Land
Hamburg
Sozialgericht
LSG Hamburg
Sachgebiet
Krankenversicherung
Abteilung
1
1. Instanz
SG Hamburg (HAM)
Aktenzeichen
S 2 KR 1043/10
Datum
2. Instanz
LSG Hamburg
Aktenzeichen
L 1 KR 51/15
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
1. Die Berufung wird zurückgewiesen. 2. Der Kläger trägt die außergerichtlichen Kosten des Beigeladenen zu 1. Im Übrigen sind außergerichtliche Kosten auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten. 3. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand:
Die Beteiligten streiten über die Höhe des der Berechnung des Gesamtsozialversicherungsbeitrags zugrunde zulegenden Arbeitsentgelts für die vom Kläger bei dem Beigeladenen zu 1. im Zeitraum vom 8. Juli 1997 bis 31. Mai 2004 verrichtete Tätigkeit.
Der 1941 geborene Kläger war bis ins Jahr 1997 als selbständiger Handelsvertreter tätig und seit geraumer Zeit bei der Beklagten gesetzlich kranken- und pflegeversichert. Ab 8. Juli 1997 trat er in ein Vertragsverhältnis mit der Beigeladenen zu 1 ... Es wurde unter Hinweis auf §§ 84 ff Handelsgesetzbuch (HGB) ein sogenannter Handelsvertretervertrag geschlossen, der dann im Jahre 1999 in einigen Punkten abgeändert wurde. Nach dem Vertrag bestand das Gehalt des Klägers im Wesentlichen in einer 8%igen bzw. 10%igen Provision auf die von ihm vermittelten Aufträge. Der Kläger gab gegenüber der Beklagten an, selbständig tätig zu sein, und legte Einkommenssteuerbescheide zur Ermittlung der Beiträge zur freiwilligen Kranken- und Pflegeversicherung vor.
Als die Beigeladene zu 1. im November 2003 das Vertragsverhältnis gegenüber dem Kläger zu Ende Mai 2004 kündigte, erhob der Kläger Kündigungsschutzklage beim Arbeitsgericht Hamburg, da er nach rechtlicher Beratung nunmehr die Auffassung vertrat, dass tatsächlich ein Arbeitsverhältnis vorgelegen habe und der Betriebsrat vor Ausspruch der Kündigung hätte eingeschaltet werden müssen.
Das Arbeitsgericht Hamburg wies die Klage mit Urteil vom 3. August 2004 (Az.: 2 Ca 39/04) ab, da zwischen dem Kläger und der Beigeladenen zu 1. kein Arbeitsverhältnis bestanden habe. Die vom Kläger dagegen eingelegte Berufung führte zum Erfolg. Mit Urteil vom 3. November 2005 (Az.: 2 Sa 80/04) stellte das Landesarbeitsgericht Hamburg fest, dass ein Arbeitsverhältnis vorliege, da der Kläger wegen der vertraglichen Verpflichtung, das zur Verfügung gestellte Adressmaterial lückenlos zu bearbeiten und entsprechende Kundenbesuche durchzuführen, seine Arbeitszeit nicht frei habe bestimmen können. Diese Verpflichtungen sei auch überwacht worden und es seien Abmahnungen ausgesprochen worden. Im Übrigen seien konkrete Weisungen im Einzelfall erfolgt.
Daraufhin führte der Kläger mehrere Rechtsstreite vor dem Sozialgericht Hildesheim, dem Landessozialgericht Niedersachsen-Bremen und dem Bundesozialgericht. Auslöser war unter anderem der Bescheid vom 16. November 2006 in der Fassung des Widerspruchsbescheids vom 10. Januar 2007, mit dem die Beklagte feststellte, dass der Kläger ab 8. Juli 1997 in einem sozialversicherungsrechtlichen Beschäftigungsverhältnis gestanden habe und die Beigeladene zu 1. ab 1. Dezember 1999 zur Abführung von Gesamtsozialversicherungsbeiträgen verpflichtet sei. Die hiergegen von der Beigeladenen zu 1. vor dem Sozialgericht Hamburg zum Aktenzeichen S 23 KR 95/07 erhobene Klage wurde zurückgenommen.
In den Verfahren S 20 KR 24/07 bzw. L 4 KR 137/11 vor dem Sozialgericht Hildesheim und dem Landesozialgericht Niedersachsen-Bremen begehrte der Kläger dann zum einen, die Beklagte zu verpflichten, auch für den Zeitraum 8. Juli 1997 bis 30. November 1999 Gesamtsozialversicherungsbeiträge von der Beigeladenen zu 1. einzuziehen und zum anderen für den Zeitraum 8. Juli 1997 bis 31. Mai 2004 Beiträge auf der Basis eines Bruttoeinkommens in Höhe von 317.241,32 EUR zu erheben. Klage (Urteil vom 17. Februar 2011) und Berufung (Urteil vom 24. April 2012) blieben erfolglos, da nach § 25 Abs. 1 Satz 1 Viertes Buch Sozialgesetzbuch (SGB IV) Beitragsschulden innerhalb von vier Jahren nach dem Ende des Jahres, in dem sie fällig geworden seien, verjährten. Die in § 25 Abs. 1 Satz 2 SGB IV geregelte Verlängerung der Verjährungsfrist auf 30 Jahre komme nicht in Betracht, da dafür nach der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts (BSG) das Bewusstsein und der Wille, die Abführung fälliger Beiträge zu unterlassen, Voraussetzung sei. Regelmäßig werde Vorsatz in Fällen von Schwarzarbeit angenommen. Bei komplizierteren Vorschriften sowie bei Unterschieden zwischen steuerrechtlichen und sozialversicherungsrechtlichen Vorschriften, werde hingegen regelmäßig von Fahrlässigkeit ausgegangen. Hier scheide ein vorsätzliches pflichtwidriges Unterlassen der Beitragsabführung durch die Beigeladene zu 1. aus, da selbst das Arbeitsgericht Hamburg das Vertragsverhältnis zwischen dem Kläger und der Beigeladenen zu 1. als Handelsvertretervertrag qualifiziert und damit die Rechtsauffassung der Beigeladenen zu 1. bestätigt habe. Unter diesen Umständen könne Vorsatz erst mit der rechtskräftigen Entscheidung des arbeitsgerichtlichen Verfahrens eintreten. Soweit der Kläger eine Beitragserhebung auf der Basis eines Bruttoeinkommens in Höhe von 317.241,32 EUR begehrte, wurde die Klage bereits als unzulässig angesehen, da der Rechtstreit nur das "Ob" der Abgabenpflicht, nicht aber deren Höhe betreffe.
In den Verfahren S 20 KR 21/07 bzw. L 4 KR 19/10 vor dem Sozialgericht Hildesheim und dem Landessozialgericht Niedersachsen-Bremen begehrte der Kläger eine Erstattung der von ihm an die Beklagte gezahlten Beiträge zur freiwilligen gesetzlichen Krankenversicherung für den Zeitraum 8. Juli 1997 bis 30. November 1999. Auch hier blieben Klage und Berufung des Klägers erfolglos, da der geltend gemachte Erstattungsanspruch gemäß § 27 Abs. 2 SGB IV bereits verjährt gewesen sei.
Auch die entsprechenden Nichtzulassungsbeschwerden vor dem BSG (vgl. Beschluss vom 20.2.2013 Az.: B 12 KR 42/12 und Beschluss vom 31.01.2013 Az.: B 12 KR 41/12) blieben erfolglos.
Zuvor wurde bereits am 15. März 2007 vor dem Arbeitsgericht Hamburg zwischen dem Kläger und dem Beigeladenen zu 1. in dem Verfahren mit dem Az 2 Ca 271/06 ein Vergleich geschlossen, nach dem u.a. Einigkeit bestehe, dass für die hier streitige Zeit vom 8. Juli 1997 bis zum 31. Mai 2004 keine Ansprüche mehr aus dem Arbeitsverhältnis bestünde. Zudem wurde geregelt, dass mit dem Vergleich alle Ansprüche der Parteien gegeneinander aus dem Arbeitsverhältnis, seiner Beendigung und aus sämtlichen etwaigen sonstigen Rechtsverhältnissen aus dem den Vergleich zugrunde liegenden sowie zwei weiteren arbeitsgerichtlichen Streitigkeiten (2 Ca 620/05 und 2 Ca 51/06, Arbeitsentgelt ab Juni 2004 und Kündigungsschutz) erledigt seien. Dieser Vergleich wurde erst im Berufungsverfahren in das vorliegende Streitverfahren eingeführt.
Ebenfalls zuvor stellte der Kläger bereits am 9. Oktober 2007 einen Antrag bei der Beklagten, die von der Beigeladenen zu 1. für den Zeitraum 1997 bis 2004 gemeldeten Entgelte auf Bruttobeträge hochzurechnen, da die zugrundeliegende Entgeltabrede als Nettolohnabrede zu verstehen sei. Diesem Antrag legte der Kläger eine entsprechende Hochrechnung auf einen Bruttobetrag in Höhe von 317.241,32 EUR bei.
Mit Bescheid vom 28. August 2009 stellte die Beklagte beitragspflichtige Einnahmen gemäß § 14 Abs. 1 SGB IV in Höhe von 136.896 EUR für den Zeitraum 1. Dezember 1999 bis 31. Mai 2004 fest. Eine Hochrechnung nach § 14 Abs. 2 SGB IV komme nicht in Betracht, da hier weder eine Nettolohnvereinbarung noch ein illegales Beschäftigungsverhältnis bestanden habe. Dagegen legte der damalige Prozessbevollmächtigte des Klägers mit Schreiben vom 17. September 2009 Widerspruch ein. Zum einen sei der Zeitraum 8. Juli 1997 bis 30. November 1999 nicht berücksichtigt und zum anderen seien die gezahlten Entgelte als Nettozahlungen zu qualifizieren.
Anschließend ergänzte die Beklagte mit Bescheid vom 7. Januar 2010 ihren Bescheid vom 28. August 2009, in dem sie mitteilte, dass für den Zeitraum 8. Juli 1997 bis 31. Dezember 1997 23.810 DM und für den Zeitraum 1. Januar 1998 bis 31. Dezember 1998 47.239 DM an den Beigeladenen zu 2. gemeldet worden seien.
