Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Unfallversicherung
Abteilung
6
1. Instanz
SG Stuttgart (BWB)
Aktenzeichen
S 1 U 3870/14
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 6 U 2023/16
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Stuttgart vom 29. April 2016 wird zurückgewiesen.
Außergerichtliche Kosten des Berufungsverfahrens sind nicht zu erstatten.
Tatbestand:
Zwischen den Beteiligten ist die erneute Gewährung einer Verletztenrente aufgrund einer geltend gemachten Verschlimmerung der Unfallfolgen streitig.
Der 1956 geborene Kläger italienischer Staatsangehörigkeit hat keinen Beruf erlernt, ist 17jährig nach Deutschland ausgewandert und lebt seit 1978 in St., wo er seit 1995 bei der Müllabfuhr beschäftigt war. Seit 2010 ist er in die Kantine versetzt worden, wo er nach wie vor vollschichtig arbeitet. Der Kläger ist verheiratet und hat zwei erwachsene Kinder sowie mittlerweile drei Enkelkinder.
Am 26. September 2006 verdrehte sich der Kläger beim Herausziehen eines 50 kg schweren Containers über eine Treppe den rechten Arm nach außen. Nach Beendigung der Arbeit stellte er sich am Folgetag bei dem Unfallchirurg Dr. N. vor, der eine Zerrung der rechten Schulter diagnostizierte, zu deren Behandlung er Salbeneinreibung, Eisumschläge und physikalische Therapie verordnete. Nachdem die geäußerten Beschwerden für Dr. N. nicht nachvollziehbar waren, er insbesondere die verlangte Verlängerung der Arbeitsunfähigkeit über den 6. Oktober 2006 hinaus nicht begründen könne, überwies er den Kläger zur weiteren diagnostischen Abklärung in das K.-O.-Krankenhaus, wo am 10. November 2006 eine Arthroskopie des rechten Schultergelenks mit subacrominaler Dekompression sowie der Naht der Supraspinatussehne durchgeführt wurde (ZwischenbE.t vom 30. Januar 2007). Am 15. November 2006 wurde der Kläger aus der stationären Behandlung bei voraussichtlich bestehender Arbeitsunfähigkeit für zwei bis vier Wochen entlassen. Am 26. Februar 2007 wurde nach intensiver Physiotherapie eine Arbeitsbelastungserprobung eingeleitet, welche anfangs scheiterte. Bis zum 22. Mai 2007 wurde zunächst Verletztengeld ausbezahlt. Vom 7. Mai bis 21. Mai 2007 hatte der Kläger bezahlten Urlaub bzw. arbeitete, wurde dann ab 22. Mai 2007 erneut krankgeschrieben (Vermerk vom 4. Juli 2007).
Nach Beiziehung des Operationsberichts sowie weiterer MRT-Untersuchungsbefunde veranlasste die Beklagte eine unfallchirurgische Zusammenhangsbegutachtung. Prof. Dr. W. führte in seinem Gutachten vom 22. August 2007 aus, das Ereignis habe lediglich zu einer Zerrung der Schulter, aber nicht Verletzung der Rotatorenmanschette geführt. Dafür fehlten insbesondere in den unfallzeitpunktnahen angefertigten Kernspinbildern die typischen Befunde für eine frische Verletzung der Rotatorenmanschette. Der Kläger habe auf Nachfrage eingeräumt, dass er schon vor dem in Rede stehenden Ereignis Schmerzen im Bereich der rechten Schulter gehabt habe. Er könne den rechten Arm bis ca. 120 Grad aktiv vorwärts anheben, seitwärts bis ca. 100 Grad. Eine Atrophie der Schulterkappenmuskulatur sei nicht erkennbar. Durchblutung, Motorik und Sensibilität seien unauffällig. Bei der Prüfung der Rotatorenmanschetten-Tests gebe der Kläger keine wesentlichen Schmerzen an, allerdings fände sich gegen Widerstand eine Kraftminderung. Das Impingement-Zeichen sei positiv angedeutet. Die überfallsartige Krafteinleitung in den rechten Arm erfülle die Einschätzung als Unfallereignis, die dann zur Zerrung der rechten Schulter geführt habe. Behandlungsbedürftigkeit und Arbeitsunfähigkeit aufgrund der Unfallfolgen seien bis zum 10. November 2006 anzunehmen.
Mit Bescheid vom 20. November 2007 anerkannte die Beklagte den Unfall vom 26. September 2006 als Versicherungsfall (Arbeitsunfall) und lehnte die Gewährung einer Rente mit der Begründung ab, die Erwerbsfähigkeit sei nicht im rentenberechtigenden Grade über die 26. Woche nach dem Versicherungsfall hinaus (27. März 2007) gemindert. Als Unfallfolge werde eine Schulterzerrung rechts mit einer Behandlungsbedürftigkeit und Arbeitsunfähigkeit bis zum 9. November 2006 anerkannt, während der diagnostizierte Supraspinatus-Sehnenriss rechts mit dem Unfallereignis in keinem ursächlichen Zusammenhang stehe, sondern auf vorbestehende verschleißbedingte Veränderungen im rechten Schultergelenk zurückzuführen sei. Der dagegen eingelegte Widerspruch blieb erfolglos (Widerspruchsbescheid vom 27. Februar 2008).
Vom 13. August bis 1. September 2007 führte der Kläger eine ambulante Rehabilitation im ZAR in St. durch, aus welcher er aufgrund der diagnostizierten Defizite des rechten Schultergelenks als arbeitsunfähig entlassen wurde. Es imponiere eine recht eloquente mediterrane Beschwerdeschilderung. Eine wesentliche Verschmächtigung der Schultergürtelmuskulatur bestehe ebenso wenig wie eine wesentliche Seitendifferenz. Die aktive Elevation gelinge bis 100 Grad, die Abduktion bis 90 Grad bei passiv deutlich gebesserter Beweglichkeit, wenngleich der Kläger Schmerzen bei annähernd jeder Bewegung und Palpation äußere. Der Kläger wirke weiterhin recht beschwerdefixiert und sehe sich in seinem Beruf als Arbeiter nicht einsatzfähig.
Im Rahmen des dagegen angestrengten Klageverfahrens (S 13 U 2364/08) beim SozialgE.t Stuttgart (SG) wurde der Kläger nach Beiziehung verschiedener ärztlicher Befunde auf eigenes Kostenrisiko nach § 109 Sozialgerichtsgesetz (SGG) durch Dr. H. begutachtet.
In seinem Gutachten aufgrund der ambulanten Untersuchung vom 20. November 2009 führte Dr. H. vom K.-O.-Krankenhaus aus, es bestehe noch eine schmerzhafte aktive und geringer ausgeprägte schmerzhafte passive Bewegungseinschränkung der rechten Schulter bei Kraftverlust und außergewöhnlicher Schmerzsymptomatik. Das plötzliche Rückwärtsreißen des rechten Armes bedingt durch den überraschenden Effekt ohne jede muskuläre Vorspannung sei nach einhelliger Meinung geeignet, eine partielle oder auch komplette Ruptur der Supraspinatussehne zu bewirken. Zur Beurteilung könne nicht alleine auf den Befund der Kernspintomographie verwiesen werden, zumal die Qualität dieser Untersuchung doch sehr stark schwanke und die Frage, ob ein Riss ganz oder teilweise unfallbedingt entstanden sei, nur mithilfe klinischer und anamnestischer Parameter entschieden werden könne. Beim Kläger lägen sicherlich in Anbetracht seines Lebensalters wie der über Jahre hinweg ausgeübten sehr schweren körperlichen Arbeit degenerative Veränderungen vor, auch habe er gelegentlich über Schulterschmerzen geklagt, sei deswegen aber nicht öfter arbeitsunfähig gewesen. Aus seiner Sicht sei auch ein Zusammenhang zu der außergewöhnlichen Schmerzsymptomatik eindeutig gegeben. Die Minderung der Erwerbsfähigkeit (MdE) schätze er bis Dezember 2007 mit 50 vom Hundert (v. H.), danach bis zum 17. Januar 2010 auf 20 v. H. und anschließend nur noch mit 10 v. H.
Vom 29. Juli bis 29. August 2009 führte der Kläger ein stationäres Heilverfahren zulasten der Deutschen Rentenversicherung in der Rheintal-Klinik Bad Krozingen durch, aus der er ebenfalls mit im Vordergrund stehendem Impingement-Syndrom des rechten Schultergelenks als arbeitsunfähig entlassen wurde. Aufgrund längerer Arbeitsunfähigkeitszeit und damit zusammenhängender allgemeiner Verunsicherung leide der Kläger unter rezidivierenden depressiven Verstimmungen, außerdem Schlaflosigkeit. Das stationäre Heilverfahren sei aufgrund einer posttraumatischen Schultersteife rechts durchgeführt worden. Im Juni 2009 sei der Kläger durch die Krankenkasse ausgesteuert worden, die Wiederaufnahme der bisherigen Tätigkeit sei nicht leidensgerecht, eine innerbetriebliche Umsetzung müsse geprüft werden.
Nachdem Beratungsarzt Dr. E. die gutachterliche Einschätzung von Dr. H. hinsichtlich der Ursächlichkeit des Unfalls für die Supraspinatussehnen-Ruptur teilte, der Kläger sich am 15. April 2010 in der Schmerzambulanz des K.-O.-Krankenhauses mit nunmehr deutlich eingeschränkten Bewegungsausmaßen des rechten Schultergelenks (Elevation bis maximal 70 Grad möglich) vorstellte und die Beklagte noch die Auflistung der Arbeitszeiten bei der Abfallwirtschaft St. erfragte (Bl. 277 ff. V-Akte), schlossen die Beteiligten am 7. Dezember 2010 einen verfahrensbeendenden Vergleich. Danach verpflichtete sich die Beklagte dem Kläger ab 4. Februar 2008, dem Tag nach Ende der ersten Arbeitsunfähigkeit nach dem Unfall, bis zum 17. Januar 2010 eine befristete Verletztenrente als Rente auf unbestimmte Zeit nach einer MdE von 20 v. H. unter Anerkennung der Unfallfolgen eines Teilrisses der Supraspinatussehne rechts zu gewähren. Demgegenüber seien die Kopfschmerzen durch Wirbelsäulenbeschwerden verursacht und die depressive Verstimmung ebenfalls nicht Unfallfolge. In Ausführung des Vergleichs erließ die Beklagte am 16. Dezember 2010 einen Ausführungsbescheid über die befristete Rente, der Nachzahlungsbetrag betrug 10.814,09 EUR.
