L 2 R 26/16

Land
Hamburg
Sozialgericht
LSG Hamburg
Sachgebiet
Rentenversicherung
Abteilung
2
1. Instanz
SG Hamburg (HAM)
Aktenzeichen
S 55 R 1350/11
Datum
2. Instanz
LSG Hamburg
Aktenzeichen
L 2 R 26/16
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
1. Die Berufung der Klägerin wird zurückgewiesen. 2. Die Klägerin trägt die Kosten des Verfahrens in allen Rechtszügen mit Ausnahme der Kosten der Beigeladenen, die diese jeweils selbst tragen. 3. Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand:

Die Beteiligten streiten im Rahmen eines Anfrage- bzw. Statusfeststellungsverfahrens nach § 7a Viertes Buch Sozialgesetzbuch (SGB IV), ob die Beigeladene zu 1 in ihrer im Zeitraum vom 1. Januar 2010 bis 31. Juli 2011 für die Klägerin ausgeübten Tätigkeit als "Büroservicekraft" aufgrund abhängiger Beschäftigung der Versicherungspflicht in der gesetzlichen Kranken-, Renten- und sozialen Pflegeversicherung sowie nach dem Recht der Arbeitsförderung unterlag.

Die 1942 geborene Klägerin betrieb im streitgegenständlichen Zeitraum eine eigene Praxis als Steuerberaterin in H ... Die 1964 geborene Beigeladene zu 1, die im streitgegenständlichen Zeitraum noch den Nachnamen F. führte, ist ausgebildete Steuerfachangestellte. Am 18. Dezember 2009 meldete sie mit Wirkung zum 10. Januar 2010 einen "Büroservice" als Gewerbe an. Vom 1. Januar 2010 bis 31. Juli 2011 war die Beigeladene zu 1 für die Klägerin dergestalt tätig, dass sie die Finanz- und Lohnbuchhaltung für einen im Voraus mündlich festgelegten Mandantenkreis der Klägerin durchführte, wobei die Klägerin nach außen allein als Auftragnehmerin auftrat und ihren Mandanten lediglich mitteilte, dass nunmehr die Beigeladene zu 1 für die Bearbeitung zuständig sei. Die Arbeiten erfolgten in den Büroräumen der Klägerin unter Verwendung der dortigen Büroausstattung zu von der Beigeladenen zu 1 gewählten Zeiten, die auch außerhalb der üblichen Bürozeiten lagen. Die Beigeladene zu 1, die im Zeitraum von März 2010 bis September 2011 eine Fortbildung zur Bilanzbuchhalterin absolvierte, für die noch im Jahr 2012 eine Prüfung anstand, verfügte über einen Schlüssel zu den Büroräumen der Klägerin.

Die einzige schriftlich festgehaltene Vereinbarung zwischen der Klägerin und der Beigeladenen zu 1 stammte vom 22. Dezember 2009, hatte die Gestalt eines Schreibens der Klägerin an die Beigeladene zu 1 und lautete wie folgt: Sehr geehrte Frau F., gerne bestätige ich unser heutiges Gespräch schriftlich. Wir haben vereinbart, dass sie als Steuerfachangestellte in meiner Praxis auf freiberuflicher Basis einen festen Teil meiner Mandate bearbeiten. Mir wäre es angenehm, wenn sie im Januar 2010 beginnen können. Über Stundenanzahl und wöchentliche Arbeitszeit müssen noch entsprechende Vereinbarungen getroffen werden. Ich möchte Sie bitten die zweite Ausfertigung dieser Bestätigung unterschrieben an mich zurückzusenden und mich anzurufen, wenn sie wissen, wann sie beginnen können. Mit freundlichen Grüßen (Unterschrift der Klägerin) Bestätigung vorgenannten Schreibens: (Unterschrift der Beigeladenen zu 1)

Die Beigeladene zu 1 erstellte ein bis zweimal monatlich Rechnungen für die geleisteten Arbeiten, wobei sie für jede geleistete Stunde 22,00 Euro netto ansetzte und 19 % Umsatzsteuer auswies. Für den streitgegenständlichen Zeitraum wurden folgende Beträge in Rechnung gestellt und Arbeitsstunden ausgewiesen:

Monat Arbeitsstunden Bruttorechnungsbetrag in Euro Januar 2010 80 2094,40 Februar 2010 75 (35 + 40) 1963,50 (916,30 + 1047,20) März 2010 90 (40 + 50) 2356,20 (1047,20 + 1309,00) April 2010 76 1989,68 Mai 2010 70 1832,60 Juni 2010 70 1832,60 Juli 2010 80 2094,40 August 2010 60 1570,80 September 2010 65 1701,70 Oktober 2010 70 1832,60 November 2010 (versehentlich mit Rechnung vom 1. Dezember 2010 auch für Oktober 2010 ausgewiesen) 80 2094,40 Dezember 2010 69 1806,42 Januar 2011 85 2225,30 Februar 2011 70 1832,60 März 2011 90,75 2375,84 April 2011 55 1439,90 Mai 2011 60,5 1583,89 Juni 2011 64,5 1688,61 Juli 2011 55 1439,90

Dies entspricht einer durchschnittlichen Monatsarbeitszeit von 71,88 Stunden bei einer durchschnittlichen Vergütung von 1881,86 Euro.

