S 2 R 3648/15

Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
SG Karlsruhe (BWB)
Sachgebiet
Rentenversicherung
Abteilung
2
1. Instanz
SG Karlsruhe (BWB)
Aktenzeichen
S 2 R 3648/15
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
-
Datum
-
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Leitsätze
Informiert ein Rentenversicherungsträger seine Versicherten nach einer Gesetzesänderung nicht anlasslos über die erst durch die Gesetzesänderung selbst eingetretene Möglichkeit der Inanspruchnahme einer abschlagsfreien vorzeitigen Altersrente, kann dem betroffenen Versicherten wegen Verletzung der aus § 115 Abs. 6 SGB VI resultierenden Beratungspflicht auch ohne vorherigen Kontakt ein sozialrechtlicher Herstellungsanspruch zustehen.
Tenor: Der Bescheid vom 20.07.2015 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 16.10.2015 wird abgeändert und die Beklagte verurteilt, der Klägerin die gewährte Altersrente für besonders langjährig Versicherte in gesetzlicher Höher bereits ab dem 01.07.2014 zu gewähren. Die Bescheide vom 12.08.2015 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 16.10.2015 werden abgeändert und die Beklagte verurteilt, den der Klägerin gewährten Zuschuss zur Krankenversicherung in gesetzlicher Höhe bereits für die Zeit ab dem 01.07.2014 zu gewähren. Die Beklagte hat der Klägerin die außergerichtlichen Kosten zu erstatten.

Tatbestand:

Die Beteiligten streiten darüber, ob der Klägerin gestützt auf einen sozialrechtlichen Herstellungsanspruch eine Altersrente für besonders langjährig Versicherte bereits ab einem früheren Zeitpunkt (ab dem 01.07.2014 anstelle des 01.05.2015) zu gewähren ist. Daneben begehrt die Klägerin wegen des früheren Rentenbeginns bereits für die Zeit vom 01.07.2014 bis 30.04.2015 einen Beitragszuschuss zur gesetzlichen Krankenversicherung. Die am 14.03.1950 geborene Klägerin erhielt am 03.03.2014 von der Beklagten eine Rentenauskunft. In dieser wies die Beklagte unter anderem darauf hin, dass die Rentenanwartschaft nach den aktuellen gesetzlichen Bestimmungen errechnet worden sei und dass sich aus künftig wirksam werdenden neuen Rechtsvorschriften oder durch die Anwendung von Vorschriften des über- und zwischenstaatlichen Rechts gegebenenfalls Abweichungen ergeben können. Zu einer Altersrente für besonders langjährig Versicherte führte das Schreiben konkret aus, dass die Wartezeit mit der-zeit 391 Monaten nicht erfüllt sei und nach den bislang gespeicherten Zeiten auch nicht mehr bis zum Erreichen der Regelaltersgrenze am 13.07.2015 erfüllt werden könne. Am 28.04.2014 wendete sich der Ehemann der Klägerin als deren Bevollmächtigter an die Deutsche Rentenversicherung Rheinland-Pfalz und nahm ein persönliches Beratungsgespräch wahr. Am 23.05.2014 erfolgten im Bundestag die zweite und dritte Lesung zum Gesetzt über Leistungsverbesserungen in der gesetzlichen Rentenversicherung (RV-Leistungsverbesserungsgesetz) mit anschließender Annahme der Empfehlung des Ausschusses für Arbeit und Soziales vom 21.05.2014 (BT-Drucksache 18/1489). Diese Beschlussempfehlung sah dabei erstmals die Berücksichtigung von freiwilligen Beiträgen und damit einhergehend die Ergänzung von § 51 Abs. 3a Sozialgesetz-buch (SGB) Sechstes Buch (VI) um eine Ziff. 4 vor, welche in den vorangegangenen Gesetzentwürfen vom 31.01.2014 (BT-Drucksache 25/14) und 25.03.2014 (BT-Drucksache 18/909) noch nicht enthalten war. Das RV-Leistungsverbesserungsgesetz trat in der Folge zum 01.07.2014 in Kraft. Mit Bescheid vom 05.07.2014 berücksichtigte die Beklagte bei der Klägerin für zwei Kinder weitere Kindererziehungszeiten. Am 05.05.2015 beantragte die Klägerin eine Altersrente für besonders langjährig Versicherte zum frühestmöglichen Zeitpunkt. Der frühestmögliche Zeitpunkt sei ihres Wissens Juli 2014. Als Begründung führte sie an, dass in der Rentenauskunft vom 03.03.2014 eine abschlagsfreie Rente ausgeschlossen gewesen sei. Im Jahr 2015 habe man ihr bei einer erneuten Rentenberatung mitgeteilt, dass sie schon seit Monaten eine abschlagsfreie Rente beziehen könne. Mit Bescheid vom 20.07.2015 bewilligte die Beklagte der Klägerin ab dem 01.05.2015 eine Altersrente für besonders langjährige Versicherte beruhend auf einem Zugangsfaktor von 1,0 und 24,1283 persönlichen Entgeltpunkten, woraus sich eine monatliche Höhe von 628,32 Euro errechnete. Am 27.07.2015 legte die