L 3 U 65/13

Land
Hamburg
Sozialgericht
LSG Hamburg
Sachgebiet
Unfallversicherung
Abteilung
3
1. Instanz
-
Aktenzeichen
S 36 U 90/12
Datum
2. Instanz
LSG Hamburg
Aktenzeichen
L 3 U 65/13
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Berufung wird zurückgewiesen. Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten. Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand:

Die Beteiligten streiten um die Folgen eines Schulunfalls.

Der 1973 geborene Kläger erlitt am xxxxx 1985 gegen 19:30 Uhr als Schüler der A.-Oberschule in L. während eines Aufenthalts in der Jugendherberge G. einen Schulunfall, als er beim Spielen von einer Anhöhe hinunter sprang und sich beim Aufkommen mit der Hand abstützte. Er wurde noch am selben Tag im Klinikum W. stationär aufgenommen und am 23. April 1985 in die ambulante Weiterbehandlung entlassen. In dem einzigen noch vorhandenen Arztbericht heißt es:

"distale Unterarmfraktur links (komplett), offener Oberarmgips, Reposition Röntgenologisch fand sich eine dislozierte komplette Fraktur im unteren Drittel des linken Unterarmes. Nach Reposition Anlegen eines offenen Oberarmgipses. Die Kontrolle am 22.4. zeigte eine gute Stellung der Frakturenden bei regelrechter Motorik, Sensorik und Durchblutung. Entlassung des Patienten am 23.4. in die ambulante Weiterversorgung".

Weitere Arztberichte aus der Zeit sind ebenso wie Röntgenaufnahmen nicht mehr vorhanden.

Am 11. März 2011 zeigte die Lebensgefährtin des Klägers den Unfall bei der Beklagten an und gab dabei an, der Kläger habe seit November 2010 große Probleme mit dem linken Handgelenk, welche von mehreren behandelnden Ärzten "auf den Handgelenkbruch" von damals zurückgeführt würden. Die Beklagte zog daraufhin einen handchirurgischen Arztbericht des Berufsgenossenschaftlichen Unfallkrankenhauses H. vom 29. März 2011 bei, in welchem ausgeführt ist, man habe eine veraltete SL-Band-Ruptur mit beginnendem karpalem Kollaps bei dem Kläger diagnostiziert. Weiter heißt es:

"Der Patient stellt sich auf Anraten der zuständigen Berufsgenossenschaft und auf eigenen Wunsch am 28. März 2011 in unserer handchirurgischen Sprechstunde erstmalig vor. Der Unfallhergang wird anhand einer Unfallanzeige aus der Schule, vom xxxxx 1985 datiert, von dem Patienten so geschildert, dass er bei einem Schulausflug von einem kleinen steinigen Hügel gestürzt und dabei auf beide Handgelenke gefallen war. Er hatte damals, so nach seinen Angaben, stärkere Schmerzen und sei auch ärztlich untersucht worden. Dabei habe man eine distale Unterarmfraktur des linken Unterarmes festgestellt. Er erhielt damals eine Gipsruhigstellung, für welchen Zeitraum ist nicht mehr bekannt. Danach habe er über viele Jahre keinerlei Beschwerden im Bereich des linken Handgelenkes gehabt. Ohne äußeren Anlass, d.h. ohne Mehrbelastung oder erneuten Unfall, stellten sich dann im November 2010 erstmalig Beschwerden im Bereich des linken Handgelenkes ein. Die damals durchgeführten Röntgenaufnahmen des linken Unterarmes mit Handgelenk vom 24. November 2010 lassen keine Anzeichen einer ehemaligen Unterarmfraktur im Handgelenk näher erkennen. Eine sichere SL-Bandverletzung war nicht nachweisbar. Da im weiteren Verlauf keine Besserung eintrat, wurde am 9. Dezember 2010 eine MRT-Untersuchung des linken Handgelenkes durchgeführt, die eine deutliche SL-Dissoziation zeigte."