In Teilen des streitgegenständlichen Zeitraums war die Beigeladene zu 1 auch für weitere Auftrag- bzw. Arbeitgeber wie folgt tätig: 1. V. Souvenirs & Postkarten, B. (monatliche Buchführung, Lohnabrechnungen, Konto abstimmen, Vorbereitung für den Steuerberater), 2. I. Verlag GmbH, H. (monatliche Buchführung, Konto abstimmen, Vorbereitung für den Jahresabschluss für den Steuerberater), 3. Hausmeisterservice R., H. (monatliche Buchführung, Lohnabrechnungen, Konto abstimmen), 4. A. GmbH, B. (vermittelte Buchhaltungsleistungen bei verschiedenen Auftraggebern), 5. Rechtsanwalt P., H. (Kontenklärung im Rahmen einer Insolvenzfallabwicklung).

Am 1. Dezember 2010 beantragte die Beigeladene zu 1 bei der Beklagten die Feststellung ihres sozialversicherungsrechtlichen Status dergestalt, dass eine Beschäftigung nicht vorliege. Dem schloss sich die Klägerin an.

Die Beigeladene zu 1 trug vor, dass sie für die zu beurteilende Tätigkeit einen Gründungszuschuss von der Agentur für Arbeit beziehe oder bezogen habe, ohne jedoch, wie gefordert, den Zeitraum anzugeben und die entsprechenden Bescheide der Agentur für Arbeit in Kopie beizufügen. Sie sei nicht weisungsgebunden, teile sich ihre Arbeitszeit selbst ein und arbeite in der Zeit von Montag bis Freitag. PC und Programme würden ihr in den Büroräumen der Klägerin zur Verfügung gestellt. Es erfolge keine Kontrolle ihrer Arbeit, sie arbeite auch mit keinem anderen Mitarbeiter der Klägerin zusammen und trete auch nicht als Mitarbeiterin der Klägerin auf. Wenn sie verhindert sei, müsse sie sich selbst darum kümmern, dass die Arbeit erledigt werde, zum Beispiel eine Vertretung stellen.

Im Rahmen der Anhörung durch die Beklagte teilte die Klägerin mit, dass die Beigeladene zu 1 eigenverantwortlich die Finanz- und Lohnbuchhaltung erledige, wobei die Klägerin sich das Letztentscheidungsrecht vorbehalte, weil sie verantwortlich sei. Die Klägerin beschäftige die als selbstständige Buchhalterin aufgetretene Beigeladene zu 1 nicht als Steuerfachangestellte. Die Beigeladene zu 1 arbeite nicht weisungsgebunden und sei in die Arbeitsorganisation der Praxis der Klägerin nicht eingebunden. Die Beigeladene zu 1 habe selbst für ihre Fortbildungen zu sorgen und habe keinen Urlaubsanspruch und keinen Anspruch auf Lohnfortzahlung im Krankheitsfall. Bei einer Verhinderung müsse die Beigeladene zu 1 eine Ersatzkraft stellen, wenn sie die Arbeit nicht im Zeitrahmen nachholen könne.

Mit Bescheid vom 23. März 2011 stellte die Beklagte sowohl gegenüber der Klägerin als auch gegenüber der Beigeladenen zu 1 fest, dass die Tätigkeit der Beigeladenen zu 1 als Büroservicekraft bei der Klägerin im Rahmen eines abhängigen Beschäftigungsverhältnisses ausgeübt werde. Es bestehe Versicherungspflicht in der Kranken-, Pflege- und Rentenversicherung sowie nach dem Recht der Arbeitsförderung. Die Versicherungspflicht beginne am 1. Januar 2010. Merkmale für ein abhängiges Beschäftigungsverhältnis seien vorliegend: - Die Beigeladene zu 1 übe die Tätigkeit in den Räumen der Klägerin aus. - Die Beigeladene zu 1 sei zwar vertraglich nicht verpflichtet, die Leistungen persönlich zu erbringen, die persönliche Leistungserbringung sei jedoch die Regel. - Obwohl die Arbeitszeit der Beigeladenen zu 1 vertraglich nicht geregelt worden sei, sei die Gestaltungsmöglichkeit der Arbeitszeit faktisch durch die geregelten Geschäftszeiten des Praxisbetriebs der Klägerin und die Verfügbarkeit der Arbeitsmittel (Büroarbeitsplatz, Hard- und Software) begrenzt. Die Beigeladene zu 1 unterliege damit bezüglich ihrer Arbeitszeit dem Weisungs- und Direktionsrecht der Klägerin. - Alle für die Tätigkeit erforderlichen Arbeitsmittel würden kostenlos von der Klägerin zur Verfügung gestellt. - Die Beigeladene zu 1 setze kein nennenswertes Kapital ein, welches ein unternehmerisches Risiko begründen würde. - Die Beigeladene zu 1 erhalte eine erfolgsunabhängige Vergütung in Form eines festen Stundensatzes. - Das fachliche Letztentscheidungsrecht behalte sich die Klägerin vor. Merkmale für eine selbstständige Tätigkeit seien: - Die Beigeladene zu 1 arbeite nicht mit anderen Mitarbeitern der Klägerin zusammen. - Die Klägerin übe keine Kontrolle über die erbrachte Arbeit der Beigeladenen zu 1 aus. - Bei Erkrankung oder sonstiger Verhinderung müsse die Beigeladene zu 1 für eine entsprechende Ersatzkraft sorgen. - Die Beigeladene zu 1 werde noch für weitere Auftraggeber tätig. Die Beklagte vertrat die Auffassung, dass nach einer Gesamtwürdigung die Merkmale für ein abhängiges Beschäftigungsverhältnis überwögen. Sie wies darauf hin, dass ein gewichtiges Indiz für eine selbstständige Tätigkeit das mit dem Einsatz eigenen Kapitals verbundene Unternehmerrisiko sei. Ein solches Unternehmerrisiko habe die Beigeladene zu 1 jedoch nicht übernommen. Sofern ein Auftragnehmer für mehrere Auftraggeber tätig sei, lasse dies nicht den Schluss zu, dass der Auftragnehmer seine Tätigkeit in der Gesamtheit selbstständig ausübe. Auch dass die Tätigkeit durch eigene Verantwortlichkeit und Entscheidungsfreiheit gekennzeichnet sei, schließe das Vorliegen einer abhängigen Beschäftigung nicht aus. Schließlich stehe der Annahme eines Arbeitsverhältnisses auch nicht entgegen, dass die Zahlung einer Vergütung im Urlaubs- und Krankheitsfall nicht erfolge.

