L 5 KA 2350/14

Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Vertragsarztangelegenheiten
Abteilung
5
1. Instanz
SG Stuttgart (BWB)
Aktenzeichen
S 11 KA 7507/10
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 5 KA 2350/14
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Auf die Berufungen der Klägerin werden die Urteile des Sozialgerichts Stuttgart vom 06.03.2014 in den Verfahren S 11 KA 7507/10 und S 11 KA 25/14 abgeändert. Die Beklagte wird unter Aufhebung der Honorarbescheide für die Quartale 3/2009, 4/2009 und 1/2013 in Gestalt der Widerspruchsbescheide vom 04.11.2010 und 02.12.2013 verpflichtet, den Honoraranspruch der Klägerin nach der Rechtsauffassung des Gerichts erneut zu verbescheiden.

Im Übrigen werden die Berufungen zurückgewiesen.

Die Klägerin trägt auch die Kosten des Berufungsverfahrens. Der Streitwert wird auf 65.000 EUR festgesetzt.

Tatbestand:

Die Klägerin wendet sich gegen die Honorarbescheide für die Quartale 1/2007 und 3/2007 (S 11 KA 3026/12), die Honorarbescheide für die Quartale 1/2008 und 3/2008 (ursprünglich S 11 KA 3027/12), die Honorarbescheide für die Quartale 2/2009 bis 4/2009 (S 11 KA 7507/10), die Honorarbescheide für die Quartale 1/2010 und 2/2010 (ursprünglich S 11 KA 3615/11), die Honorarbescheide für die Quartale 3/2010 und 4/2010 (S 11 KA 802/12), den Honorarbescheid für das Quartal 4/2012 (S 11 KA 7226/13) und den Honorarbescheid für das Quartal 1/2013 (S 11 KA 25/14).

Die Klägerin ist als Fachärztin für Psychiatrie und Psychotherapie in L. zur vertragsärztlichen Versorgung zugelassen. Sie hat einen Anteil an Leistungen der Richtlinien-Psychotherapie von unter 30 %.

1.) Mit Bescheid vom 16.07.2007 errechnete die Beklagte für die Klägerin für das Quartal 1/2007 ein Honorar von 18.446,77 EUR und mit Bescheid vom 15.01.2007 für das Quartal 3/2007 ein Honorar von 19.897,22 EUR.

Insgesamt stellte sich die Vergütung der Klägerin für die Quartale 1/2007 und 3/2007 wie folgt dar: Die Punktwerte für die übrigen Leistungen (darin beinhaltet die probatorischen Leistungen) beliefen sich im Quartal 1/2007 bei Primärkassen auf 3,44 Cent, bei Ersatzkassen auf 3,51 Cent. Im Quartal 3/2007 belief sich der Punktwert für die übrigen Leistungen auf 3,46 Cent, bei Ersatzkassen auf 3,32 Cent. Dieser Punktwert wurde für die Leistungen innerhalb des Punktzahlgrenzvolumens (PZGV) gemäß § 5 des HVM 2007 vergütet. Leistungen, die das PZGV überschritten, wurden mit einem floatenden fachgruppenspezifischen Restpunktwert vergütet. In der Abrechnung der Klägerin im Quartal 1/2007 wurden insgesamt 506.094,0 Punkte mit dem PZGV-Punktwert vergütet. In diesem Quartal wurden weiterhin 167.714,0 Punkte mit dem abgestaffelten Punktwert vergütet. In der Abrechnung des Quartals 3/2007 wurden insgesamt 567.017,0 Punkte mit dem PZGV-Punktwert vergütet. In diesem Quartal wurden des Weiteren 1.703,0 Punkte mit dem abgestaffelten Punktwert vergütet. Die von der Klägerin zur Abrechnung eingereichten probatorischen Sitzungen hatten eine Gesamtpunktzahl von 70.265,0 Punkten im Quartal 1/2007 bzw. von 25.415,0 Punkten im Quartal 3/2007 ergeben.

Mit Schreiben vom 09.08.2007 (Eingang 14.08.2007) und vom 29.01.2008 (Eingang 13.02.2008) erhob die Klägerin Widerspruch gegen die Honorarbescheide für die Quartale 1/2007 und 3/2007. Die Vergütung verstoße gegen das sich aus Art. 12 i. V. m. Art. 3 Abs. 1 des Grundgesetzes (GG) ergebende Gebot der Verteilungsgerechtigkeit im Verhältnis zwischen den an der kassenärztlichen Versorgung teilnehmenden Arztgruppen. Die Vergütung sei darüber hinaus auch rechtswidrig, da sie gegen das Gebot der Angemessenheit der Vergütung verstoße, das für psychotherapeutische Leistungen ab dem 01.01.2000 in § 85 Abs. 4 Sozialgesetzbuch Fünftes Buch (SGB V) explizit gesetzlich verankert worden sei. Der Widerspruch beziehe sich nicht nur auf die Vergütung der genehmigungspflichtigen, sondern gleichermaßen auf die nicht genehmigungspflichtigen Leistungen der Fachkapitel (Kapitel 14, 21, 22 und 23) und des Kapitels 35.1 des Einheitlichen Bewertungsmaßstabs für vertragsärztliche Leistungen (EBM). Diese Leistungen seien ebenfalls größtenteils zeitgebunden und würden aufgrund der Honorarverteilungsvertrags (HVV)-Bestimmungen zum PZGV unzureichend vergütet.

Mit Widerspruchsbescheid vom 14.07.2008 wies die Beklagte die Widersprüche gegen die Honorarbescheide für die Quartale 1/2007 und 3/2007 zurück. Der Bewertungsausschuss (BewA) sei seinen Regelungsverpflichtungen nach § 85 Abs. 4a SGB V u. a. durch den Beschluss in seiner 93. Sitzung am 29.10.2004 zur Festlegung von Regelleistungsvolumen (RLV) durch die Kassenärztlichen Vereinigungen (KVen) nachgekommen. Darin sei bestimmt, dass das RLV gemäß § 85 Abs. 4 SGB V arztgruppenspezifische Grenzwerte seien, bis zu denen die von einer Arztpraxis oder einem Medizinischen Versorgungszentrum (MVZ) im jeweiligen Kalenderjahr erbrachten ärztlichen Leistungen mit einem von den Vertragspartnern des HVV vereinbarten Punktwert zu vergüten seien. Der Beschluss des BewA vom 29.10.2004 sehe auch die Möglichkeit vor, dass eine Fortsetzung der in den KVen bereits vorhandenen Steuerungsinstrumente, die in ihren Auswirkungen mit der gesetzlichen Regelung in § 85 Abs. 4 SGB V vergleichbar seien, unter der Voraussetzung, dass die Verbände der Krankenkassen auf Landesebene ihr Einvernehmen hierzu herstellten, fortgeführt werden könnten. Der Gesetzgeber habe den BewA in § 85 Abs. 4a Satz 1 SGB V ermächtigt, den Inhalt der Regelungen zur Feststellung der RLV zu bestimmen. Gemäß § 5 des Honorarverteilungsmaßstab-Vertrags (HVM) unterlägen die im EBM aufgeführten ärztlichen Leistungen je Arztpraxis und Abrechnungsquartal einer fallzahlabhängigen Begrenzung (PZGV). Die das PZGV überschreitenden Leistungsmengen würden mit einem abgestaffelten Punktwert vergütet. Die Höhe des PZGV einer Arztpraxis ergebe sich für diese Arztgruppe aus der Multiplikation der arztbezogenen Fallpunktzahl (Anlage 2 des Vertrages) und der nach Anwendung der Fallzahlzuwachsbegrenzungsregelung gemäß Abs. 1 i. V. m. Anlage 1 anerkannten Fallzahl der Praxis im aktuellen Abrechnungsquartal. Die Punktwerte für die übrigen Leistungen (darin beinhaltet die probatorischen Leistungen) hätten sich im Quartal 1/2007 bei Primärkassen auf 3,44 Cent, bei Ersatzkassen auf 3,51 Cent belaufen. Im Quartal 3/2007 habe sich der Punktwert für die übrigen Leistungen auf 3,46 Cent, bei Ersatzkassen auf 3,32 Cent belaufen. Dieser Punktwert werde für die Leistungen innerhalb des PZGV gemäß § 5 des HVM vergütet. In der Abrechnung der Klägerin im Quartal 1/2007 seien insgesamt 506.941,0 (richtig: 506.094,0) Punkte mit dem PZGV-Punktwert vergütet worden. In diesem Quartal seien weiterhin 167.714,0 Punkte mit dem abgestaffelten Punktwert vergütet worden. In der Abrechnung des Quartals 3/2007 seien insgesamt 567.017,0 Punkte mit dem PZGV-Punktwert vergütet worden. In diesem Quartal seien des Weiteren 1.703,0 Punkte mit dem abgestaffelten Punktwert vergütet worden. Die von der Klägerin zur Abrechnung eingereichten probatorischen Sitzungen hätten eine Gesamtpunktzahl von 70.265,0 Punkten im Quartal 1/2007 bzw. von 25.415,0 Punkten im Quartal 3/2007 ergeben.

Mit Honorarbescheid vom 15.07.2008 setzte die Beklagte für die Klägerin im Quartal 1/2008 ein Honorar von 20.592,98 EUR und mit Honorarbescheid vom 15.01.2009 ein Honorar für das Quartal 3/2008 von 20.493,08 EUR fest.

Für die Quartale 1/2008 und 3/2008 stellte sich die Vergütung wie folgt dar: Die Punktwerte für die übrigen Leistungen (darin beinhaltet die probatorischen Leistungen) beliefen sich im Quartal 1/2008 bei Primärkassen auf 3,81 Cent, bei Ersatzkassen auf 4,04 Cent und im Quartal 3/2008 bei Primärkassen auf 3,15 Cent, bei Ersatzkassen auf 3,27 Cent. Dieser Punktwert wurde für Leistungen innerhalb des PZGV gemäß § 4 des HVM 2008 vergütet. Leistungen, die das PZGV überschritten, wurden mit einem floatenden fachgruppenspezifischen Restpunktwert vergütet. Dieser Punktwert betrug im Quartal 1/2008 0,38 Cent für Primärkassen und 0,39 Cent für Ersatzkassen und im Quartal 3/2008 0,32 Cent für Primärkassen und 0,32 Cent für Ersatzkassen. In der Abrechnung im Quartal 1/2008 wurden insgesamt 509.022 Punkte mit dem PZGV-Punktwert vergütet. In diesem Quartal wurden 162.853 Punkte mit dem abgestaffelten Punktwert vergütet. Die von der Klägerin zur Abrechnung eingereichten probatorischen Sitzungen ergaben eine Gesamtpunktzahl von 45.630 Punkten. Im Quartal 3/2008 wurden insgesamt 619.113 Punkte mit dem PZGV-Punktwert vergütet. In diesem Quartal wurden 198.017 Punkte mit dem abgestaffelten Punktwert vergütet. Die von der Klägerin zur Abrechnung eingereichten probatorischen Sitzungen ergaben eine Gesamtpunktzahl von 54.405 Punkten.

Mit Schreiben vom 11.08.2008 (Eingang 14.08.2008) und vom 14.02.2009 (Eingang 17.02.2009) erhob die Klägerin Widerspruch gegen die Honorarbescheide für die Quartale 1/2008 und 3/2008. Die Begründung entsprach derjenigen der Widersprüche gegen die Quartale 1/2007 und 3/2007.

Mit Widerspruchsbescheid vom 15.10.2009 wurden die Widersprüche der Klägerin gegen die Honorarbescheide für die Quartale 1/2008 und 3/2008 zurückgewiesen. Die Begründung entsprach im Wesentlichen derjenigen des Widerspruchsbescheides für die Quartale 1/2007 und 3/2007. Gemäß § 4 des HVM 2008 unterlägen die im EBM aufgeführten ärztlichen Leistungen je Arztpraxis und Abrechnungsquartal einer fallzahlabhängigen Begrenzung (PZGV). Die Punktwerte für die übrigen Leistungen (darin beinhaltet die probatorischen Leistungen) beliefen sich im Quartal 1/2008 bei Primärkassen auf 3,81 Cent, bei Ersatzkassen auf 4,04 Cent und im Quartal 3/2008 bei Primärkassen auf 3,15 Cent, bei Ersatzkassen auf 3,27 Cent. Dieser Punktwert werde für Leistungen innerhalb des PZGV gemäß § 4 des HVM 2008 vergütet. In der Abrechnung im Quartal 1/2008 seien insgesamt 509.022 Punkte mit dem PZGV-Punktwert vergütet worden. In diesem Quartal seien 162.853 Punkte mit dem abgestaffelten Punktwert vergütet worden. Die von der Klägerin zur Abrechnung eingereichten probatorischen Sitzungen hätten eine Gesamtpunktzahl von 45.630 Punkten ergeben. Im Quartal 3/2008 seien insgesamt 619.113 Punkte mit dem PZGV-Punktwert vergütet worden. In diesem Quartal seien 198.017 Punkte mit dem abgestaffelten Punktwert vergütet worden. Die von der Klägerin zur Abrechnung eingereichten probatorischen Sitzungen hätten eine Gesamtpunktzahl von 54.405 Punkten ergeben.

Am 29.07.2008 erhob die Klägerin Klage zum Sozialgericht Stuttgart (SG) gegen den Widerspruchsbescheid vom 14.07.2008 (S 11 KA 5203/08, nach Ruhen und Wiederanruf S 11 KA 3026/12) und am 13.11.2009 gegen den Widerspruchsbescheid vom 15.10.2009 (S 11 KA 7622/09, nach Ruhen und Wiederanruf S 11 KA 3027/12).

