus als die Honorarbescheide. Es werden nämlich jeweils nicht die tatsächlichen Fallzahlen zu Grunde gelegt, sondern die Durchschnittswerte. Aus dem Bescheidinhalt ergibt sich jedoch, dass für "Neu- und Jungpraxen" die RLV-Berechnung anders erfolge. Die Zahlenangaben sind nicht in dem Sinne verbindlich festgelegt worden, dass die aus dem Honoraranteil für RLV und QZV angeforderten Leistungen mindestens bis zu dieser Höhe voll in Euro vergütet werden müssten. Im Übrigen ist mit dem SG davon auszugehen, dass jedenfalls die Zahlenangaben nur einen vorläufigen Regelungscharakter aufgewiesen haben. Mit den Honorarbescheiden hat sich die Rechtswirkung erschöpft. Nach ständiger Rechtsprechung des BSG können zwar Vorfragen, die Auswirkungen für mehrere Quartale haben in einem eigenen Verwaltungs- und Gerichtsverfahren losgelöst von der Anfechtung eines konkreten Honorarbescheides geklärt werden (BSG, Urt. vom 03. Februar 2010 – B 6 KA 31/08 R –, BSGE 105, 236-243, Rdnr. 12 mit weiteren Nachweisen). Hier jedoch erfolgt diese Klärung im Zusammenhang mit den Honorarbescheiden selbst.
Der Senat teilt ferner die Auffassung des SG, dass die Klägerin als Inhaberin einer Neupraxis nicht verlangen kann, ihr RLV-relevantes Honorar ohne jede Begrenzung ausgezahlt zu erhalten.
Ganz allgemein erfolgt die Berücksichtigung von Praxisbesonderheiten nach § 18 M GV/A RLV Vertrag 2011 in Umsetzung des § 87 b Abs. 2 SGB V a. F., wonach bei einer ungewöhnlich Erhöhung der Zahl der behandelten Versicherten von den Regelleistungsvolumina abgewichen werden kann. Das SG hat bereits zutreffend entschieden, dass die Besonderheit der in den hier streitgegenständlichen Quartalen kein Abweichen von den Regeln des M-GB/A-RLV zu Gunsten der Klägerin erzwingt:
Speziell nach § 18 Abs. 3 M GV/A RLV-Vertrag 2011 kann bei Vorliegen einer für die Versorgung bedeutsamen fachlichen Spezialisierung der Fallwert für die Berechnung des A RLV angehoben werden, soweit die Fallwertüberschreitung im Quartal im Vergleich zur Arztgruppe mehr als 30 % beträgt, der Anteil der spezialisierten Leistung am A RLV-Gesamtleistungsbedarf größer als 15 % ist, und der Anteil spezialisierter Leistungen am A RLV-Gesamtleistungsbedarf im Vergleich zur Arztgruppe 50 % oder mehr beträgt. Als spezialisierte Leistungen gelten nicht regelmäßig im erheblichen Umfang in der Arztgruppe durchgeführte Leistungen. Wie die Beklagte hier in den angegriffenen Bescheiden dargestellt hat, liegen diese Voraussetzungen bei der Praxis der Klägerin nicht vor. Besonderheiten einer Praxis streiten danach dann für eine Ausnahme von den RLV im Interesse der Sicherstellung, wenn der Anteil der Spezialleistungen am Gesamtpunktzahlvolumen überdurchschnittlich hoch ist. Dies wird in der Regel mit einem überdurchschnittlichen Gesamtpunktzahlvolumen einhergehen. Als überdurchschnittlich wird in Anknüpfung an die Rechtsprechung des BSG zur Anerkennung eines Versorgungsschwerpunktes jedoch jeweils eine Überschreitung des Durchschnitts bzw. ein Anteil der Spezialleistungen von mindestens 20 % angesehen (BSG, Urteil vom 29. Juni 2011 - B 6 KA 18/10 R - Rdnr. 23 mit Bezug auf BSGE 87, 112, 117 und weiteren Nachweisen). Um einerseits von einem dauerhaften Versorgungsbedarf ausgehen zu können, andererseits aber auch Schwankungen zwischen den Quartalen aufzufangen, ist nicht auf jedes einzelne Quartal abzustellen. Ausreichend ist, dass sich die Überschreitungen als Durchschnittswert in einem Gesamtzeitraum von vier aufeinander folgenden Quartalen ergeben. Bei der Prüfung, ob eine Praxis in dem beschriebenen Sinne Besonderheiten aufweist, steht der Kassenärztlichen Vereinigung kein gerichtlich nur eingeschränkt überprüfbarer Beurteilungsspielraum zu. Es kommt nämlich - im Gegensatz etwa zur Entscheidung der Zulassungsgremien über die Zulassung wegen Sonderbedarfs oder der Erteilung einer Genehmigung zum Betrieb einer Zweigpraxis oder der Erteilung einer Ermächtigung - nur auf die ermittel- und nachvollziehbaren besonderen Verhältnisse der einzelnen Praxis im Vergleich zur Fachgruppe an (BSG, a. a. O., Rdnr. 25 mit Bezugnahme auf BSG SozR 4 2500 § 87 Nr. 19 Rdnr. 16).
Die Prüfung hier hat allerdings ergeben, dass das Indiz einer Ausnahme von den RLV des überdurchschnittlich hohen Anteils der Spezialleistungen am Gesamtpunktzahlvolumen nicht erfüllt ist. Die Überschreitung des Durchschnitts bzw. ein Anteil der Spezialleistungen von mindestens 20 % hat die Klägerin nicht erfüllt.
Soweit die Klägerin vorträgt, ihrer Jungpraxis werde rechtwidrig eine Honorarsteigerung durch Fallwerterhöhungen verwehrt, kann dies nicht festgestellt werden. Sie verweist zwar zutreffend, dass es das BSG bislang ausdrücklich offen gelassen hat, ob Praxen in der Aufbauphasen die Möglichkeit haben können oder müssen, Honorarsteigerungen durch Fallwerterhöhungen zu erreichen (vgl. BSG, Urt. v. 17. Juli 2013 -B 6 KA 44/12 R- Rdnr. 19 mit Bezugnahme u. a. auf Urteil vom 28. Januar 2009 – B 6 KA 5/08 R –, SozR 4-2500 § 85 Nr. 45, Rdnr. 27). Das BSG hat auch in der von der Klägerin angeführten Entscheidung vom 28. Januar 2009 (Urteil; B 6 KA 5/08 R) ausgeführt, dass allen Praxen mit unterdurchschnittlichen Umsätzen die Möglichkeit einzuräumen sei, durch Umsatzsteigerungen jedenfalls bis zum Durchschnittsumsatz der Fachgruppe aufschließen zu können. Dies bedeute jedoch nicht, dass diese Praxen von jeder Begrenzung des Honorarwachstums verschont werden müssten (a. a. O., Rdnr. 28 mit Bezugnahme auf BSGE 92, 10, 92, 233, jeweils Rdnr. 18). Für unterdurchschnittlich abrechnende Praxen hat das BSG auch in jüngerer Zeit Bestimmungen, die ein Honorarwachstum innerhalb eines gewissen Zeitraums unterbinden, nicht ausgeschlossen, sofern die Praxen in der Zeit danach noch effektive, d. h. realistische, Möglichkeiten hätten, den Durchschnittsumsatz zu erreichen (BSG, Urteil vom 17. Juli 2013 – B 6 KA 44/12 R-.Rdnr. 39). Derartiges sei allein den neugegründeten Praxen einzuräumen, solange sich diese noch in der Aufbauphase befänden. Diese Praxen seien für die Zeit des Aufbaus von der Wachstumsbegrenzung völlig freizustellen. Jedem Vertragsarzt müsse grundsätzlich die Chance bleiben, durch Qualität und Attraktivität seiner Behandlung oder auch durch eine bessere Organisation seiner Praxis neue Patienten für sich zu gewinnen und so legitimerweise seine Position im Wettbewerb mit den Berufskollegen zu verbessern.
