Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Krankenversicherung
Abteilung
5
1. Instanz
SG Konstanz (BWB)
Aktenzeichen
S 10 KR 2510/12
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 5 KR 2866/15
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Berufung des Klägers gegen den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Konstanz vom 29.06.2015 wird zurückgewiesen.
Außergerichtliche Kosten sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten.
Tatbestand:
Streitig ist die Rechtmäßigkeit eines Bescheides, mit dem die Beklagte die Versicherungsfreiheit des Klägers nach dem Künstlersozialversicherungsgesetz (KSVG) ab dem 01.03.2012 festgestellt hat.
Der 1954 geborene Kläger ist nach eigenen Angaben seit 1967 im Bereich der Musik (Komponist, Instrumentalsolist, Pädagoge, Ausbilder im Bereich Musik) künstlerisch tätig. Mit Bescheid vom 25.09.2001 stellte die Beklagte die Versicherungspflicht nach § 1 KSVG ab dem 20.08.2001 fest.
Mit Schreiben vom 30.09.2011 bat die Beklagte im Rahmen einer Stichprobe um Meldung des tatsächlichen Arbeitseinkommens der letzten vier Jahr (2006 - 2009) und um Vorlage entsprechender Belege. Unter dem 08.11.2011 teilte der Kläger folgendes Einkommen mit:
2006: 10.000,00 Euro 2007: 12.000,00 Euro 2008: 10.000,00 Euro 2009: 11.000,00 Euro
Einen Steuerbescheid fügte er nicht bei. Zur Begründung führte er aus, dass er die Mehrzahl seiner Einkünfte in E. erziele. Dort sei er steuerlich veranlagt.
Mit Schreiben vom 11.11.2011 forderte die Beklagte den Kläger nochmals auf, die Steuerbescheide vorzulegen. Zudem bat sie um Mitteilung, wie viele Monate der Kläger in Deutschland und wie viele Monate er im Ausland tätig sei.
Daraufhin teilte der Kläger am 13.12.2011 per E-Mail mit, dass er noch bis Anfang März in E. verbleibe. Die Steuerbescheide habe er schon zur Hand. Die Übersetzung werde noch diese Woche vorgenommen.
Mit Schreiben vom 13.01.2012 hörte die Beklagte den Kläger zu der beabsichtigen Beendigung der Versicherungspflicht an und führte aus, dass der Kläger in den Jahren 2006 bis 2009 kein wesentliches Einkommen in Deutschland erzielt habe. Der Kläger habe fast ausschließlich im Ausland, vornehmlich E., Einkünfte erwirtschaftet. Seit Jahren würden die Einnahmen nach eigenen Angaben nur in diesem Staat besteuert. Offensichtlich sei der grundsätzliche Mitteilpunkt seiner Lebensbeziehung ebenfalls in jenem Staat zu finden. Eine zeitliche Befristung des Auslandsaufenthaltes - abgesehen von tourneebedingten Unterbrechungen und kurzen Besuchen in Deutschland - sei damit nicht gegeben.
Mit Schreiben vom 17.01.2012 teilte der Kläger mit, dass er die Einkommenssteuerbescheide nicht vorlegen könne, da er nach Auskunft eines früheren Beraters aufgrund seiner sehr umfangreichen Auslandskonzerte (wegen der damit verbundenen hohen Aufwendungen) ohnehin unter dem steuerlichen Minimum liege. Letztlich sei aber nur entscheidend, welche Einkünfte netto erzielt worden seien. Eine Aufstellung werde er nachreichen. Auch habe er überwiegend in Deutschland seinen Aufenthalt.
Mit Bescheid vom 02.02.2012 stellte die Beklagte fest, dass die Versicherungspflicht nach dem KSVG zum 29.02.2012 ende. Nach den vorliegenden Angaben und Unterlagen habe der Kläger in den Jahren 2006 - 2009 kein (wesentliches) Arbeitseinkommen in der Bundesrepublik Deutschland erzielt. Nach eigenen Angabe habe der Kläger fast ausschließlich im Ausland, vornehmlich in seiner derzeitigen Wahlheimat in E., Einkünfte erwirtschaftet. Seit Jahren würden seine Einkünfte nach eigenen Angaben nur in diesem Staat besteuert. Offensichtlich sei der grundsätzliche Mittelpunkt seiner Lebensbeziehung ebenfalls in jenem Staat zu finden. Eine zeitliche Befristung des Auslandsaufenthaltes - abgesehen von tourneebedingten Unterbrechungen und kurzen Besuchen in Deutschland - sei damit nicht gegeben. Auf die entsprechende Anfrage vom 11.11.2011 habe der Kläger nicht reagiert bzw. erforderliche Unterlagen nicht zugesandt. Die alleinige Abgabe des vorläufigen Arbeitseinkommens für das Folgejahr sei nicht ausreichend.
In seinem hiergegen am 16.02.2012 eingelegten Widerspruch trug der Kläger vor, dass er seinen Wohnsitz bzw. den gleichgesetzten gewöhnlichen Aufenthalt in den Jahren 2006 bis 2009 in Deutschland gehabt habe. Nach § 9 Abgabenordnung (AO), der zur Definition herangezogen werden könne, sei ein zeitlich zusammenhängender Aufenthalt in Deutschland von mehr als 6 Monaten ausreichend, wobei alle "kurzfristigen Unterbrechungen" unberücksichtigt blieben. Ausweislich der mitübersandten Meldebestätigungen sei er lediglich im Jahr 2010 vom 14.10.2010 bis 09.03.2011 nicht in Deutschland gewesen. Bis zum 07.11.2011 sei er in Deutschland gewesen. Die überwiegende Anzahl der Konzerte (auch in den Vorjahren) sei auch so geplant gewesen, dass er nach den Konzerten wieder in Ü. habe sein können. E. sei auch nicht seine Wahlheimat. 2007 habe er 105 Konzerte gegeben und 24.351,00 Euro Umsatz bzw. Bruttoeinnahmen erspielt, 2008 habe er 97 Konzerte gegeben und 23.403,00 Euro Umsatz bzw. Bruttoeinnahmen erspielt, 2009 habe er 94 Konzerte gegeben und 24.801,00 Euro Umsatz bzw. Bruttoeinnahmen erspielt. Die für die Einkommenssteuer wesentlichen Nettoeinkünfte könnten noch nicht endgültig angegeben werden. Die Bruttoeinnahmen seien auch in den Jahren 2010 und 2011 erreicht worden. Zudem übersandte er ein Schreiben vom 24.05.2012 über eine Aufstellung seiner Netto-Einkünfte (Jahresergebnis 2006: 11.514,00 Euro; Jahresergebnis 2007: 15.396,00 Euro; Jahresergebnis 2008: 11.863,00 Euro; Jahresergebnis 2009: 16.156,00 Euro; Jahresergebnis 2010: 14.352,00 Euro). Weiter teilte er mit, dass die Erträge allein durch die internationale Konzertsaison erzielt worden seien. Hiervon seien noch die Kosten der Krankenversicherung von jährlich etwa 3.600,00 Euro abzusetzen. Es werde gebeten, das Arbeitseinkommen verbindlich entgegenzunehmen. Die Kosten seien ohne Rückgriff auf Unmengen an Reisekosten und Tickets geschätzt worden. Auch habe er sich überwiegend im steuerlichen Inland aufgehalten. Am 09.07.2012 reichte er ferner ein Schreiben seiner Steuerberaterin Frau K.-Sch. ein, in dem sie nach § 4 Abs. 3 Einkommenssteuergesetz (EStG) folgende Gewinnermittlung testierte:
2006: 29,00 Euro 2007: 53,00 Euro 2008: 5.227,00 Euro 2009: 8.926,00 Euro 2010: 5.812,00 Euro 2011: 3.379,00 Euro
Mit Schreiben vom 12.07.2012 führte die Beklagte ergänzend zum Bescheid vom 02.02.2012 aus, dass ein Begründungswechsel erfolge. Der Kläger habe zwar glaubhaft machen können, dass die überwiegende Auslandstätigkeit wohl unzutreffend sei. Jedoch sei nicht zu erwarten, dass für das laufende Kalenderjahr die Geringfügigkeitsgrenze überschritten werde. Innerhalb des 6-Jahreszeitraums sei auch die Mindestgrenze mehr als zweimal unterschritten worden. Der für die Vorauseinschätzung angegebene Wert erscheine unter Berücksichtigung der vorgenannten Unterlagen nicht plausibel. Tatsachen, die eine deutliche Steigerung des Einkommens gegenüber den Werten der Vorjahre erwarten lassen könnten, seien nicht ersichtlich. Die Voraussetzungen für eine Versicherungspflicht lägen somit auch weiterhin nicht vor.
Mit Schreiben vom 20.08.2012 gab der Kläger an, dass einige Daten von Frau K.-Sch. missverständlich übernommen worden seien. Eine Rücksprache könne aber erst im September 2012 erfolgen. Eine weitere Äußerung folgte nicht.
