L 5 KA 2456/16

Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Vertragsarztangelegenheiten
Abteilung
5
1. Instanz
SG Stuttgart (BWB)
Aktenzeichen
S 10 KA 7053/13
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 5 KA 2456/16
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Stuttgart vom 18.03.2016 wird zurückgewiesen.

Der Kläger trägt auch die Kosten des Berufungsverfahrens.

Der Streitwert wird für beide Rechtszüge auf 10.000,00 EUR endgültig festgesetzt.

Tatbestand:

Der Kläger begehrt die Festsetzung höheren Honorars für die Quartale 1/2012 und 2/2012 wegen Praxisbesonderheiten (hier infolge vermehrter Erbringung allergologischer Leistungen).

Der Kläger ist Facharzt für Hals-Nasen-Ohrenheilkunde (HNO); er ist mit Vertragsarztsitz in K. zur Teilnahme an der vertragsärztlichen Versorgung zugelassen.

Mit Bescheid vom 23.11.2011 wies die Beklagte dem Kläger für das Quartal 1/2012 ein Regelleistungsvolumen (RLV) von 35.549,50 EUR und ein qualifikationsgebundenes Zusatzvolumen (QZV) von 2.474,50 EUR (insgesamt 38.024,00 EUR) zu. Mit Honorarbescheid vom 16.07.2012 setzte die Beklagte das Honorar für das Quartal 1/2012 (Honorar GKV) auf 49.875,60 EUR fest (RLV und QZV anerkannt: 38.024,01 EUR; Fälle: 1.282). Wegen Überschreitung des RLV und des QZV wurden 4.521,48 EUR quotiert vergütet.

Am 01.12.2011 legte der Kläger Widerspruch gegen den RLV-Zuweisungsbescheid vom 23.11.2011 ein. Am 25.07.2012 erhob er Widerspruch gegen den Honorarbescheid vom 16.07.2012.

Mit Bescheid vom 22.02.2012 wies die Beklagte dem Kläger für das Quartal 2/2012 ein RLV von 36.276,60 EUR und ein QZV von 2.535,84 EUR (insgesamt 38.812,44 EUR) zu. Mit Honorarbescheid vom 15.10.2012 setzte die Beklagte das Honorar für das Quartal 2/2012 (Honorar GKV zzgl. Honorar GKV Notfalldienst) auf 56.248,63 EUR fest (RLV und QZV anerkannt: 38.812,44 EUR; Fälle: 1.263). Wegen Überschreitung des RLV und des QZV wurden 4.713,17 EUR quotiert vergütet.

Am 01.03.2012 legte der Kläger Widerspruch gegen den RLV-Zuweisungsbescheid vom 22.02.2012 ein. Am 25.10.2012 erhob er Widerspruch gegen den Honorarbescheid vom 15.10.2012.

Am 27.06.2012 beantragte der Kläger die Anerkennung von Praxisbesonderheiten hinsichtlich der Erbringung von Akupunkturleistungen ab dem Quartal 3/2010 und hinsichtlich der Erbringung von allergologischen Leistungen ab dem Quartal 1/2009.

Mit Bescheid vom 16.08.2012 lehnte die Beklagte den Antrag des Klägers auf Anerkennung von Praxisbesonderheiten in den Leistungsbereichen der Körperakupunktur und der Allergologie und die Zuweisung eines höheren RLV für das Quartal 2/2012 (und rückwirkend) ab. Zur Begründung führte sie aus, gemäß Teil B § 15 des (hier maßgeblichen) Honorarverteilungsvertrags (HVV) ergäben sich Praxisbesonderheiten aus einem besonderen Versorgungsauftrag oder einer besonderen, für die Versorgung bedeutsamen fachlichen Spezialisierung; das Nähere regele die Kassenärztliche Vereinigung (KV). Ihr Vorstand habe sich auf Leistungsbereiche verständigt, für die eine Praxisbesonderheit regelmäßig in Betracht kommen könne und dazu Richtlinien erlassen. Für den Leistungsbereich der Allergologie sei die Anerkennung einer Praxisbesonderheit grundsätzlich abgelehnt worden, weil dieser Leistungsbereich zu den Standardleistungen der HNO-Ärzte gehöre und daher regelmäßig eine abweichende Typik zur Fachgruppe nicht begründen könne. Hinsichtlich der Körperakupunktur sei die Anerkennung einer Praxisbesonderheit bei Fachgruppen abgelehnt worden, die nach Kapitel 30.7 des seit 01.01.2009 geltenden Einheitlichen Bewertungsmaßstabs für vertragsärztliche Leistungen (EBM) Akupunkturleistungen nicht mehr abrechnen dürften; dazu gehöre die Fachgruppe der HNO-Ärzte. Akupunkturleistungen würden auch nur von wenigen HNO-Ärzten erbracht. Da Akupunkturleistung gar nicht abrechenbar seien, könne hierfür weder ein QZV zugewiesen noch könne wegen dieser Leistungen eine Praxisbesonderheit anerkannt werden.

