Land
Freistaat Sachsen
Sozialgericht
SG Dresden (FSS)
Sachgebiet
Krankenversicherung
Abteilung
25
1. Instanz
SG Dresden (FSS)
Aktenzeichen
S 25 KR 1163/13
Datum
2. Instanz
Sächsisches LSG
Aktenzeichen
-
Datum
-
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Beschluss
Leitsätze
1. Zum Umfang der materiellen Rechtskraft eines Bescheidungsurteils.
2. Bei einem Bescheidungsurteil ergibt sich der Umfang der materiellen Rechtskraft und damit der Bindungswirkung notwendigerweise aus den Entscheidungsgründen, die die nach dem Urteilstenor zu beachtende Rechtsauffassung des Gerichts im Einzelnen darlegen (vgl. BVerwG, Urteil vom 27.01.1995, Az. 8 C 8/93, juris, Rdnr. 13).
3.Bei der Entscheidung, ob ein Bescheidungsurteil ausreichend umgesetzt worden ist, ist zu prüfen, welche Feststellungen, Überlegungen und Wertungen Grundlage der Erwägungen in dem zu vollstreckenden Urteil waren.
4. Außerhalb des zu vollstreckenden Titels liegende Umstände, die nicht Gegenstand des Erkenntnisverfahrens und damit der Entscheidung waren, sind grundsätzlich nicht berücksichtigungsfähig.
2. Bei einem Bescheidungsurteil ergibt sich der Umfang der materiellen Rechtskraft und damit der Bindungswirkung notwendigerweise aus den Entscheidungsgründen, die die nach dem Urteilstenor zu beachtende Rechtsauffassung des Gerichts im Einzelnen darlegen (vgl. BVerwG, Urteil vom 27.01.1995, Az. 8 C 8/93, juris, Rdnr. 13).
3.Bei der Entscheidung, ob ein Bescheidungsurteil ausreichend umgesetzt worden ist, ist zu prüfen, welche Feststellungen, Überlegungen und Wertungen Grundlage der Erwägungen in dem zu vollstreckenden Urteil waren.
4. Außerhalb des zu vollstreckenden Titels liegende Umstände, die nicht Gegenstand des Erkenntnisverfahrens und damit der Entscheidung waren, sind grundsätzlich nicht berücksichtigungsfähig.
I. Der Antrag auf Androhung und Festsetzung eines Zwangsgeldes vom 01.06.2016 wird abgelehnt. II. Die Klägerinnen tragen die Kosten des Verfahrens. III. Der Streitwert wird auf 500,00 EUR festgesetzt.
Gründe:
I.
Die Beteiligten stritten im Hauptsacheverfahren über die Bestimmung einer Schiedsperson durch den Beklagten als Aufsichtsbehörde.
Mit Urteil vom 09.09.2015 wurde der Beklagte unter Aufhebung des Bescheides vom 29.11.2013 verpflichtet, über den Antrag der Klägerinnen vom 10.06.2013 auf Bestimmung einer Schiedsperson auf der Grundlage der Vorschrift des § 132a Abs. 2 Satz 7 Sozialgesetzbuch Fünftes Buch (SGB V) unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts neu zu entscheiden. Auf die Urteilsgründe wird Bezug genommen. Ausweislich der Zustellnachweise wurde das Urteil den Klägerinnen und dem Beklagten am 30.09.2015 zugestellt.
Mit Bescheid vom 27.04.2016 hob der Beklagte den Bescheid vom 29.11.2013 zur Bestimmung einer Schiedsperson in den Vergütungsverhandlungen gemäß § 132a Abs. 2 Satz 1 SGB V i.V.m. § 37 SGB V auf und bestimmte als Schiedsperson in den Vergütungsverhandlungen Herrn Dr. K ... Auf den Inhalt des Bescheides wird Bezug genommen (vgl. Blatt 247ff der Gerichtsakte).
