S 36 U 295/12

Land
Hamburg
Sozialgericht
SG Hamburg (HAM)
Sachgebiet
Unfallversicherung
Abteilung
3
1. Instanz
SG Hamburg (HAM)
Aktenzeichen
S 36 U 295/12
Datum
2. Instanz
LSG Hamburg
Aktenzeichen
L 3 U 56/14
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil des Sozialgerichts Hamburg vom 28. Oktober 2014 aufgehoben und die Klage abgewiesen. Die Beteiligten haben einander keine Kosten zu erstatten. Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand:

Zwischen den Beteiligten ist die Anerkennung eines am 14. Februar 2011 erlittenen Unfalls als Arbeitsunfall streitig.

Der am 14. Mai 1957 geborene Kläger ist als Diakon bei der evangelisch-lutherischen P. Kirchengemeinde in H. beschäftigt. Diese pflegt seit 2004 eine Partnerschaft mit einer i. evangelisch-lutherischen Kirchengemeinde in B., die der Kläger in seiner hauptamtlichen Tätigkeit als Diakon initiiert und bis Ende 2009 hauptamtlich begleitet hatte. In diesem Zusammenhang hatte er bereits im Februar 2008 an einer Reise der Partnerschaftsgruppe nach I. teilgenommen. Mit Wirkung ab dem 1. Februar 2010 änderte sich der hauptamtliche Tätigkeitsbereich des Klägers innerhalb der P. Kirchengemeinde, so dass die Partnerschaftsarbeit nicht mehr in seinen Aufgabenbereich fiel. Im Einvernehmen mit dem Beauftragtengremium der P. setzte er ab diesem Zeitpunkt die Begleitung der Partnerschaftsarbeit ehrenamtlich fort. In der i. Partnergemeinde B. wurde unter anderem mit spendenfinanzierten Mitteln der P. A. in Höhe von 2.000 Euro ein Wasserkraftwerk gebaut, dessen Inbetriebnahme für Februar 2011 vorgesehen war. Anlässlich dieses Ereignisses erging eine Einladung der i. Kirchengemeinde an die deutsche Partnergemeinde. Der Kläger und weitere vier Mitglieder der Partnerschaftsgruppe der P. beschlossen, dieser Einladung nachzukommen und vom 2. Februar bis 25. Februar 2011 nach I. zu reisen. Die Kosten dieser Reise mussten sie selbst tragen. Ebenfalls mussten sie für die Dauer der Reise Urlaub nehmen. Die P. gab der Reisegruppe Briefe an den Bischof der i. Kirche und an die Partnergemeinde mit. Darüber hinaus wurden ihr Geschenke für die Partnergemeinde im Wert von 200 Euro mitgegeben. Am Sonntag, den 30. Januar 2011, wurde die Reisegruppe offiziell im Rahmen eines Gottesdienstes mit einem Segen verabschiedet. Der aufgestellte Reiseplan sah vor, dass die Reisegruppe nach vorangegangenen anderen Stationen in I. am Sonntag, den 13. Februar, in B. ankommen sollte, am Montag, den 14. Februar, eine Wanderung in ein anderes Dorf macht und am Dienstag, den 15. Februar, die Kraftwerkbesichtigung zusammen mit dem Referenten des N. Missionszentrums Herrn Pastor E. und einer weiteren Person namens V. erfolgt.

Am Abend des 14. Februar 2011 erlitt der Kläger einen Unfall, als er bei der Besichtigung des Wasserkraftwerkes auf den Rücken fiel und sich eine Fraktur des zweiten Lendenwirbelkörpers zuzog. Zum Unfallhergang gab er gegenüber der Beklagten an:

"Der Unfall ereignete sich am Abend des 14.2.2012, als wir schon 2 Tage in B. zu Gast waren, bereits im Gottesdienst empfangen, in dem wir Brief und Gastgeschenke überreicht hatten. Ich bin an diesem Abend mit Herrn S1 und Herrn D. vor das Dorf gegangen, da wir uns noch technische Details des Wasserkraftwerkes ansehen wollten. Ich wollte ihnen zeigen, an welcher Stelle das Fallrohr und die Turbine installiert wurden. Als wir an der entsprechenden Stelle waren, bin ich an einer Böschung abgerutscht und etwa 1,5 m in die Tiefe dabei auf den Rücken gefallen."

