S 14 KA 434/10

Land
Nordrhein-Westfalen
Sozialgericht
SG Düsseldorf (NRW)
Sachgebiet
Vertragsarztangelegenheiten
Abteilung
14
1. Instanz
SG Düsseldorf (NRW)
Aktenzeichen
S 14 KA 434/10
Datum
2. Instanz
LSG Nordrhein-Westfalen
Aktenzeichen
-
Datum
-
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
B 6 KA 39/14 R
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Klage wird abgewiesen. Die Klägerin trägt die Kosten des Verfahrens.

Tatbestand:

Die Beteiligten streiten um die Rechtmäßigkeit des Abrechnungsbescheides der Beklag-ten für das Quartal III/2009.

Bei der Klägerin handelt es sich um ein medizinisches Versorgungszentrum in der Rechtsform einer Gesellschaft mit beschränkter Haftung (GmbH), das in N zur ver-tragsärztlichen Versorgung zugelassen ist. Bei der Klägerin waren im streitgegenständli-chen Zeitraum fünf Ärzte mit den Facharztbezeichnungen Facharzt für Laboratoriumsmedizin bzw. Facharzt für Mikrobiologie und Infektionsepidemiologie tätig.

Unter dem 26.01.2010 erteilte die Beklagte der Klägerin den Abrechnungsbescheid für das Quartal III/2009. Aus einem Aktenvermerk der Beklagten geht hervor, dass dem Ab-rechnungsbescheid sachlich-rechnerische Berichtigungen nach Regelwerk zugrunde la¬gen. Diese betrafen die Nrn. 40100 und 40120 des Einheitlichen Bewertungsmaßstabs (EBM). Bei Nr. 40100 EBM handelt es sich um die Kostenpauschale für Versandmaterial, Versandgefäße usw. sowie für die Versendung bzw. den Transport für Untersuchungsmaterial, gegebenenfalls auch von infektiösem Untersuchungsmaterial, einschließlich der Kosten für die Übermittlung von Untersuchungsergebnissen der

- Laboratoriumsdiagnostik, ggf. einschließlich der Kosten für die Übermittlung der Gebührenordnungspositionen und der Höhe der Kosten überwiesener kurativ-ambu-lanter Auftragsleistungen des Abschnitts 32.3, - Histologie, - Zytologie, - Zytogenetik und Molekulargenetik,

einmal im Behandlungsfall. Sie beträgt 2,60 Euro. Die Streichung dieser Gebührenordnungsposition erfolgte nach Darstellung der Klägerin in 25.126 Fällen. Bei Nr. 40120 EBM handelt es sich um die Kostenpauschale für die Versendung bzw. für den Transport von Briefen und/oder schriftlichen Unterlagen bis 20 g (z. B. im Postdienst Standardbrief) oder für die Vermittlung eines Telefax‘. Sie beträgt 0,55 Euro. Diese Gebührenordnungsposition war in 26.780 Fällen gestrichen worden.

Am 22.02.2010 erhob die Klägerin Widerspruch. Sie führte aus, die Vergütung für das Quartal III/2009 sei nicht nachvollziehbar. Es bedürfe einer Erläuterung der sachlich-rech-nerischen Berichtigungen. Die Absetzung der Kosten nach Nrn. 40100 und 40120 EBM sei nicht sachgerecht.

Mit Widerspruchsbescheid vom 12.08.2010 wies die Beklagte den Widerspruch mit der Begründung zurück, die Leistungen nach Nr. 40120 EBM könnten in den Fällen nicht berechnet werden, in denen die Kostenpauschale nach Nr. 40100 EBM abgerechnet worden sei. Diese sei in demselben Behandlungsfall nicht neben Gebührenordnungspositionen der Abschnitte 32.2.1 bis 32.2.7 EBM berechnungsfähig. Die Überprüfung der klägerischen Abrechnung habe aber ergeben, dass die Gebührenordnungsposition 40100 EBM ausschließlich neben Laboratoriumsuntersuchungen des Abschnitts 32.2.3 in Abzug gebracht worden sei.

Am 06.09.2010 hat die Klägerin Klage erhoben.