Am 01.06.2016 haben die Klägerinnen die Vollstreckung des Urteils vom 09.09.2015 auf der Grundlage der Vorschrift des § 201 Sozialgerichtsgesetz (SGG) beantragt. Der Beklagte sei der Verpflichtung aus dem Urteil vom 09.09.2015 bislang nicht nachgekommen. Er habe bei der Bestimmung von Herrn Dr. K. diverse im Urteil ausgeführte Rechtsauffassungen des Gerichts ignoriert, da der Beklagte und Vollstreckungsschuldner den Bescheid vom 27.04.2016 erkennbar unter Außerachtlassung der Rechtsauffassungen des Gerichts erlassen habe. Der Beklagte habe sich nicht ernsthaft bemüht, eine für beide Beteiligten akzeptable Schiedsperson zu finden. Die Auswahl sei im Hinblick auf die fachliche Eignung ermessensfehlerhaft. Die von dem Beklagten bestimmte Schiedsperson werde auch nicht ehrenamtlich tätig. Daher sei die Fristsetzung eines Zwangsgeldes bis 1.000,00 EUR durch Beschluss anzudrohen und nach vergeblichem Fristablauf festzusetzen.
Die Klägerinnen beantragen,
dem Beklagten unter Fristsetzung ein Zwangsgeld bis zu 1.000,00 EUR durch Beschluss anzudrohen und nach vergeblichem Fristablauf solange jeweils für eine Kalenderwoche festzusetzen, bis der Beklagte seiner Verpflichtung aus dem Urteil nachkommt.
Der Beklagte beantragt,
den Antrag abzulehnen.
Er verweist zunächst auf das anhängige Klageverfahren gegen den Bescheid vom 27.04.2016 zum Az. S 25 KR 316/16 sowie auf den Antrag der Klägerinnen auf Erlass einer einstweiligen Anordnung vom 03.06.2016 (S 25 KR 334/16 ER). Eine inhaltliche Auseinandersetzung über die Rechtmäßigkeit des Bescheides vom 27.04.2016 sei in diesen Verfahren und nicht im Rahmen eines Vollstreckungsverfahrens zu führen. Darüber hinaus er der sich aus dem Urteil ergebenden Verpflichtung nachgekommen und habe den Bescheid vom 27.04.2016 erlassen. Dabei habe er auch die Rechtsauffassung des Gerichts beachtet.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitverhältnisses wird gemäß § 142 Abs. 1 i.V.m. § 136 Abs. 2 Satz 1 SGG auf den Inhalt der vorbereitenden Schriftsätze verwiesen. II.
Der Antrag auf Androhung und Festsetzung eines Zwangsgeldes ist abzulehnen.
Die Voraussetzungen für die von den Klägerinnen begehrte Vollstreckung liegen nicht vor. Gemäß § 201 Abs. 1 Satz 1 SGG kann des Gericht des ersten Rechtszuges auf Antrag unter Fristsetzung ein Zwangsgeld bis zu 1.000,00 EUR durch Beschluss androhen und nach vergeblichem Fristablauf festsetzen, wenn die Behörde in den Fällen des § 131 SGG der im Urteil auferlegten Verpflichtung nicht nachkommt. Letzteres ist nicht nur dann der Fall, wenn die Behörde überhaupt keine Entscheidung getroffen hat, sondern auch dann, wenn sie die im Urteil verbindlich zum Ausdruck gebrachte Rechtsauffassung des Gerichts bei der Neubescheidung nicht beachtet (vgl. z. B. zu der Parallelvorschrift des § 172 VwGO: OVG Berlin-Brandenburg, Beschluss vom 13.10.2015, Az. OVG 12 L 49.15, juris, Rdnr. 2). Ob die Behörde die titulierte Verpflichtung ordnungsgemäß erfüllt hat, bestimmt sich nach dem Inhalt des Vollstreckungstitels und der Reichweite seiner Rechtskraftwirkung. Die Rechtskraft eines Bescheidungsurteils umfasst nicht nur die Verpflichtung der Behörde zur Neubescheidung überhaupt, sondern auch die "Rechtsauffassung des Gerichts", so wie sie in den Entscheidungsgründen des Bescheidungsurteils niedergelegt ist. Unzureichend kommt die Behörde einer Neubescheidungsverpflichtung nach, wenn sie die in dem zu vollstreckenden Urteil niedergelegte Rechtsauffassung bei der ausführenden Entscheidung nicht hinreichend berücksichtigt (vgl. OVG Berlin-Brandenburg, Beschluss vom 27.04.2015, Az. OVG 1 I 1.14, juris, Rdnr. 3). Da die Rechtsauffassung, die ein