Mit Widerspruchsbescheid vom 27.09.2012 wies die Beklagte den Widerspruch zurück. Nach den von dem Kläger nachgereichten Einnahme-Überschuss-Rechnungen der Jahre 2006 bis 2011, die durch eine Steuerberaterin testiert worden seien, habe er in den Jahren 2006, 2007 und 2011 Arbeitseinkommen unter der sozialversicherungsrechtlichen Grenze des § 3 Abs. 1 KSVG erzielt. Unter Berücksichtigung des in den Vorjahren tatsächlich erzielten Arbeitseinkommens sei somit nicht plausibel, dass der Kläger im aktuellen Kalenderjahr ein Einkommen in Höhe des gemeldeten Wertes über der sozialversicherungsrechtlichen Geringfügigkeitsgrenze zu erwarten habe, da seine Einkommensprognose des Jahres 2012 nicht die des Jahres 2011 übersteige und 2011 lediglich ein geringfügiges Arbeitseinkommen habe erwirtschaftet werden können. Bei der vorzunehmenden Prognose für das zu schätzende Arbeitseinkommen seien jedoch alle relevanten Tatsachen zu berücksichtigen. Wenn sich aus den Einkommensteuerbescheiden bzw. Gewinnermittlungen der vergangenen Jahre wesentlich abweichende Einkommen ergäben und für das folgende Jahr keine wesentlichen Änderungen geplant seien (zusätzliche Verträge, Investitionen), könne sich die Prognose für das folgende Jahr nur an den Einkünften aus den Vorjahren orientieren.
Hiergegen erhob der Kläger am 05.10.2012 Klage zum Sozialgericht Konstanz (SG) mit der Begründung, dass ein Fall der Entsendung hier nicht vorliege. Auch sei durch Auflistung seiner Reisen nachgewiesen worden, dass der Schwerpunkt seiner Tätigkeit in Deutschland liege. Von allen Konzertreisen kehre er stets umgehend in seine Wohnung nach Ü. zurück. Die Frage des Versteuerungsortes sei irrelevant. Für den steuerrechtlichen Aufenthalt gelte in gleicher Weise die 183-Tage-Regelung oder der gewöhnliche Aufenthalt wie nach dem Sozialrecht. Danach sei allein Deutschland der Besteuerungsort. Es komme auch nicht auf die tatsächliche Höhe der steuerlichen Zahlungen an, sondern nach dem Gesetz auf den Wohnsitz bzw. gewöhnlichen Aufenthalt. Die Höhe der Steuerzahlungen sei nur für die inländische Steuerverwaltung relevant. Es werde auch nicht bestritten, dass er auch immer wieder mal Konzerte in Q. gebe. Diese Einnahmen (wenn solche anfielen) seien bisher in den mitgeteilten Beträgen nicht erfasst worden. Im Übrigen treffe es nicht zu, dass er 2006 nur ein Einkommen von 29,00 Euro und 2007 von 53,00 Euro bzw. im Jahr 2011 von 3.379,00 Euro gehabt habe. Die von der Steuerberaterin erhobenen Daten beruhten auf einer missverständlichen Interpretation der Kostenaufstellungen und Zusammenstellungen. Der Bescheid sei verfrüht erlassen worden, so dass die angekündigten Korrekturen nicht richtig untersucht und von ihm hätten berichtigt werden können. Bereits nach der Aufstellung der Netto¬-Einkünfte, die der Beklagten mit Schreiben vom 24.05.2012 vorgelegt worden seien, hätte keine Unterdeckung bestanden. Der Kläger hat zudem am 27.11.2012 korrigierte Testate der Gewinnfeststellungen zu den Streitjahren von Frau K.-Sch. vorgelegt. Danach wurden die Umsätze - unter Erhöhung der Einkünfte um Tantiemen (aus dem Bezug von Kompositionen des Vaters) und Kürzungen der Aufwendungen um eine Begleitperson und des Verpflegungsmehraufwands - wie folgt angegeben:
2006: 4.272,00 Euro 2007: 12.219,00 Euro 2008: 7.973,00 Euro 2009: 12.232,00 Euro 2010: 10.379,00 Euro Weiter führte der Kläger aus, dass es auch unrichtig sei, dass die Beurteilungsspielräume nicht mehr überprüfbar seien, da es jeder Prognose an der Bestimmtheit mangele und demzufolge auch allen Tatsachengrundlagen. Mithin gebe es keine gesetzliche, von der Beklagten apostrophierte Fixierung einer erstmaligen, unumstößlichen "richtigen Auskunft" durch ein Mitglied für eine künftige Einkommensangabe ab Erlass des Bescheides. Zudem könnten bei Künstlern niemals sofort alle Tatsachengrundlagen unwiderruflich bzw. zweifelsfrei vorgetragen werden. Ferner seien die ersten Einkünfte und Ausgaben rechtzeitig schon mit Schreiben vom 24.05.2012 vorgetragen worden, welche bereits dort die Geringfügigkeitsgrenze überschritten hätten. Er habe in diesem Schreiben auch um unverbindliche Übernahme dieser Tabelleninhalte gebeten und die Ergebnisse testiert. Seine Ergebnisse habe die Steuerberaterin Frau K.-Sch. übernommen, aber um steuerliche Aufwendungen ergänzt. Selbst wenn man die Tantiemen-Einkünfte, die aus den urheberrechtlich gebotenen Zuführungen des Vaters stammten, herausnehme, lägen die Ergebnisse für die Jahre 2007 bis 2010 über der Geringfügigkeitsgrenze. Auch im Januar 2006 ergebe sich ein Überschuss von 4.112,00 Euro wenn man Spenden, Raumkosten in Q. und pauschale Telefonkosten außen vor lasse.
Die Beklagte trat der Klage entgegen. Zur Begründung führte sie aus, dass sie nach wie vor nicht überzeugt sei, dass deutsches Recht anzuwenden sei, vgl. § 4 Sozialgesetzbuch Viertes Buch (SGB IV). Vorliegend sei zu prüfen, ob der Schwerpunkt der rechtlichen und tatsächlichen Merkmale bei der selbstständigen Tätigkeit innerhalb des Bundesgebietes liege. Weiterhin sei Voraussetzung für die Anwendung deutschen Rechts, dass sich die Begrenzung der Tätigkeit im Ausland aus der Eigenart der Tätigkeit ergebe oder diese vertraglich im Voraus zeitlich begrenzt sei. Zweifel bestünden schon hinsichtlich des ersten Kriteriums, da der Kläger selbst erklärt habe, dass er nicht in Deutschland steuerlich veranlagt werde, sondern in E., und die Mehrzahl seiner Einkünfte in E. erziele. Auch eine Aufstellung für den Zeitraum vom 05.04.2009 bis 01.11.2009 ergebe, dass der Kläger die Mehrzahl der Konzerte in dieser Zeit nicht in Deutschland absolviert habe, sondern im europäischen Ausland. Dazu kämen die Konzerte, die der Kläger von November eines Jahres bis zum April des Folgejahres jeweils in E. durchführe. Auch habe er bisher keine Steuerbescheide aus E. vorgelegt. Es könne daher keine Rede davon sein, dass der Kläger überwiegend in Deutschland tätig sei. Ausschlaggebend sei dabei nicht allein der Meldezeitraum in Deutschland, sondern wo der Lebensmittelpunkt liege. Ein wichtiges Kriterium bei der Beurteilung sei dabei, in welchem Land Einkommenssteuerpflicht bestehe, mithin nach Aussage des Klägers in E ... Der Auslandsaufenthalt sei auch nicht aufgrund der Eigenart der Tätigkeit oder vertraglich im Voraus zeitlich begrenzt, sondern jahreszeitlich bedingt. Weiter führte die Beklagte aus, dass ihr bei der Prognose ein gerichtlich nicht mehr zu überprüfender Beurteilungsspielraum zuzubilligen sei. Die Prognose sei dann fehlerfrei und verbindlich, wenn sie aufgrund der vorhandenen Umstände und Zahlen nachvollziehbar sei, insbesondere nicht gegen Denkansätze und Erfahrungssätze verstoße. Dabei könne nur auf die bekannten und zumindest erkennbaren Umstände abgestellt werden, auch soweit sie nicht erst in Zukunft zu erwarten seien, sondern bereits eingetreten seien. Grundlage der Prognose könnten deshalb nur die bis zum Abschluss des Widerspruchsverfahrens erkennbaren Umstände sein. Der Kläger habe erst sechs Wochen nach Erlass des Widerspruchsbescheides vorläufige korrigierte "Jahresergebnisse" für die Jahre 2006 - 2010 mitgeteilt. Diese seien mit Schreiben von 14.11.2012 noch einmal erheblich berichtigt worden. Angeforderte Einkommenssteuerbescheide bzw. Einnahmen-Überschussrechnungen habe er nicht vorgelegt. Die Angaben des Klägers vom 24.05.2012 seien nicht zu verwerten gewesen, da sie offensichtlich unvollständig gewesen seien. Der Kläger habe nicht die tatsächlichen Betriebsausgaben bzw. Werbungskosten in Abzug gebracht, sondern nur die Reisekosten im Zusammenhang mit den Konzerten berücksichtigt. Die vom Kläger vorgeschlagenen "Korrekturen" seien nicht nachvollziehbar, weil Spenden in die Einnahmen-Ausgaben-Überschussrechnungen offenbar ebenso wenig eingeflossen seien, wie die Raumkosten in Q. für die Privatwohnung der Ehefrau. Die pauschale Anrechnung von beruflich bedingten Telefonkosten dürfte dagegen auch vom Finanzamt in dieser Höhe berücksichtigt werden. Aufgrund der gesundheitlich bedingten Einschränkung des Klägers seien auch die Aufwendungen für eine Begleitperson und die "doppelt angesetzten Verpflegungsmehraufwendungen" absetzbar. Der Kläger trage die Beweislast, die Prognose zu erschüttern. Es werde darauf hingewiesen, dass eine Wiederfeststellung der Versicherungspflicht allenfalls für die Zukunft in Betracht komme, weil die Prognose nach dem bis zum Erlass des Widerspruchsbescheides vorgelegten Unterlagen nicht zu beanstanden gewesen sei.
