L 11 KR 4712/16 WA

Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Krankenversicherung
Abteilung
11
1. Instanz
-
Aktenzeichen
-
Datum
-
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 11 KR 4712/16 WA
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Beschluss
Der Antrag des Klägers, den Beschluss des Senats vom 27.07.2015 aufzuheben und das Verfahren L 11 KR 386/15 wieder aufzunehmen, wird als unzulässig verworfen.

Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.

Gründe:

I.

Der am 21.03.1942 geborene Kläger bezieht seit 01.04.2005 eine Rente aus der gesetzlichen Rentenversicherung. Vom 01.03.2008 bis zum 31.08.2009 war er als Rentner pflichtversichertes Mitglied bei den Beklagten bzw deren Rechtsvorgängerinnen. Anschließend war er bei der DAK-Gesundheit versichert.

Der frühere Arbeitgeber des Klägers schloss für diesen 1977 bei einer Rechtsvorgängerin der Z. D. H. Lebensversicherungs-AG (im folgenden Z. AG) eine Lebensversicherung als Direktversicherung ab und entrichtete zunächst die Beiträge. Versicherungsnehmer war der Arbeitgeber, bezugsberechtigt der Kläger. Ab 01.01.1994 wurde der Kläger Versicherungsnehmer und entrichtete Beiträge selbst. Die Lebensversicherung wurde zum 01.01.2007 iHv 59.694,45 EUR fällig.

Mit Bescheid vom 08.02.2008 setzten die Beklagten ab 01.03.2008 Beiträge zur Kranken- und Pflegeversicherung iHv monatlich 72,63 EUR fest. Der Beitragsbemessung legten sie dabei einen Betrag iHv 497,45 EUR (=59.694,45 EUR./. 120) zu Grunde, da einmalige Kapitalleistungen aus betrieblicher Altersvorsorge beitragspflichtig seien. Den hiergegen eingelegten Widerspruch wies die Beklagten mit Widerspruchsbescheid vom 10.02.2010 zurück. Im anschließenden Klageverfahren vor dem Sozialgericht (SG) Konstanz (S8 KR 488/10 bzw später S 8 KR 1303/11) erließen die Beklagten am 10.11.2011 einen Änderungsbescheid. Danach legten sie der Berechnung einen Versorgungsbezug nur iHv 44.749,69 EUR zu Grunde, da nach einer zwischenzeitlich eingegangenen Bescheinigung der Z. AG nur dieser Teilbetrag auf betrieblich geleisteten Beiträgen beruhe. Sie teilten mit, dass der Kläger Beiträge iHv 359,92 EUR zurückerhalten werde. Das SG verband das Verfahren mit einem ebenfalls anhängigen Verfahren betreffend die DAK-Gesundheit bezüglich der Beitragszahlung ab 01.09.2009 (S 8 KR 1371/11). Die DAK-Gesundheit hatte aus den von der Z. AG mitgeteilten Prämienzahlungen einen beitragspflichtigen betrieblichen Versorgungsbezug iHv 32.776,68 EUR und einen monatlichen Zahlbetrag iHv 273,14 EUR (= 32.776,68 EUR./. 120) berechnet.

Am 07.03.2013 schlossen der Kläger, die Beklagte zu 1), die DAK-Gesundheit und die DAK-Gesundheit - Pflegekasse nach Erörterung des Sach- und Streitverhältnisses auf Vorschlag des Gerichts einen gerichtlichen Vergleich. Gegen die Ausführung des Vergleichs erhob der Kläger Widerspruch, welcher mit Widerspruchsbescheid vom 28.08.2014 zurückgewiesen wurde. Hiergegen erhob der Kläger am 04.09.2014 Klage zum SG. Das SG wies die Klage mit Urteil vom 15.12.2014 mit der Begründung ab, der Vergleich vom 07.03.2013 sei zutreffend ausgeführt worden. Das anschließende Berufungsverfahren L 11 KR 386/15 war erfolglos. Der Senat wies die Berufung mit Beschluss vom 27.07.2015 zurück. Die Entscheidung wurde dem Kläger mit Postzustellungsurkunde am 01.08.2015 zugestellt.

Mit Schreiben vom 11.12.2016, eingegangen beim Landessozialgericht (LSG) am 15.12.2016, hat der Kläger u.a. die Wiederaufnahme des Verfahrens L 11 KR 386/15 beantragt.