Bescheidungsurteil der Behörde zur Beachtung bei dem Erlass des neuen Verwaltungsakts vorschreibt, sich nicht aus der Urteilsformel selbst entnehmen lässt, ergibt sich der Umfang der materiellen Rechtskraft und damit der Bindungswirkung notwendigerweise aus den Entscheidungsgründen, die die nach dem Urteilstenor zu beachtende Rechtsauffassung des Gerichts im Einzelnen darlegen (vgl. BVerwG, Urteil vom 27.01.1995, Az. 8 C 8/93, juris, Rdnr. 13). Die Bindung an die einem rechtskräftigen Entscheidungsurteil zugrunde liegende Rechtsauffassung entfällt dann, wenn sich die entscheidungserhebliche Sach- und Rechtslage nachträglich geändert hat (vgl. BVerwG, a.a.O., Rdnr. 14). Bei der Entscheidung, ob ein Bescheidungsurteil ausreichend umgesetzt worden ist, ist zu prüfen, welche Feststellungen, Überlegungen und Wertungen Grundlage der Erwägungen in dem zu vollstreckenden Urteil waren. Denn außerhalb des zu vollstreckenden Titels liegende Umstände, die nicht Gegenstand des Erkenntnisverfahrens und damit der Entscheidung waren, sind grundsätzlich nicht berücksichtigungsfähig. Das Vollstreckungsverfahren kann ein etwa notwendiges weiteres Erkenntnisverfahren nur vermeiden, wenn die in dem zu vollstreckenden Urteil grundsätzlich schon enthaltenen Überlegungen und Wertungen näher präzisiert werden können (vgl. Hessischer VGH, Beschluss vom 11.05.2016, Az. 9 E 450/16, juris, Rdnr. 26, m.w.N.).
Gemessen daran hat der Beklagte seine Verpflichtung aus dem rechtskräftigen Bescheidungsurteil vom 09.09.2015 erfüllt. Das erkennende Gericht hat den Bescheid vom 29.11.2013 als rechtswidrig erachtet, da der Beklagte die erforderliche Anhörung nicht ausreichend durchgeführt, das Akteneinsichtsrecht der Klägerinnen verletzt und das ihm zustehende Auswahlermessen nicht rechtsfehlerfrei ausgeübt hat.
Unstreitig wurde den Klägerinnen in dem dem Urteil vom 09.09.2015 nachfolgenden Verfahren Akteneinsicht gewährt und sie wurden vor dem Erlass des Bescheides vom 27.04.2016 zu der beabsichtigten Benennung von Herrn Dr. K. als Schiedsperson angehört. Der Beklagte hat die Rechtsauffassung des Gerichts insoweit beachtet.
Bezug nehmend auf die von dem Gericht gerügten Ermessensfehler ist zu beachten, dass nur die von dem Gericht dargestellte Rechtsauffassung in Rechtskraft erwachsen ist. Soweit die Ermessensentscheidung auf neuen Umständen beruht, die nicht Gegenstand des Erkenntnisverfahrens und damit der Entscheidung waren, können diese im Vollstreckungsverfahren nicht beachtet werden. Das Gericht ist aus mehreren Gründen davon ausgegangen, dass der Beklagte von dem ihm zustehenden Ermessen nicht in der dem Zweck der Ermächtigung entsprechenden Weise Gebrauch gemacht hat. Zum einen hat das Gericht darauf hingewiesen, dass das Ermessen schon deswegen nicht richtig ausgeübt werden konnte, da zuvor die Beteiligten nicht zu den entscheidungserheblichen Tatsachen angehört wurden. Ferner sah das Gericht es als zweifelhaft an, ob ein Auswahlermessen ausgeübt werden kann, wenn überhaupt nur eine Schiedsperson in Betracht gezogen wird. Ferner hat das Gericht verlangt, dass der Beklagte sich erkennbar bemühen muss, eine für beide Beteiligten akzeptable Schiedsperson zu finden, die Beteiligten entsprechend anzuhören und sich dann im Rahmen einer Auswahlentscheidung damit auseinander zu setzen, warum er sich gerade für diese Person entschieden hat. Ferner müsse die Auswahlentscheidung näher begründet werden, wobei es nicht ausreiche, allein auf die fachliche Eignung und Unabhängigkeit zu verweisen. Allerdings sei der Beklagte nicht gehalten, solange nach einer Schiedsperson zu suchen, die die Wünsche beider Vertragsparteien erfüllt.
