L 5 KR 2109/15

Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Krankenversicherung
Abteilung
5
1. Instanz
SG Freiburg (BWB)
Aktenzeichen
S 11 KR 4235/14
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 5 KR 2109/15
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Berufung des Klägers gegen den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Freiburg vom 16.04.2015 wird zurückgewiesen.

Außergerichtliche Kosten sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten.

Tatbestand:

Der Kläger (sein Prozessbevollmächtigter) begehrt die Erstattung weiterer Kosten eines Widerspruchsverfahrens.

Der (1955 geborene) Kläger, Mitglied der Beklagten, bezog (zuletzt seit dem 30.10.2013) von der Beklagten Krankengeld. Mit Bescheid vom 21.03.2014 lehnte die Beklagte die Gewährung von Krankengeld über den 21.03.2014 hinaus ab; der Medizinische Dienst der Krankenversicherung Baden-Württemberg (MDK) habe im Gutachten vom 20.03.2014 festgestellt, dass Arbeitsunfähigkeit nicht mehr vorliege.

Unter dem 31.03.2014 widersprach der behandelnde Arzt des Klägers (Dr. W.) der Einschätzung des MDK und beantragte ein Zweitgutachten.

Mit Schreiben vom 01.04.2014 erhob der Prozessbevollmächtigte des Klägers Widerspruch. Was der MDK festgestellt habe, sei ohne Belang. Die Annahme von Arbeitsfähigkeit sei geradezu abwegig. Die Auffassung des MDK sei aufgrund der Gesamtsituation und des Vorliegens von Multimorbidität vollkommen unverständlich.

Der Kläger suchte außerdem - erfolglos - um vorläufigen Rechtsschutz nach (Beschluss des Sozialgerichts Freiburg (SG) vom 14.04.2014, - S 19 KR 1554/14 ER -; Beschluss des Landessozialgerichts (LSG) Baden-Württemberg vom 15.05.2014, - L 4 KR 1819/14 ER-B -).

Die Beklagte befragte erneut den MDK. Dieser nahm im Gutachten vom 06.05.2014 Arbeitsunfähigkeit des Klägers auf Dauer an.

Mit Bescheid vom 20.05.2014 half die Beklagte dem Widerspruch des Klägers im Hinblick auf das MDK-Gutachten vom 06.05.2014 ab. Sie hob den Bescheid vom 21.03.2014 auf und erklärte sich zur Kostenerstattung nach Maßgabe des § 63 Sozialgesetzbuch Zehntes Buch (SGB X) bereit.

Am 23.05.2014 beantragte der Prozessbevollmächtigte des Klägers die Erstattung von Kosten des Widerspruchsverfahrens i.H.v. 1.514,28 EUR (Geschäftsgebühr nach Nr. 2302 des Vergütungsverzeichnisses zum Rechtsanwaltsvergütungsgesetz (VV RVG) 620,00 EUR; Einigungs- oder Erledigungsgebühr sozialrechtliche Angelegenheit gemäß § 3 RVG i.V.m. Nr. 1005 VV RVG 620,00 EUR; Auslagenpauschale nach Nr. 7002 VV RVG 20,00 EUR; Dokumentenpauschale (s/w - 25 Ablichtungen) nach Nr. 7000 VV RVG 12,50 EUR, zzgl. 19 % Umsatzsteuer nach Nr. 7008 VV RVG 241,78 EUR). Es sei um den Krankengeldanspruch insgesamt gegangen, weshalb die Angelegenheit von überdurchschnittlicher Bedeutung gewesen sei. Über das Anordnungsverfahren (vorläufiges Rechtsschutzverfahren) sei auch ungefragt ein ärztliches Attest beigebracht worden, um die unverzügliche Weiterzahlung des Krankengeldes zu erwirken. Darin liege eine über das Normale hinausgehende Mitwirkung im Verfahren.

Mit Bescheid vom 23.05.2014 stellte die Beklagte ihre Pflicht zur Erstattung der Aufwendungen des Klägers im Widerspruchsverfahren (dem Grunde nach) fest; auch die Zuziehung eines Bevollmächtigten sei notwendig gewesen. Die erstattungsfähigen Kosten wurden (der Höhe nach) auf 380,80 EUR festgesetzt (Geschäftsgebühr nach Nr. 2302 VV RVG 300,00 EUR; Post- und Telekommunikationspauschale nach Nr. 7002 VV RVG 20,00 EUR, zzgl. 19 % Umsatzsteuer 60,80 EUR). Zur Begründung führte die Beklagte aus, die Geschäftsgebühr nach Nr. 2302 VV RVG sei im Regelfall auf 300,00 EUR festzusetzen. Eine höhere Gebühr komme in Betracht, wenn die Tätigkeit des Bevollmächtigten überdurchschnittlich umfangreich oder überdurchschnittlich schwierig gewesen sei. Beides sei hier nicht der Fall. Eine höhere Gebühr könne auch bei erheblicher wirtschaftlicher Bedeutung der Angelegenheit für den Versicherten festgesetzt werden.

Am 28.05.2014 erhob der Kläger (dessen Prozessbevollmächtigter) Widerspruch. Er habe sich mit der Anordnungsschrift (S 19 KR 1554/14 ER) ausgesucht Mühe gegeben, den Anspruch zu begründen und schlüssig zu machen. Damit habe er logischerweise auch den Widerspruch begründet.

