Land
Freistaat Sachsen
Sozialgericht
Sächsisches LSG
Sachgebiet
Krankenversicherung
Abteilung
1
1. Instanz
SG Dresden (FSS)
Aktenzeichen
S 15 KR 509/16 ER
Datum
2. Instanz
Sächsisches LSG
Aktenzeichen
L 1 KR 242/16 B ER
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Beschluss
Leitsätze
1. Zur Begründetheit eines Antrags auf Gewährung einstweiligen Rechtsschutzes mit dem Ziel der Durchführung einer stationären Liposuktion
2. Zu den Voraussetzungen der Genehmigungsfiktion des § 13 Abs. 3a Satz 6 SGB V
2. Zu den Voraussetzungen der Genehmigungsfiktion des § 13 Abs. 3a Satz 6 SGB V
I. Die Beschwerde der Antragstellerin gegen den Beschluss des Sozialgerichts Dresden vom 18. August 2016 wird zurückgewiesen.
II. Außergerichtliche Kosten sind auch im Beschwerdeverfahren nicht zu erstatten.
III. Der Antrag auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe für das Beschwerdeverfahren und Beiordnung von Frau Rechtsanwältin B ..., wird abgelehnt.
Gründe:
I.
Die Beteiligten streiten im Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes darüber, ob die Antragsgegnerin der Antragstellerin eine stationäre Liposuktion im Bereich der Beine und der Arme aufgrund eines Lipödems bei begleitender Adipositas zu gewähren hat.
Die am 1996 geborene und bei der Antragsgegnerin krankenversicherte Antragstellerin leidet unter mehreren psychischen Erkrankungen, die seit September 2014 mittels ambulanter Psychotherapie behandelt werden – vor allem einer emotional-in¬stabi¬len Persönlichkeitsstörung vom Borderline-Typ, einer posttraumatischen Belastungsstörung, einer dissoziativen Bewegungsstörung, einer Agoraphobie mit Panik, einer sozialen Phobie und einer rezidivierenden depressiven Störung, derzeit im Sinne einer mittelgradigen depressiven Episode. Zudem bestehen eine Kombination von zentraler Adipositas (aktuell 109 kg Körpergewicht, BMI ) 40 kg/m2) und Lipödem im Bereich der Oberschenkel (Grad 3), Unterschenkel (Grad 2) und Oberarme (Grad 1) sowie u.a. eine diabetische Stoffwechsellage und belastungsabhängige Atembeschwerden (Bronchialasthma).
Wegen des Lipödems befindet sich die Antragstellerin seit Dezember 2014 in Behandlung bei Prof. Dr. W ... (Chefarzt der Klink für Dermatologie und Allergologie, Städtisches Klinikum A ...). Im Jahr 2015 wurde sie mit flach gestrickter Kompressionsbekleidung versorgt und ihr wurden – neben Krankengymnastik – 30 manuelle Lymphdrainagen verordnet; ferner wurden drei Einzelgespräche zur Ernährungsberatung durchgeführt. Das Körpergewicht der Antragstellerin nahm währenddessen zunächst auf 111 kg zu.
Am 2. März 2016 beantragte die Antragstellerin bei der Antragsgegnerin die Gewährung einer Liposuktion im Rahmen einer stationären Krankenhausbehandlung. Zur Begründung legte sie einen Arztbericht von Prof. Dr. W ... vom 25. Februar 2016 ("zur Vorlage bei der Krankenkasse") vor, in dem es heißt, dass der Antragstellerin eine stationäre Liposuktion zu empfehlen sei. Vorgesehen seien vier Sitzungen für die Beine (zwei links, zwei rechts) und eine Sitzung für die Arme mit jeweils fünf Liter Tumeszenzlösung unter stationären Bedingungen (eine Übernachtung) im Abstand und von ca. acht Wochen. Konservative Maßnahmen seien erfolglos durchgeführt worden. Eine komplexe physikalische Entstauungstherapie (KPE) sei zur Behandlung eines Lipödem nicht ausreichend, da sie nur einen Teilaspekt der Erkrankung erfasse, das krankhaft vermehrte Fettgewebe aber nicht reduziere und die Progredienz der Erkrankung nicht bremsen könne.
Die Antragsgegnerin bestätigte der Antragstellerin unter dem 11. März 2016 den Eingang des Antrags am 2. März 2016, informierte über die Notwendigkeit der Erstellung eines Gutachtens des Medizinischen Diensts der Krankenversicherung Sachsen (MDK), sodass eine Entscheidung innerhalb der fünfwöchigen Frist des § 13 Abs. 3a Satz 1 Fünftes Buch Sozialgesetzbuch (SGB V) beabsichtigt sei, und erbat die Nachreichung von Nachweisen zu durchgeführten Lymphdrainagen und sportlicher Betätigung sowie Fotos bis zum 23. März 2016. Mit Schreiben an die Antragstellerin vom 1. April 2016 erklärte die Antragsgegnerin, dass die restliche Zeit bis zum Ablauf der fünfwöchigen Frist aufgrund des "schwierigen Antrags" nicht ausreiche ("Mitteilung nach § 13 Abs. 3a Satz 6 SGB V"); die Genehmigungsfiktion gemäß § 13 Abs. 3a Satz 6 SGB V trete daher nicht ein.
In dem vom MDK nach Aktenlage unter dem 28. April 2016 vorgelegten Gutachten, hieß es dass die stationäre Liposuktion eine neue Untersuchungs- und Behandlungsmethode sei. Solche Krankenhausbehandlungen könnten aber nur bei lebensbedrohlichen und regelmäßig tödlich verlaufenden Erkrankungen zu Lasten der Gesetzlichen Krankenversicherung (GKV) erbracht werden. Der Antragstellerin sei daher eine Weiterführung der manuellen Lymphdrainage mit Kompressionstherapie, eine Gewichtsreduktion und ggf. auch eine Rehabilitationsmaßnahme in einer spezialisierten Einrichtung zu empfehlen. Am 3. Mai 2016 reichte die Antragstellerin einen psychologischen Befundbericht nach, zu dem die Antragsgegnerin eine ergänzende, am 17. Mai 2016 erstellte Stellungnahme des MDK anforderte; eine Änderung der medizinischen Einschätzung ergab jedoch sich nicht.
Mit Bescheid vom 23. Mai 2016 lehnte die Antragsgegnerin den Antrag unter Wiedergabe der Einschätzungen des MDK ab, wogegen die Antragstellerin am 23. Juni 2016 Widerspruch erhob. Zur Begründung erklärte sie, dass das Lipödem nur mittels einer stationären Liposuktion erfolgversprechend behandelt werden könne. Die Erkrankung führe zu einer verstärkten Hämatombildung; sie hindere die Antragstellerin ferner daran, für längere Zeit zu stehen, zu laufen oder zu sitzen, am Sport teilzunehmen und eine Berufsausbildung anzugehen. Sie sei "letztendlich" die Ursache der psychischen Erkrankungen. Die Antragstellerin ergänzte ihren Vortrag durch Vorlage eines Gutachtens der Agentur für Arbeit A ... vom 4. November 2015, in dem es hieß, dass die Antragstellerin "wegen multipler Erkrankungen aus dem psychischen Formenkreis" und "wegen belastungsabhängiger Atembeschwerden und Blutzuckerkrankheit" auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt weniger als drei Stunden täglich leistungsfähig sei. Ferner legte sie eine Stellungnahme ihrer Psychotherapeutin vom 22. Juni 2016 vor, in der die o.g. psychischen Erkrankungen aufgeführt wurden und mitgeteilt wurde, dass der Antragstellerin eine stationäre Psychotherapie in den sozialen Bezügen einer Gruppentherapie zu empfehlen sei. Das Lipödem sei hierfür aber als "stigmatisierender Faktor" eine Belastung. Es sei deshalb sinnvoll, eine Liposuktion durchzuführen, um den "stigmatisierender Faktor" zu kompensieren. Ansonsten sei zu befürchten, dass eine stationäre Psychotherapie nicht ausreichend wirksam sein werde.