Am 27.08.2012 legte der Kläger Widerspruch gegen den Bescheid vom 16.08.2012 ein; die Voraussetzungen für die Anerkennung der geltend gemachten Praxisbesonderheiten seien erfüllt. Die HNO-Ärzte würden (u.a.) wegen unterschiedlicher Abstaffelungsquoten für die das RLV/QZV übersteigenden Leistungen gegenüber den Hausärzten sittenwidrig benachteiligt.

Mit Widerspruchsbescheid vom 03.12.2013 wies die Beklagte die Widersprüche des Klägers zurück. Zur Begründung führte sie (u.a.) - ergänzend zur Begründung des Bescheids vom 16.08.2012 - aus, die angefochtenen RLV-Zuweisungsbescheide und Honorarbescheide seien rechtmäßig. Sie habe auch die Anerkennung von Praxisbesonderheiten zu Recht abgelehnt. Ihr Vorstand habe sich in seiner Sitzung vom 28.07.2010 erstmalig auf Leistungsbereiche verständigt, für die Praxisbesonderheiten regelmäßig in Betracht kämen, und er habe die Voraussetzungen für die Anerkennung von Praxisbesonderheiten festgelegt. Erforderlich sei zunächst ein Antrag des Arztes. Sodann könnten sich Praxisbesonderheiten grundsätzlich nur aus Leistungen ergeben, welche einer Mengenbegrenzung durch RLV oder QZV unterlägen. Der besondere Versorgungsbedarf müsse außerdem einen Schwerpunkt in der Praxis darstellen, indem er sich im Bezugsquartal 1/2010 in einem Honoraranteil von mindestens 10% am Gesamthonorarvolumen niederschlage. Schließlich müsse sich der besondere Versorgungsbedarf zudem in einem von der Arztgruppe abweichenden, erhöhten Behandlungsbedarf dokumentieren; die Abweichung müsse mehr als 30% betragen. Seien diese Voraussetzungen erfüllt, werde ein individueller Zuschlag auf den arztgruppenspezifischen RLV-Fallwert gewährt. Hier sei zwar erkennbar, dass der Kläger in manchen Teilbereichen der Allergologie - einer Standardleistung der HNO-Ärzte - mehr Leistungen als die Fachgruppe erbringe. In anderen Bereichen bestehe jedoch keine Abweichung von der Fachgruppentypik bzw. würden weniger Leistungen erbracht, so dass insgesamt kein erhöhter Behandlungsbedarf im Vergleich zur Fachgruppe bestehe. Hinsichtlich der - für HNO-Ärzte grundsätzlich nicht mehr abrechenbaren - Akupunkturleistungen werde bei keinem HNO-Arzt eine Praxisbesonderheit anerkannt. Derzeit gelte noch ein Vorstandsbeschluss, wonach Inhaber von in der Vergangenheit erteilten Genehmigungen Akupunkturleistungen (im RLV) weiter abrechnen dürften. Der Kläger gehöre zu dieser Gruppe. Er werde also nicht benachteiligt, sondern derzeit (sogar) noch privilegiert. Zudem würden Akupunkturleistungen für HNO-Ärzte - indiziert durch die fehlende Abrechenbarkeit nach dem EBM - als fachfremd eingestuft. Deswegen bestehe keine Notwendigkeit für die Anerkennung entsprechender Praxisbesonderheiten. Die Akupunktur stelle kein Kerngebiet dar und gehöre nicht zum Regelleistungsspektrum einer fachärztlichen Praxis. Eine sittenwidrige Benachteiligung der HNO-Ärzte (der Fachärzte) liege ebenfalls nicht vor. Die unterschiedlichen Abstaffelungsquoten der Haus- und der Fachärzte für die Vergütung der das RLV bzw. QZV überschreitenden Leistungen (Quartal 2/2012 im fachärztlichen Versorgungsbereich 20,83%, im hausärztlichen Versorgungsbereich 40,75%) ergäben sich aus dem Abrechnungsverhalten der Ärzte des jeweiligen Versorgungsbereichs bzw. aus der Art und Weise der Bildung der Fachgruppentöpfe (Honorarkontingente) und der Berechnung des RLV bzw. QZV. Rechtsverletzungen lägen nicht vor; man habe die einschlägigen gesetzlichen Vorgaben bzw. die Vorgaben in den einschlägigen Beschlüssen des (Erweiterten) Bewertungsausschusses ((E)BewA) und im HVV beachtet, insbesondere hinsichtlich der Aufteilung der morbiditätsbedingten Gesamtvergütung auf den haus- und fachärztlichen Versorgungsbereich (vgl. Teil B § 5 Abs. 1 HVV) und der Ermittlung des versorgungsbereichsspezifischen RLV-Verteilungsvolumens (etwa durch Vorwegabzüge u.a. für abgestaffelt zu vergütende Leistungen i.H.v. 2% des versorgungsbereichsspezifischen Verteilungsvolumens). Das Gebot der Honorarverteilungsgerechtigkeit sei ebenfalls nicht verletzt. Der fachärztliche und der hausärztliche Versorgungsbereich wiesen Unterschiede auf, die die vorgenommenen Differenzierungen rechtfertigten.

