L 10 U 4730/13

Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Unfallversicherung
Abteilung
10
1. Instanz
SG Heilbronn (BWB)
Aktenzeichen
S 4 U 3386/11
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 10 U 4730/13
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Auf die Berufung des Klägers wird der Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Heilbronn vom 30.09.2013 aufgehoben.

Unter Abänderung des Bescheids der Beklagten vom 20.05.2011 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 25.08.2011 wird als Gesundheitserstschaden des Arbeitsunfalls vom 19.06.2010 ein Riss am Hinterhorn des rechten Innenmeniskus festgestellt und die Beklagte verurteilt, dem Kläger Verletztengeld auch vom 12.07.2010 bis 08.08.2010 zu gewähren.

Die Beklagte trägt die außergerichtlichen Kosten des Klägers in beiden Rechtszügen.

Tatbestand:

Zwischen den Beteiligten ist streitig, ob der Kläger anlässlich des erlittenen Arbeitsunfalls einen Meniskusriss im rechten Kniegelenk erlitt und ihm deshalb bis zum Wiedereintritt von Arbeitsfähigkeit Verletztengeld zusteht.

Der am 1967 geborene Kläger ist selbstständiger Bäckermeister und als Unternehmer bei der Beklagten versichert. Am Vormittag des 19.06.2010, einem Samstag, rutschte er in der Backstube auf einem zu Boden gefallenen Hühnerei aus, stürzte und verdrehte sich dabei das rechte Kniegelenk. Da das Knie stark anschwoll und schmerzte, stellte der Kläger seine Arbeit gegen 10.00 Uhr ein. Der Kläger behandelte das Knie über das Wochenende hinweg durch Kühlung und Salbenverbände, was jedoch keine Besserung brachte. Er stellte sich deshalb am Montag, den 21.06.2010 bei dem H-Arzt Dr. P. vor (vgl. Unfallschilderung vom 23.06.2010, Unfallanzeige vom 14.07.2010, Fragebogen Knieschaden, Bl. 3, 15, 16/18 VerwA).

Anlässlich seiner Erstuntersuchung fand Dr. P. einen geringen Erguss mit Bewegungseinschränkung im Kniegelenk (Extension/Flexion 0/0/110°) und einen Druckschmerz am Innengelenkspalt; er behandelte den Kläger mittels Tapeverband. Der am 23.06.2010 von Dr. P. sonographisch u.a. festgestellte Erguss zeigte sich bei der nachfolgenden Punktion serös. Dr. P. ging diagnostisch von einer Distorsion und einer Innenbandruptur aus. Bei unverändert fortbestehenden Beschwerden veranlasste Dr. P. eine Magnetresonanztomographie (MRT), die am 29.06.2010 durchgeführt wurde und einen Einriss des Innenmeniskushinterhorns sowie eine Degeneration 2. Grades des Außenmeniskus mit Erguss zeigte; eine Ruptur des Innenbandes wurde ausschlossen (vgl. H-Arzt-Bericht vom 21.06.2010, Bl. 1 VerwA, Auskunft vom 07.06.2015, Bl. 42/43 Senatsakte, Befund des Dr. S. vom 29.06.2010, Bl. 49 VerwA). Am 12.07.2010 wurde beim Kläger ambulant arthroskopisch eine Teilmeniskektomie durchgeführt. Dabei zeigte sich das Hinterhorn des medialen Meniskus quer und lappenartig relativ frisch eingerissen, weshalb eine Hinterhorn- und Pars-media Resektion medial erfolgte (vgl. OP-Bericht des Dr. S. , Bl. 52 VerwA). Nach einer Arbeitsunfähigkeit bis 08.08.2010 nahm der Kläger am 09.08.2010 seine Tätigkeit wieder auf. Seither ist er beschwerdefrei. Ausweislich seines Verlaufsberichts vom 21.09.2010 hielt Dr. P. den Unfallhergang für geeignet, eine Meniskusläsion zu verursachen (Bl. 71/72 VerwA). Die im Hinblick auf Vorerkrankungen von der Beklagten beigezogenen medizinischen Unterlagen dokumentierten Meniskusschädigungen linksseitig (2002, 2008 und 2009), nicht jedoch rechtsseitig.

Zur Frage eines Unfallzusammenhangs holte die Beklagte eine beratungsärztliche Stellungnahme bei dem Chirurgen/Unfallchirurgen Dr. H. ein, der ausführte, dass ein sog. isolierter Meniskusriss (ohne Begleitschäden im Bereich der Kniebänder) vorliege, deren Entstehung nach den in der Literatur verankerten Grundsätzen an spezifische Geschehensabläufe gebunden sei. Dabei gelte das Ausrutschen ohne Blockade des Fußes als nicht geeignet, eine solche Schädigung herbeizuführen. Auch der MRT-Befund gebe Hinweise auf die degenerative Schädigung des Gesamtmeniskus. Trotz operativer Hinweise für eine relativ zeitlich frische Schädigung sei davon auszugehen, dass ein Unfallzusammenhang nicht hergestellt werden könne. Es sei vielmehr davon auszugehen, dass allenfalls ein gewisser zeitlicher Zusammenhang bestehen könne; hierfür sei ein von der Biomechanik her ungeeignetes Ereignis allenfalls die Gelegenheitsursache. Vom Grundsatz sei davon auszugehen, dass der Kläger eine Distorsion erlitten habe. Eine Behandlungsbedürftigkeit über eine Woche sei plausibel, die darüber hinausgehende Behandlungsbedürftigkeit sei durch Unfallfolgen nicht begründet. Die Beklagte veranlasste sodann ein Zusammenhangsgutachten durch Prof. Dr. A. , Ärztlicher Direktor der Klinik für Unfall-, Wiederherstellungschirurgie und Orthopädie im Klinikum L. , der den Innenmeniskushinterhorneinriss auf den Unfall zurückführte, da sich bereits kurz nach dem Unfall ein Kniegelenkserguss einstellte und der auch im MRT weiterhin nachweisbar war und sich intraoperativ ebenfalls ein frischer Einriss am Innenmeniskus bestätigte. Degenerationen am Innenmeniskus seien weder im MRT noch intraoperativ beschrieben, weshalb die Verschlimmerung eines vorbestehenden Leidens zu verneinen sei; ein histologischer Befund sei nicht erhoben worden. In seiner weiteren beratungsärztlichen Stellungnahme erachtete Dr. H. diese Auffassung nicht für plausibel. Der Nachweis eines Meniskusrisses bei einem 43-jährigen Mann sei nicht zwingend Folge eines Unfallschadens, da auch bei beschwerdefreien Personen in bis zu 40,7 % der Fälle isolierte Meniskusschäden festgestellt würden. Eine isolierte Meniskusschädigung gelte alleine durch den Mechanismus des Drehsturzes durch übermäßige Rotation bei gebeugtem Knie als gesichert; entscheidend sei die Fixation des Fußes. Soweit Prof. Dr. A. den Unfallzusammenhang allein aufgrund des frisch erscheinenden Risses bejahe, müsse er seine Außenseitermeinung begründen. Schließlich weise auch der Befund des Ergusses, der als gelb mit Trübung beschrieben werde, nicht auf eine Verletzung hin. Auf Veranlassung der Beklagten äußerte sich Prof. Dr. A. ergänzend dahingehend, dass die Beweiskette auch im Hinblick auf die kurze zeitliche Abfolge der diagnostischen und therapeutischen Maßnahmen geschlossen sei. Selbstverständlich entstehe ein Meniskusschaden häufig auf dem Boden einer Degeneration. Doch selbst wenn ein isolierter traumatischer Meniskusriss äußerst selten sei, so könne er durchaus auftreten. Dr. H. wandte hiergegen in seiner weiteren Stellungnahme ein, ein Unfallzusammenhang sei nur dann anzunehmen, wenn er mit hinreichender Wahrscheinlichkeit belegt sei. Eine Außenseitermeinung begründe wohl kaum eine hinreichende Wahrscheinlichkeit.

