Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Vertragsarztangelegenheiten
Abteilung
5
1. Instanz
SG Stuttgart (BWB)
Aktenzeichen
S 10 KA 7224/11
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 5 KA 3426/14
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Stuttgart vom 16.04.2014 wird zurückgewiesen.
Der Kläger trägt auch die Kosten des Berufungsverfahrens.
Der Streitwert wird für beide Rechtszüge auf 15.000,00 EUR endgültig festgesetzt.
Tatbestand:
Der Kläger begehrt höheres Honorar für die Quartale 1/2009 und 3/2009 durch die Zuweisung eines höheren Regelleistungsvolumens (RLV) wegen Praxisbesonderheiten infolge der Erbringung von Leistungen der physikalischen Therapie sowie die Anerkennung dieser Praxisbesonderheiten für die Zukunft (ab dem Quartal 3/2011).
Der Kläger ist Facharzt für Chirurgie und Unfallchirurgie; er ist mit Vertragsarztsitz in A. zur Teilnahme an der vertragsärztlichen Versorgung zugelassen. Der Kläger beschäftigt in seiner Praxis eine angestellte Physiotherapeutin für die Erbringung physikalischer Behandlungsleistungen. Deswegen ist ihm (unter Geltung der vormaligen Budgetierungsregelungen) ein qualifikationsgebundenes Zusatzbudget "Physikalische Therapie" zuerkannt worden. Mit Bescheid der KV S. vom 08.10.1997 wurde die Fallpunktzahl des Zusatzbudgets zur Sicherstellung eines besonderen Versorgungsbedarfs um 70 Punkte erhöht.
Mit Bescheid vom 19.12.2008 wies die Beklagte dem Kläger für das Quartal 1/2009 ein RLV von 34.130,31 EUR zu. Mit Honorarbescheid vom 07.10.2009 setzte die Beklagte das Honorar für das Quartal 1/2009 auf 72.418,20 EUR fest (RLV anerkannt: 35.270,72 EUR; Fälle: 1.376). Wegen Überschreitung des RLV wurden 5.345,14 EUR quotiert vergütet. Mit Honorarbescheid vom 24.06.2010 wurde das Honorar für das Quartal 1/2009 auf 71.775,89 EUR neu festgesetzt. Wegen Überschreitung des RLV wurden 5.205,14 EUR quotiert vergütet.
Am 15.01.2009 legte der Kläger Widerspruch gegen den RLV-Zuweisungsbescheid vom 19.12.2008 ein; gegenüber dem Quartal 1/2008 komme es zu einer Honorarminderung um 15.000,00 EUR.
Am 09.02.2010 legte der Kläger Widerspruch gegen den Honorarbescheid vom 07.10.2009 für das Quartal 1/2009 ein. Dieser Widerspruch wurde mit Widerspruchsbescheid vom 28.07.2010 (als unzulässig) zurückgewiesen; Klage wurde nicht erhoben.
Mit Bescheid vom 24.06.2009 wies die Beklagte dem Kläger für das Quartal 3/2009 ein RLV von 35.707,15 EUR zu. Mit Honorarbescheid vom 15.01.2010 setzte die Beklagte das Honorar für das Quartal 3/2009 auf 65.880,52 EUR fest (RLV anerkannt: 35.707,13 EUR; Fälle: 1.472). Wegen Überschreitung des RLV wurden 3.739,93 EUR quotiert vergütet. Mit Honorarbescheid vom 08.09.2011 wurde das Honorar für das Quartal 3/2009 auf 66.145,23 EUR neu festgesetzt. Wegen Überschreitung des RLV wurden 3.755,45 EUR quotiert vergütet.
Gegen den RLV-Zuweisungsbescheid vom 24.06.2009 für das Quartal 3/2009 wurde Widerspruch nicht eingelegt. Am 09.02.2010 (Schreiben vom 07.02.2010) erhob der Kläger Widerspruch gegen den Honorarbescheid vom 15.01.2010 für das Quartal 3/2009.
Mit Schreiben vom 29.03.2009 und 10.02.2011 beantragte der Kläger die Zuweisung eines höheren Punktzahlgrenzvolumens (PZGV) wegen der Erbringung von Leistungen der physikalischen Therapie durch die in seiner Praxis angestellte Physiotherapeutin (rückwirkend) ab dem Quartal 1/2008.
Mit Bescheid vom 18.04.2011 gewährte die Beklagte dem Kläger für das Quartal 4/2008 einen individuellen Aufschlag auf die Fallpunktzahlen des PZGV von 60 Punkten (ebenso für das Quartal 3/2008 mit Bescheid vom 18.05.2010). Die Zuweisung eines höheren RLV ab dem Quartal 3/2010 lehnte sie ab. Zur Begründung (der Ablehnungsentscheidung) führte die Beklagte aus, man habe die Schreiben des Klägers vom 29.03.2009 und 10.02.2011 als Anträge auf Anhebung des PZGV für das Quartal 4/2008 und des RLV ab dem Quartal 3/2010 gewertet. Nach Teil F Nr. 3.7 des Beschlusses des Bewertungsausschusses (BewA) vom 26.03.2010 würden (mit Wirkung zum 01.07.2010) die Praxisbesonderheiten von den Gesamtvertragspartnern geregelt. Praxisbesonderheiten ergäben sich aus einem besonderen Versorgungsauftrag oder einer besonderen für die Versorgung bedeutsamen fachlichen Spezialisierung. Diese Regelung sei in Teil B § 15 des einschlägigen Honorarverteilungsvertrags (HVV) umgesetzt worden, wobei die KV Baden-Württemberg das Nähere regele. Ihr Vorstand habe für die Berücksichtigung von Praxisbesonderheiten Richtlinien festgelegt. Erforderlich sei zunächst ein Antrag des Arztes. Sodann könnten sich Praxisbesonderheiten grundsätzlich nur aus Leistungen ergeben, welche einer Mengenbegrenzung durch RLV oder QZV unterlägen. Der besondere Versorgungsbedarf müsse außerdem einen Schwerpunkt in der Praxis darstellen, indem er sich im Bezugsquartal 1/2010 in einem Honoraranteil von mindestens 10% am Gesamthonorarvolumen niederschlage. Schließlich müsse sich der besondere Versorgungsbedarf zudem in einem von der Arztgruppe abweichenden, erhöhten Behandlungsbedarf dokumentieren; die Abweichung müsse mehr als 30% betragen. Seien diese Voraussetzungen erfüllt, werde ein individueller Zuschlag auf den arztgruppenspezifischen RLV-Fallwert gewährt. Für den Leistungsbereich physikalische Therapie sei die Anerkennung einer Praxisbesonderheit grundsätzlich abgelehnt worden, weil diese Leistungen zu den Standardleistungen der Chirurgen gehörten. Man habe gleichwohl die vorstehend dargestellten Anerkennungsvoraussetzungen geprüft und festgestellt, dass diese nicht erfüllt seien. Der Honoraranteil der in Rede stehenden Leistungen betrage im Referenzquartal 1/2010 nur 4,42%, so dass ein entsprechender Praxisschwerpunkt nicht indiziert sei.
Unter dem 15.05.2011 erhob der Kläger Widerspruch gegen den Bescheid vom 18.04.2011. Er habe seit 20 Jahren Leistungen der physikalischen Therapie, die die bei ihm angestellte Physiotherapeutin erbracht habe, abgerechnet. Bei der Berechnung des Honoraranteils dieser Behandlungsleistungen im Referenzquartal 1/2010 müsse der für das Quartal 4/2008 gewährte Aufschlag auf die Fallpunktzahlen des PZGV berücksichtigt werden. Die Erbringung physikalischer Behandlungen gehöre auch nicht zu den Standardleistungen der Chirurgen; diese Leistungen würden von entsprechendem Fachpersonal (und nicht von Ärzten) erbracht. Die vom Vorstand festgelegte 10%-Grenze für die Anerkennung von Praxisbesonderheiten sei willkürlich.
Mit Widerspruchsbescheid vom 28.11.2011 wies die Beklagte die Widersprüche des Klägers gegen den RLV-Zuweisungsbescheid für das Quartal 1/2009, gegen die Honorarbescheide für das Quartal 3/2009 und gegen den Bescheid vom 18.04.2011 zurück. Zur Begründung führte sie aus, der RLV-Zuweisungsbescheid für das Quartal 1/2009 sei rechtmäßig; er entspreche den hierfür geltenden Vorschriften (insbesondere) des HVV (vgl. Teil B §§ 3 Nr. 14, 5 HVV). Der Kläger habe Honorar und Fallwert trotz rückläufiger Fallzahl steigern können; ein Honorarverlust sei nach der endgültigen Honorarfestsetzung nicht eingetreten. Während der Konvergenzphase würden Praxisbesonderheiten über die Konvergenzregelung berücksichtigt. Für die Zeit ab dem Quartal 3/2010 seien (u.a.) die von ihrem Vorstand beschlossenen Richtlinien für die Anerkennung von Praxisbesonderheiten maßgeblich; diese seien rechtlich nicht zu beanstanden. Das gelte namentlich für die 10%-Grenze zur Anerkennung eines Praxisschwerpunkts und auch für die Festlegung des Quartals 1/2010 als Referenzquartal. Auf die Verhältnisse des Quartals 4/2008 (und den für dieses Quartal gewährten Aufschlag auf die Fallpunktzahl des PZGV) komme es daher nicht an. Nach Maßgabe der Regelungen in Kapitel 30.4 des Einheitlichen Bewertungsmaßstabs für vertragsärztliche Leistungen (EBM) könnten die Gebührenordnungspositionen (GOP) dieses Abschnitts (Physikalische Therapie) u.a. von Fachärzten für Chirurgie oder von Ärzten, die einen entsprechend qualifizierten nichtärztlichen Mitarbeiter (Masseur, Physiotherapeut) anstellten und dessen Qualifikation gegenüber der KV nachwiesen, abgerechnet werden. Der Kläger (als Facharzt für Chirurgie) sei daher grundsätzlich abrechnungsbefugt. Die Leistungen seines Fachpersonals würden ihm zugerechnet. Wegen der Anstellung von Fachpersonal müsse die 10%-Grenze für die Anerkennung eines Praxisschwerpunkts daher nicht geändert werden. Die Anstellung von Fachpersonal liege im Ermessen des Klägers. Für die Anerkennung von Praxisbesonderheiten im Bereich der physikalischen Therapie werde - wie ihr Vorstand beschlossen habe - ein GOP-Kranz zugrunde gelegt. Dieser bestehe aus den GOP 30300, 30301, 30400, 30401, 30402, 30410, 30411, 30420, 30421, 30430 und 30431 EBM. Zu diesen GOPen, die der Kläger nicht alle abgerechnet habe, zählten Standardleistungen der Chirurgen. Das bedeute, dass Leistungen nach den genannten GOPen von 80% bis 100% der Fachgruppe erbracht würden. Soweit sich unter dem GOP-Kranz Standardleistungen befänden, könne eine Abweichung von der Fachgruppentypik regelmäßig nicht festgestellt werden. Auch seien die Voraussetzungen für die Anerkennung einer Praxisbesonderheit, was im Einzelfall aus Sicherstellungsgründen in Betracht komme und was man hilfsweise geprüft habe, nicht erfüllt.