Klägerin per E-Mail gegen den Rentenbescheid vom 20.07.2015 Widerspruch ein und machte abermals einen Rentenbeginn am 01.07.2014 geltend. Die Beklagte erkundigte sich sodann schriftlich bei der Deutschen Rentenversicherung Rheinland-Pfalz nach dem genauen Datum der Beratung im Jahr 2014. Die Deutsche Rentenversicherung Rheinland-Pfalz teilte gegenüber der Beklagten mit, man habe die Klägerin am 28.04.2014 zu der Rentenauskunft vom 03.03.2014 beraten und überließ das diesbezüglich angefertigte Beratungsprotokoll. Zwischenzeitlich bat die Klägerin um die Gewährung eines Beitragszuschusses zur Krankenversicherung. Mit Bescheid vom 12.08.2015 gewährte die Beklagte der Klägerin für die Zeit ab dem 01.05.2015 einen Beitragszuschuss zur Krankenversicherung als Zusatzleistung nach § 106 SGB VI und teilte mit, der Zuschuss sei frühestens mit Rentenbeginn zu gewähren. Mit weiterem Bescheid vom 12.08.2015 berechnete die Beklagte den monatlichen Auszahlungsbetrag für die Zeit ab dem 01.05.2015 unter Beibehaltung des Zugangsfaktors und der persönlichen Entgeltpunkte und Zugrundelegung des ab dem 01.07.2015 erhöhten Rentenwertes neu und berücksichtigte dabei für die Zeit ab dem 01.05.2015 zusätzlich einen Zuschuss zur freiwilligen Krankenversicherung bei der Krankenkasse der Klägerin in Höhe der Hälfte von 14,60 % des jeweiligen Rentenanspruchs (50,40 Euro ab dem 01.05.2015 und 51,45 Euro ab dem 01.07.2015). Die Klägerin legte am 17.08.2015 gegen die Bescheide vom 12.08.2015 per E-Mail Widerspruch ein und begründete diesen damit, dass der Rentenbeginn bereits für den 01.07.2014 begehrt werde. Mit Widerspruchsbescheid vom 16.10.2015 wies die Beklagte den Widerspruch der Klägerin zurück. Der Widerspruch gegen den Bewilligungsbescheid vom 20.07.2015 sei nicht begründet. Das RV-Leistungsverbesserungsgesetz sei am 01.07.2014 in Kraft getreten. Die zweite und dritte Lesung des Gesetzesentwurfs im Bundestag sei am 23.05.2014 erfolgt. Eine Beratungspflicht werde von den Sozialgerichten ab dem Zeitpunkt der zweiten und dritten Lesung eines Gesetzesentwurfs im Bundestag bejaht. Vor der am 05.05.2015 erfolgten Rentenantragstellung sei die Klägerin zuletzt am 28.04.2014 von der Deutschen Rentenversicherung beraten worden. Zu diesem Zeitpunkt hätten die zweite und dritte Lesung des Gesetzesentwurfs im Bundestag jedoch noch nicht stattgefunden. Im Übrigen habe die am 03.03.2014 erteilte Rentenauskunft den ausdrücklichen Hinweis darauf enthalten, dass die zu diesem Zeit-punkt geltende Rechtslage maßgeblich sei. Ein sozialrechtlicher Herstellungsanspruch bestehe vor diesem Hintergrund nicht, so dass der Rentenbeginn unter Berücksichtigung von § 99 Abs. 1 S. 2 SGB VI richtigerweise auf den 01.05.2015 fest-gelegt worden sei. Die Widersprüche gegen die Bescheide vom 12.08.2015 seien ebenfalls unbegründet. Zwar stehe der Klägerin ein Beitragszuschuss zur Krankenversicherung zu. Da ein solcher aber einen zeitgleichen Rentenanspruch voraussetze, könne für die Zeit vor dem 01.05.2015 kein entsprechender Beitragszuschuss gewährt werden. Hiergegen hat die Klägerin am 10.11.2015 Klage zum Sozialgericht (SG) Karlsruhe erhoben. Zur Begründung trägt sie vor, sie könne ihren sozialrechtlichen Herstellungsanspruch auf die Beratungspflicht gemäß § 115 Abs. 6 SGB VI stützen und deshalb einen früheren Rentenbeginn geltend machen. Der Herstellungsanspruch ergebe sich da-bei aus zwei zu unterscheidenden Verletzungen. Zunächst sei sie im Beratungsgespräch am 28.04.2014 nicht darüber informiert worden, dass die Voraussetzungen für eine Altersrente für besonders langjährig Versicherte zukünftig aufgrund einer Gesetzesänderung vorliegen werden. Der Beklagten sei zum Zeitpunkt der Beratung bereits bekannt gewesen, dass das Gesetz entsprechend angepasst werde. Die Bundesregierung habe sich in ihrem Koalitionsvertrag auf Leistungsverbesserungen geeinigt. Bereits zum 29.01.2014 sei der Kabinettsbeschluss zur Umsetzung des Koalitionsvertrags erfolgt. Es sei zumindest in fachkundigen Kreisen bekannt gewesen, dass eine solche Gesetzesänderung erfolgen werde. Der Rechtsauffassung der Beklagten, dass eine Hinweispflicht erst nach der zweiten und dritten Lesung des Gesetzesentwurfs im Bundestag zu erfolgen habe, könne deshalb nicht gefolgt werden. Zum anderen habe für die Beklagte auch eine Spontanberatungspflicht bestanden. Eine solche