Die Klägerin macht im Wesentlichen geltend, die sachlich-rechnerische Berichtigung der Beklagten beruhe auf der Änderung des EBM zum 01.04.2009 bzw. auf der Nichtvergütung der Versandvorgänge nach Nr. 40100 EBM, wenn Bestandteil des Untersuchungsauftrags auch oder nur eine Leistung des Abschnitts 32.2 gewesen sei. Sie sei rechtswidrig. Ein sachlicher Grund für den zugrundeliegenden Beschluss der Beigeladenen zu 2) sei nicht ersichtlich. Insgesamt seien drei Konstellationen möglich, in denen der Versand¬vorgang des Fachlabors nicht mehr bezahlt werde. Dies sei der Fall, wenn zusätzlich zu speziellen Untersuchungen eine allgemeine Laboratoriumsuntersuchung angefordert werde, wenn nur eine allgemeine Laboratoriumsuntersuchung angefordert werde und wenn in einem Quartal neben einem Auftrag mit ausschließlich speziellen Untersuchungen zu einem anderen Zeitpunkt gesondert noch eine allgemeine Laboratoriumsuntersuchung in Auftrag gegeben werde. Ihre aktuelle Situation sei dadurch gekennzeichnet, dass von 80.000 Untersuchungsfällen ca. 25.000 ohne Vergütung blieben. Dass die Erstattungsfähigkeit aber vom Überweisungsverhalten anderer Ärzte abhängig sei, sei nicht sachgerecht. Die Regelung verletze Art. 3 Abs. 1 Grundgesetz (GG), Art. 12 Abs. 1 GG und § 87 Abs. 2 SGB V sowie die Pflicht zur sachgerechten Leistungsbewertung. Zwar habe der Norm¬geber einen Gestaltungsspielraum, dieser sei aber eingeschränkt. Wenn er - wie hier - auf tatsächliche Verhältnisse Bezug nehme, unterliege er einer strengeren Kontrolle. Die Regelung müsse willkürfrei sein. Dies treffe auf den Ausschluss der Kostenerstattung bei Mischaufträgen jedoch nicht zu. Ein sachlicher Grund für diese Regelung sei nicht ersichtlich. Facharztlabore wür¬den wie Laborgemeinschaften behandelt, die sich zur Erbringung von allgemeinen Laboratoriumsuntersuchungen zusammen geschlossen hätten, obwohl zwischen beiden Gruppen wesentliche Unterschiede bestünden. Innerhalb von Laborge¬meinschaften sei die Berechnung der Kostenpauschale zu Recht ausgeschlossen, weil hier der beziehende Arzt selbst die Laborleistung erbringe und abrechne. Es handele sich systematisch um einen praxisinternen Vorgang. Bei der Überweisung von Fachlaboratorien handele es sich demgegenüber um eine Überweisung von Arzt zu Arzt. Eine Überweisung ziehe Transportkosten nach sich. Diese entstünden größtenteils unabhängig davon, ob eine allgemeine Laboratoriumsuntersuchung oder eine spezielle überwiesen worden sei. Dass bei Hinzutritt einer allgemeinen Laboratoriumsuntersuchung die Kosten für den Probenversand im Rahmen des Spezial¬labors nicht erstattet würden, widerspreche auch den Gesetzen der Logik und sei dem Ab¬rechnungssystem der Vertragsärzte fremd. Die Regelung stelle ein de facto-Verbot dar und verstoße gegen Art. 12 Abs. 1 GG, denn die Erbringung von allgemeinen Laboratoriumsuntersuchungen sei Teil des grundrechtlich geschützten Leistungsspekt¬rums von Laborfachärzten. Auch sei die Überweisung solcher Aufträge zulässig. Die Regelung unterliege dem Regelungsvorbehalt des Art. 12 Abs. 1 Satz 2 GG, die Ermächtigungs¬grundlage des § 72 Abs. 2 SGB V decke aber derartige Sanktionen nicht. Der Normgeber habe mit seiner Regelung den Bereich der zulässigen Verallgemeinerungen, Typisierungen und Pauschalierungen verlassen.

Die Klägerin ist weiter der Auffassung, die Auslegung der streitigen Gebührenordnungspositionen durch die Beklagte sei unzutreffend. Es liege kein eindeutiger Wortlaut vor. Der verwendete Begriff der Laboratoriumsdiagnostik umfasse sowohl Leistungen des Basis- als auch des Speziallabors. Der Verweis auf den Abschnitt 32.3 EBM sei lediglich mit dem Wort "ggf." erfolgt. Die Anmerkung zu Nr. 40100 EBM regele im Übrigen nicht den Fall, dass Gebührenordnungspositionen so¬wohl aus dem Basis- als auch aus dem Speziallabor anfielen. Hier sei eine rechtskon¬forme Auslegung geboten. Es sei lediglich von einem Ausschluss des Anspruchs auf die Kostenpauschale nach Nr. 40100 EBM auszugehen, wenn ausschließlich allgemeine La¬borleistungen angefordert würden.

