Land
Hamburg
Sozialgericht
LSG Hamburg
Sachgebiet
Rentenversicherung
Abteilung
2
1. Instanz
SG Hamburg (HAM)
Aktenzeichen
S 55 R 366/15
Datum
2. Instanz
LSG Hamburg
Aktenzeichen
L 2 R 115/16
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
1. Die Berufung wird als unzulässig verworfen. 2. Außergerichtliche Kosten sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten. 3. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand:
Der im Bereich Vermögenssorge unter Betreuung mit Einwilligungsvorbehalt stehende Kläger begehrt von der Beklagten im Rahmen eines Überprüfungsverfahrens nach § 44 Zehntes Buch Sozialgesetzbuch (SGB X) die Gewährung einer höheren Rente.
Die Beklagte bewilligte dem am xxxxx 1951 geborenen Kläger mit bestandskräftig (§ 77 Sozialgerichtsgesetz (SGG)) gewordenem Bescheid vom 23. Mai 2014 eine Altersrente für schwerbehinderte Menschen ab 1. Juli 2014. Den hinsichtlich dieses Bescheids gestellten Überprüfungsantrag des Klägers nach § 44 SGB X lehnte die Beklagte mit Bescheid vom 14. Januar 2015 ab, weil bei der Rentenberechnung alle vom Kläger zurückgelegten rentenrechtlichen Zeiten berücksichtigt und der Berechnung zugrunde gelegt worden seien. Der vom Kläger eingereichte Schwerbehindertenausweis habe keinerlei Auswirkungen auf die Rentenhöhe. Den gegen diesen Bescheid eingelegten Widerspruch des Klägers wies die Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 26. März 2015 zurück.
Der Kläger hat am 7. April 2015 Klage beim Sozialgericht (SG) Hamburg erhoben. Sowohl die gemäß Betreuerausweisen vom 16. März und 10. November 2015 für den Kläger bestellte Betreuerin, Frau T., als auch der stattdessen zuletzt gemäß Betreuerausweis vom 18. Mai 2016 bestellte Betreuer, Herr Z., haben mitgeteilt, dass sie den Kläger im vorliegenden Klageverfahren nicht verträten und die Klageerhebung nicht genehmigten. Zu ihren Aufgabenkreisen gehört(e) u.a. die Vermögenssorge, wobei der Kläger zu Willenserklärungen, die den Aufgabenkreis Vermögenssorge betreffen, der Einwilligung der Betreuerin bedurfte bzw. des Betreuers bedarf (Einwilligungsvorbehalt).
Das SG hat die Klage nach entsprechender Anhörung der Beteiligten einschließlich der Betreuerin / des Betreuers des Klägers ohne mündliche Verhandlung mit Gerichtsbescheid nach § 105 SGG vom 24. November 2016 abgewiesen. Die Klage sei bereits unzulässig, da der Kläger nicht prozessfähig sei. Ein Beteiligter sei gemäß § 71 Abs. 1 SGG prozessfähig, soweit er sich durch Verträge verpflichten könne. Sei ein Betreuer gemäß § 1896 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB) bestellt, ändere sich dadurch an der Geschäfts- und Prozessfähigkeit grundsätzlich nichts. Sei jedoch vom Betreuungsgericht ein Einwilligungsvorbehalt gemäß § 1903 BGB angeordnet, so habe dies auch eine Einschränkung der Prozessfähigkeit zur Folge. Betreffe der Einwilligungsvorhalt den Gegenstand des Rechtsstreits, müsse der Betroffene von seinem Betreuer vertreten werden (Hinweis auf Leitherer in: Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, SGG, 11. Aufl. 2014, § 71 Rn. 4). Vorliegend sei – wie bereits in den Betreuerausweisen vom 16. März und 10. November 2015 – im Betreuerausweis vom 18. Mai 2016 angeordnet, dass der Kläger zu Willenserklärungen, die den Aufgabenkreis Vermögenssorge beträfen, der Einwilligung des Betreuers bedürfe (Einwilligungsvorbehalt gemäß § 1903 BGB). Die Bewilligung einer (höheren) Rente gehöre zum Aufgabenkreis der Vermögenssorge, da es darum gehe, ob das Vermögen des Klägers vermehrt werde oder nicht. Der Einwilligungsvorbehalt betreffe damit den Gegenstand des vorliegenden Rechtsstreits, sodass der Kläger prozessunfähig sei und von seinem Betreuer vertreten werden müsse (Hinweis auf Leitherer, a.a.O.). Der Betreuer des Klägers habe jedoch mitgeteilt, dass er den Kläger im vorliegenden Klageverfahren nicht vertrete und die Klageerhebung nicht