Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Entschädigungs-/Schwerbehindertenrecht
Abteilung
8
1. Instanz
SG Reutlingen (BWB)
Aktenzeichen
S 6 SB 1435/14
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 8 SB 4944/15
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Berufung der Klägerin gegen den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Reutlingen vom 23.10.2015 wird zurückgewiesen.
Außergerichtliche Kosten sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten.
Tatbestand:
Zwischen den Beteiligten ist die Neufeststellung des Grades der Behinderung (GdB) nach dem Neunten Buch Sozialgesetzbuch (SGB IX) streitig.
Bei der 1952 geborenen Klägerin stellte das Landratsamt S.-B.-Kreis - Versorgungsamt - (LRA) in Ausführung eines beim Sozialgericht Reutlingen (SG) im Klageverfahren S 8 SB 846/10 von der Klägerin angenommenen Vergleichsangebotes des Regierungspräsidiums Stuttgart - Landesversorgungsamt - vom 21.03.2012 mit Bescheid vom 07.11.2012 wegen einer Funktionsbehinderung der Wirbelsäule, degenerativer Veränderungen der Wirbelsäule und Wirbelsäulenverformung (GdB 30), einer Funktionsbehinderung beider Kniegelenke und Funktionsstörung durch Fußfehlform (GdB 20), einer Fingerpolyarthrose (GdB 20), einer Funktionsbehinderung des Schultergelenks (GdB 10), einer Funktionsbehinderung beider Hüftgelenke (GdB 10) sowie einer seelischen Störung und Kopfschmerzsyndrom (GdB 20) den GdB mit 50 neu fest.
Am 02.05.2013 beantragte die Klägerin (durch ihren Prozessbevollmächtigten) beim LRA wegen eines Wirbelsäulenleidens, Depression, Migräne/Drehschwindel sowie einer Hüft- und Kniegelenkserkrankung die Neufeststellung des GdB. Das LRA holte den Befundschein des Dr. D. vom 10.09.2013 ein und nahm weitere medizinische Unterlagen zu den Akten (Entlassungsbericht des Reha-Zentrums Bad D. vom 19.09.2012, Diagnosen: Anpassungsstörung, LWS-Syndrom, Coxarthrose beidseits und Erythrocyturie; Berichte Dr. G. vom 02.10.2012, Diagnosen: Harnwegsinfekt, Blasenentleerungsstörung, Hämaturie; Dr. M. vom 04.02.2013 und 18.04.2013, Diagnosen: Migräne ohne Aura, Kombinationskopfschmerz, Abklärung "Schwindel"; Dr. K. vom 10.04.2013, Diagnosen: Chronische Laryngitis sicca bei Nikotinabusus, Migräne, sensorineuraler Hörverlust beidseits, Canalolithiasis links). In der hierzu eingeholten gutachtlichen Stellungnahme vom 07.11.2013 schlug der Versorgungsarzt Dr. D. den GdB weiterhin mit 50 vor. Mit Bescheid vom 20.11.2013 entsprach das LRA daraufhin dem Antrag auf Neufeststellung des GdB nicht.
Hiergegen legte die Klägerin (durch ihren Prozessbevollmächtigten) am 16.12.2013 ohne nähere Begründung Widerspruch ein. Das LRA nahm den Befundbericht des Dr. M. vom 23.01.2014 zu den Akten. In der weiter eingeholten gutachtlichen Stellungnahme des Versorgungsarztes C. vom 12.05.2014 wurde wegen einer Funktionsbehinderung der Wirbelsäule, degenerativen Veränderungen der Wirbelsäule, Bandscheibenschaden und Wirbelsäulenverformung (GdB 30), einer seelischen Störung, Kopfschmerzsyndrom und Schwindel (GdB 20), einer Funktionsbehinderung beider Kniegelenke, Funktionsstörung durch Fußfehlform und Funktionsbehinderung beider Hüftgelenke (GdB 20) sowie einer Fingerpolyarthrose und Funktionsbehinderung des Schultergelenks (GdB 20) der GdB weiterhin mit 50 vorgeschlagen. Mit Widerspruchsbescheid des Regierungspräsidiums Stuttgart - Landesversorgungsamt - vom 03.06.2014 wurde der Widerspruch der Klägerin zurückgewiesen. Die Auswertung der vorliegenden Befundunterlagen habe gezeigt, dass sich eine Verschlimmerung, die eine Erhöhung des GdB rechtfertigen könne, nicht feststellen lasse.
Hiergegen erhob die Klägerin (durch ihren Prozessbevollmächtigten) am 10.06.2014 Klage beim SG. Sie führte zur Begründung aus, der GdB sei deutlich höher anzusetzen. Unterbewertet sei der orthopädische Befund, vor allem die Wirbelsäule sowie die Hüft- und Kniegelenkserkrankung. Der psychische Befund werde bagatellisiert, es ergebe sich ein GdB von 30 bis 40. Außerdem leide sie an einer echten Migräne, wofür der GdB mit 30 einzustufen sei. Im Übrigen bestehe ein Drehschwindel.
Das SG hat von der Klägerin benannte behandelnde Ärzte schriftlich als sachverständige Zeugen angehört. Der Facharzt für Innere Medizin Dr. D. teilte in seiner Aussage vom 19.11.2014 unter Vorlage von ärztlichen Berichten (insbesondere Berichte des S.-B. Klinikums vom 13.02.2014, Dr. M. vom 23.10.2014 und Dr. K. vom 27.03.2014) den Behandlungsverlauf und die Gesundheitsstörungen mit; durch die Vielzahl der aufgeführten Erkrankungen sei die Klägerin anhaltend gesundheitlich eingeschränkt. Die Fachärztin für Neurologie und Psychiatrie Dr. M. teilte in ihrer Aussage vom 20.11.2014 den Behandlungsverlauf sowie die Diagnosen mit. Gesundheitsstörungen lägen nicht wirklich vor. Auf neurologischem Fachgebiet sei kein GdB vorliegend. Der Facharzt für Orthopädie, Sportmedizin und Chirotherapie Dr. M. teilte in seiner Aussage vom 05.01.2015 den Behandlungsverlauf sowie die Beschwerden mit.
Der Beklagte trat unter Vorlage der versorgungsärztlichen Stellungnahme von Dr. R. vom 07.05.2015 der Klage entgegen.
Mit Gerichtsbescheid vom 23.10.2015 wies das SG die Klage ab. Zur Begründung wurde ausgeführt, auf psychiatrischem Fachgebiet könne eine erhebliche Depression nicht angenommen werden. Eine Migräne mittlerer Verlaufsform sei nicht nachgewiesen. Für die seelische Störung sei der GdB von 20 weiterhin ausreichend bewertet. Die Kopfschmerzen und das Schwindelsyndrom seien der seelischen Störung zuzuordnen. Auf orthopädischem Fachgebiet ergebe sich keine Verschlimmerung. Die geltend gemachte Verschlechterung sei ärztlich nicht bestätigt.
Gegen den dem Prozessbevollmächtigten der Klägerin am 29.10.2015 zugestellten Gerichtsbescheid richtet sich die von der Klägerin durch ihren Prozessbevollmächtigten am Montag, den 30.11.2015 eingelegte Berufung. Die Klägerin hat zur Begründung ausgeführt, ob auf neurologisch / psychiatrischen Fachgebiet tatsächlich lediglich ein Einzel-GdB von 20 in Ansatz zu bringen sei, erscheine fraglich. Es liege eine umfassende Fibromyalgie vor. Dieser weiterhin vorhandene und sich fortlaufend verstärkende Befund könne nicht vernachlässigt werden. Der bisher berücksichtigte Einzel-GdB von 20 im System Nerven und der Psyche sei mit einem Einzel-GdB von 30 zu bewerten. Eine vorliegende echte Migräne sei mit einem Einzel-GdB von 30 zu bewerten. Trotz medikamentöser Behandlung komme es zu zwei bis drei Migräneanfällen pro Woche, die auch liegend überdauert werden müssten. Die Anforderung einer ergänzenden sachverständigen Zeugenauskunft von Dr. M. werde beantragt. Außerdem hat die Klägerin gemäß § 109 SGG beantragt, von Dr. V. ein Sachverständigengutachten einzuholen.
Die Klägerin beantragt, den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Reutlingen vom 23.10.2015 aufzuheben und den Beklagten unter Aufhebung des Bescheides vom 20.01.2013 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 03.06.2014 zu verurteilen, bei ihr einen Grad der Behinderung von mindestens 80 zuzuerkennen.
Der Beklagte beantragt, die Berufung zurückzuweisen.
Der Beklagte hat zur Begründung ausgeführt, dem Bericht der Dr. M. vom 23.10.2014 sei hinsichtlich der Psyche zu entnehmen, dass ein Leidensdruck weniger aus psychiatrischen als eher aufgrund einfühlbarer realer Probleme bestehe. Eine intensive psychotherapeutische Behandlung sei nicht ersichtlich, die einen entsprechenden Leidensdruck zum Ausdruck bringe, der für die Feststellung eines GdB von mehr als 20 erforderlich sei. Ebenso lasse sich eine Fibromyalgie kaum ableiten. Auch die übrigen Beeinträchtigungen der Klägerin ergäben keinen Anhalt für eine nicht ausreichende Bewertung.
Mit richterlichem Schreiben vom 15.04.2016 ist die Klägerin darauf hingewiesen worden, dass ihre Berufung nach derzeitiger Aktenlage wenig erfolgversprechend ist.