Mit Widerspruchsbescheid vom 11. Mai 2010 wurde der Widerspruch zurückgewiesen. Die Beigeladene zu 1. habe folgende Entgelte gemeldet:
08.07.1997 bis zum 31.12.1997 23.810,00 DM 01.010.198 bis zum 31.12.1998 47.239,00 DM 01.01.1999 bis zum 31.12.1999 20.826,00 EUR 01.01.2000 bis zum 31.12.2000 23.818,00 EUR 01.01.2001 bis zum 31.12.2001 31.116,00 EUR 01.01.2002 bis zum 31.12.2002 25.233,00 EUR 01.01.2003 bis zum 31.12.2003 15.671,00 EUR 01.01.2004 bis zum 31.12.2004 20.232,00 EUR.
Diese Entgelte seien als meldepflichtig festgestellt und an den Beigeladenen zu 2. gemeldet worden. Dem Widerspruch könne nicht abgeholfen werden, da nicht substantiiert dargelegt sei, dass die von der Beigeladenen zu 1. gemeldeten Entgelte nicht richtig seien.
Dagegen hat der Kläger am 25. Mai 2010 Klage erhoben. Für den streitigen Zeitraum 8. Juli 1997 bis 31. Mai 2004 sei von einem Bruttoarbeitsentgelt in Höhe von 317.241,32 EUR auszugehen. Tatsächlich gemeldet worden seien jedoch nur 173.223 EUR. Dieser Betrag müsse auf den geltend gemachten Bruttobetrag hochgerechnet werden, da die Beigeladene zu 1. versucht habe, das sozialversicherungspflichtige Arbeitsverhältnis zu verschleiern. So sei im Jahr 1999 der Vertrag von 1997 gerade in den für ein Arbeitsverhältnis sprechenden Punkten maßgeblich geändert worden, ohne dass in der praktischen Handhabung Änderungen stattgefunden hätten. Es sei vorhersehbar gewesen, dass das Arbeitsgericht die Rechtslage zugunsten des Klägers entscheiden werde. Darüber hinaus sei auch ein unrealistisches Einkommen der Beitragserhebung zugrunde gelegt worden. Nach § 28 h SGB IV sei ein übliches Arbeitsentgelt zugrunde zu legen. Zudem sei allen bisherigen Hochrechnungen des Klägers das gezahlte Entgelt ohne Umsatzsteuer zugrunde gelegt worden. Richtigerweise sei jedoch als Nettoentgelt der Betrag einschließlich jeweils gezahlter Umsatzsteuer zu berücksichtigen. Danach errechne sich ein Bruttoarbeitsentgelt für den streitigen Zeitraum in Höhe von insgesamt 512.854,43 EUR.
Das Sozialgericht hat die Klage mit Urteil vom 7. Mai 2015 abgewiesen. Die zulässige Klage sei unbegründet, da der Kläger weder einen Anspruch auf Schätzung des Arbeitsentgelts noch auf Hochrechnung der von der Beigeladenen zu 1. gemeldeten Entgelte zuzüglich Umsatzsteuer auf ein Bruttoentgelt nach § 14 Abs. 2 SGB IV habe. Nach §§ 28a, 28b i.V.m. § 14 SGB IV habe der Arbeitgeber insbesondere die Dauer des Beschäftigungsverhältnisses und die Höhe des Arbeitsentgeltes an die Einzugsstelle zu melden, die die erforderlichen Angaben auf Vollständigkeit und Korrektheit prüfe und anschließend an die Datenstelle der zuständigen Träger der Rentenversicherung weiterleite. Vorliegend habe die Beigeladene zu 1. an die Beklagte als Einzugsstelle die an den Kläger geleisteten Zahlungen aus dem sogenannten Handelsvertretervertrag in Höhe von 173.223 EUR als Entgelte im Sinne von § 14 Abs. 1 SGB IV gemeldet. Diese Entgeltmeldungen habe die Beklagte anschließend an den Beigeladenen zu 2. weitergeleitet, was rechtlich nicht zu beanstanden sei. Nach § 14 Abs. 1 SGB IV seien Arbeitsentgelt grundsätzlich alle laufenden oder einmaligen Einnahmen aus einer Beschäftigung, gleichgültig, ob ein Rechtsanspruch auf die Einnahmen bestehe, unter welcher Bezeichnung oder in welcher Form sie geleistet würden oder ob sie unmittelbar aus der Beschäftigung oder im Zusammenhang mit ihr erzielt würden. Damit zählten die im Rahmen des zwischen dem Kläger und der Beigeladenen zu 1. damals bestehenden Vertragsverhältnisses gezahlten Provisionen zu den Entgelten nach § 14 Abs. 1 SGB IV, da zwischen den Vertragsparteien tatsächlich kein Handelsvertretervertag im Sinne von §§ 84 ff HGB geschlossen worden sei, sondern ein Arbeitsverhältnis bestanden habe. Insoweit habe die Beklagte auch bereits mit mittlerweile rechtskräftigem Bescheid vom 16. November 2006 festgestellt, dass der Kläger ab 8. Juli 1997 in einem sozialversicherungspflichtigen Beschäftigungsverhältnis im Sinne von § 7 SGB IV gestanden habe, und die Beigeladene zu 1. dem Grunde nach zur Zahlung von Gesamtversicherungsbeiträgen für den Zeitraum 1. Dezember 1999 bis 31. Mai 2004 verpflichtet sei. Im vorliegenden Verfahren sei nun die Höhe der von der Beklagten an die Beigeladene zu 2. zu meldenden Entgelte im Streit. Die erfolgte Meldung sei rechtlich nicht zu beanstanden. Insbesondere habe der Kläger weder einen Anspruch, dass das zu meldende Entgelt nach § 28h SGB IV geschätzt werde, noch dass eine etwaig gezahlte Umsatzsteuer den bisher gemeldeten Entgelten in Höhe von 173.223 EUR hinzugerechnet und dieser Betrag dann anschließend für den Zeitraum vom 8. Juli 1997 bis 31. Mai 2004 nach § 14 Abs. 2 SGB IV auf ein Bruttoentgelt hochgerechnet werde. Nach § 28h Abs. 2 Satz 2 SGB IV habe die Einzugsstelle das Arbeitsentgelt zu schätzen, soweit die Höhe des Arbeitsentgelts nicht oder nicht ohne unverhältnismäßig großen Verwaltungsaufwand ermittelt werden könne. Diese Voraussetzungen lägen hier nicht vor. Der Kläger habe für seine Dienstleistungen Provisionen erhalten, die bekannt seien und deren Höhe von der Beigeladenen zu 1. an die Beklagte gemeldet worden sei. Insoweit bestehe kein Raum für eine Schätzung des erhaltenen Entgelts. Auch eine Berücksichtigung der Umsatzsteuer scheide aus, da es sich dabei nicht um eine Einnahme im Sinne des § 14 Abs. 1 SGB IV handele, da der Kläger verpflichtet gewesen sei, die erhaltene Umsatzsteuer an den Fiskus weiterzuleiten. Demnach handele es sich bei der Umsatzsteuer um einen durchlaufenden Posten, der letztlich erst vom Endverbraucher der Leistung gezahlt werde. Es bestehe auch kein Anspruch auf Hochrechnung der bisher gemeldeten Entgelte auf ein Bruttoentgelt, da weder eine Nettolohnvereinbarung im Sinne von § 14 Abs. 2 Satz 1 SGB IV noch ein illegales Beschäftigungsverhältnis im Sinne von § 14 Abs. 2 Satz 2 SGB IV vorliege. Eine Nettolohnvereinbarung liege nur dann vor, wenn der eindeutige Wille des Arbeitgebers feststellbar sei, dass er vor oder bei Auszahlung des Lohnes Steuern und Beitragsanteile übernehme und damit zur Zuwendung eines weiteren Vermögensvorteils bereit sei. Die hier vorliegenden Umstände sprächen eindeutig gegen eine entsprechende Vereinbarung. Beide Parteien seien bei Abschluss der vertraglichen Vereinbarungen und auch in der Folgezeit davon ausgegangen, dass mit den Provisionszahlungen nach § 4 des Vertrages von 1997 bzw. 1999 der Vergütungsanspruch des Klägers für die geleisteten Dienste in vollem Umfang erfüllt werde. Weitere Vermögensvorteile habe der Kläger nicht erhalten sollen. So habe er sich in § 2 Nr. 6 des Vertrages von 1999 sogar ausdrücklich verpflichtet, einer etwaigen Rentenversicherungspflicht auf eigene Kosten nachzukommen und seine steuerlichen Verpflichtungen gegenüber dem Finanzamt zu erfüllen. Es liege auch kein illegales Beschäftigungsverhältnis im Sinne von § 14 Abs. 2 Satz 2 SGB IV vor. Die seit 1. August 2002 eingefügte Regelung stelle die Lohnabrede bei illegaler Beschäftigung zwingend einer Nettolohnvereinbarung gleich. Allerdings sei der Begriff der illegalen Beschäftigung im Gesetz nicht näher und nicht allgemein definiert. Vorliegend habe die Beigeladene zu 1. unstreitig gegen sozialversicherungsrechtliche Vorschriften verstoßen. Dies allein reiche jedoch nicht aus, von einem illegalen Beschäftigungsverhältnis auszugehen. Zu diesen objektiven Gegebenheiten im Hinblick auf die Nichtmeldung und Nichtzahlung der Abgaben müsse noch ein subjektives Element in Form eines (mindestens) bedingten Vorsatzes hinzutreten. Insoweit sei an die Regelung des § 25 Abs. 1 Satz 2 SGB IV anzuknüpfen. Ein damit nötiger Vorsatz sei bei der Beigeladenen zu 1. schon deswegen nicht ersichtlich, weil selbst das Arbeitsgericht Hamburg von einer selbständigen Tätigkeit des Klägers ausgegangen sei. Es lägen auch keine Anhaltspunkte dafür vor, dass die Beigeladene zu 1. gehalten gewesen sei, sich im Einzugsstellen- (vgl. § 28h SGB IV) oder Anfrageverfahren (vgl. § 7a SGB IV) Gewissheit darüber zu verschaffen, ob der Kläger sozialversicherungspflichtig sei. Eine solche Verpflichtung könne nur dann bestehen, wenn hinreichende Zweifel an dem sozialversicherungsrechtlichen Status eines "Mitarbeiters" bestünden, da andernfalls eine generelle Klärung in jedem Einzelfall angezeigt sei. Hier seien aber beide Parteien beginnend vom Abschluss des Vertrages im Jahre 1997 bis zur Kündigung im November 2003 einvernehmlich davon ausgegangen, dass der Kläger als selbständiger Handelsvertreter tätig sei. Wenn der Kläger vortrage, auch einem juristischen Laien hätte klar sein müssen, dass hier ein Arbeitsvertrag vorliege, sei nicht verständlich, warum der Kläger seinen sozialversicherungsrechtlichen Status nicht im Rahmen eines Anfrageverfahrens nach § 7a SGB IV habe überprüfen lassen. Dies frage sich insbesondere, da ihm von der Beigeladenen zu 1. mit Schreiben vom 27. Januar 1999 ein Musterschreiben des Bundesministeriums für Arbeit und Sozialordnung zur Neuregelung zur Bekämpfung der Scheinselbständigkeit und zur Einführung der Rentenversicherungspflicht für arbeitnehmerähnliche Selbständige übermittelt worden sei, in dem unter anderem ausführlich dargelegt worden sei, wann eine scheinselbständige Tätigkeit vermutet werde. Auch in Kenntnis dieser Informationen sei der Kläger aber weiterhin jahrelang davon ausgegangen, dass er als selbständiger Handelsvertreter für die Beigeladene zu 1. tätig sei.