genehmige. Auch die frühere Betreuerin des Klägers habe mitgeteilt, dass sie eine Vertretung des Klägers im vorliegenden Verfahren nicht übernehme. Die Einwilligung sei auch nicht nach § 1903 Abs. 3 BGB entbehrlich. Gemäß § 1903 Abs. 3 Satz 1 BGB bedürfe der Betreute trotz Anordnung des Einwilligungsvorbehalts nicht der Einwilligung seines Betreuers, wenn die Willenserklärung dem Betreuten lediglich einen rechtlichen Vorteil bringe. Durch die Geltendmachung eines (höheren) Rentenzahlungsanspruchs erlange der Kläger jedoch nicht lediglich einen rechtlichen Vorteil. Denn die Geltendmachung des (höheren) Rentenzahlungsanspruchs bringe diesen zum Erlöschen gemäß § 362 BGB und stelle eine Verfügung über den Leistungsanspruch dar. Die Einziehung einer Forderung sei nicht nur rechtlich vorteilhaft (Hinweis auf Bundessozialgericht, Urteile vom 9. Dezember 1981 – 1 RJ 104/80 – und 2. Juli 2009 – B 14 AS 54/08 R, jeweils juris). Des Weiteren sei die Einwilligung auch nicht entbehrlich gemäß § 1903 Abs. 3 Satz 2 BGB. Danach bedürfe, soweit das Gericht nichts anderes anordne, der Betreute der Einwilligung seines Betreuers nicht, wenn die Willenserklärung eine geringfügige Angelegenheit des täglichen Lebens betreffe. Bei einem gerichtlichen Klageverfahren handele es sich nicht um eine solche geringfügige Angelegenheit des täglichen Lebens. Das Gericht verweise auch auf den Beschluss des Landessozialgerichts Hamburg im Verfahren betreffend die Gewährung von Prozesskostenhilfe vom 12. Mai 2016 – L 2 R 48/16 B PKH. Darin werde ebenfalls im Hinblick auf die Einwilligungsvorbehalte in den Betreuerausweisen von einer fehlenden Prozessfähigkeit des Klägers ausgegangen.
Gegen diesen ihm und seinem Betreuer jeweils am 30. November 2016 zugestellten Gerichtsbescheid richtet sich die am 7. Dezember 2016 eingelegte Berufung des Klägers, mit der er sein Begehren weiter verfolgt und beantragt,
den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Hamburg vom 24. November 2016 sowie den Bescheid der Beklagten vom 14. Januar 2015 in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 26. März 2015 aufzuheben und die Beklagte zu verpflichten, ihm unter Abänderung des Rentenbescheids vom 23. Mai 2014 sowie aller seither ergangenen Rentenanpassungsbescheide eine höhere Rentenleistung zu bewilligen.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung als unzulässig zu verwerfen, hilfsweise, die Berufung zurückzuweisen.
Sie hält die angefochtene Entscheidung sowie ihre streitgegenständlichen Bescheide für richtig.
Auf Anfrage des Senats hat der Betreuer des Klägers unter dem 23. Dezember 2016 erklärt, dass er den Kläger in der Angelegenheit nicht vertrete und die Einlegung der Berufung nicht genehmige.
Mit Beschluss vom 26. Januar 2017 hat der Senat die Berufung nach § 153 Abs. 5 SGG dem Berichterstatter übertragen, der zusammen mit den ehrenamtlichen Richtern entscheidet.
Zur Ergänzung des Tatbestands wird auf die vorbereitenden Schriftsätze der Beteiligten, die Sitzungsniederschrift vom 22. Februar 2017 sowie den weiteren Inhalt der hiesigen Prozessakte und der ausweislich der Sitzungsniederschrift beigezogenen Akten Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die Berufung ist aus demselben Grund wie bereits die Klage, der Prozesskostenhilfeantrag des Klägers und die gegen dessen Ablehnung eingelegte Beschwerde (L 2 R 48/16 B PKH) unzulässig: Der Kläger ist nicht prozessfähig, und der Betreuer hat die Berufungseinlegung nicht genehmigt und lehnt eine Vertretung des Klägers im Berufungsverfahren ab. Auf die Gründe des angefochtenen Gerichtsbescheids sowie des Beschlusses des erkennenden Senats vom 12. Mai 2016 – L 2 R 48/16 B PKH – wird zur Vermeidung von Wiederholungen entsprechend § 153 Abs. 2 SGG Bezug genommen.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Gründe für eine Zulassung der Revision nach § 160 Abs. 2 SGG liegen nicht vor.