Am 16.01.2013 hat ein Termin zur mündlichen Verhandlung stattgefunden, anlässlich dessen die Klägerin darauf hingewiesen hat, dass die von ihr in Ansatz gebrachte Nr. 40120 EBM nicht berücksichtigt worden sei. Darüber hinaus hat sie beantragt, Beweis zu erheben über folgende Behauptungen der Klägerin:

1. Die Einführung der Direktabrechnung der Laborgemeinschaften hat nicht zu einer Erhöhung der Behandlungsfälle geführt.

Beweismittel: Sachverständigengutachten

2. Die Einschränkung der Abrechenbarkeit der Kostenpauschale 40100 EBM wirkt sich auf den Ort der Erbringung von Basislaborleistungen grundsätzlich nicht aus. Die Einschränkung der Abrechenbarkeit der Kostenpauschale 40100 EBM ist daher als Maßnahme zur Förderung regionaler Versorgungsstrukturen ungeeignet.

Beweismittel: Sachverständigengutachten

3. Die Kosten für Logistik und Transport der Laborproben sind bei der Berechnung der Gebührenordnungspositionen des Abschnitts 32.2 EBM nicht berücksichtigt und daher mit den Gebührenordnungspositionen des Abschnitts 32.2 EBM nicht abgegolten. Beweismittel: Sachverständigengutachten

4. Die Entscheidung des Bewertungsausschusses bzw. der Partner der Bundesmantelverträge, mit Wirkung zum 1. April 2009 die Berechnungsfähigkeit der Versandkostenpauschale nach GOP 40100 EBM einzuschränken, beruhte weder auf der (unzutreffenden) Überlegung, dass Logistikkosten bereits in den GOP des Abschnitts 32.2 enthalten sind, noch in der (behaupteten) Erhöhung der Zahl der Behandlungsfälle nach 2008 und war auch nicht von der Absicht getragen, regionale Versorgungsstrukturen zu erhalten.

Beweismittel: 1. Vorlage der Protokolle der Beschlussfassung 2. Vernehmung eines an der Entscheidung beteiligten Vertreters der Partner der Bundesmantelverträge / eines Mitglieds des Bewertungsausschusses als Zeuge

Der Termin ist vertagt worden.

Mit Schreiben vom 27.03.2013 hat die Beklagte der Klägerin mitgeteilt, dass sie die be-richtigte Kostenpauschale nach Nr. 40120 EBM nachvergüte. Daraus resultiere ein Betrag in Höhe von 13.274,80 Euro.

Die Klägerin hält an ihren Beweisanträgen fest und beantragt,

den Bescheid der Beklagten vom 26.01.2010 in der Gestalt des Widerspruchsbe¬scheides vom 12.08.2010, geändert durch Schreiben der Beklagten vom 27.03.2013, aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, sie unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts neu zu bescheiden.

Die Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

Die Beklagte trägt vor, sie sei an die Vorgaben des Normgebers gebunden und habe keine Verwerfungskompetenz. Die Abrechnungsfähigkeit der Nr. 40100 EBM sei auf die Auftragsleistungen des Abschnitts 32.3 EBM begrenzt. Für dessen Auslegung sei in erster Linie der Wortlaut der Leistungslegende maßgebend. Bei der von der Klägerin vorgenommenen Auslegung hätte es der Anmerkung zu Nr. 40100 EBM nicht bedurft. Im Übrigen ergebe sich aus dem System autonomer Festlegung der Leistungsbewertungen ein weiter Gestal¬tungsspielraums des Normgebers. In diesem Rahmen seien weder sachwidrige noch willkürliche Gründe erkennbar, die die Rechtswidrigkeit der streitgegenständlichen Regelung begründeten. Dies gelte auch im Hinblick auf die von der Klägerin gestellten Beweisanträge. Im Übrigen sei der Einwand der Klägerin nicht erheblich, dass die Versandkosten teilweise ohne Vergütung blie¬ben. Die konkrete Höhe der Kosten sei grundsätzlich nicht maßgebend, wenn lediglich eine Pauschalerstattung festgesetzt worden sei. Im Übrigen stelle das Versenden bzw. der Transport eine sogenannte Randleistung dar.