Am 24. Juli 2011 beantragte der Kläger die erneute Feststellung wegen Verschlimmerung der Unfallfolgen (weitere Funktionseinschränkungen und intensivere Schmerzen).
Auf Nachfrage der Beklagten teilte PD Dr. S. vom K.-O.-Krankenhaus mit, die Verordnung der letzten Monate, hauptsächlich Physiotherapie betreffend, habe sich primär auf ein vorhandenes Schulter-Arm-Syndrom degenerativer Genese bezogen. Der Teilriss der Supraspinatussehne stehe aktuell nicht im Vordergrund.
Die Beklagte veranlasste eine erneute Begutachtung des Klägers. Der Chirurg Dr. Sch. führte nach Untersuchung vom 6. Oktober 2011 aus, es bestünde eine mäßige Atrophie im Bereich der Schulterkappenmuskulatur sowie im Bereich des Ober- und Untergrätenmuskels. Alle Bereiche würden bei Betastung als schmerzhaft angegeben, aktiv könne der Arm unter Schmerzangabe seitwärts bis 70 Grad geführt werden, nach vorn bis 60 Grad, das Rückwärtsführen sei bis 20 Grad möglich, das Auswärtsdrehen bis 20 Grad. Im Vergleich zum Vorgutachten bestehe eine deutliche Befundverschlechterung in Beweglichkeit und Schmerzsymptomatik. Die MRT-Untersuchung vom 3. November 2011 belege, dass der unfallbedingte Teileinriss der Supraspinatussehne erfolgreich habe rekonstruiert werden können, ein Teileinriss oder eine Reruptur sei nicht erkennbar. Die funktionelle Verschlechterung der rechten Schulter und das muskuläre Defizit seien demnach dem Fortschreiten der degenerativen (unfallabhängigen) Veränderungen geschuldet. Hinzu käme als negativer Faktor die seit fast drei Jahren bestehende, behandlungsbedürftige depressive Verstimmung, die sich negativ auf das willentliche Einsetzen des rechten Armes, auch mal über eine Schmerzgrenze hinaus, auswirke. Es sei somit eine wesentliche Änderung der Verhältnisse eingetreten, die jedoch nicht mit der erforderlichen Wahrscheinlichkeit den Unfallfolgen zugeordnet werden könne. Die unfallbedingte MdE liege nach wie vor bei 10 v. H. In dem nervenärztlichen Zusatzgutachten aufgrund der Untersuchung vom 26. März 2012 führte der Neurologe und Psychiater Dr. P. aus, das C5-Syndrom bei degenerativen HWS-Veränderungen bereite zusätzlich Schmerzen in die rechte Schulter und in den Arm ausstrahlend, aber auch im Nackenbereich. Das würde verstärkt durch die deutliche Überlagerung der psychosomatischen Beschwerden mit einer deutlichen Aggravation, aber auch einer somatisierten Depression, die nicht unfallursächlich sei. Auffällig sei, dass der Kläger sehr deutlich den rechten Arm hängen lasse und nicht bewege, selbst kleinen Aufforderungen dazu nicht nachkomme, dann aber bei der Beschwerdeschilderung seiner Schmerzen zumindest gestikulierend den Arm mitbenutze.
Mit Bescheid vom 19. Juni 2012 lehnte die Beklagte die Gewährung einer Verletztenrente über den bereits gewährten Zeitraum mit der Begründung ab, im Vergleich zu dem Zusammenhangsgutachten von Prof. Dr. W. wie dem Gerichtsgutachten von Dr. H. sei in den Unfallfolgen keine wesentliche Änderung dahingehend eingetreten, dass eine MdE im rentenberechtigenden Grade vorliege und nunmehr eine Rente zu gewähren sei. Vielmehr seien die funktionelle Verschlechterung und das muskuläre Defizit auf degenerative, unfallunabhängige Veränderungen im Schulterbereich rechts zurückzuführen; ebenso sei die behandlungsbedürftige depressive Verstimmung nicht unfallbedingt.
Auf den Widerspruch des Klägers ließ die Beklagte ihn psychiatrisch begutachten. Dr. A. führte in seinem Gutachten aufgrund der Untersuchung vom 25. Februar 2014 aus, er leide an einer somatoformen Schmerzverarbeitungsstörung (ICD-10 F 45.4 G), einem mittelschweren depressiven chronifizierten Syndrom (ICD-10 F 32.1 G) sowie einer Persönlichkeitsänderung bei chronischem Schmerzsyndrom mit langwierigem Verlauf (ICD-10 F 62.8 G). Zeitlich nach dem Unfall habe er zwar im Sinne einer Auseinandersetzungsstörung psychische Beschwerden entwickelt, die jedoch unfallrechtlich nicht mit dem Unfallereignis in unmittelbarem Zusammenhang stünden, vielmehr dem allgemeinen Lebensrisiko zuzuordnen seien. Eine unfallbedingte MdE für psychische Störungen lasse sich daher nicht ableiten. Mit Widerspruchsbescheid vom 24. Juni 2014 wies die Beklagte daraufhin den Widerspruch als unbegründet zurück.
Auch hiergegen hat der Kläger die hier streitgegenständliche Klage beim SG erhoben, zu deren Begründung er vorgetragen hat, er habe bis zum Unfall beschwerdefrei seine körperlich schwere Tätigkeit als Müllmann ausüben können. Nunmehr sei er nur mit äußersten Einschränkungen in der Lage, leichte körperliche Tätigkeiten auszuführen, die ihm sein Arbeitgeber bei deutlichem Gehaltsverlust zugewiesen habe. Auch seine behandelnden Ärzte sähen eine unfallbedingte Verschlimmerung.
Zur weiteren Aufklärung des Sachverhaltes hat das SG den Kläger erneut nach § 109 SGG begutachten lassen. Dr. H., Oberarzt der Klinik für Orthopädie und Unfallchirurgie des Klinikums St., hat in seinem Gutachten aufgrund der Untersuchung vom 18. Juni 2015 und eines weiteren MRT vom 16. Juli 2015 ausgeführt, bei der Untersuchung der Schultergelenke finde sich kein Hinweis auf Instabilität oder Laxizität der Rotatorenmanschette. Die Supraspinatussehne sei in ihren kompletten Kontinuität durchgängig, jedoch ausgedünnt. Insgesamt sei es im Vergleich zum Vorgutachten zu einer deutlichen Verschlechterung der Beweglichkeit und der Funktion der rechten Schulter gekommen, die jedoch nicht auf die Folgen des Arbeitsunfalls allein zurückgeführt werden könne. postoperativ habe beim Kläger drei Jahre lang eine nur gering eingeschränkte Beweglichkeit des rechten Schultergelenks bestanden, die Verschlechterung sei erst im weiteren Verlauf aufgetreten. Diese sei vorwiegend den degenerativen Veränderungen an der HWS und der rechten Schulter geschuldet. Die Kompression der Nervenwurzel C4 rechts führe typischerweise zu Schmerzen im Bereich der rechten Schulter und auch einer möglichen Funktionseinschränkung. In der Regel komme es postoperativ bei einer Rotatorenmanschettenruptur zunächst zu einer deutlichen Bewegungseinschränkung, die sich jedoch im Regelfall in den ersten sechs bis zwölf Monaten wieder bessere. Die unfallbedingte MdE betrage nach wie vor 10 v. H.
Nach Anhörung des Klägers in der mündlichen Verhandlung vom 29. April 2016 hat das SG die Klage mit der Begründung abgewiesen, sämtliche Gutachter seien unabhängig voneinander, aber im Ergebnis übereinstimmend unter Berücksichtigung der auch im gerichtlichen Vergleich festgestellten unfallunabhängigen Gesundheitsstörungen im Schulter- und Wirbelsäulenbereich zum Ergebnis gekommen, dass die Unfallfolgen lediglich mit einer MdE um 10 v. H. einzuschätzen seien, weil die Funktionseinschränkungen nur anteilig auf den Unfallfolgen beruhten und diese sich mit den unfallunabhängigen, degenerativen Gesundheitsstörungen überschneiden würden. Dies habe zuletzt Dr. H. bestätigt. Auch weitere Unfallfolgen auf nervenärztlichem Gebiet lägen nicht vor.
Gegen das am 3. Mai 2016 zugestellte Urteil hat der Kläger am 1. Juni 2016 Berufung mit der Begründung eingelegt, die Unterscheidung zwischen unfallbedingten und degenerativen Veränderungen könne objektiv nicht getroffen werden. Ärztlicherseits könnten nur Veränderungen festgestellt werden. Ob diese unfall- oder altersbedingt seien, beruhe allein auf der Einschätzung der Mediziner und könne objektiv nicht belegt werden. Tatsache sei, dass er bis zu dem Arbeitsunfall beschwerdefrei und seitdem ununterbrochen in medizinischer Behandlung sei, hohe Arbeitsunfähigkeitszeiten aufweise und mehrere Kuraufenthalte absolviert habe. Dennoch hätten sich seine Beschwerden erheblich verschlechtert. Der Einschätzung der behandelnden Ärzte müsse der Vorzug gegeben werden, da sie mit seiner Krankheitsgeschichte intensiv vertraut seien.
Der Kläger beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Stuttgart vom 29. April 2016 und den Bescheid vom 19. Juni 2012 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 24. Juni 2014 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, ihm wegen der Folgen des Arbeitsunfalls vom 26. September 2006 ab 2. August 2011 eine Rente auf unbestimmte Zeit nach einer Minderung der Erwerbsfähigkeit um 20 v. H. zu gewähren.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie erachtet die erstinstanzliche Entscheidung in Auswertung der übereinstimmenden und schlüssigen Bewertungen aller Gutachter für zutreffend.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhaltes und des Vorbringens der Beteiligten wird auf die Gerichtsakten erster und zweiter Instanz sowie die von der Beklagten vorgelegten Verwaltungsakte verwiesen.