Das Honorarwachstum wurde in den streitgegenständlichen Honorarbescheiden allerdings nicht in diesem Sinne zu sehr beschränkt. Das Gebot, von Wachstumsbegrenzungen in der Anfangsphase der vertragsärztlichen Tätigkeit verschont zu bleiben, bedeutet nämlich nicht, dass jeder angeforderte Leistungspunktwert außer halb des Systems der RLV zu vergüten ist.
Die Beklagte hat hier zu Recht darauf hingewiesen, dass die Klägerin in den streitgegenständlichen Quartalen keine über den Durchschnitt erhöhten Fallwerte angefordert hat. Sie hat vielmehr pro Patientin immer weniger als der Fachgruppendurchschnitt an Leistungen erbracht, welcher dem RLV zu Grunde liegt (Quartal 2011/I: tatsächlich bei der Klägerin 19,42 Euro gegenüber 19,84 Euro; Quartal 2011/III: 18,12 Euro gegenüber 19,81 Euro und Quartal 2011/IV: 17,73 Euro gegenüber 19,90 Euro).
Höhere Fallzahlen als der Fachgruppendurchschnitt hat die Klägerin auch nicht erzielt. Auch insoweit hat sie keine Anstrengungen unternommen, sich von der Konkurrenz abzusetzen.
Die Beklagte hat somit in den Widerspruchsbescheiden zur Begründung ihrer Verneinung einer Praxisbesonderheit nach § 18 Abs. 4 M-GV/A-RLV Vertrag 2011 anhand der tatsächlichen Fallwerte -wie geschildert- zutreffend keinen Grund für eine RLV-Anpassung gesehen.
Der Senat teilt zuletzt auch die Auffassung des SG im angefochtenen Urteil, dass eine vom M-GV/A-RLV Vertrag 2011 abweichende Ermessensentscheidung auch nicht zur Beachtung der Grundrechte der Inhaber der Klägerin erforderlich war. Der Schutz des Art. 12 Abs. 1 Grundgesetz (GG) umfasst grundsätzlich den Anspruch des Arztes auf Honorierung seiner vertragsärztlichen Tätigkeit (vgl. Bundesverfassungsgericht BVerfGE 88, 145, 159; 101, 331, 346). Dieser Schutz kann jedoch gemäß Art. 12 Abs. 1 Satz 2 GG auf gesetzlicher Grundlage eingeschränkt werden. Der erforderliche Ausgleich zwischen dem Ziel der Gewährung angemessener Vergütungen und dem besonders hochrangigen Ziel der Gewährleistung einer ordnungsgemäßen Versorgung ist - erst - dann nicht mehr verhältnismäßig (mit der Folge eines Anspruchs der Ärzte auf höheres Honorar bzw. eine Honorarstützung aus dem Gesichtspunkt angemessener Vergütung), wenn in einem - fachlichen und/oder örtlichen - Teilbereich kein ausreichender finanzieller Anreiz mehr besteht, vertragsärztlich tätig zu werden, und dadurch in diesem Bereich die Funktionsfähigkeit der vertragsärztlichen Versorgung gefährdet ist (ständige Rechtsprechung des BSG, z. B. Urt. v. 11. Dezember 2013, Rdnr. 42 mit Nachweisen). Nach der Rechtsprechung des BSG kann sich zudem der einzelne Arzt im Rahmen einer Inzidentprüfung der für die Vergütungshöhe maßgeblichen Vorschriften des EBM und des Honorarverteilungsmaßstabs nur dann auf den Grundsatz der angemessenen Vergütung ärztlicher Leistungen berufen, wenn durch die zu niedrige Honorierung ärztlicher Leistungen das vertragsärztliche Versorgungssystem als Ganzes - beziehungsweise zumindest hinsichtlich eines Teilgebiets und als Folge davon auch die berufliche Existenz der an dem Versorgungssystem beteiligten ärztlichen Leistungserbringer gefährdet wäre oder dann, wenn in einem - fachlichen oder örtlichen -Teilbereich kein ausreichender finanzieller Anreiz mehr besteht, vertragsärztlich tätig zu werden, und dadurch in diesem Bereich die Funktionsfähigkeit der vertragsärztlichen Versorgung gefährdet ist ( BSG, B. v. 11. März 2009 -B 6 KA 31/08 B- Rdnr. 11 mit umfangreichen Nachweisen).
Hier allerdings hat die Klägerin nur abstrakt vorgetragen, durch die Regelungen als neu zugelassene Vertragsärztin benachteiligt zu sein. Greifbare Anhaltspunkte für eine Gefährdung der Versorgung liegen jedoch nicht vor. Entscheidend ist letztlich, dass der Vertragsarzt insgesamt Anspruch auf eine leistungsgerechte Teilhabe an der Gesamtvergütung hat, der in aller Regel dazu führt, dass das aus der vertragsärztlichen Tätigkeit erzielbare Einkommen Ärzten hinreichend den Anreiz bietet, an der vertragsärztlichen Versorgung mitzuwirken. (BSG, Urteil vom 14. März 2010 - B 6 KA 54/00 R). Dass dies hier nicht der Fall gewesen ist, trägt die Klägerin selbst nicht vor.
Die Kostenentscheidung ergeht nach § 197 a SGG i. V. m. § 154 Abs. 2 Verwaltungsgerichtsordnung.
Gründe für die Zulassung der Revision nach § 160 Abs. 2 Nr. 1 und 2 SGG liegen nicht vor. Entscheidungserheblich ist nur abgelaufenes Recht.
Tatbestand:
Im Streit stehen die Honorarbescheide der Beklagten für die Klägerin in den Quartalen 2011/I, 2011/III sowie 2011/IV.
Die Klägerin ist Fachärztin für Frauenheilkunde und Geburtshilfe und ist seit Dezember 2008 in C zur vertragsärztlichen Versorgung zugelassen. Die Beklagte behandelte die hier streitgegenständlichen Quartale als das 9., 11. und 12. Abrechnungsquartal der Klägerin.
Mit Zuweisungsbescheid vom 28. Dezember 2010 wies die Beklagte der Klägerin für das Quartal 2011/I ein Regelleistungsvolumen (RLV) in Höhe von 16 554,98 Euro zu. Sie legte dabei die durchschnittliche Fallzahl der Arztgruppe und den durchschnittlichen Fallwert der Arztgruppe des Vorjahresquartals zugrunde.