In einem weiteren, am 2. August 2016 erstellten Gutachten des MDK wurde u.a. darauf verwiesen, dass nach dem Gutachten "Liposuktion bei Lip- und Lymphödemen" der Sozialmedizinischen Expertengruppe 7 "Methoden- und Produktbewertung" des Medizinischen Diensts des Spitzenverbands Bund der Krankenkassen (MDS) vom 6. Oktober 2011, aktualisiert am 15. Januar 2015, der Nachweis über die Qualität und Wirksamkeit nach den Kriterien der evidenzbasierten Medizin nicht geführt werden könne. Im Übrigen seien psychische Erkrankungen nicht mittels "chirurgischer Maßnahmen" zu behandeln. Dass Lipödem sei weiterhin mittels konservativer Behandlungsmethoden zu therapieren.
Am 10. August 2016 hat die Antragstellerin beim Sozialgericht Dresden (SG) einen Antrag auf einstweiligen Rechtsschutz gestellt, mit dem sie die Verpflichtung der Antragsgegnerin im Wege der einstweiligen Anordnung begehrt, ihr die stationäre Liposuktion zu gewähren. Zum Sachverhalt hat sie ergänzt, dass sie auch schon bei leichtem Druck auf die vom Lipödem betroffenen Körperbereiche Schmerzen empfinde; Schmerzen bestünden ferner aufgrund orthopädischer Beschwerden im Schulter, Knie- und Rückenbereich; auch um diese zu lindern, müsse sie ihr Gewicht reduzieren. In rechtlicher Hinsicht gehe sie davon aus, dass die stationäre Liposuktion eine Krankenhausbehandlung sei, die im Rahmen der GKV zu gewähren sei und die auch indiziert sei. Die Qualitätsanforderungen des § 2 Abs. 1 Satz 3 SGB V müssten nicht gewahrt sein; es genüge, dass die Liposuktion seit etwa zehn Jahren durchgeführt werde und mehrere kleine Studien die Wirksamkeit der Behandlungsmethode bestätigt hätten. Auf all dies komme es im Übrigen nicht einmal an, da ohnehin die Genehmigungsfiktion des § 13 Abs. 3a Satz 6 SGB V eingetreten sei.
Die Antragsgegnerin hat eingewandt, dass eine Kostenübernahme schon deshalb nicht zugesagt werden könne, weil sie keine Verordnung einer Krankenhausbehandlung durch einen Vertragsarzt vorgelegt habe. Außerdem könne eine stationäre Liposuktion grundsätzlich nicht gewährt werden, weil diese Behandlung nicht die Qualitätsanforderungen des § 2 Abs. 1 Satz 3 SGB V erfülle. Ein Anspruch nach § 13 Abs. 3a SGB V könne sich deshalb nicht ergeben, weil die Liposuktion "offensichtlich" nicht zum Leistungskatalog der GKV gehöre. Schließlich habe die Antragstellerin keinen ausreichenden Anordnungsgrund glaubhaft gemacht; Einschränkungen der Lebensqualität genügten hierfür nicht.
Das SG hat den Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung mit Beschluss vom 18. August 2016 abgelehnt. Die Antragstellerin habe keinen Anordnungsgrund glaubhaft gemacht. Insofern könne sie zunächst nicht geltend machen, dass sie ohne die Liposuktion keine Ausbildung beginnen könne; denn die Eilbedürftigkeit einer operativen Behandlung könne sich nur aus medizinischen Gründen ergeben. Ein Anordnungsgrund ergebe sich ferner nicht aufgrund der vermeintlichen Notwendigkeit, eine Liposuktion vor einer stationären Psychotherapie durchzuführen, da psychische Erkrankungen nicht durch körperliche Eingriffe zu behandeln seien. Das Lipödem selbst sei zwar eine zu behandelnde Erkrankung. Insoweit bestehe hinsichtlich der begehrten Liposuktion jedoch keine Eilbedürftigkeit, weil die Antragstellerin nicht alle konservativen Behandlungsmöglichkeiten, z.B. eine Bewegungstherapie oder eine stationäre KPE, ausgeschöpft habe. Zu den angegebenen Schmerzen lägen im Übrigen keine nachvollziehbaren ärztlichen Angaben vor; die Kammer müsse hierzu auch nicht von Amts wegen weitere Ermittlungen anstellen.
Die Antragstellerin hat gegen den ihr am 22. August 2016 zugestellten Beschluss des SG am 22. September 2016 Beschwerde eingelegt und zugleich die Bewilligung von Prozesskostenhilfe für das Beschwerdeverfahren beantragt. Sie leide unter erheblichen Bewegungseinschränkungen und sei in ihrer Lebensqualität deutlich eingeschränkt. Ferner habe sie die möglichen konservativen Behandlungsmöglichkeiten durchaus ausgeschöpft bzw. Prof. Dr. W ... habe richtigerweise die Auffassung vertreten, dass diese Behandlungsmöglichkeiten nicht erfolgversprechend seien. Nochmals sei darauf hinzuweisen, dass sie, die Antragstellerin, Anspruch auf die Liposuktion zumindest aufgrund des § 13 Abs. 3a SGB V habe. Sie habe davon ausgehen dürfen, dass die Behandlung erforderlich ist und dass sie nicht offensichtlich außerhalb des Leistungskatalogs der GKV liege.
In einem im Beschwerdeverfahren vorgelegten Arztbrief der behandelnden Hautärztin vom 6. September 2016 sind die Diagnosen von Prof. Dr. W ... und die angegebenen Behandlungen bestätigt worden; bei der Antragstellerin bestehe aufgrund des Lipödems eine "erhöhte Druckempfindlichkeit" und ein "hoher psychosozialer Leidensdruck". Auch die Psychotherapeutin hat einen ausführlicheren Bericht vom 14. September 2016 übersandt; demnach sei die Antragstellerin zwar motiviert, an einer stationären Psychotherapie teilzunehmen; jedoch habe sie "massive Angst" vor erneuten Abwertungen aufgrund ihrer äußeren Gestalt. Deshalb sei zu befürchten, dass bei einem "nicht adäquat behandelten Lipödem" ein "stigmatisierender Faktor" fortbestehe, der eine stationäre Therapie behindere. Ferner hat die Antragstellerin einen weiteren Bericht von Prof. Dr. W ... vom 15. Septem¬ber 2016 vorgelegt, der inhaltlich dem Bericht vom 25. Februar 2016 entspricht, jedoch nun eine Behandlung mit sechs Litern Tumeszenzlösung je Sitzung empfiehlt.
