L 5 KR 491/16

Land
Nordrhein-Westfalen
Sozialgericht
LSG Nordrhein-Westfalen
Sachgebiet
Krankenversicherung
Abteilung
5
1. Instanz
SG Köln (NRW)
Aktenzeichen
S 16 KR 354/12
Datum
2. Instanz
LSG Nordrhein-Westfalen
Aktenzeichen
L 5 KR 491/16
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
B 3 KS 1/17 R
Datum
Kategorie
Urteil
Bemerkung
Rev. wird zurückgewiesen
Auf die Berufung der Klägerin wird das Urteil des Sozialgerichts Köln vom 18.12.2014 geändert. Die Beklagte wird unter Abänderung des Bescheids vom 10.8.2011 in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 20.04.2012 verpflichtet, die Bescheide vom 11.4.2008 und 9.4.2009 insoweit zurückzunehmen, als sie darin für die Jahre 2006-2007 Künstlersozialabgabe für die an Profi-Tänzer bzw. Profi-Eiskunstläufer der Formate "Let`s Dance" und "Dancing on Ice" gezahlten Honorare in Höhe von 22.225,50 Euro festgesetzt hat. Die Beklagte trägt die Kosten des Berufungsverfahrens. Sie trägt die Kosten des Klageverfahrens zu 1/7. Die Revision wird zugelassen. Der Streitwert wird auf 22.225,50 Euro festgesetzt.

Tatbestand:

Streitig ist im Rahmen eines Überprüfungsverfahrens nach § 44 Zehntes Buch Sozialgesetzbuch (SGB X), ob die Klägerin für die Jahre 2006-2007 für das Fernsehformat "Let`s Dance" hinsichtlich der für die professionellen Tänzer gezahlten Honorare i.H.v. 14.910,50 Euro und für das Format "Dancing on Ice" hinsichtlich der an professionelle Eiskunstläufer gezahlten Honorare i.H.v. 7.315,00 Euro der Abgabepflicht nach dem Künstlersozialversicherungsgesetz (KSVG) unterliegt.

Die Klägerin ist Rechtsnachfolgerin der H. Produktion für Film und Fernsehen GmbH. Diese produzierte 2006 und 2007 jeweils eine Staffel vom "Let`s Dance". In 2006 wurde einmalig die Variante "Dancing on Ice" produziert. Bei beiden Formaten handelte es sich um eine wöchentliche Live-Sendung.

Anhand der Anlage 2 des Kandidatenvertrags, des sog. "Regelwerks und Konzepts" (Stand: 1.2.2006), des Teilnehmervertrags (Stand 1.2.2006 und 10.8.2006) und des Inhalts der von der Klägerin zur Verfügung gestellten DVDs ist die Sendung "Let`s Dance" wie folgt konzipiert:

Acht bzw. zehn Tanzpaare, die jeweils aus einem Prominenten (z.B. die Staffelgewinner X. D., T. T1.) und einem erfolgreichen Profi-Turniertänzer der Bereiche Standard- und Lateinamerikanische Tänze (z.B. Staffelgewinner J. F. und D. Q.) bestehen, treten in einen Tanzwettbewerb. Dieser wurde in den ersten beiden Staffeln durch Nazan Eckes und Hape Kerkeling moderiert. In jeder Sendung führen die Paare jeweils im Wechsel entweder einen neuen (ab der 4.Sendung noch einen zusätzlichen) Standardtanz (Tango, Quick-Step, Langsamer Walzer, Wiener Walzer, Foxtrott) oder lateinamerikanischen Tanz (Cha-Cha-Cha, Rumba, Jive, Paso doble, Samba) 90 Sekunden in entsprechender Kostümierung vor. Während des Tanzes wird entweder das Paar oder der prominente Tanzpartner in Nahaufnahme gezeigt. In jeder Show tanzt eine Hälfte der Paare einen Standardtanz, die andere Hälfte einen lateinamerikanischen Tanz. Die Zusammenstellung der Paare und die Auswahl der Tänze und der Musiktitel für die jeweilige Sendung erfolgt durch die Redaktion. Nach den "Allgemeinen Spielregeln für Profi-Tänzer" entwickelt dieser die Choreografie und das Trainingskonzept in freier künstlerischer Tätigkeit. Die Musik wird live von der Pepe Lienhard Band gespielt. Zu Beginn der Sendung treten alle Paare in ihren Kostümen auf das Parkett. Die Moderatoren und die Prominenten werden vorgestellt. Vor dem Aufritt des einzelnen Paares werden Ausschnitte des Trainings sowie kleine Interviews mit den beiden Tanzpartnern eingespielt, in denen das Paar über seine Erfahrungen ("Füße tun weh") und Erwartungen ("Ich will gewinnen") berichtet. Dabei stellt sich der Profi-Tänzer, bei dem nur dessen beruflicher Status eingeblendet wird (z.B. "Dreimal Deutscher Meister") kurz vor und beschreibt seinen Tanzstil (z.B. "Ich bin eine feurige Tänzerin", "Ich habe einen männlichen Tanzstil"). Diese Sequenz dauert ca. 21 Sekunden; beim Prominenten 43 Sekunden. Am Ende jeder Darbietung bewerten die Jurymitglieder, die aus zumeist aus Profi-Tänzern oder Wertungsrichtern (in der ersten und zweiten Staffel: Joachim Llambi, Michael Hall, Markus Schöffl und Katharina Witt bzw. Dieter Bohlen) bestehen, den in der Sendung vorgeführten Tanz in Anwesenheit des Paares durch mündliche Kommentare. Danach geht das Paar hinter die Bühne und wird von der Moderation nach ihren Eindrücken befragt. Erst dann gibt jedes Jurymitglied mittels eines Paddels eine Wertung zwischen 1 und 10 für das Paar ab (maximal 40 Punkte). Die Bewertung orientiert sich nach der für den Turniertanzsport geltenden Turnier- und Sportverordnung des Deutschen Tanzsportverbandes e.V. (DTV), die u.a. auf die international gültigen Regeln der "The Ballroom Technique, The Imperial Society - ISTD London" verweist. Die Reaktion des Paares auf die Wertung wird backstage eingeblendet. Danach haben die Zuschauer während der Sendung Gelegenheit, für ihr Lieblingspaar per Telefon oder SMS abzustimmen. Nachdem alle Paare getanzt haben, wird durch Addition der Jurypunkte und Zuschauermeldungen eine Rangliste der Paare von 1 bis 8 (bzw. 10) gebildet. Das Paar mit dem niedrigsten Listenplatz (bei Gleichstand das mit der niedrigeren Zuschauerwertung) scheidet aus und die verbliebenen Paare treten bei der nächsten Sendung wieder gegeneinander an. Sieben der acht (bzw. neun der zehn) Sendungen dauern 60 Minuten; das Finale umfasst einen Zeitraum von 90 Minuten, da hier von den Finalisten jeweils ein Standardtanz, ein lateinamerikanischer Tanz und ein Freestyle-Tanz gezeigt werden. Beim Finale sind auch die in den vorherigen Sendungen ausgeschiedenen Teilnehmer noch einmal anwesend, die 60 Sekunden lang ihren Lieblingstanz vorführen. Der Profi-Tänzer ist pro Show ca. 4 Minuten und 30 Sekunden auf dem Bildschirm zu sehen, davon beziehen sich im Schnitt 3 Minuten und 30 Sekunden auf das reine Tanzen.