Am 5. Mai 2011 wurde im H. eine Arthroskopie des linken Handgelenkes vorgenommen und eine Synovektomie und Resektionen des SL-Band Regenerats durchgeführt. In einer weiteren Operation wurde am 21. Juni 2011 eine Denervation der Schmerzpunkte 1-4, 6,9 und 10 nach Wilhelm am linken Handgelenk durchgeführt.

Für die Beklagte erstellte am 2. September 2011 der Handchirurg Dr. R. ein Zusammenhangsgutachten. Dieser führte aus, es sei unwahrscheinlich, dass durch den Unfall vom xxxxx 1985, bei dem es wahrscheinlich zu einem einfachen kompletten Bruch des Unterarmes gekommen sei, eine zusätzliche Verletzung im Bereich des Handgelenkes aufgetreten sei. Selbst wenn diese zu diesem Zeitpunkt mit entstanden sei, sei es unwahrscheinlich, dass sie über einen Zeitraum von rund 25 Jahren ohne Auswirkung geblieben wäre. Wegweisend sei jedoch, dass bei der Röntgenuntersuchung vom 24. November 2010 des Unterarmes in zwei Ebenen keine wesentliche SL-Dissoziation, wie sie am 28. März 2011 bei der Erstuntersuchung im H. gesehen worden sei, zu diagnostizieren gewesen sei. Ebenso werde in der MRT-Untersuchung vom 9. Dezember 2010 neben dem palmar-dorsalseitig kapsulären Reizzustand und der ausgeprägten scapholunären Dissoziation ein verkleinert erscheinendes Os scaphoideum beschrieben, welches möglicherweise als Ausdruck einer älteren Nekrose des proximalen Anteils zu werten sei. Zusammenfassend sei kein direkter Zusammenhang zwischen der Unterarmfraktur vom xxxxx 1985 und den jetzt beschriebenen Beschwerden im Sinne einer SL-Band Dissoziation und nachfolgender Arthrose des Handgelenkes zu sehen. Als Ursache hierfür komme gegebenenfalls ein nicht erinnerliches Trauma infrage. Des Weiteren sei es auch möglich, dass es in Folge degenerativer Veränderungen im Sinne einer Knochennekrose im Bereich des Skaphoids zu einer SL-Dissoziation gekommen sei.

Mit Bescheid vom 4. November 2011 erkannte die Beklagte den Unfall vom xxxxx 1985 als Arbeitsunfall an, erkannte des Weiteren als Folge des Arbeitsunfalls einen operativ versorgten, knöchern ohne Funktionseinschränkungen fest verteilten kompletten Bruch des linken Unterarmes an und lehnte die Anerkennung einer SL Bandverletzung, einer Chondromalazie in der Fossa Scaphoidea sowie einer Chondromalazie im Bereich des Capitatums und im Bereich des Hakenbeines ab. Ein Anspruch auf Rente bestehe nicht. Der Widerspruch blieb erfolglos (Widerspruchsbescheid vom 28. März 2012).

Mit der am 30. April 2012 erhobenen Klage hat der Kläger geltend gemacht, der Bruch, der im unteren Drittel des Unterarmes, genauer gesagt 2-3 cm über dem Handgelenk gewesen sei, sei nach seiner Kenntnis nicht richtig zusammen gewachsen. Dies könne auch seine Mutter bestätigen. Sie habe diese Information vom nachbehandelnden Arzt am Heimatort nach Abnahme des Gipses erhalten. Es sei ihm auch bekannt, dass es mittlerweile mehrfach Fälle gebe, bei denen solche oder ähnliche Brüche erst nach langer Zeit große gesundheitliche Probleme hervorgerufen hätten. Auch habe es damals in den achtziger Jahren Untersuchungsmethoden wie heutzutage hinsichtlich des SL-Bandes nicht gegeben. Heute sei eine solche Verletzung besser behandelbar.