Am 22.12.2011 erhob der Kläger Klage beim Sozialgericht Stuttgart (SG). Zur Begründung wiederholte er sein bisheriges Vorbringen; bei einem Honorar von 68.783,00 EUR entfielen auf physikalische Leistungen 6.855,00 EUR und damit 10% (Quartal 3/2010). Er habe physikalische Behandlungen vermehrt abgerechnet (bis zu 234% über dem Fachgruppendurchschnitt); das genüge für die Anerkennung einer Praxisbesonderheit (Schreiben des Klägers vom 01.04.2012).
Die Beklagte trat der Klage entgegen. Sie bezog sich im Wesentlichen auf die Begründung des Widerspruchsbescheids. Die verfügte RLV-Zuweisung und die Honorarfestsetzung stünden in Einklang mit den einschlägigen rechtlichen Vorgaben, insbesondere im HVV. Entsprechendes gelte für die Ablehnung der geltend gemachten Praxisbesonderheit. Die vom Kläger - für das Quartal 3/2010 - angestellte Berechnung (Gesamthonorar 68.783, 00 EUR, physikalische Therapie 6.855,00 EUR), die im Übrigen einen Honoraranteil der physikalischen Therapie nicht von 10%, sondern von 9,97% ergebe, liege neben der Sache. Die Einbeziehung von Leistungen nach GOP 02510 und 02511 EBM (Wärmetherapie, Elektrotherapie) sei nicht statthaft. Das Merkmal "besonderer Versorgungsbedarf" verlange eine im Leistungsangebot der Praxis zum Ausdruck kommende Spezialisierung und eine von der Typik der Fachgruppe abweichende Praxisausrichtung, die messbaren Einfluss auf den Anteil der im Spezialisierungsbereich abgerechneten Punkte im Verhältnis zur Gesamtpunktzahl haben müsse. Die Abrechnung eines "Mehr" an fachgruppentypischen Leistungen genüge für die Anerkennung einer Praxisbesonderheit nicht. Fachgruppentypische Leistungen könnten eine abweichende Praxisausrichtung nicht begründen. Die GOPen 02510 und 02511 EBM hätten keine arztgruppenübergreifenden speziellen, sondern arztgruppenübergreifende allgemeine Leistungen zum Gegenstand und seien vorliegend nicht von Belang. Die für die Anerkennung einer Praxisbesonderheit (allein) in Betracht kommenden Leistungen im Bereich der physikalischen Therapie (GOP 30400, 30400A, 30420 und 30420A EBM) machten im Quartal 3/2010 daher nur einen Betrag von 4.488,24 EUR aus. Außerdem sei auf das Verhältnis der im Spezialisierungsbereich abgerechneten Leistungen zum Gesamtleistungsbedarf (hier 5,30%) und nicht zum Honorarzahlbetrag abzustellen. Auf die Punktzahl pro Fall komme es ebenso wenig an wie auf die Abweichung (des Abrechnungsverhaltens) von der Fachgruppe. In den Quartalen 1/2009 bis 4/2011 liege der Anteil der Leistungen für physikalische Therapie am Gesamtleistungsbedarf zwischen 4,53% und 5,60% und damit durchweg unter der maßgeblichen 10%-Grenze. Im Übrigen seien der Honorarbescheid für das Quartal 1/2009 und der RLV-Zuweisungsbescheid für das Quartal 3/2009 bestandskräftig geworden. Das gelte auch für den RLV-Zuweisungsbescheid für das Quartal 3/2010. Gegen die Honorarbescheide für die Quartale 4/2010 und 1/2011 und gegen die RLV-Zuweisungs- und Honorarbescheide für die Quartale 3/2011 und 4/2011 sei Widerspruch nicht eingelegt worden.
Mit Urteil vom 16.04.2014 wies das SG die Klage ab. Zur Begründung führte es unter Bezugnahme auf die Begründung des Widerspruchsbescheids (§ 136 Abs. 3 Sozialgerichtsgesetz, SGG) u.a. aus, die Klage sei (im Wesentlichen) unzulässig, weil der Honorarbescheid für das Quartal 1/2009 und der RLV-Zuweisungsbescheid für das Quartal 3/2009 bestandskräftig geworden seien (vgl. dazu Bundessozialgericht (BSG), Urteil vom 15.08.2012, - B 6 KA 38/11 R -, in juris). Die 10%-Grenze für die Anerkennung von Praxisbesonderheiten sei nicht willkürlich festgelegt und mit dem auf Leistungen der physikalischen Therapie entfallenden Honoraranteil nicht erreicht worden.
Gegen das ihm am 16.07.2014 zugestellte Urteil hat der Kläger am 14.08.2014 Berufung eingelegt. Zur Begründung wiederholt und bekräftigt er sein bisheriges Vorbringen und trägt u.a. vor, die Beklagte habe die Bestandskraft des RLV-Zuweisungsbescheids für das Quartal 3/2009 und des Honorarbescheids für das Quartal 1/2009 nicht geltend gemacht und insoweit teilweise zur Sache entschieden. Im Übrigen könne ein Honorarbescheid auch noch bei Bestandskraft des vorausgegangenen RLV-Zuweisungsbescheids angefochten werden. Man habe ihn über die Änderungen des vertragsärztlichen Vergütungsrechts zum 01.01.2009 nicht informiert und pflichtwidrig nicht ausreichend beraten (vgl. § 77a Sozialgesetzbuch Fünftes Buch, SGB V). Er berufe sich insoweit auf den sozialrechtlichen Herstellungsanspruch und ein sozialrechtliches Treueverhältnis zur Beklagten. Die Besonderheit seiner Praxis bestehe darin, dass er Krankengymnastik und Massagen anbiete und dafür Personal angestellt habe sowie Räumlichkeiten vorhalte; die Zusatzkosten von 10% der Gesamtkosten seiner Praxis müssten voll berücksichtigt werden. Die Beklagte hätte bei der Berechnung der 10%-Grenze auch die Kosten für Wärmebehandlungen in Rechnung stellen müssen. Die besondere Ausrichtung seiner Praxis bestehe darin, dass er zusätzlich das komplette Massageprogramm einschließlich physikalischer Therapie anbiete. Außerdem sei ihm im Bescheid vom 08.10.1997 (Anhebung der Fallpunktzahl des qualifikationsgebundenen Zusatzbudgets "physikalische Therapie" um 70 Punkte wegen besonderen Versorgungsbedarfs) die Anerkennung von Praxisbesonderheiten zugesichert worden. Diesen Bescheid habe die Beklagte nicht aufgehoben; er sei nach wie vor maßgeblich und begründe Vertrauensschutz.
Der Kläger beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Stuttgart vom 16.04.2014 aufzuheben und
1. die Beklagte unter Abänderung des für das Quartal 1/2009 ergangenen RLV-Zuweisungsbescheids vom 19.12.2008 und der Honorarbescheide vom 07.10.2009 und 24.06.2010 (Widerspruchsbescheid vom 28.07.2010) sowie unter Abänderung des für das Quartal 3/2009 ergangenen RLV-Zuweisungsbescheids vom 24.06.2009 und der Honorarbescheide vom 15.01.2010 und 08.09.2011 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 28.11.2011 zu verurteilen, das Honorar für die genannten Quartale unter Anerkennung von Praxisbesonderheiten wegen der Erbringung von Leistungen der physikalischen Therapie neu festzusetzen,
2. die Beklagte unter Abänderung des Bescheids vom 18.04.2011 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 28.11.2011 zu verurteilen die unter 1. genannten Praxisbesonderheiten (auch) für die Quartale ab dem Quartal 3/2010 auf Dauer anzuerkennen,
hilfsweise, die Revision zuzulassen.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie hält das angefochtene Urteil für zutreffend und bekräftigt ebenfalls ihr bisheriges Vorbringen. Die angefochtenen Bescheide seien rechtmäßig. Höheres Honorar wegen Praxisbesonderheiten stehe dem Kläger nicht zu. Der Kläger sei über vergütungsrechtliche Fragen jeweils ausreichend unterrichtet worden. Der Honorarbescheid für das Quartal 1/2009 sei bestandskräftig, ebenso der RLV-Zuweisungsbescheid für das Quartal 3/2009. Ungeachtet dessen könne der Kläger die Anerkennung von Praxisbesonderheiten nicht beanspruchen. Die 10%-Grenze für die Anerkennung von Praxisbesonderheiten sei nicht willkürlich und auch nicht zu niedrig festgelegt worden. Auf Praxis- oder Personalkosten oder auf Abweichungen im Abrechnungsverhalten zur Fachgruppe komme es nicht an. Maßgeblich sei das Verhältnis der in einem Spezialisierungsbereich abgerechneten Leistungen zum Gesamtleistungsbedarf, wobei ein bloßes "Mehr" an fachgruppentypischen Leistungen für die Anerkennung einer Praxisbesonderheit nicht genüge. Die 10%-Grenze sei in keinem Quartal erreicht worden; der auf physikalische Behandlungsleistungen entfallende Leistungsbedarf mache in den Quartalen 1/2009 bis 4/2011 zwischen 4,51% und 5,60% des Gesamtleistungsbedarfs aus. Dabei seien Leistungen nach GOP 02510 und 02511 EBM (als arztgruppenübergreifende allgemeine Leistungen) nicht zu berücksichtigen. Selbst wenn man diese Leistungen (entgegen der einschlägigen Rechtsprechung des BSG) in die Berechnung einbeziehen würde, ergäben sich Anteilswerte zwischen 7% und 9%, so dass die 10%-Grenze ebenfalls nicht erreicht wäre. Auf den Bescheid (ihrer Rechtsvorgängerin, KV S.) vom 08.10.1997 könne der Kläger sein Begehren nicht stützen. Seitdem habe sich das Vergütungsrecht mehrfach geändert. Zum Quartal 1/2008 sei erstmals für Baden-Württemberg eine einheitliche Honorarverteilungsregelung in Kraft getreten. Ab dem Quartal 1/2009 sei das vertragsärztliche Vergütungsrecht erneut tiefgreifend geändert worden, u.a. durch Einführung des RLV. Die Anerkennung von Praxisbesonderheiten (die Zuerkennung eines qualifikationsgebundenen Zusatzbudgets alten Rechts) wirke nicht in alle Zukunft ohne Rücksicht auf jedwede Änderung der Sach- und Rechtslage (vgl. dazu auch Landessozialgericht (LSG) Baden-Württemberg, Urteil vom 29.10.2008, L 5 KA 6127/07 -, nicht veröffentlicht).