Den Antrag der Klägerin, vom Facharzt für Neurologie und Psychiatrie Dr. V. ein Gutachten nach § 109 SGG einzuholen, hat die Klägerin durch ihren Prozessbevollmächtigten, nachdem sie zum Untersuchungstermin bei Dr. V. nicht erschienen ist, zurückgenommen (Schriftsatz vom 06.12.2016), weshalb Dr. V. von der Erstattung des mit Senatsschreiben vom 28.07.2016 in Auftrag gegebenen Gutachtens entbunden wurde (Senatsschreiben vom 07.12.2016).
Die Beteiligten haben sich mit einer Entscheidung ohne mündliche Verhandlung einverstanden erklärt (Klägerin Schriftsatz vom 06.12.2016, Beklagte Schriftsatz vom 18.01.2017 ).
Wegen weiterer Einzelheiten des Sachverhaltes und des Vorbringens der Beteiligten wird auf die im vorliegenden Rechtsstreit angefallenen Gerichtsakten erster und zweiter Instanz sowie die vom Senat beigezogene Gerichtsakte des SG S 8 SB 846/10 Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die gemäß § 151 Sozialgerichtsgesetz (SGG) form- und fristgerecht eingelegte Berufung der Klägerin, über die der Senat gemäß § 124 Abs. 2 SGG mit Einverständnis der Beteiligten ohne mündliche Verhandlung entschieden hat, ist gemäß §§ 143, 144 SGG zulässig, aber unbegründet. Der streitgegenständliche Bescheid des Beklagten vom 20.01.2013 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 03.06.2014 ist rechtmäßig und verletzt die Klägerin nicht in ihren Rechten. Die Klägerin hat keinen Anspruch auf Neufeststellung eines höheren GdB von über 50 seit dem 02.05.2013 (Antragstellung). Der angefochtene Gerichtsbescheid des SG ist nicht zu beanstanden.
Rechtsgrundlage für die von der Klägerin begehrte Neufeststellung eines höheren GdB ist § 48 Abs. 1 Sozialgesetzbuch Zehntes Buch (SGB X). Danach ist ein Verwaltungsakt mit Dauerwirkung für die Zukunft aufzuheben, soweit in den tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnissen, die bei seinem Erlass vorgelegen haben, eine wesentliche Änderung eintritt. Wesentlich ist eine Änderung dann, wenn sich der GdB um wenigstens 10 erhöht oder vermindert. Im Falle einer solchen Änderung ist der Verwaltungsakt aufzuheben und durch eine zutreffende Bewertung zu ersetzen (vgl. BSG SozR 1300 § 48 SGB X Nr. 29 m.w.N.). Die den einzelnen Behinderungen welche ihrerseits nicht zum so genannten Verfügungssatz des Bescheides gehören zugrunde gelegten Teil-GdB-Sätze erwachsen nicht in Bindungswirkung (BSG, Urteil vom 10.09.1997 - 9 RVs 15/96 -, BSGE 81, 50 bis 54). Hierbei handelt es sich nämlich nur um Bewertungsfaktoren, die wie der hierfür (ausdrücklich) angesetzte Teil-GdB nicht der Bindungswirkung des § 77 SGG unterliegen. Ob eine wesentliche Änderung eingetreten ist, muss durch einen Vergleich des gegenwärtigen Zustands mit dem bindend festgestellten früheren Behinderungszustand ermittelt werden.
Maßgebliche Rechtsgrundlagen für die GdB-Bewertung sind die Vorschriften des SGB IX. Danach sind Menschen behindert, wenn ihre körperliche Funktion, geistige Fähigkeit oder seelische Gesundheit mit hoher Wahrscheinlichkeit länger als sechs Monate von dem für das Lebensalter typischen Zustand abweichen und daher ihre Teilhabe am Leben in der Gesellschaft beeinträchtigt ist (§ 2 Abs. 1 Satz 1 SGB IX). Die Auswirkungen auf die Teilhabe am Leben in der Gesellschaft werden als GdB nach 10er Graden abgestuft festgestellt. Hierfür gelten gemäß § 69 Abs. 1 Satz 4 und 5 SGB IX die Maßstäbe des § 30 Abs. 1 Bundesversorgungsgesetz (BVG) und der aufgrund des § 30 Abs. 16 des BVG erlassenen Rechtsverordnung entsprechend. In diesem Zusammenhang waren bis zum 31.12.2008 die "Anhaltspunkte für die ärztliche Gutachtertätigkeit im sozialen Entschädigungsrecht und nach dem Schwerbehindertenrecht" (Teil 2 SGB IX), Ausgabe 2008 (AHP) heranzuziehen (BSG, Urteil vom 23.06.1993 - 9/9a RVs 1/91 - BSGE 72, 285; BSG, Urteil vom 09.04.1997 - 9 RVs 4/95 - SozR 3-3870 § 4 Nr. 19; BSG, Urteil vom 18.09.2003 B 9 SB 3/02 R - BSGE 190, 205; BSG, Urteil vom 29.08.1990 - 9a/9 RVs 7/89 - BSG SozR 3-3870 § 4 Nr. 1).
Seit 01.01.2009 ist an die Stelle der AHP, die im Interesse einer gleichmäßigen Rechtsanwendung als antizipierte Sachverständigengutachten angewendet wurden, die Anlage "Versorgungsmedizinische Grundsätze" (VG) zu § 2 der Verordnung zur Durchführung des § 1 Abs. 1 und 3, § 30 Abs. 1 und § 35 Abs. 1 BVG (Versorgungsmedizin-Verordnung; VersMedV) getreten. Damit hat das Bundesministerium für Arbeit und Soziales von der Ermächtigung nach § 30 Abs. 16 BVG zum Erlass einer Rechtsverordnung Gebrauch gemacht und die maßgebenden Grundsätze für die medizinische Bewertung von Schädigungsfolgen und die Feststellung des Grades der Schädigungsfolgen im Sinne des § 30 Abs. 1 BVG aufgestellt. Nach § 69 Abs. 1 Satz 5 SGB IX gelten diese Maßstäbe auch für die Feststellung des GdB. Anders als die AHP, die aus Gründen der Gleichbehandlung in allen Verfahren hinsichtlich der Feststellung des GdB anzuwenden waren und dadurch rechtsnormähnliche Wirkungen entfalteten, ist die VersMedV als Rechtsverordnung verbindlich für Verwaltung und Gerichte. Sie ist indes, wie jede untergesetzliche Rechtsnorm, auf inhaltliche Verstöße gegen höherrangige Rechtsnormen - insbesondere § 69 SGB IX - zu überprüfen (BSG, Urteil vom 23.4.2009 - B 9 SB 3/08 R - RdNr 27, 30 m.w.N.). Sowohl die AHP als auch die VersMedV (nebst Anlage) sind im Lichte der rechtlichen Vorgaben des § 69 SGB IX auszulegen und - bei Verstößen dagegen - nicht anzuwenden (BSG, Urteil vom 30.09.2009 SozR 4-3250 § 69 Nr. 10 RdNr. 19 und vom 23.4.2009, a.a.O., RdNr 30)
Die Bemessung des Gesamt-GdB erfolgt nach § 69 Abs. 3 SGB IX. Danach ist zu beachten, dass bei Vorliegen mehrerer Beeinträchtigungen der Teilhabe am Leben in der Gesellschaft der GdB nach den Auswirkungen in ihrer Gesamtheit unter Berücksichtigung der wechselseitigen Beziehungen festzustellen ist. Bei mehreren Funktionsbeeinträchtigungen sind zwar zunächst Einzel-GdB zu bilden, bei der Ermittlung des Gesamt-GdB durch alle Funktionsbeeinträchtigungen dürfen die einzelnen Werte jedoch nicht addiert werden. Auch andere Rechenmethoden sind für die Bildung des Gesamt-GdB ungeeignet. In der Regel ist von der Behinderung mit dem höchsten Einzel-GdB auszugehen und zu prüfen, ob und inwieweit das Ausmaß der Behinderung durch die anderen Behinderungen größer wird, ob also wegen der weiteren Funktionsbeeinträchtigungen dem ersten GdB 10 oder 20 oder mehr Punkte hinzuzufügen sind, um der Behinderung insgesamt gerecht zu werden. Ein Einzel-GdB von 10 führt in der Regel nicht zu einer Zunahme des Ausmaßes der Gesamtbeeinträchtigung, auch bei leichten Behinderungen mit einem GdB von 20 ist es vielfach nicht gerechtfertigt, auf eine wesentliche Zunahme des Ausmaßes der Behinderung zu schließen (vgl. A Nr. 3 VG). Der Gesamt-GdB ist unter Beachtung der AHP bzw. der VersMedV einschließlich der VG in freier richterlicher Beweiswürdigung sowie aufgrund richterlicher Erfahrung unter Hinzuziehung von Sachverständigengutachten zu bilden (BSGE 62, 209, 213; BSG SozR 3870 § 3 Nr. 26 und SozR 3-3879 § 4 Nr. 5 zu den AHP). Es ist also eine Prüfung vorzunehmen, wie die einzelnen Behinderungen sich zueinander verhalten und ob die Behinderungen in ihrer Gesamtheit ein Ausmaß erreichen, das die Schwerbehinderung bedingt.