Das Sozialgericht hat auf Veranlassung des Klägers gemäß § 109 Sozialgerichtsgesetz (SGG) ein Gutachten des Chirurgen und Orthopäden Dr. T. eingeholt, welcher am 1. Juli 2013 im Wesentlichen ausgeführt hat, das zerrissene SL-Band sowie die festgestellten degenerativen Veränderungen am Kahnbein und am Mondbein und die ausgeprägte Arthrose seien mit hoher Wahrscheinlichkeit auf den angeschuldigten Unfall zurückzuführen. Es müsse davon ausgegangen werden, dass die damalige Verletzung mit einer Hyperextension (Überstreckung) des Handgelenkes einhergegangen sei. Dabei werde die Kraft auch über das Handgelenk selber auf den Unterarm eingeleitet. Dieser Mechanismus sei grundsätzlich geeignet, nicht nur die beiden Unterarmknochen zu brechen, sondern auch einzelne Handwurzelknochen, hier insbesondere das Kahnbein, das Mondbein, die Bänder zwischen dem Kahn- und Mondbein und auch den so genannten triangulären fibrokartilaginären Komplex auf der der Elle zugewandten Seite zu zerstören oder zumindest zu beschädigen. Der Argumentation, dass eine Verletzung des SL-Bandes über nahezu 26 Jahren nicht unbemerkt bleiben könne, könne nicht ohne weiteres gefolgt werden, da es sich zum einen um die nicht dominante Hand des Klägers handele und zum anderen um einen sehr muskelkräftigen wenngleich auch nicht sehr Handgelenk konzentrierten Berufsausübenden handele. Insofern müsse an die Möglichkeit gedacht werden, dass es eben damals doch zu einer Verletzung im Handwurzelbereich gekommen sei. Es sei sehr sorgfältig recherchiert worden, dass der Kläger keinerlei weitere Verletzungen im Bereich des linken Handgelenkes im Sinne einer konkurrierenden Ursache gehabt habe. Auch private wie berufliche vermehrte Belastungen der nicht dominante anhand schieden als Ursache für eine übermäßig starker Abnutzung aus. Es müsse also nach anderen Ursachen gesucht werden, die hier nur in der 1985 erfolgten Verletzung des linken Handgelenkes gefunden werden könnten. Es sei in der Folge als wahrscheinlich anzusehen, dass 1985 neben der sichtbaren Fraktur der beiden Unterarmknochen auch eine Verletzung im Handwurzelknochen erfolgt sein müsse. Betrachte man die dominante rechte Hand, die der Kläger deutlich mehr einsetze für seine berufliche Tätigkeit und seien hier keinerlei Veränderungen im Bereich der Handwurzelknochen zu sehen, so bleibe als Ursache der Schädigung des linken Handgelenkes nur der Unfall und dies mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit.

Mit Urteil vom 31. Oktober 2013 hat das Sozialgericht die Klage abgewiesen und im Wesentlichen ausgeführt, die im März 2011 festgestellte Banddissoziation sei nicht ursächlich auf den Arbeitsunfall zurückzuführen. Gegen die Annahme eines Ursachenzusammenhanges spreche vor allem, dass zum Unfallzeitpunkt eine SL-Bandläsion nicht diagnostiziert worden sei und der Kläger zeitnah nach dem Unfall und dann über einen Zeitraum bis zum Jahre 2010 keinerlei Beschwerden am linken Handgelenk gehabt habe. Nachvollziehbar sei in dem Zusammenhangsgutachten des Dr. R. ausgeführt, dass aus dem Unfallgeschehen eine SL-Bandverletzung nicht abgeleitet werden könne und dass auch die Möglichkeit bestehe, dass es zu degenerativen Veränderungen im Sinne einer Knochennekrose gekommen sei. Der Sachverständige weise ebenfalls zu Recht darauf hin, dass es unwahrscheinlich sei, dass die SL-Dissoziation über einen Zeitraum von rund 25 Jahren ohne Auswirkung geblieben sei. Auf eine tatsächliche Ursachenforschung komme es in der gesetzlichen Unfallversicherung nicht an. Die Ausführungen des Dr. T. könnten nicht überzeugen. Zum einen gehe dieser von einem Unfallereignis aus, welches einer Plausibilitätsprüfung nicht standhalte. Der Kläger sei nicht auf beide Handgelenke gestürzt, sondern habe sich nach einem Sprung beim Aufkommen mit den Händen abgestützt. Die Argumentation, der Unfallmechanismus sei grundsätzlich geeignet, einzelne Handwurzelknochen sowie den fibrokartilaginären Komplex zu zerstören oder zumindest zu beschädigen, vernachlässige vollständig, dass weder eine solche Diagnose zeitnah zum Unfall gestellt worden sei, noch ärztlicherseits entsprechende Symptome beschrieben worden seien. Vielmehr ergebe sich aus dem unfallzeitpunktnah erstellten Arztbericht, dass am 22. April 1985 eine gute Stellung der Frakturenden bei regelrechter Motorik, Sensorik und Durchblutung bestanden habe.