Mit der am 26. Juni 2015 gegen das ihm am 27. Mai 2015 zugestellte Urteil eingelegten Berufung macht der Kläger geltend, der Beklagten hätte das mit rund 1922,- Euro/Monat unterdurchschnittlich niedrige Arbeitsentgelt auffallen müssen. Sie hätte daher das Arbeitsentgelt nach § 28h Abs. 2 SGB IV unter Berücksichtigung des ortsüblichen Arbeitsentgeltes schätzen müssen. Die Umsatzsteuer müsse dem Entgelt hinzugerechnet werden. Im Übrigen müsse das Arbeitsentgelt nach § 14 Abs. 2 SGB IV auf ein Bruttoentgelt hochgerechnet werden, da von einem illegalen Beschäftigungsverhältnis auszugehen sei. Der dafür nötige Vorsatz bei der Beigeladenen zu 1. sei darin zu sehen, dass diese trotz der unklaren Frage, ob ein abhängiges Beschäftigungsverhältnis vorliege, keine entsprechende Klärung herbeigeführt habe. Schließlich ergebe sich aus der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichtes, dass im vorliegenden Fall die Regelung zum provisionsabhängigen Arbeitsentgelt unwirksam sei, weil diese nur für eine selbständige Tätigkeit gelte. Für die tatsächlich vorliegende abhängige Beschäftigung müsse daher eine angemessene Vergütung ermittelt werden. Dafür spreche auch die Rechtsprechung des Bundessozialgerichts, nach der bei untertariflicher Bezahlung der Beitragsfestsetzung ein tariflicher Lohn zugrundgelegt werden müsse. Da hier keine tarifliche Vereinbarung existiere, müsse eine Schätzung erfolgen. Der arbeitsgerichtliche Vergleich könne keinerlei Einfluss auf die sozialrechtlichen Fragestellungen haben, da auch ein Verzicht des Arbeitnehmers auf Arbeitsentgelt für die Höhe der Sozialversicherungsbeiträge unbeachtlich sei. Ein solcher Einfluss des Vergleichs auf die sozialversicherungsrechtlichen Fragen lasse sich auch nicht im Weg der Vertragsauslegung ermitteln. Zu einer solchen Vereinbarung seien die Beteiligten des Vergleichs auch gar nicht befugt gewesen. Was die Höhe der gemeldeten Provisionsentgelte angehe, so seien von der Beigeladenen zu 1. für die streitige Zeit 159.573,- Euro gemeldet worden. Tatsächlich seien jedoch nur 149.433,- Euro gezahlt worden.
Der Kläger beantragt,
1. das Urteil des Sozialgerichts Hamburg vom 7. Mai 2015 und den Bescheid der Beklagten vom 28. August 2009, ergänzt am 7. Januar 2010, in der Fassung des Widerspruchsbescheides der Beklagten vom 11. Mai 2010 abzuändern und die Beklagte zu verpflichten, dem Bescheid für den Zeitraum 8. Juli 1997 bis zum 31. Mai 2004 ein beitragspflichtiges Bruttoarbeitsentgelt in Höhe von 512.854,43 EUR zu Grunde zu legen.
2. die Revision zuzulassen.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie hält die Entscheidung des Sozialgerichts für zutreffend.
Die Beigeladene zu 1) beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Die übrigen Beigeladenen haben keinen Antrag gestellt.
Das Gericht hat am 4. Februar 2016 einen Erörterungstermin durchgeführt. Am 26. Januar 2017 hat die mündliche Verhandlung vor dem Senat stattgefunden.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstands wird auf die Protokolle der Termine, die vorbereitenden Schriftsätze der Beteiligten, den weiteren Inhalt der Prozessakte sowie der beigezogenen Prozessakten des Sozialgerichts S 23 KR 95/07 und des Arbeitsgerichts 2 Sa 80/04 bzw. 2 Ca 39/04 sowie der beigezogenen Verwaltungsakte der Beklagten und der Beigeladenen zu 2. verwiesen.
Entscheidungsgründe:
Die Berufung des Klägers ist statthaft (§§ 143, 144 Sozialgerichtsgesetz (SGG)) und auch im Übrigen zulässig, insbesondere form- und fristgerecht (§ 151 SGG) erhoben.
Sie hat in der Sache jedoch keinen Erfolg. Zu Recht hat das Sozialgericht die Klage abgewiesen. Der Kläger hat keinen Anspruch darauf, dass die Beklagte für die hier streitige Zeit im Rahmen der Festsetzung des Gesamtsozialversicherungsbeitrages höhere Entgelte feststellt, als dies in den streitigen Bescheiden auf Grundlage der Meldungen der Beigeladenen zu 1. erfolgt ist.
Das Sozialgericht hat den Fall im Ergebnis wie auch überwiegend in der Begründung zutreffend erfasst. Unter Berücksichtigung der nachfolgenden Ergänzungen wird hierauf nach § 153 Abs. 2 SGG Bezug genommen.
Die Beklagte ist nach § 28h Abs. 2 Satz 1 SGB IV als Einzugsstelle u.a. zuständig für die Bestimmung der Beitragshöhe und damit auch für die Ermittlung des der Beitragsermittlung zugrunde zu legenden Arbeitsentgeltes (vgl. BSG, Urt. v. 12.10.2000 – B 12 KR 2/00 R, Rn. 15f). Das in diesem Zusammenhang von der Beklagten für die hier in Rede stehende Zeit in den streitigen Bescheiden festgestellte Arbeitsentgelt ist nicht zu beanstanden.
Grundsätzlich ist bei der Ermittlung des zu berücksichtigenden Arbeitsentgelts auf das so genannte Entstehungsprinzip abzustellen (vgl. grundlegend dazu BSG, Urt. v. 14.07.2004 – B 12 KR 1/04 R). Danach ist nicht entscheidend, welches Arbeitsentgelt tatsächlich gezahlt wurde, sondern welches aus rechtlichen Gründen geschuldet wurde. Dabei ist zunächst auf eine tarifliche Regelung abzustellen, soweit diese besteht. Ist eine solche nicht vorhanden, gilt das einzelvertraglich vereinbarte Arbeitsentgelt (vgl. BSG, Urt. v. 14.07.2004 – B 12 KR 1/04 R, Rn. 27). Entscheidend ist damit das Entgelt, welches sich bei arbeitsrechtlicher Betrachtung als geschuldet ergibt. In diesem Sinne knüpft das Sozialrecht akzessorisch an die arbeitsrechtliche Lage an.
Da vorliegend eine tarifliche Regelung nicht bestanden hat, ist auf die zwischen dem Kläger und der Beigeladenen zu 1. geschlossenen vertraglichen Regelung abzustellen. Diese sieht eine provisionsabhängige Entlohnung vor, auf deren Grundlage der Kläger im streitigen Zeitraum das Entgelt erzielt hat, welches von der Beklagten in den streitigen Bescheiden festgestellt worden ist.
Diese vertragliche Vereinbarung ist zwar in der Annahme geschlossen worden, dass es sich bei der Tätigkeit des Klägers um eine selbständige Tätigkeit handelt. Nach der Ansicht des Senats sind jedoch keine Umstände erkennbar, aus denen sich ergeben könnte, dass die Vereinbarung nicht auch für die nach den Ausführungen des Landesarbeitsgerichtes Hamburg (Urt. v. 03.11.2005 – 2 Sa 80/04) tatsächlich vorliegende abhängige Beschäftigung gilt.
Grundsätzlich führt der Umstand, dass die Parteien eines Vertragsverhältnisses bei dessen Abschluss davon ausgegangen sind, dass eine selbständige Tätigkeit geregelt werde, obwohl tatsächlich eine abhängige Beschäftigung vorliegt, nicht dazu, dass der geschlossene Vertrag seine Wirksamkeit verliert (vgl. BAG, Urt. v. 12.12.2001 – 5 AZR 257/00, Rn. 21). Insbesondere ergibt sich dies nicht aus der von dem Kläger vielfach zitierten Entscheidung des BAG vom 21. November 2001 (5 AZR 87/00). Denn in diesem Fall hat es das BAG allein aus dem Grund abgelehnt, von der ursprünglichen Stundenlohnvereinbarung auch für die tatsächlich vorliegende abhängige Beschäftigung auszugehen, weil eine solche Stundenlohnvereinbarung für den dort vorliegenden Bereich des öffentlichen Dienstes bei einem abhängigen Beschäftigungsverhältnis unzulässig war. Ausdrücklich führt das BAG sodann an (Rn. 24): "Insofern mag es außerhalb des öffentlichen Dienstes anders liegen und wird sich vielfach die vereinbarte Vergütung unabhängig von der rechtlichen Qualifizierung des Vertragsverhältnisses als für die Vergangenheit und sogar für die Zukunft maßgeblich erweisen."
Die für eine selbständige Tätigkeit getroffene Vereinbarung ist nur dann für eine tatsächlich abhängige Beschäftigung nicht anwendbar, wenn sie – unter dem Gesichtspunkt des Wegfalls der Geschäftsgrundlage – für einen Beteiligten nicht zumutbar ist (vgl. BAG, Urt. v. 12.12.2001 – 5 AZR 257/00, Rn. 21) oder aus anderen rechtlichen Gesichtspunkten für eine abhängige Beschäftigung unzulässig und damit unwirksam ist. Dies kann der Senat in Bezug auf die vorliegende vertragliche Vereinbarung jedoch nicht feststellen.