Mit Bescheid vom 20.05.2011 anerkannte die Beklagte das Ereignis vom 19.06.2010 als Arbeitsunfall, bei dem sich der Kläger - so die ausdrückliche Feststellung - eine Kniegelenksdistorsion rechts zugezogen habe. Behandlungsbedürftigkeit und Arbeitsunfähigkeit erkenne sie bis einschließlich 11.07.2010 als unfallbedingt an. Die darüber hinausgehende Arbeitsunfähigkeit und Behandlungsbedürftigkeit betreffe allein den unfallunabhängigen Meniskusschaden. Die Verletztengeldabrechnung ergehe gesondert. Leistungen über den 11.07.2010 hinaus lehnte die Beklagte ab. Mit Bescheid selben Datums bewilligte die Beklagte Verletztengeld für die Zeit vom 21.06.2010 bis 11.07.2010. Im Widerspruchsverfahren machte der Kläger geltend, die Beklagte gehe zu Unrecht davon aus, dass es sich bei dem Innenmeniskuseinriss um eine Verletzung auf dem Boden degenerativer Veränderungen handele. Weder Dr. P. noch Dr. S. in seinem Op-Bericht teilten diese Auffassung. Intraoperativ hätten sich am Innenmeniskus keinerlei degenerative Veränderungen, wohl aber ein frischer Innenmeniskuseinriss gezeigt. In seiner neuerlichen beratungsärztlichen Stellungnahme führte Dr. H. aus, dass alle Aspekte gegen einen unfallbedingten Meniskusschaden sprächen (kein Sturz mit blockiertem Fuß, MRT-Befund zeige keine Verletzungen des Kapselbandapparates oder gravierende Kontusionen des Gelenkknorpels, kein Blut im Gelenk, da gelblicher bzw. trüber Erguss, ungeschädigter Meniskuskörper und Außenmeniskus weisen zweitgradige Meniskusdegeneration auf, Rissform typisch für Riss auf degenerativer Basis). Mit Widerspruchsbescheid vom 25.08.2011 wies die Beklagte den Widerspruch zurück.

Am 16.09.2011 hat der Kläger dagegen beim Sozialgericht Heilbronn (SG) Klage erhoben und an seiner Auffassung festgehalten, dass der Innenmeniskuseinriss auf das Unfallereignis zurückzuführen sei und dementsprechend unfallbedingte Arbeitsunfähigkeit bis 08.08.2010 bestanden habe. Zuletzt hat er den Befundbericht des Dr. S. vom 20.08.2013 vorgelegt, wonach sich arthroskopisch keine degenerativen Veränderungen im Hinterhorn und Pars-media Bereich gefunden hätten und die Print-Dokumentation relativ deutlich zeige, dass es sich um einen relativ frischen Riss handele.

Nach Beiziehung eines Vorerkrankungsverzeichnisses, das keine Arbeitsunfähigkeitszeiten wegen Kniebeschwerden rechts ausweist, hat das SG das Gutachten des Facharztes für Orthopädie und Unfallchirurgie Dr. T. aufgrund Untersuchung des Klägers im Mai 2012 eingeholt. Der Sachverständige hat einen Zusammenhang zwischen dem Unfallereignis und der Meniskusschädigung verneint und ist davon ausgegangen, dass der Kläger am rechten Kniegelenk eine Distorsion erlitt. Es sprächen deutlich mehr Argumente gegen einen Zusammenhang (Unfallmechanismus, MRT-Befund mit isolierter Rissbildung, nicht blutig tingiertes Punktat als Hinweis auf fehlende Belgeitverletzungen, arthroskopischer Befund mit einer queren und lappenartigen Ruptur ohne Begleitverletzungen und gelblich klarem Erguss). Der unmittelbar einsetzende Schmerz beweise keine traumatische Ursache, da dieser auch durch eine Distorsion verursacht sein könne. Entsprechendes gelte für die Schmerzfreiheit vor dem Unfall, da auch ein vorbestehender chronischer Meniskusschaden klinisch stumm gewesen sein könne. Auf Antrag des Klägers gemäß § 109 des Sozialgerichtsgesetzes (SGG) hat das SG darüber hinaus das Gutachten des Dr. C. , Assistenzarzt in der Klinik für Unfall-, Wiederherstellungschirurgie und Orthopädie im Klinikum L. , aufgrund Untersuchung des Klägers im September 2012 eingeholt. Der Sachverständige ist davon ausgegangen, dass der Kläger bei dem in Rede stehenden Unfall eine folgenlos ausgeheilte Distorsion des rechten Kniegelenks erlitt. Der Unfallmechanismus sei nicht geeignet gewesen, die aufgetretene Meniskusverletzung zu verursachen. Zwar bestehe ein zeitlicher Zusammenhang zwischen dem Kniegelenksdistorsionstrauma mit nachfolgendem Erguss und intraoperativer Befundsicherung, jedoch sprächen zahlreiche Argumente für eine vorbestehende degenerative Veränderung, weshalb eine unwesentliche Belastung im Sinne eines Gelegenheitsanlasses ausgereicht habe, die Verletzung herbeizuführen. An objektiven Befunden seien insoweit die Schmerzen zu nennen, die auch bei einer Kniedistorsion zu einer gleichen Schmerzsymptomatik führten, der Befund des Kniegelenksergusses (gelb trüblich, was gegen eine größere Krafteinwirkung auf das Kniegelenk spreche), der MRT-Befund (fehlende Begleitverletzungen), der OP-Bericht (Quer- und Lappenriss entspreche einer degenerativen Meniskusschädigung) sowie die Vorbefunde im Bereich des linken Kniegelenks (ebenfalls lappenförmige Rissbildung aufgrund eines Kniedistorsionstraumas während der Arbeit). Zu den hiergegen erhobenen Einwendungen des Klägers hat sich Dr. C. unter Aufrechterhaltung seines Standpunktes ergänzend geäußert.