Entscheidungsgründe:
Die form- und fristgerecht (§ 151 Abs. 1 SGG) eingelegte Berufung des Klägers ist nach § 143 SGG statthaft, insbesondere war sie nicht nach § 144 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 SGG zulassungsbedürftig, da er eine Rente auf unbestimmte Zeit und damit laufende Sozialleistungen für mehr als ein Jahr (§ 144 Abs. 1 Satz 2 SGG) begehrt. Die kombinierte Anfechtungs- und Leistungsklage (§ 54 Abs. 1 und 4 SGG.), mit welcher der Kläger die Beseitigung der Verwaltungsentscheidungen und Verurteilung der Beklagten zur Gewährung einer Verletztenrente begehrt, ist unbegründet.
Der Rechtsstreit ist entscheidungsreif; die behandelnden Ärzte PD Dr. S. und Dr. H. vom K.-O. Krankenhaus wurden von der Beklagten bereits gehört, was der Senat deren Auskunft (Bl. 353 V- Akte) entnimmt. Welcher Erkenntniswert von einer erneuten Befragung des Dr. H. zu erwarten und was noch genau aufzuklären ist, hat der Kläger nicht ansatzweise aufgezeigt. Dass das Gutachten des Dr. H. wesentlich zum damaligen Vergleichsabschluss beigetragen hat, genügt dafür jedenfalls nicht.
Verfahrensrechtlich wirkt sich der Vergleich insoweit aus, dass dadurch Unfallfolgen bindend festgestellt und die anderen bestandskräftig ausgeschlossen sind (vgl. zum folgenden auch Urteil des Senats vom 20. Oktober 2016 – L 6 U 4632/13). Denn ein Vergleichsvertrag setzt nach § 54 Abs. 1 SGB X (gleichermaßen nach § 779 BGB) eine Ungewissheit über die Sach- oder Rechtslage voraus, wird insbesondere auf einer unsicheren Tatsachen- oder Beurteilungsbasis geschlossen. Die Parteien stellen eine gewisse Bandbreite möglicher Umstände in ihre Entscheidung über einen Vergleichsschluss ein. Sofern sie einen gerichtlichen Vergleich schließen, verzichten sie damit auch auf weitere Ermittlungen des Gerichts und eine gerichtliche Feststellung der bestehenden Umstände. Wenn hiernach eine spätere, rückwirkende Abänderung des Vergleichs nicht nach §§ 44, 45 SGB X allein möglich ist, sondern nur unter den weitergehenden Voraussetzungen des § 59 Abs. 1 SGB X, dann sind auch bei einer späteren Abänderung für die Zukunft nach § 48 Abs. 1 SGB X der notwendige Vergleichsmaßstab diejenigen Umstände, welche die Beteiligten übereinstimmend dem Vergleich zu Grunde gelegt haben. Haben sich z.B. die Beteiligten wie hier darauf geeinigt, welche Gesundheitsfolgen unfallursächlich sind, so ist diese Feststellung für die Beteiligten bindend (vgl. LSG Baden-Württemberg, Urteil vom 9. Juni 2011 – L 10 R 3494/08 –, juris, Rz. 32). Aus diesem Grunde kann eine Verschlechterung nur in nicht bestandskräftig ausgeschlossenen Unfallfolgen, also nur wegen des Teileinrisses der Supraspinatussehne rechts, nicht aber wegen Depression oder anderweitiger Schmerzen, geltend gemacht werden. Es kommt also nicht darauf an, ob der Kläger mittlerweile psychosomatische Beschwerden, wie sie Dr. P. beschreibt, oder gar das von Dr. A. diagnostizierte depressive Syndrom herausgebildet hat. Diese Unfallfolgen sind im Vergleichswege ausgeschlossen worden, können deswegen im Wege der Verschlechterung nicht angeführt werden. Nur abschließend weist der Senat darauf hin, dass bereits der fehlende erforderliche zeitliche Zusammenhang gegen eine Unfallkausalität spricht, worauf auch Dr. A. und Dr. H. hingewiesen haben.
Anspruchsgrundlage für die begehrte Rentengewährung ist § 56 Abs. 1 Satz 1 SGB VII. Danach haben Versicherte, deren Erwerbsfähigkeit infolge eines Versicherungsfalls - hier eines Arbeitsunfalls - über die 26. Woche nach dem Versicherungsfall hinaus um wenigstens 20 v. H. gemindert ist, Anspruch auf Rente. Ist die Erwerbsfähigkeit infolge mehrerer Versicherungsfälle gemindert und erreichen die Vomhundertsätze zusammen wenigstens die Zahl 20, besteht für jeden, auch für einen früheren Versicherungsfall, Anspruch auf Rente (§ 56 Abs. 1 Satz 2 SGB VII). Die Folgen eines Versicherungsfalls sind nur zu berücksichtigen, wenn sie die Erwerbsfähigkeit um wenigstens 10 v. H. mindern (§ 56 Abs. 1 Satz 3 SGB VII). Den Versicherungsfällen stehen gleich Unfälle oder Entschädigungsfälle nach den Beamtengesetzen, dem Bundesversorgungsgesetz, dem Soldatenversorgungsgesetz, dem Gesetz über den zivilen Ersatzdienst, dem Gesetz über die Abgeltung von Besatzungsschäden, dem Häftlingshilfegesetz und den entsprechenden Gesetzen, die Entschädigung für Unfälle oder Beschädigungen gewähren (§ 56 Abs. 1 Satz 4 SGB VII).
Die MdE richtet sich nach dem Umfang der sich aus der Beeinträchtigung des körperlichen und geistigen Leistungsvermögens ergebenden verminderten Arbeitsmöglichkeiten auf dem gesamten Gebiet des Erwerbslebens (§ 56 Abs. 2 Satz 1 SGB VII). Um das Vorliegen der MdE beurteilen zu können, ist zunächst zu fragen, ob das aktuelle körperliche oder geistige Leistungsvermögen beeinträchtigt ist. In einem zweiten Schritt ist zu prüfen, ob und in welchem Umfang dadurch die Arbeitsmöglichkeiten der versicherten Person auf dem gesamten Gebiet des Erwerbslebens vermindert werden. Die Bemessung des Grades der MdE erfolgt als Tatsachenfeststellung des Gerichts, die dieses gemäß § 128 Abs. 1 Satz 1 SGG nach seiner freien, aus dem Gesamtergebnis des Verfahrens gewonnenen Überzeugung trifft (BSG, Urteil vom 18. Januar 2011 - B 2 U 5/10 R -, juris, Rz. 16 m. w. N.). Die zur Bemessung der MdE in Rechtsprechung und Schrifttum herausgearbeiteten Erfahrungssätze sind dabei zu beachten. Sie sind zwar nicht für die Entscheidung im Einzelfall bindend, bilden aber die Grundlage für eine gleiche und gerechte Bewertung der MdE in zahlreichen Parallelfällen der täglichen Praxis und unterliegen ständigem Wandel (BSG, Urteil vom 22. Juni 2004 - B 2 U 14/03 R -, BSGE 93, 63).
Die Einschätzung der MdE setzt voraus, dass der Arbeitsunfall beim Kläger eine Beeinträchtigung des Leistungsvermögens hervorgerufen hat, entweder durch einen unfallbedingten Gesundheitserst- oder einen damit im Ursachenzusammenhang stehenden Gesundheitsfolgeschaden.
Die unfallversicherungsrechtliche Zurechnung setzt erstens voraus, dass die Verrichtung der versicherten Tätigkeit den Schaden, gegebenenfalls neben anderen konkret festgestellten unversicherten (Wirk-)Ursachen, objektiv (mit-)verursacht hat. Für Einbußen der Verletzten, für welche die versicherte Tätigkeit keine (Wirk-)Ursache war, besteht schlechthin kein Versicherungsschutz und haben die Trägerinnen der gesetzlichen Unfallversicherung nicht einzustehen. (Wirk-)Ursachen sind nur solche Bedingungen, die erfahrungsgemäß die in Frage stehende Wirkung ihrer Art nach notwendig oder hinreichend herbeiführen. Insoweit ist Ausgangspunkt der Zurechnung die naturwissenschaftlich-philosophische Bedingungstheorie, nach der schon jeder beliebige Umstand als notwendige Bedingung eines Erfolges gilt, der nicht hinweggedacht werden kann, ohne dass der Erfolg entfiele ("conditio sine qua non"). Im Recht der gesetzlichen Unfallversicherung muss eine versicherte Verrichtung, die im Sinne der "Conditio-Formel" eine erforderliche Bedingung des Erfolges war, darüber hinaus in seiner besonderen tatsächlichen und rechtlichen Beziehung zu diesem Erfolg stehen. Sie muss (Wirk-)Ursache des Erfolges gewesen sein, muss ihn tatsächlich mitbewirkt haben und darf nicht nur eine im Einzelfall nicht wegdenkbare zufällige Randbedingung gewesen sein.
Ob die versicherte Verrichtung eine (Wirk-)Ursache für die festgestellte Einwirkung und die Einwirkung eine (Wirk-)Ursache für den Gesundheitserstschaden (oder den Tod) war, ist eine rein tatsächliche Frage. Sie muss aus der nachträglichen Sicht ("ex P.") nach dem jeweils neuesten anerkannten Stand des Fach- und Erfahrungswissens über Kausalbeziehungen, gegebenenfalls unter Einholung von Sachverständigengutachten, beantwortet werden (vgl. dazu BSG, Urteil vom 24. Juli 2012 - B 2 U 9/11 R -, SozR 4-2700 § 8 Nr. 44, Rz. 61 ff.).
Eine Verrichtung ist jedes konkrete Handeln von Verletzten, das objektiv seiner Art nach von Dritten beobachtbar und subjektiv, also jedenfalls in laienhafter Sicht, zumindest auch auf die Erfüllung des Tatbestandes der jeweiligen versicherten Tätigkeit ausgerichtet ist. Als objektives Handeln der Verletzten kann es erste Ursache einer objektiven Verursachungskette sein. Diese kann über die Einwirkung auf den Körper, über Gesundheitserstschäden oder den Tod hinaus bis zu unmittelbaren oder im Sinne von § 11 SGB VII, der für die zweite Prüfungsstufe andere Zurechnungsgründe als die Wesentlichkeit regelt, mittelbaren Unfallfolgen sowie auch zur MdE reichen, derentwegen das SGB VII mit der Rente ein Leistungsrecht vorsieht (vgl. BSG, a. a. O., Rz. 31).