Die Klageverfahren richteten sich gegen die Anwendung des PZGV in der von der Beklagten konzipierten Form, insbesondere gegen die Auswirkungen auf die Honorierung der zeitgebundenen psychiatrischen Gesprächsleistungen. Das PZGV wirke sich völlig willkürlich auf die Honorierung der psychiatrischen Leistungen aus. Die existenzgefährdend niedrigen Vergütungen verstießen gegen das Gleichheitsgebot des GG und gegen das Gebot der Verteilungsgerechtigkeit. Die Anwendung des PZGV auf die psychiatrischen Gesprächsleistungen habe auch bei ggf. höheren, korrekt berechneten festen Punktwerten innerhalb des PZGV zu Unberechenbarkeiten und Verzerrungen bei der Vergütung dieser Leistungen geführt. Die zentrale Leistung, die Psychiater erbrächten, trage die Gebührenordnungsposition (GOP) 21220 im EBM und werde mit 385 Punkten pro 10 Minuten vergütet. Rechne man dies auf 1 Stunde hoch, komme man auf 2.310 Punkte für eine Stunde, dies liege bereits 5 Punkte unter dem für Psychotherapeuten kalkulierten Ansatz. Hinzu kämen für Psychiater noch Abzüge, die sich aus der Zuweisung des RLV bzw. des PZGV ergäben. Außerdem fielen bei Psychiatern deutlich höhere Praxiskosten als bei Psychotherapeuten an.

Die Beklagte trat den Klagen entgegen. Den Normgebern komme Satzungsautonomie zu, deren Grenzen nicht überschritten worden seien. Außerdem unterschieden sich die Tätigkeitsfelder eines Arztes für Psychiatrie und eines ausschließlich bzw. überwiegend psychotherapeutisch tätigen Arztes deutlich.

Mit als "Widerspruchsbescheid" bezeichnetem Schreiben vom 09.08.2013 wies die Beklagte die Widersprüche gegen die Honorarbescheide für die Quartale 1/2007, 3/2007, 1/2008 und 3/2008 zurück. Soweit das Bundessozialgericht (BSG) in seinem Urteil vom 17.03.2010 (B 6 KA 43/08 R, in juris) entschieden habe, dass der ab dem 01.04.2005 geschlossene HVV gegen höherrangiges Recht verstoße, seien entsprechend dieser Vorgabe der HVV geändert und nunmehr feste Auszahlungspunktwerte festgelegt worden. Ein Anspruch auf höhere Vergütung ergebe sich hierdurch jedoch nicht.

Mit Beschluss vom 28.11.2013 verband das Gericht die Verfahren S 11 KA 3026/12 und S 11 KA 3027/12 zur gemeinsamen Verhandlung und Entscheidung.

Mit Urteil vom 06.03.2014 wies das SG die Klagen ab. Die Klagen seien zulässig, aber unbegründet. Bei dem von der Beklagten am 09.08.2013 erlassenen "Widerspruchsbescheid" handele es sich freilich nicht um einen Widerspruchsbescheid, da die seitens der Klägerin eingelegten Widersprüche mit Widerspruchsbescheiden vom 14.07.2008 und 15.10.2009 beschieden worden seien; hiergegen richteten sich die Klagen. Vielmehr handele es sich um einen Bescheid, der entgegen der Rechtsbehelfsbelehrung nach § 96 Sozialgerichtsgesetz (SGG) Gegenstand der Verfahren werde. Da mit dem Bescheid über beide streitgegenständlichen Zeiträume entschieden worden sei, seien die Verfahren zur gemeinsamen Verhandlung und Entscheidung zu verbinden gewesen. Die Klägerin habe ihre Klage explizit auf die Anwendung des PZGV in der von der Beklagten konzipierten Form, insbesondere gegen die Auswirkungen auf die Honorierung der zeitgebundenen psychiatrischen Gesprächsleistungen beschränkt, so dass die Bescheide im Übrigen bestandkräftig geworden seien. Die Bescheide der Beklagten seien in ihrem angegriffenen Umfang auch rechtmäßig. Nach § 85 Abs. 4a Satz 1 SGB V (in der Fassung des GKV-Modernisierungsgesetzes vom 14.11.2003, BGBl. I, 2190 – Satz 1 wurde in den streitgegenständlichen Quartalen nicht geändert) bestimme der BewA Kriterien zur Verteilung der Gesamtvergütungen nach Abs. 4. Dem sei der BewA u.a. durch den Beschluss in seiner 93. Sitzung am 29.10.2004 zur Festlegung von RLV durch die KVen nachgekommen. Darin werde u.a. bestimmt, dass RLV gemäß § 85 Abs. 4 SGB V arztgruppenspezifische Grenzwerte seien, bis zu denen die von einer Arztpraxis oder einem MVZ im jeweiligen Kalenderjahr erbrachten ärztlichen Leistungen mit einem von den Vertragspartnern des HVV vereinbarten Punktwert zu vergüten seien. Für den Fall der Überschreitung der RLV sei vorgesehen, dass die das RLV überschreitende Leistungsmenge mit abgestaffelten Punktwerten zu vergüten sei. Der Beschluss des BewA vom 29.10.2004 sehe in Ziffer 2.2. zulässigerweise (BSG, Urteil vom 09.05.2012 – B 6 KA 24/11 R, in juris) die Möglichkeit vor, dass eine Fortsetzung der in den KVen bereits vorhandenen Steuerungsinstrumente, die in ihren Auswirkungen mit der gesetzlichen Regelung in § 85 Abs. 4 SGB V vergleichbar seien, fortgeführt werden könnten, wenn die Verbände der Krankenkassen auf Landesebene ihr Einvernehmen hierzu herstellten. Da die Krankenkassen ihr Einvernehmen mit einem übergangsweisen Weiterbestehen der vor 2004 geltenden Regelungen erklärt hätten und die Regelungen Steuerungselemente enthielten, die denjenigen des § 85 Abs. 4 SGB V vergleichbar seien – insbesondere enthalte die Berechnung eine arztgruppenspezifische Komponente (BSG, Urteil vom 09.05.2012 – B 6 KA 24/11 R, in juris) –, kämen diese Reglungen weiterhin zur Anwendung. Gemäß § 5 des HVM 2007 (Bezirksdirektion R. gültig bis 31.12.2007) bzw. § 4 des HVM 2008 unterlägen die im EBM aufgeführten ärztlichen Leistungen je Arztpraxis und Abrechnungsquartal einer fallzahlabhängigen Begrenzung (PZGV). Die das PZGV überschreitenden Leistungsmengen würden mit einem abgestaffelten Punktwert vergütet. Die Höhe des PZGV einer Arztpraxis ergebe sich für die jeweilige Arztgruppe aus der Multiplikation der arztbezogenen Fallpunktzahl (Anlage 2 des Vertrages) und der nach Anwendung der Fallzahlzuwachsbegrenzungsregelung gemäß Abs. 1 i. V. m. Anlage 1 anerkannten Fallzahl der Praxis im aktuellen Abrechnungsquartal. Das PZGV errechne sich wie folgt: Fachgruppenspezifische Fallpunktzahl * anerkannte Fallzahl der Praxis. Die Fachgruppenspezifische Fallpunktzahl für die Klägerin werde dabei wie folgt errechnet: fachgruppenspezifischer Leistungsbedarf * 0,8 Behandlungsfälle der Arztgruppe. Ansatzpunkt für eine zu niedrige Vergütung der Klägerin könnte damit zunächst die anerkannte Fallzahl der Praxis sein. Da die Klägerin jedoch unter dem Fallzahldurchschnitt der Fachgruppe gelegen habe, seien dabei keine Abzüge vorgenommen worden. Auch der für Fachärzte vorgenommene Abschlag von 20 % stelle sich als rechtmäßig dar. Dies sei in Anlage 2 zum Teil III des Beschlusses vom 29.10.2004 (anwendbar im Jahr 2007 über den Beschluss in der 117. Sitzung und im Jahr 2008 über den Beschluss in der 139. Sitzung) so vorgesehen und in der Honorarverteilung der Beklagten 1:1 übernommen worden. Dem BewA komme bei der ihm übertragenen Aufgabe der Konkretisierung des Inhalts des Gesetzes Gestaltungsfreiheit zu (so das BSG in ständiger Rechtsprechung, z.B. Urteil vom 17.03.2010, - B 6 KA 43/08 R -; Urteil vom 03.02.2009, - B 6 KA 31/08 R -, alle in juris). Der Ansatz des Faktors 0,8 sei vor diesem Hintergrund nicht zu beanstanden. Der Abschlag sei dem Ausgleich anderer Regelungen, Stützungsmaßnahmen und von der Rechtsprechung geschütztem Wachstum sog. junger oder kleinen Praxen geschuldet. Überschreitungswerte in diesem Umfang seien der Berechnung mithin bereits immanent, so dass insoweit Erhöhungen nicht zu erfolgen hätten (vgl. SG Marburg, Urteil vom 20.01.2010 – S 11 KA 225/08, Rdnr. 63 nach juris, SG Stuttgart, Urteil vom 26.08.2010 – S 10 KA 8917/08 Rdnr. 32 nach juris). Auch der weitere Berechnungsschritt zur Ermittlung der Fallpunktzahl (fachgruppenspezifischer Leistungsbedarf Behandlungsfälle der Arztgruppe) sei der Anlage 2 zum Teil III des Beschlusses vom 29.10.2004 (anwendbar im Jahr 2007 über den Beschluss in der 117. Sitzung und im Jahr 2008 über den Beschluss in der 139. Sitzung) entnommen. Um den spezifischen Anforderungen im Bereich der Fachärzte für Psychiatrie und Psychotherapie gerecht zu werden, werde für die Berechnung der Fallpunktzahl differenziert nach Fachärzten mit einem Anteil an Leistungen der Richtlinien-Psychotherapie im Vorjahresquartal von mehr oder weniger als 30 %. Auch hier seien zur Überzeugung der Kammer keine Anhaltspunkte ersichtlich, dass der BewA seinen Gestaltungsspielraum (s. o.) überschritten habe. Als weiterer Ansatzpunkt komme eine zu niedrige Bewertung der maßgeblich zur Anwendung kommenden GOP 21220 EBM in Betracht. Bei den Bestimmungen des EBM-Ä handele es sich jedoch um – den Partnern der gemeinsamen Selbstverwaltung zuzurechnende – Normsetzung durch Vertrag (BSG, Urteil vom 15.05.2002 – B 6 KA 33/01 R, in juris m.w.N). Wie jedem anderen Normsetzer stehe auch dem BewA bei der ihm überantworteten Rechtsetzung Gestaltungsfreiheit zu (BSG, Urteil vom 15.05.2002 – B 6 KA 33/01 R, in juris m.w.N.), die grundsätzlich auch von der Rechtsprechung zu respektieren sei und von dieser nur in Ausnahmefällen korrigiert werden dürfe (BSG, Urteil vom 15.05.2002 – B 6 KA 33/01 R, in juris). Vorliegend sei nicht zu erkennen, dass der BewA seinen Gestaltungsspielraum überschritten habe. Insgesamt trage die Klägerin lediglich vor, dass das Zusammenspiel der genannten Regelungen ein wirtschaftliches und gewinnbringendes Arbeiten für Praxen wie ihre mit einem geringen Diagnostik- und einem hohen Versorgungsanteil nicht zulasse. Zwar liege die Klägerin mit ihren Einnahmen deutlich unter dem Durchschnitt. Dies sei jedoch nicht allein Folge der behauptet zu niedrigen Ansätze. Vielmehr sei bei der Praxis der Klägerin auffällig, dass ihre Fallzahl ebenfalls deutlich unterdurchschnittlich sei. Soweit die Klägerin hierzu vortrage, dass ihr Patientenklientel eine intensivere Betreuung erfordere, so sei dem aus Sicht des Gerichts entgegenzuhalten, dass die Konzeption des EBM davon ausgehe, dass nicht nur eine Leistung des Spektrums erbracht werde, sondern ein Querschnitt. Diese pauschalierende Betrachtung sei nach Ansicht des Gerichts auch mit dem Gestaltungsspielraum des Normgebers vereinbar. Die Ausgestaltung der Leistungsspektrums verbleibe mit den jeweiligen Konsequenzen in der Sphäre des einzelnen Leistungserbringers. Soweit die Klägerin vortrage, die von ihr erbrachten Gesprächsleistungen seien auf Grund der Zeitgebundenheit mit den Gesprächsleistungen des psychiatrisch-psychotherapeutischen Behandlungsspektrums vergleichbar, so sei dem nicht zu folgen. Die Begrenzung der Punktwertstützung auf die sowohl zeitgebundenen als auch genehmigungsbedürftigen Leistungen und die Ausgrenzung derjenigen, die wie die probatorischen Sitzungen nur zeitgebunden, nicht aber genehmigungsbedürftig seien, verstoße nicht gegen das Gleichbehandlungsgebot des Art. 3 Abs. 1 GG (BSG, Urteil vom 29.08.2007 – B 6 KA 35/06 R, in juris). Der BewA habe nach dem Merkmal "Genehmigungsbedürftigkeit" differenzieren dürfen. Die in der Psychotherapie-Vereinbarung vorgeschriebene Genehmigung der Krankenkassen habe nicht nur formale Bedeutung. Sie verhindere, dass der Patient diese Leistungen einfach von sich aus nachfragen und der Therapeut sie daraufhin ohne Genehmigung der Krankenkasse erbringen könne (BSG, Urteil vom 29.08.2007 – B 6 KA 35/06 R, in juris). Deswegen könne dieser solche Leistungen nur in enger begrenztem Maße vermehren; er könne weder seinen Leistungsumfang noch die abrechenbare Punktemenge allein nach eigener Entscheidung nachhaltig beeinflussen (BSG, Urteil vom 29.08.2007 – B 6 KA 35/06 R, in juris m.w.N.). Probatorische Sitzungen könne er demgegenüber rein tatsächlich bei so vielen Patienten nach eigener Indikationsstellung durchführen und abrechnen, wie sie seine Praxis aufsuchten (BSG, Urteil vom 29.08.2007 – B 6 KA 35/06 R, in juris m.w.N.). Dieser Unterschied sei vom BSG bereits wiederholt herausgestellt worden (u.a. BSG, Urteil vom 29.08.2007 – B 6 KA 35/06 R, in juris m.w.N.). So könnten beispielsweise Ärzte für Psychiatrie oder Ärzte für Allgemeinmedizin, die die Qualifikation zur Erbringung und Abrechnung psychotherapeutischer Leistungen besäßen, den Umfang und die Ausrichtung ihrer Tätigkeit in anderer Weise steuern und daneben andere psychotherapeutische bzw. psychosomatische Gesprächs- bzw. Behandlungsleistungen erbringen, die entweder nicht zuvor patientenbezogen bewilligt worden sein müssten oder nicht an exakte Zeitvorgaben gebunden seien. Sie seien daher nicht im gleichen Maße schutzbedürftig (BSG, Urteil vom 25.08.1999 – B 6 KA 17/98 R, in juris). Dieser Unterschied sei eine ausreichende Rechtfertigung dafür, dass der BewA Punktwertstützungen nur für solche Leistungen vorgeben müsse, die sowohl zeitgebunden als auch genehmigungsbedürftig seien. Dieser sei nicht gehalten, die Vorgaben für Stützungen auch auf solche Leistungen zu erstrecken, die zeitgebunden, aber nicht genehmigungsbedürftig seien (BSG, Urteil vom 29.08.2007 – B 6 KA 35/06 R, in juris).