Hiervon ausgehend ist im Vergleich zu dem im letzten Feststellungsbescheid vom 07.11.2011 mit einem GdB von 50 berücksichtigten Behinderungszustand der Klägerin eine wesentliche Änderung ihres Gesundheitszustandes, die die Feststellung eines GdB von über 50 rechtfertigt, nicht festzustellen.
Dass hinsichtlich der mit einem Einzel-GdB von 30 berücksichtigten Wirbelsäulenleidens der Klägerin eine wesentliche Verschlimmerung eingetreten ist, die es rechtfertigt, den GdB nunmehr mit 40 (oder höher) zu bewerten, kann nicht festgestellt werden. Nach den VG Teil B 18.9 wird bei Wirbelsäulenschäden die Bewertungsstufe GdB 30 bis 40 erst erreicht wird, wenn mittelgradige bis schwere funktionelle Auswirkungen in zwei Wirbelsäulenabschnitten vorliegen. Die Obergrenze des GdB 40 ist danach erreicht bei schweren Auswirkungen in zwei Wirbelsäulenabschnitten (Urteil des erkennenden Senats vom 24.01.2014 - L 8 SB 2497/11 -, veröffentlicht in juris und sozialgerichtsbarkeit.de). Dass bei der Klägerin mittlerweile Wirbelsäulenschäden mit schweren funktionellen Auswirkungen in (wenigstens) zwei Wirbelsäulenabschnitten vorliegen, lässt sich den vorliegenden Befundunterlagen nicht entnehmen. Nach dem Bericht des Reha-Zentrums Bad D. vom 19.09.2012 wird das Vorliegen einer relevanten Bewegungseinschränkung der Wirbelsäule der Klägerin verneint. Im von Dr. D. mit seiner schriftlichen sachverständigen Zeugenaussage vorgelegten Bericht des Schwarzwald-Baar Klinikums vom 13.02.2014 wird der Kopf als frei beweglich mit Klopfschmerzhaftigkeit der Halswirbelsäule/Brustwirbelsäule beschrieben. Schwere funktionelle Auswirkungen von Wirbelsäulenschäden lassen sich diesen Berichten nicht entnehmen. Nach der schriftlichen sachverständigen Zeugenaussage von Dr. M. vom 05.01.2015 befand sich die Klägerin zwar wegen wiederkehrender zervikaler Schmerzbeschwerden bei ihm in Behandlung. Die Beschwerden beschreibt Dr. M. als relativ konstant, was gegen eine bedeutsame Verschlimmerung des Wirbelsäulenleidens der Klägerin spricht. Auch den sonst zu den Akten gelangten medizinischen Befundunterlagen lässt sich eine bedeutsame Verschlimmerung des Wirbelsäulenleidens der Klägerin nicht feststellen. Eine Verschlimmerung ihres Wirbelsäulenleidens hat die Klägerin im Übrigen im Berufungsverfahren nicht mehr geltend gemacht.
Soweit die Klägerin zur Begründung ihrer Berufung geltend macht, eine vorliegende echte Migräne sei mit einem Einzel-GdB von 30 zu berücksichtigen, kann diesem Vorbringen der Klägerin nicht gefolgt werden. Eine wesentliche Änderung durch eine zusätzlich zu berücksichtigende echte Migräne kann nicht festgestellt werden. Nach der schriftlichen sachverständigen Zeugenaussage von Dr. M. vom 20.11.2014 besteht bei der Klägerin ein Kombinationskopfschmerz (Migräne und Spannungskopfschmerzen), der medikamentös, ohne dass eine Dauermedikation erforderlich ist, gut behandelbar ist und nach der Aussage von Dr. M. keine Funktionseinschränkungen hervorruft. Nach der im Befundbericht der Dr. M. vom 18.11.2013 beschriebenen Anamnese treten maximal zwei bis vier Attacken pro Monat auf, wobei das Medikament Maxalt gut hilft. Das Vorbringen der Klägerin, es komme trotz der Medikation mit Maxalt zu zwei bis drei Migräneanfällen pro Woche, zum Teil mit Erbrechen, die auch liegend überdauert werden müssten, widerspricht damit der von Dr. M. geschilderten Beschwerdefrequenz und dem Therapieerfolg. Dieses Berufungsvorbringen wird auch nicht durch die Ausführungen im Befundbericht vom 22.07.2014 bestätigt, in dem Dr. M. die Kopfschmerzproblematik unter ihrer Diagnose eines Kombinationskopfschmerzes als episodischen Spannungskopfschmerz mit typischen, manchmal wochenlangen Beschwerden, gefolgt von Phasen ohne Kopfdruck, kombiniert mit typischen Migräneattacken beschreibt. Bereits in diesem Befundbericht ist ausgeführt, dass der Kopfschmerz mit Maxalt gebessert ist, was dann auch in der später unter dem 20.11.2014 erfolgten sachverständigen Zeugenaussage von Dr. M. bestätigt wurde. Danach ist bei der Klägerin allenfalls eine Migräne leichter Verlaufsform festzustellen, die nach den VG Teil B 2.3 einen GdB von 0 bis 10 rechtfertigt. Nachdem Dr. M. in ihrer schriftlichen sachverständigen Zeugenaussage eine Funktionseinschränkung der Klägerin durch eine Migräne verneint hat, ist es nicht gerechtfertigt, den nach den VG vorgegebenen GdB-Bewertungsrahmen nach oben (GdB 10) auszuschöpfen. Dass es seit der schriftlichen sachverständigen Zeugenaussage von Dr. M. an das SG zu Veränderungen gekommen ist, die die von ihr im Berufungsverfahren vorgetragene Verschlimmerung plausibel macht, hat die Klägerin im Berufungsverfahren nicht behauptet. Das Vorbringen in der Berufungsbegründung zur Häufigkeit der Migräneattacken und der angeblich wenig wirksamen medikamentösen Therapie bezieht sich ersichtlich nicht auf eine neu eingetretene Entwicklung, weil weder ein Zeitpunkt für den Eintritt einer Änderung der Beschwerdesymptomatik genannt wird noch sonst diesbezüglich Ausführungen zur Aussage von Dr. M. gemacht werden und zudem eine fehlerhafte - bisherige - Bewertung gerügt wird, denn es sei eben doch von einer echten Migräne auszugehen. Zu näheren Ausführungen hierzu hätte für die Klägerin jedoch aufgrund des richterlichen Schreibens vom 15.04.2016 Anlass bestanden, in dem die Klägerin u.a. unter Bezug auf die schriftliche sachverständige Zeugenauskunft von Dr. M. vom 20.11.2014 darauf hingewiesen wurde, dass die Migräne die Erhöhung des GdB von 50 nicht rechtfertigen dürfte. Der Senat sieht sich deshalb nicht gedrängt, entsprechend dem Antrag der Klägerin von Dr. M. eine ergänzende sachverständige Zeugenaussage einzuholen, denn Dr. M. hat sich zu den Beweisfragen des SG umfassend und eindeutig geäußert. Allein die der Aussage der Ärztin widersprechende Behauptung der Klägerin belegt noch keine Notwendigkeit zur wiederholenden Zeugenbefragung, zumal kein Grund genannt wird, weshalb die Angaben der Ärztin unrichtig bzw. überholt sein sollten. Letztlich beruhen die Angaben des behandelnden Arztes zum Beschwerdeverlauf weitgehend auch auf den eigenen Angaben des behandelten Patienten, weshalb ein insoweit geändertes Vorbringen zur Begründung einer nochmaligen Beweisaufnahme durch Vernehmung eines bereits gehörten Zeugen einer gesonderten Begründung bedarf. Eine solche wurde trotz des richterlichen Hinweises vom 15.04.2016 nicht vorgelegt. Darüber hinaus sind Nachforschungen "ins Blaue hinein" durch die Amtsermittlungspflicht nicht geboten (ständige Rechtsprechung, vgl. BSG, Urteil vom 03.04.2003 - B 13 RJ 39/02 R, SozR 4-1300 § 31 Nr. 1; Urteil vom 05.04. 2001, SozR 3-2600 § 43 Nr. 25; BSG, Urteil vom 07.05.1998 - B 11 AL 81/97 R -, juris).