Die Antragstellerin beantragt,
den Beschluss des Sozialgerichts Dresden vom 18. August 2016 aufzuheben und die Antragsgegnerin im Wege der einstweiligen Anordnung zu verpflichten, der Antragstellerin eine mehrzeitige stationäre Liposuktion (fünf Sitzungen betreffend die Ober- und Unterschenkel sowie die Oberarme) als Sachleistung zu gewähren.
Die Antragsgegnerin beantragt,
die Beschwerde zurückzuweisen.
Sie hält die erstinstanzliche Entscheidung für zutreffend. Die Genehmigungsfiktion des § 13 Abs. 3a Satz 6 SGB V sei schon deshalb nicht eingetreten, weil der ursprüngliche Antrag nicht bestimmt genug und damit nicht "fiktionsfähig" gewesen sei. Dies folge daraus, dass dem Antrag keine vertragsärztliche Verordnung von Krankenhausbehandlung beigefügt gewesen sei. Die Vorlage des Berichts von Prof. Dr. W ... habe insofern nicht ausgereicht. Außerdem bewirke eine Genehmigungsfiktion nach § 13 Abs. 3a Satz 6 SGB V nach zutreffender Auffassung keinen Sachleistungsanspruch. Es bleibe dabei, dass die Antragstellerin keinen Anordnungsgrund glaubhaft gemacht habe, da ihr zumutbar sei, das Lipödem vorerst mittels konservativer Behandlungsmethoden weiterbehandeln zu lassen.
Den Widerspruch vom 23. Juni 2016 hat die Antragsgegnerin unter Wiedergabe der Einschätzungen des MDK mit Widerspruchsbescheid vom 13. Oktober 2016 zurückgewiesen. Die Antragstellerin hat dagegen am 14. November 2016 Klage zum SG (S 25 KR 834/16) erhoben. Ferner hat die Antragstellerin bei der Antragsgegnerin unter Vorlage einer entsprechenden Verordnung ihrer Hautärztin vom 21. Oktober 2016 nochmals die Gewährung einer stationären Liposuktion beantragt. Dieser Antrag ist mit Bescheid vom 17. November 2016 wiederum abgelehnt worden; auch dagegen hat die Antragstellerin unter dem 19. Dezember 2016 Widerspruch eingelegt, über den noch nicht entschieden worden ist.
Dem Senat haben die Verwaltungsakte der Antragsgegnerin sowie die Gerichtsakten beider Rechtszüge vorgelegen.
II.
Die zulässige Beschwerde ist unbegründet. Das SG hat den Antrag der Antragstellerin auf Erlass einer einstweiligen Anordnung zu Recht abgelehnt.
Nach § 86b Abs. 2 Sozialgerichtsgesetz (SGG) kann das Gericht der Hauptsache – sofern es sich, wie hier, bei dieser nicht um eine Anfechtungssache im Sinne des § 86b Abs. 1 SGG handelt – auf Antrag eine einstweilige Anordnung in Bezug auf den Streitgegenstand treffen, wenn die Gefahr besteht, dass durch eine Veränderung des bestehenden Zustands die Verwirklichung des Rechts des Antragstellers vereitelt oder wesentlich erschwert werden könnte (sog. Sicherungsanordnung). Eine einstweilige Anordnung ist auch zur Regelung eines vorläufigen Zustands in Bezug auf ein streitiges Rechtsverhältnis zulässig, wenn eine solche Regelung zur Abwendung wesentlicher Nachteile nötig erscheint (sog. Regelungsanordnung). In beiden Fällen ist Voraussetzung für den Erlass einer einstweiligen Anordnung das Vorliegen eines Anordnungsanspruchs und eines Anordnungsgrundes. Dabei bezieht sich der Anordnungsanspruch auf den im Hauptsacheverfahren streitigen Anspruch und damit auf die Erfolgsaussichten in der Hauptsache. Der Anordnungsgrund betrifft die Frage der Dringlichkeit oder Eilbedürftigkeit und stellt damit den Grund für den einstweiligen Rechtsschutz dar. Als Anordnungsgrund verlangt das Gesetz für die Sicherungsanordnung eine Gefahr für die Verwirklichung eines Rechts des Antragstellers (§ 86b Abs. 2 Satz 1 SGG) und für die Regelungsanordnung die Abwendung wesentlicher Nachteile (§ 86b Abs. 2 Satz 2 SGG). Es muss ein gewichtiges Interesse des Antragstellers vorliegen, aufgrund dessen es ihm nicht zumutbar ist, die Entscheidung in der Hauptsache abzuwarten. Die Tatsachen, die den Anordnungsanspruch und den Anordnungsgrund begründen sollen, sind vom Antragsteller darzulegen und glaubhaft zu machen (§ 86b Abs. 2 Satz 4 SGG in Verbindung mit § 920 Abs. 2 Zivilprozessordnung [ZPO]).
Da die einstweilige Anordnung in erster Linie einer vorläufigen Sicherung oder Regelung hinsichtlich des Streitgegenstands der Hauptsache dient, darf sie grundsätzlich die Entscheidung in der Hauptsache nicht vorwegnehmen (z.B. Keller in Meyer-Ladewig/Kel-ler/Leithe¬rer, SGG, 11. Aufl., § 86b Rn. 31). Eine solche Vorwegnahme liegt u.a. dann vor, wenn eine in der Hauptsache begehrte Sachleistung schon aufgrund einer einstweiligen Anordnung erbracht werden soll und für den Fall des Unterliegens im anschließenden Hauptsacheverfahren eine Rückabwicklung nicht oder nur eingeschränkt möglich wäre (z.B. Landessozialgericht [LSG] Schleswig-Holstein, Urteil vom 12. November 2015 – L 5 KR 203/15 B ER – juris Rn. 12). Nur wenn eine Entscheidung in der Hauptsache nicht mehr rechtzeitig erwirkt werden kann oder dem Rechtsschutzsuchenden bei einem Abwarten der Hauptsache schwere und unzumutbare Nachteile entstünden, zu deren nachträglicher Beseitigung die Entscheidung in der Hauptsache nicht mehr in der Lage wäre, kann es zur Wahrung effektiven Rechtsschutzes im Sinne des Art. 19 Abs. 4 Grundgesetz (GG) erforderlich sein, eine einstweilige Anordnung zu treffen, die der Hauptsache vorgreift (Keller in Meyer-Ladewig/Kel¬ler/Lei¬the¬rer, SGG, 11. Aufl., § 86b Rn. 31 m.w.N.; siehe auch Bundesverfassungsgericht [BVerfG], Beschluss vom 5. Mai 2014 – 2 BvR 1823/13 – juris Rn. 17; Bundesverwaltungsgericht, Beschluss vom 13. August 1999 – 2 VR 1/99 – juris Rn. 24 f.). In solchen Fällen sind – entsprechend vorstehender Maßgaben – nicht nur hohe Anforderungen an den Anordnungsgrund zu stellen; auch der Anordnungsanspruch ist dann eingehend zu prüfen, d.h. der Erfolg im Hauptsacheverfahren muss in hohem Maße wahrscheinlich sein (vgl. nochmals LSG Schleswig-Holstein, Urteil vom 12. November 2015 – L 5 KR 203/15 B ER – juris Rn. 12; LSG Nordrhein-Westfalen, Beschluss vom 11. Juli 2006 – L 16 B 43/06 KR ER – juris Rn. 19; Keller in Meyer-Ladewig/Kel¬ler/Leithe¬rer, SGG, 11. Aufl., § 86b Rn. 31). Dabei darf das Interesse des Rechtsschutzsuchenden an einer vorläufigen Regelung oder Sicherung der geltend gemachten Rechtsposition umso weniger zurückgestellt werden, je schwerer die sich aus einer Versagung vorläufigen Rechtsschutzes ergebenden Belastungen wiegen und je geringer die Wahrscheinlichkeit ist, dass sie im Falle des Obsiegens in der Hauptsache rückgängig gemacht werden können (z.B. BVerfG, Beschluss vom 5. Mai 2014 – 2 BvR 1823/13 – juris Rn. 18).