Das Urteil wurde dem Bevollmächtigten der Klägerin am 02.05.2014 gegen Empfangsbekenntnis zugestellt. Hiergegen richtet sich die am 27.05.2014 zum Landessozialgericht Baden-Württemberg (LSG) erhobene Berufung der Klägerin (L 5 KA 2353/14).

2a.) Mit Bescheid vom 26.03.2009 wies die Beklagte der Klägerin für das Quartal 2/2009 ein RLV in Höhe von 15.111,63 EUR zu. Der arztgruppenspezifische Fallwert betrug 51,41 EUR, der arztindividuelle Anpassungsfaktor nach Altersklassen 1,0101, so dass sich ein arzt¬individueller Fallwert nach Anpassung von 51,93 EUR errechnete.

Mit Honorarbescheid vom 14.12.2009 setzte die Beklagte das Honorar der Klägerin für das Quartal 2/2009 mit 20.394,89 EUR fest. Dabei wurde ein RLV von 15.111,63 EUR zu Grunde gelegt. Die Klägerin erhielt eine konvergenzbedingte Stützung in Höhe von 3.745,93 EUR.

Mit Schreiben vom 07.01.2010 (Eingang 14.01.2010) erhob die Klägerin Widerspruch gegen den Honorarbescheid für das Quartal 2/2009. Der Widerspruch beziehe sich auf die Leistungen der Fachkapitel 14 und 21 und des Kapitels 35.1 EBM. Diese Leistungen seien größtenteils zeitgebunden und würden aufgrund der Berechnungen zum arztindividuellen RLV absolut unzureichend vergütet. Die aktuellen Bestimmungen zum RLV hätten zu existenzvernichtenden Verwerfungen bei der Honorierung der darunterfallenden Leistungen geführt. Mit der Einführung des EBM 2009 und der Neuberechnung der RLV habe sich die prekäre wirtschaftliche Lage der psychiatrischen Praxen erneut verschlechtert. Die Beklagte sei verpflichtet, für eine verteilungsgerechte Vergütung zu sorgen, sowie dafür, dass Vergütungsregeln nicht zu einer Gefährdung des Sicherstellungsauftrags führten. Besonders Praxen mit Schwerpunkt auf Behandlung chronisch psychisch Erkrankter seien auf angemessene Vergütung ihrer Gesprächsleistungen angewiesen. Die Honorarbedingungen hinderten sie daran, ihren Versorgungsauftrag zu erfüllen und nach ethischen Gesichtspunkten diese Patienten fachgerecht zu versorgen.

Mit Bescheid vom 24.06.2009 wies die Beklagte der Klägerin ein RLV für das Quartal 3/2009 von 9.324,95 EUR zu. Der arztgruppenspezifische Fallwert betrug 31,24 EUR, der arztindividuelle Anpassungsfaktor nach Altersklassen betrug 1,0118, so dass sich ein arztindividueller Fallwert nach Anpassung von 31,61 EUR errechnete. Die Fallzahl der Klägerin von 295 lag unter der durchschnittlichen Fallzahl der Arztgruppe von 532.

Mit Honorarbescheid vom 15.01.2010 errechnete die Beklagte für die Klägerin eine Vergütung von 21.486,12 EUR für das Quartal 3/2009. Dabei wurde ein RLV von 9.324,95 EUR zu Grunde gelegt. Der arztgruppenspezifische Fallwert betrug 31,24 EUR, der arztindividuelle Anpassungsfaktor nach Altersklassen 0,9903, so dass sich ein arztindividueller Fallwert nach Anpassung von 30,94 EUR errechnete. Die RLV-relevante Leistungsanforderung betrug 9.335,96 EUR. Es erfolgte ein konvergenzbedingter Abzug in Höhe von 4.373,01 EUR.

Mit Schreiben vom 11.02.2010 (Eingang 15.02.2010) erhob die Klägerin Widerspruch gegen den Honorarbescheid. Sie wiederholte die Begründung des Widerspruchs gegen den Honorarbescheid vom 14.12.2009 und führte ergänzend aus, durch die Anwendung der Konvergenzregelung kämen unangemessene Abschläge auf die Vergütung zum Tragen, die gegen das Gebot der Honorargerechtigkeit verstießen. Die Honorarbedingungen hinderten die Psychiater daran, ihren Versorgungsauftrag zu erfüllen. Die fachspezifischen Gesprächsleistungen bei Psychiatern würden durch die vorgenommene Quotierung von 91,75 % erneut unter das Niveau gedrückt, das es ihnen ermögliche, ihren Patienten ein fachlich gebotenes Gesprächsangebot unter wirtschaftlich tragbaren Bedingungen vorzuhalten. Ein hoher Anteil der regelhaft erforderlichen Gesprächsleistungen (probatorische Sitzungen, Gesprächsleistungen der Fachkapitel 14 und 21 EBM) würden von einer sachgerechten Vergütung abgeschnitten. Zusätzlich verursachten die niedrigen Fallwerte, dass probatorische Sitzungen in größerem Umfang nicht zum vom BSG für erforderlich gehaltenen Mindestpunktwert von 2,56 Cent vergütet würden.

Mit Bescheid vom 08.07.2010 erfolgte sodann eine Korrektur der Abrechnung. Insoweit errechnete die Beklagte für die Klägerin eine Vergütung von 21.486,11 EUR für das Quartal 3/2009. Dabei wurde ein RLV von 9.127,30 EUR zu Grunde gelegt. Wie im Bescheid vom 15.01.2010 betrugen der arztgruppenspezifische Fallwert 31,24 EUR und der arztindividuelle Anpassungsfaktor nach Altersklassen 0,9903, so dass sich ein arztindividueller Fallwert nach Anpassung von 30,94 EUR errechnete. Die RLV-relevante Leistungsanforderung betrug 9.335,96 EUR. Es erfolgte ein konvergenzbedingter Abzug in Höhe von 4.373,01 EUR.

Mit Bescheid vom 21.09.2009 wies die Beklagte der Klägerin ein RLV in Höhe von 9.212,94 EUR für das Quartal 4/2009 zu. Der arztgruppenspezifische Fallwert lag bei 30,68 EUR, der arztindividuelle Anpassungsfaktor nach Altersklassen bei 1,0110, so dass sich ein arzt-individueller Fallwert nach Anpassung in Höhe von 31,02 EUR errechnete. Die Fallzahl der Klägerin von 297 lag unter dem Fallzahldurchschnitt der Arztgruppe von 535.

Mit Honorarbescheid vom 16.04.2010 errechnete die Beklagte für die Klägerin ein Honorar von insgesamt 23.449,23 EUR für das Quartal 4/2009. Da lediglich ein arztindividueller Anpassungsfaktor nach Altersklassen von 0,09911 angenommen wurde, wurde ein RLV von 9.031,77 EUR zu Grunde gelegt. Es erfolgte ein konvergenzbedingter Abzug in Höhe von 3.434,31 EUR.

Mit Schreiben vom 15.05.2010 (Eingang: 20.05.2010) erhob die Klägerin Widerspruch, der wie die bereits vorangegangenen Widersprüche begründet wurde.

Mit Widerspruchsbescheid vom 04.11.2010 wies die Beklagte die Widersprüche zurück. Die Beklagte habe in Teil B §§ 3 ff. HVV 2009 die Beschlüsse des BewA umgesetzt. Insbesondere sei von der Möglichkeit Gebrauch gemacht worden, eine Konvergenz mit den Partnern der Gesamtverträge zu beschließen. Danach seien im Jahr 2009 95 % des Vorjahresquartal-Honorars für Leistungen der morbiditätsbedingten Gesamtvergütung (MGV) garantiert. Soweit sich die Klägerin gegen die Honorierung psychiatrischer Gesprächsleistungen wende, habe sie, die Beklagte, sich an die Berechnungsgrundlagen in Teil B Anlage 4 HVV 2009 gehalten. Sie, die Beklagte, sei an die Vorgaben des BewA gebunden. Dieser sehe in seinen Beschlüssen vor, dass die zeitgebundenen, genehmigungspflichtigen Leistungen der Richtlinien-Psychotherapie nach Kapitel 35.2 EBM außerhalb der RLV zu vergüten seien. Für die psychiatrischen Gesprächsleistungen aus Kapitel 14 und 21 EBM sowie für die nicht-genehmigungspflichtigen Leistungen des Kapitels 35.1 EBM habe der BewA eine solche Sonderregelung nicht getroffen. Es sei unvermeidbar, das mit typisierenden Regelungen nicht jede individuelle Praxisausrichtung stets in vollem Umfang berücksichtigt werden könne. Der Widerspruchsauschuss habe sich auch mit der Honorarentwicklung der Klägerin über die Quartale hinweg befasst. Es sei eine Analyse und Gegenüberstellung der Abrechnungsdaten aus den Quartalen 1/2009 bis 4/2009 mit dem jeweiligen Vorjahresquartal (VJQ) durchgeführt worden. Hierbei habe sich Folgendes ergeben: Quartal Honorar absolut Ver-änderung zum VJQ Fall-zahl Ver-änderung zum VJQ Fallwert absolut Ver¬änderung zum VJQ Datenstand 2/2009 20.394,89 EUR - 5,05% 293 + 0,69% 69,61 EUR - 5,69 % 15.12.2009 3/2009 21.486,12 EUR + 4,85% 279 - 6,06% 77,01 EUR + 11,61 % 19.01.2010 4/2009 23.449,23 EUR + 5,02 % 297 - 1,00% 78,95 EUR + 6,07 % 14.04.2010

Aus diesem Honorarvergleich sei ersichtlich, dass sich das vertragsärztliche Gesamthonorar der Klägerin im Quartal 2/2009 im Vergleich zum Vorjahresquartal nur geringfügig verringert habe. In den Quartalen 3/2009 und 4/2009 habe die Klägerin im Vergleich zu den entsprechenden Vorjahresquartalen ihr vertragsärztliches Honorar steigern können. Anhaltspunkte für erhebliche Honorareinbußen seien mithin nicht gegeben.

Mit Bescheid vom 09.12.2009 wies die Beklagte der Klägerin für das Quartal 1/2010 ein RLV in Höhe von insgesamt 8.954,55 EUR zu. Der arztgruppenspezifische Fallwert lag bei 29,86 EUR, der arztindividuelle Anpassungsfaktor nach Altersklassen bei 1,0096, so dass sich ein arztindividueller Fallwert nach Anpassung in Höhe von 30,15 EUR errechnete.

Mit Honorarbescheid vom 15.07.2010 setzte die Beklagte das Honorar der Klägerin für das Quartal 1/2010 auf 20.503,92 EUR fest. Dabei wurde ein RLV von 8.800,11 EUR festgelegt, das jedoch durch die RLV relevante Leistungsanforderung der Klägerin in Höhe von 7.931,19 EUR nicht überschritten wurde. Es erfolgte ein konvergenzbedingter Abzug in Höhe von 7.040,13 EUR.

Gegen den Bescheid vom 15.07.2010 legte der Klägervertreter unter Wiederholung der bisherigen Widerspruchsbegründungen mit Schreiben vom 10.08.2010 (Eingang: 11.08.2010) Widerspruch ein.

Mit Bescheid vom 06.10.2010 setzte die Beklagte das Honorar der Klägerin für das Quartal 1/2010 auf insgesamt 20.501,52 EUR fest. Das RLV von 8.800,11 EUR wurde durch die RLV relevante Leistungsanforderung der Klägerin von 7.931,19 EUR nicht überschritten. Es erfolgte ein konvergenzbedingter Abzug in Höhe von 10.752,03 EUR.

Mit Bescheid vom 17.03.2010 wies die Beklagte der Klägerin für das Quartal 2/2010 ein RLV von insgesamt 8.231,48 EUR zu. Der arztgruppenspezifische Fallwert betrug 28,24 EUR, der arztindividuelle Anpassungsfaktor nach Altersklassen 0,9911, so dass sich ein arztindividueller Fallwert nach Anpassung von 28,19 EUR errechnete.

Mit Honorarbescheid vom 15.10.2010 ermittelte die Beklagte das Honorar der Klägerin für das Quartal 2/2010 in Höhe von 22.431,89 EUR. Das RLV von 8.231,48 EUR sei um 1.649,08 EUR überschritten. Daneben erfolgte ein konvergenzbedingter Abzug in Höhe von 6.460,06 EUR.

Mit Schreiben vom 18.11.2010 erhob die Klägerin mit weiterhin gleichbleibender Begründung Widerspruch.