Erst wenn die Verrichtung, die möglicherweise dadurch verursachte Einwirkung und der möglicherweise dadurch verursachte Erstschaden festgestellt sind, kann und darf auf der ersten Prüfungsstufe der Zurechnung, also der objektiven Verursachung, über die tatsächliche Kausalitätsbeziehung zwischen der Verrichtung und der Einwirkung mit dem richterlichen Überzeugungsgrad mindestens der Wahrscheinlichkeit entschieden werden. Es geht hierbei ausschließlich um die rein tatsächliche Frage, ob und gegebenenfalls mit welchem Mitwirkungsanteil die versicherte Verrichtung, gegebenenfalls neben anderen konkret festgestellten unversicherten (Wirk-)Ursachen, eine (Wirk-)Ursache der von außen kommenden, zeitlich begrenzten Einwirkung auf den Körper von Versicherten war (vgl. BSG, a. a. O., Rz. 32).
Zweitens muss der letztlich durch die versicherte Verrichtung mitbewirkte Schaden rechtlich auch unter Würdigung unversicherter Mitursachen als Realisierung einer in den Schutzbereich der begründeten Versicherung fallenden Gefahr, eines dort versicherten Risikos, zu bewerten sein. Denn der Versicherungsschutz greift nur ein, wenn sich ein Risiko verwirklicht hat, gegen das die jeweils begründete Versicherung Schutz gewähren soll (vgl. BSG, a. a. O., Rz. 33).
Wird auf der ersten Stufe die objektive (Mit-)Verursachung bejaht, indiziert dies in keiner W. die auf der zweiten Stufe der Zurechnung rechtlich zu gebende Antwort auf die Rechtsfrage, ob die Mitverursachung der Einwirkung durch die versicherte Verrichtung unfallversicherungsrechtlich rechtserheblich, also wesentlich, war. Denn die unfallversicherungsrechtliche Wesentlichkeit der (Wirk-)Ursächlichkeit der versicherten Verrichtung für die Einwirkung muss eigenständig rechtlich nach Maßgabe des Schutzzweckes der jeweils begründeten Versicherung beurteilt werden (vgl. BSG, a. a. O., Rz. 34). Sie setzt rechtlich voraus, dass der Schutzbereich und der Schutzzweck der jeweiligen durch die versicherte Verrichtung begründeten Versicherung durch juristische Auslegung des Versicherungstatbestandes nach den anerkannten Auslegungsmethoden erkannt werden. Insbesondere ist festzuhalten, ob und wie weit der Versicherungstatbestand gegen Gefahren aus von ihm versicherten Tätigkeiten schützen soll (vgl. hierzu BSG, Urteil vom 15. Mai 2012 – B 2 U 16/11 R -, SozR 4-2700 § 2 Nr. 21, Rz. 21 ff.). Nur wenn beide Zurechnungskriterien bejaht sind, erweist sich die versicherte Verrichtung als wesentliche Ursache (vgl. BSG, Urteil vom 24. Juli 2012 - B 2 U 9/11 R -, SozR 4-2700 § 8 Nr. 44, Rz. 37).
Diese Voraussetzungen müssen für jeden einzelnen Gesundheitserstschaden erfüllt sein. Ein solcher ist jeder abgrenzbare Gesundheitsschaden, der unmittelbar durch eine versicherte Einwirkung objektiv und rechtlich wesentlich verursacht wurde, die durch ein- und dieselbe versicherte Verrichtung objektiv und rechtlich wesentlich verursacht wurde. Es handelt sich also um die ersten voneinander medizinisch abgrenzbaren Gesundheitsschäden, die infolge ein- und derselben versicherten Verrichtung eintreten (vgl. BSG, Urteil vom 24. Juli 2012 - B 2 U 9/11 R -, juris, Rz. 39).
Hinsichtlich des Beweismaßstabes gilt für die Beweiswürdigung bei der Tatsachenfeststellung, dass die Tatsachen, die solche Gesundheitsschäden erfüllen, im Grad des Vollbeweises, also mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit, für das GE.t feststehen müssen. Demgegenüber genügt für den Nachweis der naturphilosophischen Ursachenzusammenhänge zwischen der versicherten Einwirkung und einem Gesundheitserstschaden sowie zwischen einem Gesundheitserst- und einem Gesundheitsfolgeschaden der Grad der (hinreichenden) Wahrscheinlichkeit, nicht allerdings die Glaubhaftmachung und erst Recht nicht die bloße Möglichkeit (vgl. BSG, Urteile vom 2. April 2009 - B 2 U 29/07 R -, juris, Rz. 16 und 31. Januar 2012 - B 2 U 2/11 R -, juris, Rz. 17).
Das Bestehen einer Beeinträchtigung des körperlichen und geistigen Leistungsvermögens muss ausgehend von konkreten Funktionseinbußen beurteilt werden. Soweit die MdE sich nicht ausnahmsweise unmittelbar aus den Unfallfolgen erschließt, bilden festgestellte und eindeutig nach gängigen Diagnosesystemen konkret zu bezeichnende Krankheiten (vgl. BSG, Urteil vom 9. Mai 2006 - B 2 U 1/05 R -, BSGE 96, 196) die Tatsachengrundlage, von der ausgehend die Beeinträchtigung des körperlichen oder seelischen Leistungsvermögens auf dem Gebiet des gesamten Erwerbslebens zu beurteilen ist (BSG, Urteil vom 18. Januar 2011 - B 2 U 5/10 R -, juris, Rz. 17 m. w. N.).
Am Unfalltag griff der Kläger während der Ausübung seiner beruflichen Tätigkeit als angestellter Müllwerker und bei einer damit nach § 2 Abs. 1 Nr. 1 SGB VII versicherten Verrichtung mit plötzlichem Rückwärtsreißen des rechten Arms, um das Wegrutschen des Müllcontainers zu verhindern, wodurch es zum anerkannten Teileinriss der rechten Supraspinatussehne kam.
Durch die Unfallfolgen im Bereich der linken Schulter ist es zu Funktionseinschränkungen gekommen, die nach Auffassung des Senats nach wie vor keine höhere MdE als 10 v. H. rechtfertigen. Zwar ist es mittlerweile unstreitig zu einer Verschlechterung der Bewegungsmaße aufgrund des muskulären Defizits wie der Zunahme der Schmerzsymptomatik, die eine ständige Mitbehandlung erfordert, gekommen, dies kann aber nicht mit der erforderlichen Wahrscheinlichkeit auf das Unfallereignis zurückgeführt werden.
Der Senat stützt sich insoweit auf die übereinstimmenden Einschätzungen des gerichtlichen Sachverständigen Dr. H. wie der Auskunft des PD. Dr. S. und der von der Beklagten beauftragten Gutachter Dr. Sch., Dr. P. und Dr. A., die er jeweils im Wege des Urkundsbeweises verwertet hat.
Danach ist der Teileinriss der rechten Supraspinatussehne weitgehend folgenlos abgeheilt, was sich insbesondere in dem MRT vom 3. November 2011 gezeigt hat, welches eine erfolgreiche Rekonstruktion der Supraspinatussehne zeigt, die noch 2015 zwar ausgedünnt, aber durchgängig ist. Insbesondere ein Teileinriss oder eine Reruptur war im bildgebenden Material nicht zu erkennen. Der Heilungsverlauf ist nach Einschätzung des gerichtlichen Sachverständigen Dr. H. sogar typisch für die beim Kläger anerkannte Unfallfolge. Denn die deutliche Bewegungseinschränkung bildet sich im Regelfall nach spätestens zwölf Monaten zurück, die Einschränkungen sind daher nur postoperativ für einen begrenzten Zeitraum zu verzeichnen, der im Falle des Klägers dann auch zu der - zutreffenden - Zuerkennung der Zeitrente geführt hat. Die übereinstimmende Schlussfolgerung sämtlicher Ärzte, dass die nunmehr aufgetretene funktionelle Verschlechterung der rechten Schulter auf dem Voranschreiten der degenerativen Prozesse beruht, war somit für den Senat schlüssig und nachvollziehbar. Deswegen haben die behandelnden Ärzte vom K.-O. Krankenhaus die zur Behandlung erforderliche Physiotherapie auch zu Lasten der gesetzlichen Krankenkasse durchgeführt, weil der Teilriss der Supraspinatussehne "aktuell nicht im Vordergrund steht". Zuletzt das MRT vom 16. Juli 2015 hat gezeigt, das an der rechten Schulter eine deutliche, unfallunabhängige Tendinitis der langen Bizepssehne sowie ein Knorpelschaden am Glenoid vorliegt, was nach Einschätzung von Dr. H. degenerativer Natur ist. Auch das postoperativ lange Intervall von drei Jahren mit nur gering eingeschränkter Beweglichkeit spricht gegen eine Unfallursächlichkeit der Verschlimmerung, was der Senat dem Gutachten des Dr. H. entnimmt. Aus dem Attest des Dr. H. vom 12. Dezember 2014 ergibt sich nichts anderes, es wird lediglich die bekannte Verschlimmerung der Beschwerden dargelegt, aber nichts zur Frage, ob und vor allem warum diese unfallursächlich sein soll. Dies hätte einer Auseinandersetzung mit den Vorgutachten bzw. den damals erhobenen Befunden bedurft, dieser Aktenkenntnis ermangelte es aber naturgemäß dem behandelnden Arzt. Die bloße Möglichkeit genügt nicht der Verurteilungswahrscheinlichkeit.
Vor diesem Hintergrund haben sich die unfallbedingten Funktionseinschränkungen des Klägers von der Zeit des Vergleichsschlusses im Dezember 2010 bis jetzt - auf diesen Zeitpunkt kommt es im Rahmen einer Leistungsklage an - nicht in einer Weise verändert, dass gegenüber der damals vereinbarten MdE von 10 v.H. nunmehr eine um mehr als 10 Prozentpunkte höhere MdE, also von mindestens 20 v.H., anzunehmen wäre. Da die erforderliche MdE von 20 v. H., wie es vorliegend mangels eines angeführten noch sonst ersichtlichen Stützrententatbestandes Voraussetzung für einen Anspruch auf Gewährung einer Rente ist, somit nicht erreicht wird, war die Berufung als unbegründet zurückzuweisen.
Die Entscheidung über die Kosten des Berufungsverfahrens beruht auf § 193 SGG.