Der Prozessbevollmächtigte des Klägers hat gegen das am 11. November 2013 zugestellte Urteil am 9. Dezember 2013 Berufung eingelegt, mit welcher er vorträgt, es sei durchaus nachvollziehbar, dass sich die Folgen des 1985 erlittenen Unfalls erst viele Jahre später gezeigt hätten. Den Ergebnissen des Zusammenhangsgutachtens werde insoweit entschieden entgegengetreten. Es habe abgesehen von diesem Trauma kein weiteres Trauma, keinen Unfall, keine Stauchungen oder Prellungen des Handgelenkes gegeben. Hierfür biete der Kläger zum Beweis seine Vernehmung als Partei an. Die Wahrscheinlichkeit, dass es sich bei der SL-Bandverletzung um eine Folge des Unfalls handele, sei damit deutlich größer als die im Zusammenhangsgutachten in den Raum gestellte Annahme eines anderweitigen Traumas oder einer Knochennekrose. Es sei auch darauf hinzuweisen, dass es zum Zeitpunkt des Unfalls nach dem medizinischen Standard der DDR nicht möglich gewesen sei, eine SL-Bandverletzung nachzuweisen. Die Mutter des Klägers könne als Zeugin bestätigen, dass ihr nach dem Unfall ein Arzt gesagt habe, bei dem Bruch sei auch das Handgelenk selbst in Mitleidenschaft gezogen worden und es könne in ferner Zukunft Probleme mit der Hand geben. Es sei dem Gutachten des Dr. T. zu folgen.

Der Kläger beantragt, das Urteil des Sozialgerichts Hamburg vom 31. Oktober 2013 aufzuheben sowie den Bescheid der Beklagten vom 4. November 2011 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 28. März 2012 abzuändern und festzustellen, dass auch eine SL-Bandläsion Folge des Arbeitsunfalles vom xxxxx 1985 ist

hilfsweise,

die Mutter des Klägers zu der Tatsache zu hören, dass nach dem Unfall die Ärzte ihr gesagt hätten, es handele sich um einen komplizierten Bruch, der auch das Handgelenk in Mitleidenschaft gezogen habe.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Sie hält das erstinstanzliche Urteil für zutreffend und trägt vor, eine Verletzung im Handwurzelbereich sei als Gesundheitserstschaden nicht bewiesen.

Hinsichtlich des weiteren Vorbringens der Beteiligten und des Sachverhalts im Übrigen wird Bezug genommen auf den Inhalt der ausweislich der Sitzungsniederschrift vom 25. Oktober 2016 zum Gegenstand der mündlichen Verhandlung gemachten Akten und Unterlagen, die Grundlage der Entscheidung gewesen sind.

Entscheidungsgründe:

Die Berufung gegen das Urteil des Sozialgerichts, über die die Berichterstatterin mit dem Einverständnis der Beteiligten an Stelle des Senats nach § 155 Abs. 4 in Verbindung mit Absatz 3 Sozialgerichtsgesetz (SGG) entscheiden kann, ist nach §§ 143, 144 SGG statthaft und zulässig, insbesondere ist sie fristgerecht (§ 151 Abs. 1 SGG) eingelegt worden. Sie ist jedoch unbegründet.