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird auf deren Schriftsätze sowie die Akten der Beklagten, des SG und des Senats Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die Berufung des Klägers ist gemäß §§ 143, 144 Abs. 1 SGG statthaft. Streitgegenstand ist die Festsetzung höheren Honorars für die Quartale 1/2009 und 3/2009 unter Anerkennung von Praxisbesonderheiten wegen der Erbringung von Leistungen der physikalischen Therapie und außerdem die Anerkennung dieser Praxisbesonderheiten für die Zukunft ab dem Quartal 3/2010; hinsichtlich der begehrten Honorarerhöhung wird der Beschwerdewert des § 144 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 SGG (750 EUR) überstiegen. Die Berufung ist form- und fristgerecht eingelegt worden und daher auch im Übrigen gemäß § 151 SGG zulässig.
Die Berufung des Klägers ist jedoch nicht begründet. Das SG hat die Klage zu Recht abgewiesen. Der Senat nimmt auf die Entscheidungsgründe des angefochtenen Urteils Bezug (§ 153 Abs. 2 SGG). Ergänzend ist anzumerken:
Die Klage ist unzulässig, soweit sie sich auf die Zuweisung eines höheren RLV und auf Festsetzung höheren Honorars für das Quartal 1/2009 richtet.
Der RLV-Zuweisungsbescheid stellt einen gesondert anfechtbaren Verwaltungsakt (§ 31 Sozialgesetzbuch Zehntes Buch, SGB X) dar. Daraus folgt zum einen, dass ein Vertragsarzt, der die Zuweisung eines RLV hat bestandskräftig werden lassen, an diese Festsetzung gebunden ist und im nachfolgenden Honorarstreitverfahren nicht mehr deren Fehlerhaftigkeit geltend machen kann. Zum anderen ist (umgekehrt) für die Klärung der Rechtmäßigkeit der Zuweisung eines RLV nur solange Raum - und ein Rechtschutzbedürfnis gegeben - als die den streitbefangenen Zeitraum betreffenden Quartalshonorarbescheide noch nicht bestandskräftig sind. Die gerichtliche Klärung der Rechtsmäßigkeit durch (auch gesondert ergangenen) Verwaltungsakt geregelter Feststellungen (Bemessungsgrundlagen, Budgets, RLV), Teilelemente und Vorfragen zur Bestimmung des Quartalshonorars ist nur solange zulässig, als die jeweiligen Quartalshonorarbescheide noch nicht bestandskräftig sind (vgl. BSG, Urteil vom 15.08.2012, - B 6 KA 38/11 R -, in juris).
Hinsichtlich des Quartals 1/2009 hat der Kläger zwar am 15.01.2009 fristgerecht Widerspruch gegen den RLV-Zuweisungsbescheid vom 19.12.2008 eingelegt, jedoch sind die zu diesem Quartal ergangenen Honorarbescheide (vom 07.10.2009 bzw. 24.06.2010) bestandskräftig geworden (§ 77 SGG), nachdem der gegen diese Bescheide eingelegte Widerspruch des Klägers durch Widerspruchsbescheid vom 28.07.2010 zurückgewiesen und Klage nicht erhoben worden ist. Für die Klärung der Rechtmäßigkeit des RLV-Zuweisungsbescheids vom 19.12.2008 (im Hinblick auf die Anerkennung von Praxisbesonderheiten) fehlt es daher am Rechtsschutzbedürfnis des Klägers. Auch eine Klage gegen die zum Quartal 1/2009 ergangenen Honorarbescheide ist wegen Unanfechtbarkeit (formeller Bestandskraft) dieser Bescheide (§ 77 SGG) nicht mehr zulässig. Der Widerspruchsbescheid vom 28.11.2011 ändert an der Unzulässigkeit der Klage nichts. Mit diesem Widerspruchsbescheid ist (u.a.) der (zulässige) Widerspruch des Klägers gegen den RLV-Zuweisungsbescheid vom 19.12.2008 für das Quartal 1/2009 und der (ebenfalls zulässige) Widerspruch des Klägers gegen den Honorarbescheid vom 15.01.2010 (08.09.2011) für das Quartal 3/2009 zurückgewiesen worden. Über die für das Quartal 1/2009 ergangenen Honorarbescheide hat die Beklagte eine (Sach-)Entscheidung nicht getroffen. Für diese Bescheide bleibt es daher bei der eingetretenen Bestandskraft. Dass die Beklagte sich im Widerspruchsbescheid vom 28.11.2011 hierauf nicht gestützt (und etwa das Sachbescheidungsinteresse an einer Entscheidung über den Widerspruch gegen den RLV-Zuweisungsbescheid nicht verneint) hat, ist für die gerichtliche Rechtskontrolle ohne Belang; im Gerichtsverfahren ist die (formelle) Bestandskraft der Honorarbescheide gleichwohl zu berücksichtigen. Der Widerspruchsbescheid vom 28.11.2011 hat im Übrigen die Ablehnung von Praxisbesonderheiten ab dem Quartal 3/2010 zum Gegenstand und verhält sich insoweit von vornherein nicht zum Quartal 1/2009.
Die Klage ist zulässig, soweit sie sich auf die Zuweisung eines höheren RLV und auf Festsetzung höheren Honorars für das Quartal 3/2009 und auf die Anerkennung von Praxisbesonderheiten wegen der Erbringung von Leistungen der physikalischen Therapie ab dem Quartal 3/2010 (Bescheid vom 18.04.2011) richtet. Hinsichtlich des Quartals 3/2009 ist am 09.02.2010 fristgerecht (und uneingeschränkt) Widerspruch gegen die Honorarbescheide vom 15.01.2010/08.09.2011 (insgesamt) eingelegt worden, den die Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 28.11.2011 zurückgewiesen hat; dagegen hat der Kläger ebenfalls fristgerecht (und nicht unzweideutig auf den Regelungsgegenstand der RLV-Zuweisung beschränkt - vgl. dazu auch etwa BSG, Urteil vom 23.02.2005, - B 6 KA 77/03 R -, in juris) Klage erhoben. Dass er gegen den RLV-Zuweisungsbescheid für das Quartal 3/2009 vom 24.06.2009 Widerspruch nicht eingelegt hat, steht der Zulässigkeit der gegen die Honorarbescheide gerichteten Klage nicht entgegen, hat vielmehr nur Auswirkungen auf den Umfang der gerichtlichen Rechtskontrolle und damit auf die Begründetheit der Klage.
Hinsichtlich der Anerkennung von Praxisbesonderheiten ab dem Quartal 3/2010 (Bescheid vom 18.04.2011) ist unschädlich, dass der Kläger gegen die Honorarbescheide für die Quartale 4/2010, 1/2011, 3/2011 und 4/2011 (ebenso gegen die RLV-Zuweisungsbescheide für die Quartale 3/2011 und 4/2011) ersichtlich Widerspruch nicht eingelegt hat (und auch der RLV-Zuweisungsbescheid für das Quartal 3/2010 bestandskräftig ist). Der Bescheid vom 18.04.2011 hat die Anerkennung von Praxisbesonderheiten für die Zeit ab dem Quartal 3/2010 und nicht nur für die genannten Quartale zum Gegenstand.
Soweit die Klage zulässig ist, ist sie nicht begründet. Hinsichtlich des Quartals 3/2009 hat der Kläger gegen den RLV-Zuweisungsbescheid vom 24.06.2009 Widerspruch nicht eingelegt. Der Bescheid ist daher (materiell) bestandskräftig geworden (§ 77 SGG) und der Kläger ist an die RLV-Zuweisung gebunden. Er kann im Honorarstreitverfahren deren Fehlerhaftigkeit wegen Nichtanerkennung von Praxisbesonderheiten nicht mehr geltend machen; anderweitige Rechtsfehler der Honorarfestsetzung sind weder geltend gemacht noch ersichtlich. Der Kläger kann auch die Anerkennung der in Rede stehenden Praxisbesonderheiten ab dem Quartal 3/2010 nicht beanspruchen. Der Senat nimmt hierfür auf die zutreffende Begründung des Widerspruchsbescheids vom 28.11.2011 Bezug (§§ 153 Abs. 1, 136 Abs. 3 SGG). Ergänzend ist anzumerken:
Ausgangspunkt für die Anerkennung von Praxisbesonderheiten sind die Regelungen in Teil F Nr. 3.7 des Beschlusses des BewA vom 26.03.2010. Danach werden die Praxisbesonderheiten zwischen den Partnern der Gesamtverträge geregelt. Praxisbesonderheiten ergeben sich aus einem besonderen Versorgungsauftrag oder einer besonderen, für die Versorgung bedeutsamen fachlichen Spezialisierung. Über das Verfahren der Umsetzung einigen sich die Partner der Gesamtverträge.
Gemäß Teil B § 15 Abs. 1 und 2 des bis 30.09.2012 geltenden HVV ergeben sich Praxisbesonderheiten - wie im Beschluss des BewA vom 26.03.2010 vorgesehen - aus einem besonderen Versorgungsauftrag oder einer besonderen, für die Versorgung bedeutsamen fachlichen Spezialisierung, wobei das Nähere hierzu die Kassenärztliche Vereinigung (als Verband) regelt, handelnd durch ihren Vorstand (als Organ). Die Ermächtigung der Kassenärztlichen Vereinigung bzw. ihres Vorstands zum Erlass konkretisierender Regelungen zur Honorarverteilung ist rechtlich unbedenklich (vgl. etwa BSG, Urteil vom 29.06.2011, - B 6 KA 17/10 R -, in juris Rdnr. 18). Im Vorstandsbeschluss vom 28.07.2010 hat der Vorstand der Beklagten festgelegt, unter welchen Voraussetzungen Praxisbesonderheiten anzuerkennen sind; für die Zeit ab 01.10.2012 sind die entsprechenden Regelungen im (jetzt wieder als Satzung zu beschließenden) Honorarverteilungsmaßstab (HVM) getroffen worden.
