Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Rentenversicherung
Abteilung
10
1. Instanz
-
Aktenzeichen
-
Datum
-
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 10 R 3453/15 ZVW
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil des Sozialgerichts Karlsruhe vom 04.03.2010 aufgehoben und die Klage abgewiesen.
Außergerichtliche Kosten sind in sämtlichen Rechtszügen nicht zu erstatten.
Tatbestand:
Zwischen den Beteiligten ist streitig, ob die Beklagte eine Rentenbewilligung zu Recht mit Wirkung für die Zukunft aufhob.
Die am 1941 geborene Klägerin ist die am 18.06.1975 wegen Verschuldens des Ehemannes geschiedene Ehefrau des am 27.02.1930 geborenen und am 23.06.2008 verstorbenen W. S. (im Folgenden: Versicherter), der in zweiter Ehe seit 1986 wieder verheiratet war und seit 01.02.1995 von der Beklagten Altersrente bezog, zuletzt in Höhe von 1.775,97 EUR monatlich (Zahlbetrag). Aus der Ehe der Klägerin mit dem Versicherten gingen die gemeinsamen Kinder S. A. E. , geb. am 06.01.1965 und S. I. , geb. am 07.12.1966 hervor. Die Klägerin heiratete nach der Scheidung nicht mehr und begründete auch keine Lebenspartnerschaft.
Am 25.08.2008 beantragte die Klägerin die Gewährung von Hinterbliebenenrente. Im Antragsformular gab sie zu den Einkommensverhältnissen des Versicherten den Rentenbezug an und sie verneinte die Frage, ob der Versicherte während des letzten Jahres vor seinem Tod Unterhalt geleistet habe. Zu der Frage, ob der Versicherte eine Unterhaltsabfindung oder eine Unterhaltsvorauszahlung geleistet habe, gab sie 25.000,00 DM ca. 1998 an. Als eigenes Einkommen zum Zeitpunkt des Todes des Versicherten führte die Klägerin 600,00 EUR (Rente aus der gesetzlichen Rentenversicherung) sowie 580,00 EUR (Betriebsrente aus der Zusatzversorgungskasse des Kommunalen Versorgungsverbandes Baden-Württemberg, die jährlich angepasst wird, vgl. z.B. Bl. 115 f. VA Bd. II) an. Sie legte im Übrigen die anlässlich der Ehescheidung am 18.06.1975 geschlossene "Vereinbarung" vor, die neben Regelungen bezüglich der elterlichen Sorge für die gemeinsamen Kinder (Nr. 1) und des Kindesunterhalts (Nr. 2) unter Nr. 3 folgende Regelung enthält: "Der Beklagte verpflichtet sich, der Klägerin ab 1. Juli 1975 monatlich 1.000,- DM Unterhalt, jeweils im Voraus zum 1. eines jeden Monats, zu zahlen. Solange noch nicht alle Kinder der Parteien das 15. Lebensjahr vollendet haben, besteht dieser Unterhaltsanspruch unabhängig von dem eigenen Einkommen der Klägerin." Die Vereinbarung enthält im Übrigen Anpassungsregelungen bei Veränderungen im Nettoeinkommen des Versicherten (Nr. 4) sowie Regelungen in Bezug auf das seinerzeitige Mietverhältnis (Nr. 5), abgeschlossene Lebensversicherungen und eine Unfallversicherung (Nrn. 6 bis 9), das im gemeinsamen Eigentum stehende Grundstück (Nr. 10) sowie einen Bausparvertrag (Nr. 11). Hinsichtlich der Einzelheiten wird auf Bl. 68 ff. VA Bezug genommen.
Mit Bescheid vom 08.10.2008 bewilligte die Beklagte der Klägerin große Witwenrente ab 01.09.2008 in Höhe von 399,27 EUR netto.
Nachdem die Ehefrau des Versicherten, der die Beklagte schon zuvor Witwenrente bewilligt hatte, auf die an sie zuvor gerichtete Mitteilung, dass auch die Klägerin Hinterbliebenenrente beantragt habe, Zweifel an der Erfüllung der Anspruchsvoraussetzung für eine Geschiedenenwitwenrente äußerte, trat die Beklagte in eine erneute Sachprüfung ein. Nach Anhörung der Klägerin nahm sie mit Bescheid vom 07.11.2008 sodann den Bescheid vom 08.10.2008 mit Wirkung für die Zukunft ab 01.12.2008 gemäß § 45 des Zehnten Buches des Sozialgesetzbuchs (SGB X) zurück. Zur Begründung führte sie aus, die Klägerin habe zum Zeitpunkt des Todes des geschiedenen Ehepartners ein eigenes Einkommen von monatlich 1.180,00 EUR gehabt, weshalb ihr Unterhalt bereits auf Grund dieser Einkünfte gedeckt gewesen sei. Die Rücknahme des Rentenbescheids für die Zukunft sei zulässig, weil sie sich zum einen auf Vertrauen in den Bestand des Rentenbescheides nicht berufen könne (§ 45 Abs. 2 Satz 3 SGB X) und zum anderen die Fristen des § 45 Abs. 3 bzw. Abs. 4 SGB X nicht abgelaufen seien. Auch die vorzunehmende Ermessensausübung führe zu keinem anderen Ergebnis. Soweit sie sich im Rahmen der Anhörung auf den Rentenbescheid bezogen und vorgetragen habe, sie habe am 25.08.2008 einen Antrag auf Hinterbliebenenrente gestellt und vollständige Angaben gemacht, sei dies berücksichtigt worden. Auf Vertrauen in den Bestand des Rentenbescheides könne sie sich nicht berufen, weil an der Herstellung des rechtmäßigen Zustandes ein überwiegendes öffentliches Interesse bestehe und ihr Vertrauen in den Bestand des Bescheides nicht schutzwürdig sei. Auch im Wege des Ermessens werde die Bescheidrücknahme für gerechtfertigt erachtet, weil die nach Aktenlage erkennbaren wirtschaftlichen und sozialen Verhältnisse eine Rücknahme des Bescheids zuließen. Dies folge auch aus Gründen der Gesetzmäßigkeit der Verwaltung und der Verpflichtung zur zweckentsprechenden Verwendung der Mittel. Hierdurch solle erreicht werden, dass keine Leistungen ohne ausreichende gesetzliche Grundlage erbracht werden.
Im Widerspruchsverfahren verwies die Klägerin auf die vorgelegte, anlässlich der Scheidung getroffene Vereinbarung, wonach der Versicherte ihr gegenüber und den Kindern unterhaltspflichtig gewesen sei. Seine Unterhaltspflicht gegenüber den Kindern habe der Versicherte jeweils bis zur Vollendung des 27. Lebensjahres bzw. der Beendigung des Studiums erfüllt. Auch an sie habe er über zehn Jahre hinweg Unterhalt geleistet. Nach Beginn des Studiums der Kinder sei der Unterhaltsbetrag von 1.000,00 DM lediglich nicht mehr direkt an sie, sondern vereinbarungsgemäß unmittelbar an die gemeinsamen Kinder gezahlt worden. Danach habe sie eine Unterhaltszahlung von 25.000,00 DM erhalten. Mit Widerspruchsbescheid vom 20.03.2009 wies die Beklagte den Widerspruch unter Darlegung der Anspruchsvoraussetzungen für eine Geschiedenenwitwenrente gemäß § 243 des Sechsten Buches des Sozialgesetzbuchs (SGB VI) zurück und führte aus, diese Voraussetzungen seien nicht erfüllt, weil die Klägerin im letzten Jahr vor dem Tod des Versicherten keinen Unterhalt bezogen habe. Der Bescheid über die Bewilligung der Witwenrente vom 08.10.2008 sei daher zu Recht gemäß § 45 SGB X zurückgenommen worden. Bei dieser Sach- und Rechtslage habe dem Widerspruch der Erfolg versagt bleiben müssen.
