Land
Freistaat Bayern
Sozialgericht
Bayerisches LSG
Sachgebiet
Krankenversicherung
Abteilung
5
1. Instanz
SG Regensburg (FSB)
Aktenzeichen
S 2 KR 484/12
Datum
2. Instanz
Bayerisches LSG
Aktenzeichen
L 5 KR 440/13
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Leitsätze
Die Zahlung von Auslandsrenten kann zum Entfall der Bedürftigkeit nach dem SGB XII führen, so dass Krankenversicherungspflicht nach § 5 Abs. 1 Nr. 13 SGB V eintritt, welche in der Folge die Krankenhilfe nach 264 SGB V dauerhaft verdrängt.
I. Die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des Sozialgerichts Regensburg vom 27. August 2013 wird zurückgewiesen.
II. Die Beklagte trägt die notwendigen außergerichtlichen Kosten des Klägers auch der Berufung.
III. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand:
Zwischen den Beteiligten ist die Versicherungspflicht des Klägers nach § 5 Abs. 1 Nr. 13 SGB V seit dem 01.01.2012 streitig. Der 1940 geborene Kläger und seine Ehefrau wurden als ausländische Flüchtlinge im Sinne des Gesetzes über Maßnahmen für im Rahmen humanitärer Hilfsaktionen aufgenommene Flüchtlinge vom 22.07.1980 als sog. Kontingentflüchtlinge aufgenommen. Sie besitzen die russische Staatsangehörigkeit. Dem Kläger wurde eine Niederlassungserlaubnis nach § 23 Abs. 2 Aufenthaltsgesetz (AufenthG) erteilt. Es bestand für den Kläger keine Verpflichtung zur Sicherung des Lebensunterhalts nach § 5 Abs. 1 Nr. 1 AufenthG. Der Kläger und seine Frau beziehen seit ihrer Einreise in die Bundesrepublik Deutschland im August 1996 Leistungen des Sozialhilfeträgers. Derzeit werden Leistungen der Grundsicherung nach dem SGB XII von der beigeladenen Stadt A. (Beigeladene zu 1) bezogen. Die Krankenbehandlung des Klägers wurde ab 01.01.2004 von der Beklagten gegen Kostenerstattung gem. § 264 SGB V (durch die Beigeladene zu 1.) übernommen. Nur im Dezember 1996 war der Kläger für einige Tage Mitglied bei der Beklagten. Der Kläger bezieht derzeit vom russischen Träger (Pensionsfond der Russischen Föderation) eine laufende Rentenleistung in Höhe von 191,68 EUR, während die Ehefrau eine Rente von umgerechnet monatlich 173,53 EUR bezieht.
Zunächst hatte nur die Ehefrau des Klägers eine Altersrente aus Russland bezogen. Vor dem Hintergrund des Ausbleibens dieser Rente der Ehefrau für die Zeit vom 01.07.2009 bis 30.06.2010 und der schließlich erfolgten Nachzahlung der Rente in Höhe von gesamt 1.505,79 EUR hatte die Beigeladene zu 1.) mit Bescheid vom 11.06.2010 die Weiterzahlung von Grundsicherungsleistungen gegenüber dem Kläger ab 01.07.2010 bis 31.07.2010 abgelehnt.
Daraufhin beantragte der Kläger erstmals die Durchführung einer Pflichtversicherung nach § 5 Abs. 1 Nr. 13 SGB V. Dies lehnte die Beklagte mit Bescheid vom 22.07.2010 ab. Der Widerspruch blieb ohne Erfolg (vgl. Bescheid vom 17.09.2010). Die hiergegen gerichtete Klage zum Sozialgericht Regensburg (Az.: S 2 KR 297/10) wurde mit Urteil vom 07.12.2011 abgewiesen. Die Berufung gegen dieses Urteil wurde mit Urteil des BayLSG vom 06.08.2014 (Az.: L 4 KR 106/12) zurückgewiesen. Auch der Kläger hatte eine Altersrente beantragt. Vom zuständigen russischen Träger wurde sie diesem schließlich bewilligt. Auf Grund dieser Bewilligung ging am 25.11.2011 auf dem Konto des Klägers und seiner Ehefrau eine Rentennachzahlung in Höhe von 3.376,83 EUR ein. Regelmäßig erfolgen die Rentenzahlungen quartalsweise. So ging bspw. am 25.11.2011 die vierteljährlich an die Ehefrau ausgezahlte Rente für das 4. Quartal auf dem Konto der Eheleute ein. Auf Grund der Rentennachzahlung hatte der Kläger von der Beigeladenen zu 1.) in der Zeit vom 01.01.2012 bis 30.04.2012 keine Leistungen der Grundsicherung erhalten, da die Beigeladene zu 1) den Betrag der Nachzahlung in Höhe von 3.184,26 EUR bei der Grundsicherung anrechnete. Dazu hatten der Kläger und seine Ehefrau in einer Vorsprache vom 13.01.2012 bei der Beigeladene zu 1.) erklärt, dass sie eine Verteilung der Anrechnung der Nachzahlung von Januar bis April 2012 wünschten. Die Beigeladene zu 1.) hatte daraufhin mit Bescheid vom 13.01.2012 ab 01.01.2012 die Bescheide vom 12.05.2011 und 08.12.2011 bestandkräftig aufgehoben. Es wurde im Bescheid ausdrücklich festgestellt, dass die bisher gezahlte Grundsicherung mit Ablauf des 31.12.2011 eingestellt werde. Der Bescheid ist bestandskräftig.
Mit Schreiben vom 13.01.2012 beantragte der Kläger bei der Beklagten erneut die Durchführung einer Pflichtversicherung nach § 5 Abs. 1 Nr. 13 SGB V und § 20 Abs. 1 Satz 2 SGB XI.
Mit Bescheid vom 14.02.2012 der Beigeladenen zu 1.) wurde dem Kläger für die Zeit vom 01.01.2012 bis 30.04.2012 monatliches Wohngeld in Höhe von 355,00 EUR bewilligt. Seit Mai 2012 erhalten der Kläger und seine Frau wieder SGB XII-Leistungen.
Mit Bescheid vom 28.02.2012 der Beklagten wurde die Durchführung einer Pflichtversicherung für den Kläger nach § 5 Abs. 1 Nr. 13 SGB V abgelehnt. Ein Unterbrechungstatbestand nach § 5 Abs. 8a SGB V liege nicht vor, da der Kläger für die Zeit vom Januar bis April 2012 weiterhin Wohngeld beziehe und den Lebensunterhalt nicht vollständig aus eigenen Mitteln bestreiten könne. Ab Mai 2012 würde der Kläger voraussichtlich wieder Leistungen nach dem SGB XII erhalten.