Ausgehend von diesen Maßstäben liegen die Voraussetzungen zum Erlass einer hier nur denkbaren Regelungsanordnung nach § 86b Abs. 2 Satz 2 SGG nicht vor.
Der Antragstellerin geht es im vorliegenden Eilverfahren zweifellos um eine Vorwegnahme der Hauptsache. Denn wenn die begehrte stationäre Liposuktion aufgrund des Erlasses einer einstweiligen Anordnung durchgeführt wird, ist sie – mit den für die Beteiligten sich daraus ergebenden Konsequenzen – nicht mehr rückgängig zu machen.
1. Im Hinblick auf den geltend gemachten Anordnungsanspruch kann nach summarischer Prüfung der Sach- und Rechtslage nicht festgestellt werden, dass der Antragstellerin ein Anspruch auf Gewährung einer stationären Liposuktion nach § 27 Abs. 1 Satz 1 und Satz 2 Nr. 5, § 39 Satz 1 SGB V zusteht und somit die Hauptsache erfolgreich sein wird.
a) Gemäß § 27 Abs. 1 Satz 1 SGB V haben Versicherte Anspruch auf Krankenbehandlung, wenn sie notwendig ist, um eine Krankheit zu erkennen, zu heilen, ihre Verschlimmerung zu verhüten oder Krankheitsbeschwerden zu lindern. Die Krankenbehandlung umfasst u.a. die Krankenhausbehandlung (§ 27 Abs. 1 Satz 2 Nr. 5 SGB V). Nach § 39 Abs. 2 SGB V haben Versicherte Anspruch auf vollstationäre Behandlung in einem zugelassenen Krankenhaus, wenn die Aufnahme nach Prüfung durch das Krankenhaus erforderlich ist, weil das Behandlungsziel nicht durch teilstationäre, vor- und nachstationäre oder ambulante Behandlung einschließlich häuslicher Krankenpflege erreicht werden kann. Der Anspruch auf Behandlung nach § 27 Abs. 1 SGB V unterliegt grundsätzlich den sich aus § 2 Abs. 1 Satz 3 und § 12 Abs. 1 SGB V ergebenden Einschränkungen, d.h. umfasst nur solche Leistungen, die notwendig und wirtschaftlich sind und deren Qualität und Wirksamkeit dem allgemein anerkannten Stand der medizinischen Erkenntnisse entsprechen.
(1) Das Lipödem der Antragstellerin ist zwar eine behandlungsbedürftige Krankheit. Jedoch entspricht es der bisherigen Rechtsprechung des Senats, dass eine stationäre Liposuktion zur Behandlung eines Lipödems grundsätzlich nicht zum Leistungsspektrum der GKV gehört, weil die Qualität und Wirksamkeit dieser neuen Behandlungsmethode nicht dem allgemein anerkannten Stand der medizinischen Erkenntnisse gemäß § 2 Abs. 1 Satz 3 SGB V entspricht (vgl. Sächsisches LSG, Urteil vom 23. Juli 2015 – L 1 KR 104/15 – juris Rn. 25 ff.; LSG Baden-Württem¬berg, Urteil vom 13. September 2016 – L 4 KR 320/16 – juris Rn. 34 ff.; LSG Rheinland-Pfalz, Urteil vom 5. Februar 2015 – L 5 KR 228/13 – juris Rn. 19 ff.). Ihre Qualität und Wirksamkeit ist bislang nicht durch den Gemeinsamen Bundesausschuss gemäß § 137c Abs. 1 Satz 1 SGB V bestätigt worden und auch nicht unabhängig davon nach dem Maßstab der evidenzbasierten Medizin nachweisbar, was sich im Einzelnen aus dem im Gutachten des MDK vom 2. August 2016 genannten Gutachten der Sozialmedizinischen Expertengruppe 7 "Methoden- und Produktbewertung" des MDS vom 6. Oktober 2011, aktualisiert am 15. Januar 2015, ergibt (Sächsisches LSG, Urteil vom 23. Juli 2015 – L 1 KR 104/15 – juris Rn. 30). Daran ist im Ausgangspunkt festzuhalten.
(2) Ob die Antragstellerin ungeachtet dessen einen Anspruch aufgrund des am 23. Juli 2015 in Kraft getretenen § 137c Abs. 3 SGB V herleiten kann, muss im Eilverfahren angesichts der Notwendigkeit, den Sachverhalt hierzu weiter aufzuklären, offenbleiben.
Nach dieser Bestimmung darf eine neue Untersuchungs- und Behandlungsmethode, zu der der Gemeinsame Bundesausschuss bisher keine Entscheidung nach § 137c Abs. 1 SGB V getroffen hat, im Rahmen einer Krankenhausbehandlung angewandt werden, wenn sie das "Potential einer erforderlichen Behandlungsalternative" bietet und ihre Anwendung nach den Regeln der ärztlichen Kunst erfolgt, sie also medizinisch indiziert und notwendig ist.