Mit Widerspruchsbescheid vom 27.05.2011 wies die Beklagte die Widersprüche für die Quartale 1/2010 und 2/2010 zurück. Die Honorarverteilung entspreche den gesetzlichen Vorgaben in Teil B §§ 3 ff HVV (gültig ab dem 01.01.2009). Daneben habe die Beklagte von der Möglichkeit Gebrauch gemacht, mit den Partnern der Gesamtverträge eine Konvergenz zu beschließen. Auch die Honorierung der psychiatrischen Gesprächsleistungen entspreche den gesetzlichen Vorgaben. Die Honorarentwicklung der Klägerin stelle sich wie folgt dar:

Quartal Honorar absolut Ver- änderung zum VJQ Fallzahl Ver- änderung zum VJQ Fallwert Absolut Ver- änderung zum VJQ Datenstand 1/2010 20.501,51 EUR + 4,98 % 314 + 5,02 % 65,29 EUR - 0,05 % 19.07.2010 2/2010 22.431,89 EUR + 9,99 % 314 + 7,17 % 71,44 EUR + 2,63 10.10.2010

Aus der Honorarübersicht ergebe sich, dass die Klägerin das vertragsärztliche Gesamthonorar in den Quartalen 1/2010 und 2/2010 im Vergleich zum Vorjahr habe steigern können. Gemessen am Honorar pro Fall sei das Honorar im Quartal 1/2010 annähernd konstant geblieben und im Quartal 2/2010 leicht angestiegen. Es bestünden mithin keine erheblichen Honorareinbußen.

Mit Schreiben 01.12.2010, eingegangen am 02.12.2010 (S 11 KA 7507/10), und vom 16.06.2011, eingegangen am 20.06.2011 (S 11 KA 3615/11), erhob die Klägerin Klage zum SG. Diese wurden mit Beschluss vom 06.03.2014 unter dem AZ S 11 KA 7507/10 verbunden.

Zur Begründung dieser Klagen trug die Klägerin vor, die von der Beklagten ermittelten Euro-Fallwerte des RLV mit den Versorgungsrealitäten und mit den Erfordernissen einer verteilungsgerechten Vergütung nicht vereinbar. Sie führten auch unabhängig vom Abrechnungsverhalten des einzelnen Leistungserbringers zu einer Bedrohung der wirtschaftlichen Existenz, vor allem der psychiatrischen Praxen, die insbesondere die Versorgung schwer psychisch Erkrankter maßgeblich trügen und sicherstellten und aufgrund ihrer kontinuierlichen medizinischen Betreuung von diesen Patienten keine höheren Fallzahlen pro Quartal erreichen könnten. Für Leistungserbringer, deren Leistungsspektrum ganz überwiegend aus Gesprächstätigkeit bestehe (wie beispielsweise Psychiater ohne neurologische Tätigkeit), gebe es keinerlei Spielräume, die Verdienst¬möglichkeiten pro Zeiteinheit auszuweiten. Das bedeute, dass sie in zweierlei Hinsicht eingeengt seien, zum einen durch die Kontrollzeiten und zum anderen durch die Zeittaktung ihrer Leistungen. Bei anderen Arztgruppen bestehe die Möglichkeit, die Verdienstmöglichkeit pro Zeit durch eine (z.B. aufgrund von zunehmender Berufserfahrung) schnellere Leistungs¬erbringung oder durch eine (aufgrund von Geräteeinsatz oder Delegation von Leistungsanteilen an Hilfspersonal) wirtschaftlichere Leistungserbringung zu steigern.

Die konvergenzbedingten Abzüge seien im Übrigen nicht mehr Gegenstand des Verfahrens.

Mit Bescheid vom 09.12.2013 erstattete die Beklagte der Klägerin die in den Quartalen 1/2009 bis 2/2010 erfolgten konvergenzbedingten Abzüge. Im Übrigen trat sie den Klagen entgegen. Im Verfahren S 11 KA 7507/10 führte sie aus, der Klage stehe nicht bereits die mangelnde Anfechtung der RLV-Zuweisungen entgegen, da es sich um ein Musterverfahren handle. Daher habe man sich geeinigt, dass die gesonderte Anfechtung der RLV-Zuweisungen nicht notwendig sei. Die Unbegründetheit ergebe sich aber daraus, dass die Leistungserbringung eines Psychiaters in einer Versorgerpraxis mit einer Leistungserbringung durch Psychotherapeuten nicht vergleichbar sei. Des Weiteren bestünden auch keine Hinweise darauf, dass die Arztgruppe der Psychiater im Bereich der Beklagten nicht in der Lage gewesen sei, existenzfähige Praxen zu führen. Die Psychiater mit höchstens 30% Richtlinientherapie hätten im Jahr 2009 nachfolgende Honorarumsätze gehabt: 1/2009 40.819,44 EUR, 2/2009 36.901,10 EUR, 3/2009 38.302,50 EUR und 4/2009 40.389,48 EUR.

2b.) Mit Bescheid vom 22.06.2010 wies die Beklagte der Klägerin für das Quartal 3/2010 ein RLV von insgesamt 21.567,24 EUR zu. Dabei wurde ein arztgruppenspezifischer Fallwert von 77,22 EUR sowie ein arztindividueller Anpassungsfaktor nach Altersklassen von 1,0047 zu Grunde gelegt, so dass sich ein arztindividueller Fallwert nach Anpassung von 77,58 EUR errechnete. Da die Fallzahl der Klägerin mit 278 deutlich unter dem Fallzahldurchschnitt der Arztgruppe von 509 lag, erfolgte keine Abstaffelung. Ein qualifikationsgebundenes Zusatzvolumen (QZV) wurde nicht zugewiesen.

Mit Honorarbescheid vom 13.01.2011 errechnete die Beklagte ein Honorar von 23.936,99 EUR für das Quartal 3/2010. Dabei wurde ein RLV von 21.761,84 EUR zu Grunde gelegt. Die anerkannte Leistungsanforderung lag bei 33.553,20 EUR. Es wurde eine RLV-Überschreitung von 11.582,96 EUR festgestellt, davon wurden 1.966,79 EUR quotiert vergütet.

Mit Bescheid vom 14.09.2010 wies die Beklagte der Klägerin ein RLV für das Quartal 4/2010 in Höhe von 24.547,05 EUR zu. Dabei wurde ein arztgruppenspezifischer Fallwert von 82,25 EUR angenommen, ein arztindividueller Anpassungsfaktor von 1,0049, so dass sich ein arztindividueller Fallwert nach Anpassung von 82,65 EUR ergab. Da die Fallzahl der Klägerin mit 297 unter dem Fallzahldurchschnitt der Arztgruppe vom 520 lag, erfolgte keine Abstaffelung. Ein QZV wurde nicht errechnet.

Mit Bescheid vom 15.04.2011 setzte die Beklagte das Honorar der Klägerin auf 27.341,60 EUR für das Quartal 4/2010 fest. Dabei wurde ein RLV von 25.322,21 EUR anerkannt. Die anerkannte Leistungsforderung lag bei 36.036,10 EUR. Es wurde eine RLV-Überschreitung von 10.599,18 EUR festgestellt, davon wurden 1.904,67 EUR quotiert vergütet.

Mit Schreiben vom 10.02.2011 (Eingang: 14.02.2011) und vom 27.05.2011 (Eingang: 01.06.2011) erhob die Klägerin Widerspruch gegen die Honorarbescheide für die Quartale 3/2010 und 4/2010. Die Vergütung verstoße gegen das sich aus Art. 12 i. V. m. Art. 3 Abs. 1 GG ergebende Gebot der Verteilungsgerechtigkeit sowie gegen das Gebot der Angemessenheit der Vergütung. Der Widerspruch erstrecke sich zum Einen auf Fragen der rechtskonformen Umsetzung der vom Gesetzgeber bzw. vom BewA festgesetzten Rechtsnormen durch die Beklagte hinsichtlich der Vergütung der genehmigungspflichtigen (GOP 35200 ff. EBM) und nicht genehmigungspflichtigen Leistungen innerhalb der zeitbezogenen Kapazitätsgrenzen (arztgruppenübergreifende allgemeine Gebührenpositionen, die Leistungen der Fachkapitel und des Kapitels 35.1 und 35.3 EBM). Die Honorierung der genehmigungspflichtigen Leistungen sei nicht entsprechend den gestiegenen Gewinnen 2007 auf 2008 der Fachärzte der Vergleichsgruppe angepasst worden. Der Widerspruch beziehe sich aber auch auf die Leistungen der Fachkapitel 14 und 21 und des Kapitels 35.1 EBM. Diese Leistungen seien größtenteils zeitgebunden und würden aufgrund der arztindividuellen RLV trotz deutlicher Verbesserungen immer noch unzureichend vergütet. Die Beklagte sei verpflichtet, für eine verteilungsgerechte Versorgung zu sorgen sowie dafür, dass Vergütungsregeln nicht zu einer Gefährdung des Sicherstellungsauftrags führten. Besonders Praxen mit Schwerpunkt auf Behandlung schwer chronisch psychisch Erkrankter seien auf eine angemessene Vergütung der Gesprächsleistungen angewiesen. Die Honorarbedingungen hinderten sie daran, ihren Versorgungsauftrag zu erfüllen. Immer noch werde durch zu enge RLV ein Teil der regelhaft erforderlichen Gesprächsleistungen der Fachkapitel 14 und 21 EBM von einer sachgerechten Vergütung abgeschnitten.

Mit Schreiben vom 09.06.2011 wies die Beklagte darauf hin, dass die Klägerin keine genehmigungspflichtigen Leistungen (Kapitel 35.2 EBM) abgerechnet habe. Darüber hinaus wurde darauf hingewiesen, dass in den Quartalen 3/2010 und 4/2010 keine zeitbezogenen Kapazitätsgrenzen, sondern RLV zugewiesen worden seien.

Mit Schreiben vom 27.07.2011 konkretisierte der Bundesverband der Vertragspsychotherapeuten (bvvp) den Widerspruch der Klägerin dahingehend, dass er in Bezug auf die genehmigungspflichtigen Leistungen zurückgenommen werde. Allerdings habe sich der Widerspruch nicht auf eine zeitbezogene Kapazitätsgrenze, sondern auf die unzureichende Vergütung der Leistungen des Fachkapitels 21 EBM, insbesondere auf die Vergütung der Gesprächsziffern innerhalb der RLV-Grenzen bezogen. Im 3. Quartal 2010 habe die Klägerin beispielsweise erhebliche Einbußen durch die RLV-Bestimmung erlitten, da das Vorjahresquartal zur RLV-Berechnung heranzuziehen sei.

Mit Widerspruchsbescheid vom 12.01.2012 wies die Beklagte die Widersprüche zurück. Die Vorgaben des HVV und des SGB V seien vorliegend eingehalten worden. Die Vergütung der psychiatrischen Gesprächs- und Betreuungsleistungen (Kap. 14, 21 EBM) sowie der nicht genehmigungspflichtigen Psychotherapieleistungen (Abschnitt 35.1 EBM) sei auch angemessen. Die Beklagte sei auch nicht verpflichtet, diese Leistungen unbudgetiert außerhalb der MGV zu vergüten. Die Begrenzung der Leistungen erfolge für alle Fachgruppen gleichermaßen, so dass jede Fachgruppe die Beschränkung der für sie typischen Leistungen und die Abstaffelung der über dieser Begrenzung angeforderten Leistung hinnehmen müsse. Es sei unvermeidbar, dass mit typisierenden Regelungen nicht jeder Praxisausrichtung Rechnung getragen werden könne. Eine Pauschalierung durch die Normsetzungsorgane sei jedoch nicht zu beanstanden. Für die Frage der Angemessenheit der Vergütung seien im Übrigen die Leistungen der Praxis insgesamt und nicht einzelne GOPen zu berücksichtigen. Hinzuweisen sei auch darauf, dass ein Vertragsarzt nur einen Anspruch auf einen angemessenen Anteil an der Vergütung habe. Sofern schließlich eine Ungleichbehandlung zu der Fachgruppe der psychologischen Psychotherapeuten und der ausschließlich psychotherapeutischen Ärzte behauptet werde, seien diese Gruppen bereits durch das Gesetz unterschiedlich bewertet. Dies erscheine auch vor dem Hintergrund, dass die durchschnittliche Fallzahl dieser Fachgruppe bei regelmäßig weniger als 50 Fällen liege sowie die Beschränkung der Abrechnungsmöglichkeit auf einen sehr kleinen Anwendungsbereich gerechtfertigt. Schließlich zeige auch ein Vergleich mit den Vorjahresquartalen, dass die Klägerin keine gravierenden Honorareinbußen habe hinnehmen müssen.

Quartal Honorar absolut Ver- änderung zum VJQ Fallzahl Ver- änderung zum VJQ Fallwert Absolut Ver- änderung zum VJQ Datenstand 3/2010 23.936,99 EUR + 11,41 % 326 + 16,85 % 73,43 EUR - 4,65 % 10.01.2011 4/2010 27.341,60 EUR + 16,60 % 336 + 13,13 % 81,37 EUR + 3,07 14.04.2011

Mit Schreiben vom 13.02.2012, eingegangen am gleichen Tag, erhob die Klägerin auch dagegen Klage zum SG (S 11 KA 802/12). Zur Begründung trug sie ergänzend vor, dass dem BewA und der Beklagten zwar ein Gestaltungsspielraum zustehe, der gerichtlich nur eingeschränkt überprüft werden könne, jedoch ergebe sich aus der Judikatur des BSG eine Begrenzung der Möglichkeiten zur Absenkung der Honorare im Hinblick auf die Gebote der Angemessenheit und Verteilungsgerechtigkeit. Insgesamt seien bei der Klägerin im Quartal 3/2010 ca. 35% nur quotiert vergütet worden, im Quartal 4/2010 ca. 29,4%. Darüber hinaus entsprächen Umsätze und Einkommen der Psychiater nicht dem Gleichheitsgebot und dem Gebot der Verteilungsgerechtigkeit. Die Gesprächsleistungen des psychiatrisch-psychotherapeutischen Behandlungsspektrums sei mit Psychotherapieleistungen vergleichbar. Mit dem EBM 2000+ sei für die psychiatrische Gesprächsleistung eine Zeitbindung eingeführt worden, die eine weitgehende Vergleichbarkeit mit dem durch Mindestpunktwerte geschützten psychotherapeutischen Gesprächsleistungen bewirke. Die EBM 2008 und 2009 hätten diese Zeitbindung übernommen. Fachärzte für Psychiatrie und Psychotherapie überschritten durch Anwendung der zeitgebundenen Gesprächsziffern die Grenze ihres RLV, könnten aber nicht – wie andere Fachärzte – in nennenswertem Umfang auf andere Leistungssektoren ausweichen.

