L 3 R 261/13

Land
Sachsen-Anhalt
Sozialgericht
LSG Sachsen-Anhalt
Sachgebiet
Rentenversicherung
Abteilung
3
1. Instanz
SG Magdeburg (SAN)
Aktenzeichen
S 42 R 1993/11 WA
Datum
2. Instanz
LSG Sachsen-Anhalt
Aktenzeichen
L 3 R 261/13
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Berufung wird zurückgewiesen.

Kosten sind nicht zu erstatten.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand:

Zwischen den Beteiligten ist die Auszahlung der der Klägerin dem Grunde nach zuerkannten Witwenrente streitig.

Die 1938 geborene Klägerin kam am 10. November 1996 aus K. in die Bundesrepublik Deutschland. Sie ist anerkannte Spätaussiedlerin nach § 4 des Gesetzes über die Angele-genheiten der Vertriebenen und Flüchtlinge (Bundesvertriebenengesetz - BVFG). Der Ehemann der Klägerin, N. B., geboren am ... 1937, verstarb bereits am 1993 in der Republik K ...

Auf den Antrag vom 3. Februar 1997 bewilligte die ehemalige Landesversicherungsanstalt Sachsen-Anhalt (im Weiteren: LVA), deren Rechtsnachfolgerin seit dem 1. Oktober 2005 die Beklagte ist, der Klägerin mit Bescheid vom 23. Juni 1998 vom 10. November 1996 bis zum 31. Juli 1998 eine große Witwenrente. Der großen Witwenrente legte sie 24,3984 Entgelt-punkte (EP) Ost zugrunde, die sämtlich auf anrechenbaren Zeiten nach dem Fremdrenten-gesetz (FRG) beruhten. Sie stellte fest, dass die große Witwenrente mit dem 31. Juli 1998 wegfällt. In der Anlage 6 zum Bescheid ist insoweit ausgeführt, dass für anrechenbare Zeiten nach dem FRG höchstens 25 EP der Rentenversicherung der Arbeiter und Angestellten zugrunde zu legen seien.

Mit Bescheid vom 12. Oktober 1998 gewährte die ehemalige Bundesversicherungsanstalt für Angestellte (im Weiteren: BfA) der Klägerin ab dem 1. August 1998 eine Altersrente für Frauen. In diese Rente wurden aus allen von der Klägerin geltend gemachten rentenrechtli-chen Zeiten im Herkunftsgebiet EP und damit mehr als 25,0000 persönliche EP (Ost) einbezogen (Anlage 6 zum Bescheid).

Mit Bescheid vom 12. Januar 1999 stellte daraufhin die LVA fest, die Voraussetzungen für die große Witwenrente seien ab dem 10. November 1996 erfüllt. Ein Anspruch auf Auszahlung bestehe jedoch ab dem 1. August 1998 nicht mehr. Zur Begründung führte sie aus: Die Klägerin erhalte seit dem 1. August 1998 von der BfA eine Versichertenrente, bei der bereits 25,0000 EP Berücksichtigung fänden. Nach § 22b FRG in der Fassung des Rentenreform-gesetzes, in Kraft ab dem 7. Mai 1996, würden für anrechenbare FRG-Zeiten für einen Berechtigten höchstens 25,0000 EP der Rentenversicherung der Arbeiter und Angestellten zugrunde gelegt. Ab dem 1. August 1998 seien gem. § 22b Satz 3 FRG daher keine EP aus der Witwenrente zu berücksichtigen.

