L 2 SO 289/17 ER-B

Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Sozialhilfe
Abteilung
2
1. Instanz
SG Stuttgart (BWB)
Aktenzeichen
S 7 SO 5749/16 ER
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 2 SO 289/17 ER-B
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Beschluss
Die Beschwerde des Antragstellers gegen den Beschluss des Sozialgerichts Stuttgart vom 16. Dezember 2016 wird zurückgewiesen.

Außergerichtliche Kosten sind für das Beschwerdeverfahren nicht zu erstatten.

Der Antrag auf Gewährung von Prozesskostenhilfe (PKH) und Beiordnung von Rechtsanwältin S. für das Beschwerdeverfahren wird abgelehnt.

Gründe:

Die Beschwerde des Antragstellers hat keinen Erfolg.

Die Beschwerde des Antragstellers ist nach § 172 Abs. 1 Sozialgerichtsgesetz (SGG) statthaft, nach § 173 SGG form- und fristgerecht eingelegt sowie auch im Übrigen zulässig. Die Beschwerde ist jedoch nicht begründet.

Nach § 86b Abs. 2 Satz 1 SGG kann das Gericht der Hauptsache, soweit nicht ein Fall des Abs. 1 vorliegt, eine einstweilige Anordnung in Bezug auf den Streitgegenstand treffen, wenn die Gefahr besteht, dass durch eine Veränderung des bestehenden Zustands die Verwirklichung eines Rechts der Antragsteller vereitelt oder wesentlich erschwert werden könnte. Einstweilige Anordnungen sind auch zur Regelung eines vorläufigen Zustands in Bezug auf ein streitiges Rechtsverhältnis zulässig, wenn eine solche Regelung zur Abwendung wesentlicher Nachteile nötig erscheint (Satz 2 a.a.O.).

Der Antragsteller begehrt im Wege der Beschwerde gegen den Beschluss des Sozialgerichts Stuttgart vom 16. Dezember 2016 zum einen, dass ihm für den Zeitraum vom 1. November 2016 bis zu einer rechtskräftigen Entscheidung in der Hauptsache, längstens jedoch bis zum 30. April 2017 einstweilen Hilfe zum Lebensunterhalt (HLU) nach dem Zwölften Buch Sozialgesetzbuch (SGB XII) in gesetzlicher Höhe zu gewähren ist, und nicht nur - so der Beschluss des SG -, bis 28. Februar 2017. Im Übrigen begehrt der Antragsteller im Beschwerdeverfahren, dass die Antragsgegnerin im einstweiligen Rechtsschutzverfahren verpflichtet werden soll, ihm die für die Monate April und Mai 2016 noch offene Mietzinszahlungen und Nebenkostenvorauszahlungen in Höhe von 405,00 EUR als Zuschuss, hilfsweise als Darlehen zu gewähren.

Vorliegend kommt, wie das SG zutreffend erkannt hat, nur eine Regelungsanordnung nach § 86b Abs. 2 Satz 2 SGG in Betracht. Der Erlass einer einstweiligen Anordnung verlangt grundsätzlich die - summarische - Prüfung der Erfolgsaussichten in der Hauptsache sowie die Erforderlichkeit einer vorläufigen gerichtlichen Entscheidung. Die Erfolgsaussicht des Hauptsacherechtsbehelfs (Anordnungsanspruch) und die Eilbedürftigkeit der angestrebten einstweiligen Regelung (Anordnungsgrund) sind glaubhaft zu machen (§ 86b Abs. 2 Satz 4 SGG i.V.m. § 920 Abs. 2 der Zivilprozessordnung (ZPO)); dabei sind die insoweit zu stellenden Anforderungen umso niedriger, je schwerer die mit der Versagung vorläufigen Rechtsschutzes verbundenen Belastungen - insbesondere mit Blick auf ihre Grundrechtsrelevanz - wiegen (vgl. Bundesverfassungsgericht (BVerfG) NVwZ 1997, 479; NJW 2003, 1236; NVwZ 2005, 927 = Breithaupt 2005, 803). Wird im Zusammenhang mit dem Anordnungsanspruch auf die Erfolgsaussichten abgestellt, ist die Sach- und Rechtslage nicht nur summarisch, sondern abschließend zu prüfen (vgl. BVerfG, Beschluss vom 12.05.2005 - 1 BvR 569/05 -). Ist der Ausgang des Hauptsacheverfahrens offen, weil etwa eine vollständige Klärung der Sach- und Rechtslage im Eilverfahren nicht möglich ist, ist im Wege einer Folgenabwägung zu entscheiden unter Berücksichtigung insbesondere der grundrechtlichen Belange der Antragsteller. Maßgebend für die Beurteilung der Anordnungsvoraussetzungen sind regelmäßig die Verhältnisse im Zeitpunkt der gerichtlichen Eilentscheidung (vgl. Keller in: Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, SGG, 11. Auflage 2014, § 86b Rn. 42).