Am 16.12.2013 erhob der Kläger Klage beim Sozialgericht Stuttgart (SG). Hinsichtlich der Anerkennung von Praxisbesonderheiten im Leistungsbereich Allergologie beschränke sich die Klage auf die Gebührenordnungspositionen (GOP) 30120 und 30130 EBM. Ausschließlich ambulant tätige HNO-Ärzte würden (gegenüber belegärztlich tätigen HNO-Ärzten und Hausärzten) sittenwidrig benachteiligt.

Die Beklagte trat der Klage entgegen; sie bezog sich im Wesentlichen auf die Begründung des Widerspruchsbescheids.

Am 18.03.2016 fand die mündliche Verhandlung des SG statt. Die Beteiligten erklärten, über die Anerkennung von Praxisbesonderheiten wegen Akupunktur solle nicht entschieden werden; man wolle die Entscheidung des Landessozialgerichts (LSG) Baden-Württemberg im Berufungsverfahren L 5 KA 3131/14 abwarten.

Mit Urteil vom 18.03.2016 wies das SG die Klage ab. Zur Begründung führte es unter Bezugnahme auf die Begründung des Widerspruchsbescheids (§ 136 Abs. 3 Sozialgerichtsgesetz, SGG) aus, die Klage, die (nur noch) die Anerkennung von Praxisbesonderheiten wegen des Leistungsbereichs der Allergologie zum Gegenstand habe, sei unbegründet. Die entsprechenden Leistungen (GOP 30210 und 30130 EBM: rhinomanometrischer Provokationstest und Hyposensibilisierungsbehandlung) stellten arztgruppenübergreifende spezifische Leistungen dar, die speziellen Versorgungsbereichen zugeordnet seien. Die GOP 30120 EBM könne u.a. von HNO-Ärzten abgerechnet werden, die GOP 30130 EBM von allen Vertragsärzten. Allein daraus folge, dass Allergologieleistungen zu den Standardleistungen der HNO-Ärzte gehörten und deshalb wegen der Erbringung dieser Leistungen in der Regel eine abweichende Typik zur Fachgruppe nicht vorliegen könne. Der Vorstand der Beklagten habe dies auf der Grundlage des Teil B § 15 Abs. 2 HVV in rechtlich nicht zu beanstandender Weise beschlossen; insoweit seien Typisierungen und Pauschalierungen zulässig (LSG Hessen, Urteil vom 27.01.2016, - L 4 KA 68/13 -, in juris). Eine - wie der Kläger behaupte - sittenwidrige Benachteiligung ambulant tätiger HNO-Ärzte liege nicht vor.