Die Beigeladenen haben keine Anträge gestellt.

Die Beigeladene zu 2) verweist auf den Gestaltungsspielraum des Bewertungsaus-schusses und verneint eine Verletzung der Art. 3 Abs. 1 und 12 Abs. 1 GG. Für den Bewertungsausschuss seien folgende objektive Er¬wägungen leitend gewesen: In den Vergütungen seien bereits Logistikkosten enthalten und die Einführung der Direktabrechnung von Laborgemeinschaften werde kompen¬siert. Eine Ungleichbehandlung bei der Ver¬gütung sei nicht ersichtlich. Es werde lediglich nach Art der Leistungserbringung differen¬ziert. Diese Differenzierung sei sachlich gerechtfertigt. Es habe kein weiterer Anreiz für die vermehrte Versendung von Leistungen des allgemeinen Labors an fachärztliche Labor¬praxen geschaffen werden sollen. Außerdem hätten regionale Versorgungsstrukturen erhalten werden sollen. Die Klägerin blende diese Zusammenhänge der Neuregelung aus. Regulierungen dürften im Übrigen bei den Laborärzten selbst ansetzen, denn diese bestimmten den Umfang der von ihm erbrachten Leistungen in gewissen Grenzen selbst. Auch gefährde die Vergütung nicht das vertragsärztliche Versorgungssystem und die Existenz der Laborärzte.

Der Beigeladene zu 1) schließt sich der Auffassung der Beigeladenen zu 2) an.

Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird ergänzend auf den übrigen Inhalt der Gerichtsakte und der Verwaltungsakte der Beklagten Bezug ge¬nommen. Diese haben vorgelegen und sind Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen.

Entscheidungsgründe:

Die Kammer konnte in Abwesenheit der Beigeladenen zu 1) und 2) entscheiden. Diese sind ausweislich der Empfangsbe¬kenntnisse vom 27.11.2013 und 28.11.2013 gemäß § 110 Abs. 1 Sozialgerichtsgesetz (SGG) vom Termin benachrichtigt und mit der Ladung auf die Möglichkeit der Entscheidung in ihrer Abwesenheit hingewiesen worden.

Die Klage hat keinen Erfolg.

Die insbesondere form- und fristgerecht erhobene Klage ist zulässig, aber unbegründet.

Die Klägerin ist durch den Abrechnungsbescheid mit der Beklagten für das Quartal III/2009 vom 26.01.2010 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 12.08.2010, soweit noch streitbefangen, nicht im Sinne des § 54 Abs. 1 Satz 2 SGG in Verbindung mit § 54 Abs. 2 Satz 1 SGG beschwert. Die Bescheide sind rechtmäßig.

Die sachlich-rechnerische Berichtigung durch die Beklagte in Gestalt einer Streichung der Nr. 40100 EBM in 25.126 Fällen ist rechtmäßig.

Nach § 106a Abs. 2 Satz 1 Sozialgesetzbuch Fünftes Buch - Gesetzliche Krankenversicherung - (SGB V) stellt die Kassenärztliche Vereinigung die sachliche und rechnerische Richtigkeit der Abrechnungen der Vertragsärzte fest. Festzustellen ist hierbei, ob die Abrechnungen mit den Abrechnungsvorgaben des Regelwerks, das heißt mit dem EBM, den Honorarverteilungsverträgen sowie den weiteren Abrechnungsbestimmungen übereinstimmen oder ob zu Unrecht Honorare angefordert wurden (vgl. BT-Drucks. 15/1525 S. 117 zu § 106a SGB V). Bei Fehlern in der Abrechnung des Vertragsarztes berichtigt die Beklagte die Honoraranforderung. Daneben ergibt sich das Berichtigungsrecht der Beklagten aus den Regelungen der Bundesmantelverträge (§ 45 Abs. 1 Bundesmantelvertrag-Ärzte und § 34 Abs. 4 Bundesmantelvertrag-Ärzte/Ersatzkassen). Die Klägerin hat keinen Anspruch auf Vergütung der Leistungen nach Nr. 40100 EBM.