Mit Gerichtsbescheid vom 30.09.2013 hat das SG die Klage, gestützt auf die Gutachten des Dr. T. und des Dr. C. , abgewiesen. Der Innenmeniskusschaden sei degenerativer Natur und nicht wesentlich auf das angeschuldigte Ereignis zurückzuführen. Gegen einen traumatischen Meniskusschaden spreche der MRT-Befund, der eine isolierte Rissbildung des Innenmeniskushinterhorns ohne Begleitverletzungen zeige, das sich bei der Punktion zeigende helle und nicht blutige Punktat (bei einer traumatisch bedingten Meniskusschädigung wäre ein blutig tingierter oder rein blutiger Erguss zu erwarten) sowie der Befund der Arthroskopie, in dem das Hinterhorn des medialen Meniskus als quer und lappenartig eingerissen beschrieben werde, was für eine degenerative Schädigung spreche.

Gegen den seinen Bevollmächtigten am 04.10.2013 zugestellten Gerichtsbescheid hat der Kläger am 04.11.2013 beim Landessozialgericht (LSG) Berufung eingelegt. Er ist der Auffassung, dass die Sachverständigen aufgrund des Arthroskopieberichtes zu Unrecht von einem degenerativen Meniskusschaden ausgegangen sind. In dem vorgelegten Befundbericht vom 20.08.2013 habe Dr. S. gerade ausgeführt, dass er intraoperativ einen relativ frischen Einriss gefunden habe und sich degenerative Veränderungen im Hinterhorn und Pars-Media-Bereich gerade nicht gezeigt hätten. Dr. C. habe die Printer-Dokumentation des Dr. S. nicht einmal zur Kenntnis genommen.

Der Kläger beantragt (sachdienlich gefasst),

den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Heilbronn vom 30.09.2013 aufzuheben, unter Abänderung des Bescheids der Beklagten vom 20.05.2011 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 25.08.2011 als Gesundheitserstschaden des Arbeitsunfalls vom 19.06.2010 einen Riss am Hinterhorn des rechten Innenmeniskus festzustellen sowie die Beklagte zu verurteilen, ihm Verletztengeld auch vom 12.07. bis 08.08.2010 zu gewähren.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Sie hält die angefochtene Entscheidung für richtig.

Der Senat hat von Dr. S. die Original-Printeraufnahmen des intraoperativen Befundes beigezogen und Dr. T. , Oberarzt und Leiter der Gutachtenstelle im Klinikum L. , auf der Grundlage des Gutachtens des Dr. C. mit einer Neubewertung der Kausalitätsfrage unter Berücksichtigung der nun vorliegenden Bilddokumentation beauftragt. Dieser hat ausgeführt, dass die Bilddokumentation wesentliche degenerative Veränderungen im Sinne von Aufrauhungen und Auffaserungen des Meniskus nicht zeige. Unter weiterer Berücksichtigung der unmittelbar nach dem Unfall aufgetreten Beschwerden und des engen zeitlichen Ablaufs hat er die Auffassung vertreten, dass der Riss des Innenmeniskushinterhorns Folge des Unfalls vom 19.06.2010 ist. Hierzu hat die Beklagte eine beratungsärztliche Stellungnahme des Dr. H. vorgelegt, der Zweifel daran geäußert hat, dass Dr. T. das Vorliegen eines isolierten Meniskusschadens berücksichtigt hat. Die intraoperative Befunddokumentation sei im Übrigen nur ein Teilaspekt der Kausalitätsbeurteilung. Letztlich müsse man sich der Zusammenhangsfrage mit der Analyse des Geschehensablaufs nähern. Ein Rotationssturz, wie er biomechanisch geeignet für die Entstehung einer traumatischen Meniskusschädigung erachtet werde, habe gerade nicht vorgelegen. Auf Veranlassung des Senats hat sich Dr. T. hierzu ergänzend geäußert und an seiner bisherigen Auffassung festgehalten. Er hat darauf hingewiesen, dass sich der Geschehensablauf im Nachhinein im Detail nicht rekonstruieren und damit die geforderte Zwangsrotation weder mit letzter Sicherheit bejahen noch verneinen lasse. Im Übrigen habe sich mit der überwiegenden Mehrheit in der Literatur zwar die Meinung durchgesetzt, dass ein isolierter Meniskusriss eher gegen eine traumatische Ursache spreche, gleichwohl sei jedoch auch wissenschaftlich nicht bewiesen, dass isolierte traumatische Meniskusrisse generell nicht existent seien.