Am 20.04.2009 hat die Klägerin dagegen beim Sozialgericht Karlsruhe (SG) Klage erhoben, ihr Vorbringen aus dem Widerspruchsverfahren wiederholt und geltend gemacht, die Zahlung von 25.000,00 DM im Jahr 1998 könne nicht als Abfindungsbetrag verstanden werden. Zu einem Unterhaltsverzicht sei es nie gekommen. Es habe sich um einen Vorschuss auf die bestehende Unterhaltspflicht gehandelt. Zwar sei einzuräumen, dass es nachfolgend zu keinen weiteren Zahlungen mehr gekommen sei, jedoch habe der Versicherte seiner Unterhaltszahlungspflicht bis zu seinem Ableben nachkommen wollen. Dies sei ihm auf Grund eigener finanzieller Schwierigkeiten wegen eines Hausbaus nicht möglich gewesen. Er habe ihr gegenüber jedoch betont, dass die Kinder einmal das Haus erhalten würden und das Geld damit gut angelegt wäre. Entsprechend hätten die Kinder auch die Immobilie erhalten. Damit habe sie wieder nicht auf eigenen Unterhalt verzichtet, sondern lediglich einer verlagerten Unterhaltssicherung zu Gunsten der gemeinsamen Kinder zugestimmt. Der Versicherte habe nicht mehr an sie direkt geleistet, sondern stattdessen an die gemeinsamen Kinder. Damit habe er jedenfalls mittelbar zugleich auch ihren eigenen Unterhalt abgegolten. Darüber hinaus habe der Versicherte seiner Unterhaltspflicht auch auf Grund seiner schweren Erkrankung, an der er letztlich verstorben sei, nicht mehr voll nachkommen können. Vor seinem Ableben sei er über mehrere Monate in einem Heim gepflegt worden, was mit erheblichen finanziellen Aufwendungen verbunden gewesen sei. Zu berücksichtigen seien im Übrigen die ihren Einkünften gegenüber stehenden monatlichen Belastungen in Form von Miet- und Versicherungskosten. Auch habe sie darauf vertrauen dürfen, dass ihr ein gewisser Anteil an der Rente zustehe. Mit der Rentenbewilligung habe sie einige wichtige Planungen getätigt. So habe sie die bereits abgeschlossene Sterbegeldversicherung doch nicht gekündigt. Entsprechendes gelte für weitere Versicherungen. Ungeachtet all dessen sei der Rücknahmebescheid aber auch schon deshalb rechtswidrig, weil die Beklagte im Widerspruchsbescheid kein Ermessen ausgeübt habe.
Mit Urteil vom 04.03.2010 hat das SG den Bescheid vom 07.11.2008 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 20.03.2009 mit der Begründung aufgehoben, die Beklagte habe das ihr zustehende Ermessen nicht in rechtmäßiger Art und Weise ausgeübt. Gegen das ihr am 06.04.2010 zugestellte Urteil hat die Beklagte am 26.04.2010 beim Landessozialgericht (LSG) Berufung (L 10 R 2006/10) eingelegt, die der Senat mit Urteil vom 16.02.2012 zurückgewiesen hat. Der Senat hat sich dabei der Rechtsauffassung des SG angeschlossen. Nach Revisionszulassung durch das Bundessozialgericht (BSG) und auf die Revision der Beklagten hat das BSG das Urteil des Senats vom 16.02.2012 aufgehoben und die Sache zur erneute Verhandlung und Entscheidung an das LSG zurückverwiesen (Urteil vom 11.02.2015, B 13 R 15/13 R). Ermessensfehler lagen nicht vor. Das LSG habe daher zu prüfen, ob die angefochtenen Bescheide aus anderen Gründen rechtswidrig oder aber rechtmäßig sind, insbesondere ob die tatbestandlichen Voraussetzungen für eine Rücknahme des Bewilligungsbescheids vorliegen.
Die Beklagte beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Karlsruhe vom 04.03.2010 aufzuheben und die Klage abzuweisen.
Die Klägerin beantragt,
die Berufung der Beklagten zurückzuweisen.
Die Klägerin ist der Auffassung, ihr stehe die Geschiedenenwitwenrente zu. Hierzu hat sie in dem wieder eröffneten Verfahren ausgeführt, der Versicherte habe ihr nach einigen Jahren der Unterhaltszahlung mitgeteilt, dass er seiner vollständigen Unterhaltsverpflichtung nicht mehr nachkommen könne; er habe gebaut und hätte daher kein Geld mehr. Sie habe daraufhin vorgeschlagen, dass der geschuldete Unterhaltsbetrag unter der Voraussetzung geteilt werden könne, dass die beiden Töchter das gebaute Haus erben würden. Diese hätten das Haus letztlich auch geerbt. Eine weitere Einigung habe es dahingehend gegeben, dass ihr Unterhalt während des Studiums der Töchter hälftig an diese ausgezahlt werde. Vor ca. 20 Jahren habe ihr der Versicherte dann 25.000,00 DM ausgezahlt. Einen Verzicht auf weitergehende Ansprüche habe sie wegen der erlittenen ehebedingten Nachteile seinerzeit abgelehnt. Der Versicherte sei bis zu seinem Tod unterhaltsverpflichtet gewesen. Eine Leistungsunfähigkeit habe zuletzt nicht bestanden. Die Einkünfte seien gut und das Haus sei abbezahlt gewesen, über hohe Krankheitskosten sei ihr nichts bekannt.
Zur weiteren Darstellung des Sachverhalts sowie des Vorbringens der Beteiligten wird auf den Inhalt der Verwaltungsakten der Beklagten sowie der Akten beider Rechtszüge Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die gemäß § 151 Abs. 1 des Sozialgerichtsgesetzes (SGG) form- und fristgerecht eingelegte und gemäß den §§ 143, 144 SGG statthafte Berufung der Beklagten ist zulässig und begründet.
Das SG hätte den Bescheid der Beklagten vom 07.11.2008 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 20.03.2009 nicht mangels Ermessensausübung im Widerspruchsbescheid aufheben dürfen. Denn insoweit liegt ein Ermessensfehler nicht vor. Dies steht auf Grund der zurückverweisenden Entscheidung des BSG nach § 170 Abs. 5 SGG verbindlich fest und ist vom Senat deshalb zu Grunde zu legen. Da die angefochtenen Bescheide im Übrigen keinen rechtlichen Bedenken begegnen, mithin rechtmäßig sind und die Klägerin nicht in ihren Rechten verletzen, ist das angefochtene Urteil auf die Berufung der Beklagten aufzuheben und die Klage abzuweisen.
Mit Bescheid vom 07.11.2008 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 20.03.2009 nahm die Beklagte den Bescheid vom 08.10.2008, mit dem sie der Klägerin große Witwenrente bewilligte, zu Recht mit Wirkung für die Zukunft, und zwar ab 01.12.2008, zurück. Denn der Klägerin steht Witwenrente nach dem Tod des verstorbenen Versicherten nicht zu.
Rechtsgrundlage für die angefochtenen Bescheide ist § 45 SGB X. Danach darf ein Verwaltungsakt, der ein Recht oder einen rechtlich erheblichen Vorteil begründet oder bestätigt hat (begünstigender Verwaltungsakt), soweit er rechtswidrig ist, auch nachdem er unanfechtbar geworden ist, nur unter den Einschränkungen der Abs. 2 bis 4 ganz oder teilweise mit Wirkung für die Zukunft oder für die Vergangenheit aufgehoben werden. Nach Abs. 2 der Regelung darf ein rechtswidriger begünstigender Verwaltungsakt nicht zurückgenommen werden, soweit der Begünstigte auf den Bestand des Verwaltungsaktes vertraut hat und sein Vertrauen unter Abwägung mit dem öffentlichen Interesse an einer Rücknahme schutzwürdig ist. Das Vertrauen ist in der Regel schutzwürdig, wenn der Begünstigte erbrachte Leistungen verbraucht oder eine Vermögensdisposition getroffen hat, die er nicht mehr oder nur unter unzumutbaren Nachteilen rückgängig machen kann. Auf Vertrauen kann sich der Begünstigte nicht berufen, soweit er den Verwaltungsakt durch arglistige Täuschung, Drohung oder Bestechung erwirkt hat (Nr. 1), der Verwaltungsakt auf Angaben beruht, die der Begünstigte vorsätzlich oder grob fahrlässig in wesentlicher Beziehung unrichtig oder unvollständig gemacht hat (Nr. 2) oder er die Rechtswidrigkeit des Verwaltungsaktes kannte oder in Folge grober Fahrlässigkeit nicht kannte; grobe Fahrlässigkeit liegt vor, wenn der Begünstigte die erforderliche Sorgfalt in besonders schwerem Maße verletzt hat (Nr. 3). Nach Abs. 3 der Regelung kann ein rechtswidriger begünstigender Verwaltungsakt mit Dauerwirkung nach Absatz 2 nur bis zum Ablauf von zwei Jahren nach seiner Bekanntgabe zurückgenommen werden.