Der Vorstandsbeschluss vom 28.07.2010 regelt ersichtlich allein die Anerkennung von Praxisbesonderheiten wegen einer besonderen, für die Versorgung bedeutsamen fachlichen Spezialisierung (Teil F Nr. 3.7 Satz 2 2. Alt. des BewA-Beschlusses vom 26.03.2010) und nicht wegen eines besonderen Versorgungsauftrags (Teil F Nr. 3.7 Satz 2 1. Alt. des BewA-Beschlusses vom 26.03.2010 - zur Unterscheidung beider Tatbestände SG Marburg, Urteil vom 02.04.2014, - S 12 KA 888/11 -, in juris) und knüpft hierfür an die Rechtsprechung des BSG zur Erweiterung der (vormaligen) Praxis- und Zusatzbudgets wegen besonderen Versorgungsbedarfs an (vgl. hierzu etwa BSG, Urteil vom 22.03.2006, - B 6 KA 80/04 R -; Urteil vom 28.01.2009, - B 6 KA 50/07 R -, beide in juris). Das Merkmal der besonderen versorgungsbedeutsamen fachlichen Spezialisierung (Teil F Nr. 3.7 Satz 2 2. Alt. des BewA-Beschlusses vom 26.03.2010) wird der Sache nach mit dem Merkmal des besonderen Versorgungsbedarfs (Allgemeine Bestimmungen A I. Teil B Nr. 4.3 EBM a.F.) gleichgesetzt, nachdem die Anerkennung einer Praxisbesonderheit nach Maßgabe des genannten Vorstandsbeschlusses (u.a.) voraussetzt, dass der "besondere Versorgungsbedarf" (die besondere versorgungsbedeutsame fachliche Spezialisierung) einen Schwerpunkt der Praxis darstellt, indem er sich (im Bezugsquartal 1/2010) in einem Honoraranteil von mindestens 10% am Gesamtvolumen niederschlägt; außerdem muss sich der besondere Versorgungsbedarf in einem von der Arztgruppe - um mehr als 30% - abweichenden, erhöhten Behandlungsbedarf dokumentieren. Die Verknüpfung des RLV-rechtlichen Merkmals "besondere versorgungsbedeutsame fachliche Spezialisierung" mit dem budgetrechtlichen Merkmal "besonderer Versorgungsbedarf" entspricht der Rechtsprechung des BSG (Urteil vom 29.06.2011, - B 6 KA 17/10 R -, in juris Rdnr. 21 ff.). Danach erfordert die Anerkennung einer Praxisbesonderheit (in der Honorarverteilung) eine im Leistungsangebot der Praxis zum Ausdruck kommende Spezialisierung und eine von der Typik der Arztgruppe abweichende Praxisausrichtung, die messbaren Einfluss auf den Anteil der im Spezialisierungsbereich abgerechneten Punkte im Verhältnis zur Gesamtpunktzahl hat. Die Abrechnung eines bloßen "Mehr" an fachgruppentypischen Leistungen genügt demgegenüber nicht (BSG, Urteil vom 29.06.2011, - B 6 KA 20/10 R -, in juris). Die Überschreitung des praxisindividuellen RLV muss darauf beruhen, dass in besonderem Maße spezielle Leistungen erbracht werden. Dabei wird es sich typischerweise um arztgruppenübergreifend erbrachte spezielle Leistungen handeln, die eine besondere (Zusatz-)Qualifikation und eine besondere Praxisausstattung erfordern. Deutliches Indiz für einen solchen speziellen Leistungsbereich ist die entsprechende Ausweisung dieser Leistungen im EBM. Besonderheiten einer Praxis streiten dann für eine Ausnahme von den RLV im Interesse der Sicherstellung, wenn der Anteil der Spezialleistungen am Gesamtpunktzahlvolumen überdurchschnittlich hoch ist. Dies wird in der Regel mit einem überdurchschnittlichen Gesamtpunktzahlvolumen einhergehen. Als überdurchschnittlich ist jeweils eine Überschreitung des Durchschnitts bzw. ein Anteil der Spezialleistungen von mindestens 20 % anzusehen (BSG, Urteil vom 29.06.2011, - B 6 KA 17/10 R -, in juris). Mit dem Erfordernis eines auf den Spezialisierungsbereich entfallenden Anteils von mindestens 10% (am Gesamthonorarvolumen) weicht der Vorstandsbeschluss vom 28.07.2010 von der Rechtsprechung des BSG zu Gunsten der Ärzte ab (vgl. auch BSG, Beschluss vom 28.08.2013, - B 6 KA 24/13 B -, in juris); diese sind dadurch also nicht beschwert. Das Erfordernis eines um mehr als 30% von der Fachgruppe abweichenden Behandlungsbedarfs (oder - so § 15 Abs. 2 Satz 3 HVM in der ab dem Quartal 4/2012 geltenden Fassung - einer Überschreitung des durchschnittlichen Fallwerts von mindestens 30%) ist in der genannten BSG-Rechtsprechung so indessen nicht angelegt (vgl. dazu auch etwa LSG Sachsen, Urteil vom 19.03.2014, - L 8 KA 49/11 -, in juris Rdnr. 33).
Bei der nach Maßgabe der vorstehend dargestellten Rechtsgrundsätze durchzuführenden Prüfung der tatbestandlichen Voraussetzungen für die Anerkennung von Praxisbesonderheiten in der Honorarverteilung ist der Kassenärztlichen Vereinigung ein (autonomer) Beurteilungsspielraum nicht eröffnet; ihre Entscheidung unterliegt der uneingeschränkten Rechtskontrolle durch die Gerichte (BSG, Urteil vom 29.06.2011, - B 6 KA17/10 R -, in juris Rdnr. 25; zur Anerkennung von Praxisbesonderheiten in der Wirtschaftlichkeitsprüfung und dem den Prüfgremien insoweit eröffneten Beurteilungsspielraum etwa BSG, Urteil vom 28.10.2015, - B 6 KA 45/14 R -, in juris). Bei der Entscheidung darüber, in welchem Umfang das RLV wegen (anerkannter) Praxisbesonderheiten erhöht werden soll, ist der Kassenärztlichen Vereinigung demgegenüber ein gerichtlich nur eingeschränkt kontrollierbarer Ermessensspielraum eröffnet (BSG, Urteil vom 29.06.2011, a.a.O. Rdnr. 26).
Davon ausgehend hat die Beklagte die Anerkennung von Praxisbesonderheiten wegen der Erbringung von Leistungen der physikalischen Therapie zu Recht abgelehnt. Diese Leistungen stellen - unstreitig - fachgruppentypische Leistungen der Fachärzte für Chirurgie dar. Die vermehrte Abrechnung fachgruppentypischer Leistungen (offenbar Überschreitungen des Fachgruppendurchschnitts um bis zu 234%) genügt für die Anerkennung einer Praxisbesonderheit nicht. Außerdem fehlt es an einem entsprechenden Praxisschwerpunkt. Die hierfür festgelegte Grenze von 10% des Gesamthonorarvolumens wird nicht erreicht. Das auf die in Rede stehenden Leistungen entfallende Honorarvolumen hat im Referenzquartal 1/2010 nur 4,42% des Gesamthonorarvolumens des Klägers ausgemacht. In den Quartalen 1/2009 bis 4/2011 hat die Quote zwischen 4,53% und 6,60% (bei (an sich nicht statthafter) Berücksichtigung der arztgruppenübergreifenden allgemeinen Leistungen nach GOP 02510 und 02511 EBM zwischen 7% und 9%) betragen; die Beklagte hat das an Hand der ihrer Abrechnungsabteilung vorliegenden Daten unwidersprochen dargelegt. Auf Praxiskosten und deren Aufteilung auf einzelne Leistungsbereiche kommt es nicht an. Der Bescheid der KV S. vom 08.10.1997 hat die Zuerkennung eines qualifikationsgebundenen Zusatzbudgets alten (EBM-)Rechts bzw. die Erhöhung der Fallpunktzahl dieses Zusatzbudgets zum Gegenstand und nicht die vom seinerzeit geltenden Vergütungsrecht gelöste und Geltung für jedwedes künftige Vergütungsrecht (hier das RLV-Recht) in aller Zukunft beanspruchende Anerkennung von Praxisbesonderheiten; dabei handelt es sich um ein an der Regelungswirkung des Bescheids nicht teilhabendes Begründungselement. Die Zuerkennung des Zusatzbudgets ist im Übrigen auch für den Kläger erkennbar an den Fortbestand des ihm zugrunde liegenden (Budget-)Rechts gebunden gewesen. Mit dem Wegfall bzw. der Ersetzung des (alten) Budgetrechts durch das (nunmehr) an seine Stelle getretene (neue) RLV-Recht ist das vergütungsrechtliche Institut alten Rechts "qualifikationsgebundenes Zusatzbudget" (gänzlich) weggefallen und damit auch der Regelungsgegenstand des in Rede stehenden Bescheids; er hat sich gemäß § 39 Abs. 2 SGB X auf andere Weise erledigt (vgl. dazu etwa BSG, Urteil vom 11.07.2000, - B 1 KR 14/99 R - in juris Rdnr. 20; auch Senatsurteil vom 29.10.2008, - L 5 KA 6127/07 -, nicht veröffentlicht, sowie BSG, Urteil vom 06.09.2006, - B 6 KA 43/05 R -, in juris). Einen Anspruch auf Zuweisung eines höheren RLV wegen Praxisbesonderheiten kann der Kläger auf diesen Bescheid nicht stützen.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 197a Abs. 1 Satz 1 SGG i.V.m. § 154 Abs. 2 Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO).
Gründe für die Zulassung der Revision bestehen nicht (§ 160 Abs. 2 SGG).
Die Streitwertfestsetzung beruht auf § 52 Abs. 2 Gerichtskostengesetz (GKG). Für jedes streitige Quartal (Quartale 1/2009 und 3/2010) wird der Auffangwert von 5.000,00 EUR angesetzt, ebenso für das Begehren nach Anerkennung von Praxisbesonderheiten ab dem Quartal 3/2010. Der Streitwert beträgt daher 15.000,00 EUR. Der Auffangwert des § 52 Abs. 2 GKG als gesetzlich festgelegter (fixer) Wert wird (auch bei auf Neubescheidung gerichteten Klagen) nicht vermindert (vgl. zu Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes etwa Senatsbeschluss vom 07.12.2012, - L 5 R 4080 12 ER-B -, nicht veröffentlicht). Soweit der Senat in früheren Entscheidungen eine andere Auffassung vertreten hat, hält er daran nicht mehr fest. Der Streitwertfestsetzungsbeschluss des SG vom 24.07.2014 (- S 10 KA 7224/11 -: 24.000,00 EUR) wird entsprechend abgeändert (§ 63 Abs. 3 GKG).
