L 9 U 166/15

Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Unfallversicherung
Abteilung
9
1. Instanz
SG Heilbronn (BWB)
Aktenzeichen
S 4 U 2598/13
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 9 U 166/15
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Berufung des Klägers gegen den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Heilbronn vom 1. Dezember 2014 wird zurückgewiesen.

Außergerichtliche Kosten sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten.

Tatbestand:

Zwischen den Beteiligten ist die Anerkennung einer Berufskrankheit (BK) nach Nr. 2301 der Anlage 1 zur Berufskrankheitenverordnung (BKV) streitig.

Der am 1963 geborene Kläger ist seit dem Jahr 1981 bei der Firma M. + H. GmbH beschäftigt. Von 1981 bis 2007 war er dort als Produktionsmitarbeiter in der Blechluftfilterfertigung und seit Juni 2007 als Produktionsmitarbeiter in der Kleinserienfertigung eingesetzt. Seit September 2016 ist der Kläger arbeitsunfähig erkrankt.

Der Klägervertreter zeigte der Beklagten unter dem 24.09.2009 den Verdacht auf das Vorliegen einer BK an. In der Stellungnahme Arbeitsplatzexposition vom 03.05.2010 wurde eine Lärmgefährdung im Sinne der BK Nr. 2301 über ca. 26 Jahre von 1981 bis 2007 angenommen. Bei der Ermittlung der beruflichen Lärmeinwirkung ergab sich für die Zeit vom 09.03.1981 bis 30.05.2007 ein Lärmexpositionspegel von 88 dB(A) und für die Zeit vom 31.05.2007 bis 30.04.2010 von 80 dB(A). Eine Lärmgefährdung im Sinne der BK Nr. 2301 liege vor. Die arbeitstechnischen Voraussetzungen für eine BK Nr. 2301 seien erfüllt. Die Beklagte veranlasste dann eine Begutachtung des Klägers durch den Hals-Nasen-Ohren-Arzt Dr. J., der in seinem Gutachten vom 23.05.2010 zu der Einschätzung gelangte, dass eine beruflich bedingte Lärmschwerhörigkeit nicht vorliege. Die Hörverluste seien ausgeprägt seitendifferent, tieftonbedingte Hörverluste bestünden beiderseitig, vor allem aber rechts und seien in dieser Höhe nur zu erwarten bei extremer Lärmbelastung sowohl die Lärmintensität als auch die Gesamtexpositionsdauer betreffend. Entscheidend sei, dass eine kochleäre Läsion durch alle diesbezüglichen Tests nicht nachzuweisen sei; dies gelte auch für die als objektive Prüfmethode zu bezeichnende Stapediusreflexmessung. Trotz des Vorliegens der arbeitstechnischen Voraussetzungen könne der Lärm am Arbeitsplatz nicht für die bestehenden Hörverluste maßgeblich verantwortlich gemacht werden. Die Minderung der Erwerbsfähigkeit (MdE) durch den nicht BK-bedingten Hörverlust betrage 30 v.H.

Mit Bescheid vom 20.07.2010 lehnte die Beklagte den Antrag auf Anerkennung einer BK nach Nr. 2301 der Anlage 1 zur BKV ab. Ansprüche auf Leistungen bestünden nicht. Dies gelte auch für Leistungen oder Maßnahmen, die geeignet seien, dem Entstehen einer Berufskrankheit entgegenzuwirken. Zwar könne aufgrund der stattgehabten Lärmbelastung ein lärmbedingter Anteil an der gesamten Schwerhörigkeit nicht ausgeschlossen werden. Eine sichere Abgrenzung dieses möglicherweise vorliegenden lärmbedingten Anteils von der lärmunabhängigen Schwerhörigkeit sei jedoch anhand der vorliegenden Befunde nicht möglich. Daher komme nicht dem möglicherweise vorliegenden berufslärmbedingten Hörverlustanteil, sondern den anlagebedingten, lärmunabhängigen Faktoren die überwiegende Bedeutung an der bestehenden Schwerhörigkeit zu. Versicherungsrechtlich sei daher nur die lärmunabhängige Ursache als rechtlich wesentliche Ursache der gesamten Schwerhörigkeit anzusehen.

Den hiergegen eingelegten Widerspruch wies die Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 10.11.2010 zurück. Der Bescheid wurde nicht angefochten.

Mit Schreiben vom 05.09.2011 und 05.03.2013 beantragte der Kläger eine Überprüfung der Entscheidung der Beklagten; die Hörverluste seien nach wie vor auf die Lärmexposition zurückzuführen.