Mit den Profi-Tänzern schloss die H. Produktion für Film und Fernsehen GmbH Kandidatenverträge, die die Klägerin beispielhaft (Stand 1.2.2006 und 10.8.2006) zu den Akten gereicht hat. Darin verpflichtet sich der Kandidat in § 1.1, an der Produktion sowie den Vor- und Nachbereitungen als Choreograph und Tanzpartner des Prominenten mitzuwirken und erklärt sich mit dem Konzept der Produktion einverstanden. Der Kandidat ist danach ein nicht weisungsgebundener, selbständiger Gestalter des redaktionellen Geschehens innerhalb der Produktion und die Erfüllung des Vertrags liegt in der Ausgestaltung des ihm gegebenen Handlungsfreiraums. Im Vordergrund der Mitwirkung steht der Wettbewerb. Der Kandidat stellt sich nach § 2 für mindestens 45 Stunden für Tanztraining, einen Drehtag für den Porträtfilm und 2-3 Drehtage für "Tanzerklärungsfilme" während der Vorbereitungszeit zur Verfügung, desweiteren für die acht (bzw. zehn) Showtage sowie für 3 Show-Probetage. Desweiteren verpflichtet er sich, der Produktion während des gesamten Vertragszeitraums nach terminlicher Absprache zur Verfügung zu stehen, andere Verpflichtungen in diesem Zeitraum anzuzeigen und dafür zu sorgen, dass diese die von ihm vertraglich zu erbringenden Leistungen nicht beeinträchtigen. § 2.9 bestimmt, dass dem Kandidaten Trainingskleidung und Kostüme von der Produktion zur Verfügung gestellt werden und danach dort verbleiben. Für seine Teilnahme, die Rechteeinräumung nach § 4 und die Exklusivitätsverpflichtung nach § 8 des Vertrags erhält der Kandidat nach § 3.1.1 eine Aufwandsentschädigung i.H.v. 10.000,- Euro (Vertrag vom 1.2.2006; nach den Angaben der Klägerin betrug die durchschnittliche Vergütung der Profi-Tänzer in der ersten Staffel 10.000 Euro und in der zweiten Staffel 13.950,- Euro). Diese erhöht sich um weitere 1.500,- Euro, falls der Profi-Tänzer an den Shows 3-7 teilnimmt. Der Betrag wird nach Rechnungsstellung durch den Teilnehmer, die den Anforderungen des Umsatzsteuergesetzes genügen muss, in drei Raten gezahlt. Nach § 5 werden Reisekosten unter bestimmten Voraussetzungen übernommen. Gemäß § 9 hat der Teilnehmer wegen des zu erwartenden Medieninteresses in bestimmten Umfang für Marketing- und Promotionmaßnahmen zur Verfügung zu stehen. Die Prominenten erhielten in der ersten Staffel durchschnittlich eine Vergütung von 42.687,50 Euro, in der zweiten Staffel i.H.v. 50.200,- Euro.

Nach dem Teilnehmervertrag für professionelle Eistänzer (Stand 10.8.2006) und den "Spielregeln und Konzept" (Stand 10.8.2010) sowie den DVDs verläuft das Format "Dancing on Ice" genauso wie "Let´s Dance". Der wesentliche Unterschied besteht darin, dass die Paare Eistänze (z.B. Bolero) auf einer Eisfläche vorführen. Die Küren müssen bestimmte feststehende Figuren des Eistanzsports nach der "International Skating Union Communication" enthalten (z.B. "Durchzieher", "gerollter Aufgang" etc.), deren Ausführung mit in die Bewertung einfließt. Die fünf Jurymitglieder wenden bei ihrer Bewertung das Benotungssytem der Olympischen Spiele an. Das Training der aus einem Promi und einem Profi-Eiskunstläufer bestehenden Paare wird von einem Trainerteam (M.T2. und K. H1.) begleitet, welches berät und motiviert. Die Aufwandsentschädigung für die Profieiskunstläufer beträgt nach der Aufstellung der Klägerin im Schnitt 12.000,- (im vorgelegten Vertrag vom 10.8.2010: 9.500,- Euro). Die Prominenten erhielten im Schnitt eine Vergütung von 47.580,- Euro.

Die Beklagte setzte anhand der Entgeltmeldungen der H. Produktion für Film und Fernsehen GmbH für alle von ihr produzierten Formate Künstlersozialabgabe (KSA) für die Jahre 2005-2007 mit Bescheid vom 11.4.2008 auf insgesamt 588.673,21 Euro und mit Bescheid vom 9.4.2009 u.a. für das Jahr 2008 auf insgesamt 322.554,46 Euro fest. Die H. Produktion für Film und Fernsehen GmbH zahlte die festgesetzte KSA ohne Anerkennung einer Rechtspflicht. Auf die beiden streitgegenständlichen Formate entfiel dabei in den Jahren 2006-2007 für die an Profi-Tänzer und Profi-Eiskunstläufer gezahlte Vergütungen eine KSA i.H.v. insgesamt 22.225,50 Euro.

Die H. Produktion für Film und Fernsehen GmbH stellte am 27.8.2009 hinsichtlich der Bescheide vom 11.4.2008 und 9.4.2009 einen Antrag nach § 44 SGB X. Mit Schreiben vom 5.10.2009 teilte die Beklagte mit, zunächst den Ausgang des vor dem Bundessozialgericht (BSG) anhängigen Verfahrens B 3 KS 4/08 R abwarten zu wollen. Eine verbindliche Entscheidung werde man anschließend treffen.

Mit Schreiben vom 22.3.2011 bat die H. Produktion für Film und Fernsehen GmbH die Beklagte um Überprüfung der Abgabepflicht nach dem KSVG für die Jahre 2006 -2009 und übersandte für diese Jahre ihrer Ansicht nach zutreffende Korrekturmeldungen sowie eine die zurückgeforderten Beiträge den jeweiligen Sendeformaten zugeordnende Liste, in der die Formate "Let´s Dance" und "Dancing on Ice" enthalten waren. Die Kandidaten und Profi-Tänzer des Formats "Let`s Dance" unterlägen nicht der KSA-Abgabepflicht. Die Profi-Tänzer tanzten in der Sendung nicht im Sinne der darstellenden Kunst, sondern in Form eines sportlichen Wettkampfes. Ziel der Sendung sei es, dass beste Tanzbar zu prämieren. Der Beurteilung und Punktevergabe liege ein Regelwerk zu Grunde, welches mit dem des DTV bzw. des ADTV (Allgemeiner Deutscher Tanzlehrerverband) zu vergleichen sei.

Mit Bescheid vom 10.08.2011 lehnte die Beklagte die Aufhebung der Bescheide vom 11.04.2008 und 9.4.2009 nach § 44 SGB X und die begehrte Neufestsetzung anhand der Korrekturmeldungen und der Darstellungen der Klägerin ab. Zu dem Unterhaltungsformat "Let`s Dance" führte sie aus, dass die im Rahmen einer dem Factual-Entertainment zuzuordnenden Sendung erbrachten tänzerischen Leistungen maßgeblich zur Unterhaltung beitrügen. Die Kandidaten seien vertraglich zur Erbringung eigenschöpferischer Leistungen verpflichtet und fungierten als weisungsabhängige selbstständige Gestalter des redaktionellen Geschehens innerhalb der Produktion. Diese Aufgabe korrespondiere mit der beachtlichen Höhe der durchschnittlich ausgekehrten Honorare im mittleren fünfstelligen Bereich. Im Übrigen gehe die Klägerin selbst davon aus, dass es sich bei der Tätigkeit der Profi-Tänzer um eine künstlerische handelnde, wie sich aus ihrem Fax vom 08.05.2009 (gemeint wohl: Fax vom 15.7.2009) ergebe, in dem sie erklärt habe, dass die Profi-Tänzer klassisch KSV-abgabepflichtig seien. Den Widerspruch der H. Produktion für Film und Fernsehen GmbH wies die Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 20.4.2012 zurück.

Die die Festsetzung der KSA für die Jahre 2009 und 2010 betreffenden Widerspruchsverfahren ruhen im Blick auf die anhängigen gerichtlichen Verfahren. Mit Bescheid vom 19.03.2012 erhöhte die Beklagte gem. § 27 Abs. 1a KSVG die Honorarsumme für 2007 von 4.944.719,- auf 5.002.960,- EUR und nahm den Abrechnungsbescheid vom 11.4.2008 insoweit zurück.