Hiergegen legte der Kläger Widerspruch ein. Der Anspruch auf die in § 5 Abs. 8a SGB V genannten Leistungen sei deutlich länger als 1 Monat unterbrochen und die in der Vorschrift genannten Leistungen seien auch nicht analogiefähig. Für Empfänger von Wohngeld könne § 5 Abs. 8a SGB V nicht angewandt werden. Das LSG Nordrhein-Westfalen habe im Beschluss vom 12.10.2009 (Az.: L 12 B 51/09 SO ER) klargestellt, dass ein unmittelbar realisierbarer Anspruch auf Wohngeld, der den Bedarf vollständig decke, zur Folge habe, dass eben kein Anspruch mehr auf laufende Leistungen nach dem SGB XII bestehe.
Mit Widerspruchsbescheid vom 25.10.2012 wurde der Widerspruch als unbegründet zurückgewiesen. Auch wenn der Kläger keine Leistungen nach dem 4. Kapitel des SGB XII beziehe, habe er einen Anspruch auf Wohngeld und daher auch auf Krankenhilfe nach § 48 SGB XII.
Hiergegen hat der Kläger Klage zum Sozialgericht erhoben. Zur Klagebegründung hat er im Wesentlichen auf die Widerspruchsbegründung verwiesen.
Das Sozialgericht hat mit Urteil vom 27.08.2013 der Klage stattgegeben und festgestellt, dass der Kläger ab 01.01.2012 pflichtversichertes Mitglied der Beklagten gem. § 5 Abs. 1 Nr. 13a SGB V ist. Beim Kläger würden die Voraussetzungen des § 5 Abs. 1 Nr. 13a SGB V vorliegen. Solange der Kläger Leistungen der Grundsicherung im Alter bezog, habe auf Grund des Ausschlusstatbestandes des § 5 Abs. 8a Satz 2 SGB V keine Pflichtversicherung nach § 5 Abs. 1 Nr. 13a SGB V bestanden. Der Umstand der Unterbrechung bezüglich des Anspruches auf Grundsicherung im Alter nach dem 4. Kapitel des SGB XII für den 01.01.2012 bis 30.04.2012 habe dazu geführt, dass eine Versicherungspflicht nach § 5 Abs. 1 Nr. 13a SGB V begründet worden sei. Die zeitliche Vorgabe in § 5 Abs. 8a Satz 3 SGB V (1 Monat) sei überschritten worden. Das in diesem Zeitraum gezahlte Wohngeld habe nicht zu einem Ausschluss der Pflichtversicherung entsprechend § 5 Abs. 8a Satz 2 SGB V geführt. Dieses werde vom Wortlaut des Gesetzes gerade nicht genannt.
Hiergegen hat die Beklagte Berufung eingelegt. Die von der Beigeladenen zu 1.) vorgenommene Unterbrechung der grundsicherungsrechtlichen Hilfebedürftigkeit sei nur durch den sehr kurz gewählten Anrechnungszeitraum (4 Monate) zu erreichen gewesen. Die Nachzahlung der russischen Rente habe 20 Monate umfasst und sei auf gerade einmal vier Monate aufgeteilt worden. Dies erscheine nicht angemessen und willkürlich, auch wenn der Kläger mit diesem Vorgehen einverstanden gewesen sei. Bei Ansatz eines dem Umfang der Nachzahlung angemessenen Zeitraums würde Hilfebedürftigkeit keineswegs entfallen.
Die Beklage beantragt, das Urteil des Sozialgerichts Regensburg vom 27.08.2013 aufzuheben und die Klage abzuweisen.
Der Kläger beantragt, die Berufung zurückzuweisen.
Die Beigeladene zu 1.) beantragt, die Berufung zurückzuweisen.
Der Kläger und die Beigeladene zu 1.) verweisen auf die aus seiner Sicht zutreffende Begründung des Urteils des Sozialgerichts Regensburg. Die Beigeladene zu 2.) stellt keinen Antrag.
Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitverhältnisses wird auf den Inhalt der Gerichtsakten erster und zweiter Instanz und der beigezogenen Verwaltungsakte der Beklagten verwiesen.
Entscheidungsgründe:
Die zulässige Berufung (§§ 151, 153 SGG) ist unbegründet. Das Sozialgericht hat zu Recht der Klage des Klägers gegen den Bescheid der Beklagten vom 28.02.2012 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 20.10.2012 stattgegeben und festgestellt, dass der Kläger ab 01.01.2012 pflichtversichertes Mitglied der Beklagten gem. § 5 Abs. 1 Nr. 13a SGB V ist.
1. Nach § 5 Abs. 1 Nr. 13 SGB V in seiner bis heute unverändert geltenden Fassung (wie die im Folgenden genannten Bestimmungen eingefügt mit Wirkung vom 1. April 2007 durch das GKV-Wettbewerbsstärkungsgesetz - GKV-WSG - vom 26. März 2007, BGBl. I, Seite 378) sind seit dem 01.04.2007 in der gesetzlichen Krankenversicherung versicherungspflichtig Personen, die keinen anderweitigen Anspruch auf Absicherung im Krankheitsfall haben und zuletzt gesetzlich krankenversichert (Buchst. a) oder bisher nicht gesetzlich oder privat krankenversichert waren, es sei denn, sie gehören zu den nach § 5 Abs. 5 SGB V genannten hauptberuflich Selbständigen oder zu den nach § 6 Abs. 1 oder 2 SGB V versicherungsfreien Personen oder hätten bei Ausübung ihrer beruflichen Tätigkeit im Inland zu ihnen gehört (Buchst. b).
§ 5 Abs. 11 SGB V enthält Sonderregelungen für Ausländer. Grundsätzlich gilt die Versicherungspflicht nach § 5 Abs. 1 Nr. 13 SGB V für alle Personen, die ihren Wohnsitz oder gewöhnlichen Aufenthalt im Geltungsbereich des SGB haben (§ 30 SGB I). Mit § 5 Abs. 11 SGB V hat der Gesetzgeber eine im Sinne des § 37 SGB I abweichende Regelung getroffen. Ziel der Regelung ist die Vermeidung von Rechtsmissbrauch (Felix in: jurisPK-SGB V, 2. Aufl. 2012, § 5 SGB V, Rn. 98). Nach Satz 1 des Abs. 11 werden Ausländer, die nicht Angehörige eines Mitgliedstaates der Europäischen Union, Angehörige eines Vertragsstaates des Abkommens über den Europäischen Wirtschaftsraum oder Staatsangehörige der Schweiz sind, von der Versicherungspflicht nach Abs. 1 Nr. 13 erfasst, wenn sie eine Niederlassungserlaubnis oder eine Aufenthaltserlaubnis mit einer Befristung auf mehr als zwölf Monate nach dem AufenthG besitzen und für die Erteilung dieser Aufenthaltstitel keine Verpflichtung zur Sicherung des Lebensunterhalts nach § 5 Abs. 1 Nr. 1 AufenthG besteht.