Nach der zum 01.04.2009 in den EBM eingefügten Anmerkung ist diese Gebührenordnungsposition in demselben Behandlungsfall nicht neben Gebührenordnungspositionen der Abschnitte 32.2.1 bis 32.2.7 berechnungsfähig. Diese betreffen allgemeine Laboratoriumsuntersuchungen, und zwar Basisuntersuchungen, mikroskopische Untersu¬chungen, physikalische oder chemische Untersuchungen, Gerinnungsuntersuchungen, Funktions- und Komplexuntersuchungen, immunologische Untersuchungen und Untersu¬chungen auf Drogen sowie mikrobiologische Untersuchungen. Demgegenüber handelt es sich bei den Leistungen nach Abschnitt 32.3 um spezielle Laboratoriumsuntersuchungen, molekulargenetische und molekularpathologische Untersuchungen.

Für die Auslegung der vertragsärztlichen Vergütungsregelungen ist in erster Linie der Wortlaut der Bestimmungen maßgebend (BSG, Urteil vom 11.12.2013, Az.: B 6 KA 14/13 R; dass., Urteil vom 31.08.2005, Az.: B 6 KA 35/04 R; im Anschluss daran SG Potsdam, Urteil vom 21.08.2013, Az.: S 1 KA 75/11). Sofern dieser zweifelhaft ist und es seiner Klar-stellung dient, kann eine systematische Interpretation im Sinne einer Gesamtschau der im inneren Zusammenhang stehenden vergleichbaren oder ähnlichen Regelungen erfolgen (BSG a. a. O.; SG Potsdam a. a. O.). Diese einschränkenden Vorgaben für eine gerichtliche Auslegung beruhen zum einen auf der vertraglichen Struktur der Vergütungs-regelungen und der Art ihres Zustandekommens im Wege der Normsetzung durch Vertrag im Rahmen der funktionalen Selbstverwaltung der gesetzlichen Krankenversicherung durch die Krankenkassen und die kassenärztlichen Vereinigungen; zum anderen folgt die primäre Bindung an den Wortlaut aus dem Gesamtkonzept des EBM als einer abschließenden Regelung, die keine Ergänzung oder Lückenfüllung durch Rückgriff auf andere Leistungsverzeichnisse bzw. Gebührenordnungen oder durch analoge Anwendung zulässt (BSG, Urteil vom 11.12.2013, Az.: B 6 KA 14/13 R). Dies gilt nicht nur für Vergütungstatbestände, sondern auch für Kostenerstattungstatbestände, soweit diese nicht auf die Erstattung des konkreten Kostenaufwands angelegt sind, sondern wie Nrn. 40100 und 40120 EBM Pauschalerstattungen vorsehen (BSG, Urteil vom 11.12.2013, Az.: B 6 KA 14/13 R; dass., Urteil vom 25.08.1999, Az.: B 6 KA 57/98 R; SG Potsdam a. a. O.). Im Übrigen steht dem Bewertungsausschuss als Normgeber bei der Erfüllung des ihm in § 87 Abs. 1 SGB V übertrage¬nen Auftrags ein Gestaltungsspielraum zu (BSG, Urteil vom 31.08.2005, Az.: B 6 KA 35/04 R; SG Potsdam a. a. O.). Erweiternde Interpretationen der Leistungslegenden sind somit nur in engen Grenzen zulässig (BSG a. a. O.; SG Potsdam a. a. O.).

Nach dem Wortlaut der Anmerkung zu Nr. 40100 EBM entfällt deren Abre¬chenbarkeit, wenn in demselben Behandlungsfall auch Gebührenordnungspositionen des allgemeinen Labors abgerechnet werden. Zwar ist der Begriff der Laboratoriumsdiagnostik allein als umfassend zu verstehen, das heißt dahingehend, dass er sowohl allgemeine als auch spezielle Laboratoriumsuntersuchungen umfasst. Auch der mit dem Wort "ggf." beginnende Einschub könnte mit der Bezugnahme auf die überwiesenen kurativ-ambulanten Auftragsleistungen des Abschnitts 32.2 in der Weise verstanden werden, dass grundsätzlich Leistungen des Allgemeinlabors umfasst sind und die Berücksichtigung der Kosten für die Übermittlung der Gebührenord¬nungspositionen und der Höhe der Kosten überwiesener kurativ-ambulanter Auftragsleistungen des Speziallabors ebenfalls in Betracht kommen. Nach Auffassung der Kammer konkretisiert der Einschub den Begriff der Laboratoriumsdiagnostik aber insofern, als er im Kontext der Nr. 40100 EBM ausschließlich Leistungen des Speziallabors betrifft. Denn der Begriff der Laboratoriumsdiagnostik steht im Zusammenhang mit der zum selben Zeitpunkt in den EBM eingefügten Anmerkung zu Nr. 40100 EBM. Die vom Bewertungsausschuss selbst normierte Anmerkung zu einer Gebührenordnungsposition hat denselben Rang wie die Leistungslegende (BSG, Urteil vom 11.12.2013, Az.: B 6 KA 14/13 R).