Die Beklagte wies der Klägerin weiter mit Bescheid vom 26. Mai 2011 für das Quartal 2011/III ein Regelleistungsvolumen in Höhe von 17 048,80 Euro zu. Sie legte dabei wieder die durchschnittliche Fallzahl der Arztgruppe zugrunde.
Die Klägerin widersprach der Zuweisung des arztrelevanten RLV (A RLV) und qualifikationsgebundenem Zusatzvolumen (QZV) im Schreiben vom 29. Juni 2011 Die Beklagte gewährte mit Honorarbescheid vom 28. Juli 2011 für das Quartal 2011/I ein Bruttohonorar in Höhe von 34 093,27 Euro. Dies entspricht einer Vergütungsquote von 79,93 %. Der Berechnung des RLV legte die Beklagte hierbei die tatsächlich im Abrechnungsquartal abgerechnete Behandlungsfallzahl von 779 zugrunde.
Die Beklagte wies der Klägerin mit Bescheid vom 25. August 2011 ein RLV für das Quartal 2011/IV in Höhe von 14 131,80 Euro zu. Sie ging zunächst von einer arztindividuellen Fallzahl von 852 aus.
Die Klägerin erhob am 27. August 2011 Widerspruch gegen den Honorarbescheid der Beklagten vom 28. Juli 2011. Die Anwendung der Regelung für Jungpraxen bedeute für sie einen überdurchschnittlichen Honorarverlust im Vergleich zur Fachgruppe.
Auf den Widerspruch der Klägerin vom 22. September 2011 gegen den Zuweisungsbescheid vom 25. August 2011 hiergegen änderte die Beklagte ihren Zuweisungsbescheid mit Änderungsbescheid vom 9. Dezember 2011 ab und setzte für das Quartal 2011/IV ein Regelleistungsvolumen in Höhe von 17 048,80 Euro fest, entsprechend der durchschnittlichen Fallzahl der Arztgruppe. In dem Bescheid heißt es, dass Einwände gegen diese Zuweisung ohne Verschlechterung der Rechtsposition im Widerspruchsverfahren gegen den Honorarbescheid geltend gemacht werden könnten.
Mit Honorarbescheid vom 26. Januar 2012 bewilligte die Beklagte der Klägerin ein Bruttohonorar in Höhe von 35 829,91 Euro für das Quartal 2011/III. Dies entsprach einer Vergütungsquote von 89,16 %. Für die Berechnung des RLV legte sie die tatsächliche Fallzahl des Abrechnungsquartals zugrunde (892).
Die Klägerin erhob hiergegen am 16. Februar 2012 Widerspruch.
Die Beklagte bewilligte der Klägerin mit Honorarbescheid vom 26. April 2012 für das Quartal 2011/IV ein Bruttohonorar in Höhe von 32 528,71 Euro, entsprechend einer Vergütungsquote von 91,14 %.
Die Klägerin erhob hiergegen am 31. Januar 2013 Widerspruch, den die Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 15. November 2013 zurückwies.
Die Beklagte wies ferner am selben Tag den Widerspruch gegen den Honorarbescheid für das Quartal 2011/I zurück. Sie habe gemäß § 17 Abs. 1 des Honorarverteilungsvertrages (M GV/A RLV Vertrag 2011) die tatsächliche Fallzahl des konkreten Abrechnungsquartals herangezogen. Die Überprüfung von Praxisbesonderheiten habe ergeben, dass diese nicht zu einer Erhöhung des Honorars führe. Aufgrund der Anwendung der Neu- und Jungpraxenregelung komme eine Anwendung des § 18 Abs. 1 M GV/A RLV Vertrag 2011 nicht in Betracht. Auch liege keine Praxisbesonderheit nach § 18 Abs. 3 M GV/A RLV Vertrag 2011 vor. Das Volumen aus arztrelevantem RLV (A RLV) und qualifikationsgebundenem Zusatzvolumen (QZV) werde lediglich um 25,05 % und damit unter 30 % überschritten.
Zuletzt wies die Beklagte mit weiterem Widerspruchsbescheid vom 15. November 2013 auch den Widerspruch der Klägerin vom 16. Februar 2012 gegen den Honorarbescheid für das Quartal 2011/III zurück. Auch eine Ausgleichszahlung komme nicht in Betracht (Zustellung: 18. November 2013). Gleichzeitig wies die Beklagte den Widerspruch gegen den RLV Zuweisungsbescheid vom 26. Mai 2011 zurück.
Hiergegen hat die Klägerin am 12. Dezember 2013 insgesamt Klage beim Sozialgericht Potsdam (SG) erhoben. Die Anwendung der Neu- und Jungpraxenregelung nach § 17 M GV/A RLV Vertrag 2011 bedeute eine Benachteiligung der Klägerin. Während die Zuweisung des Regelleistungsvolumens mit der durchschnittlichen Fallzahl der Arztgruppe erfolge, werde im Honorarbescheid jeweils nur die tatsächliche Fallzahl des Abrechnungsquartals der Berechnung des Regelleistungsvolumens zugrunde gelegt. Das Regelleistungsvolumen werde gemindert. Damit sei keine Kalkulationssicherheit gegeben. Nach der ständigen Rechtsprechung des Bundessozialgerichts (BSG) müssten Jungpraxen sofort die Möglichkeit haben, zumindest den durchschnittlichen Umsatz der Arztgruppe zu erreichen. Der Umsatz der Arztgruppe könne nicht mit der Fallzahl der Arztgruppe gleichgesetzt werden. Letzteres sei für Honorarbegrenzungsmaßnahmen entscheidend. Das BSG betone aber gerade hierzu, dass neugegründete Praxen von jeglicher Honorarzuwachsbegrenzung freizustellen seien (Bezugnahme auf BSG, Urteil vom 28. Januar 2009 – B 6 KA 5/08 R). Das BSG habe mit seiner Rechtsprechung zu Jungpraxen gerade eine Ausnahme von der Regel der RLV vorgegeben. Die Beklagte habe zudem nicht in den Honorarbescheiden von den RLV Zuweisungsbescheiden abweichen dürfen. Eine Aufhebung habe nur nach Maßgabe des § 47 Sozialgesetzbuch Zehntes Buch (SGB X) erfolgen dürfen. Der Klägerin stehe in den drei streitgegenständlichen Quartalen das angeforderte Honorar im vollen Umfang ohne Abstaffelungen zu. Dies ergäbe einen Betrag von 5 582,82 Euro (auf die Berechnung im Klageschriftsatz vom 11. Dezember 2013 wird ergänzend verwiesen).
Die Beklagte hat ausgeführt, der von ihr angewendete § 17 Abs. 1 M GV/A RLV Vertrag 2011 sei materiell nicht zu beanstanden und folge der Rechtsprechung des BSG. Bei den RLV Zuweisungsbescheiden habe es sich nur um vorläufige Informationen gehandelt. Die Beklagte habe die einschlägige Regelung auch rechtmäßig umgesetzt.