Das Potential ist ein Rechtsbegriff, der bereits in § 137c Abs. 1 SGB V in der bis 22. Juli 2015 geltenden Fassung enthalten war und an den der Gesetzgeber, um einheitliche Bewertungsmaßstäbe im Bereich des § 137c Abs. 1 und 3 SGB V sicherzustellen, ersichtlich anknüpfen wollte (vgl. Ihle in jurisPK, SGB V, 3. Aufl., § 137c Rn. 44). Was Potential bedeutet, ergibt sich daher vor allem aus den Konkretisierungen gemäß Kapitel 2 § 14 Abs. 3 und 4 Verfahrensordnung des Gemeinsamen Bundesausschusses, die in der Gesetzesbegründung zu § 137c Abs. 3 SGB V aufgegriffen sind (BT-Drs. 18/4095, S. 122). Potential hat eine neue Untersuchungs- und Behandlungsmethode mithin, wenn Erkenntnisse in Form aussagefähiger wissenschaftlicher Unterlagen vorliegen, dass die beispielhaft in § 14 Abs. 3 VO-GBA aufgeführten Vorteile der Methode bei bestimmten Patientengruppen erreicht werden können (vgl. auch zum sog. "doppelten Potential" Deister, NZS 2016, 328 [333]; ob Potential nur für "schwerer erkrankte" Patientengruppen "mit besonderem Versorgungsbedarf" in Betracht zu ziehen ist, kann an dieser Stelle dahinstehen, so z.B. LSG Baden-Württemberg, Urteil vom 30. August 2016 – L 16/1 KR 303/15 – juris Rn. 33). Die Beurteilung des Potentials setzt zumindest eine fachliche Auseinandersetzung mit der wissenschaftlichen Erkenntnislage voraus. Ermittlungen hierzu sind im gerichtlichen Eilverfahren nicht durchführbar. Insbesondere ist zweifelhaft, ob schon aus dem Vorliegen der S1-Leitlinie Lipo&776;dem (AWMF Registernummer 037-012) in der korrigierten Fassung vom 21. Januar 2016, die die Liposuktion als Therapieoption in bestimmten Fällen benennt, auf eine hinreichende wissenschaftliche Erkenntnislage im vorstehenden Sinne geschlossen werden kann (so wohl LSG Niedersachsen-Bremen, Urteil vom 22. März 2016 – L 4 KR 438/13 – juris Rn. 30 f.). Zumindest im Grundsatz bestimmen Leitlinien der medizinischen Fachgesellschaften den Umfang der Leistungsansprüche der Versicherten der GKV nicht (zum Qualitätsgebot Bundessozialgericht [BSG], Urteil vom 30. Juni 2009 – B 1 KR 5/09 R – juris Rn. 47). Vorläufig kann allenfalls festgestellt werden, dass der Gemeinsame Bundesausschuss die Einleitung des Verfahrens zur Bewertung der Liposuktion bei Lipödem (u.a.) gema&776;ß § 137c Abs. 1 Satz 1 SGB V am 22. Mai 2014 beschlossen und gleichwohl keine Erprobungsrichtlinie nach § 137c Abs. 1 Satz 3, § 137e SGB V erlassen hat, obwohl er hierzu verpflichtet wäre, wenn ein Potential im Rechtssinne vorläge.
Unabhängig davon setzt auch eine Krankenhausbehandlung mit einer neuen Untersuchungs- und Behandlungsmethode, die Potential im Sinne des § 137c Abs. 3 SGB V aufweist, wie jede Krankenhausbehandlung voraus, dass sie im jeweiligen Einzelfall medizinisch indiziert und notwendig ist. Diese Voraussetzung unterliegt – vom Wissens- und Kenntnisstand des Arztes ausgehend – der uneingeschränkten gerichtlichen Überprüfung. Dass die von der Antragstellerin begehrte stationäre Liposuktion als Behandlung im Sinne des § 137c Abs. 3 SGB V medizinisch indiziert und notwendig ist, erscheint aber – trotz der Einschätzung von Prof. Dr. W ... – fraglich und kann keinesfalls bereits unterstellt werden.
Mit der Prüfung der medizinischen Indikation und Notwendigkeit im Sinne des § 137c Abs. 3 SGB V darf freilich nicht "durch die Hintertür" das Qualitätsgebot des § 2 Abs. 1 Satz 3 SGB V wieder zur Anwendung gelangen. Abzustellen ist nur auf den jeweiligen – wenn auch noch nicht nach den Kriterien der evidenzbasierten Medizin überprüften – Stand der medizinischer Wissenschaft und Praxis aus Sicht eines durchschnittlich qualifizierten Arzt des jeweiligen Fachgebiets (vgl. Deister, NZS 2016, 328 [336]). Daher dürfte es sachgerecht sein, medizinische Indikation und Notwendigkeit im Sinne des § 137c Abs. 3 SGB V nach den Empfehlungen einer S1-Leitlinie zu überprüfen, soweit keine fundierteren Erkenntnisse vorliegen – auch wenn eine S1-Leitlinie nicht als verbindliche Vorgabe zu verstehen ist, sondern nur als systematisch entwickelte, wissenschaftlich begründete und praxisorientierte Entscheidungshilfe, die vornehmlich als Orientierungshilfe dient und von der in begründeten Fällen abgewichen werden kann (vgl. z.B. SG Hamburg, Urteil vom 17. Januar 2013 – S 35 KR 118/10 – juris Rn. 22). Jedenfalls wenn nicht nachvollziehbar begründete Abweichungen von einer S1-Leitlinie festzustellen sind, sind Indikation und Notwendigkeit einer Behandlung in Frage zu stellen. Letzteres ist hier der Fall.
Nach der genannten S1-Leitlinie Lipo&776;dem soll eine Liposuktion grundsätzlich zur Behandlung eines Lipödems geeignet sein, wenn trotz konsequent durchgeführter konservativer Therapie noch Beschwerden bestehen bzw. wenn eine Progredienz von Befund und/oder Beschwerden auftritt (Seite 12). Speziell bei einem Lipödem mit begleitender Adipositas dürfe aber "erst nach Gewichtsreduktion" mittels einer Liposuktion therapiert werden (Seite 9). Die Liposuktion sei insbesondere "keine Methode zur Gewichtsreduktion" (Seite 13). "Erfahrene Operateure" rieten bei ausgeprägter Adipositas teils ab einem BMI von 32 kg/m2, zu einer "kritischen Indikationsstellung". In diesen Fällen sei eine Liposuktion mitunter auch deshalb nicht zu empfehlen, weil nach erfolgreicher Entstauung und Gewichtsreduktion große, schlaffe Gewebesäcke zurückblieben, bei denen eine anschließende plastisch-chirurgische Dermolipektomie sinnvoller sei als eine Liposuktion.
Ausgehend davon hat die Antragstellerin zu Recht begründete Zweifel an der Indikation und Notwendigkeit der begehrten Behandlung geäußert, die – wenn überhaupt – erst im Hauptsacheverfahren ausgeräumt werden könnten. Insbesondere gehört die Antragstellerin aufgrund eines Körpergewichts von zuletzt 109 kg bzw. eines BMI von über 40 kg/m2 zweifellos zur Gruppe der Patienten, die an einem Lipödem mit begleitender Adipositas leiden – de¬fini¬tionsgemäß an einer Adipositas Grad 3 (bzw. permagna [WHO], E66.2 nach ICD-10-GM); dies hat auch Prof. Dr. W ... in seinem Schreiben vom 25. Februar 2016 bestätigt ("Kombination von zentraler Adipositas und Lipödem"). Maßnahmen zur Gewichtsreduktion wurden indes offenbar nicht ausgeschöpft; so wurde z.B. noch keine stationäre Rehabilitation in einer dafür geeigneten Klinik durchgeführt. Es wurden – soweit ersichtlich – im Wesentlichen nur drei erfolglose Einzelgespräche zur Ernährungsberatung im Jahr 2015 angeboten. Die Schreiben von Prof. Dr. W ... vom 25. Februar 2016 und 15. September 2016 setzen sich nicht im Ansatz damit auseinander, weshalb schon zum gegenwärtigen Zeitpunkt die Notwendigkeit einer Liposuktion bestehen soll, obwohl die nach der Leitlinie geforderte Gewichtsreduktion bislang ausgeblieben bzw. womöglich nicht ernsthaft angegangen worden ist und obwohl gerade bei ausgeprägter Adipositas eine "kritische Indikationsstellung" für erforderlich gehalten wird. Des Weiteren ist auch nicht ersichtlich, dass die Möglichkeiten einer leitliniengemäßen konservativen Therapie ausgeschöpft wurden oder eine signifikante Progredienz der Erkrankung vorliegt. Angabengemäß wurden der Antragstellerin bislang nur 30 Sitzungen manuelle Lymphdrainage im Jahr 2015 verordnet und es wurde eine Kompression mit flach gestrickter Kompressionsbekleidung versucht. Weshalb intensivere Behandlungen, z.B. eine begleitende apparative intermittierende Kompression (AIK), z.B. zur Schmerzreduktion (Seite 10 f.), oder eine KPE unter stationären Bedingungen (Seite 11) nicht durchgeführt wurden, erschließt sich aus den vorgelegten Berichten nicht. Auch eine Progredienz der Erkrankung ist nicht ohne Weiteres ersichtlich, zumal das Körpergewicht der Antragstellerin seit dem Jahr 2015 zwischen 108 und 111 kg schwankte bzw. aktuell wieder 109 kg beträgt. Bei genauerem Hinsehen hat Prof. Dr. W ... auch nicht erklärt, dass die in Betracht kommenden konservativen Behandlungsmöglichkeiten – insbesondere hinsichtlich einer Gewichtsreduktion – ausgeschöpft wurden, sondern zum Ausdruck gebracht, dass die Liposuktion bei Kombination von zentraler Adipositas und Lipödem von vornherein eine sinnvolle und wirtschaftliche Behandlung zur Verringerung des Fettgewebes sei. Insoweit handelt es sich um eine fachliche Auffassung, die sich in der S1-Leitlinie nicht ohne Weiteres wiederfindet und deren Richtigkeit zumindest nicht schon im Eilverfahren unterstellt werden kann.