Diese Voraussetzungen sind vorliegend erfüllt. Insbesondere ist der Bescheid vom 07.11.2008, mit dem die Beklagte der Klägerin große Witwenrente bewilligte, rechtswidrig. Denn die Anspruchsvoraussetzungen für die Gewährung einer entsprechenden Witwenrente erfüllt die Klägerin nicht.
Die Gewährung von Witwenrente an geschiedene Ehegatten, die - wie die Klägerin - vor dem 01.07.1977 geschieden wurden, richtet sich nach § 243 SGB VI. Nach Absatz 2 dieser Regelung besteht Anspruch auf große Witwenrente auch für geschiedene Ehegatten, deren Ehe vor dem 01.07.1977 geschieden ist (Nr. 1), die weder wieder verheiratet noch eine Lebenspartnerschaft begründet haben (Nr. 2) und die im letzten Jahr vor dem Tod des Versicherten Unterhalt von diesem erhalten haben oder im letzten wirtschaftlichen Dauerzustand vor dessen Tode einen Anspruch hierauf hatten (Nr. 3) und die entweder ein eigenes Kind oder ein Kind des Versicherten erziehen (Nr. 4 Buchst. a), das 45. Lebensjahr vollendet haben (Nr. 4 Buchst. b) erwerbsgemindert sind (Nr. 4 Buchst. c), vor dem 02.01.1961 geboren und berufsunfähig sind (Nr. 4 Buchst. d) oder am 31.12.2000 bereits berufsunfähig oder erwerbsunfähig waren und dies ununterbrochen sind (Nr. 4 Buchst. e), wenn der Versicherte die allgemeine Wartezeit erfüllt hat und nach dem 30.04.1942 gestorben ist.
Diese Voraussetzungen erfüllt die Klägerin nicht. Denn im Sinne von Nr. 3 dieser Regelung erhielt die Klägerin weder im letzten Jahr vor dem Tod des Versicherten Unterhalt von diesem noch hatte sie im letzten wirtschaftlichen Dauerzustand vor dessen Tod einen Anspruch hierauf. Diese Voraussetzung ist auch nicht nach Maßgabe des § 243 Abs. 3 SGB VI entbehrlich, da ein Hinterbliebenenrentenanspruch auch für eine Witwe besteht (vgl. § 243 Abs. 3 Satz 1 letzter Halbsatz SGB VI).
Nach der ersten Alternative - "Unterhalt von diesem erhalten" - ist Voraussetzung, dass der Versicherte für die Dauer eines Jahres tatsächlich Unterhalt an seine geschiedene Ehefrau zahlte (BSG, Urteil vom 31.08.2000, B 4 RA 44/99 R, juris). Dies war vorliegend nicht der Fall. Denn der Versicherte zahlte im Zeitraum von Juni 2007 bis zu seinem Tod im Juni 2008 tatsächlich keinen Unterhalt an die Klägerin. Eine entsprechende Zahlung hat die Klägerin auch nicht geltend gemacht. Sie hat vielmehr vorgetragen, letztmals ca. im Jahr 1998 einen Betrag in Höhe von 25.000,00 DM erhalten zu haben. Insoweit kann der Senat dahingestellt sein lassen, ob der Versicherte diesen Betrag als Vorschuss auf einen seinerzeit ggf. vorhanden gewesenen Unterhaltsanspruch entsprechend Nr. 3 der anlässlich der Scheidung getroffenen Vereinbarung zahlte. Denn mit dieser Überweisung ließen sich - ausgehend vom ursprünglich vereinbarten monatlichen Unterhaltsbetrag - Unterhaltszahlungen lediglich für einen Zeitraum von zwei Jahren und einem Monat begründen, mithin entsprechende Leistungen bis ins Jahr 2001. Eine Unterhaltszahlung für den vorliegend maßgeblichen Zeitraum von Juni 2007 bis Juni 2008 lässt sich daraus hingegen nicht herleiten. Im Rentenantrag gab die Klägerin dem entsprechend als "monatlichen Betrag" von Unterhalt auch "0,00 DM" an (vgl. Bl. 58 VA Bd. II).
Soweit die Klägerin aus dem Umstand, dass der Versicherte ein Haus baute, das nach dessen Tod die Töchter erbten, eine Unterhaltsleistung an sich herleitet, entbehrt dies jeglicher Grundlage. Der Vermögenserwerb erfolgte durch die Töchter, die Klägerin hatte keinerlei wirtschaftliche Vorteile, wie dies für die Leistung von Unterhalt aber typisch ist.
Darüber hinaus sind auch die Voraussetzungen der zweiten Alternative des § 243 Abs. 2 Nr. 3 SGB VI nicht erfüllt. Insoweit ist nicht festzustellen, dass die Klägerin im letzten wirtschaftlichen Dauerzustand vor dem Tod des Versicherten einen Anspruch auf Unterhalt hatte. Hier finden die mit Ablauf des 30.06.1977 außer Kraft getretenen Vorschriften des Ehegesetzes (EheG) über den Unterhaltsanspruch eines Ehegatten noch Anwendung, weil die Ehe noch vor dem Inkrafttreten des 1. Gesetzes zur Reform des Ehe- und Familienrechts (1. EheRG) durch Urteil vom 30.03.1977 geschieden worden ist (vgl. Art. 12 Nr. 3 Satz 2 1. EheRG). Zwar sah § 58 Abs. 1 EheG eine Unterhaltsverpflichtung des alleine oder überwiegend für schuldig erklärten Mannes der geschiedenen Ehefrau vor, soweit die Einkünfte aus dem Vermögen der Frau und die Erträgnisse einer Erwerbstätigkeit nicht ausreichten, den nach den Lebensverhältnissen der Ehegatten angemessenen Unterhalt sicherzustellen. Der Senat sieht jedoch keine Anhaltspunkte für das Bestehen eines solchen Unterhaltsanspruchs.
Insbesondere ist nicht feststellbar, dass die Klägerin unterhaltsbedürftig war. Immerhin verfügte die Klägerin zum Zeitpunkt des Todes des Versicherten über eigene Einkünfte in Höhe von 1.180,00 EUR. Es erschließt sich nicht und es ist insoweit von der Klägerin auch nicht vorgetragen worden, dass bzw. in welcher Höhe noch ein ungedeckter Unterhaltsbedarf bestanden haben soll. Hieran ändern auch die Angaben der Klägerin zu ihren Fixkosten zum Zeitpunkt des Todes des Versicherten (Miete 550,00 EUR, fixe sonstigen mtl. Verpflichtungen 200,00 EUR, Bl. 11 SG-Akte) nichts. Zum einen standen der Klägerin als Alleinstehender im Jahr 2008 damit doch monatlich noch 430,00 EUR zur Deckung des täglichen Bedarfs zur Verfügung, zum anderen orientiert sich der Unterhaltsbedarf ohnehin nicht an den tatsächlichen Ausgaben, sondern - § 58 Abs. 1 EheG - an den Lebensverhältnissen der Ehegatten. Dabei hat die Klägerin auch nicht ansatzweise dargestellt, welchen Unterhaltsbedarf sie - ausgehend vom Maßstab der früheren ehelichen Verhältnisse - sieht. Die Rechtsprechung geht in Fällen, in denen zum Zeitpunkt der Scheidung nur der Versicherte über Einkünfte verfügte, als angemessenem Unterhalt von einem Drittel bis einem Viertel des Nettoeinkommens aus, wobei auch etwaige Unterhaltspflichten gegenüber einem neuen Ehegatten zu berücksichtigen sind (vgl. Gürtner in KassKomm, Sozialversicherungsrecht, § 243 Rdnr. 28 m.w.N.). Sofern - wie hier - der letzte wirtschaftliche Dauerzustand durch die beiderseits bezogenen, jährlich angepassten Renten - auf Seiten der Klägerin die Altersrente und die Betriebsrente, auf Seiten des Versicherten die Altersrente, so auch die Angaben der Klägerin im Antrag - geprägt wird, kann dann unmittelbar dieses Einkommen herangezogen werden (Gürtner, a.a.O., Rdnr. 32 m.w.N.). Ausweislich der vorgelegten Verwaltungsakten belief sich das Einkommen des Versicherten zuletzt auf 1775,97 EUR (Bl. 3 VA Bd. II). Selbst wenn der Klägerin hiervon der erwähnte Anteil von (maximal) einem Drittel zugebilligt würde, mithin 591,99 EUR, wäre dieser Unterhaltsbedarf durch die weit höheren Einkünfte der Klägerin (1.180,00 EUR) gedeckt.