Eine wesentliche Verschlimmerung der im letzten Feststellungsbescheid mit einem Einzel-GdB von 20 berücksichtigten seelischen Störung kann bei der Klägerin nicht festgestellt werden. Nach dem im Entlassungsbericht des Reha-Zentrums Bad D. vom 19.09.2012 beschriebenen psychischen Aufnahmebefund wirkte die Klägerin leicht erschöpft bei leicht depressiver und trauriger euthymer Grundstimmung. Die Klägerin war jedoch im Kontakt zugewandt und gesprächsbereit. Ein Anhalt für Suizidalität, psychotisches Erleben oder gravierende Zwänge bestand nicht. Die Klägerin erschien bewusstseinsklar, gut orientiert. Inhaltliche oder formale Denkstörungen, mnestische Einschränkungen sowie ein auto- oder fremdaggressives Verhalten wurden ausgeschlossen. Der psychische Entlassungsbefund beschrieb eine Rückbildung der Erschöpfungsgefühle, eine zufriedenstellende Schlafqualität und eine Stimmung in guter Mittellage, mit den manchmal auftauchenden Schmerzen komme die Klägerin zurecht. Nach dem Bericht betreibt die Klägerin regelmäßig Sport, nimmt Freizeitaktivitäten und andere Ressourcen (Motorradfahren, Reisen, Oper, Ausstellungen) wahr und hat einen Freundeskreis. Dem entspricht im Wesentlichen auch der im Bericht von Dr. M. vom 23.10.2014 beschriebene psychische Befund, wobei Dr. M. im Rahmen der Befundbeschreibung darauf hinweist, dass ein Leidensdruck der Klägerin weniger aus psychiatrischen Gründen, als eher aufgrund der einfühlbaren realen Probleme bestehe. Danach sind bei der Klägerin weiterhin nur leichtere psychovegetative oder psychische Störungen festzustellen, die nach den VG Teil B 3.7 einen GdB mit 0 bis 20 rechtfertigen. Zudem ist nicht ersichtlich, dass sich die Klägerin wegen ihrer seelischen Störung in fachärztlicher Behandlung befindet. Vielmehr wird im Entlassungsbericht des Reha-Zentrums Bad D. vom 19.09.2012 eine frühere bzw. aktuelle Psychotherapie verneint. Auch die von der Klägerin als behandelnde Ärztin benannte Neurologin und Psychiaterin Dr. M. hat in ihrer schriftlichen sachverständigen Zeugenaussage vom 20.11.2014 über eine psychotherapeutische Behandlung nicht berichtet. Nach dem Befundbericht der Dr. M. vom 23.10.2014 stellte sich die Klägerin am 23.10.2014 (einmalig) in der Praxis unter der Diagnose einer Anpassungsstörung vor, wobei die psychischen Aspekte und Schwierigkeiten supportiv besprochen und gezielte Interventionen gegeben worden. Dass darüber hinaus eine psychiatrische Behandlung erfolgt ist, ist nicht ersichtlich und lässt sich dem Vorbringen der Klägerin nicht entnehmen. Zu Ausführungen hierzu hätte für die Klägerin jedoch aufgrund des richterlichen Schreibens vom 15.04.2016 Anlass bestanden, in dem die Klägerin u.a. auf die nachfolgend dargestellte Rechtsprechung des Senats hingewiesen wurde, wonach aufgrund der fehlenden ärztlichen Behandlung nicht davon ausgegangen werden kann, dass das diagnostizierte seelische Leiden der Klägerin über eine leichtere psychische Störung hinausgegangen ist und bereits eine stärker behindernde Störung im Sinne der GdB-Bewertungsgrundsätze darstellt (dazu vgl. Senatsurteil vom 17.12.2010 L 8 SB 1549/10, juris RdNr. 31). Ein entsprechender Leidensdruck der Klägerin, der bei einer stärker behindernden psychischen Störung zu erwarten wäre, findet sich nicht. Dass nicht von der Klägerin zu beeinflussende Faktoren, wie die Nichtgenehmigung der Behandlung seitens der Krankenkasse oder eine bestehende Wartezeit, eine psychiatrische, psychologische Behandlung bisher verhindert hätten, ist nicht ersichtlich. Damit ist auf psychischem Gebiet weiterhin von einem Einzel-GdB von 20 auszugehen. Mit diesem Einzel-GdB ist auch ein geltend gemachter Schwindel sowie ein geltend gemachtes Fibromyalgiesyndrom mit abgegolten. Nach dem Befundbericht der Dr. M. vom 18.11.2013 ist ein Drehschwindel der Klägerin dem psychosomatischen Beschwerdekomplex zuzuordnen. Außerdem sind wesentliche Folgen von Schwindelerscheinungen, die nach den VG Teil B 5.3 einen höheren GdB als 0 bis 10 rechtfertigen, durch die zu den Akten gelangten medizinischen Unterlagen nicht festzustellen. Die Auswirkungen einer Fibromyalgie bzw. einer somatoformen Schmerzstörung sind nach der Rechtsprechung des Senats entsprechend den Maßstäben der VG für psychovegetative oder psychische Störungen zu bewerten (z.B. Urteile vom 27.01.2012 - L 8 SB 768/11 - und vom 22.03.2013 - L 8 SB 4625/11 -), wovon auch die Klägerin ausgeht. Eine zusätzliche Berücksichtigung des Fibromyalgiesyndroms ist damit entgegen der Ansicht der Klägerin nicht gerechtfertigt. Zudem hat Dr. M. in ihrer schriftlichen sachverständigen Zeugenaussage vom 20.11.2014 von einem zielorientierten Vorgehen der Klägerin mit Rentenwunsch ohne wirklich vorliegende Gesundheitsstörungen berichtet. Damit kann eine wesentliche Änderung hinsichtlich psychovegetativer oder psychischer Störungen der Klägerin, die es rechtfertigt, den Einzel-GdB höher als 20 zu bewerten, entgegen der Ansicht der Klägerin nicht festgestellt werden. Zudem hat sich die Klägerin der von ihr gemäß § 109 SGG beantragten Begutachtung durch Dr. V. nicht gestellt und (durch ihren Prozessbevollmächtigten) den Antrag zurückgenommen.
Dass bei der Klägerin eine wesentliche Änderung von Funktionsbeeinträchtigungen der oberen und unteren Extremitäten (Kniegelenke beidseits, Fußfehlform, Hüftgelenke beidseits, Fingerpolyarthrose und Schultergelenk) eingetreten ist, lässt sich den zu den Akten gelangten medizinischen Befundunterlagen nicht entnehmen und kann damit nicht festgestellt werden. Vielmehr hat Dr. M. in seiner schriftlichen Zeugenaussage an das SG vom 05.01.2015 die Beschwerden der Klägerin als relativ konstant beschrieben, was gegen eine wesentliche Änderung spricht. Eine wesentliche Änderung von Funktionsbeeinträchtigungen der oberen und unteren Extremitäten hat die Klägerin im Übrigen im Berufungsverfahren auch nicht geltend gemacht.
Sonstige neu hinzugetretene oder verschlimmerte Gesundheitsstörungen, die mit einem Einzel-GdB zu berücksichtigen sind, sind bei der Klägerin nicht festzustellen. Insbesondere kann eine GdB-relevante Hörstörung nicht festgestellt werden. Nach den Befundberichten des HNO-Arztes Dr. K. vom 27.03.2014 und 10.04.213 besteht zwar ein sensorineuraler Hörverlust beidseits. Nach dem in den Befundberichten beschriebenen Befund besteht jedoch (sprachaudiometrisch) ein Gesamtwortverständnis von 100 % beidseits bei (unter) 60 dB, woraus sich nach den VG Teil B 5.2.1 (Tabelle nach Boenninghaus u. Röser 1973) noch kein GdB-relevanter Hörverlust der Klägerin feststellen lässt. Soweit Dr. K. in seinen Befundberichten von einer nach der Reintonaudiometrie gering- bis mittelgradigen Schwerhörigkeit beidseits ausgeht, ist hierauf bei der Bewertung des GdB nicht abzustellen. Maßgeblich bleibt vielmehr der sprachaudiometrische Befund (vgl. VG Teil B 5). Dafür dass hinsichtlich der von Dr. D. in seiner schriftlichen sachverständigen Zeugenaussage vom 19.11.2014 genannten weiteren Gesundheitsstörungen der Klägerin (insbesondere hinsichtlich der Schilddrüse, der gynäkologischen Gesundheitsstörungen, einer Gesundheitsstörung des Auges und des Stoffwechsels, Gesundheitsstörungen auf HNO- ärztlichem sowie urologischem Fachgebiet sowie sonstige Gesundheitsstörungen) nach den VG GdB-relevante Beeinträchtigungen bei der Klägerin bestehen, ist nichts ersichtlich. Soweit Dr. D. angibt, durch die Vielzahl der genannten Erkrankungen sei die Klägerin anhaltend gesundheitlich eingeschränkt, hat der Beklagte den gesundheitlichen Einschränkungen mit dem festgestellten GdB von 50 angemessen Rechnung getragen. Gesichtspunkte, die einen höheren GdB rechtfertigen, lassen sich der schriftlichen sachverständigen Zeugenaussage von Dr. D. nicht entnehmen und können auch nach den sonst zu den Akten gelangten medizinischen Befundunterlagen nicht festgestellt werden. Im Übrigen hat sich die Klägerin hinsichtlich der vorstehend von Dr. D. genannten Gesundheitsstörungen auf zu berücksichtigende Beeinträchtigungen nicht berufen. Der Senat sieht sich deshalb hierzu zu weiteren Ermittlungen von Amts wegen "ins Blaue hinein" nicht gedrängt.
Anlass zu weiteren Ermittlungen besteht daher nicht. Der Sachverhalt ist durch die vom SG durchgeführten Ermittlungen und die zu den Akten gelangten medizinischen Befundunterlagen vollständig aufgeklärt und vermitteln dem Senat die für die richterliche Überzeugungsbildung notwendigen sachlichen Grundlagen (§ 118 Abs. 1 Satz 1 SGG, § 412 Abs. 1 ZPO). Der medizinisch festgestellte Sachverhalt bietet die Basis für die alleine vom Senat vorzunehmende rechtliche Bewertung des GdB unter Einschluss der Bewertung der sich zwischen den einzelnen Erkrankungen und Funktionsbehinderungen ergebenden Überschneidungen und Wechselwirkungen. Gesichtspunkte, durch die sich der Senat zu weiteren Ermittlungen gedrängt fühlen müsste, hat die Klägerin im Berufungsverfahren nicht aufgezeigt.