Eine Besonderheit der Verträge sowohl aus dem Jahr 1997 als auch aus dem Jahr 1999 ist, dass dort ein rein provisions- bzw. prämiengetragenes Entgelt ohne feststehendes Fixum vereinbart worden ist. Eine solche Regelung ist jedoch auch im Rahmen eines abhängigen Beschäftigungsverhältnisses grundsätzlich zulässig. Dazu hat das BAG in seiner Entscheidung vom 16. Februar 2016 (8 AZR 98/11, Rn. 33) ausgeführt:
"Die Vereinbarung eines auf den Geschäftsabschluss bezogenen erfolgsabhängigen Entgelts (Vermittlungsprovision) ist auch im Arbeitsverhältnis möglich, wie § 65 HGB für den abhängig beschäftigten Handlungsgehilfen (§ 59 HGB) zeigt. Die Provisionsvereinbarung muss aber mit höherrangigem Recht vereinbar sein (vgl. Oetker/Kotzian-Marggraf HGB 2. Aufl. § 65 Rn. 5). Bei einer bestehenden Tarifbindung darf etwa das Tarifentgelt nicht unterschritten werden. Auch die alleinige Zusage einer Provision ohne Fixum ist grundsätzlich möglich, wofür bereits § 65 HGB spricht (vgl. BAG 14. November 1966 - 3 AZR 158/66 - AP HGB § 65 Nr. 4; MünchKommHGB/von Hoyningen-Huene 3. Aufl. § 65 Rn. 11; Weber in Großkomm. HGB 5. Aufl. § 65 Rn. 9; ErfK/Oetker 12. Aufl. § 65 HGB Rn. 4; Schaub/Vogelsang ArbR-Hdb. 14. Aufl. § 75 Rn. 7; aA MüArbR/Krause 3. Aufl. Bd. I § 58 Rn. 4). Allerdings ist eine solche Vereinbarung dann nach § 138 BGB wegen Sittenwidrigkeit unwirksam, wenn es dem Handlungsgehilfen im Einzelfall nicht möglich ist, durch vollen Einsatz seiner Arbeitskraft ein ausreichendes Einkommen (vgl. MünchKommHGB/von Hoyningen-Huene aaO; Oetker/Kotzian-Marggraf aaO; Weber aaO) bzw. die geforderten Umsätze (vgl. BAG 20. Juni 1989 - 3 AZR 504/87 - zu II 3 b der Gründe, AP HGB § 87 Nr. 8 = EzA HGB § 87 Nr. 10) zu erzielen. Eine sittenwidrige Vereinbarung ist anzunehmen, wenn ein auffälliges Missverhältnis von Leistung und Gegenleistung iSv. § 138 Abs. 2 BGB vorliegt. Ein auffälliges Missverhältnis zwischen Leistung und Gegenleistung im Sinne von § 138 Abs. 2 BGB liegt vor, wenn die Arbeitsvergütung nicht einmal zwei Drittel eines in der betreffenden Branche und Wirtschaftsregion üblicherweise gezahlten Tariflohns (vgl. BAG 22. April 2009 - 5 AZR 436/08 - Rn. 17, BAGE 130, 338 = AP BGB § 138 Nr. 64 = EzA BGB 2002 § 138 Nr. 5) bzw. des allgemeinen Lohnniveaus für die ausgeübte Tätigkeit im Wirtschaftsgebiet (vgl. BAG 23. Mai 2001 - 5 AZR 527/99 - zu II 2 a der Gründe, EzA BGB § 138 Nr. 29) erreicht."
Unter Berücksichtigung dieser Kriterien ist für den Senat nicht erkennbar, dass die hier getroffene Vereinbarung für die Situation eines abhängigen Beschäftigungsverhältnisses unzumutbar oder sittenwidrig wäre.
Dabei ist zu berücksichtigen, dass bei der Vereinbarung einer rein provisionsabhängigen Entlohnung das betriebliche Risiko in zulässiger Weise zu einem großen Teil auf den Arbeitnehmer übertragen wird. Dies ist für den Fall des handelsvertreterähnlichen Außendienstmitarbeiters u.a. damit erklärbar, dass dessen Arbeitseinsatz für den Arbeitgeber nur schwer überprüfbar ist. Eine – regelmäßig zulässige – provisionsabhängige Bezahlung sorgt hier für einen automatischen Leistungsanreiz (vgl. LAG Berlin, Urt. v. 03.11.1986 – 9 Sa 65/86, Rn. 55f). Wesentlich ist weiterhin, dass die vereinbarte Provisionsabrede es nur ermöglichen muss, dass bei vollem Arbeitseinsatz ein zumutbares Einkommen erzielt werden kann. Dabei trägt der Arbeitnehmer die Beweislast dafür, dass ihm dies nicht möglich ist (vgl. LAG Berlin, Urt. v. 03.11.1986 – 9 Sa 65/86).
Es ist nicht feststellbar, dass es bei der vertraglichen Regelung einer 8%igen bzw. 10%igen Provision ggf. zuzüglich der geregelten Leistungsprämie dem Kläger nicht möglich gewesen wäre, ein zumutbares Gehalt zu erzielen. Wie sich aus dem Urteil des LAG Hamburg vom 3. November 2005 ergibt, hat die Beigeladene zu 1. dem Kläger auch umfängliches Adressmaterial zur Bearbeitung zur Verfügung gestellt. Zwar ist der Kläger der Ansicht, dass dieses Material einen zu geringen Anteil an "Altumsätzen" beinhaltet habe und er daher keinen ausreichenden Umsatz habe erzielen können. Die Beigeladene zu 1. hält dem jedoch entgegen, dass der Kläger aufgrund eines nicht ausreichenden Arbeitseinsatzes eine zu geringe Erfolgsquote gehabt habe. Auf Basis des heute noch erkennbaren Sachverhalts (Provisions-/Prämienregelung, Datenmaterial) kann der Senat nicht ausschließen, dass auf dieser Basis ein zumutbares Gehalt erzielbar gewesen ist. Ein entscheidendes Indiz dafür, dass die getroffene Vereinbarung nicht unzumutbar ist, stellt für den Senat der Umstand dar, dass der Kläger in dem arbeitsgerichtlichen Verfahren, in dem gerade auch die Höhe des geschuldeten Entgelts eine entscheidende Rolle spielte, einen Vergleich geschlossen hat, nachdem es für die hier streitige Zeit bei den tatsächlich erarbeiteten Provisionen als Bruttoentgelt bleiben soll. Dem Kläger stand es an dieser Stelle frei, sich weiterhin auf die Unzumutbarkeit bzw. Sittenwidrigkeit dieser Entlohnung zu berufen und eine gerichtliche Entscheidung hierzu herbeizuführen. Er hat dies nicht getan, sondern sich im Wege eines Vergleichs mit den tatsächlich erzielten Provisionen als Bruttoentgelt zufrieden gegeben. Ein weiteres Indiz für die Zumutbarkeit ist der Umstand, dass der Kläger selbst fast ein Jahrzehnt lang für die Beigeladene zu 1. gearbeitet hat, ohne das Arbeitsverhältnis zu beenden und sich eine – an seinem Maßstab gemessen – auskömmlichere Arbeit zu suchen. In dieser Situation sieht der Senat – auch wenn er an die vergleichsweise Regelung im arbeitsgerichtlichen Verfahren rechtlich nicht gebunden ist – keinen Anhaltspunkt für eine abweichende Bewertung.
Soweit der Kläger vorträgt, es sei niemals gewollt gewesen, dass der arbeitsgerichtliche Vergleich Auswirkungen auf die sozialrechtlichen Fragen habe und hierzu auch Beweis anbietet, ist darauf hinzuweisen, dass die Auswirkungen des Vergleich auf diesen Rechtsstreit nicht der Disposition des Klägers unterliegen. Es handelt sich dabei um eine rechtliche Beurteilung, deren Bewertung dem Gericht obliegt. Den Beweisangeboten des Klägers musste daher nicht nachgegangen werden; es handelt sich dabei allenfalls um einen Rechtsfolgenirrtum des Klägers, der ohne rechtliche Konsequenzen bleibt. Wenn der Kläger weiter vorträgt, die Rechtslage sei hier quasi losgelöst von der arbeitsrechtlichen Betrachtung vorzunehmen, so ist dies ebenfalls juristisch nicht begründbar. Wie bereits dargestellt, knüpft die Ermittlung und Festsetzung des Sozialversicherungsbeitrages an das geschuldete Arbeitsentgelt an, welches sich wiederum an arbeitsrechtlichen Kriterien orientiert. Der Senat kann und muss daher im Rahmen der Beweiswürdigung bei der Frage, ob die zwischen dem Kläger und dem Beigeladenen zu 1. getroffene vertragliche Regelung auch auf die tatsächlich vorliegende abhängige Beschäftigung anzuwenden ist, das Verhalten des Klägers im arbeitsgerichtlichen Prozess miteinbeziehen. Schließlich vermittelt der Umstand, dass das Arbeitsgericht den fraglichen gerichtlichen Vergleich zwischen den Parteien des damaligen Rechtsstreits in dieser Form geschlossen hat, dem Senat auch Gewissheit, dass das damals zur Grundlage gemachte Gehalt nicht sittenwidrig war, denn dafür dass eine sittenwidrige Vereinbarung vom Arbeitsgericht beurkundet wird, spricht wenig.
Unabhängig davon ergibt sich dieses Ergebnis auch auf Basis einer Beweislastentscheidung. Denn ob der Kläger im fraglichen Zeitraum tatsächlich ein zumutbares Einkommen erzielen hätte können, ist der Beweiserhebung nicht zugänglich. Beweisbelastet wäre insoweit jedoch der Kläger.
Es ist daher nicht zu beanstanden, dass die Beklagte in den streitigen Bescheiden die tatsächlich erzielten Provisionen als Arbeitsentgelt zugrunde gelegt hat. Soweit der Kläger meint, es seien nicht die gemeldeten 159.573,- Euro, sondern nur 149.433,36 Euro ausgezahlt worden, ist dies unbeachtlich, da der Kläger durch diesen Umstand nicht belastet, sondern begünstigt wäre. Zudem weist die Beigeladene zu 1. in diesem Zusammenhang zutreffend darauf hin, dass entscheidend nicht das ausgezahlte, sondern das geschuldete Entgelt ist, und trägt vor, dass die Differenz aufgrund von Verrechnungspositionen bei der Auszahlung zustande gekommen ist.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 Abs. 1 und 3 SGG. Die Revision wird nicht zugelassen, da Zulassungsgründe nicht ersichtlich sind.