Darüber hinaus kann auch nicht festgestellt werden, dass der Versicherte über die einen Unterhaltsanspruch begründende Leistungsfähigkeit verfügte. Die Klägerin hat hierzu nichts konkretes vorgetragen. Auffällig ist, dass die Klägerin zu keinem Zeitpunkt den nunmehr behaupteten Unterhaltsanspruch bei dem Versicherten geltend machte. Soweit sie im Klageverfahren noch vorgetragen hat, der Versicherte habe seiner Unterhaltspflicht auf Grund finanzieller Schwierigkeiten wegen eines Hausbaus und der Kosten für die zuletzt notwendige Heimpflege nicht nachkommen können, was darauf hinweist, dass der Versicherte nicht unterhaltsfähig war, hat sie dieses Vorbringen in dem wieder eröffneten Berufungsverfahren nicht mehr aufrecht erhalten und stattdessen nunmehr geltend gemacht, der Versicherte sei unterhaltsfähig gewesen. Er habe über gute Einkünfte verfügt, das Haus sei abbezahlt gewesen und über hohe Krankheitskosten sei ihr nichts bekannt. Damit bleibt aber offen, weshalb die Klägerin den nun behaupteten Unterhaltsanspruch zu keinem Zeitpunkt geltend machte. Eine Begründung hierfür ist ihrem Vorbringen nicht zu entnehmen.
Soweit die Klägerin meint, den behaupteten Unterhaltsanspruch im letzten wirtschaftlichen Dauerzustand vor dem Tod des Versicherten aus Nr. 3 der im Zusammenhang mit der Scheidung getroffenen Vereinbarung herleiten zu können, trifft dies nicht zu. Denn die mit dieser Vereinbarung seinerzeit ab 01.07.1975 begründete Unterhaltspflicht des Versicherten in Höhe von monatlich 1.000,00 DM beinhaltete keine dauerhafte Zahlungspflicht. Diese war - wie Satz 2 der Regelung zu entnehmen ist - lediglich bis zur Vollendung des 15. Lebensjahres der gemeinsamen Kinder unabhängig von den eigenen Einkünften der Klägerin. Mit Vollendung des 15. Lebensjahres der Tochter S. I. am 07.12.1981 bestand dieser Anspruch daher lediglich noch insoweit, als auf Seiten der Klägerin Unterhaltsbedürftigkeit bestand und dies hätte damals der Prüfung und konkreten Festsetzung bedurft. Vor diesem Hintergrund kann dahinstehen, ob die Weitergewährung des Betrages von 1.000,00 DM durch den Versicherten - nach dem Vorbringen der Klägerin bis zum Beginn des Studiums der Kinder an sie und nachfolgend bis zur Vollendung dessen 27. Lebensjahres, also längstens bis Ende 1993, unmittelbar an die Kinder - wegen Bedürftigkeit der Klägerin oder als freiwillige Leistung erfolgte. Denn ein Unterhaltsanspruch der Klägerin ließe sich aus der in Rede stehenden Vereinbarung nachfolgend nur noch im Falle einer Bedürftigkeit der Klägerin begründen. Wie bereits dargelegt, kann hiervon angesichts der Einkünfte der Klägerin nicht ausgegangen werden.
Der von der Klägerin behauptete Unterhaltsanspruch im letzten wirtschaftlichen Dauerzustand vor dem Tod des Versicherten lässt sich schließlich auch nicht aus allgemeinen Billigkeitserwägungen herleiten. Damit rechtfertigt auch das Vorbringen der Klägerin, wonach sie wegen der Erziehung der gemeinsamen und der Kinder des Versicherten keiner Erwerbstätigkeit habe nachgehen können und erst durch ihre Haushaltstätigkeit der berufliche Erfolg des Versicherten möglich gewesen sei, keine abweichende Beurteilung.
Damit bestand im letzten wirtschaftlichen Dauerzustand vor dem Tod des Versicherten kein Unterhaltsanspruch der Klägerin.
Die Bewilligung von großer Witwenrente mit Bescheid vom 08.10.2008 war somit rechtswidrig. Auch die weiteren Voraussetzungen des § 45 SGB X sind erfüllt. So stehen insbesondere die von der Klägerin geltend gemachten Gründe des Bestandsschutzes bzw. des Vertrauensschutzes der Rücknahme des Bescheides vom 08.10.2008 nicht entgegen. Zwar liegt - worauf die Klägerin zutreffend hingewiesen hat - keiner der Vertrauensschutz ausschließenden Tatbestände des § 45 Abs. 2 Satz 3 Nr. 1 bis 3 SGB X vor, jedoch schließt dies die Rücknahme des rechtswidrigen Bescheids vom 08.10.2008 nicht aus. Denn bei Abwägung der Umstände des Einzelfalles überwiegt vorliegend nicht die Schutzwürdigkeit der Klägerin und ihr Vertrauen in den Bestand des Verwaltungsaktes gegenüber dem öffentlichen Interesse an der Schaffung rechtmäßiger Verhältnisse. So handelt es sich bei Witwenrentenbewilligung um einen Verwaltungsakt mit Dauerwirkung, der ein erhöhtes öffentliches Rücknahmeinteresse begründet. Zwar beruhte die Rentenbewilligung allein auf einer Fehlbeurteilung der Beklagten, ohne dass dies auf Angaben der Klägerin zurückzuführen wäre, jedoch bemerkte die Beklagte ihre fehlerhafte Beurteilung schon wenige Tage nach Bescheiderteilung. Sie teilte dies der Klägerin mit Schreiben vom 16.10.2008 mit und hörte diese damit nur acht Tage nach der Witwenrentenbewilligung bereits zu der beabsichtigten Rücknahmeentscheidung an, wodurch das Vertrauen der Klägerin in den Bestand der Entscheidung schon kurz nach Bekanntgabe des Bescheides bereits wieder zerstört wurde. Dass die Klägerin innerhalb dieser kurzen Zeitspanne Vermögensdispositionen getroffen haben könnte, die nicht mehr oder nur unter unzumutbaren Nachteilen rückgängig gemacht werden können, ist nicht ersichtlich. Soweit die Klägerin geltend gemacht hat, vor dem Hintergrund der Witwenrentenbewilligung auf die Kündigung von Versicherungen verzichtet zu haben, ist nicht nachvollziehbar, inwieweit hierdurch für sie unzumutbare Nachteile verursacht worden sein sollen. Denn zum einen resultierten aus der Fortführung der Versicherungen im Falle des Eintritts des versicherten Risikos Leistungsansprüche, die bei Kündigung der Versicherung nicht mehr hätten entstehen können. Zum anderen ist aber auch nicht erkennbar, weshalb die Klägerin die angesprochenen Versicherungen - sollte sie deren Fortführung von einer Witwenrentenbewilligung abhängig gemacht haben - nicht unmittelbar nach Kenntniserlangung von der Absicht der Beklagten, die Witwenrentenbewilligung wieder aufzuheben, gekündigt hat. Dass dies wenige Tage nach der Rentenbewilligung nicht mehr möglich gewesen wäre, hat die Klägerin nicht vorgetragen. Von nicht mehr rückgängig zu machenden Nachteilen kann im Hinblick auf die unterlassenen Kündigungen daher keine Rede sein. Nachdem die Beklagte die Witwenrentenbewilligung vom 08.10.2008 schließlich auch bereits mit Bescheid vom 07.11.2008, mithin lediglich rund einen Monat später aufhob, ist auch die Frist des § 45 Abs. 3 Satz 1 SGB X gewahrt.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Für eine Zulassung der Revision besteht keine Veranlassung.