erkenne die Rechtsprechung an, wenn sich der Beratungsbedarf auch ohne ausdrückliche Nachfrage aufdrängen müsse. Dies sei immer dann der Fall, wenn bei Vorliegen eines konkreten Anlasses eine klar zu Tage tretende Gestaltungsmöglichkeit bestehe, welche sich als offensichtlich zweckmäßig aufdränge und von jedem verständigen Versicherten mutmaßlich genutzt werde. Selbst wenn man davon ausgehe, dass zum Zeitpunkt der Beratung am 28.04.2014 keine Aufklärungspflicht bestanden habe, so sei zumindest mit Einführung des Gesetzes zum 01.07.2014 von einer entsprechenden spontanen Beratungsverpflichtung auszugehen. Sie habe sich bereits im Jahr 2014 um eine Berentung bemüht und um aktuelle Renteninformationen gebeten. Durch das Beratungsgespräch am 28.04.2014 habe ein verstärkter Kontakt bestanden. Wäre die Beklagte ihrer spontanen Beratungspflicht nachgekommen, wäre die Rente auch rechtzeitig beantragt worden, so dass zwischen der Pflichtverletzung und dem Nachteil auch ein ursächlicher Zusammen-hang bestehe. Die Klägerin beantragt, den Rentenbescheid vom 20.07.2015 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 16.10.2015 abzuändern und die Beklagte zu verurteilen, ihr eine Altersrente für besonders langjährig Versicherte in gesetzlicher Höhe bereits für die Zeit ab dem 01.07.2014 (früherer Rentenbeginn) zu gewähren, sowie die Bescheide vom 12.08.2015 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 16.10.2015 abzuändern und die Beklagte zu verurteilen, ihr einen Beitragszuschuss zur Krankenversicherung in gesetzlicher Höhe bereits für die Zeit ab dem 01.07.2014 (früherer Zuschussbeginn) zu gewähren. Die Beklagte beantragt, die Klagen abzuweisen. Sie verweist zur Begründung im Wesentlichen auf die streitigen Entscheidungen und verweist im Übrigen darauf, dass eine Beratungspflicht nach § 115 Abs. 6 SGB VI bei vorzeitigen Renten nicht bestehe. Anders als bei der Altersrente sei der Rentenanspruch nämlich von der Einhaltung der Hinzuverdienstgrenzen abhängig. Ob die Hinzuverdienstgrenze eingehalten werde, sei nicht aus den elektronisch gespeicherten Daten zu erkennen, womit das Bestehen eines Rentenanspruchs sich nicht abschließend feststellen lasse. Soweit das Gericht davon ausgehe, dass nur eine ordnungsgemäße Information den Versicherten erlaube, eine ggfs. ausgeübte Tätigkeit im Hinblick auf eine zustehende Rente einzustellen, sei darauf hinzuweisen, dass § 115 Abs. 6 SGB VI nicht vor der Überschreitung von Hinzuverdienstgrenzen schützen solle, sondern ausschließlich vor den Folgen von § 99 Abs. 1 S. 2 SGB VI. Das Gericht hat Mehrfertigungen der Bescheide vom 20.07.2015 und 12.08.2015 bei der Beklagten angefordert. Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die Prozessakte nebst beigezogener Verwaltungsakte verwiesen, welche Gegenstand der mündlichen Verhandlung, Beratung und Entscheidungsfindung gewesen sind.

Entscheidungsgründe:

A.) Die form- und fristgerecht zum örtlich und sachlich zuständigen SG erhobenen und nach § 54 Abs. 1 und 4 Sozialgerichtsgesetz (SGG) statthaften kombinierten Anfechtungs- und Leistungsklagen sind zulässig. Der Erlass eines Grundurteils ist bei dieser Klageart jeweils gemäß § 130 Abs. 1 SGG möglich. Ausgangspunkt der Verfahren ist der Rentenbescheid vom 20.07.2015. Rentenbescheide enthalten nach ständiger Rechtsprechung des Bundessozialgerichts vier Verfügungssätze, mit welchen (1.) die Entscheidung über die Rentenart, (2.) die Entscheidung über die Rentenhöhe, (3.) die Entscheidung über den Rentenbeginn und (4.) die Entscheidung über die Rentendauer bei befristet zu gewährenden Renten getroffen werden. Jeder dieser vier Verfügungssätze ist dabei grundsätzlich der ei-genständigen Bindungswirkung im Sinne von § 77 SGG zugänglich (vergl. BSG, Ur-teil vom 04.05.1999 – B 4 RA 55/98 R –, Juris Rn. 17). Dies zu Grunde gelegt hat sich die Klägerin bei verständiger Würdigung ihres Vorbringens im Widerspruchsverfahren ausschließlich gegen den verfügten Rentenbeginn gewendet, so dass die übrigen drei Verfügungssätze (Rentenart, Rentenhöhe und Rentendauer) nach § 77 SGG für die Beteiligten und das Gericht bindend geworden sind. Soweit die Beklagte mit Bescheiden vom 12.08.2015, also nach der Widerspruchserhebung am 27.07.2015, für die Zeit ab dem 01.05.2015 einen Zuschuss zur Krankenversicherung im Sinne von § 106 SGB VI bewilligt hat, handelt