Nachdem die Gemeindesekretärin der P. Kirchengemeinde A. gegenüber der Beklagten am 24. Oktober 2011 mitgeteilt hatte, dass sich der Kläger auf keiner offiziellen ehrenamtlichen Gemeinschaftsreise befunden habe, sondern sich ohne direkten Auftrag der Kirchengemeinde mit einer privat initiierten Gruppe in I. aufgehalten hatte, lehnte die Beklagte mit Bescheid vom 28. Februar 2012 die Gewährung von Leistungen aus der gesetzlichen Unfallversicherung aufgrund des Ereignisses vom 14. Februar 2011 ab. Zum einen habe der Kläger zum Unfallzeitpunkt nicht in einem Beschäftigungsverhältnis als Diakon gestanden. Zum anderen liege auch eine ehrenamtliche Tätigkeit im Bereich der Kirche nicht vor. Als Ehrenamt definiere das Bundessozialgericht diejenigen Tätigkeiten, die – rechtlich wesentlich dem Aufgaben- und organisatorischen Verantwortungsbereich der Körperschaftskirche zuzuordnen seien und – aufgrund eines ausdrücklichen oder stillschweigenden Auftrages der Kirche verrichtet würden. Die Tätigkeit während der Partnerschaftsreise in I. sei nicht dem Kernbereich der kirchlichen Aufgaben zuzuordnen. Grundsätzlich bestehe kein Versicherungsschutz während des Urlaubs, da in einem solchen im Allgemeinen Verrichtungen aus dem privaten und persönlichen Bereich getätigt würden.

Den gegen die Entscheidung vom Kläger eingelegten Widerspruch wies die Beklagte nach weiteren Ermittlungen zu den Umständen der Reise mit Widerspruchsbescheid vom 15. November 2012 zurück. Die Tätigkeit des Klägers sei außerhalb des Geltungsbereichs des Sozialgesetzbuches geschehen. Eine Entsendung gemäß § 4 Viertes Sozialgesetzbuch – Gemeinsame Vorschriften für die Sozialversicherung – (SGB IV) liege nicht vor, da die Reisegruppe von sich aus zur Reise aufgerufen und den Inhalt ihrer Reise selbst bestimmt habe. Die Kirchengemeinde habe hierüber keine Vorgaben gemacht. Die Reisegruppe habe lediglich einen Brief und Geschenke der Gemeinde überbracht. Sie habe keine von der Kirchengemeinde übertragene konkrete Aufgaben gehabt und keine konkrete, aktive Tätigkeit ausgeübt. Die Reisegruppenmitglieder hätten die Kosten der Reise komplett selbst getragen und zudem 18 Urlaubstage von ihrem Beschäftigungsverhältnis nehmen müssen. Die Reisegruppe sei auch für andere Personen offen gewesen und sei damit mit einer privaten Reisegruppe vergleichbar, die sich das Land und die Orte ihres Interesses anschaue. Die Übernahme der ehrenamtlichen Tätigkeit in der Partnerschaftsgruppe sei weder Voraussetzung noch Grund für die Reise gewesen.

Während des nachfolgenden Klageverfahrens hat der Kläger sein Begehren weiter verfolgt und darauf verwiesen, dass der Inhalt der Reise mit den Pastorinnen der P. besprochen worden sei und Anlass der Reise die Inbetriebnahme des von der P. mitfinanzierten Wasserkraftwerkes gewesen sei, so dass insoweit die Reisegruppe auch von der Kirchengemeinde übertragene konkrete Aufgaben gehabt habe. Die Übernahme der Kosten durch die Reiseteilnehmer sei für eine ehrenamtliche Tätigkeit auch typisch. Im Übrigen liege in der Verabschiedung mit Gottes Segen in einem öffentlichen Gottesdienst durch die Pastorin auch eine Entsendung.

Im Termin zur mündlichen Verhandlung und Beweisaufnahme am 28. Oktober 2014 hat das Sozialgericht die Reiseteilnehmerin D. und die Pastorin W. als Zeuginnen zu den Umständen der Reise im Februar 2011 gehört. Hinsichtlich des Ergebnisses der Vernehmung der Zeuginnen wird Bezug genommen auf den Inhalt der Sitzungsniederschrift vom 28. Oktober 2014.