Außergerichtliche Kosten sind in sämtlichen Rechtszügen nicht zu erstatten.
Tatbestand:
Zwischen den Beteiligten ist streitig, ob die Beklagte eine Rentenbewilligung zu Recht mit Wirkung für die Zukunft aufhob.
Die am 1941 geborene Klägerin ist die am 18.06.1975 wegen Verschuldens des Ehemannes geschiedene Ehefrau des am 27.02.1930 geborenen und am 23.06.2008 verstorbenen W. S. (im Folgenden: Versicherter), der in zweiter Ehe seit 1986 wieder verheiratet war und seit 01.02.1995 von der Beklagten Altersrente bezog, zuletzt in Höhe von 1.775,97 EUR monatlich (Zahlbetrag). Aus der Ehe der Klägerin mit dem Versicherten gingen die gemeinsamen Kinder S. A. E. , geb. am 06.01.1965 und S. I. , geb. am 07.12.1966 hervor. Die Klägerin heiratete nach der Scheidung nicht mehr und begründete auch keine Lebenspartnerschaft.
Am 25.08.2008 beantragte die Klägerin die Gewährung von Hinterbliebenenrente. Im Antragsformular gab sie zu den Einkommensverhältnissen des Versicherten den Rentenbezug an und sie verneinte die Frage, ob der Versicherte während des letzten Jahres vor seinem Tod Unterhalt geleistet habe. Zu der Frage, ob der Versicherte eine Unterhaltsabfindung oder eine Unterhaltsvorauszahlung geleistet habe, gab sie 25.000,00 DM ca. 1998 an. Als eigenes Einkommen zum Zeitpunkt des Todes des Versicherten führte die Klägerin 600,00 EUR (Rente aus der gesetzlichen Rentenversicherung) sowie 580,00 EUR (Betriebsrente aus der Zusatzversorgungskasse des Kommunalen Versorgungsverbandes Baden-Württemberg, die jährlich angepasst wird, vgl. z.B. Bl. 115 f. VA Bd. II) an. Sie legte im Übrigen die anlässlich der Ehescheidung am 18.06.1975 geschlossene "Vereinbarung" vor, die neben Regelungen bezüglich der elterlichen Sorge für die gemeinsamen Kinder (Nr. 1) und des Kindesunterhalts (Nr. 2) unter Nr. 3 folgende Regelung enthält: "Der Beklagte verpflichtet sich, der Klägerin ab 1. Juli 1975 monatlich 1.000,- DM Unterhalt, jeweils im Voraus zum 1. eines jeden Monats, zu zahlen. Solange noch nicht alle Kinder der Parteien das 15. Lebensjahr vollendet haben, besteht dieser Unterhaltsanspruch unabhängig von dem eigenen Einkommen der Klägerin." Die Vereinbarung enthält im Übrigen Anpassungsregelungen bei Veränderungen im Nettoeinkommen des Versicherten (Nr. 4) sowie Regelungen in Bezug auf das seinerzeitige Mietverhältnis (Nr. 5), abgeschlossene Lebensversicherungen und eine Unfallversicherung (Nrn. 6 bis 9), das im gemeinsamen Eigentum stehende Grundstück (Nr. 10) sowie einen Bausparvertrag (Nr. 11). Hinsichtlich der Einzelheiten wird auf Bl. 68 ff. VA Bezug genommen.
Mit Bescheid vom 08.10.2008 bewilligte die Beklagte der Klägerin große Witwenrente ab 01.09.2008 in Höhe von 399,27 EUR netto.
Nachdem die Ehefrau des Versicherten, der die Beklagte schon zuvor Witwenrente bewilligt hatte, auf die an sie zuvor gerichtete Mitteilung, dass auch die Klägerin Hinterbliebenenrente beantragt habe, Zweifel an der Erfüllung der Anspruchsvoraussetzung für eine Geschiedenenwitwenrente äußerte, trat die Beklagte in eine erneute Sachprüfung ein. Nach Anhörung der Klägerin nahm sie mit Bescheid vom 07.11.2008 sodann den Bescheid vom 08.10.2008 mit Wirkung für die Zukunft ab 01.12.2008 gemäß § 45 des Zehnten Buches des Sozialgesetzbuchs (SGB X) zurück. Zur Begründung führte sie aus, die Klägerin habe zum Zeitpunkt des Todes des geschiedenen Ehepartners ein eigenes Einkommen von monatlich 1.180,00 EUR gehabt, weshalb ihr Unterhalt bereits auf Grund dieser Einkünfte gedeckt gewesen sei. Die Rücknahme des Rentenbescheids für die Zukunft sei zulässig, weil sie sich zum einen auf Vertrauen in den Bestand des Rentenbescheides nicht berufen könne (§ 45 Abs. 2 Satz 3 SGB X) und zum anderen die Fristen des § 45 Abs. 3 bzw. Abs. 4 SGB X nicht abgelaufen seien. Auch die vorzunehmende Ermessensausübung führe zu keinem anderen Ergebnis. Soweit sie sich im Rahmen der Anhörung auf den Rentenbescheid bezogen und vorgetragen habe, sie habe am 25.08.2008 einen Antrag auf Hinterbliebenenrente gestellt und vollständige Angaben gemacht, sei dies berücksichtigt worden. Auf Vertrauen in den Bestand des Rentenbescheides könne sie sich nicht berufen, weil an der Herstellung des rechtmäßigen Zustandes ein überwiegendes öffentliches Interesse bestehe und ihr Vertrauen in den Bestand des Bescheides nicht schutzwürdig sei. Auch im Wege des Ermessens werde die Bescheidrücknahme für gerechtfertigt erachtet, weil die nach Aktenlage erkennbaren wirtschaftlichen und sozialen Verhältnisse eine Rücknahme des Bescheids zuließen. Dies folge auch aus Gründen der Gesetzmäßigkeit der Verwaltung und der Verpflichtung zur zweckentsprechenden Verwendung der Mittel. Hierdurch solle erreicht werden, dass keine Leistungen ohne ausreichende gesetzliche Grundlage erbracht werden.
Im Widerspruchsverfahren verwies die Klägerin auf die vorgelegte, anlässlich der Scheidung getroffene Vereinbarung, wonach der Versicherte ihr gegenüber und den Kindern unterhaltspflichtig gewesen sei. Seine Unterhaltspflicht gegenüber den Kindern habe der Versicherte jeweils bis zur Vollendung des 27. Lebensjahres bzw. der Beendigung des Studiums erfüllt. Auch an sie habe er über zehn Jahre hinweg Unterhalt geleistet. Nach Beginn des Studiums der Kinder sei der Unterhaltsbetrag von 1.000,00 DM lediglich nicht mehr direkt an sie, sondern vereinbarungsgemäß unmittelbar an die gemeinsamen Kinder gezahlt worden. Danach habe sie eine Unterhaltszahlung von 25.000,00 DM erhalten. Mit Widerspruchsbescheid vom 20.03.2009 wies die Beklagte den Widerspruch unter Darlegung der Anspruchsvoraussetzungen für eine Geschiedenenwitwenrente gemäß § 243 des Sechsten Buches des Sozialgesetzbuchs (SGB VI) zurück und führte aus, diese Voraussetzungen seien nicht erfüllt, weil die Klägerin im letzten Jahr vor dem Tod des Versicherten keinen Unterhalt bezogen habe. Der Bescheid über die Bewilligung der Witwenrente vom 08.10.2008 sei daher zu Recht gemäß § 45 SGB X zurückgenommen worden. Bei dieser Sach- und Rechtslage habe dem Widerspruch der Erfolg versagt bleiben müssen.