Mit Bescheid vom 26.03.2010 in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 09.07.2013 lehnte die Beklagte es ab, den Bescheid vom 20.07.2010 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 10.11.2010 nach § 44 Zehntes Buch Sozialgesetzbuch (SGB X) zurückzunehmen, da dessen Voraussetzungen nicht vorlägen. Im Hinblick auf die in der Vergangenheit bereits durchgeführte umfangreiche gutachterliche Untersuchung durch Dr. J. und die bestandskräftigen Bescheide ergäben sich weder in rechtlicher noch medizinischer Hinsicht neue Erkenntnisse oder Hinweise, die geeignet sein könnten, Zweifel an der Rechtmäßigkeit der Entscheidung zu begründen.

Hiergegen hat der Kläger am 26.07.2013 Klage beim Sozialgericht Heilbronn (SG) erhoben mit dem Antrag, die Beklagte zu verurteilen, die BK nach Nr. 2301 der Anlage 1 zur BKV festzustellen und eine Verletztenrente nach einer MdE von 30 v.H. zu gewähren. Zur Begründung hat er vorgetragen, in dem von der Beklagten eingeholten Gutachten sei kein Wort über die Ursache des differenten Hörverlustes zu finden. Er sei über Jahrzehnte hinweg einer extremen Lärmbelastung ausgesetzt gewesen. Auch die Beklagte habe die arbeitstechnischen Voraussetzungen bejaht. Der Gutachter habe eine Haarzellenschädigung verneint und spekuliert, dass eine anlagebedingte Innenohrschwerhörigkeit oder ein degenerativer Prozess vorliege. Eine Mitverursachung durch den am Arbeitsplatz herrschenden extremen Lärm genüge aber, um eine BK nach Nr. 2301 der Anlage 1 zur BKV festzustellen. Die MdE von 30 v.H. ergebe sich aus dem Gutachten von Dr. J ...

Im Rahmen der Beweisaufnahme hat das SG den behandelnden Hals-Nasen-Ohren-Arzt Dr. S. schriftlich als sachverständigen Zeugen vernommen, ein Vorerkrankungsverzeichnis der m. Betriebskrankenkasse beigezogen und den Hals-Nasen-Ohren-Arzt Dr. R. mit Erstattung eines Gutachtens beauftragt. Dr. S. hat unter dem 04.12.2013 mitgeteilt, den Kläger seit Juni 2007 zu behandeln. Damals sei eine geringgradige Innenohrschwerhörigkeit links und eine gering- bis mittelgradige Innenohrschwerhörigkeit rechts festzustellen gewesen. Aufgrund des asymmetrischen Hörvermögens habe er keinen direkten Zusammenhang zur Arbeit im Lärm gesehen. Er habe eher einen degenerativen Prozess im Innenohr vermutet. Weitere Vorstellungen seien im Jahr 2009 und 2013 erfolgt. Dr. S. hat seiner Auskunft ein Sprachaudiogramm vom 07.08.2009 sowie Tonaudiogramme vom 12.06.2007, 03.02.2009 und 17.09.2013 beigefügt. Wegen des Vorerkrankungsverzeichnisses vom 21.01.2014 wird auf Blatt 33/38 der SG-Akte Bezug genommen. In seinem Gutachten vom 19.02.2014 hat Dr. R. eine knapp hochgradige Schwerhörigkeit links und eine knapp an Taubheit grenzende Schwerhörigkeit rechts diagnostiziert. Die Lärmexposition sei grundsätzlich geeignet, lärmbedingte Hörschädigungen zu verursachen. Die theoretisch denkbaren gesundheitsschädigenden Auswirkungen seien jedoch hinsichtlich lärmtypischer Symptome in den vorhandenen Untersuchungsbefunden wie Hörschwellenverlauf, Schweregrad der Hörstörung, Symmetrie der Befunde und Progredienzverhalten nach Beendigung der Lärmexposition in den festzustellenden Dokumentationen nicht zu erkennen. Die feststehenden beruflichen Einwirkungen seien daher nicht geeignet, die Schwerhörigkeit des Klägers zu verursachen. Die Progredienz der Hörstörung seit Beginn der audiologischen Erfassung (2007) bei gleichzeitiger Beendigung der potentiell gehörschädigenden Lärmexposition spreche für das Einsetzen von degenerativen Vorgängen in beiden Hörorganen mit Überwiegen auf der rechten Seite, wobei der zeitliche Beginn der Entwicklung schon vor dem Jahr 2007 angesetzt werden müsse. Da typische Symptomzeichen nicht verlässlich festzustellen seien und der Entwicklungsverlauf der Hörstörung für endogen degenerativ entstandene Krankheitsvorgänge als Schadensursache spreche, trete die berufliche Tätigkeit des Klägers als potentielle Bedingung zur Entwicklung der festzustellenden beiderseitigen asymmetrischen Hörstörung in ihrer quantitativen Wirksamkeit für die Entstehung oder nicht nur vorübergehende Verschlimmerung der Erkrankung des Klägers völlig in den Hintergrund. Daher sei auch keine MdE zu bestimmen. In einer ergänzenden Stellungnahme vom 12.07.2014 hat der Gutachter an seiner Einschätzung festgehalten.