Die Revision war nicht zuzulassen, da die Voraussetzungen des § 160 Abs. 2 SGG nicht vorliegen.
Außergerichtliche Kosten des Berufungsverfahrens sind nicht zu erstatten.
Tatbestand:
Zwischen den Beteiligten ist die erneute Gewährung einer Verletztenrente aufgrund einer geltend gemachten Verschlimmerung der Unfallfolgen streitig.
Der 1956 geborene Kläger italienischer Staatsangehörigkeit hat keinen Beruf erlernt, ist 17jährig nach Deutschland ausgewandert und lebt seit 1978 in St., wo er seit 1995 bei der Müllabfuhr beschäftigt war. Seit 2010 ist er in die Kantine versetzt worden, wo er nach wie vor vollschichtig arbeitet. Der Kläger ist verheiratet und hat zwei erwachsene Kinder sowie mittlerweile drei Enkelkinder.
Am 26. September 2006 verdrehte sich der Kläger beim Herausziehen eines 50 kg schweren Containers über eine Treppe den rechten Arm nach außen. Nach Beendigung der Arbeit stellte er sich am Folgetag bei dem Unfallchirurg Dr. N. vor, der eine Zerrung der rechten Schulter diagnostizierte, zu deren Behandlung er Salbeneinreibung, Eisumschläge und physikalische Therapie verordnete. Nachdem die geäußerten Beschwerden für Dr. N. nicht nachvollziehbar waren, er insbesondere die verlangte Verlängerung der Arbeitsunfähigkeit über den 6. Oktober 2006 hinaus nicht begründen könne, überwies er den Kläger zur weiteren diagnostischen Abklärung in das K.-O.-Krankenhaus, wo am 10. November 2006 eine Arthroskopie des rechten Schultergelenks mit subacrominaler Dekompression sowie der Naht der Supraspinatussehne durchgeführt wurde (ZwischenbE.t vom 30. Januar 2007). Am 15. November 2006 wurde der Kläger aus der stationären Behandlung bei voraussichtlich bestehender Arbeitsunfähigkeit für zwei bis vier Wochen entlassen. Am 26. Februar 2007 wurde nach intensiver Physiotherapie eine Arbeitsbelastungserprobung eingeleitet, welche anfangs scheiterte. Bis zum 22. Mai 2007 wurde zunächst Verletztengeld ausbezahlt. Vom 7. Mai bis 21. Mai 2007 hatte der Kläger bezahlten Urlaub bzw. arbeitete, wurde dann ab 22. Mai 2007 erneut krankgeschrieben (Vermerk vom 4. Juli 2007).
Nach Beiziehung des Operationsberichts sowie weiterer MRT-Untersuchungsbefunde veranlasste die Beklagte eine unfallchirurgische Zusammenhangsbegutachtung. Prof. Dr. W. führte in seinem Gutachten vom 22. August 2007 aus, das Ereignis habe lediglich zu einer Zerrung der Schulter, aber nicht Verletzung der Rotatorenmanschette geführt. Dafür fehlten insbesondere in den unfallzeitpunktnahen angefertigten Kernspinbildern die typischen Befunde für eine frische Verletzung der Rotatorenmanschette. Der Kläger habe auf Nachfrage eingeräumt, dass er schon vor dem in Rede stehenden Ereignis Schmerzen im Bereich der rechten Schulter gehabt habe. Er könne den rechten Arm bis ca. 120 Grad aktiv vorwärts anheben, seitwärts bis ca. 100 Grad. Eine Atrophie der Schulterkappenmuskulatur sei nicht erkennbar. Durchblutung, Motorik und Sensibilität seien unauffällig. Bei der Prüfung der Rotatorenmanschetten-Tests gebe der Kläger keine wesentlichen Schmerzen an, allerdings fände sich gegen Widerstand eine Kraftminderung. Das Impingement-Zeichen sei positiv angedeutet. Die überfallsartige Krafteinleitung in den rechten Arm erfülle die Einschätzung als Unfallereignis, die dann zur Zerrung der rechten Schulter geführt habe. Behandlungsbedürftigkeit und Arbeitsunfähigkeit aufgrund der Unfallfolgen seien bis zum 10. November 2006 anzunehmen.
Mit Bescheid vom 20. November 2007 anerkannte die Beklagte den Unfall vom 26. September 2006 als Versicherungsfall (Arbeitsunfall) und lehnte die Gewährung einer Rente mit der Begründung ab, die Erwerbsfähigkeit sei nicht im rentenberechtigenden Grade über die 26. Woche nach dem Versicherungsfall hinaus (27. März 2007) gemindert. Als Unfallfolge werde eine Schulterzerrung rechts mit einer Behandlungsbedürftigkeit und Arbeitsunfähigkeit bis zum 9. November 2006 anerkannt, während der diagnostizierte Supraspinatus-Sehnenriss rechts mit dem Unfallereignis in keinem ursächlichen Zusammenhang stehe, sondern auf vorbestehende verschleißbedingte Veränderungen im rechten Schultergelenk zurückzuführen sei. Der dagegen eingelegte Widerspruch blieb erfolglos (Widerspruchsbescheid vom 27. Februar 2008).
Vom 13. August bis 1. September 2007 führte der Kläger eine ambulante Rehabilitation im ZAR in St. durch, aus welcher er aufgrund der diagnostizierten Defizite des rechten Schultergelenks als arbeitsunfähig entlassen wurde. Es imponiere eine recht eloquente mediterrane Beschwerdeschilderung. Eine wesentliche Verschmächtigung der Schultergürtelmuskulatur bestehe ebenso wenig wie eine wesentliche Seitendifferenz. Die aktive Elevation gelinge bis 100 Grad, die Abduktion bis 90 Grad bei passiv deutlich gebesserter Beweglichkeit, wenngleich der Kläger Schmerzen bei annähernd jeder Bewegung und Palpation äußere. Der Kläger wirke weiterhin recht beschwerdefixiert und sehe sich in seinem Beruf als Arbeiter nicht einsatzfähig.
Im Rahmen des dagegen angestrengten Klageverfahrens (S 13 U 2364/08) beim SozialgE.t Stuttgart (SG) wurde der Kläger nach Beiziehung verschiedener ärztlicher Befunde auf eigenes Kostenrisiko nach § 109 Sozialgerichtsgesetz (SGG) durch Dr. H. begutachtet.
In seinem Gutachten aufgrund der ambulanten Untersuchung vom 20. November 2009 führte Dr. H. vom K.-O.-Krankenhaus aus, es bestehe noch eine schmerzhafte aktive und geringer ausgeprägte schmerzhafte passive Bewegungseinschränkung der rechten Schulter bei Kraftverlust und außergewöhnlicher Schmerzsymptomatik. Das plötzliche Rückwärtsreißen des rechten Armes bedingt durch den überraschenden Effekt ohne jede muskuläre Vorspannung sei nach einhelliger Meinung geeignet, eine partielle oder auch komplette Ruptur der Supraspinatussehne zu bewirken. Zur Beurteilung könne nicht alleine auf den Befund der Kernspintomographie verwiesen werden, zumal die Qualität dieser Untersuchung doch sehr stark schwanke und die Frage, ob ein Riss ganz oder teilweise unfallbedingt entstanden sei, nur mithilfe klinischer und anamnestischer Parameter entschieden werden könne. Beim Kläger lägen sicherlich in Anbetracht seines Lebensalters wie der über Jahre hinweg ausgeübten sehr schweren körperlichen Arbeit degenerative Veränderungen vor, auch habe er gelegentlich über Schulterschmerzen geklagt, sei deswegen aber nicht öfter arbeitsunfähig gewesen. Aus seiner Sicht sei auch ein Zusammenhang zu der außergewöhnlichen Schmerzsymptomatik eindeutig gegeben. Die Minderung der Erwerbsfähigkeit (MdE) schätze er bis Dezember 2007 mit 50 vom Hundert (v. H.), danach bis zum 17. Januar 2010 auf 20 v. H. und anschließend nur noch mit 10 v. H.
Vom 29. Juli bis 29. August 2009 führte der Kläger ein stationäres Heilverfahren zulasten der Deutschen Rentenversicherung in der Rheintal-Klinik Bad Krozingen durch, aus der er ebenfalls mit im Vordergrund stehendem Impingement-Syndrom des rechten Schultergelenks als arbeitsunfähig entlassen wurde. Aufgrund längerer Arbeitsunfähigkeitszeit und damit zusammenhängender allgemeiner Verunsicherung leide der Kläger unter rezidivierenden depressiven Verstimmungen, außerdem Schlaflosigkeit. Das stationäre Heilverfahren sei aufgrund einer posttraumatischen Schultersteife rechts durchgeführt worden. Im Juni 2009 sei der Kläger durch die Krankenkasse ausgesteuert worden, die Wiederaufnahme der bisherigen Tätigkeit sei nicht leidensgerecht, eine innerbetriebliche Umsetzung müsse geprüft werden.
Nachdem Beratungsarzt Dr. E. die gutachterliche Einschätzung von Dr. H. hinsichtlich der Ursächlichkeit des Unfalls für die Supraspinatussehnen-Ruptur teilte, der Kläger sich am 15. April 2010 in der Schmerzambulanz des K.-O.-Krankenhauses mit nunmehr deutlich eingeschränkten Bewegungsausmaßen des rechten Schultergelenks (Elevation bis maximal 70 Grad möglich) vorstellte und die Beklagte noch die Auflistung der Arbeitszeiten bei der Abfallwirtschaft St. erfragte (Bl. 277 ff. V-Akte), schlossen die Beteiligten am 7. Dezember 2010 einen verfahrensbeendenden Vergleich. Danach verpflichtete sich die Beklagte dem Kläger ab 4. Februar 2008, dem Tag nach Ende der ersten Arbeitsunfähigkeit nach dem Unfall, bis zum 17. Januar 2010 eine befristete Verletztenrente als Rente auf unbestimmte Zeit nach einer MdE von 20 v. H. unter Anerkennung der Unfallfolgen eines Teilrisses der Supraspinatussehne rechts zu gewähren. Demgegenüber seien die Kopfschmerzen durch Wirbelsäulenbeschwerden verursacht und die depressive Verstimmung ebenfalls nicht Unfallfolge. In Ausführung des Vergleichs erließ die Beklagte am 16. Dezember 2010 einen Ausführungsbescheid über die befristete Rente, der Nachzahlungsbetrag betrug 10.814,09 EUR.