Durch sein Urteil vom 28. Oktober 2014 hat das Sozialgericht unter Aufhebung der angefochten Bescheide der Beklagten festgestellt, dass der Kläger am 14. Februar 2011 einen Arbeitsunfall erlitten hat. Der Kläger sei zum Unfallzeitpunkt bei einer gemäß § 2 Abs. 1 Nr. 10 Siebtes Sozialgesetzbuch – Gesetzliche Unfallversicherung – (SGB VII) versicherten Tätigkeit gewesen, da er in B. als Hauptverantwortlicher für die Partnerschaftsarbeit mit der i. Gemeinde für die P. konkret ehrenamtlich tätig geworden sei und er für diese Tätigkeit von der P. nach I. entsandt worden sei. Der Unfall habe sich auch im Rahmen der Ausübung der ehrenamtlichen Tätigkeit ereignet, da die Inspektion des Kraftwerkes in einem direkten Zusammenhang mit der ehrenamtlichen und damit versicherten Tätigkeit des Klägers vor Ort gestanden habe. Auf die der Beklagten am 17. November 2014 zugestellte Entscheidung wird ergänzend Bezug genommen.

Mit ihrer am 12. Dezember 2014 gegen diese Entscheidung eingelegten Berufung macht die Beklagte geltend, der Kläger habe während des Aufenthaltes in I. nicht unter dem Schutz der gesetzlichen Unfallversicherung gestanden, weil seine Reise im Wesentlichen privat motiviert gewesen und die im Inland ausgeübte ehrenamtliche Tätigkeit nicht auf den Auslandaufenthalt zu übertragen sei. Die P. habe den Kläger nicht ausdrücklich beauftragt, nach I. zu reisen. Die Partnerschaftsgruppe habe vielmehr aus eigenem Antrieb eine Einladung der i. Partnergemeinde angenommen. Eine ausdrückliche oder stillschweigende Beauftragung sei wegen des deutlichen finanziellen und zeitlichen Aufwandes gar nicht möglich gewesen. Das Sozialgericht habe bei seiner Entscheidung den Aspekt der Einladung nicht berücksichtigt. Die Annahme dieser Einladung drücke gerade das besondere private Interesse an dem im Ausland unterstützten Projekt aus. Auch mit dem Aspekt der privaten Finanzierung der Reise habe sich das Sozialgericht nicht genügend auseinander gesetzt. Die private Aufwendung sowohl von Urlaubstagen als auch von Reisekosten stelle einen Beweis für die persönliche Motivation dar. Da der Kläger seine Unkosten komplett selbst habe tragen müssen, sei er auch niemandem gegenüber weisungsgebunden gewesen; eine Beauftragung/Entsendung könne in dieser Konstellation nicht erkannt werden. Da die Reise ohne Vorgaben geplant gewesen sei, könne nicht erkannt werden, welches Ehrenamt der Kläger während der Reise innegehabt haben solle. Es sei davon auszugehen, dass die Reisegruppe die Reise auch unternommen hätte, wenn sie weder Geschenke noch den Brief der P. hätte überbringen sollen.

Aber selbst wenn der Kläger in I. als ehrenamtlich Tätiger anzusehen sei, seien die Voraussetzungen für einen Versicherungsfall nicht erfüllt, da die Verrichtung des Klägers zur Zeit des Unfalls nicht der versicherten Tätigkeit zuzurechnen sei. Ehrenamtlich Tätige stünden nur unter Versicherungsschutz, während und solange sie die ehrenamtliche Tätigkeit ausüben. Tätigkeiten, die aus persönlichem Interesse verrichtet werden, seien nicht der ehrenamtlichen Tätigkeit zuzurechnen. Als der Kläger am Unfallabend zwei Mitgliedern der Reisegruppe Details des Wasserkraftwerks zeigen wollte, habe sich die Reisegruppe schon zwei Tage in B. befunden, sei im Gottesdienst empfangen worden und habe die Gastgeschenke überreicht gehabt. Am Unfallabend habe keine allgemeine Besichtigung stattgefunden, es sei kein Ortsansässiger oder eine andere offizielle Person dabei gewesen. Das Wasserkraftwerk habe auch nicht anlässlich der Eröffnung besichtigt werden sollen, sondern wegen des technischen Interesses einzelner Reisegruppenmitglieder. Der somit aus privater Handlungstendenz unternommene Weg sei nicht der versicherten Tätigkeit als ehrenamtlich Tätiger zuzurechnen.

Die Beklagte beantragt, das Urteil des Sozialgerichts Hamburg vom 28. Oktober 2014 aufzuheben und die Klage abzuweisen.

Der Kläger beantragt, die Berufung zurückzuweisen.