Tatbestand:
Die Beteiligten streiten über die Höhe des der Berechnung des Gesamtsozialversicherungsbeitrags zugrunde zulegenden Arbeitsentgelts für die vom Kläger bei dem Beigeladenen zu 1. im Zeitraum vom 8. Juli 1997 bis 31. Mai 2004 verrichtete Tätigkeit.
Der 1941 geborene Kläger war bis ins Jahr 1997 als selbständiger Handelsvertreter tätig und seit geraumer Zeit bei der Beklagten gesetzlich kranken- und pflegeversichert. Ab 8. Juli 1997 trat er in ein Vertragsverhältnis mit der Beigeladenen zu 1 ... Es wurde unter Hinweis auf §§ 84 ff Handelsgesetzbuch (HGB) ein sogenannter Handelsvertretervertrag geschlossen, der dann im Jahre 1999 in einigen Punkten abgeändert wurde. Nach dem Vertrag bestand das Gehalt des Klägers im Wesentlichen in einer 8%igen bzw. 10%igen Provision auf die von ihm vermittelten Aufträge. Der Kläger gab gegenüber der Beklagten an, selbständig tätig zu sein, und legte Einkommenssteuerbescheide zur Ermittlung der Beiträge zur freiwilligen Kranken- und Pflegeversicherung vor.
Als die Beigeladene zu 1. im November 2003 das Vertragsverhältnis gegenüber dem Kläger zu Ende Mai 2004 kündigte, erhob der Kläger Kündigungsschutzklage beim Arbeitsgericht Hamburg, da er nach rechtlicher Beratung nunmehr die Auffassung vertrat, dass tatsächlich ein Arbeitsverhältnis vorgelegen habe und der Betriebsrat vor Ausspruch der Kündigung hätte eingeschaltet werden müssen.
Das Arbeitsgericht Hamburg wies die Klage mit Urteil vom 3. August 2004 (Az.: 2 Ca 39/04) ab, da zwischen dem Kläger und der Beigeladenen zu 1. kein Arbeitsverhältnis bestanden habe. Die vom Kläger dagegen eingelegte Berufung führte zum Erfolg. Mit Urteil vom 3. November 2005 (Az.: 2 Sa 80/04) stellte das Landesarbeitsgericht Hamburg fest, dass ein Arbeitsverhältnis vorliege, da der Kläger wegen der vertraglichen Verpflichtung, das zur Verfügung gestellte Adressmaterial lückenlos zu bearbeiten und entsprechende Kundenbesuche durchzuführen, seine Arbeitszeit nicht frei habe bestimmen können. Diese Verpflichtungen sei auch überwacht worden und es seien Abmahnungen ausgesprochen worden. Im Übrigen seien konkrete Weisungen im Einzelfall erfolgt.
Daraufhin führte der Kläger mehrere Rechtsstreite vor dem Sozialgericht Hildesheim, dem Landessozialgericht Niedersachsen-Bremen und dem Bundesozialgericht. Auslöser war unter anderem der Bescheid vom 16. November 2006 in der Fassung des Widerspruchsbescheids vom 10. Januar 2007, mit dem die Beklagte feststellte, dass der Kläger ab 8. Juli 1997 in einem sozialversicherungsrechtlichen Beschäftigungsverhältnis gestanden habe und die Beigeladene zu 1. ab 1. Dezember 1999 zur Abführung von Gesamtsozialversicherungsbeiträgen verpflichtet sei. Die hiergegen von der Beigeladenen zu 1. vor dem Sozialgericht Hamburg zum Aktenzeichen S 23 KR 95/07 erhobene Klage wurde zurückgenommen.
In den Verfahren S 20 KR 24/07 bzw. L 4 KR 137/11 vor dem Sozialgericht Hildesheim und dem Landesozialgericht Niedersachsen-Bremen begehrte der Kläger dann zum einen, die Beklagte zu verpflichten, auch für den Zeitraum 8. Juli 1997 bis 30. November 1999 Gesamtsozialversicherungsbeiträge von der Beigeladenen zu 1. einzuziehen und zum anderen für den Zeitraum 8. Juli 1997 bis 31. Mai 2004 Beiträge auf der Basis eines Bruttoeinkommens in Höhe von 317.241,32 EUR zu erheben. Klage (Urteil vom 17. Februar 2011) und Berufung (Urteil vom 24. April 2012) blieben erfolglos, da nach § 25 Abs. 1 Satz 1 Viertes Buch Sozialgesetzbuch (SGB IV) Beitragsschulden innerhalb von vier Jahren nach dem Ende des Jahres, in dem sie fällig geworden seien, verjährten. Die in § 25 Abs. 1 Satz 2 SGB IV geregelte Verlängerung der Verjährungsfrist auf 30 Jahre komme nicht in Betracht, da dafür nach der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts (BSG) das Bewusstsein und der Wille, die Abführung fälliger Beiträge zu unterlassen, Voraussetzung sei. Regelmäßig werde Vorsatz in Fällen von Schwarzarbeit angenommen. Bei komplizierteren Vorschriften sowie bei Unterschieden zwischen steuerrechtlichen und sozialversicherungsrechtlichen Vorschriften, werde hingegen regelmäßig von Fahrlässigkeit ausgegangen. Hier scheide ein vorsätzliches pflichtwidriges Unterlassen der Beitragsabführung durch die Beigeladene zu 1. aus, da selbst das Arbeitsgericht Hamburg das Vertragsverhältnis zwischen dem Kläger und der Beigeladenen zu 1. als Handelsvertretervertrag qualifiziert und damit die Rechtsauffassung der Beigeladenen zu 1. bestätigt habe. Unter diesen Umständen könne Vorsatz erst mit der rechtskräftigen Entscheidung des arbeitsgerichtlichen Verfahrens eintreten. Soweit der Kläger eine Beitragserhebung auf der Basis eines Bruttoeinkommens in Höhe von 317.241,32 EUR begehrte, wurde die Klage bereits als unzulässig angesehen, da der Rechtstreit nur das "Ob" der Abgabenpflicht, nicht aber deren Höhe betreffe.
In den Verfahren S 20 KR 21/07 bzw. L 4 KR 19/10 vor dem Sozialgericht Hildesheim und dem Landessozialgericht Niedersachsen-Bremen begehrte der Kläger eine Erstattung der von ihm an die Beklagte gezahlten Beiträge zur freiwilligen gesetzlichen Krankenversicherung für den Zeitraum 8. Juli 1997 bis 30. November 1999. Auch hier blieben Klage und Berufung des Klägers erfolglos, da der geltend gemachte Erstattungsanspruch gemäß § 27 Abs. 2 SGB IV bereits verjährt gewesen sei.
Auch die entsprechenden Nichtzulassungsbeschwerden vor dem BSG (vgl. Beschluss vom 20.2.2013 Az.: B 12 KR 42/12 und Beschluss vom 31.01.2013 Az.: B 12 KR 41/12) blieben erfolglos.
Zuvor wurde bereits am 15. März 2007 vor dem Arbeitsgericht Hamburg zwischen dem Kläger und dem Beigeladenen zu 1. in dem Verfahren mit dem Az 2 Ca 271/06 ein Vergleich geschlossen, nach dem u.a. Einigkeit bestehe, dass für die hier streitige Zeit vom 8. Juli 1997 bis zum 31. Mai 2004 keine Ansprüche mehr aus dem Arbeitsverhältnis bestünde. Zudem wurde geregelt, dass mit dem Vergleich alle Ansprüche der Parteien gegeneinander aus dem Arbeitsverhältnis, seiner Beendigung und aus sämtlichen etwaigen sonstigen Rechtsverhältnissen aus dem den Vergleich zugrunde liegenden sowie zwei weiteren arbeitsgerichtlichen Streitigkeiten (2 Ca 620/05 und 2 Ca 51/06, Arbeitsentgelt ab Juni 2004 und Kündigungsschutz) erledigt seien. Dieser Vergleich wurde erst im Berufungsverfahren in das vorliegende Streitverfahren eingeführt.
Ebenfalls zuvor stellte der Kläger bereits am 9. Oktober 2007 einen Antrag bei der Beklagten, die von der Beigeladenen zu 1. für den Zeitraum 1997 bis 2004 gemeldeten Entgelte auf Bruttobeträge hochzurechnen, da die zugrundeliegende Entgeltabrede als Nettolohnabrede zu verstehen sei. Diesem Antrag legte der Kläger eine entsprechende Hochrechnung auf einen Bruttobetrag in Höhe von 317.241,32 EUR bei.
Mit Bescheid vom 28. August 2009 stellte die Beklagte beitragspflichtige Einnahmen gemäß § 14 Abs. 1 SGB IV in Höhe von 136.896 EUR für den Zeitraum 1. Dezember 1999 bis 31. Mai 2004 fest. Eine Hochrechnung nach § 14 Abs. 2 SGB IV komme nicht in Betracht, da hier weder eine Nettolohnvereinbarung noch ein illegales Beschäftigungsverhältnis bestanden habe. Dagegen legte der damalige Prozessbevollmächtigte des Klägers mit Schreiben vom 17. September 2009 Widerspruch ein. Zum einen sei der Zeitraum 8. Juli 1997 bis 30. November 1999 nicht berücksichtigt und zum anderen seien die gezahlten Entgelte als Nettozahlungen zu qualifizieren.
Anschließend ergänzte die Beklagte mit Bescheid vom 7. Januar 2010 ihren Bescheid vom 28. August 2009, in dem sie mitteilte, dass für den Zeitraum 8. Juli 1997 bis 31. Dezember 1997 23.810 DM und für den Zeitraum 1. Januar 1998 bis 31. Dezember 1998 47.239 DM an den Beigeladenen zu 2. gemeldet worden seien.
Mit Widerspruchsbescheid vom 11. Mai 2010 wurde der Widerspruch zurückgewiesen. Die Beigeladene zu 1. habe folgende Entgelte gemeldet:
08.07.1997 bis zum 31.12.1997 23.810,00 DM 01.010.198 bis zum 31.12.1998 47.239,00 DM 01.01.1999 bis zum 31.12.1999 20.826,00 EUR 01.01.2000 bis zum 31.12.2000 23.818,00 EUR 01.01.2001 bis zum 31.12.2001 31.116,00 EUR 01.01.2002 bis zum 31.12.2002 25.233,00 EUR 01.01.2003 bis zum 31.12.2003 15.671,00 EUR 01.01.2004 bis zum 31.12.2004 20.232,00 EUR.