Mit Gerichtsbescheid vom 29.06.2015 wies das SG die Klage ab. Rechtsgrundlage der angefochtenen Entscheidung der Beklagten sei § 48 Abs. 1 Satz 1 Sozialgesetzbuch Zehntes Buch (SGB X) iVm § 8 Abs. 2 Satz 2 KSVG. Nach § 48 SGB X sei ein Verwaltungsakt mit Wirkung für die Zukunft aufzuheben, soweit in den tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnissen, die beim Erlass des Verwaltungsaktes mit Dauerwirkung vorgelegen hätten, eine wesentliche Änderung eintrete. § 8 Abs. 2 Satz 2 KSVG regele ergänzend, dass der Bescheid über die Versicherungspflicht bei Änderung der Verhältnisse nur mit Wirkung vom Ersten des Monats an aufzuheben sei, der auf den Monat folge, in dem die Beklagte von der Änderung Kenntnis erhalte. Der Verwaltungsakt über die Feststellung der Versicherungspflicht des Klägers nach § 1 KSVG entfalte Dauerwirkung, da er ein zeitlich nicht befristetes Rechtsverhältnis mit Leistungs- und Beitragspflichten begründe, das sich nicht in einer einmaligen Gestaltung der Rechtslage erschöpfe (vgl. Bundessozialgericht (BSG), Urteil vom 02.04.2014, - B 3 KS 4/13 R, in juris). Seit Erlass des Bescheides vom 25.09.2011 (richtig: 2001) sei auch eine wesentliche Änderung eingetreten. Denn die Voraussetzungen für die Versicherungspflicht nach dem KSVG hätten im Zeitpunkt der Neufeststellung nicht mehr vorgelegen. Das voraussichtliche Einkommen des Klägers im Jahr 2010 habe nicht den Grenzbetrag des § 3 Abs. 1 Satz 1 KSVG in Höhe von 3.900,00 Euro überstiegen, weshalb keine Versicherungspflicht mehr bestanden habe. Die von der Beklagten vorgenommene Schätzung sei nicht zu beanstanden. Die der Beklagten damals bekannten Umstände hätten die Einschätzung, das Einkommen des Klägers werde im Jahr 2012 die Geringfügigkeitsgrenze nicht überschreiten, zugelassen. Der Kläger habe die von seiner Steuerberaterin testierte Aufstellungen über seine Einnahmen und Ausgaben der letzten vier Jahre vorgelegt. Diese hätten im Jahr 2006 und 2007 mit 29,00 Euro und 53,00 Euro deutlich und im Jahr 2011 mit 3.379,00 Euro gering unter der Geringfügigkeitsgrenze gelegen. Nachdem der Kläger zudem mehrfach mitgeteilt habe (etwa mit Schreiben vom 24.05.2011), dass die Umsätze wegen fehlenden Interesses und aufgrund seines Alters zurückgegangen seien, habe die Beklagte davon ausgehen können, dass in den Folgejahren mit keinem Einkommen oberhalb der Geringfügigkeitsgrenze zu rechnen sei. Soweit der Kläger auf die Zahlen in seinem Schreiben vom 24.05.2012 abstelle, seien die Angaben nicht nachvollziehbar und seien von der Beklagten zu Recht bei der Prognoseentscheidung nicht zugrunde gelegt. So habe der Kläger in seinem Schreiben vom 24.05.2012 selbst angegeben, dass die abgezogenen Kosten nur geschätzt und eine steuerliche Aufarbeitung noch nicht erfolgt sei. Zudem habe er angegeben, dass eine steuerliche Aufarbeitung noch geringere Einkünfte erwarten lasse. Aus seiner Aufstellung sei auch nicht erkennbar gewesen, welche konkreten Kosten berücksichtigt würden. Dagegen erscheine die Aufstellung der Steuerberaterin vom 30.06.2012 plausibel. In Würdigung dieser damals bekannten Gesamtumstände sei die Prognose der Beklagten daher nicht zu beanstanden. Soweit der Kläger im Klageverfahren neue Unterlagen vorgelegt habe, könnten diese nicht berücksichtigt werden und führten nicht zu einer falschen Prognoseentscheidung der Beklagten. Denn Grundlage der Prognose könnten nur die bis zum Erlass des Widerspruchsbescheides erkennbaren Umstände sein. Neue Unterlagen, die eine treffsichere Prognose erlauben oder zeigen würden, dass das prognostische Einkommen tatsächlich nicht erzielt würde, könnten nur zukunftsbezogen berücksichtigt werden. Die versicherungsrechtliche Stellung werde dadurch nicht in die Vergangenheit hinein verändert. Die Beklagte habe vielmehr im Rahmen eines neuen Verwaltungsverfahren zu prüfen, ob und ggf. ab wann aufgrund der neuen Unterlagen Anlass für eine neue Prüfung und erneute Feststellung der Versicherungspflicht in der KSV bestehe (vgl. BSG, Urteil vom 02.04.2014, - B 3 KS 4/13 R -, in juris.). Die Versicherungspflicht des Klägers sei auch nicht aufgrund der Regelung des § 3 Abs. 3 KSVG bestehen geblieben. Ausweislich der eingereichten Unterlagen mit Schreiben vom 30.06.2012 habe das Einkommen dreimal unter der Geringfügigkeitsgrenze von 3.900,00 Euro gelegen. Weitere Unterlagen oder Nachweise habe der Kläger bis zur Widerspruchsentscheidung nicht eingereicht, so dass es zu seinen Lasten bei der Rechtsfolge des § 3 Abs. 1 KSVG, wonach keine Versicherungspflicht bestehe, wenn das voraussichtliche Jahreseinkommen die dort genannte Grenze nicht übersteige, verbleibe.
Der Gerichtsbescheid wurde dem Bevollmächtigten des Klägers am 03.07.2015 gegen Empfangsbekenntnis zugestellt.
Hiergegen richtet sich die am 07.07.2015 zum Landessozialgericht Baden Württemberg (LSG) erhobene Berufung des Klägers. Im Hinblick auf den Begründungswechsel sei für die Prognoseentscheidung der Zeitraum 2007 bis 2012, nicht 2006, maßgeblich. Nach den im Widerspruchsverfahren vorgetragenen Daten lägen damit nur zwei Unterdeckungen vor. Darüber hinaus habe die Beklagte - wenn auch das Jahr 2006 eine Rolle spiele - die Auslandseinkünfte bei der Prognose nicht berücksichtigt. Diese hätten im Jahr 2006 zusätzliche 1.600 Euro betragen. Bei richtiger Beurteilung habe sich im Jahr 2006 ein Überschuss von 4.740,00 Euro ergeben. Auch wären die Abzugskosten überhöht angegeben worden. Unzutreffend habe das SG die bis zum Erlass des Widerspruchsbescheids vorgelegten Daten nicht berücksichtigt. Eine Korrektur der Daten müsse möglich sein.
Der Kläger beantragt,
den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Konstanz vom 29.06.2015 sowie den Bescheid vom 02.02.2012 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 27.09.2012 aufzuheben.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Die Entscheidung des SG sei nicht zu beanstanden. Aufgrund des Begründungswechsels sei das Jahr 2012 durchaus in die Betrachtung einbezogen worden. Hieraus ergäben sich jedoch keine für den Kläger günstigen Folgen. Der Kläger könne auch nicht mit seiner Auffassung durchdringen, dass nach Erlass des Widerspruchsbescheids eine Korrektur der Angaben möglich sein müsse. Dem stehe die Rechtsprechung des BSG entgegen.
Die Beteiligten haben sich mit einer Entscheidung des Senats ohne mündliche Verhandlung einverstanden erklärt.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts sowie des Vorbringens der Beteiligten wird im Übrigen auf die Sozialgerichtsakte erster und zweiter Instanz sowie auf die Verwaltungsakte der Beklagten Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die Berufung des Klägers, über die der Senat gem. §§ 153 Abs. 1, 124 Abs. 2 Sozialgerichtsgesetz (SGG) im Einverständnis der Beteiligten ohne mündliche Verhandlung entscheidet, ist gem. §§ 143, 144 SGG statthaft. Die Berufung ist form- und fristgerecht eingelegt und daher auch sonst gem. § 151 SGG zulässig. Sie ist jedoch nicht begründet.
Rechtsgrundlage der angefochtenen Entscheidung der Beklagten ist § 48 Abs. 1 Satz 1 SGB X iVm § 8 Abs. 2 Satz 2 KSVG. Nach § 48 SGB X ist ein Verwaltungsakt mit Wirkung für die Zukunft aufzuheben, soweit in den tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnissen, die beim Erlass des Verwaltungsaktes mit Dauerwirkung vorgelegen haben, eine wesentliche Änderung eintritt. § 8 Abs. 2 Satz 2 KSVG regelt ergänzend dass der Bescheid über die Versicherungspflicht bei Änderung der Verhältnisse nur mit Wirkung vom Ersten des Monats an aufzuheben ist, der dem Monat folgt, in dem die Beklagte von der Änderung Kenntnis erhält.
In diesem Sinne ist spätestens zum 29.02.2012 eine Änderung in den Verhältnissen insoweit eingetreten, als der Kläger entgegen der Feststellung im Bescheid vom 25.09.2001 nicht mehr zum Kreis der nach dem KSVG versicherungspflichtigen Künstler und Publizisten gehört. Denn spätestens zu diesem Zeitpunkt war der Kläger aufgrund der Verlegung seines Wohnsitzes nach Q. (E.) versicherungsfrei.