Die Berufung der Klägerin war daher zurückzuweisen.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Gründe für die Zulassung der Revision liegen nicht vor.
Außergerichtliche Kosten sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten.
Tatbestand:
Zwischen den Beteiligten ist die Neufeststellung des Grades der Behinderung (GdB) nach dem Neunten Buch Sozialgesetzbuch (SGB IX) streitig.
Bei der 1952 geborenen Klägerin stellte das Landratsamt S.-B.-Kreis - Versorgungsamt - (LRA) in Ausführung eines beim Sozialgericht Reutlingen (SG) im Klageverfahren S 8 SB 846/10 von der Klägerin angenommenen Vergleichsangebotes des Regierungspräsidiums Stuttgart - Landesversorgungsamt - vom 21.03.2012 mit Bescheid vom 07.11.2012 wegen einer Funktionsbehinderung der Wirbelsäule, degenerativer Veränderungen der Wirbelsäule und Wirbelsäulenverformung (GdB 30), einer Funktionsbehinderung beider Kniegelenke und Funktionsstörung durch Fußfehlform (GdB 20), einer Fingerpolyarthrose (GdB 20), einer Funktionsbehinderung des Schultergelenks (GdB 10), einer Funktionsbehinderung beider Hüftgelenke (GdB 10) sowie einer seelischen Störung und Kopfschmerzsyndrom (GdB 20) den GdB mit 50 neu fest.
Am 02.05.2013 beantragte die Klägerin (durch ihren Prozessbevollmächtigten) beim LRA wegen eines Wirbelsäulenleidens, Depression, Migräne/Drehschwindel sowie einer Hüft- und Kniegelenkserkrankung die Neufeststellung des GdB. Das LRA holte den Befundschein des Dr. D. vom 10.09.2013 ein und nahm weitere medizinische Unterlagen zu den Akten (Entlassungsbericht des Reha-Zentrums Bad D. vom 19.09.2012, Diagnosen: Anpassungsstörung, LWS-Syndrom, Coxarthrose beidseits und Erythrocyturie; Berichte Dr. G. vom 02.10.2012, Diagnosen: Harnwegsinfekt, Blasenentleerungsstörung, Hämaturie; Dr. M. vom 04.02.2013 und 18.04.2013, Diagnosen: Migräne ohne Aura, Kombinationskopfschmerz, Abklärung "Schwindel"; Dr. K. vom 10.04.2013, Diagnosen: Chronische Laryngitis sicca bei Nikotinabusus, Migräne, sensorineuraler Hörverlust beidseits, Canalolithiasis links). In der hierzu eingeholten gutachtlichen Stellungnahme vom 07.11.2013 schlug der Versorgungsarzt Dr. D. den GdB weiterhin mit 50 vor. Mit Bescheid vom 20.11.2013 entsprach das LRA daraufhin dem Antrag auf Neufeststellung des GdB nicht.
Hiergegen legte die Klägerin (durch ihren Prozessbevollmächtigten) am 16.12.2013 ohne nähere Begründung Widerspruch ein. Das LRA nahm den Befundbericht des Dr. M. vom 23.01.2014 zu den Akten. In der weiter eingeholten gutachtlichen Stellungnahme des Versorgungsarztes C. vom 12.05.2014 wurde wegen einer Funktionsbehinderung der Wirbelsäule, degenerativen Veränderungen der Wirbelsäule, Bandscheibenschaden und Wirbelsäulenverformung (GdB 30), einer seelischen Störung, Kopfschmerzsyndrom und Schwindel (GdB 20), einer Funktionsbehinderung beider Kniegelenke, Funktionsstörung durch Fußfehlform und Funktionsbehinderung beider Hüftgelenke (GdB 20) sowie einer Fingerpolyarthrose und Funktionsbehinderung des Schultergelenks (GdB 20) der GdB weiterhin mit 50 vorgeschlagen. Mit Widerspruchsbescheid des Regierungspräsidiums Stuttgart - Landesversorgungsamt - vom 03.06.2014 wurde der Widerspruch der Klägerin zurückgewiesen. Die Auswertung der vorliegenden Befundunterlagen habe gezeigt, dass sich eine Verschlimmerung, die eine Erhöhung des GdB rechtfertigen könne, nicht feststellen lasse.
Hiergegen erhob die Klägerin (durch ihren Prozessbevollmächtigten) am 10.06.2014 Klage beim SG. Sie führte zur Begründung aus, der GdB sei deutlich höher anzusetzen. Unterbewertet sei der orthopädische Befund, vor allem die Wirbelsäule sowie die Hüft- und Kniegelenkserkrankung. Der psychische Befund werde bagatellisiert, es ergebe sich ein GdB von 30 bis 40. Außerdem leide sie an einer echten Migräne, wofür der GdB mit 30 einzustufen sei. Im Übrigen bestehe ein Drehschwindel.
Das SG hat von der Klägerin benannte behandelnde Ärzte schriftlich als sachverständige Zeugen angehört. Der Facharzt für Innere Medizin Dr. D. teilte in seiner Aussage vom 19.11.2014 unter Vorlage von ärztlichen Berichten (insbesondere Berichte des S.-B. Klinikums vom 13.02.2014, Dr. M. vom 23.10.2014 und Dr. K. vom 27.03.2014) den Behandlungsverlauf und die Gesundheitsstörungen mit; durch die Vielzahl der aufgeführten Erkrankungen sei die Klägerin anhaltend gesundheitlich eingeschränkt. Die Fachärztin für Neurologie und Psychiatrie Dr. M. teilte in ihrer Aussage vom 20.11.2014 den Behandlungsverlauf sowie die Diagnosen mit. Gesundheitsstörungen lägen nicht wirklich vor. Auf neurologischem Fachgebiet sei kein GdB vorliegend. Der Facharzt für Orthopädie, Sportmedizin und Chirotherapie Dr. M. teilte in seiner Aussage vom 05.01.2015 den Behandlungsverlauf sowie die Beschwerden mit.
Der Beklagte trat unter Vorlage der versorgungsärztlichen Stellungnahme von Dr. R. vom 07.05.2015 der Klage entgegen.
Mit Gerichtsbescheid vom 23.10.2015 wies das SG die Klage ab. Zur Begründung wurde ausgeführt, auf psychiatrischem Fachgebiet könne eine erhebliche Depression nicht angenommen werden. Eine Migräne mittlerer Verlaufsform sei nicht nachgewiesen. Für die seelische Störung sei der GdB von 20 weiterhin ausreichend bewertet. Die Kopfschmerzen und das Schwindelsyndrom seien der seelischen Störung zuzuordnen. Auf orthopädischem Fachgebiet ergebe sich keine Verschlimmerung. Die geltend gemachte Verschlechterung sei ärztlich nicht bestätigt.
Gegen den dem Prozessbevollmächtigten der Klägerin am 29.10.2015 zugestellten Gerichtsbescheid richtet sich die von der Klägerin durch ihren Prozessbevollmächtigten am Montag, den 30.11.2015 eingelegte Berufung. Die Klägerin hat zur Begründung ausgeführt, ob auf neurologisch / psychiatrischen Fachgebiet tatsächlich lediglich ein Einzel-GdB von 20 in Ansatz zu bringen sei, erscheine fraglich. Es liege eine umfassende Fibromyalgie vor. Dieser weiterhin vorhandene und sich fortlaufend verstärkende Befund könne nicht vernachlässigt werden. Der bisher berücksichtigte Einzel-GdB von 20 im System Nerven und der Psyche sei mit einem Einzel-GdB von 30 zu bewerten. Eine vorliegende echte Migräne sei mit einem Einzel-GdB von 30 zu bewerten. Trotz medikamentöser Behandlung komme es zu zwei bis drei Migräneanfällen pro Woche, die auch liegend überdauert werden müssten. Die Anforderung einer ergänzenden sachverständigen Zeugenauskunft von Dr. M. werde beantragt. Außerdem hat die Klägerin gemäß § 109 SGG beantragt, von Dr. V. ein Sachverständigengutachten einzuholen.
Die Klägerin beantragt, den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Reutlingen vom 23.10.2015 aufzuheben und den Beklagten unter Aufhebung des Bescheides vom 20.01.2013 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 03.06.2014 zu verurteilen, bei ihr einen Grad der Behinderung von mindestens 80 zuzuerkennen.
Der Beklagte beantragt, die Berufung zurückzuweisen.
Der Beklagte hat zur Begründung ausgeführt, dem Bericht der Dr. M. vom 23.10.2014 sei hinsichtlich der Psyche zu entnehmen, dass ein Leidensdruck weniger aus psychiatrischen als eher aufgrund einfühlbarer realer Probleme bestehe. Eine intensive psychotherapeutische Behandlung sei nicht ersichtlich, die einen entsprechenden Leidensdruck zum Ausdruck bringe, der für die Feststellung eines GdB von mehr als 20 erforderlich sei. Ebenso lasse sich eine Fibromyalgie kaum ableiten. Auch die übrigen Beeinträchtigungen der Klägerin ergäben keinen Anhalt für eine nicht ausreichende Bewertung.
Mit richterlichem Schreiben vom 15.04.2016 ist die Klägerin darauf hingewiesen worden, dass ihre Berufung nach derzeitiger Aktenlage wenig erfolgversprechend ist.