Am 20.04.2009 hat die Klägerin dagegen beim Sozialgericht Karlsruhe (SG) Klage erhoben, ihr Vorbringen aus dem Widerspruchsverfahren wiederholt und geltend gemacht, die Zahlung von 25.000,00 DM im Jahr 1998 könne nicht als Abfindungsbetrag verstanden werden. Zu einem Unterhaltsverzicht sei es nie gekommen. Es habe sich um einen Vorschuss auf die bestehende Unterhaltspflicht gehandelt. Zwar sei einzuräumen, dass es nachfolgend zu keinen weiteren Zahlungen mehr gekommen sei, jedoch habe der Versicherte seiner Unterhaltszahlungspflicht bis zu seinem Ableben nachkommen wollen. Dies sei ihm auf Grund eigener finanzieller Schwierigkeiten wegen eines Hausbaus nicht möglich gewesen. Er habe ihr gegenüber jedoch betont, dass die Kinder einmal das Haus erhalten würden und das Geld damit gut angelegt wäre. Entsprechend hätten die Kinder auch die Immobilie erhalten. Damit habe sie wieder nicht auf eigenen Unterhalt verzichtet, sondern lediglich einer verlagerten Unterhaltssicherung zu Gunsten der gemeinsamen Kinder zugestimmt. Der Versicherte habe nicht mehr an sie direkt geleistet, sondern stattdessen an die gemeinsamen Kinder. Damit habe er jedenfalls mittelbar zugleich auch ihren eigenen Unterhalt abgegolten. Darüber hinaus habe der Versicherte seiner Unterhaltspflicht auch auf Grund seiner schweren Erkrankung, an der er letztlich verstorben sei, nicht mehr voll nachkommen können. Vor seinem Ableben sei er über mehrere Monate in einem Heim gepflegt worden, was mit erheblichen finanziellen Aufwendungen verbunden gewesen sei. Zu berücksichtigen seien im Übrigen die ihren Einkünften gegenüber stehenden monatlichen Belastungen in Form von Miet- und Versicherungskosten. Auch habe sie darauf vertrauen dürfen, dass ihr ein gewisser Anteil an der Rente zustehe. Mit der Rentenbewilligung habe sie einige wichtige Planungen getätigt. So habe sie die bereits abgeschlossene Sterbegeldversicherung doch nicht gekündigt. Entsprechendes gelte für weitere Versicherungen. Ungeachtet all dessen sei der Rücknahmebescheid aber auch schon deshalb rechtswidrig, weil die Beklagte im Widerspruchsbescheid kein Ermessen ausgeübt habe.
Mit Urteil vom 04.03.2010 hat das SG den Bescheid vom 07.11.2008 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 20.03.2009 mit der Begründung aufgehoben, die Beklagte habe das ihr zustehende Ermessen nicht in rechtmäßiger Art und Weise ausgeübt. Gegen das ihr am 06.04.2010 zugestellte Urteil hat die Beklagte am 26.04.2010 beim Landessozialgericht (LSG) Berufung (L 10 R 2006/10) eingelegt, die der Senat mit Urteil vom 16.02.2012 zurückgewiesen hat. Der Senat hat sich dabei der Rechtsauffassung des SG angeschlossen. Nach Revisionszulassung durch das Bundessozialgericht (BSG) und auf die Revision der Beklagten hat das BSG das Urteil des Senats vom 16.02.2012 aufgehoben und die Sache zur erneute Verhandlung und Entscheidung an das LSG zurückverwiesen (Urteil vom 11.02.2015, B 13 R 15/13 R). Ermessensfehler lagen nicht vor. Das LSG habe daher zu prüfen, ob die angefochtenen Bescheide aus anderen Gründen rechtswidrig oder aber rechtmäßig sind, insbesondere ob die tatbestandlichen Voraussetzungen für eine Rücknahme des Bewilligungsbescheids vorliegen.
Die Beklagte beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Karlsruhe vom 04.03.2010 aufzuheben und die Klage abzuweisen.
Die Klägerin beantragt,
die Berufung der Beklagten zurückzuweisen.
Die Klägerin ist der Auffassung, ihr stehe die Geschiedenenwitwenrente zu. Hierzu hat sie in dem wieder eröffneten Verfahren ausgeführt, der Versicherte habe ihr nach einigen Jahren der Unterhaltszahlung mitgeteilt, dass er seiner vollständigen Unterhaltsverpflichtung nicht mehr nachkommen könne; er habe gebaut und hätte daher kein Geld mehr. Sie habe daraufhin vorgeschlagen, dass der geschuldete Unterhaltsbetrag unter der Voraussetzung geteilt werden könne, dass die beiden Töchter das gebaute Haus erben würden. Diese hätten das Haus letztlich auch geerbt. Eine weitere Einigung habe es dahingehend gegeben, dass ihr Unterhalt während des Studiums der Töchter hälftig an diese ausgezahlt werde. Vor ca. 20 Jahren habe ihr der Versicherte dann 25.000,00 DM ausgezahlt. Einen Verzicht auf weitergehende Ansprüche habe sie wegen der erlittenen ehebedingten Nachteile seinerzeit abgelehnt. Der Versicherte sei bis zu seinem Tod unterhaltsverpflichtet gewesen. Eine Leistungsunfähigkeit habe zuletzt nicht bestanden. Die Einkünfte seien gut und das Haus sei abbezahlt gewesen, über hohe Krankheitskosten sei ihr nichts bekannt.
Zur weiteren Darstellung des Sachverhalts sowie des Vorbringens der Beteiligten wird auf den Inhalt der Verwaltungsakten der Beklagten sowie der Akten beider Rechtszüge Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die gemäß § 151 Abs. 1 des Sozialgerichtsgesetzes (SGG) form- und fristgerecht eingelegte und gemäß den §§ 143, 144 SGG statthafte Berufung der Beklagten ist zulässig und begründet.
Das SG hätte den Bescheid der Beklagten vom 07.11.2008 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 20.03.2009 nicht mangels Ermessensausübung im Widerspruchsbescheid aufheben dürfen. Denn insoweit liegt ein Ermessensfehler nicht vor. Dies steht auf Grund der zurückverweisenden Entscheidung des BSG nach § 170 Abs. 5 SGG verbindlich fest und ist vom Senat deshalb zu Grunde zu legen. Da die angefochtenen Bescheide im Übrigen keinen rechtlichen Bedenken begegnen, mithin rechtmäßig sind und die Klägerin nicht in ihren Rechten verletzen, ist das angefochtene Urteil auf die Berufung der Beklagten aufzuheben und die Klage abzuweisen.
Mit Bescheid vom 07.11.2008 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 20.03.2009 nahm die Beklagte den Bescheid vom 08.10.2008, mit dem sie der Klägerin große Witwenrente bewilligte, zu Recht mit Wirkung für die Zukunft, und zwar ab 01.12.2008, zurück. Denn der Klägerin steht Witwenrente nach dem Tod des verstorbenen Versicherten nicht zu.
Rechtsgrundlage für die angefochtenen Bescheide ist § 45 SGB X. Danach darf ein Verwaltungsakt, der ein Recht oder einen rechtlich erheblichen Vorteil begründet oder bestätigt hat (begünstigender Verwaltungsakt), soweit er rechtswidrig ist, auch nachdem er unanfechtbar geworden ist, nur unter den Einschränkungen der Abs. 2 bis 4 ganz oder teilweise mit Wirkung für die Zukunft oder für die Vergangenheit aufgehoben werden. Nach Abs. 2 der Regelung darf ein rechtswidriger begünstigender Verwaltungsakt nicht zurückgenommen werden, soweit der Begünstigte auf den Bestand des Verwaltungsaktes vertraut hat und sein Vertrauen unter Abwägung mit dem öffentlichen Interesse an einer Rücknahme schutzwürdig ist. Das Vertrauen ist in der Regel schutzwürdig, wenn der Begünstigte erbrachte Leistungen verbraucht oder eine Vermögensdisposition getroffen hat, die er nicht mehr oder nur unter unzumutbaren Nachteilen rückgängig machen kann. Auf Vertrauen kann sich der Begünstigte nicht berufen, soweit er den Verwaltungsakt durch arglistige Täuschung, Drohung oder Bestechung erwirkt hat (Nr. 1), der Verwaltungsakt auf Angaben beruht, die der Begünstigte vorsätzlich oder grob fahrlässig in wesentlicher Beziehung unrichtig oder unvollständig gemacht hat (Nr. 2) oder er die Rechtswidrigkeit des Verwaltungsaktes kannte oder in Folge grober Fahrlässigkeit nicht kannte; grobe Fahrlässigkeit liegt vor, wenn der Begünstigte die erforderliche Sorgfalt in besonders schwerem Maße verletzt hat (Nr. 3). Nach Abs. 3 der Regelung kann ein rechtswidriger begünstigender Verwaltungsakt mit Dauerwirkung nach Absatz 2 nur bis zum Ablauf von zwei Jahren nach seiner Bekanntgabe zurückgenommen werden.