Das SG hat mit Urteil vom 6. Mai 2015 die Klage abgewiesen (Zustellung: 3. Juni 2015). Die angefochtenen Honorarbescheide beschwerten die Klägerin nicht, da die Honorarberechnung richtig erfolgt sei. Die Vereinbarung zur Gesamtvergütung und zur Regelleistungsvolumina 2011 in der Fassung vom 11. August 2011 (M GV/A RLV Vertrag 2011) habe die einschlägigen Bundesvorgaben des (Erweiterten) Bewertungsausschusses ([E]BewA) zur Umsetzung des hier anzuwendenden § 87 b Abs. 1 Satz 5 Sozialgesetzbuch Fünftes Buch (SGB V; in der hier anzuwendenden Fassung des GKV WSG vom 26. März 2007) rechtmäßig umgesetzt. Speziell die Regel des § 17 Abs. 1 M GV/A RLV Vertrag 2011 sei nicht zu beanstanden. Die allgemeinen Vorgaben des Bewertungsausschusses in Bezug auf Jungpraxen seien ausreichend umgesetzt. Dies gelte insbesondere für die Vorgaben des BSG für neugegründete Praxen bzw. Jungpraxen, denen Gelegenheit zur Umsatzsteigerung bis zumindest auf den durchschnittlichen Umsatz der Arztgruppe eingeräumt sein müsse. § 17 Abs. 1 M GV/A RLV Vertrag 2011 ermögliche dies. Mit dessen Regelung, der Berechnung des RLV im Honorarbescheid mit der tatsächlichen Fallzahl des Abrechnungsquartals, erfolge eine leistungsgerechte Vergütung für jeden tatsächlich erbrachten Behandlungsfall entsprechend dem Durchschnitt der Arztgruppe. Es sei in der Rechtsprechung des BSG zwar bisher offengelassen worden, ob auch eine Steigerungsmöglichkeit in der Form gewährt werden könne oder müsse, dass statt eines Fallzahlzuwachses zumindest gleichberechtigt daneben auch eine Fallwertsteigerung zu berücksichtigen sei, die etwa auf eine Veränderung in der Morbidität des behandelten Patientenstammes oder einer Veränderung der Behandlungsausrichtung beruhen könne (Bezugnahme auf BSG, Urteil vom 28. Januar 2009 – B 6 KA 5/08 R; Urteil vom 3. Februar 2010 – B 6 KA 1/09 R – und Urteil vom 17. Juli 2013 – B 6 KA 44/12 R). Grundsätzlich gehe das BSG immer von der Möglichkeit der Fallzahlerhöhung für Honorarsteigerungen aus. Die Phase des Aufbaus habe das BSG in den o. g. Urteilen auf einen Zeitraum von drei, vier oder fünf Jahren bestimmt. § 17 Abs. 1 M GV/A RLV Vertrag 2011 gehe von zwölf Quartalen aus. Ob dies nach den Vorgaben der Rechtsprechung des BSG ausreichend sei, könne dahinstehen, da das I., III. und IV. Quartal 2011 bereits das 9., 11. und 12. Abrechnungsquartal sei. Für eine vom BSG angedeutete Fallwertsteigerung aufgrund der Morbidität der Patienten oder einer besonderen Ausrichtung der Praxis seien vorliegend keine Ansätze ersichtlich. Sofern jedoch das "normale" Leistungsspektrum der Arztgruppe im Durchschnitt pro Behandlungsfall erbracht werde, könne dies nicht dazu führen, dass über die tatsächliche Fallzahl hinaus eine weitere Vergütung erfolge. Die RLV Zuweisungsbescheide seien jeweils nur vorläufige Regelungen gewesen und hätten deshalb auch nicht widerrufen werden müssen. Sie hätten jeweils in der Anlage 3 den ausdrücklichen Hinweis enthalten, dass die durchschnittliche Fallzahl für die Berechnung des Regelleistungsvolumens im Zuweisungsbescheid nur vorläufig sei. Wesentlich sei auch, dass der Klägerin zwar in allen drei streitbefangenen Quartalen jeweils (nur) zirka 17 000,00 Euro im Regelleistungsvolumen zugewiesen worden seien, die tatsächliche Vergütung aber einschließlich der erbrachten freien Leistungen dann jeweils zirka 33 000,00 Euro betragen habe. Im Ergebnis habe die Beklagte zu Recht darauf hingewiesen, dass die der Klägerin in den Quartalen gewährte Vergütungsquote mit 79,13 %, 89,16 % und 91,14 % über dem Durchschnitt der Vergütungsquote (aller) Fachärzte insgesamt liege.
Hiergegen richtet sich die Berufung der Klägerin vom 23. Juni 2015. Zur Begründung hat sie ausgeführt, die Beklagte habe entgegen der Auffassung des SG gegen den Grundsatz der Honorarverteilungsgerechtigkeit verstoßen, indem der relevante Unterschied zwischen etablierten Praxen und Neupraxen nivelliert worden sei. In der bisherigen Rechtsprechung des BSG sei offengelassen worden, ob die Möglichkeit, den durchschnittlichen Umsatz der Fachgruppe zu erreichen, alleine durch eine Fallzahlerhöhung oder auch durch eine Fallwerterhöhung erreicht werden können müsse (BSG, Urteil vom 17. Juli 2013 – B 6 KA 44/12 R ). Es sei gegen die Vorgabe des BSG verstoßen worden, Neupraxen von jeglichen Honorarbegrenzungen freizustellen. Einer nachträglichen Berechnung des RLV stehe § 87 b Abs. 5 SGB V a. F. entgegen, wonach das zur Verfügung stehende abrechenbare Leistungsvolumen vor dem jeweiligen Quartal bekanntgegeben werden müsse. Sie begehre keinesfalls eine Vergütung außerhalb jeglichen Regelleistungsvolumens. Sie fordere lediglich eine solche in Höhe des ihr jeweils in den Zuweisungsbescheiden zugewiesenen RLV. Da das RLV in seiner Höhe von der Fallzahl des Vorjahresquartals und dem durchschnittlichen Fallwert der Fachgruppe abhänge, sei der Fallwert Teil der Wachstumsbegrenzungsmaßnahme. Von dieser müsse die Anfängerpraxis bis zum Durchschnitt der Fachgruppe ausgenommen werden. Die Klägerin habe nicht unwirtschaftlich behandelt. Es frage sich, warum zwar - entgegen der gesetzlich vorgeschriebenen RLV Systematik – das RLV nachträglich anhand der unterdurchschnittlichen Fallzahl des Abrechnungsquartals aber bei gleichzeitig niedrigem Fallwert des Vorjahresquartals berechnet worden sei. Es seien von den vier zur Verfügung stehenden Werten (durchschnittliche Fallzahl der Arztgruppe im Vorjahresquartal, praxisindividuelle Fallzahl im Abrechnungsquartal, Fallwert Vorjahresquartal, Fallwert Abrechnungsquartal) die für die Anfängerpraxis jeweils ungünstigsten Werte gewählt und miteinander kombiniert worden. Anfängerpraxen seien so doppelt benachteiligt. Sie erhielten kein festes RLV, welches sie unabhängig des praxisindividuellen Fallwertes ausschöpfen könnten, noch werde eine die gesamte Fachgruppe betreffende Fallwertsteigerung im Abrechnungsquartal berücksichtigt.