Am 6. November 2001 beantragte die Klägerin die Überprüfung ihres Witwenrentenanspru-ches. Mit Bescheid vom 18. Dezember 2002 lehnte die LVA die Rücknahme des Rentenbe-scheides vom 23. Juni 1998 gemäß § 44 Zehntes Buch Sozialgesetzbuch (Sozialverwal-tungsverfahren und Sozialdatenschutz - SGB X) ab. Die Klägerin habe ihren gewöhnlichen Aufenthalt im Bundesgebiet am 10. November 1996 genommen und sei Spätaussiedlerin nach § 4 BVFG. Damit seien die im Herkunftsland zurückgelegten rentenrechtlichen Zeiten nach dem FRG zu beurteilen. Leistungen aus solchen Zeiten seien auf bestimmte Höchstbeträge zu begrenzen (§ 22b FRG). Diese Vorschrift sei für Berechtigte anzuwenden, die ihren gewöhnlichen Aufenthalt nach dem 6. Mai 1996 in der Bundesrepublik Deutschland genom-men hätten. Gemäß § 22b FRG dürfe ein Berechtigter nicht mehr als 25,0000 EP für nach dem FRG anrechenbare Zeiten erhalten. Zudem gelte dieser Höchstwert von 25,0000 EP für die FRG-Anteile aller Renten eines Berechtigten. Da die Klägerin bereits mit ihrer Altersrente den Höchstwert erreicht habe, blieben für die Witwenrente keine EP zur Zahlbarmachung der Rente. Abweichendes ergebe sich nicht aus dem Urteil 4. Senats des Bundessozialgerichts (BSG) vom 30. August 2001 (B 4 RA 118/00 R), da es sich dabei um eine Entscheidung in einem konkreten Einzelfall gehandelt habe.

Am 13. Mai 2004 beantragte die Klägerin, ihre "Witwenrente neu festzustellen und auszuzah-len" unter Bezugnahme auf die Urteile des 4. und 13. Senats des BSG in den Verfahren B 4 RA 118/00 R und B 13 RJ 44/03. Mit Bescheid vom 3. September 2004 lehnte die LVA die Rücknahme des Rentenbescheides vom 23. Juni 1998 in der Fassung der Bescheide vom 12. Januar 1999 und vom 18. Dezember 2002 gemäß § 44 SGB X ab. Zur Begründung führte sie - wie bereits im Überprüfungsbescheid vom 18. Dezember 2002 dargelegt - aus, dass die Klägerin bereits eine eigene Altersrente für Frauen von der BfA erhalte. In dieser Rente seien mehr als 25,0000 persönliche EP (Ost) berechnet. Nach § 22b Abs. 1 FRG habe eine Begrenzung auf 25,0000 EP zu erfolgen. Die Begrenzung auf 25,0000 EP für die FRG-Anteile gelte für alle Renten eines Berechtigten. Auch die Entscheidung des 13. Senates des BSG vom 11. März 2004 (B 13 RJ 44/03 R) betreffe nur einen konkreten Einzelfall. Eine Klarstellung der gesetzlichen Regelung zu § 22b Abs. 1 Satz 1 FRG sei durch Art. 9 Nr. 2 des am 26. Juli 2004 verkündeten Gesetzes zur Sicherung der nachhaltigen Finanzierungsgrundlagen der gesetzlichen Rentenversicherung (RV-Nachhaltigkeits-gesetz) erfolgt. Art. 15 Absatz 3 RV-Nachhaltigkeitsgesetz bestimme, dass der geänderte § 22b Absatz 1 Satz 1 FRG n.F. rückwirkend ab dem 7. Mai 1996 in Kraft gesetzt sei.

Hiergegen legte die Klägerin am 8. Oktober 2004 Widerspruch ein. Sie habe ausdrücklich die Auszahlung der Rente und nicht deren Neufeststellung beantragt. Die Witwenrente sei dem Grunde nach bewilligt worden, so dass die Weigerung der Auszahlung gemäß § 44 SGB X zurückzunehmen sei. Die Rente sei bereits vor Inkrafttreten des RV-Nachhaltigkeitsgesetzes geltend gemacht worden, so dass § 300 Sechstes Buch Sozialgesetzbuch (Gesetzliche Rentenversicherung - SGB VI) nicht anwendbar sei. Darüber hinaus berufe sie sich auf Vertrauensschutz. Die Bescheide würden die Klägerin in ihren Grundrechten nach Art. 3 und Art. 14 des Grundgesetz (GG) verletzen.