Der Senat hat sodann Dr. P. und Dr. S. schriftlich als sachverständige Zeugen angehört. Dr. P. , bei dem der Kläger seit Juli 2000 in Behandlung steht, hat über die im Zusammenhang mit dem Unfall erhobenen Befunde berichtet und mitgeteilt, dass sich der Kläger vor dem Unfall wegen Kniebeschwerden rechts nicht vorstellte. Dr. S. hat seine Ausführungen im OP-Bericht, wonach der Riss im Hinterhornbereich des medialen Meniskus relativ frisch gewesen sei, dahingehend erläutert, dass die abgerissenen Meniskusanteile scharfkantig abgegrenzt, nicht abgedrückt und nicht degenerativ verändert gewesen seien. Dies deute auf eine relativ frische Verletzung hin, die höchstens sechs bis acht Wochen zurückliege. Der Senat hat sodann das Gutachten des Facharztes für Physikalische und Rehabilitative Medizin Dr. H. eingeholt. Der Sachverständige ist davon ausgegangen, dass der Innenmeniskushinterhornriss rechtlich wesentlich auf den erlittenen Unfall zurückzuführen ist. Den aufgetretenen Schmerz und die Bewegungseinschränkung hat er als unspezifisch für die zu beurteilende Frage angesehen, da dies lediglich auf eine bedeutsame Körperschädigung hinweise. Entsprechendes gelte für die mittels Sonographie und MRT nachgewiesene vermehrte Flüssigkeitssekretion. Diese wiederkehrende Gelenkergussbildung sei ein Hinweis auf einen entzündlichen Reizzustand, der Folge des Unfallschadens sein könne, jedoch auch unfallunabhängig im Rahmen degenerativer Gelenkschäden oder einer entzündlich rheumatischen Erkrankung auftreten könne. Die Beschreibung des Operateurs legten eine akute Meniskusschädigung nahe, wobei der Therapieerfolg die Bedeutung des Meniskusrisses als Ursache der Beschwerden belege. Soweit die Vorgutachter von einem degenerativen Vorschaden ausgingen, der bis zum Unfallzeitpunkt stumm gewesen und erst durch das Unfallereignis symptomatisch geworden sei, stelle sich die Frage, ob beim Zustandekommen der Körperschädigung das Unfallgeschehen nicht gleichwohl wesentlich mitgewirkt habe. Schließlich deuteten die Beschreibungen des Operateurs auf eine akute Meniskusschädigung hin. Hierzu hat die Beklagte die weitere beratungsärztliche Stellungnahme des Dr. H. vorgelegt, der an seiner bisherigen Einschätzung festgehalten hat.

Die Beteiligten haben sich übereinstimmend mit einer Entscheidung des Senats durch Urteil ohne mündliche Verhandlung einverstanden erklärt.

Zur weiteren Darstellung des Sachverhalts sowie des Vorbringens der Beteiligten wird auf den Inhalt der Verwaltungsakten der Beklagten sowie der Akten beider Rechtszüge Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

Die gemäß § 151 Abs. 1 SGG form- und fristgerecht eingelegte und gemäß den §§ 143, 144 SGG statthafte Berufung des Klägers, über die der Senat mit dem Einverständnis der Beteiligten gemäß § 124 Abs. 2 SGG ohne mündliche Verhandlung entscheidet, ist zulässig; die Berufung des Klägers ist auch begründet.

Der Kläger begehrt, nachdem die Beklagte diesen Schaden im angefochtenen Bescheid - anders als eine Distorsion - nicht als unfallbedingt feststellte, die gerichtliche Feststellung eines Innenmeniskuseinrisses am Hinterhorn im rechten Kniegelenk als Gesundheitsschaden in Gefolge des Arbeitsunfalles vom 19.06.2010. Nach § 55 Abs. 1 Nr. 3 SGG kann mit der Klage die Feststellung begehrt werden, ob eine Gesundheitsstörung die Folge eines Arbeitsunfalles ist. Eine solche Feststellung einer Unfallfolge begehrt der Kläger allerdings nicht. Denn der Meniskuseinrisses wäre - einen ursächlichen Zusammenhang hier unterstellt - nicht Folge des Unfalles, sondern der dem Begriff des Unfalles immanente Primärschaden oder Gesundheitserstschaden (s. zur Unterscheidung von Gesundheitserstschaden und Unfallfolge BSG, Urteil vom 15.05.2012, B 2 U 16/11 R, Rdnr. 19). Allerdings hat das Bundessozialgericht die Regelung des § 55 Abs. 1 Nr. 3 SGG - ohne Problematisierung - auf die Feststellung von Gesundheitserstschäden erweitert (BSG, Urteil vom 24.07.2012, B 2 U 23/11 R, Rdnr. 14). Damit ist die vom Kläger erhobene Feststellungsklage zulässig.

Nachdem die Beklagte mit dem angefochtenen Bescheid darüber hinaus einen Anspruch auf Verletztengeld lediglich bis zum 11.07.2010 anerkannte und die Zahlung von Verletztengeld für den darüber hinausgehenden Zeitraum der Arbeitsunfähigkeit ablehnte, ist die Klage auch insoweit zulässig, als der Kläger die Verurteilung der Beklagten zur Gewährung von Verletztengeld für die Zeit vom 12.07.2010 bis zum 08.08.2010 begehrt.

Die zulässige Feststellungsklage ist begründet. Nach Auffassung des Senats erlitt der Kläger anlässlich seines Sturz am 19.06.2010 am rechten Kniegelenk einen Einrisses am Hinterhorn des Innenmeniskus.

Im Bereich der gesetzlichen Unfallversicherung gilt wie allgemein im Sozialrecht für den ursächlichen Zusammenhang zwischen Unfallereignis und Gesundheitsschaden die Theorie der wesentlichen Bedingung (hierzu und zum Nachfolgenden BSG, Urteil vom 12.04.2005, B 2 U 27/04 R in SozR 4-2700 § 8 Nr. 15). Diese setzt zunächst einen naturwissenschaftlichen Ursachenzusammenhang zwischen dem Unfallereignis und dem Gesundheitsschaden voraus. Es ist daher in einem ersten Schritt zu klären, ob der Gesundheitsschaden auch ohne das Unfallereignis eingetreten wäre. Ist dies der Fall, war das Unfallereignis für den Gesundheitsschaden schon aus diesem Grund nicht ursächlich. Andernfalls ist in einem zweiten, wertenden Schritt zu prüfen, ob das versicherte Unfallereignis für den Gesundheitsschaden wesentlich war. Denn als im Sinne des Sozialrechts ursächlich und rechtserheblich werden nur solche Ursachen angesehen, die wegen ihrer besonderen Beziehung zum Erfolg zu dessen Eintritt wesentlich mitgewirkt haben. Dabei ist zunächst zu prüfen, ob neben der versicherten Ursache weitere Ursachen im naturwissenschaftlichen Sinn (erste Stufe) zum Gesundheitsschaden beitrugen. Gab es neben der versicherten Ursache noch andere, konkurrierende Ursachen (im naturwissenschaftlichen Sinn), z.B. Krankheitsanlagen, so war die versicherte Ursache wesentlich, sofern die unversicherte Ursache nicht von überragender Bedeutung war. Eine überwiegende oder auch nur gleichwertige Bedeutung der versicherten gegenüber der konkurrierenden Ursache ist damit für die Annahme des ursächlichen Zusammenhangs nicht Voraussetzung.