Am 24. Juli 2011 beantragte der Kläger die erneute Feststellung wegen Verschlimmerung der Unfallfolgen (weitere Funktionseinschränkungen und intensivere Schmerzen).
Auf Nachfrage der Beklagten teilte PD Dr. S. vom K.-O.-Krankenhaus mit, die Verordnung der letzten Monate, hauptsächlich Physiotherapie betreffend, habe sich primär auf ein vorhandenes Schulter-Arm-Syndrom degenerativer Genese bezogen. Der Teilriss der Supraspinatussehne stehe aktuell nicht im Vordergrund.
Die Beklagte veranlasste eine erneute Begutachtung des Klägers. Der Chirurg Dr. Sch. führte nach Untersuchung vom 6. Oktober 2011 aus, es bestünde eine mäßige Atrophie im Bereich der Schulterkappenmuskulatur sowie im Bereich des Ober- und Untergrätenmuskels. Alle Bereiche würden bei Betastung als schmerzhaft angegeben, aktiv könne der Arm unter Schmerzangabe seitwärts bis 70 Grad geführt werden, nach vorn bis 60 Grad, das Rückwärtsführen sei bis 20 Grad möglich, das Auswärtsdrehen bis 20 Grad. Im Vergleich zum Vorgutachten bestehe eine deutliche Befundverschlechterung in Beweglichkeit und Schmerzsymptomatik. Die MRT-Untersuchung vom 3. November 2011 belege, dass der unfallbedingte Teileinriss der Supraspinatussehne erfolgreich habe rekonstruiert werden können, ein Teileinriss oder eine Reruptur sei nicht erkennbar. Die funktionelle Verschlechterung der rechten Schulter und das muskuläre Defizit seien demnach dem Fortschreiten der degenerativen (unfallabhängigen) Veränderungen geschuldet. Hinzu käme als negativer Faktor die seit fast drei Jahren bestehende, behandlungsbedürftige depressive Verstimmung, die sich negativ auf das willentliche Einsetzen des rechten Armes, auch mal über eine Schmerzgrenze hinaus, auswirke. Es sei somit eine wesentliche Änderung der Verhältnisse eingetreten, die jedoch nicht mit der erforderlichen Wahrscheinlichkeit den Unfallfolgen zugeordnet werden könne. Die unfallbedingte MdE liege nach wie vor bei 10 v. H. In dem nervenärztlichen Zusatzgutachten aufgrund der Untersuchung vom 26. März 2012 führte der Neurologe und Psychiater Dr. P. aus, das C5-Syndrom bei degenerativen HWS-Veränderungen bereite zusätzlich Schmerzen in die rechte Schulter und in den Arm ausstrahlend, aber auch im Nackenbereich. Das würde verstärkt durch die deutliche Überlagerung der psychosomatischen Beschwerden mit einer deutlichen Aggravation, aber auch einer somatisierten Depression, die nicht unfallursächlich sei. Auffällig sei, dass der Kläger sehr deutlich den rechten Arm hängen lasse und nicht bewege, selbst kleinen Aufforderungen dazu nicht nachkomme, dann aber bei der Beschwerdeschilderung seiner Schmerzen zumindest gestikulierend den Arm mitbenutze.
Mit Bescheid vom 19. Juni 2012 lehnte die Beklagte die Gewährung einer Verletztenrente über den bereits gewährten Zeitraum mit der Begründung ab, im Vergleich zu dem Zusammenhangsgutachten von Prof. Dr. W. wie dem Gerichtsgutachten von Dr. H. sei in den Unfallfolgen keine wesentliche Änderung dahingehend eingetreten, dass eine MdE im rentenberechtigenden Grade vorliege und nunmehr eine Rente zu gewähren sei. Vielmehr seien die funktionelle Verschlechterung und das muskuläre Defizit auf degenerative, unfallunabhängige Veränderungen im Schulterbereich rechts zurückzuführen; ebenso sei die behandlungsbedürftige depressive Verstimmung nicht unfallbedingt.
Auf den Widerspruch des Klägers ließ die Beklagte ihn psychiatrisch begutachten. Dr. A. führte in seinem Gutachten aufgrund der Untersuchung vom 25. Februar 2014 aus, er leide an einer somatoformen Schmerzverarbeitungsstörung (ICD-10 F 45.4 G), einem mittelschweren depressiven chronifizierten Syndrom (ICD-10 F 32.1 G) sowie einer Persönlichkeitsänderung bei chronischem Schmerzsyndrom mit langwierigem Verlauf (ICD-10 F 62.8 G). Zeitlich nach dem Unfall habe er zwar im Sinne einer Auseinandersetzungsstörung psychische Beschwerden entwickelt, die jedoch unfallrechtlich nicht mit dem Unfallereignis in unmittelbarem Zusammenhang stünden, vielmehr dem allgemeinen Lebensrisiko zuzuordnen seien. Eine unfallbedingte MdE für psychische Störungen lasse sich daher nicht ableiten. Mit Widerspruchsbescheid vom 24. Juni 2014 wies die Beklagte daraufhin den Widerspruch als unbegründet zurück.
Auch hiergegen hat der Kläger die hier streitgegenständliche Klage beim SG erhoben, zu deren Begründung er vorgetragen hat, er habe bis zum Unfall beschwerdefrei seine körperlich schwere Tätigkeit als Müllmann ausüben können. Nunmehr sei er nur mit äußersten Einschränkungen in der Lage, leichte körperliche Tätigkeiten auszuführen, die ihm sein Arbeitgeber bei deutlichem Gehaltsverlust zugewiesen habe. Auch seine behandelnden Ärzte sähen eine unfallbedingte Verschlimmerung.
Zur weiteren Aufklärung des Sachverhaltes hat das SG den Kläger erneut nach § 109 SGG begutachten lassen. Dr. H., Oberarzt der Klinik für Orthopädie und Unfallchirurgie des Klinikums St., hat in seinem Gutachten aufgrund der Untersuchung vom 18. Juni 2015 und eines weiteren MRT vom 16. Juli 2015 ausgeführt, bei der Untersuchung der Schultergelenke finde sich kein Hinweis auf Instabilität oder Laxizität der Rotatorenmanschette. Die Supraspinatussehne sei in ihren kompletten Kontinuität durchgängig, jedoch ausgedünnt. Insgesamt sei es im Vergleich zum Vorgutachten zu einer deutlichen Verschlechterung der Beweglichkeit und der Funktion der rechten Schulter gekommen, die jedoch nicht auf die Folgen des Arbeitsunfalls allein zurückgeführt werden könne. postoperativ habe beim Kläger drei Jahre lang eine nur gering eingeschränkte Beweglichkeit des rechten Schultergelenks bestanden, die Verschlechterung sei erst im weiteren Verlauf aufgetreten. Diese sei vorwiegend den degenerativen Veränderungen an der HWS und der rechten Schulter geschuldet. Die Kompression der Nervenwurzel C4 rechts führe typischerweise zu Schmerzen im Bereich der rechten Schulter und auch einer möglichen Funktionseinschränkung. In der Regel komme es postoperativ bei einer Rotatorenmanschettenruptur zunächst zu einer deutlichen Bewegungseinschränkung, die sich jedoch im Regelfall in den ersten sechs bis zwölf Monaten wieder bessere. Die unfallbedingte MdE betrage nach wie vor 10 v. H.
Nach Anhörung des Klägers in der mündlichen Verhandlung vom 29. April 2016 hat das SG die Klage mit der Begründung abgewiesen, sämtliche Gutachter seien unabhängig voneinander, aber im Ergebnis übereinstimmend unter Berücksichtigung der auch im gerichtlichen Vergleich festgestellten unfallunabhängigen Gesundheitsstörungen im Schulter- und Wirbelsäulenbereich zum Ergebnis gekommen, dass die Unfallfolgen lediglich mit einer MdE um 10 v. H. einzuschätzen seien, weil die Funktionseinschränkungen nur anteilig auf den Unfallfolgen beruhten und diese sich mit den unfallunabhängigen, degenerativen Gesundheitsstörungen überschneiden würden. Dies habe zuletzt Dr. H. bestätigt. Auch weitere Unfallfolgen auf nervenärztlichem Gebiet lägen nicht vor.
Gegen das am 3. Mai 2016 zugestellte Urteil hat der Kläger am 1. Juni 2016 Berufung mit der Begründung eingelegt, die Unterscheidung zwischen unfallbedingten und degenerativen Veränderungen könne objektiv nicht getroffen werden. Ärztlicherseits könnten nur Veränderungen festgestellt werden. Ob diese unfall- oder altersbedingt seien, beruhe allein auf der Einschätzung der Mediziner und könne objektiv nicht belegt werden. Tatsache sei, dass er bis zu dem Arbeitsunfall beschwerdefrei und seitdem ununterbrochen in medizinischer Behandlung sei, hohe Arbeitsunfähigkeitszeiten aufweise und mehrere Kuraufenthalte absolviert habe. Dennoch hätten sich seine Beschwerden erheblich verschlechtert. Der Einschätzung der behandelnden Ärzte müsse der Vorzug gegeben werden, da sie mit seiner Krankheitsgeschichte intensiv vertraut seien.
Der Kläger beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Stuttgart vom 29. April 2016 und den Bescheid vom 19. Juni 2012 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 24. Juni 2014 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, ihm wegen der Folgen des Arbeitsunfalls vom 26. September 2006 ab 2. August 2011 eine Rente auf unbestimmte Zeit nach einer Minderung der Erwerbsfähigkeit um 20 v. H. zu gewähren.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie erachtet die erstinstanzliche Entscheidung in Auswertung der übereinstimmenden und schlüssigen Bewertungen aller Gutachter für zutreffend.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhaltes und des Vorbringens der Beteiligten wird auf die Gerichtsakten erster und zweiter Instanz sowie die von der Beklagten vorgelegten Verwaltungsakte verwiesen.