Die Klägerin beantragt,
1. das Urteil des Sozialgerichts Berlin vom 6. Mai 2015 aufzuheben,
2. die Beklagte zu verurteilen, unter Änderung des Honorarbescheides vom 28. Juli 2011 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 15. November 2013 zu verurteilen, über den Honoraranspruch der Klägerin für das I. Quartal 2011 unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts neu zu entscheiden,
3. die Beklagte zu verurteilen, unter Änderung des Honorarbescheides vom 26. Januar 2012 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 15. November 2013 zu verurteilen, über den Honoraranspruch der Klägerin für das III. Quartal 2011 unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts neu zu entscheiden,
4. die Beklagte zu verurteilen, unter Änderung des Honorarbescheides vom 24. April 2012 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 15. November 2013 zu verurteilen, über den Honoraranspruch der Klägerin für das IV. Quartal 2011 unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts neu zu entscheiden.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie führt ergänzend aus: Soweit die Klägerin annehme, Neu- und Jungpraxen müssten alle abgerechneten Leistungen völlig außerhalb eines RLV erbringen können, d. h. die Leistungen zum Preis der regionalen Gebührenordnung ohne Fallwertbegrenzung vergütet zu erhalten, könne dies auch nach der Rechtsprechung des BSG nicht Bestand haben. Ganz allgemein habe das BSG in seiner Entscheidung vom 11. Dezember 2013 (B 6 KA 6/13 R) zutreffend ausgeführt, dass eine Vergütung mit festen Euro Beträgen nur in einem Idealfall in Betracht komme, dass vielmehr eine feste, begrenzte Gesamtvergütung die Vergütung aller vertragsärztlichen Leistungen mit einem garantierten Punktwert ausschließe und Mengenbegrenzungen und Quotierungen unvermeidlich seien (Bezugnahme auf BSG, Urteil vom 17. Juli 2013 – B 6 KA 44/12 R). Es widerspräche gerade dem Grundsatz der Honorarverteilungsgerechtigkeit, wenn diese Praxis zu Lasten der übrigen eine Vergütung erhielte, welche diesen Umstand völlig außer Acht ließe. Die Beklagte vertrete nicht, dass eine zusätzliche Fallwerterhöhung für eine Anfängerpraxis generell ausgeschlossen sei. Dies setze jedoch voraus, dass die Anfängerpraxis im Vergleich zu den Ärzten ihrer Fachgruppe einen erhöhten Leistungsbedarf zur Versorgung ihrer Patienten benötigt habe. Die Klägerin berufe sich auch hierauf. Allerdings habe sie im Vergleich zu ihren Fachkollegen einen unterdurchschnittlichen Leistungsbedarf abgerechnet. Der abgerechnete Fallwert habe im Quartal 2011/I mit – 5,665 %, im Quartal 2011/III mit – 10,095 % und im Quartal 2011/IV mit – 12,977 % durchweg unterhalb des abgerechneten Gesamtfallwert der Fachgruppe gelegen. Es bestehe deshalb, jedenfalls bei der Klägerin, kein Grund für eine Ausnahme vom normativen Fallwert des RLV. Dass jedenfalls nur besondere Umstände für eine Fallwerterhöhung maßgeblich sein könnten, habe auch das BSG in seiner Entscheidung vom 28. Januar 2009 so gesehen (B 6 KA 5/08 R).
Auf die von den Beteiligten eingereichten Schriftsätze wird ergänzend Bezug genommen. Der Verwaltungsvorgang der Beklagten lag zur mündlichen Verhandlung vor und war Gegenstand der Erörterung.
Entscheidungsgründe:
Der Berufung bleibt Erfolg versagt. Das SG hat die Klage zu Recht abgewiesen. Die angegriffenen Honorarbescheide verletzen die Klägerin nicht in eigenen Rechten.
Das den Bescheiden jeweils zu Grunde gelegte Regelleistungsvolumen (RLV) einschließlich der Zusatzleistungen verstößt nicht gegen § 87b Abs. 2 SGB V Sozialgesetzbuch Fünftes Buch (SGB V; in der Fassung des Gesetzes zur Stärkung des Wettbewerbs in der gesetzlichen Krankenversicherung [GKV-Wettbewerbsstärkungsgesetz – GKV-WSG] vom 26. März 2007 [BGBl I S. 378], gültig bis 31. Dezember 2011; nachfolgend: "SGB V a. F.").
Wie bereits das SG zutreffend ausgeführt hat, beruhen die Honorarbescheide auf einer korrekten Umsetzung der landesrechtlichen Vorgaben durch den M-GV/A-RLV, der seinerseits in Übereinstimmung mit den bundesrechtlichen Vorgaben des (E)BewA steht. Diese Vorgaben haben wiederum die formalgesetzlichen Regelungen in § 87b SGB V a. F. rechtmäßig umgesetzt:
Gemäß § 87b Abs. 1 S. 1 SGB V a. F. werden die vertragsärztlichen Leistungen abweichend von § 85 SGB V von der Kassenärztlichen Vereinigung auf der Grundlage der regional geltenden Euro-Gebührenordnung nach § 87a Abs. 2 SGB V vergütet. Zur Verhinderung einer übermäßigen Ausdehnung der Tätigkeit des Arztes und der Arztpraxis sind gemäß § 87b Abs. 2 S. 1 SGB V a. F. arzt- und praxisbezogene RLV festzulegen. Dabei definiert § 87b Abs. 2 S. 2 SGB V a. F. ein RLV nach Satz 1 als die von einem Arzt oder der Arztpraxis in einem bestimmten Zeitraum abrechenbare Menge der vertragsärztlichen Leistungen, die mit den in der Euro-Gebührenordnung gemäß § 87a Abs. 2 SGB V enthaltenen und für den Arzt oder die Arztpraxis geltenden Preisen zu vergüten ist. Abweichend von Abs. 1 S. 1 ist die das RLV überschreitende Leistungsmenge mit abgestaffelten Preisen zu vergüten; bei einer außergewöhnlich starken Erhöhung der Zahl der behandelten Versicherten kann hiervon abgewichen werden (§ 87b Abs. 2 S. 3 SGB V a. F.).