Die Klägerin legte am 28. März 2011 Widerspruch ein, zu dessen Begründung sie sich derjenigen des Prozessbevollmächtigten der Beigeladenen zu 1 in dem von jener am 5. April 2011 anhängig gemachten Widerspruchsverfahren anschloss. Dort wurde u.a. Folgendes vorgetragen: Die Beigeladene zu 1 sei mit ihrem Büroservice auch für weitere Kunden tätig, von denen sich zwei in B. befänden, sodass sie regelmäßig dorthin reisen müsse. Wäre sie zeitlich und räumlich den Weisungen der Klägerin unterworfen, könnte sie ihren anderen selbstständigen Tätigkeiten nicht mehr nachkommen und auch ihre Fortbildung zur Bilanzbuchhalterin nicht abschließen. Es sei im Übrigen für das Berufsbild einer selbstständigen Steuerfachangestellten typisch, dass sie vorhandene Computer und Computerprogramme ihrer Auftraggeber nutze.

Die Beklagte wies die Widersprüche mit am selben Tag abgesandtem Widerspruchsbescheid vom 22. November 2011 zurück.

Hiergegen hat die damals noch in H. ansässige Klägerin am 19. Dezember 2011 Klage beim Sozialgericht (SG) Hamburg erhoben (S 51 R 1350/11, nach Zuständigkeitswechsel S 55 R 1350/11).

Die Beigeladene zu 1 hat am 23. Dezember 2011 selbst auch Klage beim SG Hamburg erhoben (S 11 R 1382/11, nach Zuständigkeitswechsel S 20 R 1382/11). Im dortigen Verfahren ist die hiesige Klägerin beigeladen worden. Nachdem der dortige Prozessbevollmächtigte der hiesigen Beigeladenen zu 1 einer beabsichtigten kammerübergreifenden Verbindung widersprochen hat, ist dort bei den Beteiligten angefragt worden, ob sie mit einem Ruhen des Verfahrens bis zum Abschluss des hiesigen Berufungsverfahrens einverstanden sind.

In dem der Berufung zu Grunde liegenden Klageverfahren hat die Klägerin, die ihre Steuerberaterpraxis im Jahr 2014 aufgegeben hat, im Wesentlichen ihren vorgerichtlichen Vortrag wiederholt und vertieft. Die Beklagte habe insbesondere den Willen der Vertragsparteien, ob ein abhängiges Beschäftigungsverhältnis oder ein selbstständiges Dienstleistungsverhältnis eingegangen werden sollte, nicht hinreichend berücksichtigt. Sie hat betont, dass die Erledigung der Arbeiten durch die Beigeladene zu 1 in ihren eigenen Büroräumen für sie wichtig gewesen sei, damit die geheimen Kundendaten nicht das Haus hätten verlassen müssen. Außerdem habe sie ohnehin die erforderliche Technik einschließlich Software vorgehalten, sodass sie hierfür nicht noch einmal habe zahlen wollen. Es sei selbstverständlich gewesen, dass die Unterlagen von der Beigeladenen zu 1 umgehend unter Beachtung der gesetzlichen Fristen des Finanzamtes und der Krankenkasse sowie der Fälligkeitszeitpunkte der Löhne bearbeitet würden.

Die Beklagte hat darauf entgegnet, dass im Rahmen des Statusfeststellungsverfahrens die Sozialversicherungspflicht ausschließlich im Hinblick auf das im Antrag genannte Auftragsverhältnis geklärt werde. Vorliegend sei in die Beurteilung des Auftragsverhältnisses eingeflossen, dass die Beigeladene zu 1 in dem zu beurteilenden Zeitraum für mehrere Auftraggeber tätig gewesen sei. Das Vorliegen eines Beschäftigungsverhältnisses werde jedoch nicht dadurch ausgeschlossen, dass ein Auftragnehmer für mehrere Auftraggeber arbeite. Dass die Beigeladene zu 1 über ein eigenes Büro verfüge, habe bei der Beurteilung des Auftragsverhältnisses nicht berücksichtigt werden können, weil die Tätigkeit für die Klägerin ausschließlich in den Räumlichkeiten der Klägerin ausgeübt worden sei und die Klägerin auch sämtliche Arbeitsmaterialien zur Verfügung gestellt habe. Allein der Wille der vertragsschließenden Parteien bestimme nicht, ob eine Tätigkeit als abhängiges Beschäftigungsverhältnis oder als selbstständige Tätigkeit einzustufen sei. Für die Abgrenzung seien in erster Linie die tatsächlichen Umstände von Bedeutung, nicht aber die Bezeichnung, die die Parteien ihrem Rechtsverhältnis gegeben hätten.

Die Beigeladene zu 1, die keinen Antrag gestellt hat, hat bekräftigt, dass hinsichtlich der Arbeitszeit keine Absprachen getroffen worden seien. Sie habe oft vormittags gearbeitet, donnerstags und freitags meist nicht. Wenn sie im Büro anwesend gewesen sei, habe sie die Klägerin selbstverständlich gelegentlich informiert.