Der Beklagte hat bei dem Erlass des Bescheides vom 27.04.2016 die vorgenannten Anforderungen ausreichend umgesetzt. Er hat sich erkennbar bemüht, eine für beide Beteiligten akzeptable Schiedsperson zu finden. Diesbezüglich wird auf die umfangreiche Darstellung der Ermittlungen, der Kontaktaufnahme zu potenziellen Schiedspersonen sowie der Anhörung der Beteiligten in dem Bescheid vom 27.04.2016 verwiesen. Er hat seine Auswahlentscheidung auch unter mehreren in Betracht kommenden Schiedspersonen getroffen und somit auch diese Anforderung aus dem Urteil vom 09.09.2015 erfüllt. Soweit die Klägerinnen davon ausgehen, dass die Schiedsperson im Hinblick auf die fachliche Eignung erneut ermessensfehlerhaft ausgewählt worden ist, ist darauf hinzuweisen, dass die Frage, wann eine geeignete fachliche Eignung für eine Schiedsperson vorliegt, nicht Gegenstand der Ausführungen in dem Urteil vom 09.09.2015 waren. Das Gericht hat keine Ausführungen zu der Frage gemacht, wann eine Person fachlich geeignet ist, ein Schiedsverfahren nach § 132a Abs. 2 Satz 7 SGB V durchzuführen. Da das Gericht hierzu keinerlei Erwägungen angestellt hat, sind zu berücksichtigende Umstände, die die fachliche Eignung der Schiedsperson betreffen, nicht in Rechtskraft erwachsen.
Gleiches gilt im Hinblick auf die Frage, wann von einer ehrenamtlichen Tätigkeit im Sinne von § 44 Abs. 2 Satz 2 des Vertrages vom 02.02.2011 auszugehen ist. Zwar hat das Gericht die Entscheidung des Beklagten auch deswegen als rechtswidrig erachtet, weil der Beklagte nicht geklärt hatte, ob der Beigeladene zu 2) ehrenamtlich für einen Pauschalbetrag tätig wird. Mit der Frage, wann von einer ehrenamtlichen Tätigkeit auszugehen ist, hat sich die Kammer in dem Urteil vom 09.09.2015 nicht auseinandergesetzt. Ein entsprechender Streit zwischen den Beteiligten ist erst anlässlich des dem Urteil nachfolgenden Verfahrens entstanden. Da diese Frage zwischen den Beteiligten in dem Verfahren, das dem Bescheid vom 29.11.2013 vorausgegangen war, sowie in dem nachfolgenden Klageverfahren weder zwischen den Beteiligten streitig noch problematisiert worden war, hatte das Gericht auch keine Veranlassung sich mit dieser Problematik auseinander zu setzen. Es hat lediglich ausgeführt, dass die Frage der Ehrenamtlichkeit abgeklärt werden muss.