Der gemäß § 87b Abs. 4 S. 1 SGB V a. F. zur Bestimmung des Verfahrens zur Berechnung und zur Anpassung der RLV nach § 87b Abs. 2 und 3 SGB V berufene BewA hat - als EBewA - in seiner 15. Sitzung am 2. September 2009 einen Beschluss zur Weiterentwicklung der vertragsärztlichen Vergütung im Jahr 2010 gefasst (DÄ 2009; 106[39]: A-1907; ergänzt durch den Beschluss des BewA in seiner 199. Sitzung am 22. September 2009, DÄ 2009 PP [11], November 2009, S. 518). Die Beschlüsse des Erweiterten Bewertungsausschusses vom 27./28. August 2008, ergänzt und geändert durch die Beschlüsse des Erweiterten Bewertungsausschusses in der 8., 11. und 12. Sitzung sowie durch die Beschlüsse des Bewertungsausschusses in der 164., 172. und 180. Sitzung sind durch diesen Beschluss fortgeschrieben worden. Er ist ab 1. Juli 2010 durch den Beschluss des BewA in seiner 218. Sitzung am 26. März 2010 ersetzt worden. Für 2011 erfolgte die Berechnung der morbiditätsbedingten Gesamtvergütung auf der Grundlage des Beschlusses des EBewA zur Weiterentwicklung der vertrags-ärztlichen Vergütung in den Jahren 2011 und 2012 in der 23. Sitzung am 05./11. Oktober 2010 in der Fassung der 242. Sitzung des BewA vom 24. November 2010 und der 26. EBewA-Sitzung vom 22. Dezember 2010. Inhaltlich hat sich nichts Entscheidendes geändert: Nach Teil F Nr. 1.2.1 werden die RLV nach Maßgabe von Nr. 2. und 3. sowie den Anlagen 1 und 2 zu Teil F für das jeweilige Abrechnungsquartal ermittelt. Der Rechenweg für die Bestimmung des arztindividuellen RLV ist in der Anlage 2 zu Teil F Nr. 1 des Beschlusses vorgegeben. Vereinfacht dargestellt, ergibt sich die Höhe des arzt- und praxisbezogenen RLV aus der Multiplikation der Fallzahl des Arztes im Vorjahresquartal mit dem arztgruppenspezifischen Fallwert (Bundessozialgericht -BSG-, Urt. vom 11. Dezember 2013 -B 6 KA 6/13 R- Rdnr. 20) Die bundesgesetzlichen Vorgaben sind nach der Rechtsprechung des BSG damit rechtmäßig umgesetzt: Nach § 87b Abs. 3 SGB V a. F. sind die Werte für die RLV somit zum einen morbiditätsgewichtet und differenziert nach Arztgruppen und nach Versorgungsgraden sowie unter Berücksichtigung der Besonderheiten kooperativer Versorgungsformen festzulegen (Satz 1), zum anderen sind gemäß Satz 2 insbesondere die dort aufgeführten Zahlungen sowie Zahl und Tätigkeitsumfang der der jeweiligen Arztgruppe angehörenden Ärzte zu berücksichtigen (Satz 2). Nach Satz 2 Nr. 1 wird ausdrücklich die Berücksichtigung der "Summe der für einen Bezirk der KÄV nach § 87a Abs. 3 insgesamt vereinbarten morbiditätsbedingten Gesamtvergütungen" vorgegeben. Maßgeblicher Faktor für die Höhe des RLV sind somit nicht die Preise der Euro-Gebührenordnung, sondern die tatsächlich gezahlten Gesamtvergütungen. Somit stellt das RLV nur im "Idealfall" sicher, dass die von ihm erfasste Leistungsmenge in vollem Umfang mit den Preisen der Euro-Gebührenordnung vergütet wird: Dies ist nämlich nur dann der Fall, wenn die Höhe der gezahlten Gesamtvergütungen - bzw. der auf die in das RLV fallende Leistungsmenge bezogene Anteil hieran - mit dem Geldbetrag übereinstimmt, der für die in das RLV fallenden Leistungen nach den Preisen der Euro-Gebührenordnung insgesamt zu zahlen wäre. Es ist aber keineswegs ausgeschlossen, dass der für die Vergütung der in das RLV fallenden Leistungen zur Verfügung stehende Gesamtvergütungsanteil hierfür nicht ausreicht (BSG, a. a. O. Rdnr. 24). In dem Umstand, dass aus den dargestellten Gründen nicht sichergestellt ist, dass die in das RLV fallenden Leistungen in jedem Fall mit den Preisen der Euro-Gebührenordnung vergütet werden (oder das RLV umgekehrt nicht alle "notwendigen" Leistungen umfasst), liegt keine "gesetzwidrige" Lücke, die von der Rechtsprechung im Wege der Auslegung zu füllen wäre. Wenn der Gesetzgeber für die Berechnung des RLV nicht die Preise der Euro-Gebührenordnung, sondern die Höhe der vereinbarten Gesamtvergütungen zum Maßstab genommen hat, hat er damit zwangsläufig in Kauf genommen, dass die angestrebte Vergütung aller in das RLV fallenden Leistungen mit den Preisen der Euro-Gebührenordnung nicht in jedem Fall erreicht werden kann. Im Übrigen blieb dem Gesetzgeber insoweit ohnehin kein Spielraum, weil er andernfalls die Finanzierung der vertragsärztlichen Leistungen von Grund auf neu hätte regeln müssen. Die Vorgabe absolut fester Preise für eine bestimmte - zumindest bei zahlreichen Arztgruppen den größeren Teil der vertragsärztlichen Leistungen umfassenden - Leistungsmenge ist nicht kompatibel mit einer nach anderen Kriterien vereinbarten Gesamtvergütung. Durch die Einführung der MGV und der RLV hat sich nichts daran geändert, dass die Menge des zur Verteilung unter die Vertragsärzte zur Verfügung stehenden Geldes begrenzt ist (BSG a. a. O. Rdnr. 32).
Die Umsetzung der Honorarregelungen im Land Brandenburg durch den M-GVA/A-RLV entspricht den Vorgaben des Bewertungsausschusses (so bereits Beschluss des Senats vom 20. Februar 2015 -L 24 KA 98/13 juris-Rdnr. 28ff sowie Urteile vom 6. Oktober 2015 -L 24 KA 65/14- juris-Rdnr.49ff sowie vom 18. März 2016 -L 24 KA 22/15- jeweils für 2010 und Urteil vom 18. März 2016 -L 24 KA 9/15- juris-Rdnr.44ff für 2011):
Die Berechnung der arzt- und praxisbezogenen Regelleistungsvolumina gemäß § 7 Abs. 2 der Vereinbarung des M-GVA/A-RLV 2011 erfolgt ausdrücklich nach Maßgabe der Regelungen des Beschlusses der 218. BA-Sitzung vom 26. März 2010 zur Berechnung und zur Anpassung von arzt- und praxisbezogenen Regelleistungsvolumen i. d. F. der 242. Sitzung vom 24. November 2010 [ab 01.04.2011: 248. Sitzung vom 25. Januar 2011] und den in diesem Vertrag vereinbarten Normen. Das praxisbezogene Regelleistungsvolumen ergibt sich gemäß 1.2.4 aus der Addition der Regelleistungsvolumen je Arzt, welcher in der Arztpraxis tätig sei, sowie der entsprechenden Zuschläge für Berufsausübungsgemeinschaften, medizinischen Versorgungszentren und Praxen mit angestellten Ärzten.