Diese Entgelte seien als meldepflichtig festgestellt und an den Beigeladenen zu 2. gemeldet worden. Dem Widerspruch könne nicht abgeholfen werden, da nicht substantiiert dargelegt sei, dass die von der Beigeladenen zu 1. gemeldeten Entgelte nicht richtig seien.
Dagegen hat der Kläger am 25. Mai 2010 Klage erhoben. Für den streitigen Zeitraum 8. Juli 1997 bis 31. Mai 2004 sei von einem Bruttoarbeitsentgelt in Höhe von 317.241,32 EUR auszugehen. Tatsächlich gemeldet worden seien jedoch nur 173.223 EUR. Dieser Betrag müsse auf den geltend gemachten Bruttobetrag hochgerechnet werden, da die Beigeladene zu 1. versucht habe, das sozialversicherungspflichtige Arbeitsverhältnis zu verschleiern. So sei im Jahr 1999 der Vertrag von 1997 gerade in den für ein Arbeitsverhältnis sprechenden Punkten maßgeblich geändert worden, ohne dass in der praktischen Handhabung Änderungen stattgefunden hätten. Es sei vorhersehbar gewesen, dass das Arbeitsgericht die Rechtslage zugunsten des Klägers entscheiden werde. Darüber hinaus sei auch ein unrealistisches Einkommen der Beitragserhebung zugrunde gelegt worden. Nach § 28 h SGB IV sei ein übliches Arbeitsentgelt zugrunde zu legen. Zudem sei allen bisherigen Hochrechnungen des Klägers das gezahlte Entgelt ohne Umsatzsteuer zugrunde gelegt worden. Richtigerweise sei jedoch als Nettoentgelt der Betrag einschließlich jeweils gezahlter Umsatzsteuer zu berücksichtigen. Danach errechne sich ein Bruttoarbeitsentgelt für den streitigen Zeitraum in Höhe von insgesamt 512.854,43 EUR.
Das Sozialgericht hat die Klage mit Urteil vom 7. Mai 2015 abgewiesen. Die zulässige Klage sei unbegründet, da der Kläger weder einen Anspruch auf Schätzung des Arbeitsentgelts noch auf Hochrechnung der von der Beigeladenen zu 1. gemeldeten Entgelte zuzüglich Umsatzsteuer auf ein Bruttoentgelt nach § 14 Abs. 2 SGB IV habe. Nach §§ 28a, 28b i.V.m. § 14 SGB IV habe der Arbeitgeber insbesondere die Dauer des Beschäftigungsverhältnisses und die Höhe des Arbeitsentgeltes an die Einzugsstelle zu melden, die die erforderlichen Angaben auf Vollständigkeit und Korrektheit prüfe und anschließend an die Datenstelle der zuständigen Träger der Rentenversicherung weiterleite. Vorliegend habe die Beigeladene zu 1. an die Beklagte als Einzugsstelle die an den Kläger geleisteten Zahlungen aus dem sogenannten Handelsvertretervertrag in Höhe von 173.223 EUR als Entgelte im Sinne von § 14 Abs. 1 SGB IV gemeldet. Diese Entgeltmeldungen habe die Beklagte anschließend an den Beigeladenen zu 2. weitergeleitet, was rechtlich nicht zu beanstanden sei. Nach § 14 Abs. 1 SGB IV seien Arbeitsentgelt grundsätzlich alle laufenden oder einmaligen Einnahmen aus einer Beschäftigung, gleichgültig, ob ein Rechtsanspruch auf die Einnahmen bestehe, unter welcher Bezeichnung oder in welcher Form sie geleistet würden oder ob sie unmittelbar aus der Beschäftigung oder im Zusammenhang mit ihr erzielt würden. Damit zählten die im Rahmen des zwischen dem Kläger und der Beigeladenen zu 1. damals bestehenden Vertragsverhältnisses gezahlten Provisionen zu den Entgelten nach § 14 Abs. 1 SGB IV, da zwischen den Vertragsparteien tatsächlich kein Handelsvertretervertag im Sinne von §§ 84 ff HGB geschlossen worden sei, sondern ein Arbeitsverhältnis bestanden habe. Insoweit habe die Beklagte auch bereits mit mittlerweile rechtskräftigem Bescheid vom 16. November 2006 festgestellt, dass der Kläger ab 8. Juli 1997 in einem sozialversicherungspflichtigen Beschäftigungsverhältnis im Sinne von § 7 SGB IV gestanden habe, und die Beigeladene zu 1. dem Grunde nach zur Zahlung von Gesamtversicherungsbeiträgen für den Zeitraum 1. Dezember 1999 bis 31. Mai 2004 verpflichtet sei. Im vorliegenden Verfahren sei nun die Höhe der von der Beklagten an die Beigeladene zu 2. zu meldenden Entgelte im Streit. Die erfolgte Meldung sei rechtlich nicht zu beanstanden. Insbesondere habe der Kläger weder einen Anspruch, dass das zu meldende Entgelt nach § 28h SGB IV geschätzt werde, noch dass eine etwaig gezahlte Umsatzsteuer den bisher gemeldeten Entgelten in Höhe von 173.223 EUR hinzugerechnet und dieser Betrag dann anschließend für den Zeitraum vom 8. Juli 1997 bis 31. Mai 2004 nach § 14 Abs. 2 SGB IV auf ein Bruttoentgelt hochgerechnet werde. Nach § 28h Abs. 2 Satz 2 SGB IV habe die Einzugsstelle das Arbeitsentgelt zu schätzen, soweit die Höhe des Arbeitsentgelts nicht oder nicht ohne unverhältnismäßig großen Verwaltungsaufwand ermittelt werden könne. Diese Voraussetzungen lägen hier nicht vor. Der Kläger habe für seine Dienstleistungen Provisionen erhalten, die bekannt seien und deren Höhe von der Beigeladenen zu 1. an die Beklagte gemeldet worden sei. Insoweit bestehe kein Raum für eine Schätzung des erhaltenen Entgelts. Auch eine Berücksichtigung der Umsatzsteuer scheide aus, da es sich dabei nicht um eine Einnahme im Sinne des § 14 Abs. 1 SGB IV handele, da der Kläger verpflichtet gewesen sei, die erhaltene Umsatzsteuer an den Fiskus weiterzuleiten. Demnach handele es sich bei der Umsatzsteuer um einen durchlaufenden Posten, der letztlich erst vom Endverbraucher der Leistung gezahlt werde. Es bestehe auch kein Anspruch auf Hochrechnung der bisher gemeldeten Entgelte auf ein Bruttoentgelt, da weder eine Nettolohnvereinbarung im Sinne von § 14 Abs. 2 Satz 1 SGB IV noch ein illegales Beschäftigungsverhältnis im Sinne von § 14 Abs. 2 Satz 2 SGB IV vorliege. Eine Nettolohnvereinbarung liege nur dann vor, wenn der eindeutige Wille des Arbeitgebers feststellbar sei, dass er vor oder bei Auszahlung des Lohnes Steuern und Beitragsanteile übernehme und damit zur Zuwendung eines weiteren Vermögensvorteils bereit sei. Die hier vorliegenden Umstände sprächen eindeutig gegen eine entsprechende Vereinbarung. Beide Parteien seien bei Abschluss der vertraglichen Vereinbarungen und auch in der Folgezeit davon ausgegangen, dass mit den Provisionszahlungen nach § 4 des Vertrages von 1997 bzw. 1999 der Vergütungsanspruch des Klägers für die geleisteten Dienste in vollem Umfang erfüllt werde. Weitere Vermögensvorteile habe der Kläger nicht erhalten sollen. So habe er sich in § 2 Nr. 6 des Vertrages von 1999 sogar ausdrücklich verpflichtet, einer etwaigen Rentenversicherungspflicht auf eigene Kosten nachzukommen und seine steuerlichen Verpflichtungen gegenüber dem Finanzamt zu erfüllen. Es liege auch kein illegales Beschäftigungsverhältnis im Sinne von § 14 Abs. 2 Satz 2 SGB IV vor. Die seit 1. August 2002 eingefügte Regelung stelle die Lohnabrede bei illegaler Beschäftigung zwingend einer Nettolohnvereinbarung gleich. Allerdings sei der Begriff der illegalen Beschäftigung im Gesetz nicht näher und nicht allgemein definiert. Vorliegend habe die Beigeladene zu 1. unstreitig gegen sozialversicherungsrechtliche Vorschriften verstoßen. Dies allein reiche jedoch nicht aus, von einem illegalen Beschäftigungsverhältnis auszugehen. Zu diesen objektiven Gegebenheiten im Hinblick auf die Nichtmeldung und Nichtzahlung der Abgaben müsse noch ein subjektives Element in Form eines (mindestens) bedingten Vorsatzes hinzutreten. Insoweit sei an die Regelung des § 25 Abs. 1 Satz 2 SGB IV anzuknüpfen. Ein damit nötiger Vorsatz sei bei der Beigeladenen zu 1. schon deswegen nicht ersichtlich, weil selbst das Arbeitsgericht Hamburg von einer selbständigen Tätigkeit des Klägers ausgegangen sei. Es lägen auch keine Anhaltspunkte dafür vor, dass die Beigeladene zu 1. gehalten gewesen sei, sich im Einzugsstellen- (vgl. § 28h SGB IV) oder Anfrageverfahren (vgl. § 7a SGB IV) Gewissheit darüber zu verschaffen, ob der Kläger sozialversicherungspflichtig sei. Eine solche Verpflichtung könne nur dann bestehen, wenn hinreichende Zweifel an dem sozialversicherungsrechtlichen Status eines "Mitarbeiters" bestünden, da andernfalls eine generelle Klärung in jedem Einzelfall angezeigt sei. Hier seien aber beide Parteien beginnend vom Abschluss des Vertrages im Jahre 1997 bis zur Kündigung im November 2003 einvernehmlich davon ausgegangen, dass der Kläger als selbständiger Handelsvertreter tätig sei. Wenn der Kläger vortrage, auch einem juristischen Laien hätte klar sein müssen, dass hier ein Arbeitsvertrag vorliege, sei nicht verständlich, warum der Kläger seinen sozialversicherungsrechtlichen Status nicht im Rahmen eines Anfrageverfahrens nach § 7a SGB IV habe überprüfen lassen. Dies frage sich insbesondere, da ihm von der Beigeladenen zu 1. mit Schreiben vom 27. Januar 1999 ein Musterschreiben des Bundesministeriums für Arbeit und Sozialordnung zur Neuregelung zur Bekämpfung der Scheinselbständigkeit und zur Einführung der Rentenversicherungspflicht für arbeitnehmerähnliche Selbständige übermittelt worden sei, in dem unter anderem ausführlich dargelegt worden sei, wann eine scheinselbständige Tätigkeit vermutet werde. Auch in Kenntnis dieser Informationen sei der Kläger aber weiterhin jahrelang davon ausgegangen, dass er als selbständiger Handelsvertreter für die Beigeladene zu 1. tätig sei.