Er ist der Auffassung, das Sozialgericht habe der Klage zu Recht und mit zutreffender Begründung stattgegeben. Die Beklagte bewerte in ihrer Berufungsbegründung die Einladung der Partnergemeinde falsch. Es handele sich nicht um eine private Einladung, sondern um eine solche der Partnergemeinde gerichtet an die Partnerschaftsgruppe. Zu Recht habe das Sozialgericht dargelegt, dass gerade die Freiwilligkeit und der Einsatz privater Mittel Merkmale einer ehrenamtlichen Tätigkeit seien und aus ihnen nicht das Überwiegen privater Interessen geschlossen werden könne. Unrichtig sei auch, dass die Partnerschaftsgruppe die Reise ohne Vorgaben geplant habe. Vielmehr habe es ein konkretes Programm gegeben, welches dem beim Gericht eingereichten Reiseplan zu entnehmen sei. Schließlich habe das Sozialgericht auch zutreffend dargelegt, dass er, der Kläger, in Ausübung seiner ehrenamtlichen Tätigkeit verunfallt sei. Er habe sich mit weiteren Mitgliedern der Partnerschaftsgruppe auf dem Weg zur Inspektion des Wasserkraftwerks befunden, was im direkten Zusammenhang mit seiner ehrenamtlichen und damit versicherten Tätigkeit stehe.

Das Berufungsgericht hat den Kläger im Termin zur mündlichen Verhandlung am 23. August 2016 nochmals zur Sache befragt. Dabei hat er angegeben, dass tatsächlich die offizielle Einweihung des Wasserkraftwerkes erst am Tag nach dem Unfall stattfinden sollte. Zwei Mitglieder der Reisegruppe hätten Nachfragen zu den technischen Einzelheiten gehabt und er – der Kläger – habe es unternommen, ihnen diese zu erläutern. Nur von der aufgesuchten Stelle habe man das Fallrohr sehen können. Beim Aufsuchen dieser Stelle sei dann der Unfall passiert. Auf weitere Nachfrage hat der Kläger ergänzt, dass die beiden weiblichen Mitglieder der Reisegruppe zum Unfallzeitpunkt im Dorf B. Gespräche mit den Frauen der Gemeinde geführt hätten. Es sei schwierig, die Frauen der Gemeinde alleine zu sprechen. Deshalb seien die weiblichen Mitglieder der Reisegruppe nicht mit auf den Besichtigungsgang gegangen, um während dieser Zeit Gespräche mit den Frauen zu führen.

Wegen weiterer Einzelheiten der Anhörung der Beteiligten wird auf die Niederschrift über die öffentliche Senatssitzung, wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten im Übrigen wird auf die ausweislich dieser Niederschrift zum Gegenstand der mündlichen Verhandlung gemachten Akten Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

Die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des Sozialgerichts vom 28. Oktober 2014 ist nach §§ 143, 144 Sozialgerichtsgesetz (SGG) statthaft und im Übrigen zulässig, namentlich fristgerecht (§ 151 Abs. 1 SGG) eingelegt worden. Sie ist auch begründet. Zu Unrecht hat das Sozialgericht der Klage auf Feststellung des Vorliegens eines am 14. Februar 2011 erlittenen Arbeitsunfalls stattgegeben. Nach dem Gesamtergebnis des Verfahrens (§ 128 Abs. 1 SGG) hat der Kläger an dem fraglichen Tag einen Arbeitsunfall nicht erlitten, weil er bei dem Ereignis nicht unter dem Schutz der gesetzlichen Unfallversicherung stand. Die angefochtenen Bescheide der Beklagten vom 28. Februar 2012 und 15. November 2012 lassen deshalb Rechtsfehler zu Lasten des Klägers nicht erkennen.

Nach § 8 Abs. 1 Satz 1 SGB VII sind Arbeitsunfälle Unfälle von Versicherten infolge einer den Versicherungsschutz nach §§ 2, 3 oder 6 SGB VII begründenden Tätigkeit (versicherte Tätigkeit). Unfälle sind nach § 8 Abs. 1 Satz 2 SGB VII zeitlich begrenzte, von außen auf den Körper einwirkende Ereignisse, die zu einem Gesundheitsschaden oder zum Tod führen. Ein Arbeitsunfall setzt daher voraus, dass der Verletzte durch eine Verrichtung vor dem fraglichen Unfallereignis den gesetzlichen Tatbestand einer versicherten Tätigkeit erfüllt hat und deshalb "Versicherter" ist. Die Verrichtung muss ein zeitlich begrenztes, von außen auf den Körper einwirkendes Ereignis und dadurch einen Gesundheitserstschaden oder den Tod des Versicherten objektiv und rechtlich wesentlich verursacht haben (Unfallkausalität und haftungsbegründende Kausalität; stRspr, vgl. z.B. BSG vom 4.12.2014 - B 2 U 18/13 R -, juris) Diese Voraussetzungen sind nicht erfüllt. Der Kläger erlitt zwar am 14. Februar 2011 auf dem Gelände des Wasserkraftwerkes in B./ I. eine zeitlich begrenzte, von außen kommende Einwirkung auf seinen Körper und damit einen Unfall im Sinne des § 8 Abs. 1 Satz 2 SGB VII. Er schlug mit dem Rücken auf den Boden auf, wodurch ein Teil der Außenwelt auf den Körper einwirkte (vgl. BSG vom 29.11.2011 - B 2 U 10/11 R, juris). Dies führte zu einem seine körperliche Unversehrtheit verletzenden Wirbelsäulentrauma mit Fraktur des zweiten Lendenwirbelkörpers.