Das SG hat über die Klage am 15. September 2015 mündlich verhandelt und sie mit Urteil vom selben Tag abgewiesen. Die Klage sei als kombinierte Anfechtungs- und Feststellungsklage zulässig (§§ 54 Abs. 1, 55 Abs. 1 Nr. 1, 56 Sozialgerichtsgesetz (SGG)). Sie sei jedoch unbegründet. Der Bescheid vom 23. März 2011 in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 22. November 2011 sei formell und materiell rechtmäßig und verletze die Klägerin nicht in ihren Rechten (§ 54 Abs. 2 SGG). Für die Tätigkeit der Beigeladenen zu 1 im Bereich der Buchhaltung ab dem 1. Januar 2010 bis zur Beendigung der Tätigkeit bestehe Versicherungspflicht für die Beigeladene zu 1 in der gesetzlichen Krankenversicherung, der sozialen Pflegeversicherung, der gesetzlichen Rentenversicherung und nach dem Recht der Arbeitsförderung. Personen, die gegen Arbeitsentgelt beschäftigt seien, unterlägen in der gesetzlichen Krankenversicherung, der sozialen Pflegeversicherung, der gesetzlichen Rentenversicherung und nach dem Recht der Arbeitsförderung der Versicherungspflicht (§ 5 Abs. 1 Nr. 1 Sozialgesetzbuch Fünftes Buch (SGB V), § 20 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 Sozialgesetzbuch Elftes Buch (SGB XI)), § 1 Satz 1 Nr. 1 Sozialgesetzbuch Sechstes Buch (SGB VI), § 25 Abs. 1 Sozialgesetzbuch Drittes Buch (SGB III)). Beurteilungsmaßstab für das Vorliegen einer abhängigen Beschäftigung sei dabei § 7 Abs. 1 Satz 1 SGB IV. Danach sei Beschäftigung die nichtselbstständige Arbeit, insbesondere in einem Arbeitsverhältnis. Nach der ständigen Rechtsprechung des Bundessozialgerichts (BSG) setze eine Beschäftigung voraus, dass der Arbeitnehmer vom Arbeitgeber persönlich abhängig sei. Bei einer Beschäftigung in einem fremden Betrieb sei dies der Fall, wenn der Beschäftigte in den Betrieb eingegliedert sei und dabei einem Zeit, Dauer, Ort und Art der Ausführung umfassenden Weisungsrecht des Arbeitgebers unterliege. Diese Weisungsgebundenheit könne – vornehmlich bei Diensten höherer Art – eingeschränkt und zur "funktionsgerecht dienenden Teilhabe am Arbeitsprozess" verfeinert sein. Demgegenüber sei eine selbstständige Tätigkeit vornehmlich durch das eigene Unternehmerrisiko, das Vorhandensein einer eigenen Betriebsstätte, die Verfügungsmöglichkeit über die eigene Arbeitskraft sowie die im Wesentlichen frei gestaltete Tätigkeit und Arbeitszeit gekennzeichnet. Ob jemand abhängig beschäftigt oder selbstständig tätig sei, hänge davon ab, welche Merkmale überwögen. Maßgebend sei das Gesamtbild der Arbeitsleistung (Hinweis auf ständige Rechtsprechung des BSG mit Nennung einzelner Entscheidungen sowie zur Verfassungsmäßigkeit der Abgrenzung zwischen abhängiger Beschäftigung und selbstständiger Tätigkeit auf Bundesverfassungsgericht, Kammerbeschluss vom 20. Mai 1996 – 1 BvR 21/96, juris). Das Gesamtbild bestimme sich nach den tatsächlichen Verhältnissen. Tatsächliche Verhältnisse in diesem Sinne seien die rechtlich relevanten Umstände, die im Einzelfall eine wertende Zuordnung zum Typus der abhängigen Beschäftigung erlaubten. Ob eine abhängige Beschäftigung vorliege, ergebe sich aus dem Vertragsverhältnis der Beteiligten, so wie es im Rahmen des rechtlich Zulässigen tatsächlich vollzogen worden sei. Ausgangspunkt sei daher zunächst das Vertragsverhältnis der Beteiligten, so wie es sich aus den von ihnen getroffenen Vereinbarungen ergebe oder sich aus ihrer gelebten Beziehung erschließen lasse. Eine im Widerspruch zur ursprünglich getroffenen Vereinbarung stehende tatsächliche Beziehung und die sich hieraus ergebende Schlussfolgerung auf die tatsächlich gewollte Natur der Rechtsbeziehung gehe der nur formellen Vereinbarung vor, soweit eine – formlose – Abbedingung rechtlich möglich sei. Maßgeblich sei die Rechtsbeziehung so, wie sie praktiziert werde, und die praktizierte Beziehung so, wie sie rechtlich zulässig sei (Hinweis auf BSG, Urteile vom 29. August 2012 – B 12 KR 25/10 R, und vom 24. Januar 2007 – B 12 KR 31/06 R, jeweils juris). Unter Berücksichtigung dieser Grundsätze sei unter Abwägung aller Umstände des Einzelfalles davon auszugehen, dass die Beigeladene zu 1 ihre Tätigkeit als Buchhalterin bei der Klägerin im Rahmen eines abhängigen Beschäftigungsverhältnisses ausgeübt habe. Nach Auffassung der Kammer überwögen die für eine abhängige Beschäftigung