Mit ihrer gegen den Widerspruchsbescheid vom 20.4.2012 am 22.5.2012 erhobenen Klage hat die Klägerin geltend gemacht, die Beklagte habe in den Jahren 2006-2008 für mehrere Formate zu Unrecht KSA vereinnahmt. Weder die Leistungen der Kandidaten noch die der professionellen Tänzer seien künstlerische Leistungen. Dies gelte sowohl für "Let´s Dance" als auch für "Dancing on Ice". Zwar sei Tanz grundsätzlich eine anerkannte Form der darstellenden Kunst. Dies gelte jedoch nicht, wenn - wie hier - ein sportlicher Wettkampf ausgetragen werde. Die konkrete Tätigkeit der professionellen Tänzer, die schwerpunktmäßig Sportler seien, sei daher auf die Teilnahme an einem sportlichen Wettkampf begrenzt. Aus dem Urteil des BSG vom 07.12.2006 (B 3 KR 2/06) ergebe sich, dass künstlerische von sportlicher Tätigkeit abzugrenzen sei und KSA nur dann anfalle, wenn die künstlerische Leistung den Schwerpunkt bilde. Die Höhe des gezahlten Honorars sei vor dem Hintergrund erklärlich, dass damit auch der erhebliche Trainingsaufwand zur Vorbereitung jeder Sendung (vier Wochen mit je zwei wöchentlichen Trainingseinheiten von je 90 Minuten) abgegolten werde. Allein schon die Erforderlichkeit des intensiven Trainings und die Bewertung anhand eines mit dem Tanzwettkampfsport vergleichbaren Regelwerks zeigten, dass es sich um einen sportlichen Wettkampf handele. Dies werde auch für den Zuschauer deutlich, dem der Trainingsprozess eines jeden Paares kurz gezeigt werde. Es sei rechtswidrig, alle Teilnehmer eines dem Factual Entertainment zuzurechnenden Sendeformats automatisch und ohne Einzelfallprüfung dem Anwendungsbereich des KSVG zu unterwerfen. Denn das BSG habe in seinem Urteil vom 18.08.1997 (3 RK 13/96) ausgeführt, dass die eigenschöpferische Leistung im Einzelfall festzustellen sei und Praktikabilitätserwägungen der Beklagten hinsichtlich der Abgabenerhebung nicht entscheidend seien, da die zu treffende Unterscheidung keine unzumutbaren Schwierigkeiten beinhalte. In seiner Entscheidung vom 1.10.2009 (B 3 KS 4/08 R), welche sich ausschließlich auf die prominenten Jurymitglieder der Casting-Show "Deutschland sucht den Superstar" (DSDS) bezogen habe, habe das BSG die Abgabepflicht damit begründet, dass die Jurymitglieder selbstständige Künstler oder Publizisten seien und die durch sie erbrachte Leistung als künstlerische anzuerkennen sei, da sie vertraglich zur eigenständigen Textgestaltung berechtigt und verpflichtet gewesen seien und ihre eigenschöpferischen Statements für den auf die Zielgruppe zugeschnittenen Unterhaltungswert gesorgt hätten. Dies sei bei den in einem Wettkampf auftretenden Berufssportlern nicht der Fall.

Die Klägerin hat schriftsätzlich beantragt,

den Bescheid der Beklagten vom 10.08.2011 in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 20.04.2012 - zugestellt am 24.04.2012 - aufzuheben,

die Beklagte zu verurteilen, einen Betrag i.H.v. 296.971,82 EUR überzahlter Künstlersozialabgabe für die Jahre 2006, 2007 und 2008 nebst 5 % Zinsen über dem Basiszinssatz hierauf seit dem 30.04.2012 zu erstatten,

hilfsweise die Beklagte zu verurteilen, einen Betrag i.H.v. 296.971,82 EUR gezahlter Künstlersozialabgabe für die Jahre 2006, 2007 und 2008 nebst 5 % Zinsen über dem Basiszinssatz hierauf seit dem 30.04.2012 mit Zustimmung der Klägerin auf laufende Künstlersozialabgabe oder Vorauszahlungen zu verrechnen,

hilfsweise,

a) festzustellen, dass die Beklagte verpflichtet ist, ihr gegenüber einen Aufhebungsbescheid nach §§ 44 SGB X, 33 Abs. 1 KSVG bezüglich der bereits gezahlten Künstlersozialversicherung für die Jahre 2006, 2007 und 2008 in Höhe von insgesamt 296.971,82 EUR zu erlassen,

b) festzustellen, dass die Beklagte ein Betrag in Höhe von insgesamt 296.971,82 EUR überzahlter Künstlersozialabgabe für die Jahre 2006, 2007 und 2008 nebst 5 % Zinsen über dem Basiszinssatz hierauf seit dem 30.04.2012 an sie zu erstatten hat.

Die Beklagte hat beantragt,

die Klage abzuweisen.

Die Beklagte hat die Ansicht vertreten, der Bescheid vom 19.03.2012 sei nach § 96 Abs. 2 Sozialgerichtsgesetz (SGG) Gegenstand des Rechtsstreits geworden. Materiell-rechtlich hat sie auf die Ausführungen im Verwaltungsverfahren Bezug genommen. Factual Entertainment gehöre zur Unterhaltungskunst und zeichne sich durch die Darstellung und Inszenierung menschlicher Schicksale und einer Mischung aus Unterhaltung mit Informationen aus, die beim Zuschauer ein Konglomerat aus Befangenheit und Genuss erzeuge. Dazu gehörten nach der Rechtsprechung des BSG auch Gerichtsshows und das Reality-TV. Auf die Gestaltungshöhe komme es dabei ebenso wenig an wie auf die Frage, ob die Honorare für eine künstlerische oder publizistische Tätigkeit gezahlt worden seien oder ob die Mitwirkendenden prominent seien. Ausgenommen hiervon seien einzig und allein Entgelte an Mitwirkende, die - wie bei einer Talk-Show - nur einmal oder zufällig mitwirkten.

Das Sozialgericht hat die Klage mit Urteil vom 18.12.2014 abgewiesen. Da sich die Beklagte im angefochtenen Bescheid vom 10.08.2011 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 20.4.2012 nur mit den Formaten "Let’s dance", "Ich bin ein Star - Holt mich hier raus!", "Das perfekte Dinner/Das perfekte Promi-Dinner", "Kocharena/ Kocharena - das Promi Special" und "Unter Volldampf" beschäftigt habe, seien nur diese Formate für die Beitragsjahre 2006-2008 Streitgegenstand. Der Bescheid vom 19.03.2012 sei nicht Gegenstand des Klageverfahrens, da sich § 96 SGG nur auf Bescheide beziehe, die nach Erlass des Widerspruchsbescheids ergangen seien. Er sei auch nicht nach § 86 SGG Gegenstand des Widerspruchsbescheids vom 20.04.2012 geworden, da er den Bescheid vom 10.08.2011 nicht abgeändert habe. Die Klägerin habe keinen Anspruch auf Rücknahme der Bescheide vom 11.04.2008 und 9.2.2009, da diese rechtmäßig seien. Aus der Entscheidung des BSG vom 01.10.2009 ergebe sich im Umkehrschluss, dass alle Mitwirkenden eines Factual Entertainment Unterhaltungsformats der Unterhaltungskunst zuzuordnen seien. Das BSG habe zu dem Format "Ich bin ein Star - Holt mich hier raus!" bereits explizit entschieden, dass es sich um Factual Entertainment handele und die an die Kandidaten geleisteten Honorare der Abgabepflicht unterlägen (BSG, Urteil vom 2.4.2014 - B 3 KS 3/12 -). Für die anderen streitigen Formate gelte nichts anderes.