Mit der am 26. Juni 2015 gegen das ihm am 27. Mai 2015 zugestellte Urteil eingelegten Berufung macht der Kläger geltend, der Beklagten hätte das mit rund 1922,- Euro/Monat unterdurchschnittlich niedrige Arbeitsentgelt auffallen müssen. Sie hätte daher das Arbeitsentgelt nach § 28h Abs. 2 SGB IV unter Berücksichtigung des ortsüblichen Arbeitsentgeltes schätzen müssen. Die Umsatzsteuer müsse dem Entgelt hinzugerechnet werden. Im Übrigen müsse das Arbeitsentgelt nach § 14 Abs. 2 SGB IV auf ein Bruttoentgelt hochgerechnet werden, da von einem illegalen Beschäftigungsverhältnis auszugehen sei. Der dafür nötige Vorsatz bei der Beigeladenen zu 1. sei darin zu sehen, dass diese trotz der unklaren Frage, ob ein abhängiges Beschäftigungsverhältnis vorliege, keine entsprechende Klärung herbeigeführt habe. Schließlich ergebe sich aus der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichtes, dass im vorliegenden Fall die Regelung zum provisionsabhängigen Arbeitsentgelt unwirksam sei, weil diese nur für eine selbständige Tätigkeit gelte. Für die tatsächlich vorliegende abhängige Beschäftigung müsse daher eine angemessene Vergütung ermittelt werden. Dafür spreche auch die Rechtsprechung des Bundessozialgerichts, nach der bei untertariflicher Bezahlung der Beitragsfestsetzung ein tariflicher Lohn zugrundgelegt werden müsse. Da hier keine tarifliche Vereinbarung existiere, müsse eine Schätzung erfolgen. Der arbeitsgerichtliche Vergleich könne keinerlei Einfluss auf die sozialrechtlichen Fragestellungen haben, da auch ein Verzicht des Arbeitnehmers auf Arbeitsentgelt für die Höhe der Sozialversicherungsbeiträge unbeachtlich sei. Ein solcher Einfluss des Vergleichs auf die sozialversicherungsrechtlichen Fragen lasse sich auch nicht im Weg der Vertragsauslegung ermitteln. Zu einer solchen Vereinbarung seien die Beteiligten des Vergleichs auch gar nicht befugt gewesen. Was die Höhe der gemeldeten Provisionsentgelte angehe, so seien von der Beigeladenen zu 1. für die streitige Zeit 159.573,- Euro gemeldet worden. Tatsächlich seien jedoch nur 149.433,- Euro gezahlt worden.
Der Kläger beantragt,
1. das Urteil des Sozialgerichts Hamburg vom 7. Mai 2015 und den Bescheid der Beklagten vom 28. August 2009, ergänzt am 7. Januar 2010, in der Fassung des Widerspruchsbescheides der Beklagten vom 11. Mai 2010 abzuändern und die Beklagte zu verpflichten, dem Bescheid für den Zeitraum 8. Juli 1997 bis zum 31. Mai 2004 ein beitragspflichtiges Bruttoarbeitsentgelt in Höhe von 512.854,43 EUR zu Grunde zu legen.
2. die Revision zuzulassen.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie hält die Entscheidung des Sozialgerichts für zutreffend.
Die Beigeladene zu 1) beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Die übrigen Beigeladenen haben keinen Antrag gestellt.
Das Gericht hat am 4. Februar 2016 einen Erörterungstermin durchgeführt. Am 26. Januar 2017 hat die mündliche Verhandlung vor dem Senat stattgefunden.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstands wird auf die Protokolle der Termine, die vorbereitenden Schriftsätze der Beteiligten, den weiteren Inhalt der Prozessakte sowie der beigezogenen Prozessakten des Sozialgerichts S 23 KR 95/07 und des Arbeitsgerichts 2 Sa 80/04 bzw. 2 Ca 39/04 sowie der beigezogenen Verwaltungsakte der Beklagten und der Beigeladenen zu 2. verwiesen.
Entscheidungsgründe:
Die Berufung des Klägers ist statthaft (§§ 143, 144 Sozialgerichtsgesetz (SGG)) und auch im Übrigen zulässig, insbesondere form- und fristgerecht (§ 151 SGG) erhoben.
Sie hat in der Sache jedoch keinen Erfolg. Zu Recht hat das Sozialgericht die Klage abgewiesen. Der Kläger hat keinen Anspruch darauf, dass die Beklagte für die hier streitige Zeit im Rahmen der Festsetzung des Gesamtsozialversicherungsbeitrages höhere Entgelte feststellt, als dies in den streitigen Bescheiden auf Grundlage der Meldungen der Beigeladenen zu 1. erfolgt ist.
Das Sozialgericht hat den Fall im Ergebnis wie auch überwiegend in der Begründung zutreffend erfasst. Unter Berücksichtigung der nachfolgenden Ergänzungen wird hierauf nach § 153 Abs. 2 SGG Bezug genommen.
Die Beklagte ist nach § 28h Abs. 2 Satz 1 SGB IV als Einzugsstelle u.a. zuständig für die Bestimmung der Beitragshöhe und damit auch für die Ermittlung des der Beitragsermittlung zugrunde zu legenden Arbeitsentgeltes (vgl. BSG, Urt. v. 12.10.2000 – B 12 KR 2/00 R, Rn. 15f). Das in diesem Zusammenhang von der Beklagten für die hier in Rede stehende Zeit in den streitigen Bescheiden festgestellte Arbeitsentgelt ist nicht zu beanstanden.
Grundsätzlich ist bei der Ermittlung des zu berücksichtigenden Arbeitsentgelts auf das so genannte Entstehungsprinzip abzustellen (vgl. grundlegend dazu BSG, Urt. v. 14.07.2004 – B 12 KR 1/04 R). Danach ist nicht entscheidend, welches Arbeitsentgelt tatsächlich gezahlt wurde, sondern welches aus rechtlichen Gründen geschuldet wurde. Dabei ist zunächst auf eine tarifliche Regelung abzustellen, soweit diese besteht. Ist eine solche nicht vorhanden, gilt das einzelvertraglich vereinbarte Arbeitsentgelt (vgl. BSG, Urt. v. 14.07.2004 – B 12 KR 1/04 R, Rn. 27). Entscheidend ist damit das Entgelt, welches sich bei arbeitsrechtlicher Betrachtung als geschuldet ergibt. In diesem Sinne knüpft das Sozialrecht akzessorisch an die arbeitsrechtliche Lage an.
Da vorliegend eine tarifliche Regelung nicht bestanden hat, ist auf die zwischen dem Kläger und der Beigeladenen zu 1. geschlossenen vertraglichen Regelung abzustellen. Diese sieht eine provisionsabhängige Entlohnung vor, auf deren Grundlage der Kläger im streitigen Zeitraum das Entgelt erzielt hat, welches von der Beklagten in den streitigen Bescheiden festgestellt worden ist.
Diese vertragliche Vereinbarung ist zwar in der Annahme geschlossen worden, dass es sich bei der Tätigkeit des Klägers um eine selbständige Tätigkeit handelt. Nach der Ansicht des Senats sind jedoch keine Umstände erkennbar, aus denen sich ergeben könnte, dass die Vereinbarung nicht auch für die nach den Ausführungen des Landesarbeitsgerichtes Hamburg (Urt. v. 03.11.2005 – 2 Sa 80/04) tatsächlich vorliegende abhängige Beschäftigung gilt.
Grundsätzlich führt der Umstand, dass die Parteien eines Vertragsverhältnisses bei dessen Abschluss davon ausgegangen sind, dass eine selbständige Tätigkeit geregelt werde, obwohl tatsächlich eine abhängige Beschäftigung vorliegt, nicht dazu, dass der geschlossene Vertrag seine Wirksamkeit verliert (vgl. BAG, Urt. v. 12.12.2001 – 5 AZR 257/00, Rn. 21). Insbesondere ergibt sich dies nicht aus der von dem Kläger vielfach zitierten Entscheidung des BAG vom 21. November 2001 (5 AZR 87/00). Denn in diesem Fall hat es das BAG allein aus dem Grund abgelehnt, von der ursprünglichen Stundenlohnvereinbarung auch für die tatsächlich vorliegende abhängige Beschäftigung auszugehen, weil eine solche Stundenlohnvereinbarung für den dort vorliegenden Bereich des öffentlichen Dienstes bei einem abhängigen Beschäftigungsverhältnis unzulässig war. Ausdrücklich führt das BAG sodann an (Rn. 24): "Insofern mag es außerhalb des öffentlichen Dienstes anders liegen und wird sich vielfach die vereinbarte Vergütung unabhängig von der rechtlichen Qualifizierung des Vertragsverhältnisses als für die Vergangenheit und sogar für die Zukunft maßgeblich erweisen."
Die für eine selbständige Tätigkeit getroffene Vereinbarung ist nur dann für eine tatsächlich abhängige Beschäftigung nicht anwendbar, wenn sie – unter dem Gesichtspunkt des Wegfalls der Geschäftsgrundlage – für einen Beteiligten nicht zumutbar ist (vgl. BAG, Urt. v. 12.12.2001 – 5 AZR 257/00, Rn. 21) oder aus anderen rechtlichen Gesichtspunkten für eine abhängige Beschäftigung unzulässig und damit unwirksam ist. Dies kann der Senat in Bezug auf die vorliegende vertragliche Vereinbarung jedoch nicht feststellen.