sprechenden Merkmale. Zwar ergebe sich aus dem Schreiben der Klägerin vom 22. Dezember 2009, dass die Beigeladene zu 1 ihre Tätigkeit bei der Klägerin auf "freiberuflicher Basis" habe ausüben sollen. Für die sozialversicherungsrechtliche Einordnung des bestehenden Rechtsverhältnisses sei jedoch weder die von den Beteiligten gewünschte Rechtsfolge noch die von ihnen gewählte Bezeichnung maßgeblich. Die Frage, ob eine Beschäftigung oder eine Selbstständigkeit vorliege, stehe nicht zur Disposition der Beteiligten. Der besondere Schutzzweck der Sozialversicherung schließe es aus, über die rechtliche Einordnung allein nach dem Willen der Vertragsparteien und deren Vereinbarung zu entscheiden. Vielmehr seien die relevanten Merkmale zu gewichten. Die tatsächliche Ausgestaltung der Tätigkeit der Beigeladenen zu 1 weise jedoch überwiegend Gesichtspunkte einer abhängigen Beschäftigung auf. Vorliegend sei zwar nicht zu verkennen, dass die Beigeladene zu 1 in zeitlicher Hinsicht keinen Weisungen der Klägerin unterlegen habe. So habe die Beigeladene zu 1 selbst bestimmen können, zu welchen Zeiten sie für die Klägerin tätig würde. Die Einräumung einer sehr flexiblen Arbeitszeit ohne die Verpflichtung zur Einhaltung einer Kernzeit sei inzwischen jedoch auch in abhängigen Beschäftigungen für Büroarbeiten ohne unmittelbaren Kundenkontakt nicht unüblich (Hinweis auf Landessozialgericht (LSG) Baden-Württemberg, Urteil vom 19. April 2013 – L 4 R 2078/11, juris; SG München, Urteil vom 31. Juli 2012 – S 30 R 1750/10, juris). Maßgeblich sei nach Auffassung der Kammer vorliegend, dass die Tätigkeit der Beigeladenen zu 1 dadurch geprägt gewesen sei, dass sie einem Weisungsrecht der Klägerin hinsichtlich des Ortes, des Umfangs und der Art der Arbeitsleistung unterlegen habe. Die Klägerin habe in der mündlichen Verhandlung ausgeführt, dass die Beigeladene zu 1 ihre Tätigkeit zwingend in den Praxisräumen der Klägerin auszuüben gehabt habe, weil die Daten der Mandanten nach dem Willen der Klägerin in den Büroräumen haben verbleiben sollen. Ferner habe die Beigeladene zu 1 die Arbeiten mit den vor Ort vorhandenen Betriebsmitteln der Klägerin ausführen sollen (zu diesem Aspekt Hinweis auf LSG für das Land Nordrhein-Westfalen, Urteil vom 4. Dezember 2013 – L 8 R 296/10, juris). Das Weisungsrecht der Klägerin hinsichtlich der Art und des Umfangs der Tätigkeit der Beigeladenen zu 1 ergebe sich daraus, dass die Klägerin bestimmt habe, welche Mandate die Beigeladene zu 1 zu übernehmen gehabt habe, ohne dass die Beigeladene zu 1 die Möglichkeit gehabt habe, Aufträge nicht anzunehmen (zu diesem Aspekt Hinweis auf LSG Nordrhein-Westfalen, a.a.O.). Hierzu habe die Klägerin in der mündlichen Verhandlung angegeben, dass sie es nicht akzeptiert hätte, wenn die Beigeladene zu 1 einen Auftrag abgelehnt hätte. Vielmehr habe die Beigeladene zu 1 die von der Klägerin zur Verfügung gestellten Unterlagen eines festen Mandantenkreises umgehend nach Eingang bei der Klägerin zu bearbeiten gehabt. Hingegen seien die für eine selbstständige Tätigkeit sprechenden typischen Merkmale nicht in erheblichem Umfang vorhanden. Die Beigeladene zu 1 habe zwar über ein eigenes Büro verfügt, jedoch habe sie die Tätigkeiten für die Klägerin nach deren Vorgabe nicht dort, sondern ausschließlich in den Räumen der Klägerin ausgeführt. Im Hinblick auf die hier zu beurteilende Tätigkeit der Beigeladenen zu 1 bei der Klägerin habe die Beigeladene zu 1 damit keine eigene Betriebsstätte genutzt. Weiter habe die Beigeladene zu 1 auch kein nennenswertes unternehmerisches Risiko getragen. Nach der ständigen Rechtsprechung des BSG sei maßgebliches Kriterium für das Vorliegen eines unternehmerischen Risikos, ob eigenes Kapital oder die eigene Arbeitskraft auch mit der Gefahr des Verlustes eingesetzt werde, der Erfolg des Arbeitseinsatzes und der tatsächlichen persönlichen Mittel also ungewiss sei (Hinweis auf u.a. BSG, Urteil vom 25. April 2012 – B 12 KR 24/10 R, juris). Dies sei vorliegend jedoch nicht der Fall gewesen. Für die Tätigkeit bei der Klägerin, deren sozialversicherungsrechtliche Beurteilung hier streitig sei, habe die Beigeladene zu 1 keine Räumlichkeiten vorhalten und damit keine finanziellen Mittel aufwenden müssen. Da der Beigeladenen zu 1 auch der PC und das Buchführungsprogramm von der Klägerin zur