Das ihr am 9.1.2015 zugestellte Urteil hat die Klägerin mit ihrer am 9.2.2015 eingelegten Berufung (nur) hinsichtlich der für die nicht-prominenten Mitwirkenden für 2006-2008 für die Formate "Das perfekte Dinner", "Kocharena", "Unter Volldampf", "Let’s Dance" und "Dancing on Ice" gezahlten KSA i.H.v. 61.165,89 EUR angegriffen. Das SG habe nicht geprüft, ob die vom BSG in seiner Entscheidung vom 2.4.2014 getroffene Feststellung, dass die Teilnahme "mehr oder weniger prominenter Personen" eine künstlerische Leistung im Sinne des § 25 KSVG darstelle, auf die hier streitigen Einzelfälle übertragbar sei. Denn es sei gerade nicht so, dass das BSG grundsätzlich bei allen Teilnehmern eines dem Factual Entertainment zuzuordnen Formats von einer Abgabepflicht nach dem KSVG ausgehe. Bei "Let`s Dance" und "Dancing on Ice" seien nur noch die an die Profi-Tänzer bzw. Profi-Eiskunstläufer gezahlten Entgelte streitig. Im Vordergrund der Formate stehe ein ganz normales Sportturnier und nicht die Darstellung von Kunst. Der von der Beklagten angestrengte Vergleich mit Aufführungen in Opern, Operetten oder Musicals sei vermessen und widerspreche der Verkehrsauffassung. Mangels Vergleichbarkeit einer TV-Show mit einer Theaterbühne sei entscheidend auf die Tanzdisziplin abzustellen. Bei Standard und lateinamerikanischen Tänzen, die der DTV als Breitensport qualifiziere, handele es sich nicht um künstlerische, mit dem Ballett vergleichbare Tänze. Daher könne der in ihrem Format gezeigte Wettbewerb durchaus mit dem sportlichen Charakter eines Fußballspiels verglichen werden. Auch bei der Fernsehübertragung anderer Tanzturniere gebe es Hintergrundinformationen über die Tänzer und das Training. Lege man die Rechtsauffassung der Beklagten zugrunde, so müsse auch die Übertragung olympischer Wettbewerbe im Eistanzen KSA-abgabepflichtig sein. Zudem liege das Hauptaugenmerk des Publikums auf dem prominenten Tanzpartner. Die Anwesenheit des Profi-Tänzers erschöpfe sich im Wesentlichen im Tanzen selbst. Der Unterhaltungswert gehe von dem prominenten Kandidaten aus, der aber ohne einen professionellen Tänzer an seiner Seite nicht in der Lage sei, zu tanzen. Das Publikum wolle einzig und allein die sportlichen Erfolge oder Misserfolge der prominenten Kandidaten sehen, so dass die Transprofis genauso gut durch Roboter oder Sportgeräte ersetzt werden könnten, ohne dass Unterhaltungswert verloren gehe. Allein der Umstand, dass die Profi-Tänzer für das Training und die Choreografie verantwortlich seien, mache aus ihnen keine Künstler, da diese Aktivitäten - wie bei allen Turniertänzern - rein sportlicher Natur seien. Mangels inhaltlicher Vorgaben zu Rede- und Textbeiträgen der professionellen Tänzer seien jene ausschließlich in ihrer Funktion als Tanzsportler und Tanztrainer tätig. Der künstlerische Charakter einer Mitwirkung als Akteur müsse vielmehr der Mitwirkung selbst entspringen. Einen solchen Charakter hätten das Tanzen, das Training und das Erarbeiten der Choreografie nicht. Die professionellen Tänzer hätten auch keinen Prominentenstatus, der beim Factual Entertainment für die Bewertung einer Leistung als künstlerische entscheidend sein könne.

Die Klägerin beantragt,

das Urteil des SG Köln vom 18.12.2014 abzuändern, den Bescheid der Beklagten vom 10.08.2011 in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 20.04.2012 abzuändern und die Beklagte zu verpflichten, die Bescheide vom 11.4.2008 und 9.4.2009 insoweit zurückzunehmen, als sie darin für die Jahre 2006 bis 2007 Künstlersozialabgabe für die an die Profi-Tänzer und Profi-Eiskunstläufer der Formate "Let´s Dance" und "Dancing on Ice" gezahlten Honorare i.H.v. 22.225,50 EUR festgesetzt hat.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Die Beklagte verweist auf das erstinstanzliche Urteil und betont, dass entscheidend sei, dass die nicht-prominenten Mitwirkenden ebenso wie die Profis untrennbarer Bestandteil des neuartigen Formats von Unterhaltungskunst seien. Nach der höchstrichterlichen Rechtsprechung sei der Begriff der Unterhaltungskunst weit zu fassen, ohne dass es dabei auf die Bekanntheit der Teilnehmer ankomme. Eine Ausnahme könne nur dann gelten, wenn eine Person nur einmalig mitwirke und sich nicht wochenlang auf ihren Auftritt vorbereite. Dies sei bei "Let`s Dance" und "Dancing on Ice" gerade nicht der Fall. Es handele sich keineswegs um ein normales Tanzturnier und das Wirken der professionellen Tänzer erschöpfe sich nicht im Tanzen selbst. Vielmehr seien diese für das Training und die Choreografie verantwortlich und trügen damit mindestens ebenso wie die prominenten Kandidaten zum Erfolg der Unterhaltungsshow bei. Im Hinblick auf die Entscheidung des BSG vom 7.12.2006 sei auszuführen, dass es für die Einstufung von Tanzauftritten als künstlerische Leistung in erster Linie nicht darauf ankomme, welche Tänze man aufführe, sondern vielmehr in welchem Rahmen dies geschehe. Handele es sich um Aufführungen in Opern, Operetten oder Musicals unterfielen diese ebenso dem KSVG wie Aufführungen im Rahmen von TV-Unterhaltungsshows.

Der Senat hat die im Berufungsverfahren noch streitigen fünf Formate mit Beschluss vom 28.6.2016 getrennt. Neben den hier streitigen Formaten "Let`s Dance" und "Dancing on Ice" wurde das Verfahren betreffend des Formats "Unter Volldampf" unter dem Az.: L 5 KR 490/16 (Urteil vom 18.8.2016), des Formats "Kocharena" unter dem Az.: L 5 KR 489/16 und des Formats "Das perfekte Dinner" unter dem Az.: L 5 KR 72/15 (Urteil vom 27.10.2016) fortgeführt.

Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstands wird auf die Verwaltungsakten der Beklagten, die Gerichtsakten sowie die von der Klägerin zur Verfügung gestellten DVDs, deren Inhalt der gesamte Senat zur Kenntnis genommen hat und die Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen sind, Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

Die Berufung ist zulässig und begründet.

Streitgegenstand ist im Rahmen eines Verfahrens nach § 44 SGB X nur noch, ob die Beklagte in den Bescheiden vom 11.4.2008 und 9.4.2009 zu Recht für die Jahre 2006 bis 2007 KSA für die an die bei "Let`s Dance" und "Dancing on Ice" teilnehmenden Profi-Tänzer bzw. Profi-Eiskunstläufer gezahlten Honorare festgesetzt hat. Zwischen den Beteiligten ist angesichts der Erklärung in der mündlichen Verhandlung unstreitig, dass auch das Format "Dancing on Ice" Gegenstand des Verwaltungs- und Widerspruchsverfahrens gewesen ist. Dies ergibt sich auch aus dem Umstand, dass die Klägerin in der ihrem Antrag vom 22.3.2011 beigefügten Aufstellung ausdrücklich das Format "Dancing on Ice" aufführt, worauf die Beklagte in ihrem Bescheid vom 10.8.2011 ausdrücklich Bezug nimmt.

Die während des Rechtsstreits für weitere Jahre (bis heute) ergangenen Abrechnungsbescheide sind nicht Streitgegenstand geworden, weil die Voraussetzungen des § 96 SGG bei während des Rechtsstreits erlassenen Abrechnungsbescheiden nach dem KSVG für spätere Zeiträume nicht erfüllt sind (BSG, Urteil vom 12.11.2003 -B 3 KR 10/03 R -, SozR 4-5425 § 24 Nr. 3, SozR 4-5425 § 2 Nr. 2, SozR 4-5425 § 25 Nr. 2 BSG SozR 3-5425 § 24 Nr. 17 sowie § 25 Nr. 11 und 13). Nach dem Berufungsantrag ist auch die Festsetzung für die Zeit ab 2010 (2008 und 2009 gab es keine Staffeln) nicht mehr Streitgegenstand.