a) Die Kläger unterfällt als russischer Staatsangehöriger mit einer unbefristeten Niederlassungserlaubnis nach § 23 Abs. 2 AufenthG dem persönlichen Anwendungsbereich des Versicherungspflichttatbestandes des § 5 Abs. 1 Nr. 13 SGB V. Dies steht fest auf Grund des unstreitigen Vortrags der Beteiligten und wurde in der mündlichen Verhandlung vom 28.10.2015 von diesen nochmals bestätigt und unstreitig gestellt. Ein Verssicherungsschutz nach § 5 Abs. 1 Nr. 13 SGB V ist nicht geboten in den Fällen, in denen die Ausländer gem. § 5 Abs. 1 Nr. 1 AufenthG verpflichtet sind dafür zu sorgen, dass ihr Lebensunterhalt einschließlich eines ausreichenden Krankenversicherungsschutzes ohne Inanspruchnahme öffentlicher Mittel sichergestellt wird. Sie verfügten insoweit über eine anderweitige Absicherung (vgl. dazu BSG Urteil vom 03.07.2013 - B 12 KR 2/11). Vorliegend wurde die Aufenthaltserlaubnis nicht von einer Verpflichtung zur Sicherung des Lebensunterhalts gem. § 5 Abs. 1 Nr. 1 AufenthG abgängig gemacht. Dies steht fest durch den von den Beteiligten in der mündlichen Verhandlung vom 28.10.2015 unstreitig gestellten Sachverhalt und dem Telefonvermerk vom 22.10.2015 (vgl. Niederschrift vom 28.10.2015 und Telefonvermerk vom 22.10.2015 Bl. 67 Rückseite LSG Akte). Der Kläger war auch weder hauptberuflich Selbständig noch gehörte er zu den nach § 6 Abs. 1 oder 2 SGB V versicherungsfreien Personen.
b) Der Versicherungspflicht nach § 5 Abs. 1 Nr. 13 SGB V steht auch nicht der Ausschlusstatbestand nach § 5 Abs. 8a SGB V entgegen.
aa) Gemäß § 5 Abs. 8a Satz 1 SGB V ist nach Abs. 1 Nr. 13 nicht versicherungspflichtig, wer nach Abs. 1 Nr. 1 bis 12 versicherungspflichtig, freiwilliges Mitglied oder nach § 10 SGB V versichert ist (Satz 1). Der Kläger war weder nach § 5 Abs. 1 Nr. 1 bis 12 SGB V versicherungspflichtig noch freiwilliges Mitglied oder familienversichert (§ 10 SGB V).
bb) Nach § 5 Abs. 8a Satz 2 SGB V gilt Satz 1 entsprechend für Empfänger laufender Leistungen nach dem Dritten, Vierten, Sechsten und Siebten Kapitel des SGB XII und für Empfänger laufender Leistungen nach § 2 AsylbLG. Nach Satz 3 dieser Vorschrift gilt Satz 2 auch, wenn der Anspruch auf diese Leistungen für weniger als einen Monat unterbrochen wird. Der Kläger hatte in der Zeit vom 01.01.2012 bis 30.04.2012 keinen Anspruch auf laufende Leistungen nach dem Dritten, Vierten, Sechsten und Siebten Kapitel des SGB XII. Der Anspruch und auch die tatsächliche Zahlung der Leistungen war für mehr als einen Monat unterbrochen. Empfangen im Sinne von § 5 Abs. 8a Satz 2 SGB V werden laufende Leistungen der Grundsicherung im Alter und bei Erwerbsminderung (Leistungen des Vierten Kapitels des SGB XII), wie sie der Kläger erhielt, in dem Zeitraum, für den sie durch Verwaltungsakt des Sozialhilfeträgers zuerkannt werden. Maßgeblich ist nicht, ob sie bezogen werden, sondern ob sie beansprucht werden können. Es kommt auf den vom Sozialhilfeträger durch Verwaltungsakt (bestimmten) zuerkannten Leistungsanspruch an (BSG, Urteil vom 06.10.2010 - B 12 KR 25/09 R -; in juris). Dies folgt aus dem Bedeutungszusammenhang der Norm, aus dem Zweck der Versicherungspflicht nach § 5 Abs. 1 Nr. 13 SGB V als sogenannte Auffangversicherung; der Wortlaut des § 5 Abs. 8a Satz 2 SGB V steht nicht entgegen. § 5 Abs. 8a SGB V steht im Zusammenhang mit § 5 Abs. 1 Nr. 13 SGB V, den er tatbestandlich konkretisiert. Das gegenwärtige Fehlen einer anderweitigen Absicherung wird dort als Abwesenheit eines Anspruchs definiert. An das Nichtbestehen eines Anspruchs knüpfen auch die Bestimmungen über den Beginn der Mitgliedschaft der nach § 5 Abs. 1 Nr. 13 SGB V Versicherungspflichtigen in § 186 Abs. 11 Sätze 1 und 3 SGB V an, ebenso § 190 Abs. 13 Satz 1 Nr. 1 SGB V hinsichtlich des Endes der Mitgliedschaft, wenn eine Absicherung aufgrund anderer Leistungen der Sozialhilfe in Betracht kommt. Auch § 5 Abs. 8a Sätze 3 und 4 SGB V stellen auf den Anspruch auf Leistungen ab, so dass es folgerichtig erscheint, diesen Maßstab auch Satz 2 der Vorschrift zugrunde zu legen, um nicht den Regelungszusammenhang zu durchbrechen. Diese Auslegung entspricht auch unter teleologischem Gesichtspunkten dem Zweck der Regelung des § 5 Abs. 1 Nr. 13 SGB V als Auffangversicherungspflicht (zum Ganzen: BSG, a.a.O.).
Der Kläger hat in der Zeit vom 01.01.2012 bis 30.04.2012 und somit für länger als einen Monat keinen Anspruch auf laufende Leistungen nach dem Dritten, Vierten, Sechsten und Siebten Kapitel des SGB XII gehabt. Dies steht fest auf Grund der Aufhebung der Bewilligungsbescheide vom 12.05.2011 und 08.12.2011 durch die Beigeladene zu 1.) mit bestandskräftigem Bescheid vom 13.01.2012 für den Zeitraum ab 01.01.2012. Es wurde im Bescheid vom 13.01.2012 ausdrücklich festgestellt, dass die bisher gezahlte Grundsicherung mit Ablauf des 31.12.2011 eingestellt wird. Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den bestandskräftigen Aufhebungsbescheid vom 13.01.2012 auf Blatt 34 Akte der Beklagten verwiesen. Dem Senat ist vorliegend bezüglich des bestandskräftigen Aufhebungsbescheids eine inzidente Rechtmäßigkeitskontrolle verwehrt. Mit der materiellen Bestandskraft (§ 77 SGG) wurde die Regelung des Verwaltungsakts bezüglich der Aufhebung der Bewilligung der Grundsicherungsleistungen und der Einstellung der Grundsicherungsleistungen für die erlassende Behörde und die Beteiligten (§ 12 SGB X) verbindlich.