Verfügung gestellt worden seien, sei auch hierfür kein Kapital von Seiten der Beigeladenen zu 1 einzusetzen gewesen. Ferner habe für die Beigeladene zu 1 auch kein besonderes Vergütungsrisiko mit Ausnahme des auch von abhängig Beschäftigten zu tragenden Insolvenzrisikos des Auftraggebers bestanden. Die Tätigkeit der Beigeladenen zu 1 sei nach tatsächlich geleisteten Stunden zu einem festen Stundensatz vergütet worden. Da die Klägerin die Buchhaltung für einen festen Mandantenkreis zu bearbeiten gehabt habe, habe sie mit einer regelmäßigen Vergütung rechnen können (Hinweis auf LSG Nordrhein-Westfalen, a.a.O.). Dabei könne auch das Fehlen von Regelungen zu Ansprüchen auf Urlaubsentgelt bzw. Entgeltfortzahlung im Krankheitsfall nicht als Indiz für ein unternehmerisches Risiko der Beigeladenen zu 1 gewertet werden. Eine solche Regelung sei als typisch anzusehen, wenn beide Seiten eine selbstständige freie Mitarbeit wollten (Hinweis auf LSG Baden-Württemberg, a.a.O.). Jedoch sei die Überbürdung sozialer Risiken abweichend von der das Arbeitsrecht prägenden Risikoverteilung nur dann ein gewichtiges Indiz für unternehmerisches Handeln, wenn damit auch größere unternehmerische Gestaltungsmöglichkeiten und Chancen einhergingen, also eine Erweiterung der unternehmerischen Möglichkeiten stattfinde (Hinweis auf BSG, Urteile vom 11. März 2009 – B 12 KR 21/07 R, und vom 25. Januar 2001 – B 12 KR 17/00 R, jeweils juris). Hierfür sei im vorliegenden Fall jedoch nichts ersichtlich. Da die Klägerin die Ablehnung eines Auftrags durch die Beigeladene zu 1 nicht akzeptiert hätte, sei die Beigeladene zu 1 im Ergebnis zur Ausführung der ihr zugewiesenen Arbeiten verpflichtet gewesen. Die Beigeladene zu 1 habe – wie oben ausgeführt – ihre Tätigkeit mit Ausnahme der Arbeitszeit nicht im Wesentlichen frei gestalten können, so dass größere unternehmerische Gestaltungsmöglichkeiten für die Beigeladene zu 1 nicht bestanden hätten. Für eine selbstständige Tätigkeit der Beigeladenen zu 1 spreche weiter auch nicht die Tatsache, dass sie keinen inhaltlichen bzw. fachlichen Einzelweisungen der Klägerin unterlegen habe. Die Klägerin habe mit Schreiben vom 25. Februar 2011 angegeben, dass die Beigeladene zu 1 die übertragenen Buchhaltungsaufgaben selbstständig und eigenverantwortlich zu bearbeiten habe, wobei die Klägerin sich ein Letztentscheidungsrecht vorbehalte. Insoweit sei jedoch zu berücksichtigen, dass bei höher qualifizierten Tätigkeiten die frei gestaltete Arbeitsleistung innerhalb eines vorgegebenen Rahmens üblich sei und kein Indiz für eine selbstständige Tätigkeit darstelle. Der Gestaltungsspielraum der Beigeladenen zu 1 habe sich damit aus der qualifizierten Tätigkeit als Buchhalterin ergeben. Dass die Beigeladene zu 1 für mehrere Auftraggeber tätig geworden sei, spreche ebenfalls nicht gegen eine abhängige Tätigkeit. Vielmehr seien die jeweiligen Vertragsverhältnisse voneinander getrennt zu betrachten (Hinweis auf Bayerisches LSG, Urteil vom 6. Oktober 2015 – L 7 R 66/13, juris; LSG Nordrhein-Westfalen, Urteil vom 14. Oktober 2014 – L 8 R 870/13, juris). Dabei könnten abhängige Beschäftigungen durchaus neben selbstständigen Tätigkeiten ausgeübt werden (Hinweis auf LSG Nordrhein-Wetsfalen, Urteil vom 4. Dezember 2013 – L 8 R 296/10, juris). Zu einer anderen Beurteilung führe auch nicht die Tatsache, dass die Klägerin damit einverstanden gewesen wäre, dass die Beigeladene zu 1 im Falle ihrer Verhinderung eine Ersatzkraft stellte, sofern diese auch "gut gearbeitet" hätte. Zwar könne grundsätzlich die Frage, ob eine höchstpersönliche Leistung geschuldet sei oder die Erbringung der Leistung delegiert werden dürfe, ein Indiz für die Abgrenzung zwischen abhängiger Beschäftigung und selbstständiger Tätigkeit sein. Dabei sei auch von Bedeutung, in welchem Umfang Dritte eingeschaltet würden. Vorliegend sei zu berücksichtigen, dass die Einschaltung einer Ersatzkraft nur für den Fall vorgesehen gewesen sei, dass die Beigeladene zu 1 (krankheitsbedingt) verhindert gewesen wäre und ihre Arbeit nicht im Zeitrahmen hätte nachholen können (Schreiben der Klägerin vom 25. Februar 2011). Insgesamt überwögen damit die Gesichtspunkte, die für eine abhängige Beschäftigung und eine damit einhergehende Versicherungspflicht in den einzelnen Sozialversicherungszweigen sprächen.