es sich hierbei um eine eigeständige Leistung der gesetzlichen Rentenversicherung, welche als akzessorische Leistung zwar vom Rentenbezug abhängig ist (vergl. Böttiger in: Schle-gel/Voelzke, jurisPK-SGB VI, 2. Aufl. 2013, § 106 SGB VI, Rn. 13), jedoch gleichwohl einen eigenständigen Streitgegenstand darstellt. Insoweit sind die Bescheide vom 12.08.2015 nicht nach § 86 SGG zum Gegenstand des Widerspruchsverfahrens betreffend den Rentenbescheid vom 20.07.2015 geworden, denn der dort allein streitige Verfügungssatz zum Rentenbeginn wird durch die Bescheide vom 12.08.2015 gerade nicht abgeändert. Dies zu Grunde gelegt hat die Beklagte im Widerspruchsbescheid vom 16.10.2015 über zwei gesonderte Streitgegenstände entschieden, nämlich (1.) über den auf einen früheren Rentenbeginn bezogenen Widerspruch gegen den Rentenbescheid vom 20.07.2015 und (2.) über den auf eine frühere Zuschussgewährung gerichteten Widerspruch gegen die Bescheide vom 12.08.2015. Dementsprechend ist vorliegend über zwei getrennte Klagen zu entscheiden, die von der selben Klägerin gegen die selbe Beklagte gerichtet sind und wegen des engen Sachzusammenhangs nach § 56 SGG im Wege der objektiven Klagehäufung in zu-lässiger Weise in einem Verfahren zusammen verfolgt werden können. B.) Die Klagen sind auch in vollem Umfang begründet. I.) Die Klägerin kann die ihr gewährte Altersrente für besonders langjährige Versicherte bereits ab dem 01.07.2014 (Versicherungsfall) beanspruchen. Der Bescheid vom 20.07.2016 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 16.10.2015 ist insoweit rechtswidrig und verletzt die Klägerin in ihren Rechten. 1.) Zutreffend ist die Beklagte davon ausgegangen, dass die Klägerin unter Berücksichtigung von § 99 Abs. 1 S. 2 SGB VI die Altersrente für besonders langjährig Versicherte im Sinne von §§ 38, 236b SGB VI erst ab dem 01.05.2015 beanspruchen kann. a.) Nach § 99 Abs. 1 S. 1 SGB VI wird eine Rente aus eigener Versicherung von dem Kalendermonat an geleistet, zu dessen Beginn die Anspruchsvoraussetzungen für die Rente erfüllt sind, wenn die Rente bis zum Ende des dritten Kalendermonats nach Ablauf des Monats beantragt wird, in dem die Anspruchsvoraussetzungen er-füllt sind. Bei späterer Antragstellung wird eine Rente aus eigener Versicherung nach § 99 Abs. 1 S. 2 SGB VI von dem Kalendermonat an geleistet, in dem die Rente beantragt wird. b.) § 99 Abs. 1 S. 2 SGB VI findet vorliegend Anwendung, da die Klägerin die Anspruchsvoraussetzungen für die Altersrente für besonders langjährig Versicherte seit dem 01.07.2014 erfüllt, so dass der Rentenantrag vom 05.05.2015 nicht bis zum Ende des dritten Kalendermonats nach Ablauf des Monats beantragt wurde, in dem die Anspruchsvoraussetzungen erfüllt waren. c.) Nach §§ 38 SGB VI haben Versicherte einen Anspruch auf Altersrente für besonders langjährig Versicherte, wenn sie das 65. Lebensjahr vollendet und die Wartezeit von 45 Jahren erfüllt haben. Nach der Übergangsvorschrift des § 236b Abs. 2 SGB VI ist für Personen, die vor dem 01.01.1953 geboren sind, eine Inanspruchnahme bereits ab der Vollendung des 63. Lebensjahres vorgesehen. aa.) Die Klägerin ist am 14.03.1950 geboren und hat das 63 Lebensjahr damit bereits am 14.03.2013 vollendet. bb.) Sie hatte am 01.07.2014 (Inkrafttreten des RV-Leistungsverbesserungsgesetzes) auch die erforderliche Wartezeit von 45 Jahren im Sinne von § 50 Abs. 5, 51 Abs. 3a SGB VI erfüllt. Nach §§ 51 Abs. 3a S. 1 SGB VI in der Fassung des RV-Leistungsverbesserungsgesetz werden auf die Wartezeit von 45 Jahren Kalendermonate mit (1.) Pflichtbeiträgen für eine versicherte Beschäftigung oder Tätigkeit, (2.) Berücksichtigungszeiten, (3.) Zeiten des Bezugs von (a) Entgeltersatzleistungen der Arbeitsförderung, (b) Leistungen bei Krankheit und (c) Übergangsgeld soweit sie jeweils Pflichtbeitragszeiten oder Anrechnungszeiten sind, wobei Entgeltersatzleistungen in den letzten zwei Jahren vor Rentenbeginn nicht berücksichtigt werden, es sei denn, der Bezug von Entgeltersatzleistungen der Arbeitsförderung ist durch eine Insolvenz oder vollständige Geschäftsaufgabe des Arbeitgebers bedingt und (4.) freiwilligen Beiträgen, wenn mindestens 18 Jahre mit Zeiten nach Nummer 1 vorhanden sind, wobei Zeiten der freiwilligen Beitragszahlung in den letzten zwei Jahren vor Rentenbeginn nicht berücksichtigt werden, wenn gleichzeitig