Gegen das ihm am 11.06.2016 zugestellte Urteil hat der Kläger am 01.07.2016 Berufung eingelegt. Zur Begründung trägt er vor, auch fachgruppenspezifische Leistungen könnten Praxisbesonderheiten begründen. Die Konzentration auf einen einzelnen engen Leistungsbereich dürfe als Praxisbesonderheit geltend gemacht werden (vgl. BSG, Beschluss vom 21.08.2013, - B 6 KA 23/13 B -, in juris). Das sei bei ihm hinsichtlich der Leistungen nach GOP 3120 (gemeint wohl: 30120) und 30130 EBM der Fall. Dabei handele es sich um arztgruppenübergreifende, spezielle Leistungen, die den von ihm abgedeckten Behandlungsbedarf dauerhaft und nachhaltig (seit vielen Jahren) prägten. Für die genannten Leistungen bestehe in seiner Praxis ein besonderer Versorgungsbedarf, da eine im Vergleich zur Fachgruppe signifikant überdurchschnittliche Leistungshäufigkeit in einem Spezialgebiet vorliege (vgl. LSG Sachsen, Urteil vom 19.03.2014, - L 8 KA 49/11 -; auch SG Marburg, Urteile vom 02.04.2014, - S 12 KA 888/11 - und S 12 KA 889/11 -, alle in juris). Außerdem liege Sittenwidrigkeit vor, da (bspw. im Quartal 2/2012) die das RLV bzw. QZV überschreitenden Leistungen im hausärztlichen Versorgungsbereich zu 41% und im fachärztlichen Versorgungsbereich nur zu 21% vergütet würden. Den Hausärzten würden Leistungen wie Akupunktur, Kleinchirurgie und Sonographie grundsätzlich zu 90% bis 100% vergütet, den HNO-Ärzten großenteils nur zu 20%. Das sei nicht gerechtfertigt. Entsprechendes gelte für die unterschiedliche Vergütung von belegärztlich (grundsätzlich 100%) und ambulant (teils 20%) erbrachten Leistungen (der HNO-Ärzte). All das sei sittenwidrig und verletze die Grundrechte aus Art. 12 Abs. 1 und 3 Abs. 1 Grundgesetz (GG).

Der Kläger beantragt,

das Urteil des Sozialgerichts Stuttgart vom 18.03.2016 aufzuheben und die Beklagte unter Abänderung der RLV-Zuweisungs- und Honorarbescheide für die Quartale 1/2012 und 2/2012 vom 23.11.2011 bzw. 22.02.2012 und 16.07.2012 bzw. 15.10.2012 und unter Aufhebung des Bescheids vom 16.08.2012 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 03.12.2013 zu verurteilen, das Honorar für die genannten Quartale unter Anerkennung von Praxisbesonderheiten wegen vermehrter Erbringung allergologischer Leistungen (GOP 30120 und 30130 EBM) neu festzusetzen.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Sie hält das angefochtene Urteil für zutreffend und nimmt auf die Begründung des Widerspruchsbescheids Bezug. Die Leistungen der Allergologie und die zugehörigen Testungen gehörten zu den Standardleistungen der HNO-Ärzte und begründeten keine von der Fachgruppe abweichende Typik, für die Praxisbesonderheiten anerkannt werden könnten (vgl. BSG, Urteil vom 29.06.2011, - B 6 KA 17/10 R -, in juris). Nach der Weiterbildungsordnung für HNO-Ärzte sei die Erkennung und Behandlung gebietsbezogener allergischer Erkrankungen einschließlich der Notfallbehandlung des anaphylaktischen Schocks Weiterbildungsinhalt der Weiterbildung zum HNO-Arzt. Damit stellten diese Leistungen typische Leistungen des Fachgebiets der HNO-Ärzte dar; um Leistungen eines Spezialgebiets handele es sich nicht. Die vom Kläger angeführte Rechtsprechung des BSG und des SG Marburg ändere daran nichts. Eine sittenwidrige Benachteiligung der HNO-Ärzte (Fachärzte) liege nicht vor. Die Honorarverteilung in den streitigen Quartalen (1/2012 und 2/2012) sei rechtmäßig durchgeführt worden. Die unterschiedlichen Abstaffelungsquoten (für die Vergütung der das RLV/QZV übersteigenden Leistungen) der Haus- und Fachärzte gingen letztendlich darauf zurück, dass dem haus- und dem fachärztlichen Versorgungsbereich jeweils eigene Honorarvolumina zugewiesen seien. In den Quartalen 1/2012 und 2/2012 habe die Quote für die Vergütung der das RLV/QZV übersteigenden Leistungen im fachärztlichen Versorgungsbereich 15,01% bzw. 20,83% und 30,03% bzw. 40,75% betragen. Für die quotierte Vergütung der Leistungsmenge jenseits des RLV/QZV stehe in jedem Versorgungsbereich ein Kontingent von 2% des versorgungsbereichsspezifischen Verteilungsvolumens zur Verfügung. Dieses werde durch die Summe aller Überschreitungen in EUR geteilt, woraus sich die Auszahlungsquote für die das RLV/QZV überschreitenden Leistungen ergebe (vgl. Teil B § 3 Nr. 7 HVV). Einen Anspruch auf die Vergütung jedweder Leistung zu 100% gebe es nicht; die vertragsärztliche Vergütung beruhe vielmehr auf einer Mischkalkulation (vgl. BSG, Urteile vom 11.03.2009, - B 6 KA 31/08 B - und vom 16.05.2001, - B 6 KA 20/00 R -, beide in juris). Im Übrigen sei kein Leistungsbereich generell von Steuerungsmaßnahmen ausgenommen; unabhängig von der Einführung der RLV sei die Bildung von Honorarkontingenten ("Töpfen") nach Arztgruppen oder Leistungsbereichen bzw. in Mischformen zulässig. Eine absolute Vergütungshöhe könne nicht vorgegeben werden (vgl. etwa BSG, Urteil vom 23.03.2016, - B 6 KA 33/15 R -, in juris).