Entgegen der Auffassung der Beklagten steht zur Überzeugung des erkennenden Senats nach dem Gesamtergebnis des Verfahrens in Übereinstimmung mit dem Sozialgericht auch fest, dass die Partnerschaftsgruppe und damit auch der Kläger auf der Reise nach I. für die P. H. wegen der dadurch geleisteten Öffentlichkeitsarbeit für diese ehrenamtlich tätig geworden ist und die Gruppe für diese ehrenamtliche Tätigkeit von der P. auch gemäß § 4 SGB IV nach I. entsandt wurde, so dass für die Reiseteilnehmer grundsätzlich nach § 2 Abs. 1 Nr. 10 b SGB VII Versicherungsschutz bestand. Insoweit schließt sich der Senat den überzeugenden Ausführungen des Sozialgerichts an und nimmt zur Vermeidung von Wiederholungen auf sie Bezug (§ 153 Abs. 2 SGG).

Allerdings ist der Unfall des Klägers vom 14. Februar 2011 trotzdem – anders als das Sozialgericht meint – nicht als Arbeitsunfall anzuerkennen, weil die Verrichtung des Klägers zur Zeit des Unfalls – die Besichtigung des Wasserkraftwerkes – nicht im sachlichen Zusammenhang mit seiner versicherten Tätigkeit nach § 2 Abs. 1 Nr. 10 b SGB VII als Ehrenamtlicher stand. Ein solcher Zusammenhang lässt sich auch nicht aus dem Gesichtspunkt einer besonderen Betriebsgefahr herleiten.

Der sachliche Zusammenhang zwischen der versicherten Tätigkeit – hier die ehrenamtliche Öffentlichkeitsarbeit für die Kirchengemeinde – und der Verrichtung zur Zeit des Unfalls – hier die Besichtigung des Wasserkraftwerkes – ist wertend zu ermitteln, indem untersucht wird, ob die jeweilige Verrichtung innerhalb der Grenze liegt, bis zu welcher der Versicherungsschutz in der gesetzlichen Unfallversicherung reicht (vgl. BSG vom 18.11.2008 – B 2 U 31/07 R –, juris). Die Tatsache, dass der Kläger den Unfall während einer seiner versicherten ehrenamtlichen Tätigkeit dienenden ("Geschäfts-")Reise erlitten hat, reicht für sich alleine zur Begründung eines rechtlich bedeutsamen inneren Zusammenhanges mit der versicherten Tätigkeit nicht aus. Ein derartiger Zusammenhang wird zwar am Ort der auswärtigen Beschäftigung oftmals eher anzunehmen sein, als am Wohn- oder Betriebsort. Einen lückenlosen Versicherungsschutz auf Geschäftsreisen mit der Erwägung, dass der Reisende gezwungen sei, sich an einem fremden Ort in einer fremden Umgebung aufzuhalten, hat das Bundessozialgericht aber stets abgelehnt. Vielmehr kommt es auch hier darauf an, ob die Betätigung, bei der der Unfall eintritt, eine rechtlich bedeutsame Beziehung zu der betrieblichen Tätigkeit am auswärtigen Dienstort aufweist, welche die Annahme eines inneren Zusammenhanges rechtfertigt. Auch auf Geschäftsreisen entfällt der Versicherungsschutz, wenn der Reisende sich rein persönlichen, von seinen betrieblichen Aufgaben nicht mehr wesentlich beeinflussten Belangen widmet (vgl. BSG vom 18.03.2008 – B 2 U 13/07 R –, juris).