Gegen dieses, ihrer Prozessbevollmächtigten am 8. Februar 2016 zugestellte Urteil richtet sich die am 7. März 2016 eingelegte Berufung der Klägerin. Sie wiederholt und vertieft ihren eigenen bisherigen Vortrag und betont einerseits, dass bei der Eingehung der vertraglichen Beziehung die "Freiberuflichkeit" wesentliches Kriterium für sie und die Beigeladene zu 1 gewesen sei. Andererseits trägt die Klägerin vor, dass sie Ende des Jahres 2009 per Annonce eine Steuerfachangestellte für die dann von der Beigeladenen zu 1 übernommenen Arbeiten gesucht habe und dass es ihr egal gewesen sei, ob diese Arbeiten im Rahmen einer abhängigen Beschäftigung oder einer selbstständigen Tätigkeit ausgeübt würden; es sei der Wunsch der Beigeladenen zu 1 gewesen, selbstständig zu arbeiten. Bei der Annahme einer Weisungsgebundenheit verkenne das SG, dass die Klägerin nicht ohne vorherige Einigung den Umfang der Tätigkeit der Beigeladenen zu 1 hätte erhöhen können.

Die Klägerin beantragt,

das Urteil des Sozialgerichts Hamburg vom 15. September 2015 sowie den Bescheid der Beklagten vom 23. März 2011 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 22. November 2011 aufzuheben und festzustellen, dass die Beigeladene zu 1 in ihrer im Zeitraum vom 1. Januar 2010 bis 31. Juli 2011 für die Klägerin ausgeübten Tätigkeit als "Büroservicekraft" nicht der Versicherungspflicht in der gesetzlichen Renten- und Krankenversicherung, der sozialen Pflegeversicherung und nach dem Recht der Arbeitsförderung aufgrund abhängiger Beschäftigung unterlag.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Sie hält das erstinstanzliche Urteil für überzeugend und bezieht sich auf dessen Entscheidungsgründe sowie auf den eigenen bisherigen Vortrag.

Die Beigeladene zu 1 schließt sich dem Antrag der Klägerin an.

Sie trägt vor, von der Agentur für Arbeit einen Gründungszuschuss für die Aufnahme einer selbstständigen Tätigkeit mit der Bezeichnung "Büroservice" erhalten zu haben, von dem sie überwiegend ihren Lebensunterhalt bestritten habe. Neben ihren Tätigkeiten für die Klägerin habe die für die A. GmbH noch einen ähnlichen Zeitaufwand mit sich gebracht, die übrigen hingegen deutlich weniger.

Die Beigeladenen zu 2 bis 4 haben keine inhaltliche Stellungnahme abgegeben und stellen keine Anträge.

Zur Ergänzung des Tatbestandes wird Bezug genommen auf die Sitzungsniederschrift vom 14. Dezember 2016, die vorbereitenden Schriftsätze der Beteiligten sowie den weiteren Inhalt der hiesigen Prozessakte, der beigezogenen Prozessakte des SG Hamburg S 20 R 1382/11 und der ebenfalls beigezogenen Verwaltungsakte der Beklagten.

Entscheidungsgründe:

Die statthafte (§§ 143, 144 SGG) und auch im Übrigen zulässige, insbesondere form- und fristgerecht (§ 151 SGG) eingelegte Berufung der Klägerin ist unbegründet. Das SG hat die Klage zu Recht und mit zutreffender Begründung, auf die der Senat nach § 153 Abs. 2 SGG Bezug nimmt, abgewiesen.

Der Vortrag der Klägerin im Berufungsverfahren ist nicht geeignet, die Beurteilung durch das SG in Frage zu stellen. Es ist zwar richtig, dass auch der entsprechende Wille der Vertragsparteien ein Indiz für eine abhängige Beschäftigung bzw. eine selbstständige Tätigkeit sein kann. Dabei sind im Ergebnis jedoch nicht die Bezeichnung und der Wunsch nach Ersparnis der Sozialversicherungsbeiträge und derjenige des Auftrag- bzw. Arbeitgebers nach Ausschluss der Entgeltfortzahlung im Krankheits- und Urlaubsfall maßgeblich, sondern die Gewichtung der vom SG richtig wiedergegebenen, nach der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts relevanten Merkmale.

Dabei ist ausgehend von der einzigen schriftlichen Vereinbarung der Klägerin und der Beigeladenen zu 1 zunächst festzustellen, dass entgegen späteren Angaben der Klägerin die Beigeladene zu 1 sehr wohl in ihrer Eigenschaft als Steuerfachangestellte tätig werden sollte und zwar auch nach dem Wortlaut dieser Vereinbarung vom 22. Dezember 2009 in der Praxis der Klägerin, was deutlich für die vom SG angesprochene "funktionsgerecht dienende Teilhabe" in einer fremden Betriebsorganisation spricht. Auch der dortige Hinweis, dass über Stundenanzahl und wöchentliche Arbeitszeit noch Vereinbarungen getroffen werden müssten, stellt ein deutliches Indiz für eine abhängige Beschäftigung dar. Danach ergibt sich ein Tätigkeitsbild, das sich nicht wesentlich von demjenigen in Steuerberaterkanzleien beschäftigter Steuerfachangestellten unterscheidet. Damit korrespondiert die Einlassung der Klägerin in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat, dass der Aufnahme der Tätigkeit der Beigeladenen zu 1 eine von der Klägerin geschaltete Annonce vorausgegangen sei, nach der es der Klägerin egal gewesen sei, ob die Tätigkeit als abhängiges Beschäftigungsverhältnis oder als freiberufliche Tätigkeit laufe. Die Beigeladene zu 1 erledigte entsprechend ihrer Qualifikation – im Übrigen schon vor dem Tag der in der Gewerbeanmeldung angegebenen Aufnahme der Tätigkeit im "Büroservice", worunter zunächst organisatorische Dienstleistungen in fremden Büros zu verstehen sein dürften, nicht jedoch die Durchführung von Buchhaltungsarbeiten für Dritte – im Wesentlichen selbstständig die ihr zugewiesenen Arbeiten, leitete die Arbeitsergebnisse an die Klägerin als allein Verantwortliche weiter, die diese wiederum gegenüber ihren Auftraggebern bzw. für diese an zum Beispiel zuständige Behörden nach außen gab und in Rechnung stellte. Diese reine Zuarbeit entspricht der klassischen Tätigkeit abhängig beschäftigter Steuerfachangestellter. Die Vergütung erfolgte ebenfalls erfolgsunabhängig nach Stunden.