Nach vorheriger Anhörung hat das SG die Klage mit Gerichtsbescheid vom 01.12.2014 abgewiesen. Hinsichtlich der vom Kläger begehrten Verletztenrente habe die Beklagte im Verwaltungsverfahren nicht konkret geprüft, ob Leistungen aus der gesetzlichen Unfallversicherung zu erbringen seien, sondern nur pauschal entschieden, dass Ansprüche auf Leistungen nicht bestünden. Insoweit sei die Klage bereits unzulässig. Ungeachtet der Zweifel an der Zulässigkeit der Klage hinsichtlich der vom Kläger geltend gemachten Verletztenrente sei die im Übrigen zulässige Klage in jedem Falle unbegründet. Die - näher dargelegten - Voraussetzungen für die Anerkennung der BK Nr. 2301 der Anlage 1 zur BKV lägen nicht vor. Dies stehe zur Überzeugung der Kammer aufgrund der schlüssigen und nachvollziehbaren Ausführungen von Dr. R. fest. Der Kläger leide zwar an einer knapp hochgradigen Schwerhörigkeit links und einer knapp an Taubheit grenzenden Schwerhörigkeit rechts, diese sei jedoch nicht mit der erforderlichen Wahrscheinlichkeit auf die Lärmexposition während der beruflichen Tätigkeit des Klägers zurückzuführen. Beim Kläger ließen sich keine typischen Zeichen einer Lärmschwerhörigkeit nachweisen. Auch spreche der Entwicklungsverlauf der Hörstörung für endogen degenerativ entstandene Krankheitsvorgänge als Schadensursache. Die Beeinträchtigungen des Klägers wiesen daher eher auf eine genetisch bedingte Störung hin. Der Kläger habe demnach keinen Anspruch auf die Anerkennung einer BK nach Nr. 2301 der Anlage 1 zur BKV.

Gegen den ihm am 08.12.2014 zugestellten Gerichtsbescheid hat der Kläger am 29.12.2014 Berufung beim SG eingelegt. Zur Berufungsbegründung hat er vorgetragen, aus seiner Sicht seien die Kausalreihen, auch nach Erstattung zweier Gutachten, nicht genau erfassbar. Die Gutachter stellten Erwägungen an, die zu einem negativen Ergebnis für ihn führten, sich aber über die Ursache der Schwerhörigkeit ausschwiegen. Seien die Kausalreihen nicht erfassbar, so sei nach der arbeitsmedizinischen Fachliteratur (Schönberger/Mehrtens/Valentin, Arbeitsunfall und Berufskrankheit, 8. Aufl., S. 355) der gesamte Gesundheitsschaden einheitlich zu bewerten, weil sich die Einwirkungen untrennbar gegenseitig beeinflussten und sie das Hörorgan gleichlaufend befielen. Im Falle des Klägers liege deshalb möglicherweise eine Kombination vor. In diesem Falle seien beide Einwirkungen, sowohl die endogene Einwirkung als auch die Lärmeinwirkung, in ihrer Beziehung zur Schwerhörigkeit zu bewerten. Nachdem der Kläger über 27 Jahre am Arbeitsplatz einer Lärmgefährdung ausgesetzt gewesen sei, überwiege die Einwirkung durch den Lärm am Arbeitsplatz. Was die Symmetrie angehe, weise die Lärmschwerhörigkeit im Tonaudiogramm grundsätzlich ein symmetrisches Bild auf. Dies müsse aber nicht sein. Differenzen kämen im Hochtonbereich eher vor als im mittleren Frequenzbereich.

Der Kläger beantragt,

den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Heilbronn vom 1. Dezember 2014 aufzuheben und die Beklagte unter Aufhebung des Bescheids vom 26. März 2013 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 9. Juli 2013 zu verurteilen, den Bescheid vom 20. Juli 2010 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 10. November 2010 aufzuheben, das Vorliegen einer Berufskrankheit nach Nr. 2301 der Anlage 1 zur BKV anzuerkennen und ihm eine Verletztenrente nach einer MdE von 30 v.H. zu gewähren.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Sie verweist auf den Inhalt der vorgelegten Akten, ihren Vortrag in der ersten Instanz und die Entscheidungsgründe des angefochtenen Gerichtsbescheides.