Die gerichtliche Kontrolldichte ist im Hinblick auf den bereits erwähnten Gestaltungsspielraum des Normgebers beschränkt: Es ist zu berücksichtigen, dass der EBM dem Ausgleich der unterschiedlichen Interessen zwischen Ärzten einerseits und Krankenkassen andererseits dient; damit kann es nicht Aufgabe der Gerichte sein, mit punktuellen Entschei¬dungen zu einzelnen Gebührenordnungspositionen in ein umfassendes, als ausgewogen zu unterstellendes Tarifgefüge einzugreifen und dadurch dessen Funktionsfähigkeit in Frage zu (SG Potsdam a. a. O.). Etwas anderes kann nur in den seltenen Ausnahmefällen gelten, in denen sich zweifelsfrei feststellen lässt, dass der Bewertungsausschuss seinen Regelungsspielraum überschritten oder seine Bewertungskompetenz missbräuchlich ausgeübt hat, indem er etwa eine ärztliche Minderheitsgruppe bei der Honorierung bewusst benachteiligt oder sich sonst erkennbar von sachfremden Erwägungen hat leiten lassen (BSG, Urteil vom 28.05.2008, Az.: B 6 KA 9/07 R; SG Potsdam a. a. O.). Bei Pauschal¬erstattungen können die Gerichte allenfalls dann eingreifen, wenn die Festsetzung des Betrages gemessen am Aufwand typischer Fälle missbräuchlich niedrig wäre (BSG, Urteil vom 25.08.1999, Az.: B 6 KA 57/98 R; SG Potsdam a. a. O.). Die gerichtliche Kontrolldichte darf nicht überspannt werden, denn der an den Normgeber gerichtete gesetzliche Gestaltungsauftrag zur Konkretisierung der Grundlagen der vertragsärztlichen Honorar¬verteilung umfasst auch den Auftrag zu einer sinnvollen Steuerung des Leistungsgeschehens in der vertragsärztlichen Versorgung; hierzu bedarf es komplexer Kalkulationen, Bewertungen, Einschätzungen und Prognosen, die nicht jeden Einzelfall abbilden können, sondern notwendigerweise auf generalisierende typisierende und pau¬schalierende Regelungen angewiesen sind (BSG, Urteil vom 28.05.2008, Az.: B 6 KA 9/07 R). Die gerichtliche Überprüfung eines komplexen und auch der Steuerung dienenden Regelungsgefüges darf sich deshalb nicht isoliert auf die Bewertung eines seiner Elemente beschränken, sondern muss stets auch das Gesamtergebnis der Regelung mit in den Blick nehmen (BSG a. a. O.).

Die Berücksichtigung willkürlichen Handelns oder sachfremder Erwägungen kann dem Normgeber nicht angelastet werden.

Nr. 40100 EBM, bei der es sich nicht um einen Teil des EBM im Sinne des § 87 Abs. 2 SGB V handelt, der durch den Bewertungsausschuss bestimmt wird, ist zulässigerweise durch die Partner der Bundesmantelverträge vereinbart worden (SG Marburg, Urteil vom 18.04.2012, Az.: S 12 KA 166/11; SG Potsdam a. a. O.). Es handelt sich um eine reine Kostenpauschale, die auf der Grundlage der §§ 82 Abs. 1, 87 Abs. 1 Satz 2 SGB V von den Partnern der Bundesmantelverträge vereinbart wird (SG Marburg a. a. O.; SG Potsdam a. a. O.).