Der Kläger ist der Auffassung, dass die DAK-Gesundheit vorsätzlich falsch gegenüber dem SG und dem LSG ausgesagt habe. Zudem würden die in den Beitragsbescheiden der Beklagten zugrunde gelegten Bemessungsgrundlagen nicht den Tatsachen entsprechen. Insbesondere liege bis heute kein Bescheid der Z. AG mit rechtlicher Bindung vor. Auch sei die Beitragsdauer nicht nachvollziehbar. Der Kläger schildert aus seiner Sicht den Ablauf der Sitzung vom 07.03.2013 vor dem SG und die Umstände des Vergleichsschlusses. Er ist der Ansicht, dass dem Vergleich keine Zahlen mit rechtlicher Bindung zugrunde liegen würden und folglich auch alle nachfolgenden Nachrechnungen und Ableitungen aus dem Vergleich Makulatur seien.

Der Kläger beantragt sinngemäß,

den Beschluss des Senats vom 27.07.2015 aufzuheben und das Verfahren L 11 KR 386/15 wieder aufzunehmen.

Die Beklagten haben keinen Antrag gestellt.

Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird auf die Gerichtsakten des Senats Bezug genommen.

II.

Die Klage auf Zurücknahme des Senatsbeschlusses vom 27.07.2015 und auf Wiederaufnahme des Verfahrens L 11 KR 386/15 ist nicht statthaft und damit als unzulässig zu verwerfen.

Der Senat macht von der Möglichkeit Gebrauch, durch Beschluss und ohne Beteiligung ehrenamtlicher Richter zu entscheiden, weil die Wiederaufnahmeklage nicht statthaft ist (§ 158 SGG analog; vgl BSG 10.07.2012, B 13 R 53/12 B, SozR 4-1500 § 158 Nr 6; BSG 18.09.2014, B 14 AS 85/14 B, juris; Leitherer in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, SGG, 11. Aufl 2014, § 158 RdNr 6). Der Senat hat den Kläger mit Schreiben vom 18.01.2017 darauf hingewiesen, dass eine derartige Entscheidung durch Beschluss beabsichtigt ist. Der Kläger hat anschließend eine weitere Stellungnahme verfasst und sein Vorbringen vertieft.

Die Wiederaufnahme eines sozialgerichtlichen Verfahrens beurteilt sich nach § 179 SGG. Nach Abs 1 der Vorschrift kann ein rechtskräftig abgeschlossenes Verfahren entsprechend den Vorschriften des Vierten Buches der ZPO (§§ 578 ff ZPO) wieder aufgenommen werden. Ein Wiederaufnahmeverfahren, ist nur statthaft, wenn ein zulässiger Anfechtungsgrund schlüssig behauptet wird (BSG 10.09.1997, 9 RV 2/96, BSGE 81, 46 = SozR 3-1500 § 179 Nr 1).

Das sinngemäße Vorbringen des Klägers, der Rechtsstreit L 11 KR 386/15 leide an inhaltlichen Mängeln und die Sach- und Rechtlage stelle sich tatsächlich anders dar, als bislang von den Gerichten berücksichtigt, erfüllt die an eine schlüssige Behauptung eines Wiederaufnahmegrundes zu stellenden Anforderungen nicht.

Nach § 579 ZPO findet die Nichtigkeitsklage statt, 1. wenn das erkennende Gericht nicht vorschriftsmäßig besetzt war; 2. wenn ein Richter bei der Entscheidung mitgewirkt hat, der von der Ausübung des Richteramts kraft Gesetzes ausgeschlossen war, sofern nicht dieses Hindernis mittels eines Ablehnungsgesuchs oder eines Rechtsmittels ohne Erfolg geltend gemacht ist; 3. wenn bei der Entscheidung ein Richter mitgewirkt hat, obgleich er wegen Besorgnis der Befangenheit abgelehnt und das Ablehnungsgesuch für begründet erklärt war; 4. wenn eine Partei in dem Verfahren nicht nach Vorschrift der Gesetze vertreten war, sofern sie nicht die Prozessführung ausdrücklich oder stillschweigend genehmigt hat, sofern in den Fällen der Nummern 1 und 3 die Nichtigkeit nicht mittels eines Rechtsmittels geltend gemacht werden konnte.