Diese Voraussetzungen sind vorliegend erfüllt. Insbesondere ist der Bescheid vom 07.11.2008, mit dem die Beklagte der Klägerin große Witwenrente bewilligte, rechtswidrig. Denn die Anspruchsvoraussetzungen für die Gewährung einer entsprechenden Witwenrente erfüllt die Klägerin nicht.
Die Gewährung von Witwenrente an geschiedene Ehegatten, die - wie die Klägerin - vor dem 01.07.1977 geschieden wurden, richtet sich nach § 243 SGB VI. Nach Absatz 2 dieser Regelung besteht Anspruch auf große Witwenrente auch für geschiedene Ehegatten, deren Ehe vor dem 01.07.1977 geschieden ist (Nr. 1), die weder wieder verheiratet noch eine Lebenspartnerschaft begründet haben (Nr. 2) und die im letzten Jahr vor dem Tod des Versicherten Unterhalt von diesem erhalten haben oder im letzten wirtschaftlichen Dauerzustand vor dessen Tode einen Anspruch hierauf hatten (Nr. 3) und die entweder ein eigenes Kind oder ein Kind des Versicherten erziehen (Nr. 4 Buchst. a), das 45. Lebensjahr vollendet haben (Nr. 4 Buchst. b) erwerbsgemindert sind (Nr. 4 Buchst. c), vor dem 02.01.1961 geboren und berufsunfähig sind (Nr. 4 Buchst. d) oder am 31.12.2000 bereits berufsunfähig oder erwerbsunfähig waren und dies ununterbrochen sind (Nr. 4 Buchst. e), wenn der Versicherte die allgemeine Wartezeit erfüllt hat und nach dem 30.04.1942 gestorben ist.
Diese Voraussetzungen erfüllt die Klägerin nicht. Denn im Sinne von Nr. 3 dieser Regelung erhielt die Klägerin weder im letzten Jahr vor dem Tod des Versicherten Unterhalt von diesem noch hatte sie im letzten wirtschaftlichen Dauerzustand vor dessen Tod einen Anspruch hierauf. Diese Voraussetzung ist auch nicht nach Maßgabe des § 243 Abs. 3 SGB VI entbehrlich, da ein Hinterbliebenenrentenanspruch auch für eine Witwe besteht (vgl. § 243 Abs. 3 Satz 1 letzter Halbsatz SGB VI).
Nach der ersten Alternative - "Unterhalt von diesem erhalten" - ist Voraussetzung, dass der Versicherte für die Dauer eines Jahres tatsächlich Unterhalt an seine geschiedene Ehefrau zahlte (BSG, Urteil vom 31.08.2000, B 4 RA 44/99 R, juris). Dies war vorliegend nicht der Fall. Denn der Versicherte zahlte im Zeitraum von Juni 2007 bis zu seinem Tod im Juni 2008 tatsächlich keinen Unterhalt an die Klägerin. Eine entsprechende Zahlung hat die Klägerin auch nicht geltend gemacht. Sie hat vielmehr vorgetragen, letztmals ca. im Jahr 1998 einen Betrag in Höhe von 25.000,00 DM erhalten zu haben. Insoweit kann der Senat dahingestellt sein lassen, ob der Versicherte diesen Betrag als Vorschuss auf einen seinerzeit ggf. vorhanden gewesenen Unterhaltsanspruch entsprechend Nr. 3 der anlässlich der Scheidung getroffenen Vereinbarung zahlte. Denn mit dieser Überweisung ließen sich - ausgehend vom ursprünglich vereinbarten monatlichen Unterhaltsbetrag - Unterhaltszahlungen lediglich für einen Zeitraum von zwei Jahren und einem Monat begründen, mithin entsprechende Leistungen bis ins Jahr 2001. Eine Unterhaltszahlung für den vorliegend maßgeblichen Zeitraum von Juni 2007 bis Juni 2008 lässt sich daraus hingegen nicht herleiten. Im Rentenantrag gab die Klägerin dem entsprechend als "monatlichen Betrag" von Unterhalt auch "0,00 DM" an (vgl. Bl. 58 VA Bd. II).
Soweit die Klägerin aus dem Umstand, dass der Versicherte ein Haus baute, das nach dessen Tod die Töchter erbten, eine Unterhaltsleistung an sich herleitet, entbehrt dies jeglicher Grundlage. Der Vermögenserwerb erfolgte durch die Töchter, die Klägerin hatte keinerlei wirtschaftliche Vorteile, wie dies für die Leistung von Unterhalt aber typisch ist.
Darüber hinaus sind auch die Voraussetzungen der zweiten Alternative des § 243 Abs. 2 Nr. 3 SGB VI nicht erfüllt. Insoweit ist nicht festzustellen, dass die Klägerin im letzten wirtschaftlichen Dauerzustand vor dem Tod des Versicherten einen Anspruch auf Unterhalt hatte. Hier finden die mit Ablauf des 30.06.1977 außer Kraft getretenen Vorschriften des Ehegesetzes (EheG) über den Unterhaltsanspruch eines Ehegatten noch Anwendung, weil die Ehe noch vor dem Inkrafttreten des 1. Gesetzes zur Reform des Ehe- und Familienrechts (1. EheRG) durch Urteil vom 30.03.1977 geschieden worden ist (vgl. Art. 12 Nr. 3 Satz 2 1. EheRG). Zwar sah § 58 Abs. 1 EheG eine Unterhaltsverpflichtung des alleine oder überwiegend für schuldig erklärten Mannes der geschiedenen Ehefrau vor, soweit die Einkünfte aus dem Vermögen der Frau und die Erträgnisse einer Erwerbstätigkeit nicht ausreichten, den nach den Lebensverhältnissen der Ehegatten angemessenen Unterhalt sicherzustellen. Der Senat sieht jedoch keine Anhaltspunkte für das Bestehen eines solchen Unterhaltsanspruchs.
Insbesondere ist nicht feststellbar, dass die Klägerin unterhaltsbedürftig war. Immerhin verfügte die Klägerin zum Zeitpunkt des Todes des Versicherten über eigene Einkünfte in Höhe von 1.180,00 EUR. Es erschließt sich nicht und es ist insoweit von der Klägerin auch nicht vorgetragen worden, dass bzw. in welcher Höhe noch ein ungedeckter Unterhaltsbedarf bestanden haben soll. Hieran ändern auch die Angaben der Klägerin zu ihren Fixkosten zum Zeitpunkt des Todes des Versicherten (Miete 550,00 EUR, fixe sonstigen mtl. Verpflichtungen 200,00 EUR, Bl. 11 SG-Akte) nichts. Zum einen standen der Klägerin als Alleinstehender im Jahr 2008 damit doch monatlich noch 430,00 EUR zur Deckung des täglichen Bedarfs zur Verfügung, zum anderen orientiert sich der Unterhaltsbedarf ohnehin nicht an den tatsächlichen Ausgaben, sondern - § 58 Abs. 1 EheG - an den Lebensverhältnissen der Ehegatten. Dabei hat die Klägerin auch nicht ansatzweise dargestellt, welchen Unterhaltsbedarf sie - ausgehend vom Maßstab der früheren ehelichen Verhältnisse - sieht. Die Rechtsprechung geht in Fällen, in denen zum Zeitpunkt der Scheidung nur der Versicherte über Einkünfte verfügte, als angemessenem Unterhalt von einem Drittel bis einem Viertel des Nettoeinkommens aus, wobei auch etwaige Unterhaltspflichten gegenüber einem neuen Ehegatten zu berücksichtigen sind (vgl. Gürtner in KassKomm, Sozialversicherungsrecht, § 243 Rdnr. 28 m.w.N.). Sofern - wie hier - der letzte wirtschaftliche Dauerzustand durch die beiderseits bezogenen, jährlich angepassten Renten - auf Seiten der Klägerin die Altersrente und die Betriebsrente, auf Seiten des Versicherten die Altersrente, so auch die Angaben der Klägerin im Antrag - geprägt wird, kann dann unmittelbar dieses Einkommen herangezogen werden (Gürtner, a.a.O., Rdnr. 32 m.w.N.). Ausweislich der vorgelegten Verwaltungsakten belief sich das Einkommen des Versicherten zuletzt auf 1775,97 EUR (Bl. 3 VA Bd. II). Selbst wenn der Klägerin hiervon der erwähnte Anteil von (maximal) einem Drittel zugebilligt würde, mithin 591,99 EUR, wäre dieser Unterhaltsbedarf durch die weit höheren Einkünfte der Klägerin (1.180,00 EUR) gedeckt.
