L 2 AL 18/16 WA

Land
Hamburg
Sozialgericht
LSG Hamburg
Sachgebiet
Arbeitslosenversicherung
Abteilung
2
1. Instanz
SG Hamburg (HAM)
Aktenzeichen
S 17 AL 368/13 WA
Datum
2. Instanz
LSG Hamburg
Aktenzeichen
L 2 AL 18/16 WA
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
1. Die Klage auf Wiederaufnahme wird als unzulässig abgewiesen. 2. Außergerichtliche Kosten sind auch im vorliegenden Verfahren nicht zu erstatten. 3. Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand:

Der Kläger begehrt in der Sache die Wiederaufnahme früherer Verfahren mit dem Ziel der Zahlung höherer Arbeitslosenhilfe für die Zeit vom 31. Januar 1984 bis zum 23. Juni 1988.

Der am xxxxx 1953 geborene Kläger bezog anfangs der 1980er Jahre zunächst Arbeitslosengeld, anschließend Arbeitslosenhilfe und Krankengeld. Seinen Antrag auf Weitergewährung von Arbeitslosenhilfe ab dem 31. Januar 1984 lehnte die Beklagte zunächst mit Bescheid vom 26. März 1984 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 31. Oktober 1984 und dann erneut mit Bescheid vom 20. Oktober 1987 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 22. Januar 1988 ab. Gegen diese zweite Ablehnung erhob der Kläger, der zum damaligen Zeitpunkt entmündigt war, ohne Zustimmung des seinerzeitigen Vormunds Klage, die nach Mitteilung des Vormunds vom 9. November 1988, das Verfahren könne eingestellt werden, nicht weiter betrieben wurde. Im weiteren Verlauf erhob der Kläger sodann erneut Klage gegen den Bescheid vom 20. Oktober 1987 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 22. Januar 1988, die er am 10. Juni 1993 zurücknahm.

Nachdem die Beklagte ihm mit Bescheid vom 27. Januar 1994 und Änderungsbescheid vom 6. April 1994, beide in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 29. April 1994, Arbeitslosenhilfe für die Zeit vom 31. Januar 1984 bis zum 13. November 1985 zuerkannt hatte, erhob der Kläger hinsichtlich der Höhe und der Dauer der Leistung erneut Klage, die das Sozialgericht Hamburg mit rechtskräftig gewordenem Urteil vom 13. September 1995 (Az. 7 AR 590/94) abwies.

Am 16. Juni 2009 erhob der Kläger erneut Klage vor dem Sozialgericht Hamburg (Az. S 17 AL 358/09), mit der er zuletzt die Aufhebung des Urteils des Sozialgerichts Hamburg vom 13. September 1995 (Az. 7 AR 590/94) sowie die Verurteilung der Beklagten zur Zahlung von Arbeitslosenhilfe für die Zeit vom 31. Januar 1984 bis zum 23. Juni 1988 in Höhe von monatlich 1.500,00 DM, zur Verzinsung des Nachzahlungsbetrages sowie zur Gewährung einer beruflichen Weiterbildungsmaßnahme begehrte. Die Klage blieb auch in der Berufungsinstanz ohne Erfolg (Beschluss des Senats vom 7. Dezember 2012 – L 2 AL 4/12). Der Senat hat seinerzeit ausgeführt:

"Das Vorbringen des Klägers im Berufungsverfahren vermag keine Zweifel an der Richtigkeit der erstinstanzlichen Entscheidung zu begründen, wie der erkennende Senat auch in den Beschlüssen vom 3. März 2011 (Zurückweisung der Beschwerde gegen die erstinstanzliche Ablehnung des in gleicher Angelegenheit gestellten Antrags des Klägers auf Gewährung einstweiligen Rechtsschutzes (S 17 AL 32/11 ER = L 2 AL 10/11 B ER)) und 29. Mai 2012 (Ablehnung des Antrags auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe für die Durchführung dieses Berufungsverfahrens) ausgeführt hat, auf deren Gründe ebenfalls Bezug genommen wird. Dass der Kläger nunmehr (auch) die "Wiederaufnahme" eines noch früher abgeschlossenen, mit dem gleichen Ziel geführten Klageverfahrens anstrebt, führt zu keiner anderen Beurteilung. Zum einen war die Klageerhebung durch den seinerzeit entmündigten Kläger selbst schon gar nicht wirksam, weil der damalige Vormund ihr nicht beitrat und deren "Einstellung" anregte, zum anderen nahm der Kläger selbst in einem späteren Verfahren gegen dieselben Bescheide die Klage zurück, ohne dass irgendwelche Anhaltspunkte für eine Unwirksamkeit dieser Erklärung ersichtlich wären. Schließlich ist die jenen Verfahren zu Grunde liegende Ablehnungsentscheidung der Beklagten mit der Bewilligung von Arbeitslosenhilfe für die Zeit vom 31. Januar 1984 bis 13. November 1985 mit Bescheiden vom 27. Januar und 6. April 1994 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 29. April 1994, die dann Gegenstand des Verfahrens 7 AR 590/94 wurden, überholt. Lediglich ergänzend sei ausgeführt, dass es für einen etwaigen Überprüfungsantrag nach § 44 des Zehnten Buches Sozialgesetzbuch (SGB X) bzw. jedwede Klage mit dem Ziel der Gewährung höherer Leistungen wegen Arbeitslosigkeit für Zeiträume in den 80er Jahren des vorigen Jahrhunderts bereits deshalb an jeglicher Erfolgsaussicht fehlt, weil § 44 Abs. 4 SGB X eine rückwirkende Zahlung lediglich für vier Jahre zulässt. Deshalb und weil der Senat keine Zweifel an der Verfassungsmäßigkeit der streitentscheidenden Normen hat, scheidet auch eine Vorlage an das Bundesverfassungsgericht nach Art. 100 des Grundgesetzes aus."

Der Kläger erhob hiergegen Nichtzulassungsbeschwerde beim Bundessozialgericht, das mit Beschluss vom 22. April 2013 (Az. B 11 AL 142/12 B) den Antrag des Klägers auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe für das Beschwerdeverfahren ablehnte und die Nichtzulassungsbeschwerde als unzulässig verwarf.

Am 5. Juli 2013 hat der Kläger beim Sozialgericht Hamburg (Az. S 17 AL 368/13 WA) einen "Wiederaufnahmeantrag für die zurückgenommene Klage vom 9. November 1988" gestellt, womit eine Wiederaufnahme der Verfahren mit dem Aktenzeichen S 17 AL 358/09, 7 Ar 590/94 sowie einer durch Urteil vom 12. März 1992 entschiedenen Klage erreicht werden solle. Die erkennenden Spruchkörper hätten sich lediglich stereotyper Begründungen bedient und die politische Dimension ihrer Entscheidungen verkannt. Die Entmündigung sei unwirksam gewesen, da der seinerzeit tätige Richter kraft Gesetzes vom Richteramt ausgeschlossen gewesen sei. Er und andere Gerichtspersonen seien "rechtsunfähig und parteiunfähig" gewesen, was durch seine Vernehmung unter Einsatz eines Lügendetektors bewiesen werden solle. Auch sei er im Entmündigungsverfahren nicht anwaltlich vertreten gewesen.

Die Beklagte hat ausgeführt, es sei bereits rechtskräftig über den Antrag des Klägers auf Wiederaufnahme des Verfahrens mit dem Aktenzeichen 7 Ar 590/94 entschieden worden.

Durch Gerichtsbescheid vom 17. Februar 2015 (dem Kläger zugestellt am 23. Februar 2015) hat das Sozialgericht festgestellt, dass die Klage gegen den Bescheid der Beklagten vom 20. Oktober 1987 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 22. Januar 1988 am 9. November 1988 zurückgenommen worden sei. Eine Fortsetzung des Rechtsstreits scheide aus, da er durch wirksame Klagerücknahme erledigt worden sei. In diesem Sinne sei die Erklärung des seinerzeitigen Vormunds zu verstehen gewesen.