Gemäß § 3 Abs. 1 SGB IV gelten die Vorschriften über die Versicherungspflicht und die Versicherungsberechtigung, soweit sie eine Beschäftigung oder eine selbstständige Tätigkeit voraussetzen, für alle Personen, die im Geltungsbereich dieses Gesetzbuchs beschäftigt oder selbstständig tätig sind. Für die Frage, ob die deutschen Rechtsvorschriften anzuwenden sind, kommt es damit auf den Beschäftigungs- oder Tätigkeitsort an; maßgebend hierfür sind grundsätzlich die §§ 9 bis 11 SGB IV (Hauck/Haines, SGB IV, Kommentar, § 3 Rdnr. 7; LPK-SGB IV, Kommentar, § 9 Rdnr. 2; a.A. JurisPK-SGB IV, 2. Aufl. 2011, § 9 Rdnr. 6). Die Festlegung eines einzigen Sozialversicherungsstatus soll in erster Linie Doppelbelastungen mit Sozialversicherungsabgaben verhindern (BSG, Urteil vom 25.10.1995, - 3 RK 11/94 -, in juris). § 9 Abs. 1 SGB IV definiert dabei für Beschäftigte den Beschäftigungsort als den Ort, an dem die Beschäftigung tatsächlich ausgeübt wird. Maßgeblich sind allein die tatsächlichen Verhältnisse und nicht rechtliche Vereinbarungen. Entscheidend hierfür ist regelmäßig die körperliche Anwesenheit (LPK-SGB IV, a.a.O., Rdnr. 4). Für den Fall einer selbstständigen Tätigkeit sieht § 11 Abs. 1 SGB IV eine entsprechende Anwendung der Vorschriften für die Beschäftigungsorte in § 9 SGB IV vor. Soweit eine feste Arbeitsstätte nicht vorhanden ist und die selbstständige Tätigkeit an verschiedenen Orten ausgeübt wird, gilt gemäß § 11 Abs. 2 SGB IV abweichend hiervon als Tätigkeitsort der Ort des Wohnsitzes bzw. des gewöhnlichen Aufenthalts (LSG BW Urteil vom 17.03.2015, L 13 AL 2443/14 -, in juris). Die Sonderregelung des § 11 Abs. 2 SGB IV verdrängt dabei als lex specialis die Anwendbarkeit des § 9 Abs. 5 Sätze 1 und 2 SGB IV für selbstständig Tätige. Diese Regelungen sind nur für Beschäftigte denkbar, da sie einen Arbeitgeber voraussetzen. Auch würde das Bestehen eines Betriebes oder einer Außenstelle, die beide Anknüpfungspunkt in § 9 Abs. 5 SGB IV sind, bei Selbstständigen zu einer festen Arbeitsstätte führen, so dass dann kein Raum mehr für die Regelung bliebe. Nach § 11 Abs. 2 SGB IV wird bei Selbstständigen, die ohne feste Arbeitsstätte an verschiedenen Orten tätig sind, der Wohnsitz oder der Ort des gewöhnlichen Aufenthaltes als Tätigkeitsort fingiert. Der Wohnsitz ist in § 30 Abs. 3 Sozialgesetzbuch Erstes Buch (SGB I) als der Ort definiert, an dem jemand eine Wohnung unter Umständen innehat, die darauf schließen lassen, dass er sie beibehalten und benutzen wird. Seinen gewöhnlichen Aufenthalt hat jemand dort, wo er sich unter Umständen aufhält, die erkennen lassen, dass er an diesem Ort oder in diesem Gebiet nicht nur vorübergehend verweilt (Grimmke, in Juris-PK, § 11 RN 18f.). Die Frage des Vorliegens eines gewöhnlichen Aufenthalts nach § 30 Abs. 3 Satz 2 SGB I ist anhand einer dreistufigen Prüfung zu klären. Ausgangspunkt ist ein "Aufenthalt". Es sind sodann die mit dem Aufenthalt verbundenen "Umstände" festzustellen. Diese sind schließlich daraufhin zu würdigen, ob sie "erkennen lassen", dass der Betreffende am Aufenthaltsort oder im Aufenthaltsgebiet "nicht nur vorübergehend verweilt" (BSG, Urteil vom 16.06.2015, - B 13 R 36/13 R -, in juris; BSG, Urteil vom 10.12.2013, - B 13 R 9/13 R -, in juris; BSG, Urteil vom 31.10. 2012, - B 13 R 1/12 R -, in juris). Ob jemand sich gewöhnlich an einem Ort oder in einem Gebiet aufhält oder nur vorübergehend dort verweilt, lässt sich nur im Wege einer vorausschauenden Betrachtungsweise (Prognose) entscheiden (BSG, Urteil vom 16.06.2015, - B 13 R 36/13 R -, in juris; BSG, Urteil vom 10.12.2013 - B 13 R 9/13 R -, in juris; BSG, Urteil vom 31.10.2012, - B 13 R 1/12 R -, in juris; jeweils mit weiteren Nachweisen). Die Prognose hat alle mit dem Aufenthalt verbundenen Umstände zu berücksichtigen; dies können subjektive wie objektive, tatsächliche wie rechtliche sein. Es kann demnach nicht allein auf den Willen des Betroffenen ankommen, einen gewöhnlichen Aufenthalt zu begründen (sog Domizilwille: BSG, Urteil vom 09.05.1995, - 8 RKn 2/94 -, in juris); dies gilt insbesondere dann, wenn er nicht mit den tatsächlichen objektiven Umständen übereinstimmt (BSG, Urteil vom 22.03.1988, - 8/5a RKn 11/87 -, in juris). Ist nach der Prognose davon auszugehen, dass die betreffende Person zukunftsoffen "bis auf Weiteres" an dem Ort oder in dem Gebiet verweilen wird, so hat sie dort ihren gewöhnlichen Aufenthalt, wobei kein dauerhafter (unbegrenzter) Aufenthalt erforderlich ist. Dem vorübergehenden Aufenthalt wohnt dagegen als zeitliches Element eine Beendigung von vornherein inne (BSG, Urteil vom 16.06.2015 - B 13 R 36/13 R -, in juris; BSG, Urteil vom 10.12.2013, - B 13 R 9/13 R -, in juris).
Der Kläger übt als selbstständiger Geiger seine Tätigkeit unstreitig an unterschiedlichen Orten im Rahmen von Konzerten in unterschiedlichen Räumlichkeiten in unterschiedlichen Ländern aus. Eine feste Arbeitsstätte ist damit nicht gegeben. Vorliegend hat der Kläger zur Überzeugung des Senats seinen Wohnsitz spätestens im Jahr 2012 nach Q. (E.) verlegt und damit die Versicherungspflicht nach dem KSVG beendet. Nach seinen eigenen Angaben erzielte der Kläger zumindest ab 2011 die Mehrzahl seiner Einkünfte in E. und wird dort auch steuerlich veranlagt (Schreiben vom 08.11.2011). Dementsprechend hat er angegeben, dass er in E. keineswegs als Tourist weile und die Korrespondenz über seine E-Mail erfolgen solle. Die Anschrift in Deutschland wird vom Kläger nicht als Korrespondenzadresse angegeben. (E-Mail vom 18.01.2012 und Schreiben vom 08.11.2011). Auch für den Senat war der Kläger unter der Adresse in Ü. nicht erreichbar. Soweit der Kläger in Ü. gemeldet ist, genügt dies nicht zur Feststellung der Wohnanschrift. Allein aus der ordnungsbehördlichen Meldung folgt nicht die Festlegung der Wohnanschrift (Schlegel, in: Juris-PK § 30 RN 44 mwN). Die Begründung des Wohnsitzes setzt vielmehr einen eigenen, faktischen Inlandsaufenthalt voraus, der vorliegend nicht gegeben ist. Der Kläger ist selbst nach seinen Angaben nur im Zeitraum April bis November/Dezember an einzelnen Tagen unter der Adresse in Deutschland erreichbar. Allein diese Behauptung genügt jedoch für die Feststellung eines inländischen Wohnsitzes nicht. Vielmehr hatte der Senat im Sinne einer Gesamtschau zu berücksichtigen, dass der Kläger sich unstreitig zumindest ab 2009 während der Konzertsaison von November/Dezember bis einschließlich März in E. aufhielt. Von April bis November eines jeden Jahres befand sich der Kläger jeweils auf einer Tournee, die im Wesentlichen den europäischen Raum betraf, jedoch auch außereuropäische Ziele beinhaltete. Soweit der Kläger angibt, dass er zwischen den Konzerten stets nach Ü. zurückkehrte und daher dort seinen Wohnsitz habe, ist dies für den Senat nicht glaubwürdig. Zwischen den Konzerten lag ausweislich des Tourneeplans in der Regel ein Zeitraum von zwei bis drei Tagen. Auch der Ablauf der Tournee und die Entfernung der Tourneeorte zu dem vom Kläger angegebenen Wohnsitz in Ü. belegen, dass der Kläger nicht in der Lage war, stets von Ü. aus zu seinen Auftritten anzureisen. Auch die vom Kläger angegebenen Übernachtungs- und Reisekosten lassen nur den Schluss zu, dass der Kläger in der Regel von Auftritt zu Auftritt reist.
Damit aber liegt nach einer Gesamtschau der maßgebliche Wohnsitz des Klägers ab 2012 nicht in Deutschland. Soweit § 3 SGB IV Modifikationen erfährt, so ist weder § 4 noch § 5 oder § 6 SGB IV einschlägig. Die Tätigkeit in E. ist weder in Folge der Eigenart oder vertraglich im Voraus begrenzt. Vielmehr stellt sich die die Tourneetätigkeit in Deutschland als vertraglich begrenzte Tätigkeit dar.
Gelten gem. § 3 Abs. 1 SGB IV die Vorschriften über die Versicherungspflicht und die Versicherungsberechtigung daher ab 2012 nicht mehr für den Kläger, so war die Beklagte berechtigt, den Bescheid vom 25.09.2001 aufgrund der Änderung des Wohnsitzes gem. § 48 SGB X aufzuheben.