Der Kläger hat keinen Anspruch auf Feststellung einer SL-Bandläsion als Unfallfolge. Zwar hat der Kläger – was zwischen den Beteiligten auch unstreitig ist – einen Arbeitsunfall im Sinne des § 8 Sozialgesetzbuch SGB VII – Gesetzliche Unfallversicherung (SGB VII) erlitten, als er während eines Aufenthalts in der Jugendherberge G. beim Spielen von einer Anhöhe hinunter sprang und sich beim Aufkommen mit der Hand abstützte. Nach § 8 Abs. 1 Satz 2 SGB VII sind Unfälle sind zeitlich begrenzte, von außen auf den Körper einwirkende Ereignisse, die zu einem Gesundheitsschaden oder zum Tod führen. Der Unfall des Klägers hat aber nur zu dem von der Beklagten auch anerkannten, zwischenzeitlich jedoch im Wesentlichen folgenlos ausgeheilten Gesundheitsschaden auf chirurgischem Fachgebiet in Form eines operativ versorgten, knöchern ohne Funktionseinschränkungen fest verteilten kompletten Bruchs des linken Unterarmes im Sinne der Vorschrift "geführt". Demgegenüber ist der Unfall nicht ursächlich für die beim Kläger vorliegenden Schäden einer SL-Bandverletzung, einer Chondromalazie in der Fossa Scaphoidea sowie einer Chondromalazie im Bereich des Capitatums und im Bereich des Hakenbeines. Es fehlt insoweit an dem Nachweis der Feststellung der Bandläsion im Sinne eines Gesundheitserstschadens.

Hinsichtlich des Beweismaßstabes gilt, dass die Merkmale "versicherte Tätigkeit", "Verrichtung zur Zeit des Unfalls", "Unfallereignis" sowie "Gesundheitserst- bzw. Gesundheitsfolgeschaden" im Wege des Vollbeweises, also mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit, für das Gericht feststehen müssen. Demgegenüber genügt für den Nachweis der wesentlichen Ursachenzusammenhänge zwischen diesen Voraussetzungen die (hinreichende) Wahrscheinlichkeit, nicht allerdings die bloße Möglichkeit (vgl. nur BSG vom 2.4.2009 - B 2 U 29/07 R). Dabei muss das (auch) Vorliegen eines Gesundheitserstschadens im Sinne des Vollbeweises, also mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit, für das Gericht feststehen (BSG, a.a.O., Bayerisches LSG, Urteil vom 14.12.2011 - L 2 U 504/10; LSG Berlin-Brandenburg, Urteil vom 07.03.2007 - L 3 U 44/04).

Dass der Kläger als Gesundheitserstschaden eine SL-Bandverletzung erlitten hat, steht indes nicht mit dem - wie dargelegt - erforderlichen Vollbeweis fest. Zunächst ist ein Schaden am SL-Band in dem nach dem Unfall erstellten Arztbericht nicht dokumentiert, obwohl eine medizinische Behandlung und Versorgung des Klägers direkt nach dem Unfall und unter stationären Krankenhausbedingungen erfolgt ist. Schon in Ermangelung eines entsprechenden unfallnahen Befundes kann daher ein Erstschaden nicht festgestellt werden. Dieser Beweis ließe sich auch nicht mit der Aussage der Mutter des Klägers, ein Arzt habe ihr nach dem Unfall gesagt, es handele sich um einen komplizierten Bruch, der auch das Handgelenk in Mitleidenschaft gezogen habe, führen. Diese Wahrnehmung der Mutter des Klägers "vom Hörensagen" kann zu Gunsten des Klägers unterstellt werden, jedoch ist die Mutter des Klägers als medizinisch nicht gebildete Zeugin kein geeignetes Beweismittel für die Tatsache, dass just der erstmals im März 2011 diagnostizierte SL-Bandschaden bereits damals vorgelegen habe und festgestellt worden sei. Eine derartige sachkundige Wertung ist allein einem Arzt oder einer vergleichbar vorgebildeten Person zugänglich und kann von einem medizinischen Laien nicht getroffen werden. Aus dem Umstand, dass möglicherweise zum damaligen Zeitpunkt in der DDR bildgebende Verfahren nicht ausreichend vorhanden waren oder nicht flächendeckend angewendet wurden, folgt nichts anderes, insbesondere ist nicht schon aus diesem Grund ein geringerer Beweismaßstab der Beurteilung zugrunde zu legen.