Am 16. März 2015 hat der Kläger Berufung eingelegt (Az. S 2 AL 12/15): Da das Vormundschaftsgericht, das seinerzeit die Entmündigung ausgesprochen habe, nicht ordnungsgemäß besetzt gewesen sei, habe der Vormund die Klage auch nicht wirksam zurücknehmen können.

Die Beklagte ist bei ihrer Auffassung geblieben.

Durch Beschluss vom 7. April 2015 hat der Senat das Berufungsverfahren dem Berichterstatter zur Entscheidung zusammen mit den ehrenamtlichen Richtern übertragen. Der Berichterstatter hat mit Verfügung vom 13. November 2015 einen Termin zur mündlichen Verhandlung für den 3. Februar 2016 anberaumt und hierbei die Ladung des Klägers mit Postzustellungsurkunde angeordnet. Auf der Postzustellungsurkunde von 17. November 2015 ist vermerkt, der unterzeichnende Postbedienstete habe das Schriftstück einem zum Empfang berechtigten Vertreter der unter der Zustellanschrift befindlichen Gemeinschaftseinrichtung, Herrn B., übergeben, weil er den Kläger in der Einrichtung nicht erreicht habe.

Der Senat hat den Rechtsstreit am 3. Februar 2016 mündlich verhandelt. Der Kläger ist zu diesem Termin nicht erschienen. Durch Urteil vom 3. Februar 2016 (dem Kläger zugestellt am 17. Februar 2016) hat der Senat die Berufung zurückgewiesen. Zur Begründung heißt es, er habe trotz Ausbleibens des Klägers im Termin zur mündlichen Verhandlung entscheiden können, da der Kläger ordnungsgemäß geladen und ordnungsgemäß darüber belehrt worden ist, dass auch im Falle seines Ausbleibens verhandelt und entschieden werden könne. Die statthafte Berufung sei unbegründet. Das Sozialgericht habe im angefochtenen Gerichtsbescheid zu Recht darauf erkannt, dass über die Klage gegen den Bescheid der Beklagten vom 20. Oktober 1987 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 22. Januar 1988 – sowie insgesamt über einen Anspruch auf höhere Arbeitslosenhilfe für die Zeit vom 31. Januar 1984 bis zum 23. Juni 1988 – nicht in der Sache zu entscheiden sei. Zur Vermeidung von Wiederholungen hat der Senat insoweit auf seinen Beschluss vom 7. Dezember 2012 (Aktenzeichen L 2 AL 4/12) verwiesen, der dem Kläger und der Beklagten bekannt sei. Das Vorbringen des Klägers im vorliegenden Verfahren sei nicht einmal ansatzweise geeignet, Anlass zu einer anderen Beurteilung seines wiederholt bei Gericht angebrachten Begehrens zu bieten. Insbesondere erschöpften sich seine Ausführungen, mit denen er der Sache nach die Unwirksamkeit der Entmündigung geltend mache, in vagen Anschuldigungen ohne jede rechtliche Substanz. Das Urteil ist mit einer Rechtmittelbelehrung versehen, in der der Kläger über die Möglichkeit einer Nichtzulassungsbeschwerde zum Bundessozialgericht belehrt worden ist.

Mit Schreiben vom 18. Februar 2016 (bei Gericht eingegangen am 23. Februar 2016) hat der Kläger ausdrücklich Wiedereinsetzung in den vorigen Stand beantragt und einen "Antrag auf neue Verhandlung" gestellt. Es sei ein neuer Termin anzuberaumen, da ihm die Ladung zum Termin am 3. Februar 2016 nicht zugestellt worden sei. Auch sei seine Betreuerin nicht von dem Termin in Kenntnis gesetzt worden. Eine Postzustellungsurkunde könne wirksam nur von ihm oder seiner Betreuerin unterzeichnet werden.