Mit Widerspruchsbescheid vom 06.08.2014 wies die Beklagte den Widerspruch zurück. Zur Begründung führte sie aus, gemäß § 14 Abs. 1 RVG (i.V.m. § 3 RVG) bestimme der Rechtsanwalt bei Rahmengebühren die Gebühr im Einzelfall unter Berücksichtigung aller Umstände, vor allem des Umfangs und der Schwierigkeit der anwaltlichen Tätigkeit, der Bedeutung der Angelegenheit sowie der Einkommens- und Vermögensverhältnisse des Auftraggebers, nach billigem Ermessen. Die Bestimmung sei nicht verbindlich, wenn sie unbillig sei, sofern ein Dritter die Gebühr ersetzen müsse. Nach Nr. 2302 VV RVG könne grundsätzlich eine Geschäftsgebühr i.H.v. 50,00 EUR bis 640,00 EUR berechnet werden. Eine Gebühr von mehr als 300,00 EUR dürfe aber nur gefordert werden, wenn die Tätigkeit umfangreich oder schwierig gewesen sei. Die Tätigkeit des Prozessbevollmächtigten des Klägers - Abfassung des Widerspruchsschreibens vom 01.04.2014 bzw. Einlegung des Widerspruchs - sei aber weder umfangreich noch schwierig gewesen. Im Widerspruchsverfahren seien auch nur (weitere) Auszahlungsscheine für Krankengeld, aber keine sonstigen ärztlichen Unterlagen vorgelegt worden. Die Auszahlungsscheine für Krankengeld seien für die Zahlung des Krankengelds notwendig und vom Kläger auch ohne Mitwirkung seines Prozessbevollmächtigten regelmäßig eingereicht worden. Die Erledigungsgebühr (nach Nr. 1005 VV RVG) könne ein Bevollmächtigter für die Mitwirkung an der Erledigung eines isolierten Vorverfahrens durch Abhilfebescheid der Behörde nur beanspruchen, wenn er eine über die Einlegung und Begründung des Widerspruchs hinausgehende besondere Tätigkeit entfaltet habe (vgl. Bundessozialgericht (BSG), Urteil vom 07.11.2006, - B 1 KR 23/06 R -, in juris). Das sei hier nicht der Fall gewesen. Nach Nr. 7000 VV RVG könnten Pauschalen für die Herstellung und Überlassung von Dokumenten berechnet werden (0,50 EUR/Seite für die ersten 50 abzurechnenden Seiten). Die Herstellung und Überlassung von Dokumenten für bzw. an sie (die Beklagte) habe im Widerspruchsverfahren nicht stattgefunden. Der Widerspruchsbescheid ging dem Kläger (dessen Prozessbevollmächtigtem) am 12.08.2014 zu.

Am 09.09.2014 erhob der Kläger Klage beim SG. Eine Klagebegründung wurde (auch nach mehrfacher Erinnerung) nicht vorgelegt.

Die Beklagte trat der Klage entgegen.

Mit Gerichtsbescheid vom 16.04.2015 wies das SG die Klage ab. Zur Begründung nahm es auf die Begründung des Widerspruchsbescheids vom 06.08.2014 Bezug (§ 136 Abs. 3 Sozialgerichtsgesetz, SGG). Der Gerichtsbescheid wurde dem Kläger am 18.04.2015 zugestellt.

Am 18.05.2015 hat der Kläger Berufung eingelegt. Eine Berufungsbegründung ist (auch nach mehrfacher Erinnerung) nicht vorgelegt worden.

Der Kläger beantragt sinngemäß,

den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Freiburg vom 16.04.2015 aufzuheben und die Beklagte unter Abänderung des Bescheids vom 23.05.2014 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 06.08.2014 zu verurteilen, ihm weitere Kosten des Widerspruchsverfahrens i.H.v. 1.133,48 EUR zu erstatten.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Sie hält den angefochtenen Gerichtsbescheid für zutreffend.

Die Beteiligten haben sich mit einer Senatsentscheidung ohne mündliche Verhandlung gemäß §§ 153 Abs. 1, 124 Abs. 2 SGG einverstanden erklärt.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird auf deren Schriftsätze sowie die Akten der Beklagten, des SG und des Senats Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

Im Einverständnis der Beteiligten entscheidet der Senat ohne mündliche Verhandlung (§§ 153 Abs. 1, 124 Abs. 2 SGG).

Die Berufung des Klägers ist gemäß §§ 143, 144 Abs. 1 SGG statthaft; der Beschwerdewert des § 144 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 SGG (750 EUR) ist bei einem geltend gemachten (zusätzlichen) Kostenerstattungsbetrag von 1.133.48 EUR überschritten. Die Berufung ist auch im Übrigen gemäß § 151 SGG zulässig. Sie ist jedoch nicht begründet. Die angefochtenen Bescheide sind rechtmäßig. Der Kläger kann die Erstattung weiterer Kosten des Widerspruchsverfahrens nicht beanspruchen. Der Senat nimmt hierfür (ebenfalls) auf die zutreffende Begründung des Widerspruchsbescheids vom 06.08.2014 Bezug (§§ 153 Abs. 1, 136 Abs. 3 SGG). Der Kläger (sein Prozessbevollmächtigter) hat seine Klage und seine Berufung nicht begründet und für die behauptete Rechtswidrigkeit der angefochtenen Bescheide nichts vorgetragen; hierfür ist auch nichts ersichtlich.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.

Gründe für die Zulassung der Revision bestehen nicht (§ 160 Abs. 2 SGG).
Rechtskraft
Aus
Saved