Nach alledem ist nicht festzustellen, dass der Beklagte das Urteil vom 09.09.2015 nicht hinreichend umgesetzt hat, sodass die Voraussetzungen einer Vollstreckung nach § 201 SGG nicht vorliegen. Soweit die Klägerinnen die Rechtswidrigkeit des Bescheides vom 27.04.2016 mit anderen Umständen begründen, als die den Erwägungen des bekennenden Gerichts in seinem Urteil vom 09.09.2015 zugrunde lagen, sind diese in dem Klageverfahren gegen den Bescheid vom 27.04.2016 bzw. in dem Verfahren auf Erlass einer einstweiligen Anordnung zu prüfen. Rechtsfragen und Umstände, die nicht Gegenstand und Grundlage des Bescheidungsurteils waren, sind in dem Klageverfahren gegen den Ausführungsbescheid zu überprüfen (vgl. im Hinblick auf die Vollstreckung nach § 201 SGG aus einem gerichtlichen Vergleich: Bayr. LSG, Beschluss vom 11.01.2016, Az. L 16 AS 251/15 B, juris, Rdnr. 23ff; VG Würzburg zu § 172 VwGO: Beschluss vom 04.11.2014, Az. W 1 V14.995, juris, Rdnr. 19; VG Meiningen, Beschluss vom 16.02.2016, Az. 2 V 399/15 Me, juris, Rdnr. 22)
Die Kostenentscheidung beruht auf § 197a Abs. 1 SGG i.V.m. § 154 Abs. 1 VwGO.
Als Streitwert war die Hälfte des von den Klägerinnen beantragten Zwangsgeldes festzusetzen (vgl. LSG Berlin-Brandenburg, Beschluss vom 12.12.2006, Az. L 7 B 124/03 KA, juris, Rdnr. 5f).
Gründe:
I.
Die Beteiligten stritten im Hauptsacheverfahren über die Bestimmung einer Schiedsperson durch den Beklagten als Aufsichtsbehörde.
Mit Urteil vom 09.09.2015 wurde der Beklagte unter Aufhebung des Bescheides vom 29.11.2013 verpflichtet, über den Antrag der Klägerinnen vom 10.06.2013 auf Bestimmung einer Schiedsperson auf der Grundlage der Vorschrift des § 132a Abs. 2 Satz 7 Sozialgesetzbuch Fünftes Buch (SGB V) unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts neu zu entscheiden. Auf die Urteilsgründe wird Bezug genommen. Ausweislich der Zustellnachweise wurde das Urteil den Klägerinnen und dem Beklagten am 30.09.2015 zugestellt.
Mit Bescheid vom 27.04.2016 hob der Beklagte den Bescheid vom 29.11.2013 zur Bestimmung einer Schiedsperson in den Vergütungsverhandlungen gemäß § 132a Abs. 2 Satz 1 SGB V i.V.m. § 37 SGB V auf und bestimmte als Schiedsperson in den Vergütungsverhandlungen Herrn Dr. K ... Auf den Inhalt des Bescheides wird Bezug genommen (vgl. Blatt 247ff der Gerichtsakte).
Am 01.06.2016 haben die Klägerinnen die Vollstreckung des Urteils vom 09.09.2015 auf der Grundlage der Vorschrift des § 201 Sozialgerichtsgesetz (SGG) beantragt. Der Beklagte sei der Verpflichtung aus dem Urteil vom 09.09.2015 bislang nicht nachgekommen. Er habe bei der Bestimmung von Herrn Dr. K. diverse im Urteil ausgeführte Rechtsauffassungen des Gerichts ignoriert, da der Beklagte und Vollstreckungsschuldner den Bescheid vom 27.04.2016 erkennbar unter Außerachtlassung der Rechtsauffassungen des Gerichts erlassen habe. Der Beklagte habe sich nicht ernsthaft bemüht, eine für beide Beteiligten akzeptable Schiedsperson zu finden. Die Auswahl sei im Hinblick auf die fachliche Eignung ermessensfehlerhaft. Die von dem Beklagten bestimmte Schiedsperson werde auch nicht ehrenamtlich tätig. Daher sei die Fristsetzung eines Zwangsgeldes bis 1.000,00 EUR durch Beschluss anzudrohen und nach vergeblichem Fristablauf festzusetzen.
Die Klägerinnen beantragen,
dem Beklagten unter Fristsetzung ein Zwangsgeld bis zu 1.000,00 EUR durch Beschluss anzudrohen und nach vergeblichem Fristablauf solange jeweils für eine Kalenderwoche festzusetzen, bis der Beklagte seiner Verpflichtung aus dem Urteil nachkommt.