Auf Antrag und Kostenrisiko des Klägers hat der Senat den Hals-Nasen-Ohren-Arzt und Neurootologen Dr. H. mit der Erstattung eines Gutachtens beauftragt. Nach Untersuchung des Klägers am 23.12.2015 hat dieser in seinem Gutachten vom 13.10.2016 ausgeführt, bei dem Kläger bestünden eine chronische Bronchitis, Asthma, eine akute und chronische Sinusitis, ein Emphysem der Kieferhöhle, ein Tubenkatarrh, eine wechselhafte Mittelohrstörung rechts, schwere depressive Episoden, Tinnitus, der Verdacht auf Schlafapnoe und ein HWS-Syndrom. Seine Messergebnisse stimmten mit den Messergebnissen der Vorgutachter vollständig überein, so wie auch deren Ergebnisse und Beurteilungen untereinander übereinstimmten. Danach lasse sich der wesentliche Teil der Schwerhörigkeit des Klägers mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit ursächlich nicht auf die berufliche Lärmexposition zurückführen. Eine BK Nr. 2301 der Anlage 1 zur BKV könne nicht angenommen werden. Als bekannte Risikofaktoren, die bei dem Kläger für die nachgewiesene Innenohrschädigung mitverantwortlich sein dürften, müssten sowohl ein HWS-Syndrom, ein hoher Blutdruck, eine mögliche Schlafapnoe als auch die chronische Nasennebenhöhlenentzündung angeführt werden. Eine endogene progrediente Innenohrschädigung, wie von den Vorgutachtern angeführt, sei auch eine Möglichkeit zur Erklärung der bei dem Kläger vorliegenden Innenohrschwerhörigkeit.

Die Berichterstatterin des Senats hat am 30.01.2017 einen Termin zur Erörterung des Sachverhaltes durchgeführt; im Rahmen dessen haben sich die Beteiligten mit einer Entscheidung ohne mündliche Verhandlung einverstanden erklärt.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts sowie des Vorbringens der Beteiligten wird auf den Inhalt der beigezogenen Verwaltungsakte der Beklagten sowie der Gerichtsakten beider Instanzen Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

Die form- und fristgemäß eingelegte Berufung des Klägers, über die der Senat im Einverständnis der Beteiligten ohne mündliche Verhandlung gemäß § 124 Abs. 2 Sozialgerichtsgesetz (SGG) entschieden hat, ist zulässig. Berufungsausschließungsgründe nach § 144 SGG liegen nicht vor.

Die Berufung ist jedoch nicht begründet

Das SG hat die Klage, soweit sie auf die Gewährung von Leistungen aus der gesetzlichen Unfallversicherung, insbesondere einer Verletztenrente gerichtet ist, zu Recht bereits als unzulässig abgewiesen. Die Beklagte hat mit dem angefochtenen Bescheid vom 26.03.2013 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 09.07.2014 allein den Bescheid vom 20.07.2010 nach § 44 SGB X überprüft. In dem Bescheid vom 20.07.2010 hat die Beklagte keine Entscheidung über konkrete Leistungen aus der gesetzlichen Unfallversicherung (Behandlungskosten, Verletztengeld, -rente etc.) getroffen, soweit sie - pauschal - ausgeführt hat, Ansprüche auf Leistungen bestünden nicht. Denn die Beklagte hat vor dem Hintergrund der Ablehnung einer BK keine nähere Prüfung hinsichtlich konkreter Leistungen, die bei Anerkennung einer BK zu gewähren wären, vorgenommen (BSG, Urteil vom 07.09.2004, B 2 U 45/03 R und vom 30.10.2007, B 2 U 29/06 R, Juris). Eine nach § 44 SGB X zu prüfende Entscheidung liegt daher hinsichtlich der Gewährung von Verletztenrente nicht vor.

Hinsichtlich des Antrags auf Feststellung der BK Nr. 2301 hat das SG die Klage zu Recht als unbegründet abgewiesen.

Rechtsgrundlage des klägerischen Begehrens auf Rücknahme des Bescheids vom 20.07.2010 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 10.11.2010 ist § 44 SGB X. Nach dessen Abs. 1 Satz 1 ist ein Verwaltungsakt, auch nachdem er unanfechtbar geworden ist, mit Wirkung für die Vergangenheit zurückzunehmen, soweit sich im Einzelfall ergibt, dass bei seinem Erlass das Recht unrichtig angewandt oder von einem Sachverhalt ausgegangen worden ist, der sich als unrichtig erweist, und soweit deshalb Sozialleistungen zu Unrecht nicht erbracht oder Beiträge zu Unrecht erhoben worden sind. § 44 SGB X ist vorliegend auch anwendbar, soweit der Kläger die Überprüfung und Anerkennung der abgelehnten BK Nr. 2301 begehrt, obwohl durch die Ablehnung der Anerkennung im Bescheid vom 20.07.2010 nicht unmittelbar "Sozialleistungen zu Unrecht nicht erbracht worden sind", wie dies § 44 Abs. 1 Satz 1 SGB X voraussetzt. Da es bei der Anerkennung einer BK letztendlich jedoch ebenfalls um Leistungsansprüche geht, ist § 44 SGB X hier anzuwenden (LSG Baden-Württemberg, Urteil vom 25.09.2014, L 10 U 1507/12, Juris, Senatsurteil vom 14.04.2005, L 9 U 5036/12, nicht veröffentlicht; so auch für die streitige Feststellung eines Arbeitsunfalls Bundessozialgericht (BSG), Urteil vom 05.09.2006, B 2 U 24/05 R, Juris).