Gleichfalls geht der Senat davon aus, dass sowohl die Klägerin als auch die Beigeladene zu 1 eine höchstpersönliche Leistungserbringung erwarteten, wie es dann auch tatsächlich praktiziert wurde. Es ist kaum denkbar, dass im Fall der Verhinderung der Beigeladenen zu 1 angesichts der besonderen Umstände (Durchführung der Arbeiten im Büro der Klägerin, Zugang mit deren Schlüssel) und der erforderlichen Qualifikation die Auswahl einer Vertretung der Beigeladenen zu 1 überlassen worden wäre. Darüber hinaus sollte diese Delegationsmöglichkeit nach dem Vortrag der Klägerin und der Beigeladenen zu 1 nur für den Fall der Verhinderung bestehen, was jedoch für Selbstständige untypisch ist, die jederzeit Dritte als Subunternehmer beauftragen können.

Damit verbleibt als Unterschied zur Tätigkeit "klassischer" abhängig beschäftigter Steuerfachangestellter lediglich der Umstand, dass die Klägerin nicht befugt gewesen wäre, durch Einzelanweisung das Aufgabengebiet der Beigeladenen zu 1 zu ändern oder wesentlich zu erweitern. Dies ist jedoch auch bei abhängig Beschäftigten in der Regel nur im Wege einer Änderungskündigung möglich.

Zu Recht hat das SG darauf hingewiesen, dass die Beigeladene zu 1 im Zusammenhang mit dem Vertragsverhältnis zur Klägerin keinerlei typisches Unternehmerrisiko im Sinne eines Kapitalverlustrisikos zu tragen hatte. Für ihre Tätigkeit nutzte sie keine eigene Betriebsstätte und hatte keinerlei Investitionen für Arbeitsmittel zu tätigen.

Die nach alledem bestehende Versicherungspflicht aufgrund abhängiger Beschäftigung entfällt auch nicht etwa wegen des Vorliegens von (teilweiser) Versicherungsfreiheit wegen Geringfügigkeit (§ 8 SGB IV), hauptberuflicher Selbstständigkeit (§§ 5 Abs. 5 SGB V, 20 Abs. 1 Satz 1 SGB XI) oder auch Überschreitens der Versicherungspflichtgrenze (§§ 6 Abs. 1 Nr. 1 SGB V, 20 Abs. 1 Satz 1 SGB XI) oder eines etwaigen Werkstudentenstatus der Beigeladenen zu 1. Hierfür gibt es keine Anhaltspunkte. Insbesondere sind auch unter Zugrundelegung der gebotenen vorausschauenden Sichtweise (Felix in jurisPK-SGB V, 3. Aufl. 2016, § 5 Rn. 111) die Grenzen zur Zeit- oder Entgeltgeringfügigkeit nicht unterschritten und die Versicherungspflichtgrenze nicht überschritten. Angesichts des geringeren zeitlichen Umfangs der im streitgegenständlichen Zeitraum für weitere Auftrag- bzw. Arbeitgeber durchgeführten Tätigkeiten im Vergleich zu der streitgegenständlichen und der im Vergleich geringeren Einkünfte hieraus liegt auch keine hauptberuflich selbstständige Tätigkeit vor, ohne dass es darauf ankäme, ob die anderen Tätigkeiten überhaupt selbstständig oder nicht ebenfalls in abhängiger Beschäftigung ausgeübt wurden. Hauptberuflich ist eine selbstständige Tätigkeit nämlich nur dann, wenn sie von der wirtschaftlichen Bedeutung und dem zeitlichen Aufwand her die übrigen Erwerbstätigkeiten zusammen deutlich übersteigt und den Mittelpunkt der Erwerbstätigkeit bildet (Felix, a.a.O.). Dies traf vorliegend allein auf die für die Klägerin ausgeübte Tätigkeit zu. Der Senat vermag sich nicht einmal davon zu überzeugen, dass, wie die Beigeladene zu 1 in der mündlichen Verhandlung angegeben hat, die für die A. GmbH ausgeübte Tätigkeit einen ähnlichen Umfang gehabt habe. Dies erscheint vor dem Hintergrund unglaubhaft, dass die Beigeladene zu 1 für die Klägerin bereits einen durchschnittlichen Zeitaufwand von fast 20 Stunden wöchentlich betreiben musste und nebenher die von ihr als sehr arbeitsaufwändig beschriebene Fortbildung zur Bilanzbuchhalterin absolvierte. Dass die Beigeladene zu 1 nach eigenen Angaben trotz des schon recht guten Einkommens aus der Tätigkeit für die Klägerin angibt, ihren Lebensunterhalt überwiegend aus dem Gründungszuschuss der Agentur für Arbeit bestritten zu haben, spielt in diesem Zusammenhang keine Rolle, weil dieser kein aus einer überwiegend ausgeübten selbstständigen Tätigkeit erzieltes Einkommen darstellt.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 197a Abs. 1 Satz 1 und Abs. 2 Satz 2 SGG in Verbindung mit §§ 154 Abs. 2, 162 Abs. 3 Verwaltungsgerichtsordnung.

Gründe für eine Zulassung der Revision nach § 160 Abs. 2 Nrn. 1 oder 2 SGG liegen nicht vor.
Rechtskraft
Aus
Saved