Es war daher wie tenoriert zu entscheiden.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Gründe für die Zulassung der Revision bestehen nicht (§ 160 Abs. 2 SGG).
Außergerichtliche Kosten sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten.
Tatbestand:
Streitig ist die Rechtmäßigkeit eines Bescheides, mit dem die Beklagte die Versicherungsfreiheit des Klägers nach dem Künstlersozialversicherungsgesetz (KSVG) ab dem 01.03.2012 festgestellt hat.
Der 1954 geborene Kläger ist nach eigenen Angaben seit 1967 im Bereich der Musik (Komponist, Instrumentalsolist, Pädagoge, Ausbilder im Bereich Musik) künstlerisch tätig. Mit Bescheid vom 25.09.2001 stellte die Beklagte die Versicherungspflicht nach § 1 KSVG ab dem 20.08.2001 fest.
Mit Schreiben vom 30.09.2011 bat die Beklagte im Rahmen einer Stichprobe um Meldung des tatsächlichen Arbeitseinkommens der letzten vier Jahr (2006 - 2009) und um Vorlage entsprechender Belege. Unter dem 08.11.2011 teilte der Kläger folgendes Einkommen mit:
2006: 10.000,00 Euro 2007: 12.000,00 Euro 2008: 10.000,00 Euro 2009: 11.000,00 Euro
Einen Steuerbescheid fügte er nicht bei. Zur Begründung führte er aus, dass er die Mehrzahl seiner Einkünfte in E. erziele. Dort sei er steuerlich veranlagt.
Mit Schreiben vom 11.11.2011 forderte die Beklagte den Kläger nochmals auf, die Steuerbescheide vorzulegen. Zudem bat sie um Mitteilung, wie viele Monate der Kläger in Deutschland und wie viele Monate er im Ausland tätig sei.
Daraufhin teilte der Kläger am 13.12.2011 per E-Mail mit, dass er noch bis Anfang März in E. verbleibe. Die Steuerbescheide habe er schon zur Hand. Die Übersetzung werde noch diese Woche vorgenommen.
Mit Schreiben vom 13.01.2012 hörte die Beklagte den Kläger zu der beabsichtigen Beendigung der Versicherungspflicht an und führte aus, dass der Kläger in den Jahren 2006 bis 2009 kein wesentliches Einkommen in Deutschland erzielt habe. Der Kläger habe fast ausschließlich im Ausland, vornehmlich E., Einkünfte erwirtschaftet. Seit Jahren würden die Einnahmen nach eigenen Angaben nur in diesem Staat besteuert. Offensichtlich sei der grundsätzliche Mitteilpunkt seiner Lebensbeziehung ebenfalls in jenem Staat zu finden. Eine zeitliche Befristung des Auslandsaufenthaltes - abgesehen von tourneebedingten Unterbrechungen und kurzen Besuchen in Deutschland - sei damit nicht gegeben.
Mit Schreiben vom 17.01.2012 teilte der Kläger mit, dass er die Einkommenssteuerbescheide nicht vorlegen könne, da er nach Auskunft eines früheren Beraters aufgrund seiner sehr umfangreichen Auslandskonzerte (wegen der damit verbundenen hohen Aufwendungen) ohnehin unter dem steuerlichen Minimum liege. Letztlich sei aber nur entscheidend, welche Einkünfte netto erzielt worden seien. Eine Aufstellung werde er nachreichen. Auch habe er überwiegend in Deutschland seinen Aufenthalt.
Mit Bescheid vom 02.02.2012 stellte die Beklagte fest, dass die Versicherungspflicht nach dem KSVG zum 29.02.2012 ende. Nach den vorliegenden Angaben und Unterlagen habe der Kläger in den Jahren 2006 - 2009 kein (wesentliches) Arbeitseinkommen in der Bundesrepublik Deutschland erzielt. Nach eigenen Angabe habe der Kläger fast ausschließlich im Ausland, vornehmlich in seiner derzeitigen Wahlheimat in E., Einkünfte erwirtschaftet. Seit Jahren würden seine Einkünfte nach eigenen Angaben nur in diesem Staat besteuert. Offensichtlich sei der grundsätzliche Mittelpunkt seiner Lebensbeziehung ebenfalls in jenem Staat zu finden. Eine zeitliche Befristung des Auslandsaufenthaltes - abgesehen von tourneebedingten Unterbrechungen und kurzen Besuchen in Deutschland - sei damit nicht gegeben. Auf die entsprechende Anfrage vom 11.11.2011 habe der Kläger nicht reagiert bzw. erforderliche Unterlagen nicht zugesandt. Die alleinige Abgabe des vorläufigen Arbeitseinkommens für das Folgejahr sei nicht ausreichend.
In seinem hiergegen am 16.02.2012 eingelegten Widerspruch trug der Kläger vor, dass er seinen Wohnsitz bzw. den gleichgesetzten gewöhnlichen Aufenthalt in den Jahren 2006 bis 2009 in Deutschland gehabt habe. Nach § 9 Abgabenordnung (AO), der zur Definition herangezogen werden könne, sei ein zeitlich zusammenhängender Aufenthalt in Deutschland von mehr als 6 Monaten ausreichend, wobei alle "kurzfristigen Unterbrechungen" unberücksichtigt blieben. Ausweislich der mitübersandten Meldebestätigungen sei er lediglich im Jahr 2010 vom 14.10.2010 bis 09.03.2011 nicht in Deutschland gewesen. Bis zum 07.11.2011 sei er in Deutschland gewesen. Die überwiegende Anzahl der Konzerte (auch in den Vorjahren) sei auch so geplant gewesen, dass er nach den Konzerten wieder in Ü. habe sein können. E. sei auch nicht seine Wahlheimat. 2007 habe er 105 Konzerte gegeben und 24.351,00 Euro Umsatz bzw. Bruttoeinnahmen erspielt, 2008 habe er 97 Konzerte gegeben und 23.403,00 Euro Umsatz bzw. Bruttoeinnahmen erspielt, 2009 habe er 94 Konzerte gegeben und 24.801,00 Euro Umsatz bzw. Bruttoeinnahmen erspielt. Die für die Einkommenssteuer wesentlichen Nettoeinkünfte könnten noch nicht endgültig angegeben werden. Die Bruttoeinnahmen seien auch in den Jahren 2010 und 2011 erreicht worden. Zudem übersandte er ein Schreiben vom 24.05.2012 über eine Aufstellung seiner Netto-Einkünfte (Jahresergebnis 2006: 11.514,00 Euro; Jahresergebnis 2007: 15.396,00 Euro; Jahresergebnis 2008: 11.863,00 Euro; Jahresergebnis 2009: 16.156,00 Euro; Jahresergebnis 2010: 14.352,00 Euro). Weiter teilte er mit, dass die Erträge allein durch die internationale Konzertsaison erzielt worden seien. Hiervon seien noch die Kosten der Krankenversicherung von jährlich etwa 3.600,00 Euro abzusetzen. Es werde gebeten, das Arbeitseinkommen verbindlich entgegenzunehmen. Die Kosten seien ohne Rückgriff auf Unmengen an Reisekosten und Tickets geschätzt worden. Auch habe er sich überwiegend im steuerlichen Inland aufgehalten. Am 09.07.2012 reichte er ferner ein Schreiben seiner Steuerberaterin Frau K.-Sch. ein, in dem sie nach § 4 Abs. 3 Einkommenssteuergesetz (EStG) folgende Gewinnermittlung testierte:
2006: 29,00 Euro 2007: 53,00 Euro 2008: 5.227,00 Euro 2009: 8.926,00 Euro 2010: 5.812,00 Euro 2011: 3.379,00 Euro
Mit Schreiben vom 12.07.2012 führte die Beklagte ergänzend zum Bescheid vom 02.02.2012 aus, dass ein Begründungswechsel erfolge. Der Kläger habe zwar glaubhaft machen können, dass die überwiegende Auslandstätigkeit wohl unzutreffend sei. Jedoch sei nicht zu erwarten, dass für das laufende Kalenderjahr die Geringfügigkeitsgrenze überschritten werde. Innerhalb des 6-Jahreszeitraums sei auch die Mindestgrenze mehr als zweimal unterschritten worden. Der für die Vorauseinschätzung angegebene Wert erscheine unter Berücksichtigung der vorgenannten Unterlagen nicht plausibel. Tatsachen, die eine deutliche Steigerung des Einkommens gegenüber den Werten der Vorjahre erwarten lassen könnten, seien nicht ersichtlich. Die Voraussetzungen für eine Versicherungspflicht lägen somit auch weiterhin nicht vor.
Mit Schreiben vom 20.08.2012 gab der Kläger an, dass einige Daten von Frau K.-Sch. missverständlich übernommen worden seien. Eine Rücksprache könne aber erst im September 2012 erfolgen. Eine weitere Äußerung folgte nicht.
Mit Widerspruchsbescheid vom 27.09.2012 wies die Beklagte den Widerspruch zurück. Nach den von dem Kläger nachgereichten Einnahme-Überschuss-Rechnungen der Jahre 2006 bis 2011, die durch eine Steuerberaterin testiert worden seien, habe er in den Jahren 2006, 2007 und 2011 Arbeitseinkommen unter der sozialversicherungsrechtlichen Grenze des § 3 Abs. 1 KSVG erzielt. Unter Berücksichtigung des in den Vorjahren tatsächlich erzielten Arbeitseinkommens sei somit nicht plausibel, dass der Kläger im aktuellen Kalenderjahr ein Einkommen in Höhe des gemeldeten Wertes über der sozialversicherungsrechtlichen Geringfügigkeitsgrenze zu erwarten habe, da seine Einkommensprognose des Jahres 2012 nicht die des Jahres 2011 übersteige und 2011 lediglich ein geringfügiges Arbeitseinkommen habe erwirtschaftet werden können. Bei der vorzunehmenden Prognose für das zu schätzende Arbeitseinkommen seien jedoch alle relevanten Tatsachen zu berücksichtigen. Wenn sich aus den Einkommensteuerbescheiden bzw. Gewinnermittlungen der vergangenen Jahre wesentlich abweichende Einkommen ergäben und für das folgende Jahr keine wesentlichen Änderungen geplant seien (zusätzliche Verträge, Investitionen), könne sich die Prognose für das folgende Jahr nur an den Einkünften aus den Vorjahren orientieren.