Die Liposuktion ist schließlich nach der S1-Leitlinie nicht indiziert, um der Adipositas der Antragstellerin oder den daraus resultierenden orthopädischen Beschwerden entgegenzuwirken (keine "Methode zur Gewichtsreduktion", Seiten 9 und 13). Die möglicherweise durch die äußere Gestalt der Antragstellerin verursachten oder unterhaltenen psychischen Erkrankungen sind, wie das SG zu Recht unter Hinweis auf die höchstrichterliche Rechtsprechung ausgeführt hat, ebenfalls nicht mittels derartiger invasiver Eingriffe zu therapieren (vgl. BSG, Urteil vom 8. März 2016 – B 1 KR 35/15 R – juris Rn. 16 m.w.N.).
b) Nach summarischer Prüfung der Sach- und Rechtslage sind auch nicht die Rechtswirkungen einer fiktiven Genehmigung nach § 13 Abs. 3a Satz 6 SGB V eingetreten.
Nach dem mit Wirkung ab dem 26. Februar 2013 eingefügten § 13 Abs. 3a SGB V hat die Krankenkasse über einen Antrag auf Leistungen zügig, spätestens bis zum Ablauf von drei Wochen nach Antragseingang oder in Fällen, in denen eine gutachtliche Stellungnahme, insbesondere des MDK, eingeholt wird, innerhalb von fünf Wochen nach Antragseingang zu entscheiden (Satz 1). Wenn die Krankenkasse eine gutachtliche Stellungnahme für erforderlich hält, hat sie diese unverzüglich einzuholen und die Leistungsberechtigten hierüber zu unterrichten (Satz 2). Der MDK nimmt innerhalb von drei Wochen gutachtlich Stellung (Satz 3). Kann die Krankenkasse die Fristen nach Satz 1 oder Satz 4 nicht einhalten, teilt sie dies den Leistungsberechtigten unter Darlegung der Gründe rechtzeitig schriftlich mit (Satz 5). Erfolgt keine Mitteilung eines hinreichenden Grundes, gilt die Leistung nach Ablauf der Frist als genehmigt (Satz 6). Beschaffen sich Leistungsberechtigte nach Ablauf der Frist eine erforderliche Leistung selbst, ist die Krankenkasse zur Erstattung der hierdurch entstandenen Kosten verpflichtet (Satz 7).
Die Genehmigungsfiktion begründet – so der 1. Senat des BSG – zugunsten des Leistungsberechtigten auch einen "Naturalleistungsanspruch", sodass der mittellose Versicherte in die Lage versetzt wird, sich die begehrte Leistung selbst zu beschaffen (BSG, Urteil vom 8. März 2016 – B 1 KR 25/15 R – juris Rn. 25; dagegen z.B. Helbig in jurisPK, SGB V, 3. Aufl., § 13 Rn. 71.2; Bayerisches LSG, Urteil vom 7. September 2016 – L 20 KR 597/15 – juris Rn. 28 f. – Revision zum BSG unter B 1 KR 26/16 R; Hessisches LSG, Urteil vom 10. Dezember 2015 – L 1 KR 413/14 – juris Rn. 33 – Revision zum BSG unter B 3 KR 4/16 R). Nach dieser Auffassung wirkt die Genehmigungsfiktion wie ein positiver Bewilligungsbescheid, der entsprechend § 39 Abs. 2 Zehntes Buch Sozialgesetzbuch (SGB X) unabhängig von seiner Rechtmäßigkeit wirksam bleibt, solange er nicht nach § 45 SGB X zurückgenommen wird oder sich auf andere Weise erledigt (z.B. SG München, Urteil vom 16. Juni 2016 – S 7 KR 409/15 – juris Rn. 30 f.). Ferner soll die Genehmigungsfiktion des § 13 Abs. 3a Satz 6 SGB V nicht nur dann eintreten, wenn die beantragte Leistung objektiv notwendig ist, sondern es soll genügen, dass der Versicherte sie subjektiv für erforderlich halten darf; letzteres sei wiederum nicht der Fall, wenn jedem Versicherten klar sein muss, dass die Leistung nicht im Rahmen des Leistungskatalogs der GKV erbracht werden kann (BSG, Urteil vom 8. März 2016 – B 1 KR 25/15 R – juris Rn. 26; kritisch wiederum z.B. Helbig in jurisPK, SGB V, 3. Aufl., § 13 Rn. 71.2).
Der Antrag vom 2. März 2016 war entgegen der Auffassung der Antragsgegnerin zwar bestimmt genug. Aus dem Schreiben von Prof. Dr. W ... vom 25. Februar 1016, das dem Antrag beigefügt war, ergab sich die begehrte Leistung hinsichtlich der Diagnosen und der beabsichtigten Maßnahmen genauer als aus jeder vertragsärztlichen Verordnung.
Die Genehmigungsfiktion des § 13 Abs. 3a Satz 6 SGB V trat jedoch aufgrund eines von der Antragsgegnerin der Antragstellerin – soweit ersichtlich – rechtzeitig und schriftlich mitgeteilten hinreichenden Grundes für die Fristüberschreitung nicht ein.
Mit dem am 2. März 2016 bei der Antragsgegnerin eingegangenen Antrag der Antragstellerin lief die Frist des § 13 Abs. 3a Satz 1 SGB V an. Dass diese Frist erst mit Eingang aller entscheidungserheblichen Unterlagen bei der Krankenversicherung beginnt, ist dem Gesetz nicht zu entnehmen (so aber Bayerisches LSG, Urteil vom 7. September 2016 – L 20 KR 597/15 – juris Rn. 26). Insbesondere ein Verstoß gegen die Mitwirkungsobliegenheit kann nur ein hinreichender Grund für eine Fristüberschreitung im Sinne des § 13 Abs. 3a Satz 5 und 6 SGB V sein (vgl. Helbig in jurisPK, SGB V, 3. Aufl., § 13 Rn. 66).