Die anspruchsbegründenden Tatsachen, nämlich die versicherte Tätigkeit, die schädigende Einwirkung und die als Unfallfolge geltend gemachte Gesundheitsstörung müssen erwiesen sein, d.h. bei vernünftiger Abwägung des Gesamtergebnisses des Verfahrens muss der volle Beweis für das Vorliegen der genannten Tatsachen als erbracht angesehen werden können (vgl. u. a. BSG, Urteil vom 30.04.1985, 2 RU 43/84 in SozR 2200 § 555a Nr. 1). Hingegen genügt hinsichtlich des ursächlichen Zusammenhangs zwischen der versicherten Tätigkeit und der schädigenden Einwirkung eine hinreichende Wahrscheinlichkeit (BSG, Urteil vom 09.05.2006, a.a.O. auch zum Nachfolgenden). Diese liegt vor, wenn bei vernünftiger Abwägung aller wesentlichen Gesichtspunkte des Einzelfalls mehr für als gegen einen Ursachenzusammenhang spricht und ernste Zweifel ausscheiden. Es genügt nicht, wenn der Ursachenzusammenhang nicht auszuschließen oder nur möglich ist. Dabei ist zu beachten, dass der Ursachenzusammenhang zwischen dem Unfallereignis und den Unfallfolgen als anspruchsbegründende Voraussetzung positiv festgestellt werden muss. Denn es gibt im Bereich des Arbeitsunfalls keine Beweisregel, dass bei fehlender Alternativursache die versicherte naturwissenschaftliche Ursache automatisch auch eine wesentliche Ursache ist, weil dies bei komplexem Krankheitsgeschehen zu einer Beweislastumkehr führen würde. Es reicht daher zur Begründung des ursächlichen Zusammenhangs nicht aus, gegen diesen Zusammenhang sprechende Umstände auszuschließen.

Der Senat hält es für wahrscheinlich, dass der Sturz vom 19.06.2010 naturwissenschaftliche Ursache der vom Kläger zur Feststellung begehrten Gesundheitsschäden war. Denn in dem oben dargelegten Sinne kann das Unfallereignis nicht hinweg gedacht werden, ohne dass der Gesundheitsschaden entfiele.

Vorliegend fehlt es an objektiven Hinweisen darauf, dass die zur Feststellung begehrte Substanzschädigung im Bereich des Innenmeniskus bereits vor dem in Rede stehenden Sturz vorhanden war. So war der Kläger bis zu diesem Zeitpunkt im Bereich des rechten Kniegelenks beschwerdefrei und er war insoweit uneingeschränkt in der Lage, seiner beruflichen Tätigkeit als selbstständiger Bäckermeister, die überwiegend mit Gehen und Stehen verbunden ist, nachzugehen. Demgegenüber trat in unmittelbarem zeitlichen Zusammenhang mit dem am Vormittag des 19.06.2010 (Samstag) erlittenen Sturz eine erhebliche Beschwerdesituation in Form eines Schmerzzustandes und einer Schwellung auf, die den Kläger veranlasste, seine Tätigkeit sogleich einzustellen und - nachdem eigene Behandlungsmaßnahmen am Wochenende in Form von Kühlung und Salbenverbänden keine Besserung erbrachten - am darauf folgenden Montag den H-Arzt Dr. P. aufzusuchen. Dieser objektivierte beim Kläger ein geschwollenes rechtes Knie mit Bewegungseinschränkung und veranlasste bei auch am 28.06.2010 noch unverändert fortbestehenden Beschwerden eine MRT, mit der am Folgetag dann der in Rede stehende Einriss am Innenmeniskushinterhorn objektiviert wurde, der nachfolgend am 12.07.2010 operativ in Form einer Teilresektion behandelt wurde, wobei der Kläger nach Ablauf der Rekonvaleszens und Wiedereintritt von Arbeitsfähigkeit wiederum beschwerdefrei wurde. Dieser Verlauf mit Beschwerdefreiheit vor dem Sturz und einem im Wesentlichen gleich bleibendem Beschwerdezustand, einsetzend mit dem Sturz bis hin zu der nur zehn Tage später erfolgten Objektivierung der Substanzschädigung, ist nach Auffassung des Senats ein erheblicher Hinweis darauf, dass der Sturz naturwissenschaftliche Ursache des erlittenen Einrisses am Innenmeniskushinterhorn war. Bestätigung findet dies im intraoperativen Befund des Operateurs Dr. S. , der im OP-Bericht den Einriss am Hinterhorn des medialen Meniskus als "relativ frisch" bezeichnete. Diese Beschreibung der Substanzschädigung hat Dr. S. im Rahmen seiner dem Senat erteilten Auskunft als sachverständiger Zeuge dahingehend konkretisiert, dass die abgerissenen Meniskusanteile scharfkantig abgegrenzt, nicht abgedrückt und auch nicht degenerativ verändert waren. Unter Auswertung der von Dr. S. im Berufungsverfahren beigezogenen Original-Printeraufnahmen hat auch der vom Senat hinzugezogene Sachverständige Dr. T. bestätigt, dass sich wesentliche degenerative Veränderungen im Sinne von Aufrauhungen und Auffaserungen des Meniskus nicht zeigten und auch der Gelenkknorpel vital und nicht degenerativ verändert imponierte. Soweit Dr. S. seine Beschreibung der Verletzung als "relativ frisch" in zeitlicher Hinsicht näher dahingehend konkretisiert hat, dass diese höchstens sechs bis acht Wochen zurückliegend sei, lässt sich auch dies zwanglos mit dem vom Kläger am 19.06.2010, d.h. rund dreieinhalb Wochen zuvor, erlittenen Sturz vereinbaren. Der Senat erachtet es daher für hinreichend wahrscheinlich, dass der vom Kläger erlittene Sturz zu der in Rede stehenden Substanzschädigung am Innenmeniskus im rechten Knie führte.