Die Beklagte trat der Klage ohne weitere schriftliche Begründung entgegen.

2c.) Mit Bescheid vom 24.08.2012 wies die Beklagte der Klägerin ein RLV von 24.473,04 EUR für das Quartal 4/2012 zu. Der RLV-Fallwert der Arztgruppe lag bei 76,21 EUR, der Anpassungsfaktor nach Altersklassen bei 1,0004, so dass sich hieraus ein arztindividueller Fallwert nach Anpassung von 76,24 EUR errechnete. Die Fallzahl der Klägerin von 321 lag unter dem Fallzahldurchschnitt der Arztgruppe von 529, so dass keine Abstaffelung erfolgte. Ein QZV wurde der Klägerin nicht zugewiesen.

Mit Bescheid vom 15.04.2013 errechnete die Beklagte für die Klägerin ein Honorar von 28.714,43 EUR für das Quartal 4/2012 auf der Basis eines RLV von 24.473,04 EUR. Die anerkannte Leistungsanforderung lag bei 33.812,59 EUR, so dass eine Über¬schreitung des RLV von 9.175,32 EUR vorlag, von denen 3.976,58 EUR quotiert vergütet wurden.

Mit Schreiben vom 17.05.2013 (Eingang: 27.05.2013) erhob die Klägerin Widerspruch gegen den Honorarbescheid 4/2012. Sie wiederholte die Begründung der Widersprüche gegen die Honorarbescheide für die Quartale 3 und 4/2010.

Mit Widerspruchsbescheid vom 02.12.2013 wies die Beklagte den Widerspruch zurück. Die Vorgaben des SGB V und des HVV seien eingehalten. Hinsichtlich der Bewertungen der Leistungen im EBM stehe dem BewA ein Spielraum zu, der nicht überschritten sei. Die Klägerin habe im Übrigen im Quartal 4/2012 keine Leistungen des Kapitels 35.2 EBM abgerechnet. Es liege auch kein Verstoß gegen die Angemessenheit der Vergütung vor. Die Honorarentwicklung zeige, dass die Klägerin im Quartal 4/2012 sogar eine Honorarsteigerung zu verzeichnen gehabt habe.

Quartal 4/2011 Quartal 4/2012 Veränderung absolut prozentual Honorar 26.232,23 EUR 28.613,85 EUR 2.381,62 EUR + 9,08 % Fallzahl 321 330 + 9 + 2,80 % Fallwert 81,72 EUR 86,71 EUR + 4,99 % + 6,11 %

Mit Schreiben vom 19.12.2013, eingegangen am 20.12.2013, erhob die Klägerin ohne weitere Begründung auch dagegen Klage (S 11 KA 7226/13) zum SG.

Die Beklagte trat der Klage - ebenfalls ohne weitere Ausführungen - entgegen.

2d.) Mit Bescheid vom 10.12.2012 wies die Beklagte der Klägerin für das Quartal 1/2013 ein RLV in Höhe von insgesamt 25.497,81 EUR zu. Der arztgruppenspezifische Fallwert lag bei 76,51 EUR, der arztindividuelle Anpassungsfaktor nach Altersklassen bei 1,0008, so dass sich ein arztindividueller Fallwert nach Anpassung in Höhe von 76,57 EUR errechnete.

Mit Honorarbescheid vom 15.07.2013 setzte die Beklagte das Honorar der Klägerin auf 34.296,53 EUR fest. Dabei wurde ein RLV von 25.271,37 EUR zu Grunde gelegt. 2.014,11 EUR wurden quotiert vergütet. Der arztgruppenspezifische Fallwert lag bei 75,83 EUR, der arztindividuelle Anpassungsfaktor nach Altersklassen bei 1,0008, so dass sich ein arztindividueller Fallwert nach Anpassung in Höhe von 75,89 EUR errechnete.

Gegen den Bescheid vom 15.07.2013 legte die Klägerin mit Schreiben vom 15.08.2013, eingegangen am 19.08.2013, unter Wiederholung der bisherigen Begründung, Widerspruch ein.

Mit weiterem Widerspruchsbescheid vom 02.12.2013 wies die Beklagte den Widerspruch mit der dem ebenfalls unter dem 02.12.2013 ergangenen Widerspruchsbescheid entsprechenden Begründung zurück. Die Honorarentwicklung zeige erneut, dass die Klägerin auch im Quartal 1/2013 eine Honorarsteigerung zu verzeichnen gehabt habe.

Quartal 1/2012 Quartal 1/2013 Veränderung absolut prozentual Honorar 25.927,33 EUR 34.195,04 EUR 8.267,71 EUR + 31,89 % Fallzahl 333 348 + 15 + 4,50 % Fallwert 77,86 EUR 98,26 EUR + 20,40 % + 26,20 %

Mit Schreiben vom 19.12.2013, eingegangen am 20.12.2013, erhob die Klägerin auch hiergegen ohne weitere Begründung Klage zum SG (S 11 KA 25/14).

Die Beklagte trat der Klage ohne weitere Ausführungen entgegen.

2e.) Mit Urteilen vom 06.03.2014 wies das SG die Klagen in den Verfahren S 11 KA 7507/10, S 11 KA 802/12, S 11 KA 7226/13 und S 11 KA 25/14 mit jeweils gleichlautender Begründung ab. Die Klagen seien zulässig, aber unbegründet. Die Klägerin habe es vorliegend versäumt, die RLV-Zuweisungsbescheide nicht bestandskräftig werden zulassen. Die Zuweisung eines RLV sei gesondert anfechtbar. Aus der gesonderten Anfechtbarkeit folge zum einen, dass ein Vertragsarzt, der die Zuweisung eines RLV habe bestandskräftig werden lassen, an diese Festsetzung gebunden sei und im nachfolgenden Honorarstreitverfahren nicht mehr deren Fehlerhaftigkeit geltend machen könne. Zum anderen sei (umgekehrt) für die Klärung der Rechtmäßigkeit der Zuweisung eines RLV nur solange Raum – und ein Rechtschutzbedürfnis gegeben – als die den streitbefangenen Zeitraum betreffenden Quartalshonorarbescheide noch nicht bestandskräftig seien (vgl. BSG, Urteil vom 15.08.2012 – B 6 KA 38/11 R, in: juris). Die Klägerin habe explizit keinen Widerspruch gegen die RLV-Zuweisungsbescheide eingelegt. Zwar seien die RLV-Zuweisungsbescheide mangels darin enthaltener Rechtsbehelfsbelehrung binnen eines Jahres – und damit auch zum Zeitpunkt der Erhebung der Widersprüche gegen die Honorarbescheide – noch anfechtbar (§ 66 Abs. 2 SGG). Die Kammer vermöge jedoch in den gegen die Honorarbescheide erhobenen Widersprüche nicht auch zugleich einen Widerspruch gegen die jeweilige RLV-Zuweisung zu erkennen. Soweit sich Klägerin und Beklagte – zumindest im Verfahren S 11 KA 7507/10 – darauf beriefen man habe sich geeinigt, dass ein Vorverfahren entbehrlich sei, da es sich um Musterverfahren handle, vermöge dies zu keinem anderen Ergebnis zu führen. § 78 Abs. 1 Satz 1 i.V.m. Abs. 3 SGG sehe ein Vorverfahren als zwingende Voraussetzung für Anfechtungsklagen (und über Abs. 3 auch für Verpflichtungsklagen) vor. Hiervon könne nur in den in § 78 Abs. 1 Satz 2 SGG genannten Fällen abgewichen werden. Zudem seien seitens der Klägerin auch keine Wiedereinsetzungsanträge gemäß § 67 SGG in die Widerspruchsfrist gestellt worden. Solche Anträge wären mittlerweile auch unzulässig, vgl. § 67 Abs. 3 SGG. Darüber hinaus sei den Klagen auch inhaltlich der Erfolg verwehrt. Im Termin habe die Klägerin ihren Vortrag dahingehend konkretisiert, dass die von ihr erbrachten Gesprächsleistungen auf Grund der Zeitgebundenheit mit den Gesprächsleistungen des psychiatrisch-psychotherapeutischen Behandlungsspektrums vergleichbar seien. Dem vermöge die Kammer nicht zu folgen. Die Begrenzung der Punktwertstützung auf die sowohl zeitgebundenen als auch genehmigungsbedürftigen Leistungen und die Ausgrenzung derjenigen, die wie die probatorischen Sitzungen nur zeitgebunden, nicht aber genehmigungsbedürftig seien, verstoße nicht gegen das Gleichbehandlungsgebot des Art. 3 Abs. 1 GG (BSG, Urteil vom 29.08.2007, – B 6 KA 35/06 R -, in juris). Insoweit wiederholte das SG die Ausführungen aus der Urteilsbegründung im Verfahren S 11 KA 3026/12.

Die Urteile wurden dem Bevollmächtigten der Klägerin am 02.05.2014 gegen Empfangsbekenntnis zugstellt. Hiergegen richten sich die am 27.05.2014 zum LSG erhobenen Berufungen der Klägerin (L 5 KA 2350/14; L 5 KA 2351/14; L 5 KA 2352/14; L 5 KA 2354/14).

3. Das LSG hat die Berufungen sodann zur gemeinsamen Verhandlung und Entscheidung unter dem AZ L 5 KA 2350/14 verbunden.

Zur Begründung ihrer Berufung trägt die Klägerin vor, dass der Begründetheit der Klage nicht entgegenstehe, dass die Zuweisungen über das RLV in den streitgegenständlichen Quartalen nicht angefochten worden seien. Der vor dem SG anwesende Vertreter der Beklagten habe selbst vorgetragen, dass eine ausdrückliche Vereinbarung zwischen der Beklagten und den Psychotherapeutenverbänden getroffen worden sei, wonach aufgrund der mit der Beklagten vereinbarten Musterklageverfahren gesonderte Widersprüche gegen die RLV-Zuweisungen nicht erforderlich seien. Ungeachtet dessen sei zu berücksichtigen, dass die Klägerin durch die Widerspruchseinlegung gegen die Honorarbescheide auch konkludent Widerspruch gegen die Zuweisung der RLV eingelegt habe. Nur so könne der Widerspruch verstanden werden. Im Hinblick auf die fehlende Rechtsmittelbelehrung der RLV-Zuweisung sei die Widerspruchsfrist auch gewahrt worden. Schließlich aber sei zu berücksichtigen, dass die Beklagte selbst in den Honorarbescheiden von der Zuweisung des RLV abgewichen sei. Insoweit habe sich die Beklagte selbst nicht an die Bestandskraft gehalten. Die Klage sei darüber hinaus auch begründet, da sie, die Klägerin, einen Rechtsanspruch auf Höherbewertung ihrer Gesprächsleistungen aus Art. 3 Abs. 1 GG habe. Nach dem Gleichheitsgebot seien aufgrund ihrer Ungleichheit gegenüber anderen Leistungsarten psychiatrische Gesprächsleistungen auch "partiell" ungleich zu behandeln. Die Vergütung der in Rede stehenden Leistungen sei unangemessen niedrig aufgrund der die Existenz und Versorgung gefährdenden Bedingungen über den Gesamtzeitraum 2007 bis heute. Die Vergütungsverhältnisse hätten sich auf die Versorgungsstrukturen niedergeschlagen und die Sicherstellung der Versorgung der Patienten gefährdet, weil der Bedarf an psychiatrischen Gesprächsleistungen nicht unter wirtschaftlich tragbaren Bedingungen hätte gedeckt werden können und Psychiater vor die Alternative gestellt worden seien, entweder ihre Patienten nicht angemessen zu versorgen oder sich durch ihr adäquates Gesprächsangebot an ihre Patienten ins wirtschaftliche Abseits zu manövrieren. Nur weil die Mehrzahl der Psychiater entsprechend den wirtschaftlichen Notwendigkeiten sich schwerpunktmäßig auf Kurzkontakte mit hoher Rücküberweisungsquote beschränken würden, liege die arztgruppenspezifische durchschnittliche Fallzahl hoch und die arztgruppenspezifischen durchschnittlichen Fallwerte niedrig. Dieser Mechanismus sei wiederum dafür verantwortlich, dass die Praxen sich ganz überwiegend auf ein medikamentöses Management bei Schwerkranken beschränkten oder sich Praxen bei Versorgung dieser Patienten mit hinreichend psychiatrisch-psychotherapeutischer Begleitung in die Unwirtschaftlichkeit begeben würden. Vor diesem Hintergrund seien die Aussagen des SG in den streitgegenständlichen Urteilen unzutreffend, weil es hier hinsichtlich der 10 Minuten Gesprächsleistung von "einer Leistung des Spektrum" spreche. Vielmehr handele es sich hierbei um eine Kernleistung die nicht sachgerecht bewertet sei. Zusammenfassend sei festzustellen, dass nur ein PZGV/RLV, das beim Fallwert an einer erforderlichen durchschnittlichen Kontaktzeit zum Patienten bemessen sei, den bei Psychiatern vorliegenden Besonderheiten gerecht werde. Diese Besonderheiten machten es erforderlich, dass im Sinne des Gleichheitssatzes des GG für die psychiatrischen Praxen eine ungleiche, spezifische Form des PZGV/RLV zur Anwendung komme. Dementsprechend sei auch die Bewertung der Leistungen im EBM unzureichend. Unzutreffend sei das SG im Übrigen davon ausgegangen, dass die Nachzahlungsverpflichtung aufgrund des Urteils des BSG vom 17.03.2010 (B 6 KA 43/08 R, in juris) im vorliegenden Verfahren nicht relevant sei. Dies habe sie keinesfalls zugestanden. Vielmehr sei die Rechtsprechung des BSG im vorliegenden Verfahren für den Zeitraum 2005 bis 2008 umzusetzen. Unzutreffend sei auch das SG davon ausgegangen, dass im vorliegenden Fall für den Zeitraum bis 2008 bei der Berechnung des PZGV ein Faktor von 0,8 zu berücksichtigen sei. Richtiger Weise habe der Faktor in diesem Zeitraum bei 0,7 gelegen. Im Übrigen zeige der weitere Verlauf in den Jahren 2009 bis 2013, dass trotz vielfältiger Maßnahmen eine Steigerung des Honorars der psychiatrischen Praxen nicht erreicht worden sei. Die Entwicklung belege, dass eine wirtschaftliche Praxisführung nicht erreichbar sei. Konkret sei darüber hinaus hinsichtlich der Quartale 3/2009 bis 2/2010 die Quotierung der zu diesem Zeitpunkt als Freie Leistungen erbrachten Leistungen zu bemängeln.