Den Antrag der Klägerin, vom Facharzt für Neurologie und Psychiatrie Dr. V. ein Gutachten nach § 109 SGG einzuholen, hat die Klägerin durch ihren Prozessbevollmächtigten, nachdem sie zum Untersuchungstermin bei Dr. V. nicht erschienen ist, zurückgenommen (Schriftsatz vom 06.12.2016), weshalb Dr. V. von der Erstattung des mit Senatsschreiben vom 28.07.2016 in Auftrag gegebenen Gutachtens entbunden wurde (Senatsschreiben vom 07.12.2016).
Die Beteiligten haben sich mit einer Entscheidung ohne mündliche Verhandlung einverstanden erklärt (Klägerin Schriftsatz vom 06.12.2016, Beklagte Schriftsatz vom 18.01.2017 ).
Wegen weiterer Einzelheiten des Sachverhaltes und des Vorbringens der Beteiligten wird auf die im vorliegenden Rechtsstreit angefallenen Gerichtsakten erster und zweiter Instanz sowie die vom Senat beigezogene Gerichtsakte des SG S 8 SB 846/10 Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die gemäß § 151 Sozialgerichtsgesetz (SGG) form- und fristgerecht eingelegte Berufung der Klägerin, über die der Senat gemäß § 124 Abs. 2 SGG mit Einverständnis der Beteiligten ohne mündliche Verhandlung entschieden hat, ist gemäß §§ 143, 144 SGG zulässig, aber unbegründet. Der streitgegenständliche Bescheid des Beklagten vom 20.01.2013 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 03.06.2014 ist rechtmäßig und verletzt die Klägerin nicht in ihren Rechten. Die Klägerin hat keinen Anspruch auf Neufeststellung eines höheren GdB von über 50 seit dem 02.05.2013 (Antragstellung). Der angefochtene Gerichtsbescheid des SG ist nicht zu beanstanden.
Rechtsgrundlage für die von der Klägerin begehrte Neufeststellung eines höheren GdB ist § 48 Abs. 1 Sozialgesetzbuch Zehntes Buch (SGB X). Danach ist ein Verwaltungsakt mit Dauerwirkung für die Zukunft aufzuheben, soweit in den tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnissen, die bei seinem Erlass vorgelegen haben, eine wesentliche Änderung eintritt. Wesentlich ist eine Änderung dann, wenn sich der GdB um wenigstens 10 erhöht oder vermindert. Im Falle einer solchen Änderung ist der Verwaltungsakt aufzuheben und durch eine zutreffende Bewertung zu ersetzen (vgl. BSG SozR 1300 § 48 SGB X Nr. 29 m.w.N.). Die den einzelnen Behinderungen welche ihrerseits nicht zum so genannten Verfügungssatz des Bescheides gehören zugrunde gelegten Teil-GdB-Sätze erwachsen nicht in Bindungswirkung (BSG, Urteil vom 10.09.1997 - 9 RVs 15/96 -, BSGE 81, 50 bis 54). Hierbei handelt es sich nämlich nur um Bewertungsfaktoren, die wie der hierfür (ausdrücklich) angesetzte Teil-GdB nicht der Bindungswirkung des § 77 SGG unterliegen. Ob eine wesentliche Änderung eingetreten ist, muss durch einen Vergleich des gegenwärtigen Zustands mit dem bindend festgestellten früheren Behinderungszustand ermittelt werden.
Maßgebliche Rechtsgrundlagen für die GdB-Bewertung sind die Vorschriften des SGB IX. Danach sind Menschen behindert, wenn ihre körperliche Funktion, geistige Fähigkeit oder seelische Gesundheit mit hoher Wahrscheinlichkeit länger als sechs Monate von dem für das Lebensalter typischen Zustand abweichen und daher ihre Teilhabe am Leben in der Gesellschaft beeinträchtigt ist (§ 2 Abs. 1 Satz 1 SGB IX). Die Auswirkungen auf die Teilhabe am Leben in der Gesellschaft werden als GdB nach 10er Graden abgestuft festgestellt. Hierfür gelten gemäß § 69 Abs. 1 Satz 4 und 5 SGB IX die Maßstäbe des § 30 Abs. 1 Bundesversorgungsgesetz (BVG) und der aufgrund des § 30 Abs. 16 des BVG erlassenen Rechtsverordnung entsprechend. In diesem Zusammenhang waren bis zum 31.12.2008 die "Anhaltspunkte für die ärztliche Gutachtertätigkeit im sozialen Entschädigungsrecht und nach dem Schwerbehindertenrecht" (Teil 2 SGB IX), Ausgabe 2008 (AHP) heranzuziehen (BSG, Urteil vom 23.06.1993 - 9/9a RVs 1/91 - BSGE 72, 285; BSG, Urteil vom 09.04.1997 - 9 RVs 4/95 - SozR 3-3870 § 4 Nr. 19; BSG, Urteil vom 18.09.2003 B 9 SB 3/02 R - BSGE 190, 205; BSG, Urteil vom 29.08.1990 - 9a/9 RVs 7/89 - BSG SozR 3-3870 § 4 Nr. 1).
Seit 01.01.2009 ist an die Stelle der AHP, die im Interesse einer gleichmäßigen Rechtsanwendung als antizipierte Sachverständigengutachten angewendet wurden, die Anlage "Versorgungsmedizinische Grundsätze" (VG) zu § 2 der Verordnung zur Durchführung des § 1 Abs. 1 und 3, § 30 Abs. 1 und § 35 Abs. 1 BVG (Versorgungsmedizin-Verordnung; VersMedV) getreten. Damit hat das Bundesministerium für Arbeit und Soziales von der Ermächtigung nach § 30 Abs. 16 BVG zum Erlass einer Rechtsverordnung Gebrauch gemacht und die maßgebenden Grundsätze für die medizinische Bewertung von Schädigungsfolgen und die Feststellung des Grades der Schädigungsfolgen im Sinne des § 30 Abs. 1 BVG aufgestellt. Nach § 69 Abs. 1 Satz 5 SGB IX gelten diese Maßstäbe auch für die Feststellung des GdB. Anders als die AHP, die aus Gründen der Gleichbehandlung in allen Verfahren hinsichtlich der Feststellung des GdB anzuwenden waren und dadurch rechtsnormähnliche Wirkungen entfalteten, ist die VersMedV als Rechtsverordnung verbindlich für Verwaltung und Gerichte. Sie ist indes, wie jede untergesetzliche Rechtsnorm, auf inhaltliche Verstöße gegen höherrangige Rechtsnormen - insbesondere § 69 SGB IX - zu überprüfen (BSG, Urteil vom 23.4.2009 - B 9 SB 3/08 R - RdNr 27, 30 m.w.N.). Sowohl die AHP als auch die VersMedV (nebst Anlage) sind im Lichte der rechtlichen Vorgaben des § 69 SGB IX auszulegen und - bei Verstößen dagegen - nicht anzuwenden (BSG, Urteil vom 30.09.2009 SozR 4-3250 § 69 Nr. 10 RdNr. 19 und vom 23.4.2009, a.a.O., RdNr 30)
Die Bemessung des Gesamt-GdB erfolgt nach § 69 Abs. 3 SGB IX. Danach ist zu beachten, dass bei Vorliegen mehrerer Beeinträchtigungen der Teilhabe am Leben in der Gesellschaft der GdB nach den Auswirkungen in ihrer Gesamtheit unter Berücksichtigung der wechselseitigen Beziehungen festzustellen ist. Bei mehreren Funktionsbeeinträchtigungen sind zwar zunächst Einzel-GdB zu bilden, bei der Ermittlung des Gesamt-GdB durch alle Funktionsbeeinträchtigungen dürfen die einzelnen Werte jedoch nicht addiert werden. Auch andere Rechenmethoden sind für die Bildung des Gesamt-GdB ungeeignet. In der Regel ist von der Behinderung mit dem höchsten Einzel-GdB auszugehen und zu prüfen, ob und inwieweit das Ausmaß der Behinderung durch die anderen Behinderungen größer wird, ob also wegen der weiteren Funktionsbeeinträchtigungen dem ersten GdB 10 oder 20 oder mehr Punkte hinzuzufügen sind, um der Behinderung insgesamt gerecht zu werden. Ein Einzel-GdB von 10 führt in der Regel nicht zu einer Zunahme des Ausmaßes der Gesamtbeeinträchtigung, auch bei leichten Behinderungen mit einem GdB von 20 ist es vielfach nicht gerechtfertigt, auf eine wesentliche Zunahme des Ausmaßes der Behinderung zu schließen (vgl. A Nr. 3 VG). Der Gesamt-GdB ist unter Beachtung der AHP bzw. der VersMedV einschließlich der VG in freier richterlicher Beweiswürdigung sowie aufgrund richterlicher Erfahrung unter Hinzuziehung von Sachverständigengutachten zu bilden (BSGE 62, 209, 213; BSG SozR 3870 § 3 Nr. 26 und SozR 3-3879 § 4 Nr. 5 zu den AHP). Es ist also eine Prüfung vorzunehmen, wie die einzelnen Behinderungen sich zueinander verhalten und ob die Behinderungen in ihrer Gesamtheit ein Ausmaß erreichen, das die Schwerbehinderung bedingt.
Hiervon ausgehend ist im Vergleich zu dem im letzten Feststellungsbescheid vom 07.11.2011 mit einem GdB von 50 berücksichtigten Behinderungszustand der Klägerin eine wesentliche Änderung ihres Gesundheitszustandes, die die Feststellung eines GdB von über 50 rechtfertigt, nicht festzustellen.