Soweit die Beklagte ausweislich des angefochtenen Bescheids demgegenüber davon ausgeht, dass der Kläger bei dem Sturz lediglich eine Distorsion (Verdrehung, Verstauchung bzw. Zerrung) erlitt und deshalb annimmt, dass der zehn Tage nach dem Unfall objektivierte Innenmeniskushinterhornriss als Folge degenerativer Gelenkveränderungen vorbestanden habe, überzeugt dies nicht. So liegen keinerlei Befundunterlagen vor, die auf eine derartige Schädigung bereits vor dem 19.06.2010 hinweisen würden. Insbesondere erbrachten weder die von der Beklagten im Verwaltungsverfahren durchgeführten Ermittlungen noch das vom SG beigezogene Vorerkrankungsverzeichnis Hinweise darauf, dass der Kläger zuvor bereits wegen Kniebeschwerden rechts in ärztlicher Behandlung stand. Auch der den Kläger langjährig behandelnde Orthopäde Dr. P. hat Vorstellungen wegen Kniebeschwerden rechts seit Behandlungsbeginn im Juli 2000 verneint. Ein Vorschaden in Form eines Innenmeniskushinterhornrisses ist damit nicht nachgewiesen. Ohnehin ergeben sich noch nicht einmal Hinweise auf das Vorhandensein degenerativer Veränderungen, die zu einer solchen Substanzschädigung bereits vor dem Unfall geführt haben könnten. Denn im Gegensatz zu der Mutmaßung der Beklagten hat Dr. S. in seinem Befundbericht vom 20.08.2013 sogar ausdrücklich bestätigt, dass sich arthroskopisch keine degenerativen Veränderungen im Hinterhorn- und Pars-media-Bereich fanden. Wie bereits ausgeführt, hat Dr. S. gegenüber dem Senat nachfolgend schließlich bekräftigt, dass die abgerissenen Meniskusanteile nicht degenerativ verändert waren.

Soweit die Beklagte darauf hingewiesen hat, dass die Beschwerdefreiheit des Klägers bis zu dem in Rede stehenden Sturz nicht ausschließt, dass zuvor bereits ein Meniskusschaden vorhanden gewesen ist, weil durch degenerative Veränderungen sich entwickelnde Meniskusrisse nicht notwendiger Weise zu einer Beschwerdesituation führen, diese vielmehr zunächst stumm verlaufen können und erst durch das Hinzutreten eines weiteren Ereignisses, wie bspw. eines Sturzes, eine akute Schmerzsituation herbeiführen, ist dies für sich betrachtet zwar zutreffend. Allerdings lässt es der oben dargelegte, von Dr. S. intraoperativ erhobene Befund gerade nicht zu, im vorliegenden Fall von einer derartigen Konstellation auszugehen, mithin davon, dass beim Kläger schon zum Unfallzeitpunkt im Bereich des Hinterhorns des Innenmeniskus ein Meniskusriss vorlag, der lediglich keine Beschwerdesituation verursachte. Eine histologische Untersuchung der entfernten Gewebeteile, die letztendlich Aufschluss über den Degenerationsstatus hätte erbringen können, wurde seitens des Operateurs Dr. S. nicht veranlasst. Entsprechend hat auch der Sachverständige Dr. C. in seiner ergänzenden Stellungnahme gegenüber dem SG ausgeführt, dass eine differenzierte Aussage zur Graduierung und Pathogenese der Meniskusdegeneration nur mit einer histologischen Untersuchung möglich gewesen wäre und er es daher auch für rein spekulativ erachtet, beim Kläger von einer das altersübliche Maß überschreitenden Degeneration im Sinne einer primären degenerativen Meniskopathie auszugehen.

Schließlich stellt auch der Umstand, dass Dr. S. den Hinterhorneinriss als quer und lappenartig beschrieben hat, keinen ausreichenden Grund dar, von einem vorbestehenden Schaden auszugehen. Zwar deutet diese Rissform - wovon sämtliche Sachverständige und Dr. H. ausgegangen sind - nicht auf ein Trauma, sondern ein mehrzeitiges degeneratives Geschehen hin, allerdings steht dem wiederum der intraoperative Befund des Dr. S. entgegen, der die Meniskusschädigung als relativ frisch beschrieb und das Vorliegen von degenerativ verändertem Gewebe verneinte.

Den insoweit von Dr. S. erhobenen intraoperativen Befund haben die Sachverständigen Dr. T. und Dr. C. im Rahmen ihrer Gutachten unberücksichtigt gelassen und in ihre Erwägungen lediglich die von dem Operateur dokumentierte Rissform bewertet, hieraus dann auf einen Vorschaden geschlossen und dementsprechend die Ausführungen im OP-Bericht als gegen einen Unfallzusammenhang sprechenden Gesichtspunkt gewertet. Schon aus diesem Grund kann deren Einschätzung nicht überzeugen. Auch Dr. H. hat der Beschreibung der in Rede stehenden Meniskusschädigung als "relativ frisch" keine relevante Bedeutung beigemessen und selbst im Berufungsverfahren nach Beiziehung der Original-Printeraufnahmen und Einholung des Gutachtens von Dr. T. wiederum lediglich die Rissform in den Vordergrund gestellt und sich im Übrigen darauf beschränkt, dieses Dokument lediglich als Teilaspekt zu bezeichnen, durch den die Kausalität nicht allein zu klären sei, ohne jedoch diesen Teilaspekt, nämlich gerade die Dokumentation fehlender degenerativer Veränderungen, zu diskutieren. Auch die im Berufungsverfahren eingeholte Auskunft des Dr. S. als sachverständiger Zeuge, in der der Operateur seine im OP-Bericht dokumentierten Befunde näher erläutert und begründet hat, ist für Dr. H. nicht Anlass gewesen, sich zu diesem Teilaspekt zu äußern und ihn in seine Beurteilung mit einzubeziehen. Statt dessen hat er sich wiederum im Wesentlichen zu den für ihn im Vordergrund der Kausalitätsbeurteilung stehenden Gesichtspunkten geäußert, wonach der beim Kläger vorliegende isolierte Meniskusriss an einen spezifischen Geschehensablauf gebunden sei, um diesen als traumatisch beurteilen zu können.