Die LVA wies den Widerspruch mit Widerspruchsbescheid vom 1. Februar 2005 zurück. Sie wiederholte und vertiefte die Ausführungen des Überprüfungsbescheides. Insbesondere könne nicht den Darlegungen zur Anwendung des § 300 SGB VI sowie zu dem In-Kraft-Treten des § 22b FRG n.F. gefolgt werden.

Gegen den am 2. Februar 2005 abgesandten Bescheid hat die Klägerin am 2. März 2005 bei dem Sozialgericht Stendal, das mit Wirkung vom 1. November 2010 in das Sozialgericht Magdeburg eingegliedert wurde, Klage erhoben und die Auszahlung der bewilligten Witwen-rente begehrt. Nachdem das Verfahren zunächst im Hinblick auf die Vorlagebeschlüsse des 13. Senates des BSG vom 29. August 2006 an das Bundesverfassungsgericht (BVerfG) zur Überprüfung der Verfassungsmäßigkeit des § 22b FRG geruht hat, hat die Klägerin nach der Entscheidung des BVerfG mit Beschluss vom 21. Juli 2010 (- 1 BvL 11/06, 1 BvL 12/06, 1 BvL 13/06, 1 BvR 2530/05 -, BVerfGE 126, 369-400 und sämtlich juris) an ihrem Begehren festgehalten.

Mit Gerichtsbescheid vom 3. Juni 2013 hat das Sozialgericht Magdeburg die Klage abgewie-sen. Durch das RV-Nachhaltigkeitsgesetz vom 21. Juli 2004 habe der Gesetzgeber § 22b Abs. 1 Satz 1 FRG dahingehend neu gefasst, dass für anrechenbare Zeiten nach diesem Gesetz für Renten aus eigener Versicherung und wegen Todes eines Berechtigten insgesamt höchstens 25,0000 EP der Rentenversicherung der Arbeiter und der Angestellten zugrunde gelegt würden. Diese Gesetzesänderung sei nach Art. 15 des RV-Nachhaltigkeitsgesetzes mit Wirkung vom 7. Mai 1996 in Kraft getreten. Dies sei darauf zurückzuführen, dass es sich nach der Vorstellung des Gesetzgebers - wie sich dies aus der Gesetzesbegründung ergebe - lediglich um eine Klarstellung des seit Mai 1996 geltenden Rechts gehandelt habe. Mit dieser neuen Gesetzesfassung hätten die angefochtenen Entscheidungen der Beklagten in Einklang gestanden.

Gegen den ihr am 11. Juni 2013 zugestellten Gerichtsbescheid hat die Klägerin am 24. Juni 2013 Berufung beim Sozialgericht Magdeburg eingelegt, das diese an das Landessozialgericht Sachsen-Anhalt weitergeleitet hat.

Die Klägerin trägt vor, im Bescheid vom 23. Juni 1998 sei der Anspruch auf Witwenrente dem Grunde nach bestandskräftig bewilligt worden. Eine Rechtsgrundlage dafür, dass diese nicht gezahlt worden sei, habe es nicht gegeben. Soweit eine Witwenrente bereits bestandskräftig berechnet worden sei, komme nach der Rechtsprechung des BVerfG eine rückwirkende Anwendung des § 22b FRG in der Fassung des RV-Nachhaltigkeitsgesetzes nicht in Betracht.