Tatbestand:
Der im Bereich Vermögenssorge unter Betreuung mit Einwilligungsvorbehalt stehende Kläger begehrt von der Beklagten im Rahmen eines Überprüfungsverfahrens nach § 44 Zehntes Buch Sozialgesetzbuch (SGB X) die Gewährung einer höheren Rente.
Die Beklagte bewilligte dem am xxxxx 1951 geborenen Kläger mit bestandskräftig (§ 77 Sozialgerichtsgesetz (SGG)) gewordenem Bescheid vom 23. Mai 2014 eine Altersrente für schwerbehinderte Menschen ab 1. Juli 2014. Den hinsichtlich dieses Bescheids gestellten Überprüfungsantrag des Klägers nach § 44 SGB X lehnte die Beklagte mit Bescheid vom 14. Januar 2015 ab, weil bei der Rentenberechnung alle vom Kläger zurückgelegten rentenrechtlichen Zeiten berücksichtigt und der Berechnung zugrunde gelegt worden seien. Der vom Kläger eingereichte Schwerbehindertenausweis habe keinerlei Auswirkungen auf die Rentenhöhe. Den gegen diesen Bescheid eingelegten Widerspruch des Klägers wies die Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 26. März 2015 zurück.
Der Kläger hat am 7. April 2015 Klage beim Sozialgericht (SG) Hamburg erhoben. Sowohl die gemäß Betreuerausweisen vom 16. März und 10. November 2015 für den Kläger bestellte Betreuerin, Frau T., als auch der stattdessen zuletzt gemäß Betreuerausweis vom 18. Mai 2016 bestellte Betreuer, Herr Z., haben mitgeteilt, dass sie den Kläger im vorliegenden Klageverfahren nicht verträten und die Klageerhebung nicht genehmigten. Zu ihren Aufgabenkreisen gehört(e) u.a. die Vermögenssorge, wobei der Kläger zu Willenserklärungen, die den Aufgabenkreis Vermögenssorge betreffen, der Einwilligung der Betreuerin bedurfte bzw. des Betreuers bedarf (Einwilligungsvorbehalt).
Das SG hat die Klage nach entsprechender Anhörung der Beteiligten einschließlich der Betreuerin / des Betreuers des Klägers ohne mündliche Verhandlung mit Gerichtsbescheid nach § 105 SGG vom 24. November 2016 abgewiesen. Die Klage sei bereits unzulässig, da der Kläger nicht prozessfähig sei. Ein Beteiligter sei gemäß § 71 Abs. 1 SGG prozessfähig, soweit er sich durch Verträge verpflichten könne. Sei ein Betreuer gemäß § 1896 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB) bestellt, ändere sich dadurch an der Geschäfts- und Prozessfähigkeit grundsätzlich nichts. Sei jedoch vom Betreuungsgericht ein Einwilligungsvorbehalt gemäß § 1903 BGB angeordnet, so habe dies auch eine Einschränkung der Prozessfähigkeit zur Folge. Betreffe der Einwilligungsvorhalt den Gegenstand des Rechtsstreits, müsse der Betroffene von seinem Betreuer vertreten werden (Hinweis auf Leitherer in: Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, SGG, 11. Aufl. 2014, § 71 Rn. 4). Vorliegend sei – wie bereits in den Betreuerausweisen vom 16. März und 10. November 2015 – im Betreuerausweis vom 18. Mai 2016 angeordnet, dass der Kläger zu Willenserklärungen, die den Aufgabenkreis Vermögenssorge beträfen, der Einwilligung des Betreuers bedürfe (Einwilligungsvorbehalt gemäß § 1903 BGB). Die Bewilligung einer (höheren) Rente gehöre zum Aufgabenkreis der Vermögenssorge, da es darum gehe, ob das Vermögen des Klägers vermehrt werde oder nicht. Der Einwilligungsvorbehalt betreffe damit den Gegenstand des vorliegenden Rechtsstreits, sodass der Kläger prozessunfähig sei und von seinem Betreuer vertreten werden müsse (Hinweis auf Leitherer, a.a.O.). Der Betreuer des Klägers habe jedoch mitgeteilt, dass er den Kläger im vorliegenden Klageverfahren nicht vertrete und die Klageerhebung nicht genehmige. Auch die frühere Betreuerin des Klägers habe mitgeteilt, dass sie eine Vertretung des Klägers im vorliegenden Verfahren nicht übernehme. Die Einwilligung sei auch nicht nach § 1903 Abs. 3 BGB entbehrlich. Gemäß § 1903 Abs. 3 Satz 1 BGB