Der Änderungsbescheid vom 19.3.2012, mit dem die Beklagte nach § 27 Abs. 1a KSVG die Honorarsumme für 2007 von 4.944.719,- auf 5.002.960,- EUR erhöht hat, ist ebenfalls nicht Gegenstand des Gerichtsverfahrens geworden. Durch diesen Bescheid wurde zwar der Bescheid vom 11.4.2008, dessen Änderung die Klägerin nach § 44 SGB X im Sinne des § 96 Abs. 1 SGG begehrt, ersetzt, nicht jedoch der Bescheid vom 11.8.2011 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 20.4.2012, mit dem der Überprüfungsantrag bezüglich der Bescheide vom 11.4.2008 und 9.4.2009 abgelehnt wurde. Hat die Behörde einen Antrag auf Rücknahme des Ausgangsverwaltungsaktes nach § 44 SGB X abgelehnt, so wird ein Verwaltungsakt, der den Ausgangsverwaltungsakt für spätere Zeiträume abändert oder ersetzt, nicht gemäß §§ 86 oder 96 SGG Gegenstand des Verfahrens, da sich bei der Entscheidung über die Rücknahme nach § 44 SGB X die Rechtswidrigkeit nach der damaligen Sach- und Rechtslage aus der Sicht im Zeitpunkt der Überprüfungsentscheidung beurteilt. Spätere Entwicklungen der Sach- und Rechtslage, die die Zeit nach Erlass des Ausgangsverwaltungsaktes betreffen, sind dabei nicht von Belang. Andernfalls bezöge man auf diesem Wege die Prüfung der Sach- und Rechtslage für spätere Zeiträume in die Überprüfung nach § 44 SGB X ein, obwohl dafür ausschließlich das Verfahren nach § 48 SGB X vorgesehen ist (so auch LSG Bayern, Urteil vom 30.9.2015 - L 2 P 22/13 -).

Das Sozialgericht hat die Klage zu Unrecht mit Urteil vom 18.12.2014 abgewiesen. Die Beklagte hat in den Bescheiden vom 11.4.2008 und 9.4.2009 zu Unrecht KSA für die an "Let´s Dance" und "Dancing on Ice" teilnehmenden Profi-Tänzer und Profi-Eiskunstläufer für die Jahre 2006 bis 2007 festgesetzt.

Nach § 44 Abs. 1 SGB X ist der Verwaltungsakt, auch nachdem er unanfechtbar geworden ist, mit Wirkung für die Vergangenheit zurückzunehmen, soweit sich im Einzelfall ergibt, dass bei Erlass eines Verwaltungsaktes das Recht unrichtig angewandt oder von einem Sachverhalt ausgegangen worden ist, der sich als unrichtig erweist, und soweit deshalb Sozialleistungen zu Unrecht nicht erbracht oder Beiträge zu Unrecht erhoben worden sind.

Bemessungsgrundlage der Künstlersozialabgabe sind nach § 25 Abs. 1 KSVG die Entgelte für künstlerische oder publizistische Werke oder Leistungen, die ein nach § 24 Abs. 1 KSVG zur Abgabe Verpflichteter im Rahmen der dort aufgeführten Tätigkeiten im Laufe eines Kalenderjahres an selbständige Künstler oder Publizisten zahlt, auch wenn diese selbst nach diesem Gesetz nicht versicherungspflichtig sind. Bemessungsgrundlage sind auch die Entgelte, die ein nicht abgabepflichtiger Dritter für künstlerische oder publizistische Werke oder Leistungen zahlt, die für einen zur Abgabe Verpflichteten erbracht werden. Nach Abs. 2 ist Entgelt im Sinne des Absatzes 1 alles, was der zur Abgabe Verpflichtete aufwendet, um das Werk oder die Leistung zu erhalten oder zu nutzen, abzüglich der in einer Rechnung oder Gutschrift gesondert ausgewiesenen Umsatzsteuer. Die Erhebung der Künstlersozialabgabe erfolgt in einem zweistufigen Verfahren. Im ersten Schritt wird die Abgabepflicht nach § 24 KSVG festgestellt (Erfassungsbescheid). Im zweiten Schritt wird die - hier streitige - Höhe der Abgabeschuld festgesetzt (Abrechnungsbescheid). Die Beklagte hat hier das Recht unrichtig angewandt, indem sie die an die Profi-Tänzer und Profi-Eiskunstläufer gezahlten Vergütungen und Reisekosten der Abgabepflicht unterworfen hat.

In § 2 Satz 1 KSVG werden drei Bereiche künstlerischer Tätigkeit jeweils in den Spielarten des Schaffens, Ausübens und Lehrens umschrieben: die Musik sowie die bildende und die darstellende Kunst. Eine weitergehende Festlegung, was man darunter im Einzelnen versteht, ist im Hinblick auf die Vielfalt, Komplexität und Dynamik der Erscheinungsformen künstlerischer Betätigungsfelder nicht erfolgt. Der Gesetzgeber spricht im KSVG nur allgemein von "Künstlern" und "künstlerischen Tätigkeiten". Auf eine materielle Definition des Kunstbegriffs hat er hingegen bewusst verzichtet (BT-Drucks 8/3172, S 21). Dieser Begriff ist deshalb aus dem Regelungszweck des KSVG unter Berücksichtigung der allgemeinen Verkehrsauffassung und der historischen Entwicklung zu erschließen (vgl. BSG SozR 4-5425 § 24 Nr. 6 Rd.Nr. 13 und BSGE 83, 160, 161 = SozR 3-5425 § 2 Nr. 9 S 33 - jeweils m.w.N.; zum Kunstbegriff des Art 5 GG vgl. BVerfGE 30, 173, 188 ff und 81, 108, 116; zur Zielrichtung des KSVG vgl. BT-Drucks 9/26, S 18 und BT-Drucks 8/3172, S 19 ff). Aus den Materialien zum KSVG ergibt sich, dass der Begriff der Kunst trotz seiner Unschärfe auf jeden Fall solche künstlerischen Tätigkeiten umfassen soll, mit denen sich der "Bericht der Bundesregierung über die wirtschaftliche und soziale Lage der künstlerischen Berufe (Künstlerbericht)" aus dem Jahre 1975 (BT-Drucks 7/3071) beschäftigt. Der Gesetzgeber hat damit einen an der Typologie von Ausübungsformen orientierten Kunstbegriff vorgegeben, der in aller Regel dann erfüllt ist, wenn das zu beurteilende Werk den Gattungsanforderungen eines bestimmten Kunsttyps (z.B. Theater, Gemälde, Konzert) entspricht. Auf die Qualität der künstlerischen Tätigkeit oder eine bestimmte Werk- und Gestaltungshöhe kommt es dabei nicht an (BSGE 98, 152 = SozR 4-5425 § 2 Nr. 11 m.w.N.; stRspr). Das BSG hat sich in der Vergangenheit bereits mehrfach mit der Frage, welche Unterhaltungsformate der Kunst zuzuordnen sind und welche hieran Teilnehmenden eine künstlerische Tätigkeit ausüben, beschäftigt:

In seinem Urteil vom 25.10.1995 (3 RK 24/94) hat es sich mit Unterhaltungsshows auseinandergesetzt, in denen unter Moderation Damenunterwäsche von weiblichen Models ohne künstlerische Ausbildung vorgeführt wurde. Da die im Erfassungsbescheid festgestellte Abgabepflicht des veranstaltenden Unternehmens als solche streitig war, hat sich das BSG mit der Frage beschäftigt, ob die Show als solche der Unterhaltungskunst zuzuordnen ist und hat dies bejaht. Bei der Prüfung, ob die Veranstaltung als künstlerisches Werk zu qualifizieren sei, sei nicht auf die Mitwirkenden als Künstler, sondern auf den Charakter des Gesamtwerks abzustellen. Die Unterhaltung des Publikums werde hier weniger durch den Moderator als vorwiegend durch die Models bestritten. Die Frage, ob der Mitwirkende selbständiger Künstler sei, sei im Abgabebescheid zu prüfen. Dass der Künstlerbericht Artisten und Unterhaltungskünstler als einheitliche Berufsgruppe enthalte, obwohl beide nicht von dem allgemein gebräuchlichen Begriff der Kunst abgedeckt seien, belege, dass beide Gruppen zum KSVG hätten gehören sollen, auch wenn ihre Tätigkeit keine besondere schöpferische Gestaltung voraussetze. Die Show weise das erforderliche Mindestmaß an eigenschöpferischem Gehalt auf. Ob es an seiner Rechtsauffassung festhält, hat das BSG in seiner Entscheidung vom 1.10.2009 (B 3 KS 4/08 R) offen gelassen. In seinem Urteil vom 28.8.1997 (3 RK 13/96) hat sich das BSG mit einem Abgabebescheid befasst, in dem Entgelte an Personen, die nur einmalig an Fernseh-Talkshows über Alltagsthemen oder besondere Lebensschicksale mitwirken, als abgabepflichtig nach dem KSGV angesehen wurden. Es hat ausgeführt, dass die Künstlereigenschaft nur solchen Personen zukomme, die Kunst nicht nur einmalig, sondern so nachhaltig ausübten, dass diese als Wesensmerkmal der Person angesehen werden müsse. Ob eine künstlerische Leistung erbracht werde, richte sich nach der Verkehrsauffassung und der überwiegenden Meinung einschlägiger Fachkreise. Indizien hierfür könnten die Höhe des vereinbarten Entgelts, die Häufigkeit solcher Auftritte und die Art des Beitrags herangezogen werden. Personen die nur einmalig gegen Zahlung eines Anerkennungshonorars aufträten und sich zu Alltagsfragen äußerten oder sich für Spiele zur Verfügung stellten, erbrächten keine künstlerische Leistung, da hierfür unabdingbar eine eigenschöpferische Leistung zum Ausdruck kommen müsse. Mit Urteil vom 26.11.1998 (B 3 KR 12/97 R) hat das BSG zu § 2 KSVG festgestellt, dass Berufsringer (Catcher, Wrestler), die einen Mix aus sportlicher, akrobatischer und schauspielerischer Tätigkeit zur Schau stellen, keine Unterhaltungskünstler oder Artisten i.S. des KSVG seien. Sie träten nicht im Rahmen von Varieté- oder Zirkusveranstaltungen auf, von den Akteuren selbst werde kein künstlerischer Anspruch geltend gemacht und ein solcher Anspruch auch von den Zuschauern nicht erwartet; deshalb lasse sich keine Verkehrsauffassung feststellen, die eine Zuordnung zu Unterhaltungskünstlern im Sinne von "Show-" oder Revuekünstlern erlaube. Das BSG hat in seinem Urteil vom 24.1.2008 (B 3 KS 1/07 R) daran festgehalten, dass die Künstlereigenschaft nur solchen Personen zukomme, die Kunst nicht nur einmalig, sondern so nachhaltig ausübten, dass sie als Wesensmerkmal der Person anzusehen sei. Das Honorar für den Profiboxer K. für die Teilnahme an einem Werbefilm (vertragliche Verpflichtung: mehrtägige Aufnahmen, Foto- und Sprachaufnahmen, PR-Maßnahmen und Probetraining) unterliege nicht der Abgabepflicht. Die einmalige Zahlung eines künstlerischen Entgelts an eine Person, die nicht Künstler sei, mache aus dieser keinen Künstler. Dabei sei entscheidend, ob von den Akteuren selbst ein künstlerischer Anspruch erhoben und von den Zuschauern "Unterhaltungskunst" erwartet werde oder vorrangig der Wettkampfgedanke im Vordergrund stehe. Auch in einem Werbefilm bleibe K. Profiboxer und werde nicht zum Schauspieler, selbst wenn er in einem Werbefilm eine kurze Rolle spiele.

In seinem Urteil vom 1.10.2009 (B 3 KS 4/08 R) hat das BSG die Vergütung der DSDS-Juroren als abgabepflichtig angesehen. Diese Schlussfolgerung sei nicht schon aus dem Umstand zu ziehen, dass die Sendung als solche als Unterhaltungsshow zu qualifizieren sei, denn nicht jeder, der daran mitwirke, werde automatisch zum Unterhaltungskünstler. Es komme vielmehr darauf an, ob die konkret ausgeübte Tätigkeit selbst eine künstlerische sei. Die Juroren seien keine Unterhaltungskünstler. Sie nähmen aber an einem dem Factual-Entertainment zuzuordnenden Sendeformat teil und seien neben den Moderatoren und Kandidaten untrennbarer Bestandteil des neuartigen Formats von Unterhaltungskunst. Sie agierten nach dem Sendekonzept in der bissigen, polemischen und erkennbar parteiischen Bewertung der Kandidaten stellvertretend für den Zuschauer. Durch die Herkunft aus der Musikbranche werde eine scheinbare Gewähr dafür suggeriert, tatsächlich einen potentiellen Star erkennen zu können. Tatsächlich stehe aber nicht der Wettbewerb, sondern die Unterhaltung im Vordergrund. Dies ergebe sich auch durch die Verträge, die die Juroren zu einer eigenschöpferischen Leistung verpflichteten, die der Sender mit Honoraren zw. 60.000 und 1,2 Mio. Euro vergüte. Zudem lebe die Sendereihe ganz wesentlich von den Stellungnahmen und Spontanreaktionen der Jury und dem Zusammenspiel von Gesang und Bewertung. Mit Urteil vom 2.4.2014 (B 3 KS 3/12 R) hat das BSG (neben anderen zu entscheidenden Rechtsfragen) ein Honorar eines Musikers i.H.v. 30.000 Euro für die Teilnahme bei "Ich bin ein Star -holt mich hier raus!" als KSA-pflichtig angesehen. Die Teilnahme als Akteur, "Selbst-Darsteller" und Wettbewerbsteilnehmer in dem als "Factual-Entertainment" zu bezeichnenden Sendeformat mit mehr oder weniger prominenten Personen sei eine künstlerische Leistung.

Vor dem Hintergrund dieser Entscheidungen ist der Senat der Ansicht, dass das BSG bei der sich hier stellenden Frage nicht von einem Automatismus dergestalt ausgeht, dass jeder, der an einem dem Factual Entertainment zuzuordnenden Format mitwirkt, automatisch eine künstlerische Tätigkeit ausübt. Denn das BSG hat im Verlauf der oben aufgeführten Entscheidungen einerseits immer wieder betont, dass die Künstlereigenschaft nur demjenigen zukomme, der eine eigenschöpferische Leistung erbringe und nach der Verkehrsauffassung und der überwiegenden Meinung einschlägiger Fachkreise als Künstler anzusehen sei und es hat andererseits ausgeführt, dass jemand durch die einmalige Teilnahme an einem künstlerischen Format noch nicht zum Künstler werde. Daher ist bei der Frage der Abgabepflicht von Mitwirkenden eines Factual-Entertainment-Formats im Einzelfall im ersten Schritt zu prüfen, ob der Mitwirkende entweder eine künstlerische Tätigkeit ausübt (z.B. Musizieren) oder wesentlich zur Unterhaltung beiträgt und im zweiten Schritt, ob er diese Tätigkeit so nachhaltig ausübt, dass sie als Wesensmerkmal seiner Person anzusehen ist (siehe Urteile des erkennenden Senats vom 18.8.2016 - L 5 KR 490/16- und vom 27.10.2016 - L 5 KR 72/15).

Beide streitgegenständlichen Formate sind dem "Factual Entertainment" zuzuordnen. Bei "Let`s Dance" geht es um einen Tanzwettbewerb zwischen Prominenten, die selbst gar nicht oder wenig tanzerfahren sind und von einem Profi-Tänzer in einer kurzen Zeitspanne so trainiert werden, dass sie mit ihm in der Live-Show eine Tanzkür von eineinhalb Minuten darbieten können. Bei "Dancing on Ice" handelt es sich um den gleichen Wettbewerb, der aber auf der Eisfläche mit Eistänzen ausgetragen wird. Die Unterhaltung wird durch die Frage bestimmt, ob es dem tanzunerfahrenen Promi mit Hilfe des Profis gelingen wird, einen passablen Turniertanz oder Eistanz auf das Parkett bzw. die Tanzfläche zu legen. Dabei steigt die Spannung von der Trainingssequenz bis hin zum Auftritt, dessen Bewertung durch die Jury der Zuschauer entgegensieht. Je nachdem, ob die eigene Bewertung mit der der Jury übereinstimmt oder nicht, wird der Zuschauer animiert, auf die Bewertung des Paares durch einen Anruf oder eine SMS Einfluss zu nehmen. Da der Zuschauer mit seiner Bewertung - anders als bei den dem Senat bisher zur Entscheidung vorliegenden Formaten (Urteile des 5. Senats des LSG NRW a.a.O.) - hier selbst Einfluss auf das Ergebnis des Wettbewerbs haben kann, trägt die Frage, wer gewinnt, ebenfalls erheblich zur Unterhaltung bei und ist nicht nur nebensächliches Element.