Der Beklagte beantragt,
den Antrag abzulehnen.
Er verweist zunächst auf das anhängige Klageverfahren gegen den Bescheid vom 27.04.2016 zum Az. S 25 KR 316/16 sowie auf den Antrag der Klägerinnen auf Erlass einer einstweiligen Anordnung vom 03.06.2016 (S 25 KR 334/16 ER). Eine inhaltliche Auseinandersetzung über die Rechtmäßigkeit des Bescheides vom 27.04.2016 sei in diesen Verfahren und nicht im Rahmen eines Vollstreckungsverfahrens zu führen. Darüber hinaus er der sich aus dem Urteil ergebenden Verpflichtung nachgekommen und habe den Bescheid vom 27.04.2016 erlassen. Dabei habe er auch die Rechtsauffassung des Gerichts beachtet.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitverhältnisses wird gemäß § 142 Abs. 1 i.V.m. § 136 Abs. 2 Satz 1 SGG auf den Inhalt der vorbereitenden Schriftsätze verwiesen. II.
Der Antrag auf Androhung und Festsetzung eines Zwangsgeldes ist abzulehnen.
Die Voraussetzungen für die von den Klägerinnen begehrte Vollstreckung liegen nicht vor. Gemäß § 201 Abs. 1 Satz 1 SGG kann des Gericht des ersten Rechtszuges auf Antrag unter Fristsetzung ein Zwangsgeld bis zu 1.000,00 EUR durch Beschluss androhen und nach vergeblichem Fristablauf festsetzen, wenn die Behörde in den Fällen des § 131 SGG der im Urteil auferlegten Verpflichtung nicht nachkommt. Letzteres ist nicht nur dann der Fall, wenn die Behörde überhaupt keine Entscheidung getroffen hat, sondern auch dann, wenn sie die im Urteil verbindlich zum Ausdruck gebrachte Rechtsauffassung des Gerichts bei der Neubescheidung nicht beachtet (vgl. z. B. zu der Parallelvorschrift des § 172 VwGO: OVG Berlin-Brandenburg, Beschluss vom 13.10.2015, Az. OVG 12 L 49.15, juris, Rdnr. 2). Ob die Behörde die titulierte Verpflichtung ordnungsgemäß erfüllt hat, bestimmt sich nach dem Inhalt des Vollstreckungstitels und der Reichweite seiner Rechtskraftwirkung. Die Rechtskraft eines Bescheidungsurteils umfasst nicht nur die Verpflichtung der Behörde zur Neubescheidung überhaupt, sondern auch die "Rechtsauffassung des Gerichts", so wie sie in den Entscheidungsgründen des Bescheidungsurteils niedergelegt ist. Unzureichend kommt die Behörde einer Neubescheidungsverpflichtung nach, wenn sie die in dem zu vollstreckenden Urteil niedergelegte Rechtsauffassung bei der ausführenden Entscheidung nicht hinreichend berücksichtigt (vgl. OVG Berlin-Brandenburg, Beschluss vom 27.04.2015, Az. OVG 1 I 1.14, juris, Rdnr. 3). Da die Rechtsauffassung, die ein Bescheidungsurteil der Behörde zur Beachtung bei dem Erlass des neuen Verwaltungsakts vorschreibt, sich nicht aus der Urteilsformel selbst entnehmen lässt, ergibt sich der Umfang der materiellen Rechtskraft und damit der Bindungswirkung notwendigerweise aus den Entscheidungsgründen, die die nach dem Urteilstenor zu beachtende Rechtsauffassung des Gerichts im Einzelnen darlegen (vgl. BVerwG, Urteil vom 27.01.1995, Az. 8 C 8/93, juris, Rdnr. 13). Die Bindung an die einem rechtskräftigen Entscheidungsurteil zugrunde liegende Rechtsauffassung entfällt dann, wenn sich die entscheidungserhebliche Sach- und Rechtslage nachträglich geändert hat (vgl. BVerwG, a.a.O., Rdnr. 14). Bei der Entscheidung, ob ein Bescheidungsurteil ausreichend umgesetzt worden ist, ist zu prüfen, welche Feststellungen, Überlegungen und Wertungen Grundlage der Erwägungen in dem zu vollstreckenden Urteil waren. Denn außerhalb des zu vollstreckenden Titels liegende Umstände, die nicht Gegenstand des Erkenntnisverfahrens und damit der Entscheidung waren, sind grundsätzlich nicht berücksichtigungsfähig. Das Vollstreckungsverfahren kann ein etwa notwendiges weiteres Erkenntnisverfahren nur vermeiden, wenn die in dem zu vollstreckenden Urteil grundsätzlich schon enthaltenen Überlegungen und Wertungen näher präzisiert werden können (vgl. Hessischer VGH, Beschluss vom 11.05.2016, Az. 9 E 450/16, juris, Rdnr. 26, m.w.N.).