bedürfe der Betreute trotz Anordnung des Einwilligungsvorbehalts nicht der Einwilligung seines Betreuers, wenn die Willenserklärung dem Betreuten lediglich einen rechtlichen Vorteil bringe. Durch die Geltendmachung eines (höheren) Rentenzahlungsanspruchs erlange der Kläger jedoch nicht lediglich einen rechtlichen Vorteil. Denn die Geltendmachung des (höheren) Rentenzahlungsanspruchs bringe diesen zum Erlöschen gemäß § 362 BGB und stelle eine Verfügung über den Leistungsanspruch dar. Die Einziehung einer Forderung sei nicht nur rechtlich vorteilhaft (Hinweis auf Bundessozialgericht, Urteile vom 9. Dezember 1981 – 1 RJ 104/80 – und 2. Juli 2009 – B 14 AS 54/08 R, jeweils juris). Des Weiteren sei die Einwilligung auch nicht entbehrlich gemäß § 1903 Abs. 3 Satz 2 BGB. Danach bedürfe, soweit das Gericht nichts anderes anordne, der Betreute der Einwilligung seines Betreuers nicht, wenn die Willenserklärung eine geringfügige Angelegenheit des täglichen Lebens betreffe. Bei einem gerichtlichen Klageverfahren handele es sich nicht um eine solche geringfügige Angelegenheit des täglichen Lebens. Das Gericht verweise auch auf den Beschluss des Landessozialgerichts Hamburg im Verfahren betreffend die Gewährung von Prozesskostenhilfe vom 12. Mai 2016 – L 2 R 48/16 B PKH. Darin werde ebenfalls im Hinblick auf die Einwilligungsvorbehalte in den Betreuerausweisen von einer fehlenden Prozessfähigkeit des Klägers ausgegangen.
Gegen diesen ihm und seinem Betreuer jeweils am 30. November 2016 zugestellten Gerichtsbescheid richtet sich die am 7. Dezember 2016 eingelegte Berufung des Klägers, mit der er sein Begehren weiter verfolgt und beantragt,
den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Hamburg vom 24. November 2016 sowie den Bescheid der Beklagten vom 14. Januar 2015 in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 26. März 2015 aufzuheben und die Beklagte zu verpflichten, ihm unter Abänderung des Rentenbescheids vom 23. Mai 2014 sowie aller seither ergangenen Rentenanpassungsbescheide eine höhere Rentenleistung zu bewilligen.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung als unzulässig zu verwerfen, hilfsweise, die Berufung zurückzuweisen.
Sie hält die angefochtene Entscheidung sowie ihre streitgegenständlichen Bescheide für richtig.
Auf Anfrage des Senats hat der Betreuer des Klägers unter dem 23. Dezember 2016 erklärt, dass er den Kläger in der Angelegenheit nicht vertrete und die Einlegung der Berufung nicht genehmige.
Mit Beschluss vom 26. Januar 2017 hat der Senat die Berufung nach § 153 Abs. 5 SGG dem Berichterstatter übertragen, der zusammen mit den ehrenamtlichen Richtern entscheidet.
Zur Ergänzung des Tatbestands wird auf die vorbereitenden Schriftsätze der Beteiligten, die Sitzungsniederschrift vom 22. Februar 2017 sowie den weiteren Inhalt der hiesigen Prozessakte und der ausweislich der Sitzungsniederschrift beigezogenen Akten Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die Berufung ist aus demselben Grund wie bereits die Klage, der Prozesskostenhilfeantrag des Klägers und die gegen dessen Ablehnung eingelegte Beschwerde (L 2 R 48/16 B PKH) unzulässig: Der Kläger ist nicht prozessfähig, und der Betreuer hat die Berufungseinlegung nicht genehmigt und lehnt eine Vertretung des Klägers im Berufungsverfahren ab. Auf die Gründe des angefochtenen Gerichtsbescheids sowie des Beschlusses des erkennenden Senats vom 12. Mai 2016 – L 2 R 48/16 B PKH – wird zur Vermeidung von Wiederholungen entsprechend § 153 Abs. 2 SGG Bezug genommen.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Gründe für eine Zulassung der Revision nach § 160 Abs. 2 SGG liegen nicht vor.
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