Für Ärzte in den ersten zwölf Abrechnungsquartalen wird zur Ermittlung des A RLV nicht auf das Vorjahr abgestellt, vielmehr wird die tatsächliche Fallzahl des Abrechnungsquartals herangezogen, maximal jedoch die durchschnittliche Fallzahl der Arztgruppe. Steht (bereits) eine Vergleichsfallzahl aus dem Vorjahresquartal zur Verfügung, findet diese nach § 17 Abs. 1 M GV/A RLV-Vertrag 2011 Anwendung, sofern sie die tatsächliche Fallzahl des Abrechnungsquartals und/oder die durchschnittliche Fallzahl der Arztgruppe überschreitet. Bei der Zuordnung der durchschnittlichen Fallzahl der Arztgruppe werden grundsätzlich keine Gewichtungsfaktoren angesetzt.
Die Beklagte hat diese Regelung auch bereits ihren Zuweisungsbescheiden zu Grunde gelegt und nicht erst den Honorarbescheiden. Diese weisen zwar jeweils höhere Eurobeträge als RLV aus als die Honorarbescheide. Es werden nämlich jeweils nicht die tatsächlichen Fallzahlen zu Grunde gelegt, sondern die Durchschnittswerte. Aus dem Bescheidinhalt ergibt sich jedoch, dass für "Neu- und Jungpraxen" die RLV-Berechnung anders erfolge. Die Zahlenangaben sind nicht in dem Sinne verbindlich festgelegt worden, dass die aus dem Honoraranteil für RLV und QZV angeforderten Leistungen mindestens bis zu dieser Höhe voll in Euro vergütet werden müssten. Im Übrigen ist mit dem SG davon auszugehen, dass jedenfalls die Zahlenangaben nur einen vorläufigen Regelungscharakter aufgewiesen haben. Mit den Honorarbescheiden hat sich die Rechtswirkung erschöpft. Nach ständiger Rechtsprechung des BSG können zwar Vorfragen, die Auswirkungen für mehrere Quartale haben in einem eigenen Verwaltungs- und Gerichtsverfahren losgelöst von der Anfechtung eines konkreten Honorarbescheides geklärt werden (BSG, Urt. vom 03. Februar 2010 – B 6 KA 31/08 R –, BSGE 105, 236-243, Rdnr. 12 mit weiteren Nachweisen). Hier jedoch erfolgt diese Klärung im Zusammenhang mit den Honorarbescheiden selbst.
Der Senat teilt ferner die Auffassung des SG, dass die Klägerin als Inhaberin einer Neupraxis nicht verlangen kann, ihr RLV-relevantes Honorar ohne jede Begrenzung ausgezahlt zu erhalten.
Ganz allgemein erfolgt die Berücksichtigung von Praxisbesonderheiten nach § 18 M GV/A RLV Vertrag 2011 in Umsetzung des § 87 b Abs. 2 SGB V a. F., wonach bei einer ungewöhnlich Erhöhung der Zahl der behandelten Versicherten von den Regelleistungsvolumina abgewichen werden kann. Das SG hat bereits zutreffend entschieden, dass die Besonderheit der in den hier streitgegenständlichen Quartalen kein Abweichen von den Regeln des M-GB/A-RLV zu Gunsten der Klägerin erzwingt:
Speziell nach § 18 Abs. 3 M GV/A RLV-Vertrag 2011 kann bei Vorliegen einer für die Versorgung bedeutsamen fachlichen Spezialisierung der Fallwert für die Berechnung des A RLV angehoben werden, soweit die Fallwertüberschreitung im Quartal im Vergleich zur Arztgruppe mehr als 30 % beträgt, der Anteil der spezialisierten Leistung am A RLV-Gesamtleistungsbedarf größer als 15 % ist, und der Anteil spezialisierter Leistungen am A RLV-Gesamtleistungsbedarf im Vergleich zur Arztgruppe 50 % oder mehr beträgt. Als spezialisierte Leistungen gelten nicht regelmäßig im erheblichen Umfang in der Arztgruppe durchgeführte Leistungen. Wie die Beklagte hier in den angegriffenen Bescheiden dargestellt hat, liegen diese Voraussetzungen bei der Praxis der Klägerin nicht vor. Besonderheiten einer Praxis streiten danach dann für eine Ausnahme von den RLV im Interesse der Sicherstellung, wenn der Anteil der Spezialleistungen am Gesamtpunktzahlvolumen überdurchschnittlich hoch ist. Dies wird in der Regel mit einem überdurchschnittlichen Gesamtpunktzahlvolumen einhergehen. Als überdurchschnittlich wird in Anknüpfung an die Rechtsprechung des BSG zur Anerkennung eines Versorgungsschwerpunktes jedoch jeweils eine Überschreitung des Durchschnitts bzw. ein Anteil der Spezialleistungen von mindestens 20 % angesehen (BSG, Urteil vom 29. Juni 2011 - B 6 KA 18/10 R - Rdnr. 23 mit Bezug auf BSGE 87, 112, 117 und weiteren Nachweisen). Um einerseits von einem dauerhaften Versorgungsbedarf ausgehen zu können, andererseits aber auch Schwankungen zwischen den Quartalen aufzufangen, ist nicht auf jedes einzelne Quartal abzustellen. Ausreichend ist, dass sich die Überschreitungen als Durchschnittswert in einem Gesamtzeitraum von vier aufeinander folgenden Quartalen ergeben. Bei der Prüfung, ob eine Praxis in dem beschriebenen Sinne Besonderheiten aufweist, steht der Kassenärztlichen Vereinigung kein gerichtlich nur eingeschränkt überprüfbarer Beurteilungsspielraum zu. Es kommt nämlich - im Gegensatz etwa zur Entscheidung der Zulassungsgremien über die Zulassung wegen Sonderbedarfs oder der Erteilung einer Genehmigung zum Betrieb einer Zweigpraxis oder der Erteilung einer Ermächtigung - nur auf die ermittel- und nachvollziehbaren besonderen Verhältnisse der einzelnen Praxis im Vergleich zur Fachgruppe an (BSG, a. a. O., Rdnr. 25 mit Bezugnahme auf BSG SozR 4 2500 § 87 Nr. 19 Rdnr. 16).
Die Prüfung hier hat allerdings ergeben, dass das Indiz einer Ausnahme von den RLV des überdurchschnittlich hohen Anteils der Spezialleistungen am Gesamtpunktzahlvolumen nicht erfüllt ist. Die Überschreitung des Durchschnitts bzw. ein Anteil der Spezialleistungen von mindestens 20 % hat die Klägerin nicht erfüllt.