Die Erwägungen, die nach den Ausführungen der Beigeladenen zu 2) zu der Neufassung der Nr. 40100 EBM geführt haben, legt die Kammer ihrer Entscheidung nicht zugrunde. Die Beigeladene zu 2) führte aus, der Normgeber habe den Umstand berücksichtigt, dass die Gebührenordnungsposition des Allgemeinlabors bereits Logistikkosten enthalte. Die durchschnittlichen Kosten für die Leistungen des Abschnitts 32.2 EBM seien im Jahr 1998 mit 69 Pfennig je Analyse ein¬schließlich eines Logistikanteils in Höhe von 8 Pfennig kalkuliert worden. Auf dieser Grundlage seien die Bewertungen des Leistungsabschnitts 32.2 EBM von den Partnern der Bundesmantelverträge festgelegt worden. Außerdem habe der Normgeber eine Leistungsausweitung aufgrund der Einführung der Direktabrechnung von Laborgemeinschaften mit Beschluss der Partner der Bundesmantelverträge vom 04.03.2008 berücksichtigt. Diese habe das Ziel verfolgt, die erstatteten Kosten des Abschnitts 32.2 in voller Höhe für die Erbringung der Laborleistungen einzusetzen und sachfremde Mengenanreize zu minimieren. Nach vorheriger Rechtslage habe der veranlassende Arzt die Leistungen des Allgemeinlabors nach den Kostenansätzen des Anhangs zu diesem Abschnitt abgerechnet, während mit dem Betreiber der Laborgemeinschaft abweichende Preisvereinbarungen bestanden hätten. Diese Preise seien zunehmend verfallen und es habe sich eine Zuschusspflicht des Betreibers der Laborgemeinschaft zu Lasten des Speziallabors entwickelt. Da der wirtschaftliche Anreiz für die veranlassenden Ärzte mit der Einführung der Direktabrech¬nung der Laborgemeinschaften entfallen sei, seien in wesentlich größerem Umfang als erwartet Laborgemeinschaften aufgelöst bzw. in rein privatärztliche Laborgemeinschaften umgewandelt worden. Darüber hinaus seien vermehrt Leistungen nach Abschnitt 32.2 EBM an Labor-Facharztpraxen überwiesen worden mit der Konsequenz, dass die Gebüh-renordnungsposition 40100 EBM abrechnungsfähig geworden sei. Es hätten sich Fall-zahlausweitungen in einem Umfang von 47 % der Behandlungsfälle ergeben. Die Partner der Bundesmantelverträge hätten den Anreiz aus der doppelten Abrechnung der Logistik verhindern wollen. Sie sehe die Zunahme des Leistungs¬bedarfs im Zusammenhang mit der Gebührenordnungsposition 40100 EBM in den Quar¬talen IV/2008 und I/2009 als direktes Ergebnis der Auflösung von Laborgemeinschaften.

Maßgebend für die Kammer ist vielmehr das - unstreitige - Faktum der Fallzahlausweitung in einem Umfang von 47 % der Behandlungsfälle. Dieses sieht es als hinreichende objektive und willkürfreie Erwägung im Sinne der Recht¬sprechung des Bundesverfassungsgerichts (Beschluss vom 23.08.2010, Az.: 1 BvR 1141/10) und des Bundessozialgerichts (Urteil vom 11.10.2006, Az.: B 6 KA 46/05 R) für die Neufassung der Nr. 40100 EBM an, die sie im Übrigen für ein hinreichend geeignetes Mittel hält. Mit der Begrenzung der Abrechenbarkeit der streitigen Gebührenordnungspo¬sition geht zwangsläufig ein Fallzahlrückgang einher. Zur Rechtfertigung einer Rechtsnorm können die Gerichte im Übrigen auch Erwägungen heranziehen, die der Normsetzer nicht zu erkennen gegeben hat, und auch solche, die ihn möglicherweise nicht geleitet haben (BSG, Urteil vom 15.05.2002, Az.: B 6 KA 21/00 R).

Sofern die Klägerin die Feststellung, dass die Einführung der Direktabrechnung der La-borgemeinschaften zu einer Erhöhung der Behandlungsfälle geführt habe, bestreitet und einen Beweisantrag gestellt hat, legt die Kammer diesen Zusammenhang, wie dargestellt, gerade nicht ihrer Entscheidung zugrunde. Damit konnte sie von einer Beweiserhebung absehen.

Das Gleiche gilt für die Annahme der Klägerin, die Einschränkung der Abrechenbarkeit der Gebührenordnungsposition 40100 EBM wirke sich auf den Ort der Erbringung von Basislaborleis¬tungen grundsätzlich nicht aus; die Einschränkung der Abrechenbarkeit der Kostenpau¬schale sei daher als Maßnahme zur Förderung regionaler Versorgungsstruk-turen ungeeignet.