Schließlich ist zu beachten, dass der Kläger seit dem Unfall bis November 2010 keinerlei Beschwerden am linken Handgelenk hatte. Es fehlt danach nicht nur an einer engen zeitlichen Verknüpfung zwischen dem Unfallereignis und der festgestellten Bandverletzung, es fehlt auch an Brückensymptomen wie beispielsweise wiederkehrenden Schwellungen, einer Instabilität oder Schmerzen und an Beschwerden, die zumindest eine Untersuchung oder Behandlung notwendig gemacht hätten. Darauf, dass es unwahrscheinlich ist, dass eine derartige Verletzung über einen Zeitraum von rund 25 Jahren ohne jegliche Auswirkung geblieben ist, weist auch Dr. R. in seinem Zusammenhangsgutachten für die Beklagte vom 2. September 2011 hin. Dem kann das Gutachten des Dr. T. nicht überzeugend entgegentreten, wenn dieser ausführt, es müsse wegen des Umstandes, dass der Kläger muskelkräftig und Rechtshänder sei, eben doch an die Möglichkeit gedacht werden, dass es bereits damals durch den Unfall zu einer Verletzung im Handwurzelbereich gekommen sei. Denn wie dargelegt genügt die Möglichkeit eines entsprechenden Erstschadens den an den Vollbeweis zu stellenden Anforderungen nicht. Die von Dr. T. aufgestellte Schlussfolgerung, es sei sorgfältig recherchiert worden, dass der Kläger keinerlei weitere Verletzungen im Bereich des linken Handgelenkes im Sinne einer konkurrierenden Ursache gehabt habe, es müsse also nach anderen Ursachen gesucht werden, die hier nur in der 1985 erfolgten Verletzung des linken Handgelenkes gefunden werden könnten, ist unzulässig. Dass allein die Abwesenheit einer konkurrierenden Ursache nicht dazu führen kann, dass der Gesundheitserstschaden bejaht wird, ist eigentlich selbstverständlich und bedarf keiner weiteren Begründung, denn ohne den Nachweis eines Erstschadens kann eine konkurrierende Ursache für diesen überhaupt nicht relevant werden, sei es durch ihr Vorliegen oder durch ihre Abwesenheit (vgl. für die Frage der Kausalität: Angermaier in jurisPR-SozR 25/2009 Anm. 6). Auf die Frage, welche anderen (Konkurrenz-) Ursachen für die im Jahr 2011 diagnostizierte ältere SL-Bandverletzung des Klägers in Betracht kommen, kommt es folglich nicht mehr an, nachdem nicht nachgewiesen ist, dass diese Verletzung Gesundheitserstschaden des 1985 erlittenen Unfalls ist. Es ist danach zwar nicht vollkommen ausgeschlossen, dass es durch den Unfall bereits zu einer jahrzehntelang unentdeckten SL-Bandverletzung mit nachfolgender Arthrose gekommen ist, im Vollbeweis feststellbar ist dies jedoch nicht.

Auf die beantragte Parteivernehmung des Klägers zu der Frage, ob weitere Unfälle oder Traumata, Prellungen, etc. der linken Hand seit 1985 erfolgt sind oder nicht, kommt es danach nicht an, zumal eine Parteivernehmung im sozialgerichtlichen Verfahren weder auf Antrag noch von Amts wegen zulässig ist (BSG, Beschluss vom 24.11.1990 – 1 BA 45/90).

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG und entspricht dem Ausgang des Rechtsstreits in der Hauptsache.

Die Revision gegen dieses Urteil war nicht zuzulassen, weil die gesetzlichen Voraussetzungen des § 160 Abs. 2 Nr. 1 oder Nr. 2 SGG nicht vorliegen.
Rechtskraft
Aus
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