Die Besichtigung des Wasserkraftwerkes am 14. Februar 2011, bei welcher der Kläger verunglückt ist, weist keinen erkennbaren Bezug zu den ehrenamtlichen Aufgaben auf, die den Grund für den Aufenthalt in B. bildeten. Zwar war die Einweihung des Wasserkraftwerkes bzw. die konkret in diesem Zusammenhang ausgesprochene Einladung der Partnergemeinde Hauptgrund für die durchgeführte Reise, jedoch ist insoweit zu berücksichtigen, dass die offizielle Besichtigung/Einweihung des Wasserkraftwerks sowohl nach dem Reiseplan als auch den Angaben des Klägers anlässlich seiner Befragung durch das Berufungsgericht erst für den 15. Februar 2011 vorgesehen war. Deshalb haben sich am Abend des 14. Februar 2011 auch nicht alle Mitglieder der Partnerschaftsgruppe auf den Weg zum Wasserkraftwerk gemacht, sondern lediglich die drei männlichen. Da keine offizielle Person und kein Ortsansässiger diese drei Personen begleitet hat, konnte es sich weder um eine Einweihung oder andere offizielle Besichtigung des Kraftwerkes, noch um eine andere Veranstaltung zur Vertiefung der Beziehungen zwischen der P. Kirchengemeinde, vertreten durch die Partnerschaftsgruppe, und der i. Partnergemeinde handeln. Die Angaben des Klägers im Termin am 23. August 2016, dass die weiblichen Mitglieder der Reisegruppe nicht an dem Besichtigungsgang teilgenommen haben, weil sie Gespräche mit allein den Frauen des Dorfes geführt haben, was schwierig gewesen sei, lassen darüber hinaus den Schluss zu, dass die Anwesenheit der männlichen Mitglieder der Reisegruppe diese Frauengespräche gestört bzw. sie unmöglich gemacht hätte, und die Männer sich die Zeit während der Gespräche deshalb anders, hier letztlich mit dem zum Unfall führenden Besichtigungsgang vertrieben haben. Nach alledem diente die Besichtigung des Kraftwerks am Abend des 14. Februar 2011 allein dem Zeitvertreib und/oder der Befriedigung des technischen Interesses einiger Partnerschaftsgruppenmitglieder. Dieser Zweck der Besichtigung ist aber nicht der ehrenamtlichen Tätigkeit zuzurechnen, so dass die aus privater Handlungstendenz unternommene Besichtigung nicht unter dem Schutz der gesetzlichen Unfallversicherung stand.

Aus der Rechtsprechung zur besonderen Betriebsgefahr kann ebenfalls kein Zusammenhang zwischen der versicherten ehrenamtlichen Tätigkeit des Klägers und seinem Unfall hergeleitet werden. Zwar kann ein rechtlich wesentlicher innerer Zusammenhang mit der versicherten Tätigkeit nach der ständigen Rechtsprechung des Bundessozialgerichts auch dadurch begründet werden, dass der Reisende gezwungen ist, sich bei seiner privaten Lebensgestaltung am Aufenthaltsort Risiken auszusetzen, die ihm während seines normalen Verweilens am Wohn- oder Beschäftigungsort nicht begegnet wären. Allerdings ist eine am Ort der auswärtigen Beschäftigung bestehende Gefahrenquelle nur unter bestimmten Voraussetzungen der versicherten Tätigkeit zuzurechnen. Erforderlich ist insbesondere, dass sie sich bei solchen Verrichtungen des täglichen Lebens auswirkt, die auch während einer Dienst- oder Geschäftsreise zwangsläufig anfallen, mit der Folge, dass sich der Versicherte der Gefährdung nicht entziehen kann. Demgegenüber begründen Gefährdungen, denen sich der Reisende bei privaten Unternehmungen am Aufenthaltsort freiwillig aussetzt, keinen Versicherungsschutz (vgl. BSG vom 18.03.2008, a.a.O.). Unter Zugrundelegung dieser Maßstäbe stand der Kläger zum Unfallzeitpunkt schon deshalb nicht unter Versicherungsschutz, weil er sich der Gefahr des Sturzes freiwillig durch die aus privater Handlungstendenz heraus vorgenommene Besichtigungstour am 14. Februar 2011 ausgesetzt hat.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG und entspricht dem Ausgang des Rechts-streits in der Hauptsache.

Die Revision gegen dieses Urteil war nicht zuzulassen, weil die gesetzlichen Vorausset-zungen des § 160 Abs. 2 Nr. 1 oder Nr. 2 SGG nicht vorliegen.
Rechtskraft
Aus
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