Soweit Dr. H. der Sache nach den naturwissenschaftlichen Zusammenhang mit der Ungeeignetheit des Unfallereignisses begründet, weil der Geschehensablauf nicht geeignet sei, einen traumatischen Meniskusriss herbeizuführen, kann dem nicht gefolgt werden. Wie bereits angedeutet, führte diese Annahme zu der Schlussfolgerung, dass der arthroskopisch behandelte Hinterhornriss als degenerativ bedingter Schaden vorbestehend war, was - wie ausgeführt - mit dem intaroperativen Befund des Dr. S. aber gerade nicht vereinbar ist. Für den Senat überzeugend hat der Sachverständige Dr. H. auch darauf hingewiesen, dass mit den spärlichen Kenntnissen über das Unfallgeschehen (Ausrutschen, Stürzen und Verdrehen des Kniegelenks) nicht einmal ansatzweise nachvollzogen werden kann, welche Belastungen überhaupt auf das Kniegelenk eingewirkt haben. Nachvollziehbarer Weise hat der Kläger angesichts des plötzlich und unvorbereitet erfolgten Sturzes insoweit keine detaillierte Schilderung der konkreten Vorgänge treffen können, um nachvollziehen zu können, wodurch es zu der Verdrehung im Knie kam und auf welche Art und Weise sich diese ereignete. Damit bleibt weitgehend ungeklärt, welche biomechanischen Kräfte bei dem Verdrehungsvorgang tatsächlich auf den Meniskus einwirkten und wie sich der Schadensmechanismus darstellte. Damit erweisen sich die Ausführungen von Dr. H. als rein spekulativ.

Ohnehin wird das von Dr. H. in den Vordergrund seiner Prüfung gerückte Kriterium der Eignung des Unfallereignisses von ihm überbewertet (ausführlich zum Kriterium der Eignung und der regelmäßig erfolgenden Vermischung der beiden Stufen der Kausaliätsprüfung Urteil des Senats vom 12.11.2009, L 10 U 3951/08, juris). So ist die Eignung des Unfallereignisses alleine eine Frage nach dem naturwissenschaftlichen Zusammenhang. Denn wenn das Unfallereignis tatsächlich nicht geeignet war, die fragliche Schädigung hervorzurufen, kann es hinweggedacht werden und die Schädigung wäre trotzdem vorhanden. Allerdings lassen ggf. auch lediglich geringfügige Einwirkungen durch den Unfall die naturwissenschaftliche Eignung nicht von vorneherein entfallen. Die Frage nach dem Ausmaß der Einwirkung ist vielmehr erst auf der zweiten Stufe der Kausalitätsprüfung, bei der Frage der "Wesentlichkeit", von Bedeutung. Schließlich ist nach der Theorie der wesentlichen Bedingung für die Beurteilung des Kausalzusammenhangs der konkrete Versicherte, der einen Unfall erlitt, maßgebend. Denn die gesetzliche Unfallversicherung schützt den Versicherten in dem Zustand, in dem er den Versicherungstatbestand erfüllt, also auch mit degenerativen Schadensanlagen oder Vorschäden (BSG, Urteil vom 09.05.2006, B 2 U 1/05 R in SozR 4-2700 § 8 Nr. 17; Urteil vom 05.09.2006, B 2 U 25/05 R in SozR 4-2700 § 56 Nr. 2). Wenn in der von Dr. H. herangezogenen Literatur (vgl. Schönberger, Mehrtens, Valentin, Arbeitsunfall und Berufskrankheit, nunmehr 9. Auflage 2017, Seite 657) daher konstatiert wird, dass eine isolierte traumatische Schädigung eines altersentsprechend strukturierten Meniskus - ohne dem Lebensalter vorauseilende Texturstörungen - zu den absoluten Ausnahmen gehört, macht dies deutlich, dass mit der Frage der Geeignetheit des Unfallhergangs auf einen fiktiven Versicherten abgestellt wird, nämlich einen Versicherten mit einem altersentsprechend strukturierten Meniskus, nicht aber auf den von dem Unfall betroffenen Versicherten mit den bei ihm konkret vorhandenen degenerativen Schadensanlagen oder Vorschäden und dass - wie in den Vorauflagen - wiederum nicht zwischen den beiden Stufen der Kausalitätsbetrachtung unterschieden wird (s. hierzu das Urteil des Senats vom 12.11.2009, a.a.O.; ebenso BSG, Urteil vom 09.05.2006, a.a.O.). Entgegen der von Dr. H. vertretenen Auffassung ist es daher weder geboten noch angezeigt, die Beurteilung der in Rede stehenden Kausalitätsfrage vorwiegend ausgehend von einer Analyse des Geschehensablaufs zu treffen.

Ähnlich wie Dr. H. haben auch die Sachverständigen Dr. T. und Dr. C. ihre Beurteilung der Sache nach wesentlich mit dem Unfallhergang begründet. Soweit Dr. T. deutlich mehr Argumente gesehen hat, die gegen einen Unfallzusammenhang sprechen, hat er den Unfallmechanismus, den MRT-Befund (Dokumentation einer isolierten Rissbildung ohne Begleitverletzungen), das nicht blutig tingierte Punktat als Hinweis auf eine fehlende Begleitverletzung sowie den arthroskopischen Befund (quer und lappenartige Ruptur) als entsprechende Gesichtspunkte herangezogen. Eine Vielzahl von gegen einen Kausalzusammenhang sprechenden Gesichtspunkten lässt sich hieraus jedoch nicht ableiten. Dass der MRT-Befund eine isolierte Rissbildung ohne Begleitverletzungen zeigt, korreliert lediglich damit, dass sich das Punktat serös und nicht blutig tingiert zeigte. Denn beim Fehlen von Begleitverletzungen ist gerade bei einem Hinterhornriss kein blutig tingiertes Punktat zu erwarten. Schließlich kann ein isolierter Meniskusriss im nicht durchbluteten Anteil des Hinterhorns - so der Sachverständige Dr. H. - nicht zu einer blutigen Gelenkergussbildung führen. Damit beschränken sich die gegen einen Unfallzusammenhang sprechenden Gesichtspunkte jedoch im Wesentlichen auf den Unfallmechanismus, der bei dem vorliegenden isolierten Meniskusriss auch von Dr. H. in den Mittelpunkt seiner Beurteilung gerückt wurde. Soweit Dr. T. im Übrigen auf den intraoperativen Befund mit einer quer und lappenartigen Ruptur abgestellt hat, ist bereits oben dargelegt, dass der Sachverständige den darüber hinausgehenden Befund des Dr. S. (Fehlen von degenerativen Veränderungen, relativ frische Schädigung) unbeachtet gelassen und daher auch nicht gewürdigt hat. Für die Ausführungen des Sachverständigen Dr. C. , der sich der Einschätzung des Dr. T. und des Dr. H. angeschlossen hat, gilt nichts wesentlich anderes.