Hiergegen erhob der Kläger am 05.10.2012 Klage zum Sozialgericht Konstanz (SG) mit der Begründung, dass ein Fall der Entsendung hier nicht vorliege. Auch sei durch Auflistung seiner Reisen nachgewiesen worden, dass der Schwerpunkt seiner Tätigkeit in Deutschland liege. Von allen Konzertreisen kehre er stets umgehend in seine Wohnung nach Ü. zurück. Die Frage des Versteuerungsortes sei irrelevant. Für den steuerrechtlichen Aufenthalt gelte in gleicher Weise die 183-Tage-Regelung oder der gewöhnliche Aufenthalt wie nach dem Sozialrecht. Danach sei allein Deutschland der Besteuerungsort. Es komme auch nicht auf die tatsächliche Höhe der steuerlichen Zahlungen an, sondern nach dem Gesetz auf den Wohnsitz bzw. gewöhnlichen Aufenthalt. Die Höhe der Steuerzahlungen sei nur für die inländische Steuerverwaltung relevant. Es werde auch nicht bestritten, dass er auch immer wieder mal Konzerte in Q. gebe. Diese Einnahmen (wenn solche anfielen) seien bisher in den mitgeteilten Beträgen nicht erfasst worden. Im Übrigen treffe es nicht zu, dass er 2006 nur ein Einkommen von 29,00 Euro und 2007 von 53,00 Euro bzw. im Jahr 2011 von 3.379,00 Euro gehabt habe. Die von der Steuerberaterin erhobenen Daten beruhten auf einer missverständlichen Interpretation der Kostenaufstellungen und Zusammenstellungen. Der Bescheid sei verfrüht erlassen worden, so dass die angekündigten Korrekturen nicht richtig untersucht und von ihm hätten berichtigt werden können. Bereits nach der Aufstellung der Netto¬-Einkünfte, die der Beklagten mit Schreiben vom 24.05.2012 vorgelegt worden seien, hätte keine Unterdeckung bestanden. Der Kläger hat zudem am 27.11.2012 korrigierte Testate der Gewinnfeststellungen zu den Streitjahren von Frau K.-Sch. vorgelegt. Danach wurden die Umsätze - unter Erhöhung der Einkünfte um Tantiemen (aus dem Bezug von Kompositionen des Vaters) und Kürzungen der Aufwendungen um eine Begleitperson und des Verpflegungsmehraufwands - wie folgt angegeben:
2006: 4.272,00 Euro 2007: 12.219,00 Euro 2008: 7.973,00 Euro 2009: 12.232,00 Euro 2010: 10.379,00 Euro Weiter führte der Kläger aus, dass es auch unrichtig sei, dass die Beurteilungsspielräume nicht mehr überprüfbar seien, da es jeder Prognose an der Bestimmtheit mangele und demzufolge auch allen Tatsachengrundlagen. Mithin gebe es keine gesetzliche, von der Beklagten apostrophierte Fixierung einer erstmaligen, unumstößlichen "richtigen Auskunft" durch ein Mitglied für eine künftige Einkommensangabe ab Erlass des Bescheides. Zudem könnten bei Künstlern niemals sofort alle Tatsachengrundlagen unwiderruflich bzw. zweifelsfrei vorgetragen werden. Ferner seien die ersten Einkünfte und Ausgaben rechtzeitig schon mit Schreiben vom 24.05.2012 vorgetragen worden, welche bereits dort die Geringfügigkeitsgrenze überschritten hätten. Er habe in diesem Schreiben auch um unverbindliche Übernahme dieser Tabelleninhalte gebeten und die Ergebnisse testiert. Seine Ergebnisse habe die Steuerberaterin Frau K.-Sch. übernommen, aber um steuerliche Aufwendungen ergänzt. Selbst wenn man die Tantiemen-Einkünfte, die aus den urheberrechtlich gebotenen Zuführungen des Vaters stammten, herausnehme, lägen die Ergebnisse für die Jahre 2007 bis 2010 über der Geringfügigkeitsgrenze. Auch im Januar 2006 ergebe sich ein Überschuss von 4.112,00 Euro wenn man Spenden, Raumkosten in Q. und pauschale Telefonkosten außen vor lasse.
Die Beklagte trat der Klage entgegen. Zur Begründung führte sie aus, dass sie nach wie vor nicht überzeugt sei, dass deutsches Recht anzuwenden sei, vgl. § 4 Sozialgesetzbuch Viertes Buch (SGB IV). Vorliegend sei zu prüfen, ob der Schwerpunkt der rechtlichen und tatsächlichen Merkmale bei der selbstständigen Tätigkeit innerhalb des Bundesgebietes liege. Weiterhin sei Voraussetzung für die Anwendung deutschen Rechts, dass sich die Begrenzung der Tätigkeit im Ausland aus der Eigenart der Tätigkeit ergebe oder diese vertraglich im Voraus zeitlich begrenzt sei. Zweifel bestünden schon hinsichtlich des ersten Kriteriums, da der Kläger selbst erklärt habe, dass er nicht in Deutschland steuerlich veranlagt werde, sondern in E., und die Mehrzahl seiner Einkünfte in E. erziele. Auch eine Aufstellung für den Zeitraum vom 05.04.2009 bis 01.11.2009 ergebe, dass der Kläger die Mehrzahl der Konzerte in dieser Zeit nicht in Deutschland absolviert habe, sondern im europäischen Ausland. Dazu kämen die Konzerte, die der Kläger von November eines Jahres bis zum April des Folgejahres jeweils in E. durchführe. Auch habe er bisher keine Steuerbescheide aus E. vorgelegt. Es könne daher keine Rede davon sein, dass der Kläger überwiegend in Deutschland tätig sei. Ausschlaggebend sei dabei nicht allein der Meldezeitraum in Deutschland, sondern wo der Lebensmittelpunkt liege. Ein wichtiges Kriterium bei der Beurteilung sei dabei, in welchem Land Einkommenssteuerpflicht bestehe, mithin nach Aussage des Klägers in E ... Der Auslandsaufenthalt sei auch nicht aufgrund der Eigenart der Tätigkeit oder vertraglich im Voraus zeitlich begrenzt, sondern jahreszeitlich bedingt. Weiter führte die Beklagte aus, dass ihr bei der Prognose ein gerichtlich nicht mehr zu überprüfender Beurteilungsspielraum zuzubilligen sei. Die Prognose sei dann fehlerfrei und verbindlich, wenn sie aufgrund der vorhandenen Umstände und Zahlen nachvollziehbar sei, insbesondere nicht gegen Denkansätze und Erfahrungssätze verstoße. Dabei könne nur auf die bekannten und zumindest erkennbaren Umstände abgestellt werden, auch soweit sie nicht erst in Zukunft zu erwarten seien, sondern bereits eingetreten seien. Grundlage der Prognose könnten deshalb nur die bis zum Abschluss des Widerspruchsverfahrens erkennbaren Umstände sein. Der Kläger habe erst sechs Wochen nach Erlass des Widerspruchsbescheides vorläufige korrigierte "Jahresergebnisse" für die Jahre 2006 - 2010 mitgeteilt. Diese seien mit Schreiben von 14.11.2012 noch einmal erheblich berichtigt worden. Angeforderte Einkommenssteuerbescheide bzw. Einnahmen-Überschussrechnungen habe er nicht vorgelegt. Die Angaben des Klägers vom 24.05.2012 seien nicht zu verwerten gewesen, da sie offensichtlich unvollständig gewesen seien. Der Kläger habe nicht die tatsächlichen Betriebsausgaben bzw. Werbungskosten in Abzug gebracht, sondern nur die Reisekosten im Zusammenhang mit den Konzerten berücksichtigt. Die vom Kläger vorgeschlagenen "Korrekturen" seien nicht nachvollziehbar, weil Spenden in die Einnahmen-Ausgaben-Überschussrechnungen offenbar ebenso wenig eingeflossen seien, wie die Raumkosten in Q. für die Privatwohnung der Ehefrau. Die pauschale Anrechnung von beruflich bedingten Telefonkosten dürfte dagegen auch vom Finanzamt in dieser Höhe berücksichtigt werden. Aufgrund der gesundheitlich bedingten Einschränkung des Klägers seien auch die Aufwendungen für eine Begleitperson und die "doppelt angesetzten Verpflegungsmehraufwendungen" absetzbar. Der Kläger trage die Beweislast, die Prognose zu erschüttern. Es werde darauf hingewiesen, dass eine Wiederfeststellung der Versicherungspflicht allenfalls für die Zukunft in Betracht komme, weil die Prognose nach dem bis zum Erlass des Widerspruchsbescheides vorgelegten Unterlagen nicht zu beanstanden gewesen sei.