Nach § 580 ZPO findet die Restitutionsklage statt, 1. wenn der Gegner durch Beeidigung einer Aussage, auf die das Urteil gegründet ist, sich einer vorsätzlichen oder fahrlässigen Verletzung der Eidespflicht schuldig gemacht hat; 2. wenn eine Urkunde, auf die das Urteil gegründet ist, fälschlich angefertigt oder verfälscht war; 3. wenn bei einem Zeugnis oder Gutachten, auf welches das Urteil gegründet ist, der Zeuge oder Sachverständige sich einer strafbaren Verletzung der Wahrheitspflicht schuldig gemacht hat; 4. wenn das Urteil von dem Vertreter der Partei oder von dem Gegner oder dessen Vertreter durch eine in Beziehung auf den Rechtsstreit verübte Straftat erwirkt ist; 5. wenn ein Richter bei dem Urteil mitgewirkt hat, der sich in Beziehung auf den Rechtsstreit einer strafbaren Verletzung seiner Amtspflichten gegen die Partei schuldig gemacht hat; 6. wenn das Urteil eines ordentlichen Gerichts, eines früheren Sondergerichts oder eines Verwaltungsgerichts, auf welches das Urteil gegründet ist, durch ein anderes rechtskräftiges Urteil auf-gehoben ist; 7. wenn die Partei a) ein in derselben Sache erlassenes, früher rechtskräftig gewordenes Urteil oder b) eine andere Urkunde auffindet oder zu benutzen in den Stand gesetzt wird, die eine ihr günstigere Entscheidung herbeigeführt haben würde; 8. wenn der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte eine Verletzung der Europäischen Konvention zum Schutz der Menschenrechte und Grundfreiheiten oder ihrer Protokolle festgestellt hat und das Urteil auf dieser Verletzung beruht.

Ergänzend bestimmt § 581 Abs. 1 ZPO, dass in den Fällen des § 580 Nrn. 1 bis 5 die Restitutionsklage nur stattfindet, wenn wegen der Straftat eine rechtskräftige Verurteilung ergangen ist oder wenn die Einleitung oder Durchführung eines Strafverfahrens aus anderen Gründen als wegen Mangels an Beweis nicht erfolgen kann. § 179 Abs. 2 SGG gibt vor, dass die Wiederaufnahme des Verfahrens ferner zulässig ist, wenn ein Beteiligter strafgerichtlich verurteilt worden ist, weil er Tatsachen, die für die Entscheidung der Streitsache von wesentlicher Bedeutung waren, wissentlich falsch behauptet oder vorsätzlich verschwiegen hat.

Nach 180 Abs. 1 SGG ist eine Wiederaufnahme des Verfahrens auch zulässig, wenn 1. mehrere Versicherungsträger denselben Anspruch endgültig anerkannt haben oder wegen desselben Anspruchs rechtskräftig zur Leistung verurteilt worden sind, 2. ein oder mehrere Versicherungsträger denselben Anspruch endgültig abgelehnt haben oder wegen desselben Anspruchs rechtskräftig von der Leistungspflicht befreit worden sind, weil ein anderer Versicherungsträger leistungspflichtig sei, der seine Leistung bereits endgültig abgelehnt hat oder von ihr rechtskräftig befreit worden ist.

Das gleiche gilt nach 180 Abs. 2 SGG im Verhältnis zwischen Versicherungsträgern und einem Land, wenn streitig ist, ob eine Leistung aus der Sozialversicherung oder nach dem sozialen Entschädigungsrecht zu gewähren ist.

Keine dieser Voraussetzungen hat der Kläger vorgetragen. Sie liegen im Übrigen auch nicht vor. Wie der Senat bereits mit Schreiben vom 18.01.2017 an den Kläger ausgeführt hat, war Gegenstand des Berufungsverfahrens L 11 KR 386/15 ausschließlich die Ausführung des wirksam zustande gekommenen gerichtlichen Vergleichs vor dem SG vom 07.03.2013. Diesbezüglich werden vom Kläger auch im Schreiben vom 30.01.2017 keine Gründe für eine Wiederaufnahme des Berufungsverfahrens geltend gemacht.

Soweit der Kläger die aus seiner Sicht inhaltliche Unrichtigkeit des Vergleichs vom 07.03.2013 und der Entscheidung des Senats, ein Fehlverhalten der Beklagten und der DAK-Gesundheit sowie aus seiner Sicht fehlende verbindliche Bescheinigungen von Kapitalleistungen geltend macht, kann sich daraus im vorliegenden Verfahren bzgl. der Ausführung des bindenden Vergleichs kein Wiederaufnahmegrund ergeben.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG. Gründe für die Zulassung der Revision (§ 160 Abs 2 Nrn 1 und 2 SGG) liegen nicht vor.
Rechtskraft
Aus
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