Anrechnungszeiten wegen Arbeitslosigkeit vorliegen. Kalendermonate, die durch Versorgungsausgleich oder Rentensplitting ermittelt werden, werden nach § 51 Abs. 3a S. 2 SGB VI nicht angerechnet. cc.) Unter Berücksichtigung des Gesamtkontospiegels vom 20.07.2015 nebst Wartezeitaufstellung ergeben sich 283 Monate an Pflichtbeitragszeiten nach § 51 Abs. 3a S. 1 Nr. 1 SGB VI, mindestens 215 Monate an freiwillig entrichteten Beiträgen im Sinne von § 51 Abs. 3a S. 1 Nr. 4 SGB VI und mindestens 102 Monate Berücksichtigungszeiten im Sinne von § 51 Abs. 3a S. 1 Nr. 2, 57 SGB VI. Da mehr als 23 Jahre Pflichtbeiträge für eine versicherte Beschäftigung oder Tätigkeit im Sinne von § 51 Abs. 3a S. 1 Nr. 1 SGB VI entrichtet wurden, sind die freiwilligen Beitragszeiten nach § 51 Abs. 3a S. 1 Nr. 4 SGB VI zu berücksichtigen, womit insgesamt mindestens 600 Kalendermonate auf die Wartezeit von 45 Jahren anzurechnen sind. 2.) Die Klägerin ist jedoch so zu stellen, als hätte sie den Rentenantrag spätestens am 30.09.2014, also innerhalb der Frist von § 99 Abs. 1 S. 1 SGB VI gestellt, da sie sich insoweit auf einen sozialrechtlichen Herstellungsanspruch berufen kann. a.) Der sozialrechtliche Herstellungsanspruch setzt auf Tatbestandsseite voraus, dass (1.) der Sozialleistungsträger eine ihm obliegende Pflicht (insbesondere zur Auskunft und Beratung) verletzt hat. Dem Versicherten muss ferner (2.) ein Nachteil entstanden sein, wobei zwischen der Pflichtverletzung und dem Nachteil auch (3.) ein Kausalzusammenhang bestehen muss (vergl. Landessozialgericht [LSG] Baden-Württemberg, Urteil vom 25.07.2014 – L 12 AS 4500/13 –, Juris Rn. 32). Auf seiner Rechtsfolgenseite ist der Herstellungsanspruch auf Vornahme einer Amtshandlung zur Herbeiführung derjenigen Rechtsfolge gerichtet, die eingetreten wäre, wenn der Sozialleistungsträger die ihm gegenüber dem Betroffenen obliegenden Pflichten rechtmäßig erfüllt hätte (LSG Baden-Württemberg, Urteil vom 15.12.2016 – L 7 SO 3998/15 –, Juris Rn. 28, mit ausführlichem Verweis auf die ständige Rechtsprechung des Bundessozialgerichts). b.) Anders als die Klägerin meint, ist der Beklagten bezogen auf die Rentenauskunft vom 03.03.2014 und das Beratungsgespräch am 28.04.2014 keine fehlerhafte Beratung oder Auskunft im Sinne von §§ 14, 15 SGB I vorzuwerfen. Das Gesetzgebungs-verfahren zum RV-Leistungsverbesserungsgesetz belegt, dass die Berücksichtigung von freiwilligen Beitragszeiten nach § 51 Abs. 3a S. 1 Nr. 4 SGB VI in den Gesetz-entwürfen vom 31.01.2014 und 25.03.2014 noch nicht vorgesehen war. Erstmals durch die Beschlussempfehlung des Ausschusses für Arbeit und Soziales vom 21.05.2014 wurde die Berücksichtigung freiwilliger Beitragszeiten geregelt. Vor diesem Hintergrund konnte die Beklagte am 28.04.2014 nicht dahingehend beraten, dass der Klägerin "voraussichtlich" bald eine Altersrente für besonders langjährig Versicherte im Sinne von § 38 SGB VI zustehen würde, denn nach dem damaligen Stand des Gesetzgebungsverfahrens war das genaue Gegenteil der Fall, da allein unter Berücksichtigung der freiwilligen Beiträge die Wartezeit von 45 Jahren erfüllt wird. Ob die Beklagte im Hinblick auf die zum Zeitpunkt des Beratungsgesprächs am 28.04.2014 in kürze anstehende Gesetzesänderung den Fall der Klägerin wegen eines intensivierten Kontaktes weiter hätte beobachten und ungefragt auf die Klägerin zurückkommen müssen, kann vorliegend als nicht entscheidungserheblich dahinstehen. c.) Die Beklagte hat zur Überzeugung der Kammer nämlich eine sich aus § 115 Abs. 6 S. 1 SGB VI resultierende Verpflichtung zur anlasslosen Information der Klägerin verletzt. Nach dieser Vorschrift sollen die Träger der Rentenversicherung die Berechtigten in geeigneten Fällen darauf hinweisen, dass sie eine Leistung erhalten können, wenn sie diese beantragen. aa.) § 115 Abs. 6 SGB VI hat dabei thematisch einen engen Bezug zu den allgemeinen Aufklärungs-, Beratungs- und Auskunftspflichten der §§ 13 bis 15 SGB I. Er ergänzt insbesondere die sog. Spontanberatungsverpflichtung bei einem konkreten Anlass im Sinne von § 14 SGB I. Im Übrigen besteht nach § 115 Abs. 6 SGB VI aber auch ohne konkreten Anlass eine Hinweispflicht, soweit ein "geeigneter Fall" im Sinne dieser Vorschrift vorliegt (vergl. Pflüger in: Schlegel/Voelzke, jurisPK-SGB VI, 2. Aufl. 2013, § 115 SGB VI, Rn. 22). bb.) § 115 Abs. 6 SGB VI hat den