Der Kläger hat keinen Anspruch auf Anerkennung einer BK Nr. 2301.

BKen sind nach § 9 Abs. 1 Satz 1 Siebtes Buch Sozialgesetzbuch (SGB VII) Krankheiten, die die Bundesregierung durch Rechtsverordnung mit Zustimmung des Bundesrats als BKen bezeichnet und die Versicherte in Folge einer den Versicherungsschutz nach den §§ 2, 3 oder 6 SGB VI begründenden Tätigkeiten erleiden. Die Bundesregierung ist ermächtigt, in der Rechtsverordnung solche Krankheiten als BKen zu bezeichnen, die nach den Erkenntnissen der medizinischen Wissenschaft durch besondere Einwirkungen verursacht sind, denen bestimmte Personengruppen durch ihre versicherte Tätigkeit in erheblich höherem Grade als die übliche Bevölkerung ausgesetzt sind (§ 9 Abs. 1 Satz 2 SGB VII). Von dieser Ermächtigung hat die Bundesregierung durch Erlass der BKV Gebrauch gemacht. Gemäß Nr. 2301 der Anlage 1 zur BKV zählt hiernach Lärmschwerhörigkeit als BK.

Für die Feststellung einer Listen-BK ist erforderlich, dass die Verrichtung einer grundsätzlich versicherten Tätigkeit (sachlicher Zusammenhang) zu Einwirkungen von Belastungen, Schadstoffen oder ähnlichem auf den Körper geführt hat (Einwirkungskausalität) und dass eine Krankheit vorliegt, die durch die Einwirkungen verursacht worden ist (haftungsbegründende Kausalität). Dabei müssen die Krankheit, die versicherte Tätigkeit und die schädigenden Einwirkungen einschließlich deren Art und Ausmaß im Sinne des Vollbeweises, also mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit, nachgewiesen werden, wohingegen für die Ursachenzusammenhänge die hinreichende Wahrscheinlichkeit genügt. Eine hinreichende Wahrscheinlichkeit ist dann anzunehmen, wenn bei vernünftiger Abwägung aller wesentlicher Gesichtspunkte des Einzelfalls mehr für als gegen den Ursachenzusammenhang spricht, wobei dieser nicht schon dann wahrscheinlich ist, wenn er nicht auszuschließen oder nur möglich ist (BSG, Urteil vom 18.01.2011, B 2 U 5/10, Juris). Kann ein behaupteter Sachverhalt nicht nachgewiesen oder der ursächliche Zusammenhang nicht wahrscheinlich gemacht werden, so geht dies nach dem Grundsatz der objektiven Beweislast zu Lasten des Beteiligten, der aus diesem Sachverhalt Rechte ableitet, bei den anspruchsbegründenden Tatsachen somit zu Lasten des jeweiligen Klägers (BSG, Urteil vom 27.06.1991, 2 RU 31/90, Juris).

Diese Voraussetzungen für die Anerkennung einer BK Nr. 2301 sind im vorliegenden Fall nicht erfüllt.

Die BK Nr. 2301 der Anlage 1 zur BKV ist sowohl hinsichtlich der Erkrankung (Schwerhörigkeit) als auch der geeigneten Einwirkung (Lärm) konkreter gefasst, kann aber gleichwohl vom Wortlaut her nicht exakt definiert werden. Das BSG weist aber im Urteil vom 12.04.2005 (B 2 U 6/04 R, Juris) darauf hin, dass sowohl in der Begründung für die Einführung dieser BK im Jahre 1929 als auch im Merkblatt des Bundesministeriums für Arbeit und Sozialordnung zur BK Nr. 2301 vom 01.01.1977 erläutert wird, dass Lärm Schall ist, der das Gehör schädigen kann. Darüber hinaus lässt sich aus den vom BSG wörtlich zitierten Ausführungen im Merkblatt vom 01.01.1977 ("bei einem Beurteilungspegel von 90 dB(A) und mehr sowie andauernder Einwirkung besteht für einen beträchtlichen Teil der Betroffenen die Gefahr einer Hörschädigung. Gehörschäden können jedoch bereits durch einen Lärm verursacht werden, dessen Beurteilungspegel den Wert von 85 dB(A) erreicht oder überschreitet") ableiten, dass der Begriff der Lärmschwerhörigkeit die durch einen gewissen Zeitraum andauernder Lärmbelastung in bestimmter Höhe hervorgerufene Schwerhörigkeit meint. Dies gilt auch nach der Veröffentlichung des den aktuellen wissenschaftlichen Erkenntnisstand wiedergebenden Merkblatts des Bundesministeriums für Arbeit und Soziales (BMAS) zur BK Nr. 2301 zum 01.07.2008 (Merkblatt zur Lärmschwerhörigkeit [Bek. des BMAS vom 01.07.2008, GMBl. 2008, 798 bis 800], abgedruckt in Mehrtens/Brandenburg, Die Berufskrankheitenverordnung, Stand Mai 2016, M 2301), in welchem es heißt: "bei einem Tages-Lärmexpositionspegel von mehr als 90 dB(A) und lang andauernder Einwirkung besteht für einen beträchtlichen Teil der Betroffenen die Gefahr einer Gehörschädigung. Gehörschäden werden auch bereits durch langjährigen Lärm verursacht, dessen Tages-Lärmexpositionspegel den Wert von 85 dB(A) erreicht oder überschreitet."