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird auf deren Schriftsätze sowie die Akten der Beklagten, des SG und des Senats Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

Die Berufung des Klägers ist gemäß §§ 143, 144 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 SGG statthaft. Streitgegenstand ist die Festsetzung höheren Honorars für die Quartale 1/2012 und 2/2012 unter Anerkennung von Praxisbesonderheiten wegen vermehrter Erbringung allergologischer Leistungen (GOP 30120 und 30130 EBM); die begehrte Honorarerhöhung übersteigt den Beschwerdewert des § 144 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 SGG (750 EUR). Die Berufung ist form- und fristgerecht eingelegt worden und daher auch im Übrigen gemäß § 151 SGG zulässig. Sie ist jedoch nicht begründet. Die Beklagte hat die Anerkennung von Praxisbesonderheiten zu Recht abgelehnt; die Honorarbescheide für die Quartale 1/2012 und 2/2012 sind rechtmäßig.

Der Senat teilt die Rechtsauffassung des SG und nimmt auf die zutreffenden Entscheidungsgründe des angefochtenen Urteils und ergänzend auf die Begründung des Widerspruchsbescheids vom 03.12.2013 (insbesondere im Hinblick auf die vom Kläger behauptete sittenwidrige bzw. gleichheitswidrige Benachteiligung der (ambulant tätigen) HNO-Ärzte) Bezug (§§ 153 Abs. 1 und 2, 136 Abs. 3 SGG). Ergänzend ist anzumerken:

Im Kern streiten die Beteiligten um die Anerkennung von Praxisbesonderheiten. Ausgangspunkt hierfür sind die Regelungen in Teil F Nr. 3.7 des Beschlusses des BewA vom 26.03.2010. Danach werden die Praxisbesonderheiten zwischen den Partnern der Gesamtverträge geregelt. Praxisbesonderheiten ergeben sich aus einem besonderen Versorgungsauftrag oder einer besonderen, für die Versorgung bedeutsamen fachlichen Spezialisierung. Über das Verfahren der Umsetzung einigen sich die Partner der Gesamtverträge.