In diesem Zusammenhang ist darauf hinzuweisen, dass Dr. Hochstein, Dr. T. und Dr. C. bei ihren Ausführungen die nach der Rechtsprechung des BSG vorgegebene zweistufige Prüfung des ursächlichen Zusammenhangs nach der Theorie der wesentliche Bedingung nicht vornehmen. Insbesondere fehlt die Beantwortung der Frage, ob das Unfallereignis hinweggedacht werden kann, ohne dass der festgestellte Schaden am Menikushinterhorn entfiele. Im Grunde können daher diese Beurteilungen schon deshalb keine Grundlage für die rechtliche Beurteilung des Senats sein.

Nach Überzeugung des Senats ist der in Rede stehende Meniskusriss auch wesentlich auf den Unfall zurückzuführen.

Es kann mehrere rechtlich wesentliche Mitursachen geben (BSG, Urteil vom 09.05.2006, B 2 U 1/05 R in SozR 4-2700 § 8 Nr. 17, auch zum gesamten Nachfolgenden). Sozialrechtlich ist allein relevant, ob (auch) das Unfallereignis wesentlich war. Wesentlich ist nicht gleichzusetzen mit gleichwertig oder annähernd gleichwertig. Auch eine nicht annähernd gleichwertige, sondern rechnerisch verhältnismäßig niedriger zu bewertende Ursache kann für den Erfolg rechtlich wesentlich sein, solange keine andere Ursache überragende Bedeutung hat. Ist jedoch eine Ursache gegenüber einer anderen von überragender Bedeutung, so ist nur die erstgenannte Ursache wesentlich und damit Ursache im Sinne des Sozialrechts.

Dabei ist nicht nur der Nachweis einer inneren Ursache zu erbringen (BSG, Urteil vom 07.09.2004, B 2 U 34/03 R), sondern auch regelmäßig die Feststellung deren Ausmaßes erforderlich (BSG, Urteil vom 06.12.1989, 2 RU 7/89). Lässt sich das Ausmaß einer konkurrierenden inneren Ursache nicht feststellen, lässt sich auch eine überragende Bedeutung der unfallunabhängigen (konkurrierenden) Ursache nicht begründen, weil insoweit der Unfallversicherungsträger die Beweislast trägt (BSG, Urteil vom 30.01.2007, B 2 U 23/05 R).

Der Senat sieht bereits keine hinreichenden belastbaren Anhaltspunkte dafür, dass vorliegend im Hinblick auf den objektivierten Hinterhornriss eine konkurrierende Ursache im naturwissenschaftlichen Sinn (also entsprechend der ersten Stufe der Kausalitätsbeurteilung) vorlag. Insoweit ist erneut auf die Beurteilung von Dr. S. in seinem Befundbericht vom 20.08.2013 und in seiner sachverständigen Zeugenauskunft zu verweisen, wo er degenerative Veränderungen - angesichts der scharfkantigen Abgrenzung der Meniskusanteile, also nicht abgedrückt oder degenerativ verändert - für den Senat nachvollziehbar verneint. Auch Dr. T. hat diese Beurteilung aufgrund der von Dr. S. dem Senat übersandten Bilddokumentation bestätigt und ausgeführt, dass keine Aufrauhungen oder Auffaserungen des Meniskus i.S. degenerativer Veränderungen zu sehen seien. Zwar spricht nach den Darlegungen von Dr. T. - wie erwähnt - die Art der beschriebenen morphologischen Rissbildung für eine degenerative Genese und damit für das Vorliegen degenerativer Veränderungen, indessen hat der Sachverständige zugleich darauf hingewiesen, dass dies nur hypothetisch und durch die vorliegende inoperative Bildgebung gerade nicht belegt ist. Damit ist im Grunde genommen bereits eine konkurrierende Ursache zu den Einwirkungen des Arbeitsunfalles nicht nachgewiesen.

Soweit Dr. H. aufgrund der MRT und der dort beschriebenen degenerativen Veränderungen im Innenmeniskusvorderhorn und im Außenmeniskus davon ausgeht, dass auch das Hinterhorn des Innenmeniskus degenerativ verändert war, mutet dies daher eher spekulativ an. Eine nähere Erörterung erübrigt sich indessen. Denn jedenfalls wäre bei unterstelltem Vorliegen von - angesichts des Alters des Klägers im Zeitpunkt des Unfalls allerdings zu erwartenden - degenerativen Veränderungen deren Ausmaß ungewiss. Damit fehlt es für die Annahme, dass einer solchen konkurrierenden Ursache gegenüber den Einwirkungen des Arbeitsunfalles überragende Bedeutung beizumessen ist, die tatsächliche Grundlage. Jedenfalls erhebliche degenerative Veränderungen, die möglicherweise auch bei einer nur geringen äußeren Einwirkung auf das Kniegelenk zu dem in Rede stehenden Schaden hätten führen können, sind angesichts der von Dr. S. - wie bereits dargelegt - beschriebenen Befunde auszuschließen. Insoweit schließt sich der Senat der Auffassung des Sachverständige Dr. H. an, der zwar von gewissen degenerativen Veränderungen im Bereich des Innenmeniskus ausgegangen ist, zugleich aber dargelegt hat, dass die unkontrollierte Verdrehung des Kniegelenks unter Körperlast zu einer bedeutsamen mechanischen Belastung des Innenmeniskusgewebes führte. Die objektivierte Substanzschädigung im Bereich des Innenmeniskus rechts ist daher auch bei unterstellten degenerativen Veränderungen rechtlich wesentlich auf den am 19.06.2010 erlittenen Sturz des Klägers zurückzuführen.

Rechtsgrundlage für den geltend gemachten Anspruchs auf Verletztengeld ist § 45 Abs. 1 Siebtes Buch Sozialgesetzbuch (SGB VII). Danach wird - soweit hier von Interesse - Verletztengeld erbracht, wenn der Versicherte infolge des Versicherungsfalls arbeitsunfähig ist (unfallbedingte Arbeitsunfähigkeit) und unmittelbar vor Beginn der Arbeitsunfähigkeit Anspruch auf Arbeitsentgelt bzw. Arbeitseinkommen hatte.

Ausgehend von den obigen Darlegungen bestand beim Kläger unfallbedingte Arbeitsunfähigkeit nicht nur bis zum 11.07.2010, sondern bis zum Wiedereintritt von Arbeitsfähigkeit im Anschluss an die am 12.07.2010 erfolgte operative Sanierung des unfallbedingt aufgetretenen Meniskusrisses.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.

Für eine Zulassung der Revision besteht keine Veranlassung.
Rechtskraft
Aus
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