Zum Zeitpunkt seiner Entscheidung über das Beschwerdebegehren des Antragstellers, die Antragsgegnerin einstweilen dazu zu verpflichten, ihm bis zum 30. April 2017 HLU nach dem Dritten Kapitel des SGB XII zu gewähren, hat der Senat § 23 SGB XII in der Fassung des Art. 2 des Gesetzes zur Regelung von Ansprüchen ausländischer Personen in der Grundsicherung für Arbeitsuchende nach dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch und in der Sozialhilfe nach dem Zwölften Buch Sozialgesetzbuch vom 22. Dezember 2016 (BGBl. I S. 3155) zugrunde zu legen. Gemäß § 23 Abs. 1 SGB XII n.F. ist Ausländern, die sich im Inland tatsächlich aufhalten, Hilfe zum Lebensunterhalt, Hilfe bei Krankheit, Hilfe bei Schwangerschaft und Mutterschaft sowie Hilfe zur Pflege nach diesem Buch zu leisten. Die Vorschriften des Vierten Kapitels bleiben unberührt. Im Übrigen kann Sozialhilfe geleistet werden, soweit dies im Einzelfall gerechtfertigt ist. Die Einschränkungen nach Satz 1 gelten nicht für Ausländer, die im Besitz einer Niederlassungserlaubnis oder eines befristeten Aufenthaltstitels sind und sich voraussichtlich dauerhaft im Bundesgebiet aufhalten. Gemäß § 23 Abs. 3 SGB XII n. F. erhalten Ausländer und ihre Familienangehörigen keine Leistungen nach Abs. 1 oder nach dem 4. Kapitel, wenn 1. sie weder in der Bundesrepublik Deutschland Arbeitnehmer oder Selbstständige noch aufgrund des § 2 Abs. 3 des Freizügigkeitsgesetzes/EU freizügigkeitsberechtigt sind, für die ersten drei Monate ihres Aufenthalts, 2. sie kein Aufenthaltsrecht haben oder sich ihr Aufenthaltsrecht allein aus dem Zweck der Arbeitssuche ergibt, 3. sie ihr Aufenthaltsrecht allein oder neben einem Aufenthaltsrecht nach Nr. 2 aus Art. 10 der Verordnung (EU) Nr. 492/2011 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 5. April 2011 über die Freizügigkeit der Arbeitnehmer innerhalb der Union (ABL. L 141 vom 27.05.2011, S. 1), die durch die Verordnung (EU) 2016/589 (ABL. L 107 vom 22. April 2016, S. 1) geändert worden ist, ableiten oder 4. sie eingereist sind, um Sozialhilfe zu erlangen. Satz 1 Nr. 1 und 4 gilt nicht für Ausländerinnen und Ausländer, die sich mit einem Aufenthaltstitel nach Kapitel 2 Abschnitt 5 des Aufenthaltsgesetzes in der Bundesrepublik Deutschland aufhalten. Hilfebedürftigen Ausländern, die Satz 1 unterfallen, werden bis zur Ausreise, längstens jedoch für einen Zeitraum von einem Monat, einmalig innerhalb von zwei Jahren nur eingeschränkte Hilfen gewährt, um den Zeitraum bis zur Ausreise zu überbrücken (Überbrückungsleistungen); die Zweijahresfrist beginnt mit dem Erhalt der Überbrückungsleistungen nach Satz 3. Hierüber und über die Möglichkeit der Leistungen nach Abs. 3a sind die Leistungsberechtigten zu unterrichten. Die Überbrückungsleistungen umfassen: 1. Leistungen zur Deckung der Bedarfe für Ernährung sowie Körper- und Gesundheitspflege, 2. Leistungen zur Deckung der Bedarfe für Unterkunft und Heizung in angemessener Höhe, einschließlich der Bedarfe nach § 35 Abs. 4 und § 30 Abs. 7, 3. die zur Behandlung akuter Erkrankungen und Schmerzzustände erforderliche ärztliche und zahnärztliche Behandlung einschließlich der Versorgung mit Arznei- und Verbandmitteln sowie sonstiger zur Genesung, zur Besserung oder zur Linderung von Krankheiten oder Krankheitsfolgen erforderlichen Leistungen und 4. Leistungen nach § 50 Nr. 1 bis 3. Soweit dies im Einzelfall besondere Umstände erfordern, werden Leistungsberechtigten nach Satz 3 zur Überwindung einer besonderen Härte andere Leistungen im Sinne von Abs. 1 gewährt; ebenso sind Leistungen über einen Zeitraum von einem Monat hinaus zu erbringen, soweit dies im Einzelfall aufgrund besonderer Umstände zur Überwindung einer besonderen Härte und zur Deckung einer zeitlich befristeten Bedarfslage geboten ist. Abweichend von Satz 1 Nr. 2 und 3 erhalten Ausländer und ihre Familienangehörigen Leistungen nach Abs. 1 Satz 1 und 2, wenn sie sich seit mindestens fünf Jahren ohne wesentliche Unterbrechung im Bundesgebiet aufhalten; dies gilt nicht, wenn der Verlust des Rechts nach § 2 Abs. 1 des Freizügigkeitsgesetzes/EU festgestellt wurde.