Bei der im zweiten Schritt zu prüfenden Frage, ob die Profi-Tänzer und Profi-Eiskunstläufer eine künstlerische Tätigkeit ausüben, ist zwischen der Ausarbeitung der Choreographie und dem Tanzen/Eistanzen einerseits und der "unterhaltenden" Teilnahme der Profis andererseits zu unterscheiden.

Bei aus mehreren Arbeitsgebieten zusammengesetzten gemischten Tätigkeiten kann nur dann von einer künstlerischen Tätigkeit ausgegangen werden, wenn die künstlerischen Elemente das Gesamtbild der Tätigkeit prägen, die Kunst also den Schwerpunkt bildet (BSG, Urteil vom 1.10.2009 -B 3 KS 2/08 R und B 3 KS 3/08 R-, Urteil vom 26.1.2006 -B 3 KR 1/05 R-, BSGE 82, 107, 111 = SozR 3-5425 § 25 Nr. 12 S. 64; Finke/Brachmann/ Nordhausen a.a.O. § 2 Rd.Nr. 9). In beiden Formaten erarbeiten die Profis einerseits eine Choreografie für jeden Tanz bzw. Eistanz und üben diese in der Rolle des Tanzlehrers/Eistanzlehrers über mehrere Wochen mit den Promis ein. Andererseits treten sie bei der Show als Tanzpaar auf und führen den eintrainierten Tanz/ Eistanz auf. Dabei bilden die Choreografie und das Training zeitlich gesehen den Schwerpunkt der Arbeit. Dies korrespondiert auch mit der Höhe der Vergütung, die nicht nur die reine Drehzeit, sondern eben auch den umfangreichen Unterricht des Promis abdeckt. Demgegenüber ist der zeitliche Aufwand für den auf der Tanzfläche/ Eisfläche gezeigten Tanz/ Eistanz (90 Sekunden) gering. Zur Überzeugung des Senats handelt es sich im vorliegenden Fall aber weder bei der Choreografie von Standard-, Latein- oder Eistänzen, noch bei deren Aufführung um künstlerische Tätigkeiten. Zwar wird in dem nunmehr mehr als 40 Jahre alten "Künstlerbericht" bspw. der "Choreograph" und der "Ballett-Meister" aufgeführt (vgl. BT-Drucks. 7/3071, S. 7). Es ist auch zu berücksichtigen, dass die Tätigkeitskataloge aus der Gründerzeit der KSV stammen und grundsätzlich nicht abschließend sein können (vgl. die Gesetzesmaterialien zum KSVG, BT-Drucks 8/3172, S. 21 und 9/26, S. 18; BSG, Urteil vom 25.11.2015 -B 3 KR 3/14 R-, 7.12.2006 -B 3 KR 11/06 R-; Finke/Brachmann/Nordhausen, KSVG, 4. Aufl. 2009, § 2 Rd.Nr. 9; Suhrenbrock in "Künstlersozialversicherung Teil 1", Seite 10) und dass "Tanz" im Sinne von "Tanzkunst" auch Tänzer, Tanzlehrer und Choreografen für die Bereiche Ballett, Theater, Film und Fernsehen umfasst (vgl. Finke/Brachmann/Nordhausen, a.a.O., § 2 Rd.Nr. 13). Das BSG hat jedoch bei der Beantwortung der Frage, ob ein Tanz als Kunst oder als Breiten- oder Freizeitsport ausgeübt wird, die historische Entwicklung der Tanzform ebenso ins Auge gefasst wie die Frage, wer unterrichtet und wozu der Tanzunterricht schwerpunktmäßig befähigen soll; ob er eher als Grundlage einer ballettartigen Kunstausübung oder überwiegend der Ausübung von Breiten- bzw. Freizeitsport oder Tuniertanzsport dient (BSG SozR 4-5425 § 2 Nr. 10). In seiner Entscheidung vom 25.11.2015 (a.a.O.) hat das BSG klargestellt, dass einzelne Tanzformen nicht von vorneherein der "Kunst" oder dem "Sport" zugeordnet werden können. Vielmehr sei in jedem Einzelfall zu prüfen, in welchem Kontext der Tanz bzw. der Tanzunterricht schwerpunktmäßig ausgeübt wird und ob er als Sport betrieben oder als Kunst dargeboten wird. Für die Abgrenzung von Sport und Kunst unter maßgeblicher Beachtung der Verkehrsauffassung hat es auf weitere Kriterien wie die Existenz von Regeln und Wertmaßstäben aus dem Bereich des Sports, auf die Art der Veranstaltung, den Veranstaltungsort sowie die Zugehörigkeit des Akteurs zu einschlägigen Interessengruppen, Vereinigungen etc. abgestellt (BSG, Urteil vom 25.11.2015 -B 3 KR 3/14 R-; Urteil vom 16.4.1998 - BSGE 82, 107, 112 = SozR 3-5425 § 25 Nr. 12 S 65 - "Demonstrationssportler"). Entscheidendes Kriterium für die Zuordnung zum Bereich des Sports ist danach vorrangig, ob sporttypische Regeln und Wertmaßstäbe existieren, insbesondere ob für eine Aktivität ein Regelwerk existiert, das von einem Verband erlassen wurde, wie z.B. dem Deutschen (Olympischen) Sportbund oder dem DTV (Urteil vom 15.11.2015, a.a.O.).

Nach diesen Grundsätzen, denen der erkennende Senat zustimmt, handelt es sich bei Standard- und Lateintanz um Sport, der von den Profi-Tänzern im Rahmen eines sportlichen Wettkampfs dargeboten wird. Ursprünglich wurden alle Gesellschaftstänze "Standardtänze" genannt. Mittlerweile ist dies ein Oberbegriff für den Langsamen Walzer, Tango, Wiener Walzer, Foxtrott, Slowfox und Quickstep. Zusammen mit den Lateinamerikanischen Tänzen bilden die Standardtänze den überwiegenden Teil des Welttanzprogramms. Im Turniertanz, der in verschiedene Altersgruppen und Leistungsklassen unterteilt ist, werden die Standard- und Lateintänze in einer festgelegten Reihenfolge getanzt. Jedes Paar beginnt in der D-Klasse, in der beim Standard z.B. nur Langsamer Walzer, Tango und Quickstep getanzt werden. Nach einem festen Schlüssel erwirbt das Paar in Tanzwettbewerben Aufstiegspunkte und Platzierungen und steigt so in seiner Altersgruppe über die C-, B- und A-Klasse in eine Sonderklasse (S-Klasse), die höchste Amateurtanzsportklasse, auf. Die sportliche Organisation der Turniere unterliegt in Deutschland dem DTV. Es werden regelmäßig Standard-Weltmeisterschaften ausgetragen. Eines der weltgrößten Turniere der Amateure und Profis in Deutschland sind die German Open Championships in Stuttgart, große Amateurturniere sind "Hessen tanzt" in Frankfurt und das "Blaue Band" in Berlin. Dabei richten sich die Choreographien, bei denen bestimmte Regeln zu beachten und festgelegte Figuren zu zeigen sind, nach dem WDSF (World Dance Sport Federation) - Katalog, in dem für alle Tänze alle Figuren genannt und beschrieben werden (z.B. "Side Samba Walk" im Samba, "Toe Heel Swivel" im Jive). Die Beachtung dieser Regeln und das korrekte Tanzen der Figuren wiegt bei der Bewertung des Tanzes im Turnier mehr als die Kreativität des Choreografen. Die Tänze werden bei dem Sendeformat der Klägerin von Sportlern als Sport in einem Wettkampf dargeboten. Dies ergibt sich aus dem Umstand, dass die Profi-Tänzer mit ihrem sportlichen Titel (Deutsche Meister) vorgestellt werden und die Turniertänze - genau wie bei einem Tuniertanzwettbewerb - vorgeführt und von Fachleuten nach der Turnier- und Sportverordnung des DTV bewertet werden. Der einzige Unterschied besteht in der Länge der Wettkampfs und in dem Umstand, dass die schwierigen Figurteile eher dem Profi denn dem Promi zugedacht werden. Auch der Kandidatenvertrag schreibt in § 1 ausdrücklich vor, dass der Wettbewerb im Vordergrund stehe. Zwar heißt es in § 1 auch, dass der Kandidat ein nicht weisungsgebundener selbständiger Gestalter sei. Dies gibt ihm hinsichtlich der zu entwickelnden Choreografie sicherlich eine gestalterische Freiheit im Rahmen der bereits beschriebenen engen Regeln des Turniertanzes. Diese hat aber mit der freien künstlerischen Entfaltungsmöglichkeit eines Choreografen für Ballett-, Opern-, Operetten- oder Musicalbühnen nichts gemein. Davon, dass es sich um eine Choreografie für einen Bühnentanz handelt, gehen auch die Akteure der Show selbst nicht aus, da die Profis bei ihrem Training und in den Interviews selbst die korrekte Ausführung der Figuren und den Wettkampfcharakter der Show in den Vordergrund stellen ("Ich will gewinnen!", "Ich habe das Ziel, hier zu gewinnen!") und die Moderatoren auf die Vergleichbarkeit mit einer Tuniersportveranstaltung hinweisen ("Wir haben hier einen optischen Sport!", "Was wir hier machen, ist erstklassiger Turniertanz!"). Diese Ausführungen treffen im Ergebnis auch auf den Eistanz zu, dessen feststehende Figuren nach der "International Skating Union Communication" (z.B. "Durchzieher", "gerollter Aufgang" etc.) nach dem Benotungssytem der Olympischen Spiele bewertet werden.