Die Erwägungen der Kammer gelten schließlich auch für die von der Klägerin als beweis-bedürftig angesehene Feststellung, dass die Kosten für Logistik und Transport der Labor-proben bei der Berechnung der Gebührenordnungspositionen des Abschnitts 32.2 EBM nicht berücksichtigt und daher mit den Gebührenordnungspositionen des Abschnitts 32.2 EBM nicht abgegolten seien.

Sofern die Klägerin beantragt hat, Beweis zu erheben über ihre Behauptung, die Entscheidung des Bewertungsausschusses bzw. der Partner der Bundesmantelver¬träge, mit Wirkung zum 01.04.2009 die Berechnungsfähigkeit der Versandkostenpau¬schale nach der Gebührenordnungsposition 40100 EBM einzuschränken, habe weder auf der (unzutreffenden) Überlegung beruht, dass Logistikkosten bereits in den Gebührenord-nungspositionen des Abschnitts 32.2 EBM enthalten seien, noch in der (behaupteten) Er-höhung der Zahl der Behandlungsfälle nach 2008 und sei auch nicht von der Absicht ge-tragen, regionale Versorgungsstrukturen zu erhalten, durch Vorlage der Protokolle der Beschlussfassung und Vernehmung eines an der Entscheidung beteiligten Vertreters der Partner der Bundesmantelverträge bzw. eines Mitglieds des Bewertungsausschusses als Zeuge, ist ihr entgegenzuhalten, dass der Normgeber nicht verpflichtet ist, seine Regelun-gen zu begründen (BSG, Beschluss vom 03.02.2010, Az.: B 6 KA 8/09 B; dass., Urteil vom 15.05.2002, Az.: B 6 KA 21/00 R). Im Übrigen ist allein maßge¬bend, ob das Ergebnis der Normsetzung sich in dem Rahmen der weiten Gestaltungs¬freiheit des Normgebers hält (BSG, Beschluss vom 03.02.2010, Az.: B 6 KA 8/09 B). Dies ist nach Auffassung der Kammer, wie dargestellt, der Fall.

Das von der Klägerin zur Stützung ihrer Auffassung herangezogene Urteil des SG Hannover vom 07.08.2013, S 61 KA 177/10, verneint aus Sicht der Kammer unzutreffend sachliche Gründe für die erfolgte Ausweitung des Abrechnungsausschlusses über die Fälle der Erbringung von Basislaborleistungen hinaus. Indem das SG Hannover darauf abstellt, dass alle vorgebrachten sachlichen Gründe es nicht erforderten, dass gleichzeitig mit der Einführung des Abrechnungsausschlusses der Kostenpauschale für die Erbrin¬gung von Leistungen des Allgemeinlabors auch die Kostenpauschale für die Er¬bringung von Spezialleistungen eingegrenzt werde, da sowohl die Verhinderung von Überweisungen von Basisleistungen an Facharztlabore als auch die Förderung von loka¬len Laborstrukturen und ebenso das Ziel der Reduzierung der Kosten für die Erbringung von Basislaborleistungen in Folge der Aufgabe der Laborgemeinschaften keinen Einfluss auf die Erbringung von Speziallaborleistungen durch hierfür ausgestattete Speziallabore hätten, verkennt es die Konsequenzen der dargestellten Gestaltungsfreiheit des Normgebers.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 197a SGG in Verbindung mit § 155 Abs. 1 Satz 3 Verwaltungsge¬richtsordnung (VwGO). Die Kammer hat berücksichtigt, dass die Klägerin mit ihrem eigentlichen Begehren, der Abrechnung ihrer Leistungen nach Nr. 40100 EBM unterlegen ist. Die Kostenentscheidung berücksichtigt im Übrigen § 197a Abs. 1 SGG in Verbindung mit § 162 VwGO. Danach sind die außergerichtlichen Kosten des Beigeladenen nur erstattungsfähig, wenn sie das Gericht aus Billigkeit der unterliegenden Partei oder der Staatskasse auferlegt. Hier ist maßgebend, dass die Beigeladenen keine Anträge gestellt haben und damit kein Kostenrisiko im Sinne des § 197a Abs. 1 Satz 1 SGG in Verbindung mit § 154 Abs. 3 VwGO eingegangen sind. Danach können dem Beigeladenen Kosten nur auferlegt werden, wenn er Anträge gestellt hat.
Rechtskraft
Aus
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