Nach dieser (neuen) Rechtslage gemäß § 23 Abs. 3 i.V.m. Abs. 1 SGB XII stehen dem Antragsteller keine Leistungen nach dem 3. Kapitel des SGB XII (mehr) zu.

Der Antragsteller ist kroatischer Staatsangehöriger und reiste am 21. November 2015 in die Bundesrepublik Deutschland ein. Vom 1. Dezember 2015 bis 31. Januar 2016 war er bei der Firma Rudolf Burkart beschäftigt. Das Arbeitsverhältnis wurde durch den Arbeitgeber in der Probezeit gekündigt. Vom 1. Februar 2016 bis zum 24. Februar 2016 war er bei der Firma Personaldienste hart & schenk GmbH angestellt. Während eine ordentliche Kündigung vom 10. Februar 2016 in der Probezeit bereits am Folgetag zurückgenommen worden ist, erfolgte eine fristlose Kündigung am 24. Februar 2016. Am 29. Februar 2016 erlitt der Antragsteller durch einen Sturz ein schweres Schädel-Hirn-Trauma mit rechtsseitigem akutem Subduralhämatom und weitere Verletzungen wie einen Schädelbruch. Nach der Akutbehandlung im Katharinenhospital in Stuttgart, wo mehrere Operationen am Kopf des Antragstellers durchgeführt wurden, befand sich der Antragsteller vom 1. April bis 21. April 2016 in stationärer Behandlung in der Schmiederklinik. Laut deren Entlassungsbericht wurde er arbeitsunfähig entlassen, wobei eine Belastungsfähigkeit von zwei Stunden im Rahmen von Einzel- und Gruppentherapien der Ergotherapie angegeben wurde. Seit 18. März 2016 steht der Antragsteller unter Betreuung. Der Antragsteller ist auch derzeit noch arbeitsunfähig erkrankt.

Nach den dem Senat im einstweiligen Rechtsschutzverfahren vorliegenden Akten und aufgrund des eigenen Vorbringens des Antragstellers ist mit überwiegender Wahrscheinlichkeit davon auszugehen, dass sich der Antragsteller als kroatischer Staatsangehöriger derzeit auf kein anderes Aufenthaltsrecht als das zur Arbeitssuche berufen kann. Damit ist jedoch der Antragsteller gemäß § 23 Abs. 3 Nr. 2 SGB XII n.F. von Leistungen nach Abs. 1, sprich Leistungen der Hilfe zum Lebensunterhalt, ausgeschlossen.

Durchgreifende Bedenken dahingehend, dass der neu gefasste § 23 Abs. 3 SGB XII mit höherrangigem Recht unvereinbar wäre, hat der Senat nicht.