Darüber hinaus kann auch nicht festgestellt werden, dass der Versicherte über die einen Unterhaltsanspruch begründende Leistungsfähigkeit verfügte. Die Klägerin hat hierzu nichts konkretes vorgetragen. Auffällig ist, dass die Klägerin zu keinem Zeitpunkt den nunmehr behaupteten Unterhaltsanspruch bei dem Versicherten geltend machte. Soweit sie im Klageverfahren noch vorgetragen hat, der Versicherte habe seiner Unterhaltspflicht auf Grund finanzieller Schwierigkeiten wegen eines Hausbaus und der Kosten für die zuletzt notwendige Heimpflege nicht nachkommen können, was darauf hinweist, dass der Versicherte nicht unterhaltsfähig war, hat sie dieses Vorbringen in dem wieder eröffneten Berufungsverfahren nicht mehr aufrecht erhalten und stattdessen nunmehr geltend gemacht, der Versicherte sei unterhaltsfähig gewesen. Er habe über gute Einkünfte verfügt, das Haus sei abbezahlt gewesen und über hohe Krankheitskosten sei ihr nichts bekannt. Damit bleibt aber offen, weshalb die Klägerin den nun behaupteten Unterhaltsanspruch zu keinem Zeitpunkt geltend machte. Eine Begründung hierfür ist ihrem Vorbringen nicht zu entnehmen.
Soweit die Klägerin meint, den behaupteten Unterhaltsanspruch im letzten wirtschaftlichen Dauerzustand vor dem Tod des Versicherten aus Nr. 3 der im Zusammenhang mit der Scheidung getroffenen Vereinbarung herleiten zu können, trifft dies nicht zu. Denn die mit dieser Vereinbarung seinerzeit ab 01.07.1975 begründete Unterhaltspflicht des Versicherten in Höhe von monatlich 1.000,00 DM beinhaltete keine dauerhafte Zahlungspflicht. Diese war - wie Satz 2 der Regelung zu entnehmen ist - lediglich bis zur Vollendung des 15. Lebensjahres der gemeinsamen Kinder unabhängig von den eigenen Einkünften der Klägerin. Mit Vollendung des 15. Lebensjahres der Tochter S. I. am 07.12.1981 bestand dieser Anspruch daher lediglich noch insoweit, als auf Seiten der Klägerin Unterhaltsbedürftigkeit bestand und dies hätte damals der Prüfung und konkreten Festsetzung bedurft. Vor diesem Hintergrund kann dahinstehen, ob die Weitergewährung des Betrages von 1.000,00 DM durch den Versicherten - nach dem Vorbringen der Klägerin bis zum Beginn des Studiums der Kinder an sie und nachfolgend bis zur Vollendung dessen 27. Lebensjahres, also längstens bis Ende 1993, unmittelbar an die Kinder - wegen Bedürftigkeit der Klägerin oder als freiwillige Leistung erfolgte. Denn ein Unterhaltsanspruch der Klägerin ließe sich aus der in Rede stehenden Vereinbarung nachfolgend nur noch im Falle einer Bedürftigkeit der Klägerin begründen. Wie bereits dargelegt, kann hiervon angesichts der Einkünfte der Klägerin nicht ausgegangen werden.
Der von der Klägerin behauptete Unterhaltsanspruch im letzten wirtschaftlichen Dauerzustand vor dem Tod des Versicherten lässt sich schließlich auch nicht aus allgemeinen Billigkeitserwägungen herleiten. Damit rechtfertigt auch das Vorbringen der Klägerin, wonach sie wegen der Erziehung der gemeinsamen und der Kinder des Versicherten keiner Erwerbstätigkeit habe nachgehen können und erst durch ihre Haushaltstätigkeit der berufliche Erfolg des Versicherten möglich gewesen sei, keine abweichende Beurteilung.
Damit bestand im letzten wirtschaftlichen Dauerzustand vor dem Tod des Versicherten kein Unterhaltsanspruch der Klägerin.
Die Bewilligung von großer Witwenrente mit Bescheid vom 08.10.2008 war somit rechtswidrig. Auch die weiteren Voraussetzungen des § 45 SGB X sind erfüllt. So stehen insbesondere die von der Klägerin geltend gemachten Gründe des Bestandsschutzes bzw. des Vertrauensschutzes der Rücknahme des Bescheides vom 08.10.2008 nicht entgegen. Zwar liegt - worauf die Klägerin zutreffend hingewiesen hat - keiner der Vertrauensschutz ausschließenden Tatbestände des § 45 Abs. 2 Satz 3 Nr. 1 bis 3 SGB X vor, jedoch schließt dies die Rücknahme des rechtswidrigen Bescheids vom 08.10.2008 nicht aus. Denn bei Abwägung der Umstände des Einzelfalles überwiegt vorliegend nicht die Schutzwürdigkeit der Klägerin und ihr Vertrauen in den Bestand des Verwaltungsaktes gegenüber dem öffentlichen Interesse an der Schaffung rechtmäßiger Verhältnisse. So handelt es sich bei Witwenrentenbewilligung um einen Verwaltungsakt mit Dauerwirkung, der ein erhöhtes öffentliches Rücknahmeinteresse begründet. Zwar beruhte die Rentenbewilligung allein auf einer Fehlbeurteilung der Beklagten, ohne dass dies auf Angaben der Klägerin zurückzuführen wäre, jedoch bemerkte die Beklagte ihre fehlerhafte Beurteilung schon wenige Tage nach Bescheiderteilung. Sie teilte dies der Klägerin mit Schreiben vom 16.10.2008 mit und hörte diese damit nur acht Tage nach der Witwenrentenbewilligung bereits zu der beabsichtigten Rücknahmeentscheidung an, wodurch das Vertrauen der Klägerin in den Bestand der Entscheidung schon kurz nach Bekanntgabe des Bescheides bereits wieder zerstört wurde. Dass die Klägerin innerhalb dieser kurzen Zeitspanne Vermögensdispositionen getroffen haben könnte, die nicht mehr oder nur unter unzumutbaren Nachteilen rückgängig gemacht werden können, ist nicht ersichtlich. Soweit die Klägerin geltend gemacht hat, vor dem Hintergrund der Witwenrentenbewilligung auf die Kündigung von Versicherungen verzichtet zu haben, ist nicht nachvollziehbar, inwieweit hierdurch für sie unzumutbare Nachteile verursacht worden sein sollen. Denn zum einen resultierten aus der Fortführung der Versicherungen im Falle des Eintritts des versicherten Risikos Leistungsansprüche, die bei Kündigung der Versicherung nicht mehr hätten entstehen können. Zum anderen ist aber auch nicht erkennbar, weshalb die Klägerin die angesprochenen Versicherungen - sollte sie deren Fortführung von einer Witwenrentenbewilligung abhängig gemacht haben - nicht unmittelbar nach Kenntniserlangung von der Absicht der Beklagten, die Witwenrentenbewilligung wieder aufzuheben, gekündigt hat. Dass dies wenige Tage nach der Rentenbewilligung nicht mehr möglich gewesen wäre, hat die Klägerin nicht vorgetragen. Von nicht mehr rückgängig zu machenden Nachteilen kann im Hinblick auf die unterlassenen Kündigungen daher keine Rede sein. Nachdem die Beklagte die Witwenrentenbewilligung vom 08.10.2008 schließlich auch bereits mit Bescheid vom 07.11.2008, mithin lediglich rund einen Monat später aufhob, ist auch die Frist des § 45 Abs. 3 Satz 1 SGB X gewahrt.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Für eine Zulassung der Revision besteht keine Veranlassung.
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