Später hat der Kläger erklärt, zur Vereinfachung des Verfahrens sollten er als Zeuge und seine Betreuerin als Klägerin zum Termin geladen werden. Die "Klägerin" wünsche eine Entscheidung durch eine Rechtsmittelinstanz. Der Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand müsse allerdings dringend beschieden werden. Sodann hat der Kläger ausgeführt, das Urteil des Senats vom 3. Februar 2016 sei unter Verletzung von § 579 Abs. 1 Nr. 4 Zivilprozessordnung (ZPO) ergangen. Die "Vormünderin" habe die Klage nicht zurücknehmen dürfen. In einer solchen Prozesslage müsse auch eine Nichtigkeitsklage statthaft sein. Der Anfechtungsgrund liege in vormundschaftlicher Willkür.

Die Betreuerin des Klägers hat einen Betreuerausweis des Amtsgerichts Hamburg – Betreuungsgericht – vom 15. April 2015 (Az. 107 XVII H 17120) vorgelegt, wonach sie unter anderem für den Aufgabenkreis der Vertretung gegenüber Sozialleistungsträgern zur gerichtlichen und außergerichtlichen Vertretung bestellt ist. Zugleich hat sie mitgeteilt, es bestehe kein Einwilligungsvorbehalt.

Dem Vorbringen des Klägers ist der Antrag zu entnehmen,

das Berufungsverfahren mit dem Aktenzeichen L 2 AL 12/15 vor dem Landessozialgericht Hamburg wieder aufzunehmen, den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Hamburg vom 17. Februar 2015 aufzuheben, die Verfahren vor dem Sozialgericht Hamburg mit den Aktenzeichen S 17 AL 358/09 und 7 Ar 590/94 wiederaufzunehmen und die Beklagte zu verurteilen, dem Kläger höhere Arbeitslosenhilfe für die Zeit vom 31. Januar 1984 bis zum 23. Juni 1988 zu zahlen.

Die Beklagte beantragt,

die Klage auf Wiederaufnahme abzuweisen, hilfsweise die Berufung zurückzuweisen.

Der Senat hat am 7. Dezember 2016 über den Antrag des Klägers mündlich verhandelt. Der Kläger hat erklärt, er halte seine Ansprüche auf Arbeitslosenhilfe nicht für verjährt und wolle hierzu noch rechtlich vortragen. Der Senat hat ihm hierzu eine Frist bis zum 6. Januar 2017 gesetzt, binnen derer der Kläger sich nicht geäußert hat. Er hat lediglich einer Entscheidung ohne weitere mündliche Verhandlung widersprochen. Der Senat hat sodann den Rechtsstreit am 8. Februar 2017 erneut mündlich verhandelt. Zu diesem Termin sind weder der Kläger noch seine Betreuerin erschienen. Der Kläger hat telefonisch mitgeteilt, er sei nicht verhandlungsfähig. Auf die Sitzungsniederschrift wird verwiesen.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der Prozessakte sowie der beigezogenen Prozessakte zum Aktenzeichen L 2 AL 42/12 verwiesen.

Entscheidungsgründe:

Der Senat konnte trotz Ausbleibens des Klägers im Termin zur mündlichen Verhandlung entscheiden, da der Kläger ordnungsgemäß geladen und ordnungsgemäß darüber belehrt worden ist, dass auch im Falle seines Ausbleibens verhandelt und entschieden werden kann.

Das im vorliegenden Verfahren geltend gemachte Rechtsschutzbegehren des Klägers hat keinen Erfolg, denn es ist unter jedem denkbaren rechtlichen Gesichtspunkt unzulässig.