Dass hinsichtlich der mit einem Einzel-GdB von 30 berücksichtigten Wirbelsäulenleidens der Klägerin eine wesentliche Verschlimmerung eingetreten ist, die es rechtfertigt, den GdB nunmehr mit 40 (oder höher) zu bewerten, kann nicht festgestellt werden. Nach den VG Teil B 18.9 wird bei Wirbelsäulenschäden die Bewertungsstufe GdB 30 bis 40 erst erreicht wird, wenn mittelgradige bis schwere funktionelle Auswirkungen in zwei Wirbelsäulenabschnitten vorliegen. Die Obergrenze des GdB 40 ist danach erreicht bei schweren Auswirkungen in zwei Wirbelsäulenabschnitten (Urteil des erkennenden Senats vom 24.01.2014 - L 8 SB 2497/11 -, veröffentlicht in juris und sozialgerichtsbarkeit.de). Dass bei der Klägerin mittlerweile Wirbelsäulenschäden mit schweren funktionellen Auswirkungen in (wenigstens) zwei Wirbelsäulenabschnitten vorliegen, lässt sich den vorliegenden Befundunterlagen nicht entnehmen. Nach dem Bericht des Reha-Zentrums Bad D. vom 19.09.2012 wird das Vorliegen einer relevanten Bewegungseinschränkung der Wirbelsäule der Klägerin verneint. Im von Dr. D. mit seiner schriftlichen sachverständigen Zeugenaussage vorgelegten Bericht des Schwarzwald-Baar Klinikums vom 13.02.2014 wird der Kopf als frei beweglich mit Klopfschmerzhaftigkeit der Halswirbelsäule/Brustwirbelsäule beschrieben. Schwere funktionelle Auswirkungen von Wirbelsäulenschäden lassen sich diesen Berichten nicht entnehmen. Nach der schriftlichen sachverständigen Zeugenaussage von Dr. M. vom 05.01.2015 befand sich die Klägerin zwar wegen wiederkehrender zervikaler Schmerzbeschwerden bei ihm in Behandlung. Die Beschwerden beschreibt Dr. M. als relativ konstant, was gegen eine bedeutsame Verschlimmerung des Wirbelsäulenleidens der Klägerin spricht. Auch den sonst zu den Akten gelangten medizinischen Befundunterlagen lässt sich eine bedeutsame Verschlimmerung des Wirbelsäulenleidens der Klägerin nicht feststellen. Eine Verschlimmerung ihres Wirbelsäulenleidens hat die Klägerin im Übrigen im Berufungsverfahren nicht mehr geltend gemacht.
Soweit die Klägerin zur Begründung ihrer Berufung geltend macht, eine vorliegende echte Migräne sei mit einem Einzel-GdB von 30 zu berücksichtigen, kann diesem Vorbringen der Klägerin nicht gefolgt werden. Eine wesentliche Änderung durch eine zusätzlich zu berücksichtigende echte Migräne kann nicht festgestellt werden. Nach der schriftlichen sachverständigen Zeugenaussage von Dr. M. vom 20.11.2014 besteht bei der Klägerin ein Kombinationskopfschmerz (Migräne und Spannungskopfschmerzen), der medikamentös, ohne dass eine Dauermedikation erforderlich ist, gut behandelbar ist und nach der Aussage von Dr. M. keine Funktionseinschränkungen hervorruft. Nach der im Befundbericht der Dr. M. vom 18.11.2013 beschriebenen Anamnese treten maximal zwei bis vier Attacken pro Monat auf, wobei das Medikament Maxalt gut hilft. Das Vorbringen der Klägerin, es komme trotz der Medikation mit Maxalt zu zwei bis drei Migräneanfällen pro Woche, zum Teil mit Erbrechen, die auch liegend überdauert werden müssten, widerspricht damit der von Dr. M. geschilderten Beschwerdefrequenz und dem Therapieerfolg. Dieses Berufungsvorbringen wird auch nicht durch die Ausführungen im Befundbericht vom 22.07.2014 bestätigt, in dem Dr. M. die Kopfschmerzproblematik unter ihrer Diagnose eines Kombinationskopfschmerzes als episodischen Spannungskopfschmerz mit typischen, manchmal wochenlangen Beschwerden, gefolgt von Phasen ohne Kopfdruck, kombiniert mit typischen Migräneattacken beschreibt. Bereits in diesem Befundbericht ist ausgeführt, dass der Kopfschmerz mit Maxalt gebessert ist, was dann auch in der später unter dem 20.11.2014 erfolgten sachverständigen Zeugenaussage von Dr. M. bestätigt wurde. Danach ist bei der Klägerin allenfalls eine Migräne leichter Verlaufsform festzustellen, die nach den VG Teil B 2.3 einen GdB von 0 bis 10 rechtfertigt. Nachdem Dr. M. in ihrer schriftlichen sachverständigen Zeugenaussage eine Funktionseinschränkung der Klägerin durch eine Migräne verneint hat, ist es nicht gerechtfertigt, den nach den VG vorgegebenen GdB-Bewertungsrahmen nach oben (GdB 10) auszuschöpfen. Dass es seit der schriftlichen sachverständigen Zeugenaussage von Dr. M. an das SG zu Veränderungen gekommen ist, die die von ihr im Berufungsverfahren vorgetragene Verschlimmerung plausibel macht, hat die Klägerin im Berufungsverfahren nicht behauptet. Das Vorbringen in der Berufungsbegründung zur Häufigkeit der Migräneattacken und der angeblich wenig wirksamen medikamentösen Therapie bezieht sich ersichtlich nicht auf eine neu eingetretene Entwicklung, weil weder ein Zeitpunkt für den Eintritt einer Änderung der Beschwerdesymptomatik genannt wird noch sonst diesbezüglich Ausführungen zur Aussage von Dr. M. gemacht werden und zudem eine fehlerhafte - bisherige - Bewertung gerügt wird, denn es sei eben doch von einer echten Migräne auszugehen. Zu näheren Ausführungen hierzu hätte für die Klägerin jedoch aufgrund des richterlichen Schreibens vom 15.04.2016 Anlass bestanden, in dem die Klägerin u.a. unter Bezug auf die schriftliche sachverständige Zeugenauskunft von Dr. M. vom 20.11.2014 darauf hingewiesen wurde, dass die Migräne die Erhöhung des GdB von 50 nicht rechtfertigen dürfte. Der Senat sieht sich deshalb nicht gedrängt, entsprechend dem Antrag der Klägerin von Dr. M. eine ergänzende sachverständige Zeugenaussage einzuholen, denn Dr. M. hat sich zu den Beweisfragen des SG umfassend und eindeutig geäußert. Allein die der Aussage der Ärztin widersprechende Behauptung der Klägerin belegt noch keine Notwendigkeit zur wiederholenden Zeugenbefragung, zumal kein Grund genannt wird, weshalb die Angaben der Ärztin unrichtig bzw. überholt sein sollten. Letztlich beruhen die Angaben des behandelnden Arztes zum Beschwerdeverlauf weitgehend auch auf den eigenen Angaben des behandelten Patienten, weshalb ein insoweit geändertes Vorbringen zur Begründung einer nochmaligen Beweisaufnahme durch Vernehmung eines bereits gehörten Zeugen einer gesonderten Begründung bedarf. Eine solche wurde trotz des richterlichen Hinweises vom 15.04.2016 nicht vorgelegt. Darüber hinaus sind Nachforschungen "ins Blaue hinein" durch die Amtsermittlungspflicht nicht geboten (ständige Rechtsprechung, vgl. BSG, Urteil vom 03.04.2003 - B 13 RJ 39/02 R, SozR 4-1300 § 31 Nr. 1; Urteil vom 05.04. 2001, SozR 3-2600 § 43 Nr. 25; BSG, Urteil vom 07.05.1998 - B 11 AL 81/97 R -, juris).