Die Klägerin beantragt sinngemäß,

den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Magdeburg vom 3. Juni 2013 und den Bescheid der Beklagten vom 3. September 2004 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 1. Februar 2005 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, den Bescheid vom 23. Juni 1998 in der Fassung der Bescheide vom 12. Januar 1999 und 18. Dezember 2002 teilweise zurückzunehmen und ihr die dem Grunde nach bewilligte Witwenrente ab dem 1. August 1998 auszuzahlen.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Sie hält das angefochtene Urteil und ihre Bescheide für rechtmäßig. Zu keiner Zeit seien im Witwenrentenbescheid EP festgestellt worden, die Grundlage für einen Zahlungsanspruch sein könnten. Vielmehr sei in der Anlage 6 des Witwenrentenbescheides dargestellt worden, dass sich aufgrund der bekannten FRG-Regelungen keine persönlichen EP ergäben.

Die Beteiligten haben sich übereinstimmend mit einer Entscheidung ohne mündliche Ver-handlung einverstanden erklärt.

Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den Inhalt der Gerichtsakte und der Verwaltungs-akte der Beklagten, die Gegenstand der Entscheidungsfindung des Senats gewesen sind, Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

Der Senat konnte durch Urteil ohne mündliche Verhandlung entscheiden, da die Beteiligten sich hiermit übereinstimmend einverstanden erklärt haben (§§ 153 Abs. 1, 124 Abs. 2 Sozialgerichtsgesetz (SGG)).

Die Berufung der Klägerin ist unbegründet. Zu Recht hat das Sozialgericht die Klage abge-wiesen. Die Klägerin hat keinen Anspruch auf Aufhebung des Bescheides vom 3. September 2004 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 1. Februar 2005. In dem angefoch-tenen Bescheid hat die Beklagte zu Recht abgelehnt, den Bescheid vom 23. Juni 1998 in der Fassung der Bescheide vom 12. Januar 1999 und vom 18. Dezember 2002 teilweise zurückzunehmen und der Klägerin Witwenrente zu zahlen. Die Höhe der eigenen Versi-chertenrente der Klägerin ist nicht Gegenstand dieses Rechtsstreits.

Nach § 44 Abs. 1 Satz 1 SGB X ist, soweit sich im Einzelfall ergibt, dass bei Erlass eines Verwaltungsaktes das Recht unrichtig angewandt oder von einem Sachverhalt ausgegangen worden ist, der sich als unrichtig erweist, und soweit deshalb Sozialleistungen zu Unrecht nicht erbracht oder Beiträge zu Unrecht erhoben worden sind, der Verwaltungsakt, auch nachdem er unanfechtbar geworden ist, mit Wirkung für die Vergangenheit zurückzunehmen. Diese Voraussetzungen liegen nicht vor.

Die LVA hat mit dem Bescheid vom 23. Juni 1998 den Anspruch auf große Witwenrente dem Grunde nach anerkannt und zugleich bestimmt, dass diese zum 31. Juli 1998 wegfällt. Einen Zahlbetrag hat sie ab dem 1. August 1998 für nicht gegeben erachtet, da die EP für anre-chenbare Zeiten nach dem FRG unter Berücksichtigung der eigenen Rente der Klägerin mit anrechenbaren Zeiten nach dem FRG begrenzt seien. Dies ist jedenfalls in dem hier maßge-benden Zeitpunkt der gerichtlichen Entscheidung über die Rechtmäßigkeit der Überprü-fungsentscheidung rechtmäßig. Denn für den Anspruch auf Erlass eines Zugunstenbescheides nach § 44 SGB X ist ebenso wie bei sonstigen kombinierten Anfechtungs- und Verpflich-tungsklagen der maßgebliche Zeitpunkt für die Frage, nach welchem Recht die Begründetheit des Anspruchs zu prüfen ist, grundsätzlich die letzte mündliche Verhandlung (vgl. BSG, Urteil vom 20. Juli 2011 - B 13 R 36/10 R -, juris Rn. 17).