Entscheidungsgründe:
Die form- und fristgerecht (§ 151 Abs. 1 SGG) eingelegte Berufung des Klägers ist nach § 143 SGG statthaft, insbesondere war sie nicht nach § 144 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 SGG zulassungsbedürftig, da er eine Rente auf unbestimmte Zeit und damit laufende Sozialleistungen für mehr als ein Jahr (§ 144 Abs. 1 Satz 2 SGG) begehrt. Die kombinierte Anfechtungs- und Leistungsklage (§ 54 Abs. 1 und 4 SGG.), mit welcher der Kläger die Beseitigung der Verwaltungsentscheidungen und Verurteilung der Beklagten zur Gewährung einer Verletztenrente begehrt, ist unbegründet.
Der Rechtsstreit ist entscheidungsreif; die behandelnden Ärzte PD Dr. S. und Dr. H. vom K.-O. Krankenhaus wurden von der Beklagten bereits gehört, was der Senat deren Auskunft (Bl. 353 V- Akte) entnimmt. Welcher Erkenntniswert von einer erneuten Befragung des Dr. H. zu erwarten und was noch genau aufzuklären ist, hat der Kläger nicht ansatzweise aufgezeigt. Dass das Gutachten des Dr. H. wesentlich zum damaligen Vergleichsabschluss beigetragen hat, genügt dafür jedenfalls nicht.
Verfahrensrechtlich wirkt sich der Vergleich insoweit aus, dass dadurch Unfallfolgen bindend festgestellt und die anderen bestandskräftig ausgeschlossen sind (vgl. zum folgenden auch Urteil des Senats vom 20. Oktober 2016 – L 6 U 4632/13). Denn ein Vergleichsvertrag setzt nach § 54 Abs. 1 SGB X (gleichermaßen nach § 779 BGB) eine Ungewissheit über die Sach- oder Rechtslage voraus, wird insbesondere auf einer unsicheren Tatsachen- oder Beurteilungsbasis geschlossen. Die Parteien stellen eine gewisse Bandbreite möglicher Umstände in ihre Entscheidung über einen Vergleichsschluss ein. Sofern sie einen gerichtlichen Vergleich schließen, verzichten sie damit auch auf weitere Ermittlungen des Gerichts und eine gerichtliche Feststellung der bestehenden Umstände. Wenn hiernach eine spätere, rückwirkende Abänderung des Vergleichs nicht nach §§ 44, 45 SGB X allein möglich ist, sondern nur unter den weitergehenden Voraussetzungen des § 59 Abs. 1 SGB X, dann sind auch bei einer späteren Abänderung für die Zukunft nach § 48 Abs. 1 SGB X der notwendige Vergleichsmaßstab diejenigen Umstände, welche die Beteiligten übereinstimmend dem Vergleich zu Grunde gelegt haben. Haben sich z.B. die Beteiligten wie hier darauf geeinigt, welche Gesundheitsfolgen unfallursächlich sind, so ist diese Feststellung für die Beteiligten bindend (vgl. LSG Baden-Württemberg, Urteil vom 9. Juni 2011 – L 10 R 3494/08 –, juris, Rz. 32). Aus diesem Grunde kann eine Verschlechterung nur in nicht bestandskräftig ausgeschlossenen Unfallfolgen, also nur wegen des Teileinrisses der Supraspinatussehne rechts, nicht aber wegen Depression oder anderweitiger Schmerzen, geltend gemacht werden. Es kommt also nicht darauf an, ob der Kläger mittlerweile psychosomatische Beschwerden, wie sie Dr. P. beschreibt, oder gar das von Dr. A. diagnostizierte depressive Syndrom herausgebildet hat. Diese Unfallfolgen sind im Vergleichswege ausgeschlossen worden, können deswegen im Wege der Verschlechterung nicht angeführt werden. Nur abschließend weist der Senat darauf hin, dass bereits der fehlende erforderliche zeitliche Zusammenhang gegen eine Unfallkausalität spricht, worauf auch Dr. A. und Dr. H. hingewiesen haben.
Anspruchsgrundlage für die begehrte Rentengewährung ist § 56 Abs. 1 Satz 1 SGB VII. Danach haben Versicherte, deren Erwerbsfähigkeit infolge eines Versicherungsfalls - hier eines Arbeitsunfalls - über die 26. Woche nach dem Versicherungsfall hinaus um wenigstens 20 v. H. gemindert ist, Anspruch auf Rente. Ist die Erwerbsfähigkeit infolge mehrerer Versicherungsfälle gemindert und erreichen die Vomhundertsätze zusammen wenigstens die Zahl 20, besteht für jeden, auch für einen früheren Versicherungsfall, Anspruch auf Rente (§ 56 Abs. 1 Satz 2 SGB VII). Die Folgen eines Versicherungsfalls sind nur zu berücksichtigen, wenn sie die Erwerbsfähigkeit um wenigstens 10 v. H. mindern (§ 56 Abs. 1 Satz 3 SGB VII). Den Versicherungsfällen stehen gleich Unfälle oder Entschädigungsfälle nach den Beamtengesetzen, dem Bundesversorgungsgesetz, dem Soldatenversorgungsgesetz, dem Gesetz über den zivilen Ersatzdienst, dem Gesetz über die Abgeltung von Besatzungsschäden, dem Häftlingshilfegesetz und den entsprechenden Gesetzen, die Entschädigung für Unfälle oder Beschädigungen gewähren (§ 56 Abs. 1 Satz 4 SGB VII).
Die MdE richtet sich nach dem Umfang der sich aus der Beeinträchtigung des körperlichen und geistigen Leistungsvermögens ergebenden verminderten Arbeitsmöglichkeiten auf dem gesamten Gebiet des Erwerbslebens (§ 56 Abs. 2 Satz 1 SGB VII). Um das Vorliegen der MdE beurteilen zu können, ist zunächst zu fragen, ob das aktuelle körperliche oder geistige Leistungsvermögen beeinträchtigt ist. In einem zweiten Schritt ist zu prüfen, ob und in welchem Umfang dadurch die Arbeitsmöglichkeiten der versicherten Person auf dem gesamten Gebiet des Erwerbslebens vermindert werden. Die Bemessung des Grades der MdE erfolgt als Tatsachenfeststellung des Gerichts, die dieses gemäß § 128 Abs. 1 Satz 1 SGG nach seiner freien, aus dem Gesamtergebnis des Verfahrens gewonnenen Überzeugung trifft (BSG, Urteil vom 18. Januar 2011 - B 2 U 5/10 R -, juris, Rz. 16 m. w. N.). Die zur Bemessung der MdE in Rechtsprechung und Schrifttum herausgearbeiteten Erfahrungssätze sind dabei zu beachten. Sie sind zwar nicht für die Entscheidung im Einzelfall bindend, bilden aber die Grundlage für eine gleiche und gerechte Bewertung der MdE in zahlreichen Parallelfällen der täglichen Praxis und unterliegen ständigem Wandel (BSG, Urteil vom 22. Juni 2004 - B 2 U 14/03 R -, BSGE 93, 63).
Die Einschätzung der MdE setzt voraus, dass der Arbeitsunfall beim Kläger eine Beeinträchtigung des Leistungsvermögens hervorgerufen hat, entweder durch einen unfallbedingten Gesundheitserst- oder einen damit im Ursachenzusammenhang stehenden Gesundheitsfolgeschaden.
Die unfallversicherungsrechtliche Zurechnung setzt erstens voraus, dass die Verrichtung der versicherten Tätigkeit den Schaden, gegebenenfalls neben anderen konkret festgestellten unversicherten (Wirk-)Ursachen, objektiv (mit-)verursacht hat. Für Einbußen der Verletzten, für welche die versicherte Tätigkeit keine (Wirk-)Ursache war, besteht schlechthin kein Versicherungsschutz und haben die Trägerinnen der gesetzlichen Unfallversicherung nicht einzustehen. (Wirk-)Ursachen sind nur solche Bedingungen, die erfahrungsgemäß die in Frage stehende Wirkung ihrer Art nach notwendig oder hinreichend herbeiführen. Insoweit ist Ausgangspunkt der Zurechnung die naturwissenschaftlich-philosophische Bedingungstheorie, nach der schon jeder beliebige Umstand als notwendige Bedingung eines Erfolges gilt, der nicht hinweggedacht werden kann, ohne dass der Erfolg entfiele ("conditio sine qua non"). Im Recht der gesetzlichen Unfallversicherung muss eine versicherte Verrichtung, die im Sinne der "Conditio-Formel" eine erforderliche Bedingung des Erfolges war, darüber hinaus in seiner besonderen tatsächlichen und rechtlichen Beziehung zu diesem Erfolg stehen. Sie muss (Wirk-)Ursache des Erfolges gewesen sein, muss ihn tatsächlich mitbewirkt haben und darf nicht nur eine im Einzelfall nicht wegdenkbare zufällige Randbedingung gewesen sein.
Ob die versicherte Verrichtung eine (Wirk-)Ursache für die festgestellte Einwirkung und die Einwirkung eine (Wirk-)Ursache für den Gesundheitserstschaden (oder den Tod) war, ist eine rein tatsächliche Frage. Sie muss aus der nachträglichen Sicht ("ex P.") nach dem jeweils neuesten anerkannten Stand des Fach- und Erfahrungswissens über Kausalbeziehungen, gegebenenfalls unter Einholung von Sachverständigengutachten, beantwortet werden (vgl. dazu BSG, Urteil vom 24. Juli 2012 - B 2 U 9/11 R -, SozR 4-2700 § 8 Nr. 44, Rz. 61 ff.).
Eine Verrichtung ist jedes konkrete Handeln von Verletzten, das objektiv seiner Art nach von Dritten beobachtbar und subjektiv, also jedenfalls in laienhafter Sicht, zumindest auch auf die Erfüllung des Tatbestandes der jeweiligen versicherten Tätigkeit ausgerichtet ist. Als objektives Handeln der Verletzten kann es erste Ursache einer objektiven Verursachungskette sein. Diese kann über die Einwirkung auf den Körper, über Gesundheitserstschäden oder den Tod hinaus bis zu unmittelbaren oder im Sinne von § 11 SGB VII, der für die zweite Prüfungsstufe andere Zurechnungsgründe als die Wesentlichkeit regelt, mittelbaren Unfallfolgen sowie auch zur MdE reichen, derentwegen das SGB VII mit der Rente ein Leistungsrecht vorsieht (vgl. BSG, a. a. O., Rz. 31).