Neben dieser Bestandskraft kommt dem Bescheid jedoch auch Tatbestandswirkung zu. Die Tatbestandswirkung bedeutet, dass außer der erlassenden Behörde, ihrem Rechtsträger und den Verfahrensbeteiligten andere Behörden, öffentliche Rechtsträger und Gerichte den Erlass des Verwaltungsaktes und die in ihm getroffene Regelung (Verfügung) als maßgebend akzeptieren müssen (so Roos in von Wulffen, SGB X, 8. Auflage, vor § 39 Rn. 4 mwN) es sei denn, er ist nichtig (BSG, SozR 4-2500 § 9 Nr. 3, juris Rn. 11). Anerkannt ist in der Rechtsprechung, dass z.B. der Entscheidung des Versicherungsträgers über den versicherungsrechtlichen Status einer Person Tatbestandswirkung zukommt (vgl. BSG 24.09.1996, 1 RK 1/96; BSGE 79, 128 = SozR 3-1300 § 111 Nr. 5). Gleiches muss gelten für die der Versicherungspflicht vorgelagerte Verwaltungsakte wie der Aufhebung von Grundsicherungsleistungen (vgl. auch LSG NRW Urteil vom 19.04.2012 - L 5 KR 361/10 Rn. 31 zitiert nach juris und BeckOK SozR/Ulmer SGB V § 5 Rn. 70: "sofern eine andere Behörde Leistungen (z.B. Sozialhilfe) abgelehnt hat, bindet dies die Krankenkasse"). Für eine Nichtigkeit des Aufhebungsbescheids oder für ein kollusives Zusammenwirken des Sozialhilfeträgers und des Leistungsberechtigen zu Lasten der beklagten Krankenkasse, die einer Bindungswirkung entgegenstehen würden, bestehen keine Anhaltspunkte; Entsprechendes hat die Beklagte auch nicht behauptet. Die von der Beigeladenen zu 1.) vorgenommene Anrechnung der russischen Rente über einen Zeitraum von vier Monaten führt keinesfalls zur Nichtigkeit des Aufhebungsbescheids vom 13.01.2012. Der Einsatz des eigenen Einkommens bei der Berechnung von Sozialhilfe wird im Einzelnen durch die Verordnung zur Durchführung des § 82 SGB XII (DV zu § 82 SGB XII) geregelt. Abweichend von dem Grundsatz, dass auf den tatsächlichen Zufluss abzustellen ist, bestimmt § 8 Abs. 1 Satz 1 DV zu § 82 SGB XII, dass andere als die in den §§ 3, 4, 6 und 7 DV zu § 82 SGB XII genannten Einkünfte, zu denen auch Renten gehören (§§ 8 Abs. 1 Satz 2 DV zu § 82 SGB XII, 19 Abs. 1 Nr. 2 EStG; vgl. auch Schmidt in: jurisPK-SGB XII, § 82 SGB XII Rn. 91), wenn sie nicht monatlich oder wenn sie monatlich in unterschiedlicher Höhe erzielt werden, als Jahreseinkünfte zu berechnen sind. § 3 Abs. 3 Satz 2 und 3 DV zu § 82 SGB XII gilt nach § 8 Abs. 1 Satz 3 DV zu § 82 SGB XII entsprechend. Nach § 3 Abs. 3 Satz 2 DV zu § 82 SGB XII sind einmalige Einnahmen von dem Monat an zu berücksichtigen, in dem sie anfallen; sie sind, soweit nicht im Einzelfall eine andere Regelung angezeigt ist, auf einen angemessenen Zeitraum aufzuteilen und monatlich mit einem entsprechenden Teilbetrag anzusetzen. Eine solche Anrechnungsweise mit angemessener Verteilung auf mehrere Monate hat die Beigeladene zu 1.) vorgenommen. Die Anrechnung erfolgte auf einen Zeitraum von vier Monaten. Von einem Verwaltungshandeln das zur Nichtigkeit des Aufhebungsbescheids vom 13.01.2012 führt, bestehen daher keine Anhaltspunkte.
Der Senat verkennt nicht, dass es im Interesse der Beigeladene zu 1.) liegt, den über §§ 47 ff. SGB XII, § 264 SGB V bestehenden Schutz zu beenden und eine Mitgliedschaft des Klägers nach § 5 Abs. 1 Nr. 13 SGB V bei der Beklagten zu begründen. Durch eine entsprechende Verkürzung des Anrechnungszeitraums kann die Beigeladene die Verschiebung der Leistungsverantwortung für den Krankheitsfall zu Lasten der gesetzlichen Krankenversicherung grundsätzlich in der Hand haben. Die Subsidiarität der Versicherungspflicht nach § 5 Abs. 1 Nr. 13 SGB V könnte so umgangen werden. Als Korrelat hierzu wäre zu diskutieren, ob neben den Fällen der fehlenden Bindungswirkung auf Grund von Nichtigkeit bzw. kollusiven Zusammenwirkens der Krankenkasse ein Anfechtungsrecht bezüglich der Ablehnung bzw. Aufhebung von Grundsicherungsleistungen zusteht (grundsätzlich zur Drittanfechtung eines Sozialversicherungsträgers BSG Urteil vom 03.07.2013 - B 12 KR 8/11 R). Eine Entscheidung hierüber war vorliegend nicht zu treffen, da die Beklagte bereits keine entsprechende Anfechtungsklage erhoben hat; zudem wäre die Jahresfrist nach § 66 Abs. 2 SGG abgelaufen.
cc) Der Kläger ist auch nicht deshalb von der Versicherungspflicht nach § 5 Abs. 1 Nr. 13 SGB V ausgeschlossen, weil er für den Zeitraum 01.01.2012 bis 30.04.2012 ein monatliches Wohngeld von 355,00 EUR erhalten hat und seit 01.05.2012 wieder Leistungen nach dem SGB XII erhält. Nach dem klaren Wortlaut von § 5 Abs. 8a Satz 2 SGB V gilt der Ausschluss von der Versicherungspflicht nach § 5 Abs. 1 Nr. 13 SGB V nur für Empfänger laufender Leistungen nach dem Dritten, Vierten, Sechsten und Siebten Kapitel des Zwölften Buches und für Empfänger laufender Leistungen nach § 2 des Asylbewerberleistungsgesetzes. Empfänger von Leistungen nach Wohngeldgesetz werden vom Ausschlusstatbestand nicht erfasst. Eine erweiternde Auslegung des Gesetzes (hier: § 5 Abs. 8a Satz 2 SGB V) ist nicht möglich, weil der Wortlaut die äußerste Grenze der Auslegung bildet. Denn was außerhalb seines Wortlautes liegt, lässt sich nicht als Inhalt des Gesetzes begreifen und somit auch nicht durch Auslegung ermitteln (vgl. nur BVerfGE 71, 108 (115)). Zudem stünde auch die Systematik des Gesetzes einer teleologischen Erweiterung entgegen, denn der Abs. 8a stellt eine Ausnahme zum Grundsatz der Versicherungspflicht dar.
Damit war der Anspruch des Klägers auf laufende Leistungen der Grundsicherung im Alter für mehr als einen Monat unterbrochen (§ 5 Abs. 8a Satz 3 SGB V). Der Kläger ist somit seit 01.01.2012 nach § 5 Abs. 1 Nr. 13 SGB V versicherungspflichtig in der gesetzlichen Krankenversicherung und nach § 20 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 SGB XI versicherungspflichtig in der sozialen Pflegeversicherung. Aus diesen Gründen war die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des Sozialgerichts Regensburg vom 27.08.2013 zurückzuweisen.