§ 22b Abs. 1 Satz 1 FRG ist durch das RV-Nachhaltigkeitsgesetz vom 21. Juli 2004 rückwir-kend zum 7. Mai 1996 dahingehend klargestellt worden, dass für anrechenbare Zeiten nach dem FRG "für Renten aus eigener Versicherung und wegen Todes eines Berechtigten" insgesamt 25 EP zugrunde gelegt werden. Das BVerfG hat die ihm vom 13. Senat des BSG mit mehreren Vorlagebeschlüssen vom 29. August 2006 vorgelegte Frage, ob diese Neure-gelung gegen das Grundgesetz verstoße, verneint (Beschluss vom 21. Juli 2010, a.a.O.). Damit hat der erkennende Senat § 22b Abs. 1 Satz 1 FRG in der im Zeitpunkt der Entschei-dung geltenden Fassung anzuwenden. Folglich besteht kein Anspruch auf Rücknahme des Bescheides vom 3. September 2004, da jedenfalls Sozialleistungen nicht zu Unrecht vorenthalten worden sind. Denn im Zeitpunkt der Entscheidung des Senats entspricht der zur Überprüfung gestellte Bescheid vom 23. Juni 1998 der (zumindest nunmehr) geltenden materiellen Rechtsgrundlage.

Die EP aus der Altersrente (für Frauen) der Klägerin sind vorrangig zu berücksichtigen. Denn der Rentenartfaktor für persönliche EP bei dieser Rentenart (§ 33 Abs. 2 Nr. 6 SGB VI) ist mit 1,0 höher als der Rentenartfaktor bei der großen Witwenrente nach Ablauf des sog. Sterbevierteljahres gemäß § 67 Nr. 6 SGB VI in Höhe von 0,6 (ab 1. Januar 2002: 0,55). Da bei der Altersrente bereits - begrenzt - 25 EP für anrechenbare Zeiten nach dem FRG berücksichtigt worden sind, war damit die Höchstgrenze der nach § 22b Abs. 1 Satz 1 FRG in der hier anzuwendenden Fassung für ein Zusammentreffen von Renten aus eigener Versicherung und wegen Todes vorgesehenen EP erreicht. Folglich war für die große Witwenrente kein (zahlbarer) "Monatsbetrag der Rente" (§ 64 SGB VI) festzustellen. Im Ergebnis ist die Klägerin damit lediglich Inhaberin eines "leeren Rechts" auf Witwenrente und bleibt auf die Rente aus eigener Versicherung beschränkt (vgl. BSG, Urteil vom 20. Juli 2011 - B 13 R 41/10 R -, juris).

Schließlich führt die Auffassung der Klägerin, die rückwirkende Inkraftsetzung zum 7. Mai 1996 sei in diesem Fall mit dem Grundgesetz nicht vereinbar, weil die unbeschränkte Witwenrente bereits bestandskräftig gewährt worden sei, nicht zu einem anderen Ergebnis. Soweit die LVA mit Bescheid vom 23. Juni 1998 die große Witwenrente bewilligt hat, ist ausdrücklich ausgeführt, dass die Rente mit dem 31. Juli 1998 wegfällt. Die Auszahlung der großen Witwenrente über den 1. August 1998 (Beginn der eigenen Altersrente) hinaus ist gerade beschränkt.

Soweit die Klägerin vorträgt, sie sei in ihrem Grundrecht nach Art. 14 Abs. 1 Satz 1 GG verletzt, ist bereits in der Rechtsprechung des BVerfG geklärt, dass die Voraussetzungen für einen grundrechtlichen Eigentumsschutz bei allein durch das FRG begründeten Rentenan-sprüchen und -anwartschaften nicht vorliegen. Diese unterfallen nicht dem Schutz des Art. 14 Abs. 1 Satz 1 GG, wenn ihnen ausschließlich Beitrags- und Beschäftigungszeiten zugrunde liegen, die in den Herkunftsgebieten erbracht oder zurückgelegt worden sind, weil es insofern am Äquivalent einer nicht unerheblichen eigenen Leistung in eine bundesdeutsche Rentenversicherung fehlt (vgl. BVerfG, Nichtannahmebeschluss vom 3. Juli 2006 - 1 BvR 2383/04 -, juris).