§ 23 Abs. 3 SGB XII ist mit Unionsrecht vereinbar. Nach der jüngeren Rechtsprechung des EuGH (vgl. die Sachen" Alimanovic" Rs.C-67/14, Urteil vom 15. September 2015 und "Garcia-Nieto" Rs.C-299/14, Urteil vom 25. Februar 2016) bestehen keine unionsrechtlichen Bedenken gegenüber mitgliedsstaatlichen Leistungsausschlüssen für beitragsunabhängige Sozialleistungen. Diese Rechtsprechung des EuGH setzt die Neufassung des § 7 Abs. 2 Zweites Buch Sozialgesetzbuch (SGB II) und § 23 Abs. 3 SGB XII in Art. 1 und Art. 2 des Gesetzes zur Regelung von Ansprüchen ausländischer Personen in der Grundsicherung für Arbeitssuchende nach dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch und in der Sozialhilfe nach dem Zwölften Buch Sozialgesetzbuch um. Das Unionsverfassungsrecht garantiert das Recht auf Zugang zu den Leistungen der sozialen Sicherheit und zu den sozialen Diensten gemäß Art. 34 Abs. 1 Europäische Grundrechte-Charta sowie ein darüber hinausgehendes Recht auf eine soziale Unterstützung gemäß Art. 34 Abs. 3 Europäische Grundrechte-Charta allein nach Maßgabe des Unionsrechts und der einzelstaatlichen Rechtsvorschriften und Gepflogenheiten. Ansprüche, ein bestimmtes Leistungsniveau von grundsicherungs-rechtlichen Basisleistungen aufrechtzuerhalten, lassen sich mit Art. 34 Abs. 3 Europäische Grundrechte-Charta nicht begründen. Daraus lässt sich keine Pflicht der Mitgliedsstaaten ableiten, für nichtdeutsche Unionsbürger eine soziale Grundsicherung im Sinne von SGB II oder SGB XII zu schaffen.

Auch mit dem Grundgesetz (GG) ist die neue Fassung des § 23 Abs. 3 SGB XII vereinbar.

Das Bundesverfassungsgericht (BVerfG) gibt in seinem Urteil zum Asylbewerberleistungsgesetz vom 18. Juli 2012 (1 BvL 10/10, 2/11 - BVerfGE 132, 134) für die Frage nach dem Inhalt des Grundrechts auf Gewährleistung eines menschenwürdigen Existenzminimums als Menschenrecht ein vom Gesetzgeber zu beachtendes dreistufiges Prüfungsprogramm vor. Danach muss die Gewährleistung eines menschenwürdigen Existenzminimums durch einen gesetzlichen Anspruch gesichert sein. Dies verlangt bereits unmittelbar der Schutzgehalt des Art. 1 Abs. 1 GG. Der gesetzliche Leistungsanspruch muss so ausgestaltet sein, dass er stets den gesamten existenznotwendigen Bedarf jedes individuellen Grundrechtsträgers deckt. Diesen Anforderungen genügt § 23 Abs. 3 SGB XII n.F ... Er bestimmt gesetzlich, unter welchen Voraussetzungen Ausländern und ihren Angehörigen, die keine Leistungsberechtigten nach § 1 Asylbewerberleistungsgesetz sind und die sich - insbesondere als Unionsbürger - nicht als Arbeitnehmer oder Selbstständige erlaubt im Bundesgebiet aufhalten, Leistungen der Sozialhilfe zu gewähren sind. Diese Leistungen werden als Überbrückungsleistungen nach § 23 Abs. 3 Satz 3 SGB XII und Härtefallleistungen nach § 23 Abs. 3 Satz 6 SGB XII bestimmt. Darüber hinaus werden auch angemessene Rückreisekosten gewährt (§ 23 Abs. 3a SGB XII n.F.). Des Weiteren hält das Sozialstaatsgebot des Art. 20 Abs. 1 GG den Gesetzgeber an, die soziale Wirklichkeit zeit- und realitätsgerecht im Hinblick auf die Gewährleistung des menschenwürdigen Existenzminimums zu erfassen. Die hierbei erforderlichen Wertungen kommen dem parlamentarischen Gesetzgeber zu. Ihm obliegt es, den Leistungsanspruch in Tatbestand und Rechtsfolge zu konkretisieren. Ob er das Existenzminimum durch Geld-, Sach- oder Dienstleistungen sichert, bleibt grundsätzlich ihm überlassen. Ihm kommt zudem Gestaltungsspielraum bei der Bestimmung des Umfangs der Leistungen zur Sicherung des Existenzminimums zu. Entscheidend ist dabei, dass der Gesetzgeber seine Entscheidung an den konkreten Bedarfen der Hilfebedürftigen ausrichtet. Maßgeblich für die Bestimmung des Existenzminimums sind dabei nur die Gegebenheiten in Deutschland. In Wahrnehmung seines parlamentarischen Gestaltungsspielraumes hat der Gesetzgeber den konkreten Bedarf und die Dauer der Überbrückungs-, Härtefall- und Rückreiseleistungen für die davon betroffenen Personengruppen in § 23 Abs. 3 Sätze 3 bis 5 und Satz 6 und Abs. 3a SGB XII im Einzelnen genau definiert. Die Leistungen umfassen Ernährung, Körper- und Gesundheitspflege, Unterkunft und Heizung, Akutbehandlungen einschließlich der Versorgung mit Arznei- und Verbandmitteln, Hilfen bei Schwangerschaft und Mutterschaft. Die Leistungshöhe wird entsprechend § 1a Abs. 2 Asylbewerberleistungsgesetz festgelegt. Schließlich rechtfertigt nach dem BVerfG auch eine kurze Aufenthaltsdauer oder Aufenthaltsperspektive in Deutschland es nicht, den Anspruch auf Gewährleistung eines menschenwürdigen Existenzminimums auf die Sicherung der physischen Existenz zu beschränken. Art. 1 Abs. 1 GG i.V.m. Art. 20 Abs. 1 GG verlangt, dass das Existenzminimum in jedem Fall und zu jeder Zeit sichergestellt sein muss. Diesbezüglich ist davon auszugehen, dass die - allerdings eine Härtefallregelung enthaltende - gesetzliche Neuregelung in § 23 Abs. 3 SGB XII durch die Einführung zeitlich eng auf einen Monat befristeter Überbrückungsleistungen die Möglichkeit der Ausreise in den EU-Herkunftsstaat als indirekte Form der anderweitigen Deckung des sozialhilferechtlichen Mindestbedarfs im Blick hat. Zu berücksichtigen ist dabei aber, dass Unionsbürger jederzeit in ihren EU-Herkunftsstaat zurückkehren können. Mit dem Verlassen des Bundesgebietes endet hier ihre Bedürftigkeit. Die angemessenen Reisekosten werden nach § 23 Abs. 3a SGB XII übernommen. Ab dem Erreichen ihres EU-Herkunftslandes ist ihr sozialhilferechtlicher Bedarf dort entsprechend den dortigen einzelstaatlichen Rechtsvorschriften und Gepflogenheiten garantiert. Die Leistungsbefristung für mittellose Unionsbürger bringt diese nicht in eine ausweglose Lage. Sie können sich normativ darauf verlassen, dass ihre Existenz im EU-Herkunftsstaat gewährleistet wird.