1.) Es richtet sich auf erster Stufe gegen das Urteil des Senats vom 3. Februar 2016. Dieses Urteil ist dem Kläger gegenüber ausweislich der Postzustellungsurkunde von 17. Februar 2016 wirksam zugestellt worden. Dass das Urteil nicht auch seiner Betreuerin – von deren Einsetzung der Senat seinerzeit keine Kenntnis hatte – zugestellt worden ist, ist unschädlich. Unwirksam ist gemäß § 63 Abs. 2 Satz 1 Sozialgerichtsgesetz (SGG) in Verbindung mit § 170 Abs. 1 Satz 2 ZPO nur die Zustellung an eine nicht prozessfähige Person. Der Kläger war und ist jedoch nicht prozessunfähig. Ein Beteiligter ist gemäß § 71 Abs. 1 SGG prozessfähig, soweit er sich durch Verträge verpflichten kann. Ist ein Betreuer bestellt gemäß § 1896 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB), ändert sich dadurch an der Geschäfts- und Prozessfähigkeit grundsätzlich nichts. Ist jedoch vom Betreuungsgericht ein Einwilligungsvorbehalt gemäß § 1903 BGB angeordnet, so hat dies auch eine Einschränkung der Prozessfähigkeit zur Folge. Betrifft der Einwilligungsvorhalt den Gegenstand des Rechtsstreits, muss der Betroffenen von seinem Betreuer vertreten werden (vgl. Leitherer, in Meyer-Ladwig/Keller/Leitherer, SGG, 11. Aufl. 2014, § 71 Rn. 4). Ein Einwilligungsvorbehalt ist im vorliegenden Fall jedoch ausweislich des vorgelegten Betreuerausweises und der Auskunft der Betreuerin nicht angeordnet worden. In diesem Zusammenhang ist anzumerken, dass die vom Kläger gerügte unterlassene oder verspätete Weiterleitung innerhalb der Gemeinschaftseinrichtung – wenn sie denn vorläge – die Ersatzzustellung nicht unwirksam machte (VG Osnabrück, Beschluss vom 21. Oktober 2009 – 5 B 101/09, juris, Rn. 2).

2.) Das der Sache nach auf Fortsetzung des Berufungsverfahrens gerichtet Rechtsschutzbegehren ist unzulässig, weil unstatthaft. Der Kläger beruft sich der Sache nach darauf, die Ersatzzustellung der Terminsladung in der Gemeinschaftsunterkunft sei unwirksam gewesen, da in der Unterkunft die eingehende Post nicht an ihn weitergeleitet würde. Er rügt hiermit letztlich eine Verletzung von § 126 SGG, aus dessen Rechtsgedanken sich über den Wortlaut der Vorschrift hinaus auch ergibt, dass bei Ausbleiben eines ordnungsgemäß geladenen und hierbei über die Folgen seines Ausbleibens belehrten Beteiligten in seiner Abwesenheit in der Sache entschieden werden kann.

a) Als Wiederaufnahmeklage im Sinne der §§ 179, 180 SGG verstanden ist das Rechtsschutzbegehren des Klägers unzulässig. Die Zulässigkeit einer Wiederaufnahmeklage setzt die schlüssige Behauptung des Vorliegens eines gesetzlichen Wiederaufnahmegrundes voraus (vgl. BSG, Urteil vom 10. September 1997 – 9 RV 2/96, SozR 3-1500 § 179 Nr. 1 = juris, Rn. 14; explizit auch Bayerisches Landessozialgericht, Urteil vom 09. Dezember 2010 – L 10 AL 288/09 WA, juris, Rn. 10). Hieran fehlt es. Wiederaufnahmegründe ergeben sich aus § 179 Abs. 1 SGG in Verbindung mit den §§ 579, 580 ZPO sowie aus § 179 Abs. 2 SGG und § 180 SGG. Ein behaupteter Verstoß gegen § 126 SGG gehört nicht dazu. Auch soweit der Kläger selbst auf § 579 Abs. 1 Nr. 4 ZPO (hier in Verbindung mit § 179 Abs. 1 SGG) Bezug nimmt, dringt er damit nicht durch. Zunächst erfüllen bloße Zustellungsmängel den Tatbestand aus § 579 Abs. 1 Nr. 4 ZPO nicht (Baumbach/Lauterbach/Albers/Hartmann, ZPO, 72. Aufl., 2014, § 579 Rn. 19). Soweit der Kläger einen Anwendungsfall von § 579 Abs. 1 Nr. 4 ZPO darin sieht, dass in einem früheren Verfahren gegen seinen Willen eine Klagerücknahme erfolgt sei, kann mit dieser Begründung – ungeachtet aller weiteren rechtlichen Bedenken – nicht die Aufhebung des Senatsurteils vom 3. Februar 2016 verlangt werden.