Eine wesentliche Verschlimmerung der im letzten Feststellungsbescheid mit einem Einzel-GdB von 20 berücksichtigten seelischen Störung kann bei der Klägerin nicht festgestellt werden. Nach dem im Entlassungsbericht des Reha-Zentrums Bad D. vom 19.09.2012 beschriebenen psychischen Aufnahmebefund wirkte die Klägerin leicht erschöpft bei leicht depressiver und trauriger euthymer Grundstimmung. Die Klägerin war jedoch im Kontakt zugewandt und gesprächsbereit. Ein Anhalt für Suizidalität, psychotisches Erleben oder gravierende Zwänge bestand nicht. Die Klägerin erschien bewusstseinsklar, gut orientiert. Inhaltliche oder formale Denkstörungen, mnestische Einschränkungen sowie ein auto- oder fremdaggressives Verhalten wurden ausgeschlossen. Der psychische Entlassungsbefund beschrieb eine Rückbildung der Erschöpfungsgefühle, eine zufriedenstellende Schlafqualität und eine Stimmung in guter Mittellage, mit den manchmal auftauchenden Schmerzen komme die Klägerin zurecht. Nach dem Bericht betreibt die Klägerin regelmäßig Sport, nimmt Freizeitaktivitäten und andere Ressourcen (Motorradfahren, Reisen, Oper, Ausstellungen) wahr und hat einen Freundeskreis. Dem entspricht im Wesentlichen auch der im Bericht von Dr. M. vom 23.10.2014 beschriebene psychische Befund, wobei Dr. M. im Rahmen der Befundbeschreibung darauf hinweist, dass ein Leidensdruck der Klägerin weniger aus psychiatrischen Gründen, als eher aufgrund der einfühlbaren realen Probleme bestehe. Danach sind bei der Klägerin weiterhin nur leichtere psychovegetative oder psychische Störungen festzustellen, die nach den VG Teil B 3.7 einen GdB mit 0 bis 20 rechtfertigen. Zudem ist nicht ersichtlich, dass sich die Klägerin wegen ihrer seelischen Störung in fachärztlicher Behandlung befindet. Vielmehr wird im Entlassungsbericht des Reha-Zentrums Bad D. vom 19.09.2012 eine frühere bzw. aktuelle Psychotherapie verneint. Auch die von der Klägerin als behandelnde Ärztin benannte Neurologin und Psychiaterin Dr. M. hat in ihrer schriftlichen sachverständigen Zeugenaussage vom 20.11.2014 über eine psychotherapeutische Behandlung nicht berichtet. Nach dem Befundbericht der Dr. M. vom 23.10.2014 stellte sich die Klägerin am 23.10.2014 (einmalig) in der Praxis unter der Diagnose einer Anpassungsstörung vor, wobei die psychischen Aspekte und Schwierigkeiten supportiv besprochen und gezielte Interventionen gegeben worden. Dass darüber hinaus eine psychiatrische Behandlung erfolgt ist, ist nicht ersichtlich und lässt sich dem Vorbringen der Klägerin nicht entnehmen. Zu Ausführungen hierzu hätte für die Klägerin jedoch aufgrund des richterlichen Schreibens vom 15.04.2016 Anlass bestanden, in dem die Klägerin u.a. auf die nachfolgend dargestellte Rechtsprechung des Senats hingewiesen wurde, wonach aufgrund der fehlenden ärztlichen Behandlung nicht davon ausgegangen werden kann, dass das diagnostizierte seelische Leiden der Klägerin über eine leichtere psychische Störung hinausgegangen ist und bereits eine stärker behindernde Störung im Sinne der GdB-Bewertungsgrundsätze darstellt (dazu vgl. Senatsurteil vom 17.12.2010 L 8 SB 1549/10, juris RdNr. 31). Ein entsprechender Leidensdruck der Klägerin, der bei einer stärker behindernden psychischen Störung zu erwarten wäre, findet sich nicht. Dass nicht von der Klägerin zu beeinflussende Faktoren, wie die Nichtgenehmigung der Behandlung seitens der Krankenkasse oder eine bestehende Wartezeit, eine psychiatrische, psychologische Behandlung bisher verhindert hätten, ist nicht ersichtlich. Damit ist auf psychischem Gebiet weiterhin von einem Einzel-GdB von 20 auszugehen. Mit diesem Einzel-GdB ist auch ein geltend gemachter Schwindel sowie ein geltend gemachtes Fibromyalgiesyndrom mit abgegolten. Nach dem Befundbericht der Dr. M. vom 18.11.2013 ist ein Drehschwindel der Klägerin dem psychosomatischen Beschwerdekomplex zuzuordnen. Außerdem sind wesentliche Folgen von Schwindelerscheinungen, die nach den VG Teil B 5.3 einen höheren GdB als 0 bis 10 rechtfertigen, durch die zu den Akten gelangten medizinischen Unterlagen nicht festzustellen. Die Auswirkungen einer Fibromyalgie bzw. einer somatoformen Schmerzstörung sind nach der Rechtsprechung des Senats entsprechend den Maßstäben der VG für psychovegetative oder psychische Störungen zu bewerten (z.B. Urteile vom 27.01.2012 - L 8 SB 768/11 - und vom 22.03.2013 - L 8 SB 4625/11 -), wovon auch die Klägerin ausgeht. Eine zusätzliche Berücksichtigung des Fibromyalgiesyndroms ist damit entgegen der Ansicht der Klägerin nicht gerechtfertigt. Zudem hat Dr. M. in ihrer schriftlichen sachverständigen Zeugenaussage vom 20.11.2014 von einem zielorientierten Vorgehen der Klägerin mit Rentenwunsch ohne wirklich vorliegende Gesundheitsstörungen berichtet. Damit kann eine wesentliche Änderung hinsichtlich psychovegetativer oder psychischer Störungen der Klägerin, die es rechtfertigt, den Einzel-GdB höher als 20 zu bewerten, entgegen der Ansicht der Klägerin nicht festgestellt werden. Zudem hat sich die Klägerin der von ihr gemäß § 109 SGG beantragten Begutachtung durch Dr. V. nicht gestellt und (durch ihren Prozessbevollmächtigten) den Antrag zurückgenommen.
Dass bei der Klägerin eine wesentliche Änderung von Funktionsbeeinträchtigungen der oberen und unteren Extremitäten (Kniegelenke beidseits, Fußfehlform, Hüftgelenke beidseits, Fingerpolyarthrose und Schultergelenk) eingetreten ist, lässt sich den zu den Akten gelangten medizinischen Befundunterlagen nicht entnehmen und kann damit nicht festgestellt werden. Vielmehr hat Dr. M. in seiner schriftlichen Zeugenaussage an das SG vom 05.01.2015 die Beschwerden der Klägerin als relativ konstant beschrieben, was gegen eine wesentliche Änderung spricht. Eine wesentliche Änderung von Funktionsbeeinträchtigungen der oberen und unteren Extremitäten hat die Klägerin im Übrigen im Berufungsverfahren auch nicht geltend gemacht.
Sonstige neu hinzugetretene oder verschlimmerte Gesundheitsstörungen, die mit einem Einzel-GdB zu berücksichtigen sind, sind bei der Klägerin nicht festzustellen. Insbesondere kann eine GdB-relevante Hörstörung nicht festgestellt werden. Nach den Befundberichten des HNO-Arztes Dr. K. vom 27.03.2014 und 10.04.213 besteht zwar ein sensorineuraler Hörverlust beidseits. Nach dem in den Befundberichten beschriebenen Befund besteht jedoch (sprachaudiometrisch) ein Gesamtwortverständnis von 100 % beidseits bei (unter) 60 dB, woraus sich nach den VG Teil B 5.2.1 (Tabelle nach Boenninghaus u. Röser 1973) noch kein GdB-relevanter Hörverlust der Klägerin feststellen lässt. Soweit Dr. K. in seinen Befundberichten von einer nach der Reintonaudiometrie gering- bis mittelgradigen Schwerhörigkeit beidseits ausgeht, ist hierauf bei der Bewertung des GdB nicht abzustellen. Maßgeblich bleibt vielmehr der sprachaudiometrische Befund (vgl. VG Teil B 5). Dafür dass hinsichtlich der von Dr. D. in seiner schriftlichen sachverständigen Zeugenaussage vom 19.11.2014 genannten weiteren Gesundheitsstörungen der Klägerin (insbesondere hinsichtlich der Schilddrüse, der gynäkologischen Gesundheitsstörungen, einer Gesundheitsstörung des Auges und des Stoffwechsels, Gesundheitsstörungen auf HNO- ärztlichem sowie urologischem Fachgebiet sowie sonstige Gesundheitsstörungen) nach den VG GdB-relevante Beeinträchtigungen bei der Klägerin bestehen, ist nichts ersichtlich. Soweit Dr. D. angibt, durch die Vielzahl der genannten Erkrankungen sei die Klägerin anhaltend gesundheitlich eingeschränkt, hat der Beklagte den gesundheitlichen Einschränkungen mit dem festgestellten GdB von 50 angemessen Rechnung getragen. Gesichtspunkte, die einen höheren GdB rechtfertigen, lassen sich der schriftlichen sachverständigen Zeugenaussage von Dr. D. nicht entnehmen und können auch nach den sonst zu den Akten gelangten medizinischen Befundunterlagen nicht festgestellt werden. Im Übrigen hat sich die Klägerin hinsichtlich der vorstehend von Dr. D. genannten Gesundheitsstörungen auf zu berücksichtigende Beeinträchtigungen nicht berufen. Der Senat sieht sich deshalb hierzu zu weiteren Ermittlungen von Amts wegen "ins Blaue hinein" nicht gedrängt.
Anlass zu weiteren Ermittlungen besteht daher nicht. Der Sachverhalt ist durch die vom SG durchgeführten Ermittlungen und die zu den Akten gelangten medizinischen Befundunterlagen vollständig aufgeklärt und vermitteln dem Senat die für die richterliche Überzeugungsbildung notwendigen sachlichen Grundlagen (§ 118 Abs. 1 Satz 1 SGG, § 412 Abs. 1 ZPO). Der medizinisch festgestellte Sachverhalt bietet die Basis für die alleine vom Senat vorzunehmende rechtliche Bewertung des GdB unter Einschluss der Bewertung der sich zwischen den einzelnen Erkrankungen und Funktionsbehinderungen ergebenden Überschneidungen und Wechselwirkungen. Gesichtspunkte, durch die sich der Senat zu weiteren Ermittlungen gedrängt fühlen müsste, hat die Klägerin im Berufungsverfahren nicht aufgezeigt.
Die Berufung der Klägerin war daher zurückzuweisen.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Gründe für die Zulassung der Revision liegen nicht vor.
Rechtskraft
Aus
Login
BWB
Saved