Sinn und Zweck, Versicherte in bestimmten Fällen vor den Nachteilen des in § 99 Abs. 1 S. 2 SGB VI festgelegten strengen Antragsprinzips zu bewahren, zumindest dann, wenn die Fälle im Hinblick auf die komplizierte gesetzliche Regelung schwierig vorauszusehen sind. Die Regelung des § 115 Abs. 6 SGB VI ist dabei kein unverbindlicher Programmsatz. Vielmehr hat dann, wenn die Adressaten derartiger Hinweise - jedenfalls als "Fallgruppe" - bestimmbar sind, der Angehörige dieser Gruppe auch ein subjektiv-öffentliches Recht auf Erteilung eines solchen Hinweises. Im Gegensatz zur allgemeinen Aufklärung der Versicherten über ihre Rechte (§ 13 SGB I) ist hier der Rentenversicherungsträger verpflichtet, den Angehörigen der Fallgruppe die entsprechenden Hinweise im Regelfall ("soll") zu geben (BSG, Urteil vom 22. Oktober 1998 – B 5 RJ 62/97 R –, Juris Rn. 18 mit Verweis auf die ständige Rechtsprechung des BSG). Die Formulierung des Gesetzes "in geeigneten Fällen" stellt dabei einen gerichtlich voll überprüfbaren unbestimmten Rechtsbegriff und keine Blankettformulierung dar. Der Inhalt dieses unbestimmten Rechtsbegriffs ist durch Gesetzesauslegung zu er-mitteln. Dies folgt aus dem genannten Sinn und Zweck der Vorschrift, den Gesetzesmaterialien und dem gesetzessystematischen Zusammenhang des gesamten SGB. Nach den Gesetzesmaterialien beruht die Einführung des § 115 Abs. 6 SGB VI auf einem Vorschlag des damaligen Bundestagsausschusses für Arbeit und Sozialordnung. Entsprechende Hinweise sollen nach der dem Vorschlag zu Grunde liegen-den Begründung in solchen Fällen erfolgen, in denen es nahe liegt, dass Versicherte Leistungen in Anspruch nehmen wollen, wie z.B. bei der Regelaltersrente und der Hinterbliebenenrente. Hier liege ein geeigneter Bereich vor, in dem die allgemeine Aufklärungs- und Informationspflicht zu einer konkreten Informationspflicht ausgebaut werden könne. Da eine solche Informationspflicht wegen der unzureichenden Unterlagen nicht generell erfüllbar sei, sei die Selbstverwaltung aufgerufen, die betroffenen Personengruppen selbst näher zu bestimmen. Nach den Vorstellungen des Gesetzgebers besteht also in Erweiterung und Ergänzung der spontanen Hinweispflicht bei einem konkreten Anlass (§ 14 SGB I) gemäß § 115 Abs. 6 SGB VI eine Hinweispflicht auch ohne konkreten Anlass bei typischen Sachverhalten gegenüber einer (z.B. mit Mitteln der EDV) abgrenzbaren Gruppe von Versicherten, sobald es dem Versicherungsträger möglich ist zu erkennen, dass ihre Angehörigen den Rentenantrag aus Unwissenheit nicht stellen, die Rentenantragstellung in der Regel jedoch zu höheren Leistungen führt. Mit der Einschränkung auf abgrenzbare Gruppen trägt die Rechtsprechung dem Umstand Rechnung, dass bei einer weiteren Interpretation von § 115 Abs. 6 SGB VI die Vorschrift des § 99 Abs. 1 S. 2 SGB VI mit seiner strengen Bindung an den Antragsmonat keinen Anwendungsbereich mehr hätte. Eine Hinweispflicht ergibt sich jedenfalls bei solchen Gestaltungsmöglichkeiten, die versteckt und nur Kennern der Materie geläufig sind. Die in der Gesetzesbegründung aufgeführten Beispiele der Regelaltersrente und der Hinterbliebenenrente bezeichnen mögliche Anwendungsbereiche, in deren Rahmen sich "geeignete Fälle" i.S. des Gesetzes ergeben können, obwohl es sich dabei um die in der Bevölkerung bekanntesten Rentenarten handelt. Vor diesem Hintergrund handelt es sich bei den in der Gesetzesbegründung aufgeführten Beispielen nicht um einen abschließenden Katalog, wie schon die Formulierung des Gesetzes "in geeigneten Fällen" deutlich macht. Die Hinweispflicht ist deshalb auch nicht auf die Regelaltersrente beschränkt (BSG, a.a.O. Rn. 20ff). Einem Herstellungsanspruch steht auch nicht entgegen, dass die Richtlinien der Deutschen Rentenversicherung Bund gemäß § 115 Abs. 6 S. 2 SGB VI einen Hin-weis für eine bestimmte Gruppe nicht ausdrücklich vorsehen. Die Richtlinien nach § 115 Abs. 6 S. 2 SGB VI erzeugen als Verwaltungsvorschriften nur verwaltungsinterne Bindung und haben grundsätzlich keine Außenwirkung gegenüber den Bürgern. Ihre Bedeutung erschöpft sich darin, dass ein Versicherter über den Gleichheitssatz nach Art. 3 Abs. 1 GG verlangen kann, dass nicht ohne Grund zu seinen Lasten von diesen Vorschriften abgewichen wird. Die Richtlinien dienen insofern im Wesentlichen einer einheitlichen Umsetzung des Rechts. § 115 