Hiervon ausgehend stellt der Senat auf der Grundlage der Stellungnahme zur Arbeitsplatzexposition des Präventionsdienstes der Beklagten vom 03.05.2010 fest, dass der Kläger im Rahmen seiner beruflichen und bei der Beklagten versicherten Tätigkeit jedenfalls in der Zeit von März 1981 bis Mai 2007 einem Beurteilungspegel von mehr als 85 dB(A), konkret 88 dB(A), und damit einer das Gehör potentiell schädigenden Lärmeinwirkung ausgesetzt war. Seit dem 31.05.2007 ist der Kläger lediglich einem Pegel von 80 dB(A) und damit nicht mehr potentiell schädigendem Lärm ausgesetzt. Die arbeitstechnischen Voraussetzungen für die Anerkennung einer BK Nr. 2301 liegen damit vor.

Dass die Schwerhörigkeit des Klägers mit hinreichender Wahrscheinlichkeit rechtlich wesentlich durch die beruflich bedingte Lärmeinwirkung verursacht oder verschlimmert worden ist, kann aufgrund der schlüssigen und überzeugenden Gutachten des Dr. J. vom 19.05.2010, das der Senat im Wege des Urkundenbeweises verwertet, des Dr. R. vom 19.02.2014 und des Dr. H. vom 13.10.2016 aber nicht angenommen werden.

Für den Ursachenzusammenhang zwischen Einwirkung und Erkrankung im Berufskrankheitenrecht gilt, wie auch sonst in der gesetzlichen Unfallversicherung, die Theorie der wesentlichen Bedingung, die das BSG in der Entscheidung vom 09.05.2006 (B 2 U 1/05 R, Juris) zusammengefasst dargestellt hat. Die Theorie der wesentlichen Bedingung hat zur Ausgangsbasis die naturwissenschaftlich-philosophische Bedingungstheorie, nach der Ursache eines Erfolges jedes Ereignis ist, das nicht hinweg gedacht werden kann, ohne dass der Erfolg entfiele (conditio sine qua non). Aufgrund der Unbegrenztheit der Bedingungstheorie werden im Sozialrecht als rechtserheblich aber nur solche Ursachen angesehen, die wegen ihrer besonderen Beziehung zum Erfolg zu dessen Eintritt wesentlich mitgewirkt haben. "Wesentlich" ist nicht gleichzusetzen mit "gleichwertig" oder "annähernd gleichwertig". Auch eine nicht annähernd gleichwertige, sondern rechnerisch verhältnismäßig niedriger zu bewertende Ursache kann für den Erfolg rechtlich wesentlich sein, solange die andere(n) Ursache(n) keine überragende Bedeutung hat (haben). Gesichtspunkt für die Beurteilung der Wesentlichkeit einer Ursache sind insbesondere die versicherte Ursache bzw. das Ereignis als solches, einschließlich der Art und des Ausmaßes der Einwirkung, konkurrierende Ursachen unter Berücksichtigung ihrer Art und ihres Ausmaßes, der zeitliche Ablauf des Geschehens und Befunde und Diagnosen der erstbehandelnden Ärzte sowie die gesamte Krankheitsgeschichte. Trotz dieser Ausrichtung am individuellen Versicherten ist der Beurteilung des Ursachenzusammenhangs im Einzelfall der aktuelle wissenschaftliche Erkenntnisstand über die Ursachenzusammenhänge zwischen Einwirkung und Gesundheitsschäden zugrunde zu legen. Beweisrechtlich ist zu beachten, dass der Ursachenzusammenhang nach der Theorie der wesentlichen Bedingung positiv festgestellt werden muss und hierfür hinreichende Wahrscheinlichkeit genügt, nicht jedoch die bloße Möglichkeit. Abweichend von einem Arbeitsunfall mit einem zeitlich begrenzten Ereignis, das oftmals relativ eindeutig die allein wesentliche Ursache für einen als Unfallfolge geltend gemachten Gesundheitsschaden ist, ist die Beurteilung des Ursachenzusammenhangs bei BKen in der Regel schwieriger. Angesichts der multifaktoriellen Entstehung vieler Erkrankungen, der Länge der zu berücksichtigenden Zeiträume und des Fehlens eines typischerweise durch berufliche Einwirkungen verursachten Krankheitsbildes bei vielen BKen stellt sich letztlich oft nur die Frage nach einer wesentlichen Mitverursachung der Erkrankung durch die versicherten Einwirkungen (BSG, Urteil vom 27.06.2006, B 2 U 7/05 R, Juris). Ist aber die Abgrenzung eines lärmbedingten Anteiles der Schwerhörigkeit nicht sicher möglich, so muss nach der Kausalitätslehre der wesentlichen Bedingung entschieden werden, ob die Lärmeinwirkung die wesentliche Bedingung für die Entstehung der Schwerhörigkeit war. Nur diese Bedingung gilt dann als Ursache der gesamten medizinisch nicht näher abgrenzbaren Schwerhörigkeitsanteile (vgl. Empfehlungen für die Begutachtung der Lärmschwerhörigkeit - Königsteiner Empfehlung, 5. Auflage 2012, 4.2, abgedruckt in Mehrtens/Brandenburg, Die Berufskrankheitenverordnung, a.a.O.).