Der Kläger trägt auch die Kosten des Berufungsverfahrens.
Der Streitwert wird für beide Rechtszüge auf 15.000,00 EUR endgültig festgesetzt.
Tatbestand:
Der Kläger begehrt höheres Honorar für die Quartale 1/2009 und 3/2009 durch die Zuweisung eines höheren Regelleistungsvolumens (RLV) wegen Praxisbesonderheiten infolge der Erbringung von Leistungen der physikalischen Therapie sowie die Anerkennung dieser Praxisbesonderheiten für die Zukunft (ab dem Quartal 3/2011).
Der Kläger ist Facharzt für Chirurgie und Unfallchirurgie; er ist mit Vertragsarztsitz in A. zur Teilnahme an der vertragsärztlichen Versorgung zugelassen. Der Kläger beschäftigt in seiner Praxis eine angestellte Physiotherapeutin für die Erbringung physikalischer Behandlungsleistungen. Deswegen ist ihm (unter Geltung der vormaligen Budgetierungsregelungen) ein qualifikationsgebundenes Zusatzbudget "Physikalische Therapie" zuerkannt worden. Mit Bescheid der KV S. vom 08.10.1997 wurde die Fallpunktzahl des Zusatzbudgets zur Sicherstellung eines besonderen Versorgungsbedarfs um 70 Punkte erhöht.
Mit Bescheid vom 19.12.2008 wies die Beklagte dem Kläger für das Quartal 1/2009 ein RLV von 34.130,31 EUR zu. Mit Honorarbescheid vom 07.10.2009 setzte die Beklagte das Honorar für das Quartal 1/2009 auf 72.418,20 EUR fest (RLV anerkannt: 35.270,72 EUR; Fälle: 1.376). Wegen Überschreitung des RLV wurden 5.345,14 EUR quotiert vergütet. Mit Honorarbescheid vom 24.06.2010 wurde das Honorar für das Quartal 1/2009 auf 71.775,89 EUR neu festgesetzt. Wegen Überschreitung des RLV wurden 5.205,14 EUR quotiert vergütet.
Am 15.01.2009 legte der Kläger Widerspruch gegen den RLV-Zuweisungsbescheid vom 19.12.2008 ein; gegenüber dem Quartal 1/2008 komme es zu einer Honorarminderung um 15.000,00 EUR.
Am 09.02.2010 legte der Kläger Widerspruch gegen den Honorarbescheid vom 07.10.2009 für das Quartal 1/2009 ein. Dieser Widerspruch wurde mit Widerspruchsbescheid vom 28.07.2010 (als unzulässig) zurückgewiesen; Klage wurde nicht erhoben.
Mit Bescheid vom 24.06.2009 wies die Beklagte dem Kläger für das Quartal 3/2009 ein RLV von 35.707,15 EUR zu. Mit Honorarbescheid vom 15.01.2010 setzte die Beklagte das Honorar für das Quartal 3/2009 auf 65.880,52 EUR fest (RLV anerkannt: 35.707,13 EUR; Fälle: 1.472). Wegen Überschreitung des RLV wurden 3.739,93 EUR quotiert vergütet. Mit Honorarbescheid vom 08.09.2011 wurde das Honorar für das Quartal 3/2009 auf 66.145,23 EUR neu festgesetzt. Wegen Überschreitung des RLV wurden 3.755,45 EUR quotiert vergütet.
Gegen den RLV-Zuweisungsbescheid vom 24.06.2009 für das Quartal 3/2009 wurde Widerspruch nicht eingelegt. Am 09.02.2010 (Schreiben vom 07.02.2010) erhob der Kläger Widerspruch gegen den Honorarbescheid vom 15.01.2010 für das Quartal 3/2009.
Mit Schreiben vom 29.03.2009 und 10.02.2011 beantragte der Kläger die Zuweisung eines höheren Punktzahlgrenzvolumens (PZGV) wegen der Erbringung von Leistungen der physikalischen Therapie durch die in seiner Praxis angestellte Physiotherapeutin (rückwirkend) ab dem Quartal 1/2008.
Mit Bescheid vom 18.04.2011 gewährte die Beklagte dem Kläger für das Quartal 4/2008 einen individuellen Aufschlag auf die Fallpunktzahlen des PZGV von 60 Punkten (ebenso für das Quartal 3/2008 mit Bescheid vom 18.05.2010). Die Zuweisung eines höheren RLV ab dem Quartal 3/2010 lehnte sie ab. Zur Begründung (der Ablehnungsentscheidung) führte die Beklagte aus, man habe die Schreiben des Klägers vom 29.03.2009 und 10.02.2011 als Anträge auf Anhebung des PZGV für das Quartal 4/2008 und des RLV ab dem Quartal 3/2010 gewertet. Nach Teil F Nr. 3.7 des Beschlusses des Bewertungsausschusses (BewA) vom 26.03.2010 würden (mit Wirkung zum 01.07.2010) die Praxisbesonderheiten von den Gesamtvertragspartnern geregelt. Praxisbesonderheiten ergäben sich aus einem besonderen Versorgungsauftrag oder einer besonderen für die Versorgung bedeutsamen fachlichen Spezialisierung. Diese Regelung sei in Teil B § 15 des einschlägigen Honorarverteilungsvertrags (HVV) umgesetzt worden, wobei die KV Baden-Württemberg das Nähere regele. Ihr Vorstand habe für die Berücksichtigung von Praxisbesonderheiten Richtlinien festgelegt. Erforderlich sei zunächst ein Antrag des Arztes. Sodann könnten sich Praxisbesonderheiten grundsätzlich nur aus Leistungen ergeben, welche einer Mengenbegrenzung durch RLV oder QZV unterlägen. Der besondere Versorgungsbedarf müsse außerdem einen Schwerpunkt in der Praxis darstellen, indem er sich im Bezugsquartal 1/2010 in einem Honoraranteil von mindestens 10% am Gesamthonorarvolumen niederschlage. Schließlich müsse sich der besondere Versorgungsbedarf zudem in einem von der Arztgruppe abweichenden, erhöhten Behandlungsbedarf dokumentieren; die Abweichung müsse mehr als 30% betragen. Seien diese Voraussetzungen erfüllt, werde ein individueller Zuschlag auf den arztgruppenspezifischen RLV-Fallwert gewährt. Für den Leistungsbereich physikalische Therapie sei die Anerkennung einer Praxisbesonderheit grundsätzlich abgelehnt worden, weil diese Leistungen zu den Standardleistungen der Chirurgen gehörten. Man habe gleichwohl die vorstehend dargestellten Anerkennungsvoraussetzungen geprüft und festgestellt, dass diese nicht erfüllt seien. Der Honoraranteil der in Rede stehenden Leistungen betrage im Referenzquartal 1/2010 nur 4,42%, so dass ein entsprechender Praxisschwerpunkt nicht indiziert sei.
Unter dem 15.05.2011 erhob der Kläger Widerspruch gegen den Bescheid vom 18.04.2011. Er habe seit 20 Jahren Leistungen der physikalischen Therapie, die die bei ihm angestellte Physiotherapeutin erbracht habe, abgerechnet. Bei der Berechnung des Honoraranteils dieser Behandlungsleistungen im Referenzquartal 1/2010 müsse der für das Quartal 4/2008 gewährte Aufschlag auf die Fallpunktzahlen des PZGV berücksichtigt werden. Die Erbringung physikalischer Behandlungen gehöre auch nicht zu den Standardleistungen der Chirurgen; diese Leistungen würden von entsprechendem Fachpersonal (und nicht von Ärzten) erbracht. Die vom Vorstand festgelegte 10%-Grenze für die Anerkennung von Praxisbesonderheiten sei willkürlich.
Mit Widerspruchsbescheid vom 28.11.2011 wies die Beklagte die Widersprüche des Klägers gegen den RLV-Zuweisungsbescheid für das Quartal 1/2009, gegen die Honorarbescheide für das Quartal 3/2009 und gegen den Bescheid vom 18.04.2011 zurück. Zur Begründung führte sie aus, der RLV-Zuweisungsbescheid für das Quartal 1/2009 sei rechtmäßig; er entspreche den hierfür geltenden Vorschriften (insbesondere) des HVV (vgl. Teil B §§ 3 Nr. 14, 5 HVV). Der Kläger habe Honorar und Fallwert trotz rückläufiger Fallzahl steigern können; ein Honorarverlust sei nach der endgültigen Honorarfestsetzung nicht eingetreten. Während der Konvergenzphase würden Praxisbesonderheiten über die Konvergenzregelung berücksichtigt. Für die Zeit ab dem Quartal 3/2010 seien (u.a.) die von ihrem Vorstand beschlossenen Richtlinien für die Anerkennung von Praxisbesonderheiten maßgeblich; diese seien rechtlich nicht zu beanstanden. Das gelte namentlich für die 10%-Grenze zur Anerkennung eines Praxisschwerpunkts und auch für die Festlegung des Quartals 1/2010 als Referenzquartal. Auf die Verhältnisse des Quartals 4/2008 (und den für dieses Quartal gewährten Aufschlag auf die Fallpunktzahl des PZGV) komme es daher nicht an. Nach Maßgabe der Regelungen in Kapitel 30.4 des Einheitlichen Bewertungsmaßstabs für vertragsärztliche Leistungen (EBM) könnten die Gebührenordnungspositionen (GOP) dieses Abschnitts (Physikalische Therapie) u.a. von Fachärzten für Chirurgie oder von Ärzten, die einen entsprechend qualifizierten nichtärztlichen Mitarbeiter (Masseur, Physiotherapeut) anstellten und dessen Qualifikation gegenüber der KV nachwiesen, abgerechnet werden. Der Kläger (als Facharzt für Chirurgie) sei daher grundsätzlich abrechnungsbefugt. Die Leistungen seines Fachpersonals würden ihm zugerechnet. Wegen der Anstellung von Fachpersonal müsse die 10%-Grenze für die Anerkennung eines Praxisschwerpunkts daher nicht geändert werden. Die Anstellung von Fachpersonal liege im Ermessen des Klägers. Für die Anerkennung von Praxisbesonderheiten im Bereich der physikalischen Therapie werde - wie ihr Vorstand beschlossen habe - ein GOP-Kranz zugrunde gelegt. Dieser bestehe aus den GOP 30300, 30301, 30400, 30401, 30402, 30410, 30411, 30420, 30421, 30430 und 30431 EBM. Zu diesen GOPen, die der Kläger nicht alle abgerechnet habe, zählten Standardleistungen der Chirurgen. Das bedeute, dass Leistungen nach den genannten GOPen von 80% bis 100% der Fachgruppe erbracht würden. Soweit sich unter dem GOP-Kranz Standardleistungen befänden, könne eine Abweichung von der Fachgruppentypik regelmäßig nicht festgestellt werden. Auch seien die Voraussetzungen für die Anerkennung einer Praxisbesonderheit, was im Einzelfall aus Sicherstellungsgründen in Betracht komme und was man hilfsweise geprüft habe, nicht erfüllt.