2. Die Kostenentscheidung folgt aus § 193 SGG.
3. Gründe zur Zulassung der Revision sind nicht ersichtlich, § 160 SGG.
II. Die Beklagte trägt die notwendigen außergerichtlichen Kosten des Klägers auch der Berufung.
III. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand:
Zwischen den Beteiligten ist die Versicherungspflicht des Klägers nach § 5 Abs. 1 Nr. 13 SGB V seit dem 01.01.2012 streitig. Der 1940 geborene Kläger und seine Ehefrau wurden als ausländische Flüchtlinge im Sinne des Gesetzes über Maßnahmen für im Rahmen humanitärer Hilfsaktionen aufgenommene Flüchtlinge vom 22.07.1980 als sog. Kontingentflüchtlinge aufgenommen. Sie besitzen die russische Staatsangehörigkeit. Dem Kläger wurde eine Niederlassungserlaubnis nach § 23 Abs. 2 Aufenthaltsgesetz (AufenthG) erteilt. Es bestand für den Kläger keine Verpflichtung zur Sicherung des Lebensunterhalts nach § 5 Abs. 1 Nr. 1 AufenthG. Der Kläger und seine Frau beziehen seit ihrer Einreise in die Bundesrepublik Deutschland im August 1996 Leistungen des Sozialhilfeträgers. Derzeit werden Leistungen der Grundsicherung nach dem SGB XII von der beigeladenen Stadt A. (Beigeladene zu 1) bezogen. Die Krankenbehandlung des Klägers wurde ab 01.01.2004 von der Beklagten gegen Kostenerstattung gem. § 264 SGB V (durch die Beigeladene zu 1.) übernommen. Nur im Dezember 1996 war der Kläger für einige Tage Mitglied bei der Beklagten. Der Kläger bezieht derzeit vom russischen Träger (Pensionsfond der Russischen Föderation) eine laufende Rentenleistung in Höhe von 191,68 EUR, während die Ehefrau eine Rente von umgerechnet monatlich 173,53 EUR bezieht.
Zunächst hatte nur die Ehefrau des Klägers eine Altersrente aus Russland bezogen. Vor dem Hintergrund des Ausbleibens dieser Rente der Ehefrau für die Zeit vom 01.07.2009 bis 30.06.2010 und der schließlich erfolgten Nachzahlung der Rente in Höhe von gesamt 1.505,79 EUR hatte die Beigeladene zu 1.) mit Bescheid vom 11.06.2010 die Weiterzahlung von Grundsicherungsleistungen gegenüber dem Kläger ab 01.07.2010 bis 31.07.2010 abgelehnt.
Daraufhin beantragte der Kläger erstmals die Durchführung einer Pflichtversicherung nach § 5 Abs. 1 Nr. 13 SGB V. Dies lehnte die Beklagte mit Bescheid vom 22.07.2010 ab. Der Widerspruch blieb ohne Erfolg (vgl. Bescheid vom 17.09.2010). Die hiergegen gerichtete Klage zum Sozialgericht Regensburg (Az.: S 2 KR 297/10) wurde mit Urteil vom 07.12.2011 abgewiesen. Die Berufung gegen dieses Urteil wurde mit Urteil des BayLSG vom 06.08.2014 (Az.: L 4 KR 106/12) zurückgewiesen. Auch der Kläger hatte eine Altersrente beantragt. Vom zuständigen russischen Träger wurde sie diesem schließlich bewilligt. Auf Grund dieser Bewilligung ging am 25.11.2011 auf dem Konto des Klägers und seiner Ehefrau eine Rentennachzahlung in Höhe von 3.376,83 EUR ein. Regelmäßig erfolgen die Rentenzahlungen quartalsweise. So ging bspw. am 25.11.2011 die vierteljährlich an die Ehefrau ausgezahlte Rente für das 4. Quartal auf dem Konto der Eheleute ein. Auf Grund der Rentennachzahlung hatte der Kläger von der Beigeladenen zu 1.) in der Zeit vom 01.01.2012 bis 30.04.2012 keine Leistungen der Grundsicherung erhalten, da die Beigeladene zu 1) den Betrag der Nachzahlung in Höhe von 3.184,26 EUR bei der Grundsicherung anrechnete. Dazu hatten der Kläger und seine Ehefrau in einer Vorsprache vom 13.01.2012 bei der Beigeladene zu 1.) erklärt, dass sie eine Verteilung der Anrechnung der Nachzahlung von Januar bis April 2012 wünschten. Die Beigeladene zu 1.) hatte daraufhin mit Bescheid vom 13.01.2012 ab 01.01.2012 die Bescheide vom 12.05.2011 und 08.12.2011 bestandkräftig aufgehoben. Es wurde im Bescheid ausdrücklich festgestellt, dass die bisher gezahlte Grundsicherung mit Ablauf des 31.12.2011 eingestellt werde. Der Bescheid ist bestandskräftig.
Mit Schreiben vom 13.01.2012 beantragte der Kläger bei der Beklagten erneut die Durchführung einer Pflichtversicherung nach § 5 Abs. 1 Nr. 13 SGB V und § 20 Abs. 1 Satz 2 SGB XI.
Mit Bescheid vom 14.02.2012 der Beigeladenen zu 1.) wurde dem Kläger für die Zeit vom 01.01.2012 bis 30.04.2012 monatliches Wohngeld in Höhe von 355,00 EUR bewilligt. Seit Mai 2012 erhalten der Kläger und seine Frau wieder SGB XII-Leistungen.
Mit Bescheid vom 28.02.2012 der Beklagten wurde die Durchführung einer Pflichtversicherung für den Kläger nach § 5 Abs. 1 Nr. 13 SGB V abgelehnt. Ein Unterbrechungstatbestand nach § 5 Abs. 8a SGB V liege nicht vor, da der Kläger für die Zeit vom Januar bis April 2012 weiterhin Wohngeld beziehe und den Lebensunterhalt nicht vollständig aus eigenen Mitteln bestreiten könne. Ab Mai 2012 würde der Kläger voraussichtlich wieder Leistungen nach dem SGB XII erhalten.
Hiergegen legte der Kläger Widerspruch ein. Der Anspruch auf die in § 5 Abs. 8a SGB V genannten Leistungen sei deutlich länger als 1 Monat unterbrochen und die in der Vorschrift genannten Leistungen seien auch nicht analogiefähig. Für Empfänger von Wohngeld könne § 5 Abs. 8a SGB V nicht angewandt werden. Das LSG Nordrhein-Westfalen habe im Beschluss vom 12.10.2009 (Az.: L 12 B 51/09 SO ER) klargestellt, dass ein unmittelbar realisierbarer Anspruch auf Wohngeld, der den Bedarf vollständig decke, zur Folge habe, dass eben kein Anspruch mehr auf laufende Leistungen nach dem SGB XII bestehe.