Unter Berücksichtigung dieser Grundsätze liegen hinreichende Anhaltspunkte für einen kausalen Zusammenhang zwischen den festzustellenden Lärmeinwirkungen und dem vorliegenden Krankheitsbild, der Hörminderung, nicht vor. Das Vorliegen einer geeigneten Lärmeinwirkung ist für die Annahme der Wahrscheinlichkeit eines solchen Zusammenhangs keinesfalls ausreichend. Denn eine Schwerhörigkeit kann das Symptom vieler teilweise unerklärbarer Krankheiten sein. Bestimmte Gesundheitsstörungen können allein Innenohrschwerhörigkeit hervorrufen, aber auch die Entstehung einer Lärmschwerhörigkeit begünstigen (Schönberger/Mehrtens/Valentin, 9. Aufl., 2017, S. 344). Ein Zusammenhang zwischen der arbeitsbedingten Lärmexposition und der Schwerhörigkeit kann daher nur dann als wahrscheinlich angenommen werden, wenn mehr Gesichtspunkte dafür als dagegen sprechen. Gemäß der Königsteiner Empfehlung, die den Charakter allgemeiner Erfahrungssätze hat (vgl. BSG, Urteil vom 02.05.2002, B 2 U 24/00 R; LSG Baden-Württemberg, Urteil vom 21.03.2012, L 2 U 4996/10, m.w.N., Juris), spricht für die Annahme des Ursachenzusammenhangs zwischen der arbeitsbedingten Lärmexposition und der Schwerhörigkeit, wenn sich die Hörstörung während der Lärmexposition entwickelt hat, es sich um eine reine Innenohrschwerhörigkeit (Hörstörung der Sinneszellen des Innenohrs) mit Betonung des Hörverlustes in den hohen Frequenzen (c5-senke) handelt (siehe auch Feldmann/Brusis, Das Gutachten des Hals-Nasen-Ohren-Arztes", 7. Auflage 2012, S. 268 ff.) und wenn das Ausmaß und die Entwicklung der Hörstörung im adäquaten Verhältnis zur Lärmeinwirkung stehen.

Nach den vorliegenden - übereinstimmenden - Gutachten ist das Krankheitsbild der beim Kläger diagnostizierten Schwerhörigkeit nicht mit demjenigen einer Lärmschwerhörigkeit vereinbar. Bei dem Kläger besteht ausweislich des Gutachtens von Dr. R. eine beiderseitige Schallempfindungsschwerhörigkeit, die links knapp hochgradig ausgeprägt ist und rechts knapp an Taubheit grenzt.

Gegen das Vorliegen einer Lärmschwerhörigkeit spricht zunächst der Verlauf der Tonschwellenkurven, der nicht typisch für eine Lärmschwerhörigkeit ist. Eine typische Tonschwellenkurve bei beginnender Lärmschwerhörigkeit ist unter anderem durch die sog. c5-Senke charakterisiert; die Kurve zeigt dabei im Frequenzbereich um 4000 Hz eine Knickbildung und steigt nach Erreichen des maximalen Hörverlustes wieder an (vgl. Feldmann/Brusis, a.a.O., S. 274). Nach länger dauernder Lärmbelastung kann sich die Senke dann vertiefen oder verbreitern (Schönberger/Mehrtens/Valentin, a.a.O., S. 352). Eine solche Senke fehlt indessen insbesondere im ersten Audiogramm vom 12.06.2007 (Bl. 42 der Verwaltungsakte), welches am Ende der gesamten Lärmexpositionszeit (bis 30.05.2007) aufgezeichnet wurde. Wie Dr. R. nachvollziehbar darlegt, fehlt eine zumindest verbreiterte typische c5-Senke in diesem Tonaudiogramm. Stattdessen findet sich ein flach abfallender Verlauf der Hörschwellenkurve, die auf der rechten Seite zudem noch eine deutliche Schallleitungskomponente im tiefen wie auch im hohen Frequenzbereich aufweist. Vergleichbare Befunde sind, wie Dr. R. darlegt, im Audiogramm vom 03.02.2009 dargestellt, in dem ebenfalls keine c5-Senke zu erkennen ist, aber bereits eine Tendenz zur Progredienz mit Zunahme der Hörverluste. Bei dem Audiogramm vom 07.08.2009 kann beidseits eine Kurvenform im Bereich von 4 kHz beobachtet werden, die als verbreiterte c5-Senke angesehen werden könnte. Die bei einer beginnenden Lärmschwerhörigkeit zwingend zu erwartende c5-Senke ist daher nicht dokumentiert.