Mit Gerichtsbescheid vom 29.06.2015 wies das SG die Klage ab. Rechtsgrundlage der angefochtenen Entscheidung der Beklagten sei § 48 Abs. 1 Satz 1 Sozialgesetzbuch Zehntes Buch (SGB X) iVm § 8 Abs. 2 Satz 2 KSVG. Nach § 48 SGB X sei ein Verwaltungsakt mit Wirkung für die Zukunft aufzuheben, soweit in den tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnissen, die beim Erlass des Verwaltungsaktes mit Dauerwirkung vorgelegen hätten, eine wesentliche Änderung eintrete. § 8 Abs. 2 Satz 2 KSVG regele ergänzend, dass der Bescheid über die Versicherungspflicht bei Änderung der Verhältnisse nur mit Wirkung vom Ersten des Monats an aufzuheben sei, der auf den Monat folge, in dem die Beklagte von der Änderung Kenntnis erhalte. Der Verwaltungsakt über die Feststellung der Versicherungspflicht des Klägers nach § 1 KSVG entfalte Dauerwirkung, da er ein zeitlich nicht befristetes Rechtsverhältnis mit Leistungs- und Beitragspflichten begründe, das sich nicht in einer einmaligen Gestaltung der Rechtslage erschöpfe (vgl. Bundessozialgericht (BSG), Urteil vom 02.04.2014, - B 3 KS 4/13 R, in juris). Seit Erlass des Bescheides vom 25.09.2011 (richtig: 2001) sei auch eine wesentliche Änderung eingetreten. Denn die Voraussetzungen für die Versicherungspflicht nach dem KSVG hätten im Zeitpunkt der Neufeststellung nicht mehr vorgelegen. Das voraussichtliche Einkommen des Klägers im Jahr 2010 habe nicht den Grenzbetrag des § 3 Abs. 1 Satz 1 KSVG in Höhe von 3.900,00 Euro überstiegen, weshalb keine Versicherungspflicht mehr bestanden habe. Die von der Beklagten vorgenommene Schätzung sei nicht zu beanstanden. Die der Beklagten damals bekannten Umstände hätten die Einschätzung, das Einkommen des Klägers werde im Jahr 2012 die Geringfügigkeitsgrenze nicht überschreiten, zugelassen. Der Kläger habe die von seiner Steuerberaterin testierte Aufstellungen über seine Einnahmen und Ausgaben der letzten vier Jahre vorgelegt. Diese hätten im Jahr 2006 und 2007 mit 29,00 Euro und 53,00 Euro deutlich und im Jahr 2011 mit 3.379,00 Euro gering unter der Geringfügigkeitsgrenze gelegen. Nachdem der Kläger zudem mehrfach mitgeteilt habe (etwa mit Schreiben vom 24.05.2011), dass die Umsätze wegen fehlenden Interesses und aufgrund seines Alters zurückgegangen seien, habe die Beklagte davon ausgehen können, dass in den Folgejahren mit keinem Einkommen oberhalb der Geringfügigkeitsgrenze zu rechnen sei. Soweit der Kläger auf die Zahlen in seinem Schreiben vom 24.05.2012 abstelle, seien die Angaben nicht nachvollziehbar und seien von der Beklagten zu Recht bei der Prognoseentscheidung nicht zugrunde gelegt. So habe der Kläger in seinem Schreiben vom 24.05.2012 selbst angegeben, dass die abgezogenen Kosten nur geschätzt und eine steuerliche Aufarbeitung noch nicht erfolgt sei. Zudem habe er angegeben, dass eine steuerliche Aufarbeitung noch geringere Einkünfte erwarten lasse. Aus seiner Aufstellung sei auch nicht erkennbar gewesen, welche konkreten Kosten berücksichtigt würden. Dagegen erscheine die Aufstellung der Steuerberaterin vom 30.06.2012 plausibel. In Würdigung dieser damals bekannten Gesamtumstände sei die Prognose der Beklagten daher nicht zu beanstanden. Soweit der Kläger im Klageverfahren neue Unterlagen vorgelegt habe, könnten diese nicht berücksichtigt werden und führten nicht zu einer falschen Prognoseentscheidung der Beklagten. Denn Grundlage der Prognose könnten nur die bis zum Erlass des Widerspruchsbescheides erkennbaren Umstände sein. Neue Unterlagen, die eine treffsichere Prognose erlauben oder zeigen würden, dass das prognostische Einkommen tatsächlich nicht erzielt würde, könnten nur zukunftsbezogen berücksichtigt werden. Die versicherungsrechtliche Stellung werde dadurch nicht in die Vergangenheit hinein verändert. Die Beklagte habe vielmehr im Rahmen eines neuen Verwaltungsverfahren zu prüfen, ob und ggf. ab wann aufgrund der neuen Unterlagen Anlass für eine neue Prüfung und erneute Feststellung der Versicherungspflicht in der KSV bestehe (vgl. BSG, Urteil vom 02.04.2014, - B 3 KS 4/13 R -, in juris.). Die Versicherungspflicht des Klägers sei auch nicht aufgrund der Regelung des § 3 Abs. 3 KSVG bestehen geblieben. Ausweislich der eingereichten Unterlagen mit Schreiben vom 30.06.2012 habe das Einkommen dreimal unter der Geringfügigkeitsgrenze von 3.900,00 Euro gelegen. Weitere Unterlagen oder Nachweise habe der Kläger bis zur Widerspruchsentscheidung nicht eingereicht, so dass es zu seinen Lasten bei der Rechtsfolge des § 3 Abs. 1 KSVG, wonach keine Versicherungspflicht bestehe, wenn das voraussichtliche Jahreseinkommen die dort genannte Grenze nicht übersteige, verbleibe.
Der Gerichtsbescheid wurde dem Bevollmächtigten des Klägers am 03.07.2015 gegen Empfangsbekenntnis zugestellt.
Hiergegen richtet sich die am 07.07.2015 zum Landessozialgericht Baden Württemberg (LSG) erhobene Berufung des Klägers. Im Hinblick auf den Begründungswechsel sei für die Prognoseentscheidung der Zeitraum 2007 bis 2012, nicht 2006, maßgeblich. Nach den im Widerspruchsverfahren vorgetragenen Daten lägen damit nur zwei Unterdeckungen vor. Darüber hinaus habe die Beklagte - wenn auch das Jahr 2006 eine Rolle spiele - die Auslandseinkünfte bei der Prognose nicht berücksichtigt. Diese hätten im Jahr 2006 zusätzliche 1.600 Euro betragen. Bei richtiger Beurteilung habe sich im Jahr 2006 ein Überschuss von 4.740,00 Euro ergeben. Auch wären die Abzugskosten überhöht angegeben worden. Unzutreffend habe das SG die bis zum Erlass des Widerspruchsbescheids vorgelegten Daten nicht berücksichtigt. Eine Korrektur der Daten müsse möglich sein.
Der Kläger beantragt,
den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Konstanz vom 29.06.2015 sowie den Bescheid vom 02.02.2012 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 27.09.2012 aufzuheben.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Die Entscheidung des SG sei nicht zu beanstanden. Aufgrund des Begründungswechsels sei das Jahr 2012 durchaus in die Betrachtung einbezogen worden. Hieraus ergäben sich jedoch keine für den Kläger günstigen Folgen. Der Kläger könne auch nicht mit seiner Auffassung durchdringen, dass nach Erlass des Widerspruchsbescheids eine Korrektur der Angaben möglich sein müsse. Dem stehe die Rechtsprechung des BSG entgegen.
Die Beteiligten haben sich mit einer Entscheidung des Senats ohne mündliche Verhandlung einverstanden erklärt.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts sowie des Vorbringens der Beteiligten wird im Übrigen auf die Sozialgerichtsakte erster und zweiter Instanz sowie auf die Verwaltungsakte der Beklagten Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die Berufung des Klägers, über die der Senat gem. §§ 153 Abs. 1, 124 Abs. 2 Sozialgerichtsgesetz (SGG) im Einverständnis der Beteiligten ohne mündliche Verhandlung entscheidet, ist gem. §§ 143, 144 SGG statthaft. Die Berufung ist form- und fristgerecht eingelegt und daher auch sonst gem. § 151 SGG zulässig. Sie ist jedoch nicht begründet.
Rechtsgrundlage der angefochtenen Entscheidung der Beklagten ist § 48 Abs. 1 Satz 1 SGB X iVm § 8 Abs. 2 Satz 2 KSVG. Nach § 48 SGB X ist ein Verwaltungsakt mit Wirkung für die Zukunft aufzuheben, soweit in den tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnissen, die beim Erlass des Verwaltungsaktes mit Dauerwirkung vorgelegen haben, eine wesentliche Änderung eintritt. § 8 Abs. 2 Satz 2 KSVG regelt ergänzend dass der Bescheid über die Versicherungspflicht bei Änderung der Verhältnisse nur mit Wirkung vom Ersten des Monats an aufzuheben ist, der dem Monat folgt, in dem die Beklagte von der Änderung Kenntnis erhält.
In diesem Sinne ist spätestens zum 29.02.2012 eine Änderung in den Verhältnissen insoweit eingetreten, als der Kläger entgegen der Feststellung im Bescheid vom 25.09.2001 nicht mehr zum Kreis der nach dem KSVG versicherungspflichtigen Künstler und Publizisten gehört. Denn spätestens zu diesem Zeitpunkt war der Kläger aufgrund der Verlegung seines Wohnsitzes nach Q. (E.) versicherungsfrei.