Gemessen daran hat der Beklagte seine Verpflichtung aus dem rechtskräftigen Bescheidungsurteil vom 09.09.2015 erfüllt. Das erkennende Gericht hat den Bescheid vom 29.11.2013 als rechtswidrig erachtet, da der Beklagte die erforderliche Anhörung nicht ausreichend durchgeführt, das Akteneinsichtsrecht der Klägerinnen verletzt und das ihm zustehende Auswahlermessen nicht rechtsfehlerfrei ausgeübt hat.
Unstreitig wurde den Klägerinnen in dem dem Urteil vom 09.09.2015 nachfolgenden Verfahren Akteneinsicht gewährt und sie wurden vor dem Erlass des Bescheides vom 27.04.2016 zu der beabsichtigten Benennung von Herrn Dr. K. als Schiedsperson angehört. Der Beklagte hat die Rechtsauffassung des Gerichts insoweit beachtet.
Bezug nehmend auf die von dem Gericht gerügten Ermessensfehler ist zu beachten, dass nur die von dem Gericht dargestellte Rechtsauffassung in Rechtskraft erwachsen ist. Soweit die Ermessensentscheidung auf neuen Umständen beruht, die nicht Gegenstand des Erkenntnisverfahrens und damit der Entscheidung waren, können diese im Vollstreckungsverfahren nicht beachtet werden. Das Gericht ist aus mehreren Gründen davon ausgegangen, dass der Beklagte von dem ihm zustehenden Ermessen nicht in der dem Zweck der Ermächtigung entsprechenden Weise Gebrauch gemacht hat. Zum einen hat das Gericht darauf hingewiesen, dass das Ermessen schon deswegen nicht richtig ausgeübt werden konnte, da zuvor die Beteiligten nicht zu den entscheidungserheblichen Tatsachen angehört wurden. Ferner sah das Gericht es als zweifelhaft an, ob ein Auswahlermessen ausgeübt werden kann, wenn überhaupt nur eine Schiedsperson in Betracht gezogen wird. Ferner hat das Gericht verlangt, dass der Beklagte sich erkennbar bemühen muss, eine für beide Beteiligten akzeptable Schiedsperson zu finden, die Beteiligten entsprechend anzuhören und sich dann im Rahmen einer Auswahlentscheidung damit auseinander zu setzen, warum er sich gerade für diese Person entschieden hat. Ferner müsse die Auswahlentscheidung näher begründet werden, wobei es nicht ausreiche, allein auf die fachliche Eignung und Unabhängigkeit zu verweisen. Allerdings sei der Beklagte nicht gehalten, solange nach einer Schiedsperson zu suchen, die die Wünsche beider Vertragsparteien erfüllt.