Auch Art. 3 Abs. 3 GG ist nicht verletzt. Eine Diskriminierung wegen der Heimat oder der Herkunft der Fremdrentenberechtigten bewirkt die Neufassung von § 22b FRG nicht. Die rentenrechtliche Behandlung der von dieser Vorschrift erfassten Personen liegt darin begründet, dass sie ihre Versicherungsbiografie in einem anderen Land als der Bundesre-publik Deutschland zurückgelegt haben; ihre Beiträge sind anderen Versicherungsträgern, ihre Beschäftigung einem anderen Wirtschafts- und Sozialsystem zugutegekommen. Die unterschiedliche Behandlung ist daher allein in unterschiedlichen Versicherungsbiografien begründet und nicht in der Anwendung eines Merkmals, das im Sinne des Art. 3 Abs. 3 GG diskriminieren würde (vgl. BVerfG, Beschluss vom 21. Juli 2010 - a.a.O. -, juris, Rn. 85).

Eine Verletzung des Art. 3 Abs. 1 GG ist nicht ersichtlich. Wird durch eine Norm eine Gruppe von Normadressaten im Vergleich zu anderen Normadressaten verschieden behandelt, obwohl zwischen beiden Gruppen keine Unterschiede von solcher Art und solchem Gewicht bestehen, dass sie die ungleiche Behandlung rechtfertigen könnten, verletzt sie den allge-meinen Gleichheitssatz des Art. 3 Abs. 1 GG (vgl. BVerfG, Beschluss vom 2. Februar 1999 - 1 BvL 8/97 -, BVerfGE 100, 195 - 208 und juris). Art. 3 Abs. 1 GG gebietet, dass hinsichtlich der Ungleichbehandlung an ein sachlich gerechtfertigtes Unterscheidungsmerkmal angeknüpft wird. Je nach Regelungsgegenstand und Differenzierungsmerkmal ergeben sich aus dem allgemeinen Gleichheitssatz unterschiedliche Grenzen für den Gesetzgeber, die vom bloßen Willkürverbot bis zu einer strengen Bindung an Verhältnismäßigkeitsgrundsätze reichen. Auf dem Gebiet des Sozialrechts ist dem Gesetzgeber eine besonders weite Gestaltungsfreiheit zuzugestehen (vgl. BVerfG, Beschluss vom 12. Februar 1964 - 1 BvL 12/62 -, BVerfGE 17, 210 - 224, juris). Soweit die nach dem FRG Berechtigten oder deren Hinterbliebene anders behandelt werden als die Versicherten, die ihr Versicherungsleben in der Bundesrepublik Deutschland ohne das Beitrittsgebiet verbracht haben, ist die Ungleichbehandlung dadurch gerechtfertigt, dass sie im Gegensatz zu Letzteren keine eigenen Beiträge zur gesetzlichen Rentenversicherung geleistet haben. Sie werden zwar schlechter behandelt, soweit bei ihrer Rentenberechnung für ihre Arbeitsentgelte oder die ihrer verstorbenen Ehegatten nur bis zu 25 EP berücksichtigt werden. Der Umstand, dass die eine Personengruppe eigene Beiträge gezahlt hat, die andere Personengruppe aber nicht, rechtfertigt indessen die unterschiedliche Höhe der Leistungsgewährung. Die durch das FRG gewährte Begünstigung muss keine volle Gleichstellung mit denjenigen bewirken, die ein Versicherungsverhältnis zu einem Versicherungsträger in der Bundesrepublik Deutschland begründet hatten und haben (BVerfG, Beschluss vom 21. Juli 2010 - a.a.O. -, juris, Rn. 87).