Gemäß § 3 Abs. 1 SGB IV gelten die Vorschriften über die Versicherungspflicht und die Versicherungsberechtigung, soweit sie eine Beschäftigung oder eine selbstständige Tätigkeit voraussetzen, für alle Personen, die im Geltungsbereich dieses Gesetzbuchs beschäftigt oder selbstständig tätig sind. Für die Frage, ob die deutschen Rechtsvorschriften anzuwenden sind, kommt es damit auf den Beschäftigungs- oder Tätigkeitsort an; maßgebend hierfür sind grundsätzlich die §§ 9 bis 11 SGB IV (Hauck/Haines, SGB IV, Kommentar, § 3 Rdnr. 7; LPK-SGB IV, Kommentar, § 9 Rdnr. 2; a.A. JurisPK-SGB IV, 2. Aufl. 2011, § 9 Rdnr. 6). Die Festlegung eines einzigen Sozialversicherungsstatus soll in erster Linie Doppelbelastungen mit Sozialversicherungsabgaben verhindern (BSG, Urteil vom 25.10.1995, - 3 RK 11/94 -, in juris). § 9 Abs. 1 SGB IV definiert dabei für Beschäftigte den Beschäftigungsort als den Ort, an dem die Beschäftigung tatsächlich ausgeübt wird. Maßgeblich sind allein die tatsächlichen Verhältnisse und nicht rechtliche Vereinbarungen. Entscheidend hierfür ist regelmäßig die körperliche Anwesenheit (LPK-SGB IV, a.a.O., Rdnr. 4). Für den Fall einer selbstständigen Tätigkeit sieht § 11 Abs. 1 SGB IV eine entsprechende Anwendung der Vorschriften für die Beschäftigungsorte in § 9 SGB IV vor. Soweit eine feste Arbeitsstätte nicht vorhanden ist und die selbstständige Tätigkeit an verschiedenen Orten ausgeübt wird, gilt gemäß § 11 Abs. 2 SGB IV abweichend hiervon als Tätigkeitsort der Ort des Wohnsitzes bzw. des gewöhnlichen Aufenthalts (LSG BW Urteil vom 17.03.2015, L 13 AL 2443/14 -, in juris). Die Sonderregelung des § 11 Abs. 2 SGB IV verdrängt dabei als lex specialis die Anwendbarkeit des § 9 Abs. 5 Sätze 1 und 2 SGB IV für selbstständig Tätige. Diese Regelungen sind nur für Beschäftigte denkbar, da sie einen Arbeitgeber voraussetzen. Auch würde das Bestehen eines Betriebes oder einer Außenstelle, die beide Anknüpfungspunkt in § 9 Abs. 5 SGB IV sind, bei Selbstständigen zu einer festen Arbeitsstätte führen, so dass dann kein Raum mehr für die Regelung bliebe. Nach § 11 Abs. 2 SGB IV wird bei Selbstständigen, die ohne feste Arbeitsstätte an verschiedenen Orten tätig sind, der Wohnsitz oder der Ort des gewöhnlichen Aufenthaltes als Tätigkeitsort fingiert. Der Wohnsitz ist in § 30 Abs. 3 Sozialgesetzbuch Erstes Buch (SGB I) als der Ort definiert, an dem jemand eine Wohnung unter Umständen innehat, die darauf schließen lassen, dass er sie beibehalten und benutzen wird. Seinen gewöhnlichen Aufenthalt hat jemand dort, wo er sich unter Umständen aufhält, die erkennen lassen, dass er an diesem Ort oder in diesem Gebiet nicht nur vorübergehend verweilt (Grimmke, in Juris-PK, § 11 RN 18f.). Die Frage des Vorliegens eines gewöhnlichen Aufenthalts nach § 30 Abs. 3 Satz 2 SGB I ist anhand einer dreistufigen Prüfung zu klären. Ausgangspunkt ist ein "Aufenthalt". Es sind sodann die mit dem Aufenthalt verbundenen "Umstände" festzustellen. Diese sind schließlich daraufhin zu würdigen, ob sie "erkennen lassen", dass der Betreffende am Aufenthaltsort oder im Aufenthaltsgebiet "nicht nur vorübergehend verweilt" (BSG, Urteil vom 16.06.2015, - B 13 R 36/13 R -, in juris; BSG, Urteil vom 10.12.2013, - B 13 R 9/13 R -, in juris; BSG, Urteil vom 31.10. 2012, - B 13 R 1/12 R -, in juris). Ob jemand sich gewöhnlich an einem Ort oder in einem Gebiet aufhält oder nur vorübergehend dort verweilt, lässt sich nur im Wege einer vorausschauenden Betrachtungsweise (Prognose) entscheiden (BSG, Urteil vom 16.06.2015, - B 13 R 36/13 R -, in juris; BSG, Urteil vom 10.12.2013 - B 13 R 9/13 R -, in juris; BSG, Urteil vom 31.10.2012, - B 13 R 1/12 R -, in juris; jeweils mit weiteren Nachweisen). Die Prognose hat alle mit dem Aufenthalt verbundenen Umstände zu berücksichtigen; dies können subjektive wie objektive, tatsächliche wie rechtliche sein. Es kann demnach nicht allein auf den Willen des Betroffenen ankommen, einen gewöhnlichen Aufenthalt zu begründen (sog Domizilwille: BSG, Urteil vom 09.05.1995, - 8 RKn 2/94 -, in juris); dies gilt insbesondere dann, wenn er nicht mit den tatsächlichen objektiven Umständen übereinstimmt (BSG, Urteil vom 22.03.1988, - 8/5a RKn 11/87 -, in juris). Ist nach der Prognose davon auszugehen, dass die betreffende Person zukunftsoffen "bis auf Weiteres" an dem Ort oder in dem Gebiet verweilen wird, so hat sie dort ihren gewöhnlichen Aufenthalt, wobei kein dauerhafter (unbegrenzter) Aufenthalt erforderlich ist. Dem vorübergehenden Aufenthalt wohnt dagegen als zeitliches Element eine Beendigung von vornherein inne (BSG, Urteil vom 16.06.2015 - B 13 R 36/13 R -, in juris; BSG, Urteil vom 10.12.2013, - B 13 R 9/13 R -, in juris).
Der Kläger übt als selbstständiger Geiger seine Tätigkeit unstreitig an unterschiedlichen Orten im Rahmen von Konzerten in unterschiedlichen Räumlichkeiten in unterschiedlichen Ländern aus. Eine feste Arbeitsstätte ist damit nicht gegeben. Vorliegend hat der Kläger zur Überzeugung des Senats seinen Wohnsitz spätestens im Jahr 2012 nach Q. (E.) verlegt und damit die Versicherungspflicht nach dem KSVG beendet. Nach seinen eigenen Angaben erzielte der Kläger zumindest ab 2011 die Mehrzahl seiner Einkünfte in E. und wird dort auch steuerlich veranlagt (Schreiben vom 08.11.2011). Dementsprechend hat er angegeben, dass er in E. keineswegs als Tourist weile und die Korrespondenz über seine E-Mail erfolgen solle. Die Anschrift in Deutschland wird vom Kläger nicht als Korrespondenzadresse angegeben. (E-Mail vom 18.01.2012 und Schreiben vom 08.11.2011). Auch für den Senat war der Kläger unter der Adresse in Ü. nicht erreichbar. Soweit der Kläger in Ü. gemeldet ist, genügt dies nicht zur Feststellung der Wohnanschrift. Allein aus der ordnungsbehördlichen Meldung folgt nicht die Festlegung der Wohnanschrift (Schlegel, in: Juris-PK § 30 RN 44 mwN). Die Begründung des Wohnsitzes setzt vielmehr einen eigenen, faktischen Inlandsaufenthalt voraus, der vorliegend nicht gegeben ist. Der Kläger ist selbst nach seinen Angaben nur im Zeitraum April bis November/Dezember an einzelnen Tagen unter der Adresse in Deutschland erreichbar. Allein diese Behauptung genügt jedoch für die Feststellung eines inländischen Wohnsitzes nicht. Vielmehr hatte der Senat im Sinne einer Gesamtschau zu berücksichtigen, dass der Kläger sich unstreitig zumindest ab 2009 während der Konzertsaison von November/Dezember bis einschließlich März in E. aufhielt. Von April bis November eines jeden Jahres befand sich der Kläger jeweils auf einer Tournee, die im Wesentlichen den europäischen Raum betraf, jedoch auch außereuropäische Ziele beinhaltete. Soweit der Kläger angibt, dass er zwischen den Konzerten stets nach Ü. zurückkehrte und daher dort seinen Wohnsitz habe, ist dies für den Senat nicht glaubwürdig. Zwischen den Konzerten lag ausweislich des Tourneeplans in der Regel ein Zeitraum von zwei bis drei Tagen. Auch der Ablauf der Tournee und die Entfernung der Tourneeorte zu dem vom Kläger angegebenen Wohnsitz in Ü. belegen, dass der Kläger nicht in der Lage war, stets von Ü. aus zu seinen Auftritten anzureisen. Auch die vom Kläger angegebenen Übernachtungs- und Reisekosten lassen nur den Schluss zu, dass der Kläger in der Regel von Auftritt zu Auftritt reist.
Damit aber liegt nach einer Gesamtschau der maßgebliche Wohnsitz des Klägers ab 2012 nicht in Deutschland. Soweit § 3 SGB IV Modifikationen erfährt, so ist weder § 4 noch § 5 oder § 6 SGB IV einschlägig. Die Tätigkeit in E. ist weder in Folge der Eigenart oder vertraglich im Voraus begrenzt. Vielmehr stellt sich die die Tourneetätigkeit in Deutschland als vertraglich begrenzte Tätigkeit dar.
Gelten gem. § 3 Abs. 1 SGB IV die Vorschriften über die Versicherungspflicht und die Versicherungsberechtigung daher ab 2012 nicht mehr für den Kläger, so war die Beklagte berechtigt, den Bescheid vom 25.09.2001 aufgrund der Änderung des Wohnsitzes gem. § 48 SGB X aufzuheben.
Es war daher wie tenoriert zu entscheiden.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Gründe für die Zulassung der Revision bestehen nicht (§ 160 Abs. 2 SGG).
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