Der Beklagte hat bei dem Erlass des Bescheides vom 27.04.2016 die vorgenannten Anforderungen ausreichend umgesetzt. Er hat sich erkennbar bemüht, eine für beide Beteiligten akzeptable Schiedsperson zu finden. Diesbezüglich wird auf die umfangreiche Darstellung der Ermittlungen, der Kontaktaufnahme zu potenziellen Schiedspersonen sowie der Anhörung der Beteiligten in dem Bescheid vom 27.04.2016 verwiesen. Er hat seine Auswahlentscheidung auch unter mehreren in Betracht kommenden Schiedspersonen getroffen und somit auch diese Anforderung aus dem Urteil vom 09.09.2015 erfüllt. Soweit die Klägerinnen davon ausgehen, dass die Schiedsperson im Hinblick auf die fachliche Eignung erneut ermessensfehlerhaft ausgewählt worden ist, ist darauf hinzuweisen, dass die Frage, wann eine geeignete fachliche Eignung für eine Schiedsperson vorliegt, nicht Gegenstand der Ausführungen in dem Urteil vom 09.09.2015 waren. Das Gericht hat keine Ausführungen zu der Frage gemacht, wann eine Person fachlich geeignet ist, ein Schiedsverfahren nach § 132a Abs. 2 Satz 7 SGB V durchzuführen. Da das Gericht hierzu keinerlei Erwägungen angestellt hat, sind zu berücksichtigende Umstände, die die fachliche Eignung der Schiedsperson betreffen, nicht in Rechtskraft erwachsen.
Gleiches gilt im Hinblick auf die Frage, wann von einer ehrenamtlichen Tätigkeit im Sinne von § 44 Abs. 2 Satz 2 des Vertrages vom 02.02.2011 auszugehen ist. Zwar hat das Gericht die Entscheidung des Beklagten auch deswegen als rechtswidrig erachtet, weil der Beklagte nicht geklärt hatte, ob der Beigeladene zu 2) ehrenamtlich für einen Pauschalbetrag tätig wird. Mit der Frage, wann von einer ehrenamtlichen Tätigkeit auszugehen ist, hat sich die Kammer in dem Urteil vom 09.09.2015 nicht auseinandergesetzt. Ein entsprechender Streit zwischen den Beteiligten ist erst anlässlich des dem Urteil nachfolgenden Verfahrens entstanden. Da diese Frage zwischen den Beteiligten in dem Verfahren, das dem Bescheid vom 29.11.2013 vorausgegangen war, sowie in dem nachfolgenden Klageverfahren weder zwischen den Beteiligten streitig noch problematisiert worden war, hatte das Gericht auch keine Veranlassung sich mit dieser Problematik auseinander zu setzen. Es hat lediglich ausgeführt, dass die Frage der Ehrenamtlichkeit abgeklärt werden muss.
Nach alledem ist nicht festzustellen, dass der Beklagte das Urteil vom 09.09.2015 nicht hinreichend umgesetzt hat, sodass die Voraussetzungen einer Vollstreckung nach § 201 SGG nicht vorliegen. Soweit die Klägerinnen die Rechtswidrigkeit des Bescheides vom 27.04.2016 mit anderen Umständen begründen, als die den Erwägungen des bekennenden Gerichts in seinem Urteil vom 09.09.2015 zugrunde lagen, sind diese in dem Klageverfahren gegen den Bescheid vom 27.04.2016 bzw. in dem Verfahren auf Erlass einer einstweiligen Anordnung zu prüfen. Rechtsfragen und Umstände, die nicht Gegenstand und Grundlage des Bescheidungsurteils waren, sind in dem Klageverfahren gegen den Ausführungsbescheid zu überprüfen (vgl. im Hinblick auf die Vollstreckung nach § 201 SGG aus einem gerichtlichen Vergleich: Bayr. LSG, Beschluss vom 11.01.2016, Az. L 16 AS 251/15 B, juris, Rdnr. 23ff; VG Würzburg zu § 172 VwGO: Beschluss vom 04.11.2014, Az. W 1 V14.995, juris, Rdnr. 19; VG Meiningen, Beschluss vom 16.02.2016, Az. 2 V 399/15 Me, juris, Rdnr. 22)
Die Kostenentscheidung beruht auf § 197a Abs. 1 SGG i.V.m. § 154 Abs. 1 VwGO.
Als Streitwert war die Hälfte des von den Klägerinnen beantragten Zwangsgeldes festzusetzen (vgl. LSG Berlin-Brandenburg, Beschluss vom 12.12.2006, Az. L 7 B 124/03 KA, juris, Rdnr. 5f).
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