Übergangsregelungen waren zur Umsetzung der Neufassung des § 22b Abs. 1 Satz 1 FRG nicht erforderlich (BSG, Urteil vom 20. Juli 2011 - B 13 R 40/10 -, juris, verweist auf Be-schlüsse des BSG vom 29. August 2006 - B 13 RJ 47/04 R - juris, Rdnr. 47 - 51; B 13 RJ 8/05 R - juris, Rdnr. 50 - 54; B 13 R 7/06 R - juris, Rdnr. 51 - 54). Aus Sicht des Gesetzgebers bestand hierfür von vornherein auch kein Bedarf, denn die zu § 22b Abs. 1 Satz 1 FRG a.F. ergangenen Verwaltungsakte der Rentenversicherungsträger entsprachen regelmäßig bereits - wie auch hier - der Neufassung dieser Vorschrift, weil sich die Träger der Rechtsprechung des BSG, wonach die Begrenzung auf insgesamt 25 EP in § 22b Abs. 1 Satz 1 FRG a.F. keine Anwendung finden sollte, wenn ein Begünstigter neben einem Anspruch auf Rente aus eigener Versicherung einen Anspruch auf Hinterbliebenenrente hatte, nicht angeschlossen hatten. Für die Ausnahme, dass im Einzelfall (aufgrund welcher Umstände auch immer) ein bindender begünstigender Verwaltungsakt (über die Zahlung von Hinterbliebenenrente) ergangen war, verwies die Begründung zum Gesetzentwurf auf die vertrauensschützenden Regelungen des SGB X (vgl. BTDrs. 15/2149 S. 32 zu Art. 3 Abs. 3 des Entwurfs).

Die Klägerin kann sich nicht auf die Regelung des § 300 Abs. 2 SGB VI berufen. Nach dem Grundsatz des § 300 Abs. 1 SGB VI sind die Vorschriften des SGB VI von ihrem Inkrafttreten an auf einen Anspruch oder einen Sachverhalt auch dann anzuwenden, wenn bereits vor diesem Zeitpunkt der Sachverhalt oder Anspruch bestanden hat. Als Ausnahme von diesem Grundsatz bestimmt § 300 Abs. 2 SGB VI, dass aufgehobene Vorschriften dieses Gesetz-buchs und durch dieses Gesetzbuch ersetzte Vorschriften auch nach dem Zeitpunkt ihrer Aufhebung noch auf den bis dahin bestehenden Anspruch anzuwenden sind, wenn der Anspruch bis zum Ablauf von drei Kalendermonaten nach der Aufhebung geltend gemacht wird. Der Witwenrentenanspruch der Klägerin ist erst mit deren Zuzug im November 1996 und damit nicht im Sinne von § 300 Abs. 1 SGB VI vor Inkrafttreten des § 22b Abs. 1 Satz 1 FRG n.F. am 7. Mai 1996 entstanden. Er hat mithin auch nicht im Sinne des § 300 Abs. 2 SGB VI vor der Aufhebung der früheren Gesetzesfassung bestanden. Die Verkündung des RV-Nachhaltigkeitsgesetzes im Juli 2004 ändert daran nichts. Im Verhältnis von § 300 Abs. 1 zu Abs. 2 SGB VI bezeichnet der Begriff "Aufhebung" in § 300 Abs. 2 SGB VI nicht den tatsächlichen Akt der Aufhebung im Sinne der Verkündung des Änderungsgesetzes, sondern den Zeitpunkt für das Außerkrafttreten des alten Rechts, wie er durch Gesetz ausdrücklich oder durch den Zeitpunkt bestimmt wird, zu dem altes Recht ersetzende neue Vorschriften im Sinne von Art. 82 Abs. 2 GG in Kraft treten (BSG, Urteil vom 19. Mai 2004 - B 13 RJ 46/03 R - BSGE 93, 15, Rdnr. 33).

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.

Anlass, die Revision zuzulassen, bestand nicht.
Rechtskraft
Aus
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