Die Genehmigungsfiktion war auch nicht schon nach Ablauf der dreiwöchigen Frist des § 13 Abs. 3a Satz 1 Alt. 1 SGB V eingetreten, da die Antragsgegnerin der Antragstellerin mit Schreiben vom 11. März 2016 und damit innerhalb der dreiwöchigen Frist mitgeteilt hatte, dass die Einholung eines Gutachtens des MDK beabsichtigt sei. Somit war die fünfwöchige Frist des § 13 Abs. 3a Satz 1 Alt. 2 SGB V maßgeblich (zur Problematik der fehlenden Mitteilung der Absicht, ein Gutachten des MDK einzuholen vgl. BSG, Urteil vom 8. März 2016 – B 1 KR 25/15 R – juris Rn. 28; Helbig in jurisPK, SGB V, 3. Aufl., § 13 Rn. 63.2). Diese begann gemäß § 26 Abs. 1 SGB X i.V.m. § 187 Abs. 1 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB) am Donnerstag, den 3. März 2016 (Ereignisfrist), und endete gemäß § 26 Abs. 1 SGB X i.V.m. § 188 BGB am Mittwoch, den 6. April 2016.
Die Antragsgegnerin übersandte der Antragstellerin am Freitag, dem 1. April 2016, eine "Mitteilung nach § 13 Abs. 3a Satz 6 SGB V", in der erklärt wurde, dass die restliche Zeit bis zum Ablauf der Frist des § 13 Abs. 3a Satz 1 SGB V nicht ausreiche, um das erforderliche Gutachten des MDK einzuholen, da es sich um einen "schwierigen Antrag" handele. Der Antragstellerin dürfte damit fristgerecht und schriftlich ein Grund für die Verzögerung mitgeteilt worden sein, der unter Berücksichtigung der vorstehenden Ausführungen (unter Buchst. a) auch objektiv hinreichend war. Da die Frist des § 13 Abs. 3a Satz 1 SGB V nicht erst mit Vorliegen aller zur Entscheidung benötigten Unterlagen beginnt, war zu berücksichtigten, dass es nach erster Prüfung des Antrags angemessen erschien, der Antragstellerin zunächst eine Frist für Nachreichungen bis zum 23. März 2016 zu setzen. Nachdem die Unterlagen gemäß Posteingangsstempel am 24. März 2016 eingegangen waren, verblieben nur wenige Tage, um das Material zu bewerten, ein Gutachten zu erstellen und der Antragstellerin noch rechtzeitig eine Entscheidung zu übersenden. Dabei hätte sich der MDK – wie oben erläutert worden ist – mit dem Stand der wissenschaftlichen Erkenntnisse zu der neuen Behandlungsmethode sowie zu ihrer Indikation und Notwendigkeit eingehend auseinandersetzen müssten, zumal ein renommierter Facharzt und Experte die Behandlung als indiziert bezeichnet hatte. An einer objektiv bestehenden Schwierigkeit ändert sich auch nichts, wenn das vom MDK erstellte Gutachten am Ende eher oberflächlich bleibt. Es ist im Übrigen nicht erforderlich, dass alle Umstände, aus denen sich ergibt, weshalb der Grund hinreichend ist, in der Mitteilung nach § 13 Abs. 3a Satz 5 SGB V aufgeführt sind; für eine nachvollziehbare Mitteilung genügt es, wenn der Versicherte erkennen kann, woran die Verzögerung der Entscheidung festgemacht wird. Die Entscheidung über den Antrag war schließlich auch nicht deshalb einfach, weil die Antragstellerin noch keine vertragsärztliche Verordnung vorgelegt hatte. Die Antragsgegnerin hätte aus diesem Grunde nicht ohne Weiteres den Antrag ablehnen dürfen, sondern hätte in entsprechender Anwendung des § 16 Abs. 3 Erstes Buch Sozialgesetzbuch um eine Nachreichung der Verordnung bitten müssen, die der Antragstellerin – soweit ersichtlich – möglich gewesen wäre.
2. Die Antragstellerin hat auch keinen Anordnungsgrund glaubhaft gemacht, aus dem sich trotz der bestenfalls offenen Erfolgsaussichten der Hauptsache eine Notwendigkeit ergibt, der Hauptsache gleichwohl durch Erlass einer einstweiligen Anordnung vorzugreifen.
Die Liposuktion ist zunächst nicht deshalb eilbedürftig sei, weil der Antragstellerin – wie sie behauptet – ansonsten eine Berufsausbildung verwehrt sei. Ausweislich des vorgelegten Gutachtens der Agentur für Arbeit A ... vom 4. November 2015 folgt ihr derzeit aufgehobenes Leistungsvermögen nicht aus dem Lipödem, sondern vor allem aus der multiplen psychischen Erkrankung sowie aus dem Bronchialasthma und der Zuckerkrankheit.
Des Weiteren kann die Antragstellerin nicht geltend machen, die Liposuktion müsse umgehend durchgeführt werden, um ihr eine stationäre Psychotherapie zu ermöglichen. Es ist nicht ansatzweise ersichtlich, geschweige denn in hinreichendem Maße glaubhaft gemacht, dass die von der Psychotherapeutin beschriebenen Ängste der Antragstellerin, sie werde sogar in der geschützten Umgebung einer stationären Therapieeinrichtung "Abwertungen" aufgrund ihres Lipödems erfahren, objektiv berechtigt sein könnten. Soweit solche Ängste auf die psychischen Erkrankungen (z.B. die soziale Phobie) zurückzuführen sind, ist es Sache der Psychotherapeutin, Ängsten durch eine geeignete Therapie entgegenzuwirken und einen Umgang der Antragstellerin mit Abwertungen – soweit sie auftreten – einzuüben.
Das Lipödem bedarf zwar weiterhin der Behandlung. Hinsichtlich der Dringlichkeit der Behandlung unterscheidet sich der vorliegende Fall aber zunächst von solchen Fällen, in denen die betreffende Behandlung schon im Eilverfahren gewährt werden soll, weil bei einem Abwarten der Hauptsache die Erkrankung bereits den Tod, den Eintritt einer lebensgefährlichen Situation oder eines dauernden Gesundheitsschadens bewirken könnte. Soweit die Antragstellerin gegenwärtige Schmerzen schon bei leichtem Druck auf die betreffenden Körperbereiche angegeben hat, trifft ferner der Hinweis des SG zu, dass dies bislang nicht durch ärztliche Unterlagen bestätigt bzw. weder im nachgereichten Arztbrief der Hautärztin vom 6. September 2016 noch in dem nachgereichten Bericht von Prof. Dr. W ... vom 15. September 2016 mitgeteilt worden ist. Unabhängig davon hat die Antragstellerin nicht glaubhaft gemacht, dass sie schwere und unzumutbare Nachteile hinzunehmen hätte, wenn das Lipödem nicht umgehend gerade mittels der begehrten Liposuktion behandelt wird. Denn jedenfalls zum gegenwärtigen Zeitpunkt hat die Antragstellerin – wie aufgezeigt – die Unwirksamkeit oder Unzumutbarkeit intensiverer konservativer Behandlungen, u.a. anderer stationärer Therapien zur Gewichtsreduktion, zur Schmerzreduktion und zur Entstauung (KPE, ggf. auch AIP) nicht hinreichend belegt. Abgesehen davon wäre die Durchführung der Liposuktion nicht nur für die Antragsgegnerin mit hohen Kosten, sondern für die Antragstellerin – bei erheblichen Zweifeln an der medizinischen Nützlichkeit einer solchen Behandlung in den Fällen eines Lipödem mit begleitender ausgeprägter Adipositas aus den genannten Gründen – mit den Risiken einer jeden invasiven Krankenhausbehandlung sowie irreversiblen körperlichen Veränderungen verbunden.