Abs. 6 S. 2 SGB VI stellt den Erlass von Richtlinien, die festlegen, unter welchen Voraussetzungen Hinweise erteilt werden sollen, in das Ermessen der Versicherungsträger. Nach Auffassung der Rentensenate des BSG, die eine aus § 115 Abs. 6 S. 1 SGB VI abzuleitende Hinweispflicht bejahen, ist diese jedoch von Existenz und Inhalt derartiger Richtlinien unabhängig. Es könne nicht angenommen werden, der Gesetzgeber habe die Konstituierung der Hinweispflicht selbst aus der Hand geben und vom Tätigwerden der Selbstverwaltung abhängig machen wollen (Pflüger in: Schlegel/Voelzke, jurisPK-SGB VI, 2. Aufl. 2013, § 115 SGB VI, Rn. 137 m.w.N.). cc.) Unter Berücksichtigung dieser Gesichtspunkte hätte die Beklagte die Klägerin zur Überzeugung der Kammer ungefragt darauf hinweisen müssen, dass sie nach der zum 01.07.2014 in Kraft getretenen Gesetzesänderung nunmehr die Voraussetzungen für die Gewährung einer Altersrente für besonders langjährig Versicherte erfüllt. Die Klägerin gehört nämlich zu einer konkret bestimmbaren Gruppe von Personen, welche die Voraussetzungen für die Gewährung einer Altersrente für besonders langjährige Versicherte bisher nicht erfüllt hatten und denen es durch das zum 01.07.2014 in Kraft getretene RV-Leistungsverbesserungsgesetz erstmals ermöglicht wurde, bereits mit dem Inkrafttreten des Gesetztes eine abschlagsfreie Rente für besonders langjährig Versicherte zu beanspruchen. Diese Personengruppe hätte die Beklagte durch eine entsprechende Auswertung der bei ihr elektronisch gespeicherten Datensätze ermitteln und sodann gesondert anschreiben müssen, da gerade bei diesen Personen eine erhöhte Gefahr bestand, dass diese die Frist des § 99 Abs. 1 S. 1 SGB VI in Unkenntnis der Gesetzesänderung und im Vertrauen auf eine vorangegangene Rentenauskunft oder Rentenberatung versäumen (vergl. für den Fall einer Gesetzesänderung bei langjährig Versicherten: BSG, Urteil vom 22. Oktober 1998 – B 5 RJ 56/97 R –, Rn. 34, Juris). Diese Gefahr musste sich der Beklagten zur Überzeugung der Kammer auch aufdrängen. Selbst wenn man anders als die Kammer eine generelle Information aller vorbeschriebenen Versicherten als zu weitegehend ablehnen würde, wäre zumindest die Gruppe derjenigen Versicherten schriftlich zu informieren gewesen, die allein durch die Einführung von § 51 Abs. 3a S. 1 Nr. 4 SGB VI die Voraussetzungen erfüllt haben, denn diese Änderung war allenfalls in fachkundigen Kreisen bekannt. Die im Wege der elektronischen Datenverarbeitung erfolgende Bestimmung der Personengruppe hätte dabei, ausgehend vom Beschluss des Bundestags vom 23.05.2014, jedenfalls innerhalb von drei Monaten erfolgen können, denn dieser Zeit-raum erscheint der Kammer auch unter Beachtung der besonderen Anforderungen an eine Massenverwaltung als ausreichend. Eine innerhalb von drei Monaten veranlasste Information der betroffenen Personengruppe hätte diesen Personen unter Berücksichtigung von § 99 Abs. 1 S. 1 SGB VI die Gelegenheit eingeräumt, ihre Rente noch rechtzeitig innerhalb der Dreimonatsfrist mit Wirkung zum 01.07.2014 zu beantragen. Der Einwand der Beklagten, dass einem Rentenanspruch bei vorgezogener Renteninanspruchnahme die Überschreitung der Hinzuverdienstgrenzen entgegenstehen könne, so dass sich nicht mit den Mitteln der elektronischen Datenverarbeitung bestimmen lasse, wer tatsächlich einen Rentenanspruch habe, überzeugt die Kammer hingegen nicht. Wäre die abstrakte Möglichkeit eines Hinzuverdienstes geeignet, die aus § 115 Abs. 6 SGB VI resultierende Hinweispflicht auszuschließen, so wäre die Hinweispflicht im Wesentlichen auf die Regelaltersrente beschränkt. Die Hinzuverdienstgrenze des § 34 Abs. 2 und 3 SGB VI gilt für die Zeit vor Erreichen der Regelaltersgrenze, also insbesondere für vorzeitig in Anspruch genommene Altersrente für langjährig Versicherte nach § 36 SGB VI, die Altersrente für schwerbehinderte Menschen nach § 37 SGB VI, die Altersrente für besonders langjährig Versicherte nach § 38 SGB VI und die Altersrente für langjährig unter Tage beschäftigte Bergleute nach § 39 SGB VI. Bei der Erwerbsminderungsrente ist die Hinzuverdienstgrenze des § 96a SGB VI zu beachten. Für die Hinterbliebenenrente ergeben sich aus § 97 SGB VI ebenfalls weitreichende Hinzuverdienstgrenzen. Die von der Beklagten befürwortete Auslegung widerspricht damit bereits der Gesetzesbegründung, welche