Eine Verletzung von § 126 SGG kann vielmehr als Verfahrensmangel im Sinne des § 160 Abs. 2 Nr. 3 SGG im Wege der Nichtzulassungsbeschwerde gemäß § 160a SGG geltend gemacht werden (dazu BSG, Beschluss vom 24. Oktober 2013 – B 13 R 83/13 B, juris). Das Rechtsschutzbegehren des Klägers ist indes nicht als solche zu verstehen, denn er begehrt – obwohl ausdrücklich über die Möglichkeit einer Nichtzulassungsbeschwerde zum Bundessozialgericht belehrt – nicht die Überprüfung des Berufungsurteils durch eine übergeordnete Instanz, sondern die Fortsetzung des Berufungsverfahrens durch den Senat selbst ("Antrag auf neue Verhandlung"). Später hat er sein Rechtsschutzbegehren dann auch ausdrücklich als Nichtigkeitsklage bezeichnet und dabei auf § 579 Abs. 1 Nr. 4 ZPO Bezug genommen. Soweit er andererseits ausgeführt hat, seine Betreuerin strebe eine Entscheidung durch eine Rechtsmittelinstanz an, genügt dies daher nicht, um die Schriftsätze des Klägers als Nichtzulassungsbeschwerde aufzufassen.

b) Soweit der Kläger dieses Rechtsschutzbegehren als Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand bezeichnet hat, ist ein solcher unstatthaft, denn ein solcher kann nur bei Versäumung einer gesetzlichen Verfahrensfrist gestellt werden (§ 67 Abs. 1 SGG). Im vorliegenden Fall hat der Kläger indes keine solche Frist versäumt.

c) Als Anhörungsrüge (§ 178a SGG) verstanden ist das Rechtsschutzbegehren des Klägers unstatthaft, denn diese findet gemäß § 178a Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 SGG nur statt, wenn ein Rechtsmittel oder ein anderer Rechtsbehelf gegen die Entscheidung nicht gegeben ist. Dies ist in der vorliegenden Konstellation allerdings der Fall, denn auch eine Nichtzulassungsbeschwerde stellt ein Rechtsmittel im Sinne von § 178a Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 SGG dar (Leitherer in Meyer-Ladwig/Keller/Leitherer, SGG, 11. Aufl. 2014, § 178a Rn. 4). Ob das gegebene Rechtsmittel zum Zeitpunkt der Entscheidung über die Anhörungsrüge noch fristgerecht eingelegt werden kann, ist in diesem Zusammenhang unmaßgeblich (vgl. Leitherer, a.a.O., Rn. 4a m.w.N.).

3.) Der Kläger wird durch dieses Ergebnis auch nicht unzumutbar in seinen durch Art. 19 Abs. 4 Satz 1 Grundgesetz garantierten Rechtsschutzmöglichkeiten eingeschränkt. Ihm stehen gegen ein nach einseitig streitiger mündlicher Verhandlung ergangenes Urteil dieselben Rechtsmittel zu wie gegen ein Urteil, das aufgrund beidseitig streitiger Verhandlung ergangen wäre.

4.) Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.

5.) Gründe für die Zulassung der Revision (§ 160 Abs. 2 SGG) liegen nicht vor.
Rechtskraft
Aus
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