Nachdem der Antragsteller somit als kroatischer Staatsangehöriger grundsätzlich dem Leistungsausschluss nach § 23 Abs. 3 SGBXII n.F. unterfällt, ist im Rahmen des einstweiligen Rechtsschutzverfahrens auch nichts dafür ersichtlich, dass auf den Antragsteller die Härtefallregelung des § 23 Abs. 3 Satz 6 SGB XII n.F. zur Anwendung kommen müsste. Zwar hat der Antragsteller am 29. Februar 2016 eine schwere Verletzung erlitten, an der er nach wie vor leidet; der Antragsteller steht auch nach wie vor unter Betreuung. Allerdings hat der Antragsteller gegebenenfalls zur Glaubhaftmachung eines solchen Anordnungsanspruchs gemäß § 23 Abs. 3 Satz 6 SGB XII n.F. nichts vorgetragen, was in seinem Einzelfall besondere Umstände begründen könnte, die es erforderten, ihm statt Überbrückungsleistungen zur Überwindung einer besonderen Härte andere Leistungen im Sinne von Abs. 1 zu gewähren. Es ist für den Antragsteller nicht vorgetragen worden, dass er aufgrund seiner gesundheitlichen Beeinträchtigungen nicht reisefähig ist bzw. einer medizinischen Behandlung bedürfte, die er ausschließlich in Deutschland und nicht auch in Kroatien erhalten könnte.

Soweit der Antragsteller schließlich noch die einstweilige Verpflichtung der Antragsgegnerin zur Gewährung der für April und Mai 2016 noch offenen Mietzinszahlungen und Nebenkostenvorauszahlungen in Höhe von 405,00 EUR als Zuschuss bzw. als Darlehen begehrt, unterliegt auch dieses Begehren dem Leistungsausschluss nach § 23 Abs. 3 SGB XII n.F.

Der Antrag auf Gewährung von Prozesskostenhilfe für das Beschwerdeverfahren ist aus den oben genannten Gründen mangels Erfolgsaussicht abzulehnen.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 193 SGG.

Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 177 SGG).
Rechtskraft
Aus
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