Erst wenn die Verrichtung, die möglicherweise dadurch verursachte Einwirkung und der möglicherweise dadurch verursachte Erstschaden festgestellt sind, kann und darf auf der ersten Prüfungsstufe der Zurechnung, also der objektiven Verursachung, über die tatsächliche Kausalitätsbeziehung zwischen der Verrichtung und der Einwirkung mit dem richterlichen Überzeugungsgrad mindestens der Wahrscheinlichkeit entschieden werden. Es geht hierbei ausschließlich um die rein tatsächliche Frage, ob und gegebenenfalls mit welchem Mitwirkungsanteil die versicherte Verrichtung, gegebenenfalls neben anderen konkret festgestellten unversicherten (Wirk-)Ursachen, eine (Wirk-)Ursache der von außen kommenden, zeitlich begrenzten Einwirkung auf den Körper von Versicherten war (vgl. BSG, a. a. O., Rz. 32).
Zweitens muss der letztlich durch die versicherte Verrichtung mitbewirkte Schaden rechtlich auch unter Würdigung unversicherter Mitursachen als Realisierung einer in den Schutzbereich der begründeten Versicherung fallenden Gefahr, eines dort versicherten Risikos, zu bewerten sein. Denn der Versicherungsschutz greift nur ein, wenn sich ein Risiko verwirklicht hat, gegen das die jeweils begründete Versicherung Schutz gewähren soll (vgl. BSG, a. a. O., Rz. 33).
Wird auf der ersten Stufe die objektive (Mit-)Verursachung bejaht, indiziert dies in keiner W. die auf der zweiten Stufe der Zurechnung rechtlich zu gebende Antwort auf die Rechtsfrage, ob die Mitverursachung der Einwirkung durch die versicherte Verrichtung unfallversicherungsrechtlich rechtserheblich, also wesentlich, war. Denn die unfallversicherungsrechtliche Wesentlichkeit der (Wirk-)Ursächlichkeit der versicherten Verrichtung für die Einwirkung muss eigenständig rechtlich nach Maßgabe des Schutzzweckes der jeweils begründeten Versicherung beurteilt werden (vgl. BSG, a. a. O., Rz. 34). Sie setzt rechtlich voraus, dass der Schutzbereich und der Schutzzweck der jeweiligen durch die versicherte Verrichtung begründeten Versicherung durch juristische Auslegung des Versicherungstatbestandes nach den anerkannten Auslegungsmethoden erkannt werden. Insbesondere ist festzuhalten, ob und wie weit der Versicherungstatbestand gegen Gefahren aus von ihm versicherten Tätigkeiten schützen soll (vgl. hierzu BSG, Urteil vom 15. Mai 2012 – B 2 U 16/11 R -, SozR 4-2700 § 2 Nr. 21, Rz. 21 ff.). Nur wenn beide Zurechnungskriterien bejaht sind, erweist sich die versicherte Verrichtung als wesentliche Ursache (vgl. BSG, Urteil vom 24. Juli 2012 - B 2 U 9/11 R -, SozR 4-2700 § 8 Nr. 44, Rz. 37).
Diese Voraussetzungen müssen für jeden einzelnen Gesundheitserstschaden erfüllt sein. Ein solcher ist jeder abgrenzbare Gesundheitsschaden, der unmittelbar durch eine versicherte Einwirkung objektiv und rechtlich wesentlich verursacht wurde, die durch ein- und dieselbe versicherte Verrichtung objektiv und rechtlich wesentlich verursacht wurde. Es handelt sich also um die ersten voneinander medizinisch abgrenzbaren Gesundheitsschäden, die infolge ein- und derselben versicherten Verrichtung eintreten (vgl. BSG, Urteil vom 24. Juli 2012 - B 2 U 9/11 R -, juris, Rz. 39).
Hinsichtlich des Beweismaßstabes gilt für die Beweiswürdigung bei der Tatsachenfeststellung, dass die Tatsachen, die solche Gesundheitsschäden erfüllen, im Grad des Vollbeweises, also mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit, für das GE.t feststehen müssen. Demgegenüber genügt für den Nachweis der naturphilosophischen Ursachenzusammenhänge zwischen der versicherten Einwirkung und einem Gesundheitserstschaden sowie zwischen einem Gesundheitserst- und einem Gesundheitsfolgeschaden der Grad der (hinreichenden) Wahrscheinlichkeit, nicht allerdings die Glaubhaftmachung und erst Recht nicht die bloße Möglichkeit (vgl. BSG, Urteile vom 2. April 2009 - B 2 U 29/07 R -, juris, Rz. 16 und 31. Januar 2012 - B 2 U 2/11 R -, juris, Rz. 17).
Das Bestehen einer Beeinträchtigung des körperlichen und geistigen Leistungsvermögens muss ausgehend von konkreten Funktionseinbußen beurteilt werden. Soweit die MdE sich nicht ausnahmsweise unmittelbar aus den Unfallfolgen erschließt, bilden festgestellte und eindeutig nach gängigen Diagnosesystemen konkret zu bezeichnende Krankheiten (vgl. BSG, Urteil vom 9. Mai 2006 - B 2 U 1/05 R -, BSGE 96, 196) die Tatsachengrundlage, von der ausgehend die Beeinträchtigung des körperlichen oder seelischen Leistungsvermögens auf dem Gebiet des gesamten Erwerbslebens zu beurteilen ist (BSG, Urteil vom 18. Januar 2011 - B 2 U 5/10 R -, juris, Rz. 17 m. w. N.).
Am Unfalltag griff der Kläger während der Ausübung seiner beruflichen Tätigkeit als angestellter Müllwerker und bei einer damit nach § 2 Abs. 1 Nr. 1 SGB VII versicherten Verrichtung mit plötzlichem Rückwärtsreißen des rechten Arms, um das Wegrutschen des Müllcontainers zu verhindern, wodurch es zum anerkannten Teileinriss der rechten Supraspinatussehne kam.
Durch die Unfallfolgen im Bereich der linken Schulter ist es zu Funktionseinschränkungen gekommen, die nach Auffassung des Senats nach wie vor keine höhere MdE als 10 v. H. rechtfertigen. Zwar ist es mittlerweile unstreitig zu einer Verschlechterung der Bewegungsmaße aufgrund des muskulären Defizits wie der Zunahme der Schmerzsymptomatik, die eine ständige Mitbehandlung erfordert, gekommen, dies kann aber nicht mit der erforderlichen Wahrscheinlichkeit auf das Unfallereignis zurückgeführt werden.
Der Senat stützt sich insoweit auf die übereinstimmenden Einschätzungen des gerichtlichen Sachverständigen Dr. H. wie der Auskunft des PD. Dr. S. und der von der Beklagten beauftragten Gutachter Dr. Sch., Dr. P. und Dr. A., die er jeweils im Wege des Urkundsbeweises verwertet hat.
Danach ist der Teileinriss der rechten Supraspinatussehne weitgehend folgenlos abgeheilt, was sich insbesondere in dem MRT vom 3. November 2011 gezeigt hat, welches eine erfolgreiche Rekonstruktion der Supraspinatussehne zeigt, die noch 2015 zwar ausgedünnt, aber durchgängig ist. Insbesondere ein Teileinriss oder eine Reruptur war im bildgebenden Material nicht zu erkennen. Der Heilungsverlauf ist nach Einschätzung des gerichtlichen Sachverständigen Dr. H. sogar typisch für die beim Kläger anerkannte Unfallfolge. Denn die deutliche Bewegungseinschränkung bildet sich im Regelfall nach spätestens zwölf Monaten zurück, die Einschränkungen sind daher nur postoperativ für einen begrenzten Zeitraum zu verzeichnen, der im Falle des Klägers dann auch zu der - zutreffenden - Zuerkennung der Zeitrente geführt hat. Die übereinstimmende Schlussfolgerung sämtlicher Ärzte, dass die nunmehr aufgetretene funktionelle Verschlechterung der rechten Schulter auf dem Voranschreiten der degenerativen Prozesse beruht, war somit für den Senat schlüssig und nachvollziehbar. Deswegen haben die behandelnden Ärzte vom K.-O. Krankenhaus die zur Behandlung erforderliche Physiotherapie auch zu Lasten der gesetzlichen Krankenkasse durchgeführt, weil der Teilriss der Supraspinatussehne "aktuell nicht im Vordergrund steht". Zuletzt das MRT vom 16. Juli 2015 hat gezeigt, das an der rechten Schulter eine deutliche, unfallunabhängige Tendinitis der langen Bizepssehne sowie ein Knorpelschaden am Glenoid vorliegt, was nach Einschätzung von Dr. H. degenerativer Natur ist. Auch das postoperativ lange Intervall von drei Jahren mit nur gering eingeschränkter Beweglichkeit spricht gegen eine Unfallursächlichkeit der Verschlimmerung, was der Senat dem Gutachten des Dr. H. entnimmt. Aus dem Attest des Dr. H. vom 12. Dezember 2014 ergibt sich nichts anderes, es wird lediglich die bekannte Verschlimmerung der Beschwerden dargelegt, aber nichts zur Frage, ob und vor allem warum diese unfallursächlich sein soll. Dies hätte einer Auseinandersetzung mit den Vorgutachten bzw. den damals erhobenen Befunden bedurft, dieser Aktenkenntnis ermangelte es aber naturgemäß dem behandelnden Arzt. Die bloße Möglichkeit genügt nicht der Verurteilungswahrscheinlichkeit.
Vor diesem Hintergrund haben sich die unfallbedingten Funktionseinschränkungen des Klägers von der Zeit des Vergleichsschlusses im Dezember 2010 bis jetzt - auf diesen Zeitpunkt kommt es im Rahmen einer Leistungsklage an - nicht in einer Weise verändert, dass gegenüber der damals vereinbarten MdE von 10 v.H. nunmehr eine um mehr als 10 Prozentpunkte höhere MdE, also von mindestens 20 v.H., anzunehmen wäre. Da die erforderliche MdE von 20 v. H., wie es vorliegend mangels eines angeführten noch sonst ersichtlichen Stützrententatbestandes Voraussetzung für einen Anspruch auf Gewährung einer Rente ist, somit nicht erreicht wird, war die Berufung als unbegründet zurückzuweisen.
Die Entscheidung über die Kosten des Berufungsverfahrens beruht auf § 193 SGG.
Die Revision war nicht zuzulassen, da die Voraussetzungen des § 160 Abs. 2 SGG nicht vorliegen.
Rechtskraft
Aus
Login
BWB
Saved