Die Klägerin beantragt,

die Urteile des Sozialgerichts Stuttgart vom 06.03.2014 sowie die Honorarbescheide der Beklagten für die Quartale 1/2007 und 3/2007 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 14.07.2008, die Honorarbescheide der Beklagten für die Quartale 1/2008 und 3/2008 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 15.10.2009 beide i. d. F. des Bescheids vom 09.08.2013, die Honorarbescheide der Beklagten für die Quartale 2/2009 bis 4/2009 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 04.11.2010, die Honorarbescheide der Beklagten für die Quartale 1/2010 und 2/2010 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 27.05.2011, die Honorarbescheide der Beklagten für die Quartale 3/2010 und 4/2010 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 12.01.2012, den Honorarbescheid der Beklagten für das Quartal 4/2012 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 02.12.2013 und den Honorarbescheid der Beklagten für das Quartal 1/2013 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 02.12.2013 aufzuheben und die Beklagte zu verpflichten, die Klägerin unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts neu zu bescheiden,

hilfsweise, die Revision zuzulassen.

Die Beklagte beantragt,

die Berufungen zurückzuweisen.

Zur Begründung weist die Beklagte bzgl. der gleichzeitigen Anfechtung der RLV-Zuweisungsbescheide darauf hin, dass sie mit der Klägerin nicht vereinbart habe, erforderlichenfalls Zweitbescheide zu erlassen. Im Übrigen führt die Beklagte aus, dass das SG zutreffend den Gestaltungsspielraum der Normsetzer herausgestellt habe. Dieser sei vorliegend nicht überschritten worden. Dem BewA stehe bei Einführung komplexer Regelungen ein besonders weiter Gestaltungsspielraum zu. Soweit die Klägerin im Quartal 2/2009 wegen Überschreitung des RLV in nicht unerheblicher Höhe Kürzungen habe hinnehmen müssen, sei das RLV in den Quartalen 3/2009, 4/2009 und 2/2010 - nach der Herausnahme der psychiatrischen Gesprächsleistung aus dem RLV - nur noch in Höhe von 208,66 EUR bzw. 1.156,04 EUR bzw. 1.649,08 EUR überschritten worden. Im Quartal 1/2010 sei das RLV sogar um 868,92 EUR unterschritten worden. Die Überschreitung im Quartal 2/2009 sei darüber hinaus durch die Konvergenzregelung in ihren Auswirkungen deutlich abgemildert worden. Hinsichtlich des Zeitraums 2/2005 bis 4/2008 habe das SG im Übrigen zutreffend ausgeführt, dass die Klägerin mit ihren Einnahmen zwar deutlich unter dem Durchschnitt liege. Dies sei jedoch Folge der besonderen Praxisbesonderheiten der Klägerin. Die Ausführungen der Klägerin zur Leistungsbewertung im Allgemeinen und im Besonderen im EBM würden im Übrigen verkennen, dass die psychiatrischen Gesprächsleistungen zwar unter Umständen einen Kernbereich der psychiatrischen Praxis betreffe. Letztlich müsse jedoch eine Facharztpraxis ein breites Leistungsspektrum anbieten. Andernfalls müsse sie die Konsequenzen aus ihrer Spezialisierung selbst tragen. Die im Übrigen bemängelte Quotierung Freier Leistungen zwischen dem Quartal 3/2009 bis 2/2010 sei nach der ständigen Rechtsprechung des BSG zulässig. Zutreffend habe das SG in seinem Urteil die Rechtsprechung des BSG übernommen, wonach gerade die Kombination von Zeitgebundenheit und Genehmigungsbedürftigkeit dazu führe, dass Vertragsärzte bzw. Psychotherapeuten insoweit weder den Leistungsumfang noch die in einem bestimmten Zeitraum maximal abrechenbaren Punkte nachhaltig beeinflussen könnten und nur deshalb einer Stützung bedürften. Insoweit sei darauf hinzuweisen, dass das durchschnittliche Honorar der Arztgruppe der Psychiater mit höchstens 30% Richtlinienpsychotherapie deutlich über dem durchschnittlichen Honorar der ärztlichen Psychotherapeuten gelegen habe.

1/2009 2/2009 3/2009 4/2009 1/2010 2/2010 Psychiater 40.819,44EUR 36.901,10EUR 38.302,50EUR 40.389,48EUR 38.078,41EUR 35.8884,46EUR ärztlichen Psychotherapeuten 18.866,46EUR 17.496,88EUR 17.139,13EUR 18.533,90EUR 19.115,86EUR 18.340,33EUR

Die von der Klägerin gerügte Ungleichbehandlung zu Lasten der ärztlichen Psychiater sei daher nicht ersichtlich. Abschließend sei noch darauf hinzuweisen, dass bei der Berechnung der Fallzahlen der Klägerin nicht der Faktor 0,7 zugrunde gelegt worden sei

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird auf deren Schriftsätze sowie die Akten der Beklagten, des SG und des Senats Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

Die Berufungen der Klägerin sind gemäß §§ 143, 144 SGG statthaft; der Beschwerdewert des § 144 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 SGG (750 EUR) ist bei den vorliegend streitigen Honorarforderungen unzweifelhaft überschritten. Die Berufungen sind form- und fristgerecht eingelegt und daher auch im Übrigen gemäß § 151 SGG zulässig.

Streitgegenstand des vorliegenden Verfahrens sind lediglich die Honorarbescheide für die Quartale 1/2007 und 3/2007 (S 11 KA 3026/12), die Honorarbescheide für die Quartale 1/2008 und 3/2008 (ursprünglich S 11 KA 3027/12), die Honorarbescheide für die Quartale 2/2009 bis 4/2009 (S 11 KA 7507/10), die Honorarbescheide für die Quartale 1/2010 und 2/2010 (ursprünglich S 11 KA 3615/11), die Honorarbescheide für die Quartale 3/2010 und 4/2010 (S 11 KA 802/12), der Honorarbescheid für das Quartal 4/2012 (S 11 KA 7226/13) und der Honorarbescheid für das Quartal 1/2013 (S 11 KA 25/14). Nicht streitgegenständlich sind die Zuweisungsbescheide für das RLV für die entsprechenden Quartale ab 2/2009. Ausweislich der Niederschrift hat die rechtskundig vertretene Klägerin in ihren Anträgen lediglich die Aufhebung und Neubescheidung der genannten Honorarbescheide beantragt. Ihr Antrag kann im Übrigen auch nicht erweiternd ausgelegt werden, nachdem unstreitig im Rahmen der mündlichen Verhandlung die Einbeziehung bzw. die Bestandskraft des RLV diskutiert worden war.

Streitig ist für sämtliche Quartale im Übrigen nicht länger der in den Honorarbescheiden teilweise erfolgte Konvergenzabzug. Diesen hat die Beklagte aufgrund des Änderungsbescheids vom 09.12.2013 wieder an die Klägerin ausgekehrt.

Die Berufung ist hinsichtlich der Quartale 3/2009, 4/2009 und 1/2013 auch begründet. Im Übrigen jedoch unbegründet.

1. - ursprünglich L 5 KA 2353/14 - Die Klägerin hat keinen Anspruch auf Neubescheidung der Honorarbescheide für die Quartale 1/2007, 3/2007, 1/2008 und 3/2008. Die Beklagte hat mit dem Bescheid vom 09.08.2013 in nicht zu beanstandender Weise das Urteil des BSG vom 17.03.2010 (B 6 KA 43/08 R, in juris) umgesetzt (hierzu unter a). Darüber hinaus ergibt sich auch kein Anspruch auf höhere Vergütung aus verfassungsrechtlichen Gesichtspunkten (hierzu unter b).

a) Unstreitig hat die Beklagte mit Erlass der Honorarbescheide für die Quartale 1/2007, 3/2007, 1/2008 und 3/2008 die Vorgaben der HVV 2007 und 2008 eingehalten. Hierauf weist auch das SG zutreffend in seiner Entscheidung hin. Der Senat nimmt hierauf gem. § 153 Abs. 2 SGG Bezug. Verstöße gegen die Regelungen des HVV werden vorliegend auch nicht geltend gemacht. Soweit die Klägerin unter Hinweis auf die Rechtsprechung des BSG vom 17.03.2010 (B 6 KA 43/08 R, in juris) bemängelt, dass die Beklagte bei Erlass der Honorarbescheide keine festen Auszahlungspunktwerte zu Grunde gelegt hat, hat die Beklagte mit dem Bescheid vom 09.08.2013 die Rechtsprechung des BSG umgesetzt und dies nachgeholt. Dieser Bescheid wurde nach § 96 SGG Gegenstand des Verfahrens. Dass sich ausweislich des Bescheids vom 09.08.2013 kein höherer Honoraranspruch der Klägerin ergibt, ist nicht zu beanstanden.

Der Bescheid vom 09.08.2013 entspricht den Vorgaben des geänderten HVM. Die ursprünglichen HVV 2007 und 2008 waren insofern mit höherrangigem Recht nicht vereinbar, als sie keine festen Punktwerte vorsahen. Die Vertragspartner der HVM schlossen darum die "Vereinbarung über die Änderung der Honorarverteilungsverträge betreffend den Zeitraum Quartal 2/2005 bis einschließlich 4/2007 für den Bereich der Bezirksdirektionen F., K. und R. sowie den Zeitraum Quartal 1/2008 bis 4/2008 für Baden-Württemberg gesamt". Die Änderungsvereinbarung begegnet dem Rechtsmangel der fehlenden festen Punktwerte dadurch, dass die jeweiligen arztgruppenspezifischen Auszahlungspunktwerte für die Quartale 2/2005 bis 4/2008 nachträglich als feste Punktwerte festgelegt werden. An der Höhe der Punktwerte ändert sich dadurch nichts. An der Rechtmäßigkeit dieser Regelung hegt der Senat keinen Zweifel. Die Vorgabe fester Punktwerte in § 85 Abs. 4 Satz 7 SGB V a.F. sollte den Ärzten Kalkulationssicherheit geben, nicht aber ein Honorar in bestimmter Höhe garantieren.

b) Zur Überzeugung des Senats gebieten auch Gleichheitsgesichtspunkte keine höhere Vergütung der Klägerin. Die Begrenzung der Punktwertstützung auf die sowohl zeitgebundenen als auch genehmigungsbedürftigen Leistungen und die Ausgrenzung derjenigen, die - wie die probatorischen Sitzungen - nur zeitgebunden, nicht aber genehmigungsbedürftig sind, verstößt nicht gegen das Gleichbehandlungsgebot des Art. 3 Abs. 1 GG (BSG, Urteil vom 29.08.2007 – B 6 KA 35/06 R -, in juris). Dieses gebietet nach ständiger Rechtsprechung dem Normgeber, wesentlich Gleiches gleich und wesentlich Ungleiches ungleich zu behandeln, belässt dem Normgeber aber Gestaltungsfreiheit. Dieser darf auswählen und gewichten, nach welchen Kriterien er Sachverhalte als im Wesentlichen gleich oder ungleich ansieht; er darf auch pauschalieren, typisieren, generalisieren und schematisieren. Nur wenn für die gleiche oder ungleiche Behandlung ein vernünftiger, einleuchtender Grund fehlt, ist Art. 3 Abs. 1 GG verletzt (BSG, Urteil vom 29.08.2007 – B 6 KA 35/06 R -, in juris, m.w.N.). Nach diesen Maßstäben des Art. 3 Abs. 1 GG ist es nicht zu beanstanden, dass der BewA sich darauf beschränkt hat, eine Punktwertstützung nur für diejenigen zeitgebundenen Leistungen vorzugeben, die auch genehmigungsbedürftig sind (BSG, Urteil vom 29.08.2007 – B 6 KA 35/06 R -, in juris). Der BewA durfte und darf nach dem Merkmal "Genehmigungsbedürftigkeit" differenzieren. Die in der Psychotherapie-Vereinbarung vorgeschriebene Genehmigung der Krankenkassen hat nicht nur formale Bedeutung. Sie verhindert, dass der Patient diese Leistungen einfach von sich aus nachfragen und der Therapeut sie daraufhin ohne Genehmigung der Krankenkasse erbringen kann (BSG, Urteil vom 29.08.2007 – B 6 KA 35/06 R -, in juris). Deswegen kann dieser solche Leistungen nur in enger begrenztem Maße vermehren; er kann weder seinen Leistungsumfang noch die abrechenbare Punktmenge allein nach eigener Entscheidung nachhaltig beeinflussen (BSG, Urteil vom 29.08.2007 – B 6 KA 35/06 R -, in juris m.w.N.). Probatorische Sitzungen kann er demgegenüber rein tatsächlich bei so vielen Patienten nach eigener Indikationsstellung durchführen und abrechnen, wie sie seine Praxis aufsuchen (BSG, Urteil vom 29.08.2007 – B 6 KA 35/06 R-, in juris m.w.N.). Dieser Unterschied ist vom BSG bereits wiederholt herausgestellt worden (u.a. BSG, Urteil vom 29.08.2007 – B 6 KA 35/06 R -, in juris m.w.N.). So können beispielsweise Ärzte für Psychiatrie oder Ärzte für Allgemeinmedizin, die die Qualifikation zur Erbringung und Abrechnung psychotherapeutischer Leistungen besitzen, den Umfang und die Ausrichtung ihrer Tätigkeit in anderer Weise steuern und daneben andere psychotherapeutische bzw. psychosomatische Gesprächs- bzw. Behandlungsleistungen erbringen, die entweder nicht zuvor patientenbezogen bewilligt worden sein müssen oder nicht an exakte Zeitvorgaben gebunden sind. Sie sind daher nicht im gleichen Maße schutzbedürftig (BSG, Urteil vom 25.08.1999 – B 6 KA 17/98 R -, in juris). Dieser Unterschied ist eine ausreichende Rechtfertigung dafür, dass der BewA Punktwertstützungen nur für solche Leistungen vorgeben muss, die sowohl zeitgebunden als auch genehmigungsbedürftig sind. Der BewA ist nicht gehalten, die Vorgaben für Stützungen auch auf solche Leistungen zu erstrecken, die zeitgebunden, aber nicht genehmigungsbedürftig sind (BSG, Urteil vom 29.08.2007 – B 6 KA 35/06 R -, in juris).