trotz der Hinzuverdienstgrenze des § 97 SGB VI die Hinterbliebenenrente ausdrücklich benennt und darüber hinaus durch die Voranstellung von "zum Beispiel" eindeutig zu erkennen gibt, dass eine Beschränkung auf Regelaltersrente und Hinterbliebenenrente gerade nicht bezweckt werden sollte. Im Übrigen widerspricht die Auslegung auch § 3 der Richtlinien der Deutschen Rentenversicherung Bund gemäß § 115 Abs. 6 S. 2 SGB VI, welche trotz der Hinzuverdienstgrenzen des § 97 SGB VI eine uneingeschränkte Hinweispflicht vorsieht. Erwerbsgeminderte Personen werden ebenfalls unabhängig von der Hinzuverdienstgrenze des § 96a SGB VI auf die Möglichkeit der Weiterbewilligung hingewiesen, wie sich aus § 2 der Richtlinie ergibt. Zuletzt hat das BSG in seiner Entscheidung vom 22.10.1998 (s.o.) nach einer Gesetzesänderung eine Verletzung der Beratungspflicht nach § 115 Abs. 6 S. 1 SGB VI bei langjährig Versicherten im Sinne von § 37 SGB VI ausdrücklich für möglich er-klärt. Vor diesem Hintergrund hat es die vorangegangene Entscheidung des LSG aufgehoben und zur weiteren Tatsachenfeststellung an dieses zurückverwiesen. Stünde eine abstrakt mögliche Überschreitung der Hinzuverdienstgrenze der Hinweispflicht tatsächlich entgegen, wäre eine Zurückverweisung mangels Entscheidungserheblichkeit unterblieben. Nachdem für die Rente für langjährig Versicherte nach § 37 SGB VI und für die Rente für besonders langjährige Versicherte nach § 38 SGB VI jeweils dieselbe Hinzuverdienstgrenze maßgeblich ist, ist die Entscheidung des BSG auf den vorliegenden Fall auch übertragbar. Da die ordnungsgemäße Information nach § 115 Abs. 6 SGB VI folglich unabhängig von abstrakten Hinzuverdienstgrenzen zu erfolgen hat, stellt es lediglich einen mittel-baren Rechtsreflex dar, dass die ordnungsgemäß informierten Versicherten die Einstellung ihrer Berufstätigkeit zur Vermeidung der Überschreitung von Hinzuverdienst-grenzen in Betracht ziehen können. Insoweit geht der Einwand der Beklagten, § 115 Abs. 6 SGB VI beabsichtige nicht die Vermeidung einer Überschreitung der Hinzuverdienstgrenzen, ins Leere. dd.) Die Verletzung der sich aus § 115 Abs. 6 SGB VI ergebende Hinweispflicht ist zur Überzeugung der Kammer auch ursächlich dafür, dass die Klägerin die ihr abschlagsfrei zustehende Rente nicht bereits bis spätestens bis zum 30.09.2014 beantragt hat, so dass ihr wegen § 99 Abs. 1 S. 2 SGB VI auch in kausaler Weise ein Nachteil entstanden ist. Anhaltspunkte dafür, dass die Klägerin auch bei ordnungs-gemäßer Information diese Frist versäumt hätte, sind für die Kammer nicht ersichtlich, nachdem sich die Klägerin mehrfach beraten lassen hat. c.) Da die Klägerin sich auf einen sozialrechtlichen Herstellungsanspruch berufen kann, muss die Kammer nicht abschließend entscheiden, ob die Vorschrift des § 99 Abs. 1 S 2 SGB VI eine Wiedereinsetzung in den vorigen Stand im Sinne von § 27 SGB X dessen Voraussetzungen im vorliegenden Fall wohl erfüllt wären tatsächlich ausschließt (die Möglichkeit einer Widereinsetzung ausdrücklich bejahend Fichte in: Hauck/Noftz, SGB, 09/11, § 99 SGB VI, Rn. 5 mit Verweis auf BSG, Urteil vom 25. Oktober 1988 – 12 RK 22/87 –; a.A. Schmidt in: Schlegel/Voelzke, jurisPK-SGB VI, 2. Aufl. 2013, § 99 SGB VI, Rn. 25; jeweils offen lassend: BSG, Urteil vom 22. Oktober 1998 – B 5 RJ 56/97 R –, Juris Rn. 16 und BSG, Urteil vom 22. Oktober 1996 – 13 RJ 23/95 –, Juris Rn. 32). II.) Die Klägerin hat ferner für die Zeit vom 01.07.2014 bis 30.04.2015 einen Anspruch auf Gewährung eines Beitragszuschusses nach § 106 SGB VI. Die Bescheide vom 12.08.2015 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 16.10.2015 sind insoweit rechtswidrig und verletzen sie in ihren Rechten. Die Kammer ist auf Grundlage der Ausführungen im Widerspruchsbescheid davon überzeugt, dass die Klägerin die Voraussetzung nach § 106 SGB VI dem Grunde nach bereits seit dem 01.07.2014 erfüllt, denn ihr wurde ausschließlich der fehlende Rentenbezug entgegengehalten. Da der Klägerin aber auch für die Zeit vom 01.07.2014 bis 30.04.2015 eine Altersrente für besonders langjährige Versicherte zusteht, waren die Bescheide vom 12.08.2015 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 16.10.2015 im tenorierten Umfang abzuändern. III.) Die Kostenentscheidungen beruht auf § 193 SGG.
Rechtskraft
Aus
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