Mit Widerspruchsbescheid vom 25.10.2012 wurde der Widerspruch als unbegründet zurückgewiesen. Auch wenn der Kläger keine Leistungen nach dem 4. Kapitel des SGB XII beziehe, habe er einen Anspruch auf Wohngeld und daher auch auf Krankenhilfe nach § 48 SGB XII.
Hiergegen hat der Kläger Klage zum Sozialgericht erhoben. Zur Klagebegründung hat er im Wesentlichen auf die Widerspruchsbegründung verwiesen.
Das Sozialgericht hat mit Urteil vom 27.08.2013 der Klage stattgegeben und festgestellt, dass der Kläger ab 01.01.2012 pflichtversichertes Mitglied der Beklagten gem. § 5 Abs. 1 Nr. 13a SGB V ist. Beim Kläger würden die Voraussetzungen des § 5 Abs. 1 Nr. 13a SGB V vorliegen. Solange der Kläger Leistungen der Grundsicherung im Alter bezog, habe auf Grund des Ausschlusstatbestandes des § 5 Abs. 8a Satz 2 SGB V keine Pflichtversicherung nach § 5 Abs. 1 Nr. 13a SGB V bestanden. Der Umstand der Unterbrechung bezüglich des Anspruches auf Grundsicherung im Alter nach dem 4. Kapitel des SGB XII für den 01.01.2012 bis 30.04.2012 habe dazu geführt, dass eine Versicherungspflicht nach § 5 Abs. 1 Nr. 13a SGB V begründet worden sei. Die zeitliche Vorgabe in § 5 Abs. 8a Satz 3 SGB V (1 Monat) sei überschritten worden. Das in diesem Zeitraum gezahlte Wohngeld habe nicht zu einem Ausschluss der Pflichtversicherung entsprechend § 5 Abs. 8a Satz 2 SGB V geführt. Dieses werde vom Wortlaut des Gesetzes gerade nicht genannt.
Hiergegen hat die Beklagte Berufung eingelegt. Die von der Beigeladenen zu 1.) vorgenommene Unterbrechung der grundsicherungsrechtlichen Hilfebedürftigkeit sei nur durch den sehr kurz gewählten Anrechnungszeitraum (4 Monate) zu erreichen gewesen. Die Nachzahlung der russischen Rente habe 20 Monate umfasst und sei auf gerade einmal vier Monate aufgeteilt worden. Dies erscheine nicht angemessen und willkürlich, auch wenn der Kläger mit diesem Vorgehen einverstanden gewesen sei. Bei Ansatz eines dem Umfang der Nachzahlung angemessenen Zeitraums würde Hilfebedürftigkeit keineswegs entfallen.
Die Beklage beantragt, das Urteil des Sozialgerichts Regensburg vom 27.08.2013 aufzuheben und die Klage abzuweisen.
Der Kläger beantragt, die Berufung zurückzuweisen.
Die Beigeladene zu 1.) beantragt, die Berufung zurückzuweisen.
Der Kläger und die Beigeladene zu 1.) verweisen auf die aus seiner Sicht zutreffende Begründung des Urteils des Sozialgerichts Regensburg. Die Beigeladene zu 2.) stellt keinen Antrag.
Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitverhältnisses wird auf den Inhalt der Gerichtsakten erster und zweiter Instanz und der beigezogenen Verwaltungsakte der Beklagten verwiesen.
Entscheidungsgründe:
Die zulässige Berufung (§§ 151, 153 SGG) ist unbegründet. Das Sozialgericht hat zu Recht der Klage des Klägers gegen den Bescheid der Beklagten vom 28.02.2012 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 20.10.2012 stattgegeben und festgestellt, dass der Kläger ab 01.01.2012 pflichtversichertes Mitglied der Beklagten gem. § 5 Abs. 1 Nr. 13a SGB V ist.
1. Nach § 5 Abs. 1 Nr. 13 SGB V in seiner bis heute unverändert geltenden Fassung (wie die im Folgenden genannten Bestimmungen eingefügt mit Wirkung vom 1. April 2007 durch das GKV-Wettbewerbsstärkungsgesetz - GKV-WSG - vom 26. März 2007, BGBl. I, Seite 378) sind seit dem 01.04.2007 in der gesetzlichen Krankenversicherung versicherungspflichtig Personen, die keinen anderweitigen Anspruch auf Absicherung im Krankheitsfall haben und zuletzt gesetzlich krankenversichert (Buchst. a) oder bisher nicht gesetzlich oder privat krankenversichert waren, es sei denn, sie gehören zu den nach § 5 Abs. 5 SGB V genannten hauptberuflich Selbständigen oder zu den nach § 6 Abs. 1 oder 2 SGB V versicherungsfreien Personen oder hätten bei Ausübung ihrer beruflichen Tätigkeit im Inland zu ihnen gehört (Buchst. b).
§ 5 Abs. 11 SGB V enthält Sonderregelungen für Ausländer. Grundsätzlich gilt die Versicherungspflicht nach § 5 Abs. 1 Nr. 13 SGB V für alle Personen, die ihren Wohnsitz oder gewöhnlichen Aufenthalt im Geltungsbereich des SGB haben (§ 30 SGB I). Mit § 5 Abs. 11 SGB V hat der Gesetzgeber eine im Sinne des § 37 SGB I abweichende Regelung getroffen. Ziel der Regelung ist die Vermeidung von Rechtsmissbrauch (Felix in: jurisPK-SGB V, 2. Aufl. 2012, § 5 SGB V, Rn. 98). Nach Satz 1 des Abs. 11 werden Ausländer, die nicht Angehörige eines Mitgliedstaates der Europäischen Union, Angehörige eines Vertragsstaates des Abkommens über den Europäischen Wirtschaftsraum oder Staatsangehörige der Schweiz sind, von der Versicherungspflicht nach Abs. 1 Nr. 13 erfasst, wenn sie eine Niederlassungserlaubnis oder eine Aufenthaltserlaubnis mit einer Befristung auf mehr als zwölf Monate nach dem AufenthG besitzen und für die Erteilung dieser Aufenthaltstitel keine Verpflichtung zur Sicherung des Lebensunterhalts nach § 5 Abs. 1 Nr. 1 AufenthG besteht.