Soweit die Klägerin vorträgt, ihrer Jungpraxis werde rechtwidrig eine Honorarsteigerung durch Fallwerterhöhungen verwehrt, kann dies nicht festgestellt werden. Sie verweist zwar zutreffend, dass es das BSG bislang ausdrücklich offen gelassen hat, ob Praxen in der Aufbauphasen die Möglichkeit haben können oder müssen, Honorarsteigerungen durch Fallwerterhöhungen zu erreichen (vgl. BSG, Urt. v. 17. Juli 2013 -B 6 KA 44/12 R- Rdnr. 19 mit Bezugnahme u. a. auf Urteil vom 28. Januar 2009 – B 6 KA 5/08 R –, SozR 4-2500 § 85 Nr. 45, Rdnr. 27). Das BSG hat auch in der von der Klägerin angeführten Entscheidung vom 28. Januar 2009 (Urteil; B 6 KA 5/08 R) ausgeführt, dass allen Praxen mit unterdurchschnittlichen Umsätzen die Möglichkeit einzuräumen sei, durch Umsatzsteigerungen jedenfalls bis zum Durchschnittsumsatz der Fachgruppe aufschließen zu können. Dies bedeute jedoch nicht, dass diese Praxen von jeder Begrenzung des Honorarwachstums verschont werden müssten (a. a. O., Rdnr. 28 mit Bezugnahme auf BSGE 92, 10, 92, 233, jeweils Rdnr. 18). Für unterdurchschnittlich abrechnende Praxen hat das BSG auch in jüngerer Zeit Bestimmungen, die ein Honorarwachstum innerhalb eines gewissen Zeitraums unterbinden, nicht ausgeschlossen, sofern die Praxen in der Zeit danach noch effektive, d. h. realistische, Möglichkeiten hätten, den Durchschnittsumsatz zu erreichen (BSG, Urteil vom 17. Juli 2013 – B 6 KA 44/12 R-.Rdnr. 39). Derartiges sei allein den neugegründeten Praxen einzuräumen, solange sich diese noch in der Aufbauphase befänden. Diese Praxen seien für die Zeit des Aufbaus von der Wachstumsbegrenzung völlig freizustellen. Jedem Vertragsarzt müsse grundsätzlich die Chance bleiben, durch Qualität und Attraktivität seiner Behandlung oder auch durch eine bessere Organisation seiner Praxis neue Patienten für sich zu gewinnen und so legitimerweise seine Position im Wettbewerb mit den Berufskollegen zu verbessern.
Das Honorarwachstum wurde in den streitgegenständlichen Honorarbescheiden allerdings nicht in diesem Sinne zu sehr beschränkt. Das Gebot, von Wachstumsbegrenzungen in der Anfangsphase der vertragsärztlichen Tätigkeit verschont zu bleiben, bedeutet nämlich nicht, dass jeder angeforderte Leistungspunktwert außer halb des Systems der RLV zu vergüten ist.
Die Beklagte hat hier zu Recht darauf hingewiesen, dass die Klägerin in den streitgegenständlichen Quartalen keine über den Durchschnitt erhöhten Fallwerte angefordert hat. Sie hat vielmehr pro Patientin immer weniger als der Fachgruppendurchschnitt an Leistungen erbracht, welcher dem RLV zu Grunde liegt (Quartal 2011/I: tatsächlich bei der Klägerin 19,42 Euro gegenüber 19,84 Euro; Quartal 2011/III: 18,12 Euro gegenüber 19,81 Euro und Quartal 2011/IV: 17,73 Euro gegenüber 19,90 Euro).
Höhere Fallzahlen als der Fachgruppendurchschnitt hat die Klägerin auch nicht erzielt. Auch insoweit hat sie keine Anstrengungen unternommen, sich von der Konkurrenz abzusetzen.
Die Beklagte hat somit in den Widerspruchsbescheiden zur Begründung ihrer Verneinung einer Praxisbesonderheit nach § 18 Abs. 4 M-GV/A-RLV Vertrag 2011 anhand der tatsächlichen Fallwerte -wie geschildert- zutreffend keinen Grund für eine RLV-Anpassung gesehen.
Der Senat teilt zuletzt auch die Auffassung des SG im angefochtenen Urteil, dass eine vom M-GV/A-RLV Vertrag 2011 abweichende Ermessensentscheidung auch nicht zur Beachtung der Grundrechte der Inhaber der Klägerin erforderlich war. Der Schutz des Art. 12 Abs. 1 Grundgesetz (GG) umfasst grundsätzlich den Anspruch des Arztes auf Honorierung seiner vertragsärztlichen Tätigkeit (vgl. Bundesverfassungsgericht BVerfGE 88, 145, 159; 101, 331, 346). Dieser Schutz kann jedoch gemäß Art. 12 Abs. 1 Satz 2 GG auf gesetzlicher Grundlage eingeschränkt werden. Der erforderliche Ausgleich zwischen dem Ziel der Gewährung angemessener Vergütungen und dem besonders hochrangigen Ziel der Gewährleistung einer ordnungsgemäßen Versorgung ist - erst - dann nicht mehr verhältnismäßig (mit der Folge eines Anspruchs der Ärzte auf höheres Honorar bzw. eine Honorarstützung aus dem Gesichtspunkt angemessener Vergütung), wenn in einem - fachlichen und/oder örtlichen - Teilbereich kein ausreichender finanzieller Anreiz mehr besteht, vertragsärztlich tätig zu werden, und dadurch in diesem Bereich die Funktionsfähigkeit der vertragsärztlichen Versorgung gefährdet ist (ständige Rechtsprechung des BSG, z. B. Urt. v. 11. Dezember 2013, Rdnr. 42 mit Nachweisen). Nach der Rechtsprechung des BSG kann sich zudem der einzelne Arzt im Rahmen einer Inzidentprüfung der für die Vergütungshöhe maßgeblichen Vorschriften des EBM und des Honorarverteilungsmaßstabs nur dann auf den Grundsatz der angemessenen Vergütung ärztlicher Leistungen berufen, wenn durch die zu niedrige Honorierung ärztlicher Leistungen das vertragsärztliche Versorgungssystem als Ganzes - beziehungsweise zumindest hinsichtlich eines Teilgebiets und als Folge davon auch die berufliche Existenz der an dem Versorgungssystem beteiligten ärztlichen Leistungserbringer gefährdet wäre oder dann, wenn in einem - fachlichen oder örtlichen -Teilbereich kein ausreichender finanzieller Anreiz mehr besteht, vertragsärztlich tätig zu werden, und dadurch in diesem Bereich die Funktionsfähigkeit der vertragsärztlichen Versorgung gefährdet ist ( BSG, B. v. 11. März 2009 -B 6 KA 31/08 B- Rdnr. 11 mit umfangreichen Nachweisen).
Hier allerdings hat die Klägerin nur abstrakt vorgetragen, durch die Regelungen als neu zugelassene Vertragsärztin benachteiligt zu sein. Greifbare Anhaltspunkte für eine Gefährdung der Versorgung liegen jedoch nicht vor. Entscheidend ist letztlich, dass der Vertragsarzt insgesamt Anspruch auf eine leistungsgerechte Teilhabe an der Gesamtvergütung hat, der in aller Regel dazu führt, dass das aus der vertragsärztlichen Tätigkeit erzielbare Einkommen Ärzten hinreichend den Anreiz bietet, an der vertragsärztlichen Versorgung mitzuwirken. (BSG, Urteil vom 14. März 2010 - B 6 KA 54/00 R). Dass dies hier nicht der Fall gewesen ist, trägt die Klägerin selbst nicht vor.
Die Kostenentscheidung ergeht nach § 197 a SGG i. V. m. § 154 Abs. 2 Verwaltungsgerichtsordnung.
Gründe für die Zulassung der Revision nach § 160 Abs. 2 Nr. 1 und 2 SGG liegen nicht vor. Entscheidungserheblich ist nur abgelaufenes Recht.
Rechtskraft
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