Die Festsetzung des Honorars verstößt auch nicht gegen den Grundsatz der Angemessenheit der Vergütung. Nach § 72 Abs. 2 SGB V ist die vertragsärztliche Versorgung durch schriftliche Verträge der KVen mit den Verbänden der Krankenkassen so zu regeln, dass eine ausreichende, zweckmäßige und wirtschaftliche Versorgung der Versicherten gewährleistet ist und die ärztlichen Leistungen angemessen vergütet werden. Unabhängig davon, ob dieser Grundsatz auch bei der Verteilung der Gesamtvergütungen zu berücksichtigen ist, ist dieser jedenfalls vorliegend nicht verletzt, weil die hierfür in ständiger Rechtsprechung des BSG aufgestellten Anforderungen nicht vorliegen. Danach kommt ein subjektives Recht auf höheres Honorar aus § 72 Abs. 2 SGB V iVm Art 12 Abs. 1 GG erst dann in Betracht, wenn in einem fachlichen und/oder örtlichen Teilbereich kein ausreichender finanzieller Anreiz mehr besteht, vertragsärztlich tätig zu werden und deshalb in diesem Bereich die Funktionsfähigkeit der vertragsärztlichen Versorgung gefährdet ist (stRspr des BSG, vgl. BSG, Urteil vom 11.12.2013, - B 6 KA 6/13 R -, in juris m.w.N.). Anhaltspunkte dafür, dass eine solche Situation im Bereich der Beklagten für die Gruppe der Fachärzte für Psychiatrie in dem hier maßgeblichen Zeitraum eingetreten sein könnte, sind nicht ersichtlich. Auch die Klägerin trägt hierzu nichts vor. Soweit sie vorträgt, dass sie sich - im Gegensatz zu ihren Kollegen - weigere ihre Praxis entsprechend umzustrukturieren, macht sie letztlich die Berücksichtigung einer selbst gewählten Behandlungsausrichtung, individueller Praxisstrukturen und individueller Kostenstrukturen bei der Honorarfestsetzung geltend. Spezialisiert sich ein Arzt innerhalb seines Gebietes auf wenige ausgewählte Leistungen mit der Folge, dass ein wirtschaftlicher Ausgleich zwischen einer größeren Zahl unterschiedlicher Leistungen nicht mehr möglich ist, so muss er das Risiko der mangelnden Rentabilität der von ihm betriebenen Spezialpraxis selbst tragen.

Soweit die Klägerin vorträgt, die Regelungen im EBM, insbesondere im Hinblick auf die GOP 21220 EBM, seien unzureichend, teilt der Senat diese Auffassung nicht. Der Senat weist dabei zunächst darauf hin, dass es sich nicht um eine Bewertung im Zusammenhang mit der Honorarverteilung der Beklagten handelt. Vielmehr wurde die Vergütung dieser Leistung durch den BewA im EBM festgelegt. Gemäß § 87 Abs. 1 SGB V vereinbart hierbei die Kassenärztliche Bundesvereinigung mit dem Spitzenverband Bund der Krankenkassen durch BewA als Bestandteil der Bundesmantelverträge einen EBM für die ärztlichen Leistungen. Nach § 87 Abs. 2 Satz 1 SGB V bestimmt der EBM den Inhalt der abrechnungsfähigen Leistungen und ihr wertmäßiges, in Punkten ausgedrücktes Verhältnis zueinander. Dabei erschöpft sich die Funktion des EBM nach der höchstrichterlichen Rechtsprechung nicht darin, einzelne ärztliche Leistungen unter Berücksichtigung medizinischer, betriebswirtschaftlicher und sonstiger Gesichtspunkte zu bewerten. Vielmehr hat der EBM auch das ärztliche Leistungsverhalten zu steuern. Die dem BewA von Gesetzes wegen zukommende Steuerungsfunktion gestattet und erfordert die Einführung ergänzender Bewertungsformen, wie z. B. Komplexgebühren, um die Wirtschaftlichkeit der Leistungserbringung zu fördern und Verteilungseffekte mit dem Ziel einer angemessenen Vergütung zu erreichen. Damit ist der EBM Teil eines aus mehreren Elementen bestehenden Komplex- und Vergütungssystems. Dieser ermöglicht einerseits zusammen mit den anderen Regelungen eine ausreichende, zweckmäßige und wirtschaftliche Versorgung der GKV-Versicherten unter Berücksichtigung des allgemein anerkannten Standes der medizinischen Erkenntnisse und sichert andererseits die angemessene Vergütung im vertragsärztlichen System. Der im BewA herbeizuführende Ausgleich zwischen dem Interesse der Ärzte und der Krankenkassen erfordert also die Berücksichtigung zahlreicher, nicht nur betriebswirtschaftlicher Gesichtspunkte, zum Beispiel der Leistungssteuerung (vgl. BSG, Urteil vom 20.03.1996, - 6 RKa 51/95 -; BSG, Urteil vom 20.01.1999, - B 6 KA 78/97 R -, beide in juris). Nach der höchstrichterlichen Rechtsprechung sind die Beschlüsse des BewA dabei als Normsetzung durch Vertrag zu qualifizieren (vgl. z. B. BSG, Urteil vom 15.05.2002, - B 6 KA 33/01 R -, in juris). Dem BewA kommt dabei Gestaltungsfreiheit zu, welche von der Rechtsprechung zu respektieren ist. Die gerichtliche Kontrolle untergesetzlicher Normen beschränkt sich darauf, ob die Grenzen der Rechtsetzungsbefugnis durch den Normgeber überschritten wurden. Das ist lediglich dann der Fall, wenn sich zweifelsfrei feststellen lässt, dass die Entscheidung des BewA von sachfremden Erwägungen getragen ist, weil etwa eine Gruppe von Leistungserbringern bei der Honorierung bewusst benachteiligt wurde oder dass sich im Lichte des Art. 3 Abs. 1 GG keine vernünftigen Gründe für die Gleichbehandlung von wesentlich Ungleichem bzw. die Ungleichbehandlung von wesentlich Gleichem finden lassen (vgl. BVerfG, Nichtannahmebeschluss vom 22.10.2004, - 1 BvR 528/04 u.a. -, in juris m.w.N.). Der weite Gestaltungsspielraum des BewA bedingt auch, dass Eingriffe der Gerichte in das Gefüge des BewA grundsätzlich zu unterbleiben haben. Nach der Rechtsprechung des BSG kann das vom BewA erarbeitete System autonomer Leistungsbewertungen seinen Zweck nur erfüllen, wenn Eingriffe von außen grundsätzlich unterbleiben. Es ist deshalb nicht zulässig, in ein umfassendes, als ausgewogen zu unterstellendes Tarifgefüge einzugreifen (vgl. BSG, Urteil vom 15.05.2002, - B 6 KA 33/01 R -, in juris). Die Behauptung, Leistungen könnten nicht kostendeckend erbracht werden, rechtfertigt somit keinen Eingriff der Gerichte in die Vertragsgebührenordnungen. Verfassungsrechtliche Bedenken gegen die Gültigkeit der gesetzlichen Vorgaben für die Vergütungsfähigkeit der vertragsärztlichen Leistungen und die Normsetzungsbefugnis des BewA sind nicht erkennbar. Im Rahmen der vertragsärztlichen Versorgung muss nach der Rechtsprechung des BSG das vertragsärztliche Honorar nicht notwendig für jede Einzelleistung kostendeckend sein (vgl. z. B. BSG, Urteil vom 25.11.1998, - B 6 KA 51/98 B -, in juris). Das BSG hat ebenso entschieden, dass sich die Frage, ob für eine Leistung eine kostendeckende Vergütung zu erzielen ist, einer generellen Beantwortung entzieht, da es von individuell beeinflussbaren Faktoren (z. B. Kostenstruktur und Standort der Praxis, Qualität des Dienstleistungsangebots etc.) abhängt, ob eine bestimmte Einzelleistung kostendeckend erbracht werden kann (vgl. BSG, Urteil vom 14.03.2001, - B KA 54/00 R -, in juris). Dem Zuschnitt der vertragsärztlichen Vergütung liegt insgesamt eine Mischkalkulation zu Grunde, sodass es durchaus Leistungen geben kann, bei denen selbst für eine kostengünstig organisierte Praxis kein Gewinn zu erzielen ist (vgl. z. B. BSG, Beschluss vom 11.03.2009, - B 6 KA 31/08 B -, in juris).

Unter Berücksichtigung dieser Vorgaben ist die Vergütung der GOP 21220 EBM nicht zu beanstanden. Es ist nicht ersichtlich, dass der BewA seine Normsetzungsbefugnis überschritten hat. Vielmehr hatte der Senat zu berücksichtigen, dass das Honorar der Klägerin unterdurchschnittlich ist. Die durchschnittlichen Honorareinnahmen von psychiatrischen Facharztpraxen liegen deutlich höher. Insoweit weist der Senat nochmals darauf hin, dass die Klägerin letztlich die Berücksichtigung einer selbst gewählten Behandlungsausrichtung, individueller Praxisstrukturen und individueller Kostenstrukturen bei der Honorarfestsetzung geltend macht. Ihre unterdurchschnittlichen Einnahmen sind nicht allein Folge der behaupteten zu niedrigen Ansätze. Vielmehr ist bei der Praxis der Klägerin auffällig, dass ihre Fallzahl ebenfalls deutlich unterdurchschnittlich ist. Für den Senat ist der pauschale Vortrag, dass eine anderer Praxisausrichtung automatisch zu Lasten der Patienten gehe, nicht nachvollziehbar. Das durchschnittliche Honorar psychiatrischer Facharztpraxen belegt vielmehr, dass eine höhere Vergütung unter dem geltenden EBM möglich ist. Für den Senat fehlen Anhaltspunkte, dass die durchschnittlich (oder höher) abrechnenden Fachärzte dies nur unter Verstoß gegen ihren Versorgungsauftrag erreichen.

2. - ursprünglich L 5 KA 2350/14, L 5 KA 2352/14 und L 5 KA 2354/14 - Die Klägerin hat auch keinen Anspruch auf Neubescheidung ihrer Honoraransprüche für die Quartale 2/2009, 1/2010, 2/2010, 3/2010, 4/2010 und 4/2012. Dem steht die Bestandskraft der RLV-Zuweisungsbescheide entgegen (hierzu unter a). Soweit die psychiatrischen Gesprächsleistungen im Quartal 1/2010 und 2/2010 als Freie Leistungen quotiert vergütet wurde, ist auch dies nicht zu beanstanden (hierzu unter b). Darüber hinaus ergibt sich auch kein Anspruch auf höhere Vergütung aus verfassungsrechtlichen Gesichtspunkten (hierzu unter c).

a) Soweit die Klägerin die Höherbewertung aufgrund der rechtswidrigen Zuweisung eines zu niedrigen RLV bzw. Anwendung der Regelungen über die RLV begehrt, scheitert dies bereits an der Bestandskraft der jeweiligen RLV-Zuweisungsbescheide. Die Zuweisung eines RLV ist gesondert anfechtbar. Die Zuweisung des RLV erfolgt in Form einer eigenständigen Regelung und stellt daher einen Verwaltungsakt dar. Aus der gesonderten Anfechtbarkeit folgt, dass ein Vertragsarzt, der die Zuweisung eines RLV hat bestandskräftig werden lassen, an diese Festsetzung gebunden ist und im nachfolgenden Honorarstreitverfahren nicht mehr deren Fehlerhaftigkeit geltend machen kann (BSG, Urteil vom 15.08.2012 – B 6 KA 38/11 R, in juris, Rn. 10, 11).

Die Klägerin hat im Übrigen in Übereinstimmung mit der Auffassung des SG explizit keinen Widerspruch gegen die RLV-Zuweisungsbescheide eingelegt. Zwar waren die RLV-Zuweisungsbescheide mangels darin enthaltener Rechtsbehelfsbelehrung binnen eines Jahres – und damit auch zum Zeitpunkt der Erhebung der Widersprüche gegen die Honorarbescheide – noch anfechtbar (§ 66 Abs. 2 SGG). Der Senat vermag jedoch in den gegen die Honorarbescheide erhobenen Widersprüchen nicht auch zugleich einen Widerspruch gegen die RLV-Zuweisung zu erkennen. Die Widersprüche beziehen sich nach ihrem jeweiligen Betreff und dem Eingangssatz ausschließlich und ausdrücklich auf die Honorarbescheide. Eine ergänzende Auslegung dahingehend, dass auch der RLV-Zuweisungsbescheid angefochten sein soll, ist nicht möglich. Die Widersprüche sind als Widersprüche gegen die Honorarbescheide bezeichnet. Zwar erwähnt die Klägerin das Wort "Regelleistungsvolumen" in ihren Widersprüchen mehrfach, ohne jedoch im Einzelnen darauf einzugehen, worin konkret ihre Beschwer liegt. Zur Begründung der Widersprüche wird vielmehr allgemein auf die Rechtswidrigkeit der Vergütung der genehmigungspflichtigen und nicht genehmigungspflichtigen Leistungen verwiesen, die nicht dem gestiegenen Gewinn angepasst worden seien. Darüber hinaus werden Verstöße gegen die sich aus dem GG ergebenden Gebote der Verteilungsgerechtigkeit und der Angemessenheit der Vergütung gerügt.