Gemäß Teil B § 15 Abs. 1 und 2 des bis 30.09.2012 geltenden und hier maßgeblichen HVV ergeben sich Praxisbesonderheiten - wie im Beschluss des BewA vom 26.03.2010 vorgesehen - aus einem besonderen Versorgungsauftrag oder einer besonderen, für die Versorgung bedeutsamen fachlichen Spezialisierung, wobei das Nähere hierzu die Kassenärztliche Vereinigung (als Verband) regelt, handelnd durch ihren Vorstand (als Organ). Die Ermächtigung der Kassenärztlichen Vereinigung bzw. ihres Vorstands zum Erlass konkretisierender Regelungen zur Honorarverteilung ist rechtlich unbedenklich (vgl. etwa BSG, Urteil vom 29.06.2011, - B 6 KA 17/10 R -, in juris Rdnr. 18). Im Vorstandsbeschluss vom 28.07.2010 hat der Vorstand der Beklagten festgelegt, unter welchen Voraussetzungen Praxisbesonderheiten anzuerkennen sind; für die (hier nicht streitige) Zeit ab 01.10.2012 sind die entsprechenden Regelungen im (jetzt wieder als Satzung zu beschließenden) Honorarverteilungsmaßstab (HVM) getroffen worden.

Der hier noch maßgebliche Vorstandsbeschluss vom 28.07.2010 regelt ersichtlich allein die Anerkennung von Praxisbesonderheiten wegen einer besonderen, für die Versorgung bedeutsamen fachlichen Spezialisierung (Teil F Nr. 3.7 Satz 2 2. Alt. des BewA-Beschlusses vom 26.03.2010) und nicht wegen eines besonderen Versorgungsauftrags (Teil F Nr. 3.7 Satz 2 1. Alt. des BewA-Beschlusses vom 26.03.2010 - zur Unterscheidung beider Tatbestände SG Marburg, Urteil vom 02.04.2014, - S 12 KA 888/11 -, in juris) und knüpft hierfür an die Rechtsprechung des BSG zur Erweiterung der (vormaligen) Praxis- und Zusatzbudgets wegen besonderen Versorgungsbedarfs an (vgl. etwa BSG, Urteil vom 22.03.2006, - B 6 KA 80/04 R -; Urteil vom 28.01.2009, - B 6 KA 50/07 R -, beide in juris). Das Merkmal der besonderen versorgungsbedeutsamen fachlichen Spezialisierung (Teil F Nr. 3.7 Satz 2 2. Alt. des BewA-Beschlusses vom 26.03.2010) wird der Sache nach mit dem Merkmal des besonderen Versorgungsbedarfs (Allgemeine Bestimmungen A I. Teil B Nr. 4.3 EBM a.F.) gleichgesetzt, nachdem die Anerkennung einer Praxisbesonderheit nach Maßgabe des genannten Vorstandsbeschlusses (u.a.) voraussetzt, dass der "besondere Versorgungsbedarf" (die besondere versorgungsbedeutsame fachliche Spezialisierung) einen Schwerpunkt der Praxis darstellt, indem er sich (im Bezugsquartal 1/2010) in einem Honoraranteil von mindestens 10% am Gesamtvolumen niederschlägt; außerdem muss sich der besondere Versorgungsbedarf in einem von der Arztgruppe - um mehr als 30% - abweichenden, erhöhten Behandlungsbedarf dokumentieren. Die Verknüpfung des RLV-rechtlichen Merkmals "besondere versorgungsbedeutsame fachliche Spezialisierung" mit dem budgetrechtlichen Merkmal "besonderer Versorgungsbedarf" entspricht der Rechtsprechung des BSG (Urteil vom 29.06.2011, - B 6 KA 17/10 R -, in juris Rdnr. 21 ff.). Danach erfordert die Anerkennung einer Praxisbesonderheit (in der Honorarverteilung) eine im Leistungsangebot der Praxis zum Ausdruck kommende Spezialisierung und eine von der Typik der Arztgruppe abweichende Praxisausrichtung, die messbaren Einfluss auf den Anteil der im Spezialisierungsbereich abgerechneten Punkte im Verhältnis zur Gesamtpunktzahl hat. Die Abrechnung eines bloßen "Mehr" an fachgruppentypischen Leistungen genügt demgegenüber nicht (BSG, Urteil vom 29.06.2011, - B 6 KA 20/10 R -, in juris). Die Überschreitung des praxisindividuellen RLV muss darauf beruhen, dass in besonderem Maße spezielle Leistungen erbracht werden. Dabei wird es sich typischerweise um arztgruppenübergreifend erbrachte spezielle Leistungen handeln, die eine besondere (Zusatz-)Qualifikation und eine besondere Praxisausstattung erfordern. Deutliches Indiz für einen solchen speziellen Leistungsbereich ist die entsprechende Ausweisung dieser Leistungen im EBM. Besonderheiten einer Praxis streiten dann für eine Ausnahme von den RLV im Interesse der Sicherstellung, wenn der Anteil der Spezialleistungen am Gesamtpunktzahlvolumen überdurchschnittlich hoch ist. Dies wird in der Regel mit einem überdurchschnittlichen Gesamtpunktzahlvolumen einhergehen. Als überdurchschnittlich ist jeweils eine Überschreitung des Durchschnitts bzw. ein Anteil der Spezialleistungen von mindestens 20 % anzusehen (BSG, Urteil vom 29.06.2011, - B 6 KA 17/10 R -, in juris). Mit dem Erfordernis eines auf den Spezialisierungsbereich entfallenden Anteils von mindestens 10% (am Gesamthonorarvolumen) weicht der Vorstandsbeschluss vom 28.07.2010 von der Rechtsprechung des BSG zu Gunsten der Ärzte ab (vgl. auch BSG, Beschluss vom 28.08.2013, - B 6 KA 24/13 B -, in juris); diese sind dadurch also nicht beschwert. Das Erfordernis eines um mehr als 30% von der Fachgruppe abweichenden Behandlungsbedarfs (oder - so § 15 Abs. 2 Satz 3 HVM in der ab dem Quartal 4/2012 geltenden Fassung - einer Überschreitung des durchschnittlichen Fallwerts von mindestens 30%) ist so in der genannten BSG-Rechtsprechung indessen nicht angelegt (vgl. dazu auch etwa LSG Sachsen, Urteil vom 19.03.2014, - L 8 KA 49/11 -, in juris Rdnr. 33).