a) Die Kläger unterfällt als russischer Staatsangehöriger mit einer unbefristeten Niederlassungserlaubnis nach § 23 Abs. 2 AufenthG dem persönlichen Anwendungsbereich des Versicherungspflichttatbestandes des § 5 Abs. 1 Nr. 13 SGB V. Dies steht fest auf Grund des unstreitigen Vortrags der Beteiligten und wurde in der mündlichen Verhandlung vom 28.10.2015 von diesen nochmals bestätigt und unstreitig gestellt. Ein Verssicherungsschutz nach § 5 Abs. 1 Nr. 13 SGB V ist nicht geboten in den Fällen, in denen die Ausländer gem. § 5 Abs. 1 Nr. 1 AufenthG verpflichtet sind dafür zu sorgen, dass ihr Lebensunterhalt einschließlich eines ausreichenden Krankenversicherungsschutzes ohne Inanspruchnahme öffentlicher Mittel sichergestellt wird. Sie verfügten insoweit über eine anderweitige Absicherung (vgl. dazu BSG Urteil vom 03.07.2013 - B 12 KR 2/11). Vorliegend wurde die Aufenthaltserlaubnis nicht von einer Verpflichtung zur Sicherung des Lebensunterhalts gem. § 5 Abs. 1 Nr. 1 AufenthG abgängig gemacht. Dies steht fest durch den von den Beteiligten in der mündlichen Verhandlung vom 28.10.2015 unstreitig gestellten Sachverhalt und dem Telefonvermerk vom 22.10.2015 (vgl. Niederschrift vom 28.10.2015 und Telefonvermerk vom 22.10.2015 Bl. 67 Rückseite LSG Akte). Der Kläger war auch weder hauptberuflich Selbständig noch gehörte er zu den nach § 6 Abs. 1 oder 2 SGB V versicherungsfreien Personen.
b) Der Versicherungspflicht nach § 5 Abs. 1 Nr. 13 SGB V steht auch nicht der Ausschlusstatbestand nach § 5 Abs. 8a SGB V entgegen.
aa) Gemäß § 5 Abs. 8a Satz 1 SGB V ist nach Abs. 1 Nr. 13 nicht versicherungspflichtig, wer nach Abs. 1 Nr. 1 bis 12 versicherungspflichtig, freiwilliges Mitglied oder nach § 10 SGB V versichert ist (Satz 1). Der Kläger war weder nach § 5 Abs. 1 Nr. 1 bis 12 SGB V versicherungspflichtig noch freiwilliges Mitglied oder familienversichert (§ 10 SGB V).
bb) Nach § 5 Abs. 8a Satz 2 SGB V gilt Satz 1 entsprechend für Empfänger laufender Leistungen nach dem Dritten, Vierten, Sechsten und Siebten Kapitel des SGB XII und für Empfänger laufender Leistungen nach § 2 AsylbLG. Nach Satz 3 dieser Vorschrift gilt Satz 2 auch, wenn der Anspruch auf diese Leistungen für weniger als einen Monat unterbrochen wird. Der Kläger hatte in der Zeit vom 01.01.2012 bis 30.04.2012 keinen Anspruch auf laufende Leistungen nach dem Dritten, Vierten, Sechsten und Siebten Kapitel des SGB XII. Der Anspruch und auch die tatsächliche Zahlung der Leistungen war für mehr als einen Monat unterbrochen. Empfangen im Sinne von § 5 Abs. 8a Satz 2 SGB V werden laufende Leistungen der Grundsicherung im Alter und bei Erwerbsminderung (Leistungen des Vierten Kapitels des SGB XII), wie sie der Kläger erhielt, in dem Zeitraum, für den sie durch Verwaltungsakt des Sozialhilfeträgers zuerkannt werden. Maßgeblich ist nicht, ob sie bezogen werden, sondern ob sie beansprucht werden können. Es kommt auf den vom Sozialhilfeträger durch Verwaltungsakt (bestimmten) zuerkannten Leistungsanspruch an (BSG, Urteil vom 06.10.2010 - B 12 KR 25/09 R -; in juris). Dies folgt aus dem Bedeutungszusammenhang der Norm, aus dem Zweck der Versicherungspflicht nach § 5 Abs. 1 Nr. 13 SGB V als sogenannte Auffangversicherung; der Wortlaut des § 5 Abs. 8a Satz 2 SGB V steht nicht entgegen. § 5 Abs. 8a SGB V steht im Zusammenhang mit § 5 Abs. 1 Nr. 13 SGB V, den er tatbestandlich konkretisiert. Das gegenwärtige Fehlen einer anderweitigen Absicherung wird dort als Abwesenheit eines Anspruchs definiert. An das Nichtbestehen eines Anspruchs knüpfen auch die Bestimmungen über den Beginn der Mitgliedschaft der nach § 5 Abs. 1 Nr. 13 SGB V Versicherungspflichtigen in § 186 Abs. 11 Sätze 1 und 3 SGB V an, ebenso § 190 Abs. 13 Satz 1 Nr. 1 SGB V hinsichtlich des Endes der Mitgliedschaft, wenn eine Absicherung aufgrund anderer Leistungen der Sozialhilfe in Betracht kommt. Auch § 5 Abs. 8a Sätze 3 und 4 SGB V stellen auf den Anspruch auf Leistungen ab, so dass es folgerichtig erscheint, diesen Maßstab auch Satz 2 der Vorschrift zugrunde zu legen, um nicht den Regelungszusammenhang zu durchbrechen. Diese Auslegung entspricht auch unter teleologischem Gesichtspunkten dem Zweck der Regelung des § 5 Abs. 1 Nr. 13 SGB V als Auffangversicherungspflicht (zum Ganzen: BSG, a.a.O.).
Der Kläger hat in der Zeit vom 01.01.2012 bis 30.04.2012 und somit für länger als einen Monat keinen Anspruch auf laufende Leistungen nach dem Dritten, Vierten, Sechsten und Siebten Kapitel des SGB XII gehabt. Dies steht fest auf Grund der Aufhebung der Bewilligungsbescheide vom 12.05.2011 und 08.12.2011 durch die Beigeladene zu 1.) mit bestandskräftigem Bescheid vom 13.01.2012 für den Zeitraum ab 01.01.2012. Es wurde im Bescheid vom 13.01.2012 ausdrücklich festgestellt, dass die bisher gezahlte Grundsicherung mit Ablauf des 31.12.2011 eingestellt wird. Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den bestandskräftigen Aufhebungsbescheid vom 13.01.2012 auf Blatt 34 Akte der Beklagten verwiesen. Dem Senat ist vorliegend bezüglich des bestandskräftigen Aufhebungsbescheids eine inzidente Rechtmäßigkeitskontrolle verwehrt. Mit der materiellen Bestandskraft (§ 77 SGG) wurde die Regelung des Verwaltungsakts bezüglich der Aufhebung der Bewilligung der Grundsicherungsleistungen und der Einstellung der Grundsicherungsleistungen für die erlassende Behörde und die Beteiligten (§ 12 SGB X) verbindlich.