Eine Besonderheit der Verträge sowohl aus dem Jahr 1997 als auch aus dem Jahr 1999 ist, dass dort ein rein provisions- bzw. prämiengetragenes Entgelt ohne feststehendes Fixum vereinbart worden ist. Eine solche Regelung ist jedoch auch im Rahmen eines abhängigen Beschäftigungsverhältnisses grundsätzlich zulässig. Dazu hat das BAG in seiner Entscheidung vom 16. Februar 2016 (8 AZR 98/11, Rn. 33) ausgeführt:
"Die Vereinbarung eines auf den Geschäftsabschluss bezogenen erfolgsabhängigen Entgelts (Vermittlungsprovision) ist auch im Arbeitsverhältnis möglich, wie § 65 HGB für den abhängig beschäftigten Handlungsgehilfen (§ 59 HGB) zeigt. Die Provisionsvereinbarung muss aber mit höherrangigem Recht vereinbar sein (vgl. Oetker/Kotzian-Marggraf HGB 2. Aufl. § 65 Rn. 5). Bei einer bestehenden Tarifbindung darf etwa das Tarifentgelt nicht unterschritten werden. Auch die alleinige Zusage einer Provision ohne Fixum ist grundsätzlich möglich, wofür bereits § 65 HGB spricht (vgl. BAG 14. November 1966 - 3 AZR 158/66 - AP HGB § 65 Nr. 4; MünchKommHGB/von Hoyningen-Huene 3. Aufl. § 65 Rn. 11; Weber in Großkomm. HGB 5. Aufl. § 65 Rn. 9; ErfK/Oetker 12. Aufl. § 65 HGB Rn. 4; Schaub/Vogelsang ArbR-Hdb. 14. Aufl. § 75 Rn. 7; aA MüArbR/Krause 3. Aufl. Bd. I § 58 Rn. 4). Allerdings ist eine solche Vereinbarung dann nach § 138 BGB wegen Sittenwidrigkeit unwirksam, wenn es dem Handlungsgehilfen im Einzelfall nicht möglich ist, durch vollen Einsatz seiner Arbeitskraft ein ausreichendes Einkommen (vgl. MünchKommHGB/von Hoyningen-Huene aaO; Oetker/Kotzian-Marggraf aaO; Weber aaO) bzw. die geforderten Umsätze (vgl. BAG 20. Juni 1989 - 3 AZR 504/87 - zu II 3 b der Gründe, AP HGB § 87 Nr. 8 = EzA HGB § 87 Nr. 10) zu erzielen. Eine sittenwidrige Vereinbarung ist anzunehmen, wenn ein auffälliges Missverhältnis von Leistung und Gegenleistung iSv. § 138 Abs. 2 BGB vorliegt. Ein auffälliges Missverhältnis zwischen Leistung und Gegenleistung im Sinne von § 138 Abs. 2 BGB liegt vor, wenn die Arbeitsvergütung nicht einmal zwei Drittel eines in der betreffenden Branche und Wirtschaftsregion üblicherweise gezahlten Tariflohns (vgl. BAG 22. April 2009 - 5 AZR 436/08 - Rn. 17, BAGE 130, 338 = AP BGB § 138 Nr. 64 = EzA BGB 2002 § 138 Nr. 5) bzw. des allgemeinen Lohnniveaus für die ausgeübte Tätigkeit im Wirtschaftsgebiet (vgl. BAG 23. Mai 2001 - 5 AZR 527/99 - zu II 2 a der Gründe, EzA BGB § 138 Nr. 29) erreicht."
Unter Berücksichtigung dieser Kriterien ist für den Senat nicht erkennbar, dass die hier getroffene Vereinbarung für die Situation eines abhängigen Beschäftigungsverhältnisses unzumutbar oder sittenwidrig wäre.
Dabei ist zu berücksichtigen, dass bei der Vereinbarung einer rein provisionsabhängigen Entlohnung das betriebliche Risiko in zulässiger Weise zu einem großen Teil auf den Arbeitnehmer übertragen wird. Dies ist für den Fall des handelsvertreterähnlichen Außendienstmitarbeiters u.a. damit erklärbar, dass dessen Arbeitseinsatz für den Arbeitgeber nur schwer überprüfbar ist. Eine – regelmäßig zulässige – provisionsabhängige Bezahlung sorgt hier für einen automatischen Leistungsanreiz (vgl. LAG Berlin, Urt. v. 03.11.1986 – 9 Sa 65/86, Rn. 55f). Wesentlich ist weiterhin, dass die vereinbarte Provisionsabrede es nur ermöglichen muss, dass bei vollem Arbeitseinsatz ein zumutbares Einkommen erzielt werden kann. Dabei trägt der Arbeitnehmer die Beweislast dafür, dass ihm dies nicht möglich ist (vgl. LAG Berlin, Urt. v. 03.11.1986 – 9 Sa 65/86).
Es ist nicht feststellbar, dass es bei der vertraglichen Regelung einer 8%igen bzw. 10%igen Provision ggf. zuzüglich der geregelten Leistungsprämie dem Kläger nicht möglich gewesen wäre, ein zumutbares Gehalt zu erzielen. Wie sich aus dem Urteil des LAG Hamburg vom 3. November 2005 ergibt, hat die Beigeladene zu 1. dem Kläger auch umfängliches Adressmaterial zur Bearbeitung zur Verfügung gestellt. Zwar ist der Kläger der Ansicht, dass dieses Material einen zu geringen Anteil an "Altumsätzen" beinhaltet habe und er daher keinen ausreichenden Umsatz habe erzielen können. Die Beigeladene zu 1. hält dem jedoch entgegen, dass der Kläger aufgrund eines nicht ausreichenden Arbeitseinsatzes eine zu geringe Erfolgsquote gehabt habe. Auf Basis des heute noch erkennbaren Sachverhalts (Provisions-/Prämienregelung, Datenmaterial) kann der Senat nicht ausschließen, dass auf dieser Basis ein zumutbares Gehalt erzielbar gewesen ist. Ein entscheidendes Indiz dafür, dass die getroffene Vereinbarung nicht unzumutbar ist, stellt für den Senat der Umstand dar, dass der Kläger in dem arbeitsgerichtlichen Verfahren, in dem gerade auch die Höhe des geschuldeten Entgelts eine entscheidende Rolle spielte, einen Vergleich geschlossen hat, nachdem es für die hier streitige Zeit bei den tatsächlich erarbeiteten Provisionen als Bruttoentgelt bleiben soll. Dem Kläger stand es an dieser Stelle frei, sich weiterhin auf die Unzumutbarkeit bzw. Sittenwidrigkeit dieser Entlohnung zu berufen und eine gerichtliche Entscheidung hierzu herbeizuführen. Er hat dies nicht getan, sondern sich im Wege eines Vergleichs mit den tatsächlich erzielten Provisionen als Bruttoentgelt zufrieden gegeben. Ein weiteres Indiz für die Zumutbarkeit ist der Umstand, dass der Kläger selbst fast ein Jahrzehnt lang für die Beigeladene zu 1. gearbeitet hat, ohne das Arbeitsverhältnis zu beenden und sich eine – an seinem Maßstab gemessen – auskömmlichere Arbeit zu suchen. In dieser Situation sieht der Senat – auch wenn er an die vergleichsweise Regelung im arbeitsgerichtlichen Verfahren rechtlich nicht gebunden ist – keinen Anhaltspunkt für eine abweichende Bewertung.
Soweit der Kläger vorträgt, es sei niemals gewollt gewesen, dass der arbeitsgerichtliche Vergleich Auswirkungen auf die sozialrechtlichen Fragen habe und hierzu auch Beweis anbietet, ist darauf hinzuweisen, dass die Auswirkungen des Vergleich auf diesen Rechtsstreit nicht der Disposition des Klägers unterliegen. Es handelt sich dabei um eine rechtliche Beurteilung, deren Bewertung dem Gericht obliegt. Den Beweisangeboten des Klägers musste daher nicht nachgegangen werden; es handelt sich dabei allenfalls um einen Rechtsfolgenirrtum des Klägers, der ohne rechtliche Konsequenzen bleibt. Wenn der Kläger weiter vorträgt, die Rechtslage sei hier quasi losgelöst von der arbeitsrechtlichen Betrachtung vorzunehmen, so ist dies ebenfalls juristisch nicht begründbar. Wie bereits dargestellt, knüpft die Ermittlung und Festsetzung des Sozialversicherungsbeitrages an das geschuldete Arbeitsentgelt an, welches sich wiederum an arbeitsrechtlichen Kriterien orientiert. Der Senat kann und muss daher im Rahmen der Beweiswürdigung bei der Frage, ob die zwischen dem Kläger und dem Beigeladenen zu 1. getroffene vertragliche Regelung auch auf die tatsächlich vorliegende abhängige Beschäftigung anzuwenden ist, das Verhalten des Klägers im arbeitsgerichtlichen Prozess miteinbeziehen. Schließlich vermittelt der Umstand, dass das Arbeitsgericht den fraglichen gerichtlichen Vergleich zwischen den Parteien des damaligen Rechtsstreits in dieser Form geschlossen hat, dem Senat auch Gewissheit, dass das damals zur Grundlage gemachte Gehalt nicht sittenwidrig war, denn dafür dass eine sittenwidrige Vereinbarung vom Arbeitsgericht beurkundet wird, spricht wenig.
Unabhängig davon ergibt sich dieses Ergebnis auch auf Basis einer Beweislastentscheidung. Denn ob der Kläger im fraglichen Zeitraum tatsächlich ein zumutbares Einkommen erzielen hätte können, ist der Beweiserhebung nicht zugänglich. Beweisbelastet wäre insoweit jedoch der Kläger.
Es ist daher nicht zu beanstanden, dass die Beklagte in den streitigen Bescheiden die tatsächlich erzielten Provisionen als Arbeitsentgelt zugrunde gelegt hat. Soweit der Kläger meint, es seien nicht die gemeldeten 159.573,- Euro, sondern nur 149.433,36 Euro ausgezahlt worden, ist dies unbeachtlich, da der Kläger durch diesen Umstand nicht belastet, sondern begünstigt wäre. Zudem weist die Beigeladene zu 1. in diesem Zusammenhang zutreffend darauf hin, dass entscheidend nicht das ausgezahlte, sondern das geschuldete Entgelt ist, und trägt vor, dass die Differenz aufgrund von Verrechnungspositionen bei der Auszahlung zustande gekommen ist.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 Abs. 1 und 3 SGG. Die Revision wird nicht zugelassen, da Zulassungsgründe nicht ersichtlich sind.
Rechtskraft
Aus
Login
HAM
Saved