Bei der nach Maßgabe der vorstehend dargestellten Rechtsgrundsätze durchzuführenden Prüfung der tatbestandlichen Voraussetzungen für die Anerkennung von Praxisbesonderheiten in der Honorarverteilung ist der KV ein (autonomer) Beurteilungsspielraum nicht eröffnet; ihre Entscheidung unterliegt der uneingeschränkten Rechtskontrolle durch die Gerichte (BSG, Urteil vom 29.06.2011, - B 6 KA17/10 R -, in juris Rdnr. 25; zur Anerkennung von Praxisbesonderheiten in der Wirtschaftlichkeitsprüfung und dem den Prüfgremien insoweit eröffneten Beurteilungsspielraum etwa BSG, Urteil vom 28.10.2015, - B 6 KA 45/14 R -, in juris). Bei der Entscheidung darüber, in welchem Umfang das RLV wegen (anerkannter) Praxisbesonderheiten erhöht werden soll, ist der KV demgegenüber ein gerichtlich nur eingeschränkt kontrollierbarer Ermessensspielraum eröffnet (BSG, Urteil vom 29.06.2011, a.a.O. Rdnr. 26).

Davon ausgehend hat die Beklagte die Anerkennung von Praxisbesonderheiten wegen vermehrter Erbringung allergologischer Leistungen zu Recht abgelehnt. Diese Leistungen (nach GOP 30201 und 30130 EBM) stellen - unstreitig - fachgruppentypische Leistungen der HNO-Ärzte dar. Dass der Kläger fachgruppentypische Leistungen vermehrt abrechnet, genügt für die Anerkennung einer Praxisbesonderheit nicht. Außerdem hat er - wie im Widerspruchsbescheid vom 03.12.2013 (unwidersprochen) dargelegt worden ist - nur in Teilbereichen der Allergologie vermehrt Leistungen abgerechnet, in anderen Bereichen jedoch nicht, so dass ein erhöhter Behandlungsbedarf im Vergleich zur Fachgruppe nicht (erst recht nicht um mehr als 30%) dokumentiert ist.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 197a Abs. 1 Satz 1 SGG i.V.m. § 154 Abs. 2 Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO).

Gründe für die Zulassung der Revision bestehen nicht (§ 160 Abs. 2 SGG).

Die Streitwertfestsetzung beruht auf § 52 Abs. 2 Gerichtskostengesetz (GKG). Für jedes streitige Quartal wird der Auffangwert von 5.000,00 EUR angesetzt.
Rechtskraft
Aus
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