Am 22.12.2011 erhob der Kläger Klage beim Sozialgericht Stuttgart (SG). Zur Begründung wiederholte er sein bisheriges Vorbringen; bei einem Honorar von 68.783,00 EUR entfielen auf physikalische Leistungen 6.855,00 EUR und damit 10% (Quartal 3/2010). Er habe physikalische Behandlungen vermehrt abgerechnet (bis zu 234% über dem Fachgruppendurchschnitt); das genüge für die Anerkennung einer Praxisbesonderheit (Schreiben des Klägers vom 01.04.2012).
Die Beklagte trat der Klage entgegen. Sie bezog sich im Wesentlichen auf die Begründung des Widerspruchsbescheids. Die verfügte RLV-Zuweisung und die Honorarfestsetzung stünden in Einklang mit den einschlägigen rechtlichen Vorgaben, insbesondere im HVV. Entsprechendes gelte für die Ablehnung der geltend gemachten Praxisbesonderheit. Die vom Kläger - für das Quartal 3/2010 - angestellte Berechnung (Gesamthonorar 68.783, 00 EUR, physikalische Therapie 6.855,00 EUR), die im Übrigen einen Honoraranteil der physikalischen Therapie nicht von 10%, sondern von 9,97% ergebe, liege neben der Sache. Die Einbeziehung von Leistungen nach GOP 02510 und 02511 EBM (Wärmetherapie, Elektrotherapie) sei nicht statthaft. Das Merkmal "besonderer Versorgungsbedarf" verlange eine im Leistungsangebot der Praxis zum Ausdruck kommende Spezialisierung und eine von der Typik der Fachgruppe abweichende Praxisausrichtung, die messbaren Einfluss auf den Anteil der im Spezialisierungsbereich abgerechneten Punkte im Verhältnis zur Gesamtpunktzahl haben müsse. Die Abrechnung eines "Mehr" an fachgruppentypischen Leistungen genüge für die Anerkennung einer Praxisbesonderheit nicht. Fachgruppentypische Leistungen könnten eine abweichende Praxisausrichtung nicht begründen. Die GOPen 02510 und 02511 EBM hätten keine arztgruppenübergreifenden speziellen, sondern arztgruppenübergreifende allgemeine Leistungen zum Gegenstand und seien vorliegend nicht von Belang. Die für die Anerkennung einer Praxisbesonderheit (allein) in Betracht kommenden Leistungen im Bereich der physikalischen Therapie (GOP 30400, 30400A, 30420 und 30420A EBM) machten im Quartal 3/2010 daher nur einen Betrag von 4.488,24 EUR aus. Außerdem sei auf das Verhältnis der im Spezialisierungsbereich abgerechneten Leistungen zum Gesamtleistungsbedarf (hier 5,30%) und nicht zum Honorarzahlbetrag abzustellen. Auf die Punktzahl pro Fall komme es ebenso wenig an wie auf die Abweichung (des Abrechnungsverhaltens) von der Fachgruppe. In den Quartalen 1/2009 bis 4/2011 liege der Anteil der Leistungen für physikalische Therapie am Gesamtleistungsbedarf zwischen 4,53% und 5,60% und damit durchweg unter der maßgeblichen 10%-Grenze. Im Übrigen seien der Honorarbescheid für das Quartal 1/2009 und der RLV-Zuweisungsbescheid für das Quartal 3/2009 bestandskräftig geworden. Das gelte auch für den RLV-Zuweisungsbescheid für das Quartal 3/2010. Gegen die Honorarbescheide für die Quartale 4/2010 und 1/2011 und gegen die RLV-Zuweisungs- und Honorarbescheide für die Quartale 3/2011 und 4/2011 sei Widerspruch nicht eingelegt worden.
Mit Urteil vom 16.04.2014 wies das SG die Klage ab. Zur Begründung führte es unter Bezugnahme auf die Begründung des Widerspruchsbescheids (§ 136 Abs. 3 Sozialgerichtsgesetz, SGG) u.a. aus, die Klage sei (im Wesentlichen) unzulässig, weil der Honorarbescheid für das Quartal 1/2009 und der RLV-Zuweisungsbescheid für das Quartal 3/2009 bestandskräftig geworden seien (vgl. dazu Bundessozialgericht (BSG), Urteil vom 15.08.2012, - B 6 KA 38/11 R -, in juris). Die 10%-Grenze für die Anerkennung von Praxisbesonderheiten sei nicht willkürlich festgelegt und mit dem auf Leistungen der physikalischen Therapie entfallenden Honoraranteil nicht erreicht worden.
Gegen das ihm am 16.07.2014 zugestellte Urteil hat der Kläger am 14.08.2014 Berufung eingelegt. Zur Begründung wiederholt und bekräftigt er sein bisheriges Vorbringen und trägt u.a. vor, die Beklagte habe die Bestandskraft des RLV-Zuweisungsbescheids für das Quartal 3/2009 und des Honorarbescheids für das Quartal 1/2009 nicht geltend gemacht und insoweit teilweise zur Sache entschieden. Im Übrigen könne ein Honorarbescheid auch noch bei Bestandskraft des vorausgegangenen RLV-Zuweisungsbescheids angefochten werden. Man habe ihn über die Änderungen des vertragsärztlichen Vergütungsrechts zum 01.01.2009 nicht informiert und pflichtwidrig nicht ausreichend beraten (vgl. § 77a Sozialgesetzbuch Fünftes Buch, SGB V). Er berufe sich insoweit auf den sozialrechtlichen Herstellungsanspruch und ein sozialrechtliches Treueverhältnis zur Beklagten. Die Besonderheit seiner Praxis bestehe darin, dass er Krankengymnastik und Massagen anbiete und dafür Personal angestellt habe sowie Räumlichkeiten vorhalte; die Zusatzkosten von 10% der Gesamtkosten seiner Praxis müssten voll berücksichtigt werden. Die Beklagte hätte bei der Berechnung der 10%-Grenze auch die Kosten für Wärmebehandlungen in Rechnung stellen müssen. Die besondere Ausrichtung seiner Praxis bestehe darin, dass er zusätzlich das komplette Massageprogramm einschließlich physikalischer Therapie anbiete. Außerdem sei ihm im Bescheid vom 08.10.1997 (Anhebung der Fallpunktzahl des qualifikationsgebundenen Zusatzbudgets "physikalische Therapie" um 70 Punkte wegen besonderen Versorgungsbedarfs) die Anerkennung von Praxisbesonderheiten zugesichert worden. Diesen Bescheid habe die Beklagte nicht aufgehoben; er sei nach wie vor maßgeblich und begründe Vertrauensschutz.
Der Kläger beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Stuttgart vom 16.04.2014 aufzuheben und
1. die Beklagte unter Abänderung des für das Quartal 1/2009 ergangenen RLV-Zuweisungsbescheids vom 19.12.2008 und der Honorarbescheide vom 07.10.2009 und 24.06.2010 (Widerspruchsbescheid vom 28.07.2010) sowie unter Abänderung des für das Quartal 3/2009 ergangenen RLV-Zuweisungsbescheids vom 24.06.2009 und der Honorarbescheide vom 15.01.2010 und 08.09.2011 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 28.11.2011 zu verurteilen, das Honorar für die genannten Quartale unter Anerkennung von Praxisbesonderheiten wegen der Erbringung von Leistungen der physikalischen Therapie neu festzusetzen,
2. die Beklagte unter Abänderung des Bescheids vom 18.04.2011 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 28.11.2011 zu verurteilen die unter 1. genannten Praxisbesonderheiten (auch) für die Quartale ab dem Quartal 3/2010 auf Dauer anzuerkennen,
hilfsweise, die Revision zuzulassen.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie hält das angefochtene Urteil für zutreffend und bekräftigt ebenfalls ihr bisheriges Vorbringen. Die angefochtenen Bescheide seien rechtmäßig. Höheres Honorar wegen Praxisbesonderheiten stehe dem Kläger nicht zu. Der Kläger sei über vergütungsrechtliche Fragen jeweils ausreichend unterrichtet worden. Der Honorarbescheid für das Quartal 1/2009 sei bestandskräftig, ebenso der RLV-Zuweisungsbescheid für das Quartal 3/2009. Ungeachtet dessen könne der Kläger die Anerkennung von Praxisbesonderheiten nicht beanspruchen. Die 10%-Grenze für die Anerkennung von Praxisbesonderheiten sei nicht willkürlich und auch nicht zu niedrig festgelegt worden. Auf Praxis- oder Personalkosten oder auf Abweichungen im Abrechnungsverhalten zur Fachgruppe komme es nicht an. Maßgeblich sei das Verhältnis der in einem Spezialisierungsbereich abgerechneten Leistungen zum Gesamtleistungsbedarf, wobei ein bloßes "Mehr" an fachgruppentypischen Leistungen für die Anerkennung einer Praxisbesonderheit nicht genüge. Die 10%-Grenze sei in keinem Quartal erreicht worden; der auf physikalische Behandlungsleistungen entfallende Leistungsbedarf mache in den Quartalen 1/2009 bis 4/2011 zwischen 4,51% und 5,60% des Gesamtleistungsbedarfs aus. Dabei seien Leistungen nach GOP 02510 und 02511 EBM (als arztgruppenübergreifende allgemeine Leistungen) nicht zu berücksichtigen. Selbst wenn man diese Leistungen (entgegen der einschlägigen Rechtsprechung des BSG) in die Berechnung einbeziehen würde, ergäben sich Anteilswerte zwischen 7% und 9%, so dass die 10%-Grenze ebenfalls nicht erreicht wäre. Auf den Bescheid (ihrer Rechtsvorgängerin, KV S.) vom 08.10.1997 könne der Kläger sein Begehren nicht stützen. Seitdem habe sich das Vergütungsrecht mehrfach geändert. Zum Quartal 1/2008 sei erstmals für Baden-Württemberg eine einheitliche Honorarverteilungsregelung in Kraft getreten. Ab dem Quartal 1/2009 sei das vertragsärztliche Vergütungsrecht erneut tiefgreifend geändert worden, u.a. durch Einführung des RLV. Die Anerkennung von Praxisbesonderheiten (die Zuerkennung eines qualifikationsgebundenen Zusatzbudgets alten Rechts) wirke nicht in alle Zukunft ohne Rücksicht auf jedwede Änderung der Sach- und Rechtslage (vgl. dazu auch Landessozialgericht (LSG) Baden-Württemberg, Urteil vom 29.10.2008, L 5 KA 6127/07 -, nicht veröffentlicht).