Soweit sich die Klägerin und die Beklagte vor dem SG noch übereinstimmend darauf berufen haben, man habe sich geeinigt, dass ein Vorverfahren entbehrlich sei, da es sich um Musterverfahren handle, vermag dies zu keinem anderen Ergebnis führen. Auch hierauf hat das SG zutreffend hingewiesen. § 78 Abs. 1 Satz 1 i.V.m. Abs. 3 SGG sieht ein Vorverfahren als zwingende Voraussetzung für Anfechtungsklagen (und über Abs. 3 auch für Verpflichtungsklagen) vor. Hiervon kann nur in den in § 78 Abs. 1 Satz 2 SGG genannten Fällen abgewichen werden. Da im vorliegenden Fall weder gesetzlich bestimmt ist, dass es keines Vorverfahrens bedarf (Nummer 1), noch ein Verwaltungsakt einer obersten Bundes- oder Landesbehörde vorliegt (Nummer 2) oder ein Land oder ein Versicherungsträger klagt (Nummer 3) kann von dieser Voraussetzung nicht abgewichen werden. Damit sind die RLV-Zuweisungsbescheide bestandskräftig geworden. Soweit die Klägerin vorgetragen hat, dass die Beklagte durch den Erlass von Zweitbescheiden bereit ist, die Bestandskraft zu durchbrechen, hat die Beklagte dem ausdrücklich widersprochen.

Der Senat sieht auch in den streitgegenständlichen Honorarbescheiden keinen Zweitbescheid hinsichtlich der Zuweisung des RLV. Dies würde nämlich eine entsprechende Regelung voraussetzen. Die Zuweisung des RLV im Honorarbescheid ergibt sich jedoch weder aus materiellen noch aus formellen Gesichtspunkten. Die Regelungen im SGB V gehen davon aus, dass es sich bei der Festsetzung des RLV um eine gesonderte Regelung handelt, die von den Regelungen im Honorarbescheid zu trennen ist (BSG, Urteil vom 15.08.2012 – B 6 KA 38/11 R, in: juris, Rn. 10, 11). Die Zuweisung eines RLV im Honorarbescheid ist dem materiellen Recht daher fremd. Darüber hinaus hat die Beklagte im vorliegenden Verfahren aber auch nicht deutlich gemacht, dass sie das bereits zugewiesene und bestandskräftige RLV abändern will. Dem Honorarbescheid sind diesbzgl. weder explizit noch in der Gesamtschau entsprechende Hinweise zu entnehmen. Insbesondere finden sich weder Bezugnahmen zu den bereits erlassenen RLV-Zuweisungsbescheiden noch eine Begründung, auf welcher Rechtsgrundlage oder mit welchen Begründung eine Abänderung erfolgt.

b) Da die psychiatrischen Gesprächsleistungen nach den GOP 14220, 14222, 21216, 21220 und 21222 EBM allerdings in den Quartalen 1/2010 und 2/2010 (Beschluss des BewA vom 20.04.2009 betr. Quartal 3/2009 bis 2/2010) zu den Freien Leistungen zählten, steht für diesen Zeitraum - entgegen der Ansicht des SG - die Bestandskraft des RLV einer Erhöhung dieser Abrechnungsziffern nicht entgegen. Die Freien Leistungen stehen außerhalb des RLV. Die Einordung dieser streitigen Leistung als Freie Leistungen und ihre Quotierung führt jedoch zu keinem anderen Ergebnis. Insbesondere schließt sich der Senat der Rechtsprechung des BSG zur Rechtmäßigkeit der Quotierung Freier Leistungen an. Der BewA hat in seiner 180. Sitzung am 20.04.2009 in Teil B entschieden, dass auch die sogenannten "Freien Leistungen" ab dem Quartal 3/2009 einer Mengenbegrenzung unterliegen könnten. Die Beklagte hat von dieser Ermächtigungsgrundlage Gebrauch gemacht und eine entsprechende Regelung in Teil B § 3 des ab dem 01.07.2009 geltenden HVV i. V. m. Anlage 4 Nr. 2.2 verankert.

Die genannte Regelung verstößt auch nicht gegen höherrangiges Recht. Die Beklagte ist nach der Rechtsprechung des BSG grundsätzlich berechtigt, eine Quotierung der Freien Leistungen herbeizuführen (BSG, Urteil vom 17.07.2013, - B 6 KA 45/12 R -, Urteil vom 23.03.2016, - B 6 KA 33/15 R -, beide in juris). Eine Honorierung außerhalb des RLV bedeutet zunächst nur, dass die Leistungen nicht der durch das RLV vorgegebenen Mengenbegrenzung unterliegen und damit zusätzlich zu einem ggf. vom Vertragsarzt schon ausgeschöpften RLV honoriert werden. Dass die Freien Leistungen dabei nicht zwingend mit den vollen Preisen der Euro-Gebührenordnung honoriert werden, steht dieser Annahme nicht entgegen, da sich bei begrenzter Gesamtvergütung eine isolierte Betrachtung der Honorierung der Freien Leistungen verbietet. Eine Mengensteuerung im Bereich der Freien Leistungen ist im Übrigen auch nicht deshalb ausgeschlossen, weil die Vergütung von weiteren vertragsärztlichen Leistungen zu den Preisen der Euro-Gebührenordnung gemäß § 87a Abs 3 Satz 5 Halbsatz 2 SGB V a.F. erfolgen kann. Ein Rückschluss von § 87a Abs 3 Satz 5 SGB V a.F. auf die Honorierung der entsprechenden Leistungen nach § 87b Abs 2 Satz 7 SGB V a.F. verbietet sich, da beide Normen verschiedene Ebenen betreffen: § 87a Abs 3 SGB V a.F. regelt die Vereinbarung der Gesamtvergütungen, § 87b Abs 2 SGB V a.F. hingegen die Honorarverteilung. § 87a Abs 3 Satz 1 SGB V a.F. ermächtigt die Landesverbände der Krankenkassen und die Ersatzkassen gemeinsam und einheitlich mit der KV die mit befreiender Wirkung an die jeweilige KV zu zahlende MGV zu vereinbaren. Dies hat zur Folge, dass der einzelne Vertragsarzt keinen Anspruch auf ein Honorar in einer bestimmten Höhe, sondern nur auf einen angemessenen Anteil an der Gesamtvergütung hat (BSG, Urteil vom 03.03.1999, - B 6 KA 8/98 R -, in juris). § 87a Abs 3 Satz 5 Halbsatz 2 SGB V a.F. sieht hinsichtlich der dort genannten Leistungen zwar die Möglichkeit einer Ausnahme von der Koppelung der Gesamtvergütung an den Morbiditätsbedarf vor und ermächtigt die vorgenannten Vertragspartner zu einer Regelung dahingehend, dass diese Leistungen außerhalb der Gesamtvergütung nach den Preisen der Euro-Gebührenordnung vergütet werden (vgl auch BSG, Urteil vom 27.06.2012, - B 6 KA 28/11 R -, in juris). Das betrifft jedoch die Rechtsbeziehungen zwischen den Partnern der Gesamtverträge, die auf diese Weise ein Vergütungsvolumen zusätzlich zum MGV betragsmäßig vereinbaren können. Ein unmittelbarer Rechtsanspruch des Vertragsarztes gegen die KV, die Leistungen, deren Finanzierung außerhalb der MGV erfolgt, ohne Mengensteuerung genau zu den Preisen honoriert zu erhalten, die der gesamtvertraglichen Vereinbarung zu Grunde lagen, besteht nicht. Schließlich dient die vom BewA den Gesamtvertragspartnern ermöglichte Mengensteuerung der nicht vom RLV erfassten Leistungen der Sicherung einer insgesamt "angemessenen" Vergütung aller vertragsärztlicher Leistungen (§ 72 Abs 2 SGB V). Eine feste, begrenzte Gesamtvergütung schließt die Vergütung aller vertragsärztlicher Leistungen mit einem garantierten Punktwert aus. Mengenbegrenzungen oder Quotierungen sind unvermeidlich, und jeder Garantiepreis für bestimmte, mengenmäßig nicht begrenzte Leistungen führt bei entsprechender Mengenentwicklung zwangsläufig zu einer Absenkung der Vergütung anderer Leistungen. Diese Beurteilung liegt der Rechtsprechung des BSG zu den festen Punktwerten im Sinne von § 85 Abs 4 Satz 7 SGB V a.F. zu Grunde, wonach die Festlegung von "absolut" festen Punktwerten von vornherein ausgeschlossen ist, weil bei gedeckelter Gesamtvergütung die Vorgabe fester Punktwerte nur dadurch ermöglicht wird, dass entweder die RLV bzw. Grenzwerte so (niedrig) bemessen werden, dass die gezahlten Gesamtvergütungen ausreichen, um alle erfassten Leistungen mit dem vorgesehenen Punktwert zu vergüten, oder dass dies zu Lasten der "Freien Leistungen" geht. Daher ist auch ein gewisses Floaten der Punktwerte nicht zu vermeiden; das System der RLV bei begrenzter Gesamtvergütung setzt daher die Möglichkeit eine Quotierung auch der Freien Leistungen voraus (BSG, Urteil vom 17.07.2013, - B 6 KA 45/12 R -, in juris m.w.N.). Würden die Freien Leistungen ohne Quotierung vergütet, hätte dies zur Folge, dass der auf diesen Teil der Leistungen entfallende Anteil der Gesamtvergütung für die innerhalb des RLV zu vergütenden Leistungen nicht mehr zur Verfügung steht. Innerhalb des RLV werden jedoch die typischen und speziellen Leistungen einer Arztgruppe (BSG, Urteil vom 29.06.2011, - B 6 KA 20/10 R -, in juris mit Hinweis auf die Rechtsprechung zu den Praxisbudgets) honoriert, und über den festen Punktwert soll den Ärzten Kalkulationssicherheit gegeben werden (BSG, Urteil vom 14.12.2011, B 6 KA 6/11 R -, in juris m.w.N.; BSG Urteil vom 09.05.2012 - B 6 KA 30/11 R -, in juris; vgl auch BSG, Urteile vom 06.02.2013 - B 6 KA 13/12 R - und vom 05.06.2013 - B 6 KA 47/12 R -, beide in juris). Weder eine angemessene Honorierung dieser in das RLV fallenden Leistungen noch eine gewisse Kalkulationssicherheit wären jedoch gewährleistet, wenn die Freien Leistungen vorab unbegrenzt vergütet würden, sodass im Extremfall, also bei zu geringen RLV auch die Funktionsfähigkeit des Systems der RLV insgesamt beeinträchtigt sein könnte (BSG, Urteil vom 17.07.2013, - B 6 KA 45/12 R -, in juris).

c) Hat die Beklagte damit in den o.g. Quartalen die Vorgaben des HVV und des SGB V eingehalten, so ist auch ein Verstoß gegen Verfassungsrecht nicht gegeben. Die Ausführungen hinsichtlich der Zeiträume 2007/2008 gelten auch für die Quartale 2/2009, 1/2010, 2/2010, 3/2010, 4/2010 und 4/2012.

3. - ursprünglich L 5 KA 2350/14 und L 5 KA 2351/14 - Die Klägerin hat jedoch einen Anspruch auf Neubescheidung ihres Honoraranspruchs für die Quartale 3/2009, 4/2009 und 1/2013.

a) Der Senat teilt zwar diesbzgl. erneut nicht die verfassungsrechtlichen Bedenken der Klägerin. Die verfassungsrechtlichen Vorgaben werden zur Überzeugung des Senats eingehalten (s.o. 1b). Darüber hinaus steht für 3/2009, 4/2009 und 1/2013 erneut die Bestandskraft der RLV-Zuweisung einer höheren Bewertung des RLV im Honorarbescheid entgegen. Da die psychiatrischen Gesprächsleistungen allerdings im Zeitraum 3/2009, 4/2009 (bis 2/2010) zu den Freien Leistungen zählten, steht für diesen Zeitraum -wiederum entgegen der Ansicht des SG - die Bestandskraft des RLV einer Erhöhung nicht entgegen. Die Einordung der streitigen Leistung für die Quartale 3/2009, 4/2009 als Freie Leistungen und ihre Quotierung ab 3/2009 führt jedoch zu keinem anderen Ergebnis (s.o. 2b).

b) Ein Anspruch auf Neubescheidung für die Quartale 3/2009, 4/2009 und 1/2013 ergibt sich jedoch aus der Bestandskraft der RLV-Zuweisung für die genannten Quartalen. Wie bereits ausgeführt (s.o. 2a) sind die RLV-Zuweisungsbescheide für die genannten Zeiträume bestandskräftig geworden. Dennoch hat die Beklagte bei der Honorarberechnung diese RLV-Zuweisung bei der Honorarberechnung nicht zu Grunde gelegt, sondern abweichend hiervon niedriger berechnet. Damit hat sie die Bestandskraft der RLV-Zuweisungen zu Lasten der Klägerin in den o.g. Quartalen missachtet, weshalb die Beklagte zur Neubescheidung unter Berücksichtigung der bestandskräftigen RLV-Zuweisungen zu verpflichten war.

4. Die Kostenentscheidung beruht auf § 197a Abs. 1 Satz 1 SGG i.V.m. § 154 Abs. 2 Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO). Im Hinblick auf das nur geringfügige Obsiegen kam eine Kostenquotelung nicht in Betracht.

Die Festsetzung des (endgültigen) Streitwerts für das Berufungsverfahren beruht auf § 52 Abs. 2 Gerichtskostengesetz (GKG), wobei pro Quartal ein Auffangstreitwert von 5.000 EUR festzusetzen war.

Gründe für die Zulassung der Revision (§ 160 Abs. 2 SGG) bestehen nicht.
Rechtskraft
Aus
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