Wenngleich eine strenge Symmetrie "nicht zum Dogma erhoben werden" darf (Feldmann/Brusis, a.a.O., S. 274), spricht doch die fehlende Symmetrie der Kurven des Tonaudiogramms gegen eine lärmbedingte Schwerhörigkeit. Dr. J. und Dr. R. stellen die ausgeprägt seitendifferent ausgeprägten Hörverluste anhand der von ihnen jeweils erhobenen Befunde und in Auswertung der ihnen vorliegenden Tonaudiogramme vom 12.06.2007, 03.02.2009, 07.08.2009, 19.05.2010 und 17.09.2013 anschaulich und überzeugend dar. So war bei der Begutachtung durch Dr. R. am 18.02.2014 links ein prozentualer Hörverlust (nach der Tabelle Röser 1980) von 65 % und rechts von 85 % zu ermitteln. Diese ausgeprägte Asymmetrie entspricht nicht dem Regelfall der Lärmschwerhörigkeit. Die Lärmschwerhörigkeit weist im Tonaudiogramm grundsätzlich ein symmetrisches Bild auf, da die Ohren im diffusen Schallfeld annähernd gleich belastet werden (Schönberger/Mehrtens/Valentin, a.a.O., S. 354). Umstände, die die seitendifferenten Hörverluste erklären könnten, wurden nicht nachvollziehbar dargelegt. Soweit der Kläger vorträgt, er sei Lärm einseitig ausgesetzt gewesen, gibt es hierfür keinerlei Nachweis, zumal die einseitige Beschallung am Arbeitsplatz als sehr seltenes Ereignis gilt und voraussetzt, dass der Kopf über den wesentlichen Teil der Arbeitszeit in ungefähr demselben Winkel zur Schalleinfallsrichtung gehalten wird und zeitweise auftretende, zusätzliche, gerichtete Schalleinwirkungen diese nicht aufheben (Schönberger/Mehrtens/Valentin, a.a.O., S. 354, m.w.N.). Diese ganz speziellen Bedingungen lagen am Arbeitsplatz des Klägers, wie auch Dr. H. ausgeführt hat, nicht vor.

Wie Dr. J. und Dr. R. übereinstimmend darlegen, lässt sich kein Hinweis auf eine reine Haarzellschädigung feststellen; Dr. J. schließt eine kochleäre Läsion aus. Der Nachweis eines sog. Recruitments, also eines Lautheitsausgleichs im Innenohr, welches ein typisches Kennzeichen einer Lärmschwerhörigkeit ist (Feldmann/Brusis, a.a.O., S. 280), war bei beiden Gutachtern nicht zu erbringen. Der SISI-Test (Short Increment Sensitivity Index), den Dr. R. durchgeführt hat, war negativ. Ein Recruitment konnte nach Einschätzung des Gutachters völlig ausgeschlossen werden. Das negative, jedenfalls nicht nachgewiesene Recruitment ist ein wichtiger zusätzlicher Hinweis für eine nicht lärmbedingte Hörstörung (Feldmann/Brusis, a.a.O, S. 280).

Wie Dr. R. in Übereinstimmung mit der arbeitsmedizinischen Fachliteratur (Feldmann/Brusis, a.a.O., S. 266, m.w.N., Merkblatt des BMAS v. 01.07.2008, a.a.O.) ausführt, spricht schließlich die durch die vorliegenden Tonaudiogramme dokumentierte Progredienz der Hörstörung des Klägers trotz fehlender Lärmexposition seit 2007 gegen eine lärmbedingte Schädigung.

Die Beklagte hat daher zu Recht eine Rücknahme des Bescheids vom 20.07.2010 in Gestalt des Widerspruchsbescheid vom 10.11.2010 abgelehnt, sodass ihr Bescheid vom 26.03.2013 in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 09.07.2013 nicht zu beanstanden ist. Dementsprechend hat das SG die Klage zu Recht abgewiesen.

Die Berufung war daher zurückzuweisen.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.

Gründe für eine Zulassung der Revision liegen nicht vor.
Rechtskraft
Aus
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