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird auf deren Schriftsätze sowie die Akten der Beklagten, des SG und des Senats Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die Berufung des Klägers ist gemäß §§ 143, 144 Abs. 1 SGG statthaft. Streitgegenstand ist die Festsetzung höheren Honorars für die Quartale 1/2009 und 3/2009 unter Anerkennung von Praxisbesonderheiten wegen der Erbringung von Leistungen der physikalischen Therapie und außerdem die Anerkennung dieser Praxisbesonderheiten für die Zukunft ab dem Quartal 3/2010; hinsichtlich der begehrten Honorarerhöhung wird der Beschwerdewert des § 144 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 SGG (750 EUR) überstiegen. Die Berufung ist form- und fristgerecht eingelegt worden und daher auch im Übrigen gemäß § 151 SGG zulässig.
Die Berufung des Klägers ist jedoch nicht begründet. Das SG hat die Klage zu Recht abgewiesen. Der Senat nimmt auf die Entscheidungsgründe des angefochtenen Urteils Bezug (§ 153 Abs. 2 SGG). Ergänzend ist anzumerken:
Die Klage ist unzulässig, soweit sie sich auf die Zuweisung eines höheren RLV und auf Festsetzung höheren Honorars für das Quartal 1/2009 richtet.
Der RLV-Zuweisungsbescheid stellt einen gesondert anfechtbaren Verwaltungsakt (§ 31 Sozialgesetzbuch Zehntes Buch, SGB X) dar. Daraus folgt zum einen, dass ein Vertragsarzt, der die Zuweisung eines RLV hat bestandskräftig werden lassen, an diese Festsetzung gebunden ist und im nachfolgenden Honorarstreitverfahren nicht mehr deren Fehlerhaftigkeit geltend machen kann. Zum anderen ist (umgekehrt) für die Klärung der Rechtmäßigkeit der Zuweisung eines RLV nur solange Raum - und ein Rechtschutzbedürfnis gegeben - als die den streitbefangenen Zeitraum betreffenden Quartalshonorarbescheide noch nicht bestandskräftig sind. Die gerichtliche Klärung der Rechtsmäßigkeit durch (auch gesondert ergangenen) Verwaltungsakt geregelter Feststellungen (Bemessungsgrundlagen, Budgets, RLV), Teilelemente und Vorfragen zur Bestimmung des Quartalshonorars ist nur solange zulässig, als die jeweiligen Quartalshonorarbescheide noch nicht bestandskräftig sind (vgl. BSG, Urteil vom 15.08.2012, - B 6 KA 38/11 R -, in juris).
Hinsichtlich des Quartals 1/2009 hat der Kläger zwar am 15.01.2009 fristgerecht Widerspruch gegen den RLV-Zuweisungsbescheid vom 19.12.2008 eingelegt, jedoch sind die zu diesem Quartal ergangenen Honorarbescheide (vom 07.10.2009 bzw. 24.06.2010) bestandskräftig geworden (§ 77 SGG), nachdem der gegen diese Bescheide eingelegte Widerspruch des Klägers durch Widerspruchsbescheid vom 28.07.2010 zurückgewiesen und Klage nicht erhoben worden ist. Für die Klärung der Rechtmäßigkeit des RLV-Zuweisungsbescheids vom 19.12.2008 (im Hinblick auf die Anerkennung von Praxisbesonderheiten) fehlt es daher am Rechtsschutzbedürfnis des Klägers. Auch eine Klage gegen die zum Quartal 1/2009 ergangenen Honorarbescheide ist wegen Unanfechtbarkeit (formeller Bestandskraft) dieser Bescheide (§ 77 SGG) nicht mehr zulässig. Der Widerspruchsbescheid vom 28.11.2011 ändert an der Unzulässigkeit der Klage nichts. Mit diesem Widerspruchsbescheid ist (u.a.) der (zulässige) Widerspruch des Klägers gegen den RLV-Zuweisungsbescheid vom 19.12.2008 für das Quartal 1/2009 und der (ebenfalls zulässige) Widerspruch des Klägers gegen den Honorarbescheid vom 15.01.2010 (08.09.2011) für das Quartal 3/2009 zurückgewiesen worden. Über die für das Quartal 1/2009 ergangenen Honorarbescheide hat die Beklagte eine (Sach-)Entscheidung nicht getroffen. Für diese Bescheide bleibt es daher bei der eingetretenen Bestandskraft. Dass die Beklagte sich im Widerspruchsbescheid vom 28.11.2011 hierauf nicht gestützt (und etwa das Sachbescheidungsinteresse an einer Entscheidung über den Widerspruch gegen den RLV-Zuweisungsbescheid nicht verneint) hat, ist für die gerichtliche Rechtskontrolle ohne Belang; im Gerichtsverfahren ist die (formelle) Bestandskraft der Honorarbescheide gleichwohl zu berücksichtigen. Der Widerspruchsbescheid vom 28.11.2011 hat im Übrigen die Ablehnung von Praxisbesonderheiten ab dem Quartal 3/2010 zum Gegenstand und verhält sich insoweit von vornherein nicht zum Quartal 1/2009.
Die Klage ist zulässig, soweit sie sich auf die Zuweisung eines höheren RLV und auf Festsetzung höheren Honorars für das Quartal 3/2009 und auf die Anerkennung von Praxisbesonderheiten wegen der Erbringung von Leistungen der physikalischen Therapie ab dem Quartal 3/2010 (Bescheid vom 18.04.2011) richtet. Hinsichtlich des Quartals 3/2009 ist am 09.02.2010 fristgerecht (und uneingeschränkt) Widerspruch gegen die Honorarbescheide vom 15.01.2010/08.09.2011 (insgesamt) eingelegt worden, den die Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 28.11.2011 zurückgewiesen hat; dagegen hat der Kläger ebenfalls fristgerecht (und nicht unzweideutig auf den Regelungsgegenstand der RLV-Zuweisung beschränkt - vgl. dazu auch etwa BSG, Urteil vom 23.02.2005, - B 6 KA 77/03 R -, in juris) Klage erhoben. Dass er gegen den RLV-Zuweisungsbescheid für das Quartal 3/2009 vom 24.06.2009 Widerspruch nicht eingelegt hat, steht der Zulässigkeit der gegen die Honorarbescheide gerichteten Klage nicht entgegen, hat vielmehr nur Auswirkungen auf den Umfang der gerichtlichen Rechtskontrolle und damit auf die Begründetheit der Klage.
Hinsichtlich der Anerkennung von Praxisbesonderheiten ab dem Quartal 3/2010 (Bescheid vom 18.04.2011) ist unschädlich, dass der Kläger gegen die Honorarbescheide für die Quartale 4/2010, 1/2011, 3/2011 und 4/2011 (ebenso gegen die RLV-Zuweisungsbescheide für die Quartale 3/2011 und 4/2011) ersichtlich Widerspruch nicht eingelegt hat (und auch der RLV-Zuweisungsbescheid für das Quartal 3/2010 bestandskräftig ist). Der Bescheid vom 18.04.2011 hat die Anerkennung von Praxisbesonderheiten für die Zeit ab dem Quartal 3/2010 und nicht nur für die genannten Quartale zum Gegenstand.
Soweit die Klage zulässig ist, ist sie nicht begründet. Hinsichtlich des Quartals 3/2009 hat der Kläger gegen den RLV-Zuweisungsbescheid vom 24.06.2009 Widerspruch nicht eingelegt. Der Bescheid ist daher (materiell) bestandskräftig geworden (§ 77 SGG) und der Kläger ist an die RLV-Zuweisung gebunden. Er kann im Honorarstreitverfahren deren Fehlerhaftigkeit wegen Nichtanerkennung von Praxisbesonderheiten nicht mehr geltend machen; anderweitige Rechtsfehler der Honorarfestsetzung sind weder geltend gemacht noch ersichtlich. Der Kläger kann auch die Anerkennung der in Rede stehenden Praxisbesonderheiten ab dem Quartal 3/2010 nicht beanspruchen. Der Senat nimmt hierfür auf die zutreffende Begründung des Widerspruchsbescheids vom 28.11.2011 Bezug (§§ 153 Abs. 1, 136 Abs. 3 SGG). Ergänzend ist anzumerken:
Ausgangspunkt für die Anerkennung von Praxisbesonderheiten sind die Regelungen in Teil F Nr. 3.7 des Beschlusses des BewA vom 26.03.2010. Danach werden die Praxisbesonderheiten zwischen den Partnern der Gesamtverträge geregelt. Praxisbesonderheiten ergeben sich aus einem besonderen Versorgungsauftrag oder einer besonderen, für die Versorgung bedeutsamen fachlichen Spezialisierung. Über das Verfahren der Umsetzung einigen sich die Partner der Gesamtverträge.
Gemäß Teil B § 15 Abs. 1 und 2 des bis 30.09.2012 geltenden HVV ergeben sich Praxisbesonderheiten - wie im Beschluss des BewA vom 26.03.2010 vorgesehen - aus einem besonderen Versorgungsauftrag oder einer besonderen, für die Versorgung bedeutsamen fachlichen Spezialisierung, wobei das Nähere hierzu die Kassenärztliche Vereinigung (als Verband) regelt, handelnd durch ihren Vorstand (als Organ). Die Ermächtigung der Kassenärztlichen Vereinigung bzw. ihres Vorstands zum Erlass konkretisierender Regelungen zur Honorarverteilung ist rechtlich unbedenklich (vgl. etwa BSG, Urteil vom 29.06.2011, - B 6 KA 17/10 R -, in juris Rdnr. 18). Im Vorstandsbeschluss vom 28.07.2010 hat der Vorstand der Beklagten festgelegt, unter welchen Voraussetzungen Praxisbesonderheiten anzuerkennen sind; für die Zeit ab 01.10.2012 sind die entsprechenden Regelungen im (jetzt wieder als Satzung zu beschließenden) Honorarverteilungsmaßstab (HVM) getroffen worden.