Der Senat geht jedoch davon aus, dass die Kandidaten nach der Verkehrsauffassung durch ihre während der Show gezeigten Darbietungen und Dialoge wesentlich zu Unterhaltung des Zuschauers beitragen. Denn die Spannung wird gerade durch die Interaktion des Profi-Tänzers mit dem laienhaften Promi generiert. Der Zuschauer will sehen, wie sich der professionelle Tänzer/ Eistänzer, der sich zu Beginn des Trainings siegessicher gibt, mit dem mehr oder weniger begabten Promi "abmüht" und versucht, dessen Unzulänglichkeiten auszubügeln oder zu kaschieren. Er ist neugierig, inwieweit es dem Profi gelingt, zusammen mit dem Promi bei der Show einen professionell wirkenden Tanz/ Eistanz aufzuführen. Dabei wird die Unterhaltung sowohl durch die Tanzsequenzen als auch durch die Kommentare des Profi-Tänzers zu den Bemühungen des Promis oder den kritischen Bewertungen der Jury oder den launigen Anmerkungen der Moderatoren generiert. Im Gegensatz zu einer reinen Sportübertragung geht die Spannung hier gerade von der Interaktion zwischen Profi und Laie und dem Umstand aus, dass der Zuschauer regulierend in das Wettkampfergebnis eingreifen kann.

Die Profi-Tänzer/ Profi-Eiskunstläufer üben ihre Tätigkeit zur Überzeugung des Senats aber nicht so nachhaltig aus, dass sie von ihnen selbst oder dem Publikum als Wesensmerkmal der Profi-Tänzer angesehen werden. Die Profi-Tänzer/ Profi-Eiskunstläufer sind -je nachdem wie weit sie bei dem Wettkampf kommen- pro Staffel mindestens zweimal (erste Show und Finale) oder maximal 8- (bzw. 10-)mal für jeweils ca. 4 Minuten und 30 Sekunden pro Folge, d.h. im Schnitt etwa 18 Minuten auf dem Bildschirm zu sehen. Davon entfällt ca. ¾ der Zeit auf das reine Tanzen, ¼ auf Dialoge. Dies dürfte gerade einmal die Zeit erreichen, in der ein "Mensch auf der Straße" an einer Talkshow teilnimmt. Darüber hinaus werden neben dem Namen und der sportlichen Leistung ("Deutscher Meister") kaum individualisierende Informationen über den Profi-Tänzer/ Profi-Eiskunstläufer preisgegeben. Dies führt im Ergebnis dazu, dass der Zuschauer den Profi-Tänzer/ Profi-Eiskunstläufer nur in eben dieser Funktion wahrnimmt und diese Wahrnehmung nach den Feststellungen des Senats nach dem Ansehen der DVDs schon alsbald verblasst, sodass der Kandidat bereits nach kurzer Zeit nicht mehr auf der Straße als Teilnehmer an "Let`s Dance" bzw. "Dancing on Ice" wiederzuerkennen wäre. Ähnlich wie in dem Urteil vom 24.1.2008 (B 3 KS 1/07 R - Profiboxer) wird auch hier aus dem Sportler durch den einmaligen Auftritt bei "Let`s Dance" bzw. "Dancing on Ice" kein "Factual Entertainer", wobei hierbei sogar noch berücksichtigt werden muss, dass es sich bei den Kandidaten -anders als bei dem Profiboxer- noch nicht einmal um prominente Sportler handelt.

Indiz dafür, dass das Publikum und auch der Sender nicht davon ausgehen, dass die Teilnahme zum Wesensmerkmal der Kandidaten gehört, ist auch das Verhältnis zwischen den an die Promis und die Profi-Tänzer/ Profi-Eiskunstläufer gezahlten Honorare. Denn das Salär der Profis macht nur etwa 1/5 der an die Promis gezahlten Aufwandsentschädigungen aus. Die Promis, die man nur durch ein entsprechend hohes Honorar zu Teilnahme an der Sendung wird bewegen können, ziehen das Publikum auch viel stärker an, als die Profi-Tänzer/ Profi-Eiskunstläufer. Denn er Zuschauer möchte gerade sehen, wie sich der tanzunkundige Promi in einer ihm unbekannten Rolle schlägt. Die Patzer, Misserfolge oder gar überraschenden Erfolge der Promis machen die Unterhaltung der Sendung aus, nicht die tänzerischen Fähigkeiten der Profis. Eine Sendung, in der die Profi-Tänzers unbekannte Laien unterrichteten oder selbst gegeneinander anträten, wäre daher nicht von Erfolg gekrönt.

Auch hat keiner der Profi-Tänzer/ Profi-Eiskunstläufer durch die Teilnahme der hier zu beurteilenden Staffeln einen "Prominentenstatus" als "Factual Entertainer" erlangt, da in jeder Sendung andere Kandidaten teilgenommen haben. Es ist nicht auszuschließen, dass sich dies im weiteren Verlauf des Formats "Let`s Dance", welches immer noch läuft, geändert hat. Denn insbesondere die beiden Staffelgewinner J. F. und D. Q. haben seit 2007 mehrfach an Formaten des Factual Entertainments teilgenommen und geben dies auch auf ihren Internetseiten zu Marketingzwecken an (http://www.J.F ...de/vita.html und http://www.D.Q ...com/lets-dance/lets-dance-gallery). Dies hat der Senat jedoch im vorliegenden Verfahren nicht zu beurteilen.

Somit hat die Beklagte für die Jahre 2006-2007 für die Profi-Tänzer und Profi-Eiskunstläufer der Formate "Let`s Dance" und "Dancing on Ice" KSA zu Unrecht erhoben.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 197a Abs. 1 Satz 1 SGG i.V.m. § 154 Abs. 2 VwGO.

Der Senat hat die Revision zugelassen, da er der Frage, ob die Teilnahme von Profi-Tänzern an dem Factual Entertainment zuzuordnenden Unterhaltungsformaten als künstlerische Leistung zu bewerten ist, grundsätzliche Bedeutung zukommt.

Die Festsetzung des Streitwerts auf 22.225,50 Euro findet in § 47 Abs. 1 Satz 1 in Verbindung mit § 52 Abs. 2 Gerichtskostengesetz ihre Grundlage.
Rechtskraft
Aus
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