Neben dieser Bestandskraft kommt dem Bescheid jedoch auch Tatbestandswirkung zu. Die Tatbestandswirkung bedeutet, dass außer der erlassenden Behörde, ihrem Rechtsträger und den Verfahrensbeteiligten andere Behörden, öffentliche Rechtsträger und Gerichte den Erlass des Verwaltungsaktes und die in ihm getroffene Regelung (Verfügung) als maßgebend akzeptieren müssen (so Roos in von Wulffen, SGB X, 8. Auflage, vor § 39 Rn. 4 mwN) es sei denn, er ist nichtig (BSG, SozR 4-2500 § 9 Nr. 3, juris Rn. 11). Anerkannt ist in der Rechtsprechung, dass z.B. der Entscheidung des Versicherungsträgers über den versicherungsrechtlichen Status einer Person Tatbestandswirkung zukommt (vgl. BSG 24.09.1996, 1 RK 1/96; BSGE 79, 128 = SozR 3-1300 § 111 Nr. 5). Gleiches muss gelten für die der Versicherungspflicht vorgelagerte Verwaltungsakte wie der Aufhebung von Grundsicherungsleistungen (vgl. auch LSG NRW Urteil vom 19.04.2012 - L 5 KR 361/10 Rn. 31 zitiert nach juris und BeckOK SozR/Ulmer SGB V § 5 Rn. 70: "sofern eine andere Behörde Leistungen (z.B. Sozialhilfe) abgelehnt hat, bindet dies die Krankenkasse"). Für eine Nichtigkeit des Aufhebungsbescheids oder für ein kollusives Zusammenwirken des Sozialhilfeträgers und des Leistungsberechtigen zu Lasten der beklagten Krankenkasse, die einer Bindungswirkung entgegenstehen würden, bestehen keine Anhaltspunkte; Entsprechendes hat die Beklagte auch nicht behauptet. Die von der Beigeladenen zu 1.) vorgenommene Anrechnung der russischen Rente über einen Zeitraum von vier Monaten führt keinesfalls zur Nichtigkeit des Aufhebungsbescheids vom 13.01.2012. Der Einsatz des eigenen Einkommens bei der Berechnung von Sozialhilfe wird im Einzelnen durch die Verordnung zur Durchführung des § 82 SGB XII (DV zu § 82 SGB XII) geregelt. Abweichend von dem Grundsatz, dass auf den tatsächlichen Zufluss abzustellen ist, bestimmt § 8 Abs. 1 Satz 1 DV zu § 82 SGB XII, dass andere als die in den §§ 3, 4, 6 und 7 DV zu § 82 SGB XII genannten Einkünfte, zu denen auch Renten gehören (§§ 8 Abs. 1 Satz 2 DV zu § 82 SGB XII, 19 Abs. 1 Nr. 2 EStG; vgl. auch Schmidt in: jurisPK-SGB XII, § 82 SGB XII Rn. 91), wenn sie nicht monatlich oder wenn sie monatlich in unterschiedlicher Höhe erzielt werden, als Jahreseinkünfte zu berechnen sind. § 3 Abs. 3 Satz 2 und 3 DV zu § 82 SGB XII gilt nach § 8 Abs. 1 Satz 3 DV zu § 82 SGB XII entsprechend. Nach § 3 Abs. 3 Satz 2 DV zu § 82 SGB XII sind einmalige Einnahmen von dem Monat an zu berücksichtigen, in dem sie anfallen; sie sind, soweit nicht im Einzelfall eine andere Regelung angezeigt ist, auf einen angemessenen Zeitraum aufzuteilen und monatlich mit einem entsprechenden Teilbetrag anzusetzen. Eine solche Anrechnungsweise mit angemessener Verteilung auf mehrere Monate hat die Beigeladene zu 1.) vorgenommen. Die Anrechnung erfolgte auf einen Zeitraum von vier Monaten. Von einem Verwaltungshandeln das zur Nichtigkeit des Aufhebungsbescheids vom 13.01.2012 führt, bestehen daher keine Anhaltspunkte.
Der Senat verkennt nicht, dass es im Interesse der Beigeladene zu 1.) liegt, den über §§ 47 ff. SGB XII, § 264 SGB V bestehenden Schutz zu beenden und eine Mitgliedschaft des Klägers nach § 5 Abs. 1 Nr. 13 SGB V bei der Beklagten zu begründen. Durch eine entsprechende Verkürzung des Anrechnungszeitraums kann die Beigeladene die Verschiebung der Leistungsverantwortung für den Krankheitsfall zu Lasten der gesetzlichen Krankenversicherung grundsätzlich in der Hand haben. Die Subsidiarität der Versicherungspflicht nach § 5 Abs. 1 Nr. 13 SGB V könnte so umgangen werden. Als Korrelat hierzu wäre zu diskutieren, ob neben den Fällen der fehlenden Bindungswirkung auf Grund von Nichtigkeit bzw. kollusiven Zusammenwirkens der Krankenkasse ein Anfechtungsrecht bezüglich der Ablehnung bzw. Aufhebung von Grundsicherungsleistungen zusteht (grundsätzlich zur Drittanfechtung eines Sozialversicherungsträgers BSG Urteil vom 03.07.2013 - B 12 KR 8/11 R). Eine Entscheidung hierüber war vorliegend nicht zu treffen, da die Beklagte bereits keine entsprechende Anfechtungsklage erhoben hat; zudem wäre die Jahresfrist nach § 66 Abs. 2 SGG abgelaufen.
cc) Der Kläger ist auch nicht deshalb von der Versicherungspflicht nach § 5 Abs. 1 Nr. 13 SGB V ausgeschlossen, weil er für den Zeitraum 01.01.2012 bis 30.04.2012 ein monatliches Wohngeld von 355,00 EUR erhalten hat und seit 01.05.2012 wieder Leistungen nach dem SGB XII erhält. Nach dem klaren Wortlaut von § 5 Abs. 8a Satz 2 SGB V gilt der Ausschluss von der Versicherungspflicht nach § 5 Abs. 1 Nr. 13 SGB V nur für Empfänger laufender Leistungen nach dem Dritten, Vierten, Sechsten und Siebten Kapitel des Zwölften Buches und für Empfänger laufender Leistungen nach § 2 des Asylbewerberleistungsgesetzes. Empfänger von Leistungen nach Wohngeldgesetz werden vom Ausschlusstatbestand nicht erfasst. Eine erweiternde Auslegung des Gesetzes (hier: § 5 Abs. 8a Satz 2 SGB V) ist nicht möglich, weil der Wortlaut die äußerste Grenze der Auslegung bildet. Denn was außerhalb seines Wortlautes liegt, lässt sich nicht als Inhalt des Gesetzes begreifen und somit auch nicht durch Auslegung ermitteln (vgl. nur BVerfGE 71, 108 (115)). Zudem stünde auch die Systematik des Gesetzes einer teleologischen Erweiterung entgegen, denn der Abs. 8a stellt eine Ausnahme zum Grundsatz der Versicherungspflicht dar.
Damit war der Anspruch des Klägers auf laufende Leistungen der Grundsicherung im Alter für mehr als einen Monat unterbrochen (§ 5 Abs. 8a Satz 3 SGB V). Der Kläger ist somit seit 01.01.2012 nach § 5 Abs. 1 Nr. 13 SGB V versicherungspflichtig in der gesetzlichen Krankenversicherung und nach § 20 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 SGB XI versicherungspflichtig in der sozialen Pflegeversicherung. Aus diesen Gründen war die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des Sozialgerichts Regensburg vom 27.08.2013 zurückzuweisen.
2. Die Kostenentscheidung folgt aus § 193 SGG.
3. Gründe zur Zulassung der Revision sind nicht ersichtlich, § 160 SGG.
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