Der Vorstandsbeschluss vom 28.07.2010 regelt ersichtlich allein die Anerkennung von Praxisbesonderheiten wegen einer besonderen, für die Versorgung bedeutsamen fachlichen Spezialisierung (Teil F Nr. 3.7 Satz 2 2. Alt. des BewA-Beschlusses vom 26.03.2010) und nicht wegen eines besonderen Versorgungsauftrags (Teil F Nr. 3.7 Satz 2 1. Alt. des BewA-Beschlusses vom 26.03.2010 - zur Unterscheidung beider Tatbestände SG Marburg, Urteil vom 02.04.2014, - S 12 KA 888/11 -, in juris) und knüpft hierfür an die Rechtsprechung des BSG zur Erweiterung der (vormaligen) Praxis- und Zusatzbudgets wegen besonderen Versorgungsbedarfs an (vgl. hierzu etwa BSG, Urteil vom 22.03.2006, - B 6 KA 80/04 R -; Urteil vom 28.01.2009, - B 6 KA 50/07 R -, beide in juris). Das Merkmal der besonderen versorgungsbedeutsamen fachlichen Spezialisierung (Teil F Nr. 3.7 Satz 2 2. Alt. des BewA-Beschlusses vom 26.03.2010) wird der Sache nach mit dem Merkmal des besonderen Versorgungsbedarfs (Allgemeine Bestimmungen A I. Teil B Nr. 4.3 EBM a.F.) gleichgesetzt, nachdem die Anerkennung einer Praxisbesonderheit nach Maßgabe des genannten Vorstandsbeschlusses (u.a.) voraussetzt, dass der "besondere Versorgungsbedarf" (die besondere versorgungsbedeutsame fachliche Spezialisierung) einen Schwerpunkt der Praxis darstellt, indem er sich (im Bezugsquartal 1/2010) in einem Honoraranteil von mindestens 10% am Gesamtvolumen niederschlägt; außerdem muss sich der besondere Versorgungsbedarf in einem von der Arztgruppe - um mehr als 30% - abweichenden, erhöhten Behandlungsbedarf dokumentieren. Die Verknüpfung des RLV-rechtlichen Merkmals "besondere versorgungsbedeutsame fachliche Spezialisierung" mit dem budgetrechtlichen Merkmal "besonderer Versorgungsbedarf" entspricht der Rechtsprechung des BSG (Urteil vom 29.06.2011, - B 6 KA 17/10 R -, in juris Rdnr. 21 ff.). Danach erfordert die Anerkennung einer Praxisbesonderheit (in der Honorarverteilung) eine im Leistungsangebot der Praxis zum Ausdruck kommende Spezialisierung und eine von der Typik der Arztgruppe abweichende Praxisausrichtung, die messbaren Einfluss auf den Anteil der im Spezialisierungsbereich abgerechneten Punkte im Verhältnis zur Gesamtpunktzahl hat. Die Abrechnung eines bloßen "Mehr" an fachgruppentypischen Leistungen genügt demgegenüber nicht (BSG, Urteil vom 29.06.2011, - B 6 KA 20/10 R -, in juris). Die Überschreitung des praxisindividuellen RLV muss darauf beruhen, dass in besonderem Maße spezielle Leistungen erbracht werden. Dabei wird es sich typischerweise um arztgruppenübergreifend erbrachte spezielle Leistungen handeln, die eine besondere (Zusatz-)Qualifikation und eine besondere Praxisausstattung erfordern. Deutliches Indiz für einen solchen speziellen Leistungsbereich ist die entsprechende Ausweisung dieser Leistungen im EBM. Besonderheiten einer Praxis streiten dann für eine Ausnahme von den RLV im Interesse der Sicherstellung, wenn der Anteil der Spezialleistungen am Gesamtpunktzahlvolumen überdurchschnittlich hoch ist. Dies wird in der Regel mit einem überdurchschnittlichen Gesamtpunktzahlvolumen einhergehen. Als überdurchschnittlich ist jeweils eine Überschreitung des Durchschnitts bzw. ein Anteil der Spezialleistungen von mindestens 20 % anzusehen (BSG, Urteil vom 29.06.2011, - B 6 KA 17/10 R -, in juris). Mit dem Erfordernis eines auf den Spezialisierungsbereich entfallenden Anteils von mindestens 10% (am Gesamthonorarvolumen) weicht der Vorstandsbeschluss vom 28.07.2010 von der Rechtsprechung des BSG zu Gunsten der Ärzte ab (vgl. auch BSG, Beschluss vom 28.08.2013, - B 6 KA 24/13 B -, in juris); diese sind dadurch also nicht beschwert. Das Erfordernis eines um mehr als 30% von der Fachgruppe abweichenden Behandlungsbedarfs (oder - so § 15 Abs. 2 Satz 3 HVM in der ab dem Quartal 4/2012 geltenden Fassung - einer Überschreitung des durchschnittlichen Fallwerts von mindestens 30%) ist in der genannten BSG-Rechtsprechung so indessen nicht angelegt (vgl. dazu auch etwa LSG Sachsen, Urteil vom 19.03.2014, - L 8 KA 49/11 -, in juris Rdnr. 33).
Bei der nach Maßgabe der vorstehend dargestellten Rechtsgrundsätze durchzuführenden Prüfung der tatbestandlichen Voraussetzungen für die Anerkennung von Praxisbesonderheiten in der Honorarverteilung ist der Kassenärztlichen Vereinigung ein (autonomer) Beurteilungsspielraum nicht eröffnet; ihre Entscheidung unterliegt der uneingeschränkten Rechtskontrolle durch die Gerichte (BSG, Urteil vom 29.06.2011, - B 6 KA17/10 R -, in juris Rdnr. 25; zur Anerkennung von Praxisbesonderheiten in der Wirtschaftlichkeitsprüfung und dem den Prüfgremien insoweit eröffneten Beurteilungsspielraum etwa BSG, Urteil vom 28.10.2015, - B 6 KA 45/14 R -, in juris). Bei der Entscheidung darüber, in welchem Umfang das RLV wegen (anerkannter) Praxisbesonderheiten erhöht werden soll, ist der Kassenärztlichen Vereinigung demgegenüber ein gerichtlich nur eingeschränkt kontrollierbarer Ermessensspielraum eröffnet (BSG, Urteil vom 29.06.2011, a.a.O. Rdnr. 26).
Davon ausgehend hat die Beklagte die Anerkennung von Praxisbesonderheiten wegen der Erbringung von Leistungen der physikalischen Therapie zu Recht abgelehnt. Diese Leistungen stellen - unstreitig - fachgruppentypische Leistungen der Fachärzte für Chirurgie dar. Die vermehrte Abrechnung fachgruppentypischer Leistungen (offenbar Überschreitungen des Fachgruppendurchschnitts um bis zu 234%) genügt für die Anerkennung einer Praxisbesonderheit nicht. Außerdem fehlt es an einem entsprechenden Praxisschwerpunkt. Die hierfür festgelegte Grenze von 10% des Gesamthonorarvolumens wird nicht erreicht. Das auf die in Rede stehenden Leistungen entfallende Honorarvolumen hat im Referenzquartal 1/2010 nur 4,42% des Gesamthonorarvolumens des Klägers ausgemacht. In den Quartalen 1/2009 bis 4/2011 hat die Quote zwischen 4,53% und 6,60% (bei (an sich nicht statthafter) Berücksichtigung der arztgruppenübergreifenden allgemeinen Leistungen nach GOP 02510 und 02511 EBM zwischen 7% und 9%) betragen; die Beklagte hat das an Hand der ihrer Abrechnungsabteilung vorliegenden Daten unwidersprochen dargelegt. Auf Praxiskosten und deren Aufteilung auf einzelne Leistungsbereiche kommt es nicht an. Der Bescheid der KV S. vom 08.10.1997 hat die Zuerkennung eines qualifikationsgebundenen Zusatzbudgets alten (EBM-)Rechts bzw. die Erhöhung der Fallpunktzahl dieses Zusatzbudgets zum Gegenstand und nicht die vom seinerzeit geltenden Vergütungsrecht gelöste und Geltung für jedwedes künftige Vergütungsrecht (hier das RLV-Recht) in aller Zukunft beanspruchende Anerkennung von Praxisbesonderheiten; dabei handelt es sich um ein an der Regelungswirkung des Bescheids nicht teilhabendes Begründungselement. Die Zuerkennung des Zusatzbudgets ist im Übrigen auch für den Kläger erkennbar an den Fortbestand des ihm zugrunde liegenden (Budget-)Rechts gebunden gewesen. Mit dem Wegfall bzw. der Ersetzung des (alten) Budgetrechts durch das (nunmehr) an seine Stelle getretene (neue) RLV-Recht ist das vergütungsrechtliche Institut alten Rechts "qualifikationsgebundenes Zusatzbudget" (gänzlich) weggefallen und damit auch der Regelungsgegenstand des in Rede stehenden Bescheids; er hat sich gemäß § 39 Abs. 2 SGB X auf andere Weise erledigt (vgl. dazu etwa BSG, Urteil vom 11.07.2000, - B 1 KR 14/99 R - in juris Rdnr. 20; auch Senatsurteil vom 29.10.2008, - L 5 KA 6127/07 -, nicht veröffentlicht, sowie BSG, Urteil vom 06.09.2006, - B 6 KA 43/05 R -, in juris). Einen Anspruch auf Zuweisung eines höheren RLV wegen Praxisbesonderheiten kann der Kläger auf diesen Bescheid nicht stützen.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 197a Abs. 1 Satz 1 SGG i.V.m. § 154 Abs. 2 Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO).
Gründe für die Zulassung der Revision bestehen nicht (§ 160 Abs. 2 SGG).
Die Streitwertfestsetzung beruht auf § 52 Abs. 2 Gerichtskostengesetz (GKG). Für jedes streitige Quartal (Quartale 1/2009 und 3/2010) wird der Auffangwert von 5.000,00 EUR angesetzt, ebenso für das Begehren nach Anerkennung von Praxisbesonderheiten ab dem Quartal 3/2010. Der Streitwert beträgt daher 15.000,00 EUR. Der Auffangwert des § 52 Abs. 2 GKG als gesetzlich festgelegter (fixer) Wert wird (auch bei auf Neubescheidung gerichteten Klagen) nicht vermindert (vgl. zu Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes etwa Senatsbeschluss vom 07.12.2012, - L 5 R 4080 12 ER-B -, nicht veröffentlicht). Soweit der Senat in früheren Entscheidungen eine andere Auffassung vertreten hat, hält er daran nicht mehr fest. Der Streitwertfestsetzungsbeschluss des SG vom 24.07.2014 (- S 10 KA 7224/11 -: 24.000,00 EUR) wird entsprechend abgeändert (§ 63 Abs. 3 GKG).
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