Aufgrund vorstehender Erwägungen ergibt sich auch aus einer den objektiven Wertgehalt des Grundrechts der Antragstellern auf Leben und körperliche Unversehrtheit gemäß Art. 2 Abs. 2 Satz 1 GG berücksichtigenden umfassenden Folgenabwägung keine verfassungsrechtliche Notwendigkeit, ihr umgehend die begehrte Liposuktion zu ermöglichen.
III.
Die Kostenentscheidung beruht auf einer entsprechenden Anwendung des § 193 Abs. 1 SGG.
IV.
Die Bewilligung der von der Antragstellerin beantragten Prozesskostenhilfe ist abzulehnen, da die Beschwerde bereits im Zeitpunkt der Antragstellung ohne hinreichende Aussicht auf Erfolg im Sinne des § 73a Abs. 1 Satz 1 SGG i.V.m. § 114 Abs. 1 Satz 1 ZPO gewesen ist. Insoweit kann auf die oben dargelegten Gründe, die zur Zurückweisung der Beschwerde geführt haben, Bezug genommen werden.
V.
Die Entscheidungen sind unanfechtbar (§ 177 SGG).
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II. Außergerichtliche Kosten sind auch im Beschwerdeverfahren nicht zu erstatten.
III. Der Antrag auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe für das Beschwerdeverfahren und Beiordnung von Frau Rechtsanwältin B ..., wird abgelehnt.
Gründe:
I.
Die Beteiligten streiten im Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes darüber, ob die Antragsgegnerin der Antragstellerin eine stationäre Liposuktion im Bereich der Beine und der Arme aufgrund eines Lipödems bei begleitender Adipositas zu gewähren hat.
Die am 1996 geborene und bei der Antragsgegnerin krankenversicherte Antragstellerin leidet unter mehreren psychischen Erkrankungen, die seit September 2014 mittels ambulanter Psychotherapie behandelt werden – vor allem einer emotional-in¬stabi¬len Persönlichkeitsstörung vom Borderline-Typ, einer posttraumatischen Belastungsstörung, einer dissoziativen Bewegungsstörung, einer Agoraphobie mit Panik, einer sozialen Phobie und einer rezidivierenden depressiven Störung, derzeit im Sinne einer mittelgradigen depressiven Episode. Zudem bestehen eine Kombination von zentraler Adipositas (aktuell 109 kg Körpergewicht, BMI ) 40 kg/m2) und Lipödem im Bereich der Oberschenkel (Grad 3), Unterschenkel (Grad 2) und Oberarme (Grad 1) sowie u.a. eine diabetische Stoffwechsellage und belastungsabhängige Atembeschwerden (Bronchialasthma).
Wegen des Lipödems befindet sich die Antragstellerin seit Dezember 2014 in Behandlung bei Prof. Dr. W ... (Chefarzt der Klink für Dermatologie und Allergologie, Städtisches Klinikum A ...). Im Jahr 2015 wurde sie mit flach gestrickter Kompressionsbekleidung versorgt und ihr wurden – neben Krankengymnastik – 30 manuelle Lymphdrainagen verordnet; ferner wurden drei Einzelgespräche zur Ernährungsberatung durchgeführt. Das Körpergewicht der Antragstellerin nahm währenddessen zunächst auf 111 kg zu.
Am 2. März 2016 beantragte die Antragstellerin bei der Antragsgegnerin die Gewährung einer Liposuktion im Rahmen einer stationären Krankenhausbehandlung. Zur Begründung legte sie einen Arztbericht von Prof. Dr. W ... vom 25. Februar 2016 ("zur Vorlage bei der Krankenkasse") vor, in dem es heißt, dass der Antragstellerin eine stationäre Liposuktion zu empfehlen sei. Vorgesehen seien vier Sitzungen für die Beine (zwei links, zwei rechts) und eine Sitzung für die Arme mit jeweils fünf Liter Tumeszenzlösung unter stationären Bedingungen (eine Übernachtung) im Abstand und von ca. acht Wochen. Konservative Maßnahmen seien erfolglos durchgeführt worden. Eine komplexe physikalische Entstauungstherapie (KPE) sei zur Behandlung eines Lipödem nicht ausreichend, da sie nur einen Teilaspekt der Erkrankung erfasse, das krankhaft vermehrte Fettgewebe aber nicht reduziere und die Progredienz der Erkrankung nicht bremsen könne.
Die Antragsgegnerin bestätigte der Antragstellerin unter dem 11. März 2016 den Eingang des Antrags am 2. März 2016, informierte über die Notwendigkeit der Erstellung eines Gutachtens des Medizinischen Diensts der Krankenversicherung Sachsen (MDK), sodass eine Entscheidung innerhalb der fünfwöchigen Frist des § 13 Abs. 3a Satz 1 Fünftes Buch Sozialgesetzbuch (SGB V) beabsichtigt sei, und erbat die Nachreichung von Nachweisen zu durchgeführten Lymphdrainagen und sportlicher Betätigung sowie Fotos bis zum 23. März 2016. Mit Schreiben an die Antragstellerin vom 1. April 2016 erklärte die Antragsgegnerin, dass die restliche Zeit bis zum Ablauf der fünfwöchigen Frist aufgrund des "schwierigen Antrags" nicht ausreiche ("Mitteilung nach § 13 Abs. 3a Satz 6 SGB V"); die Genehmigungsfiktion gemäß § 13 Abs. 3a Satz 6 SGB V trete daher nicht ein.
In dem vom MDK nach Aktenlage unter dem 28. April 2016 vorgelegten Gutachten, hieß es dass die stationäre Liposuktion eine neue Untersuchungs- und Behandlungsmethode sei. Solche Krankenhausbehandlungen könnten aber nur bei lebensbedrohlichen und regelmäßig tödlich verlaufenden Erkrankungen zu Lasten der Gesetzlichen Krankenversicherung (GKV) erbracht werden. Der Antragstellerin sei daher eine Weiterführung der manuellen Lymphdrainage mit Kompressionstherapie, eine Gewichtsreduktion und ggf. auch eine Rehabilitationsmaßnahme in einer spezialisierten Einrichtung zu empfehlen. Am 3. Mai 2016 reichte die Antragstellerin einen psychologischen Befundbericht nach, zu dem die Antragsgegnerin eine ergänzende, am 17. Mai 2016 erstellte Stellungnahme des MDK anforderte; eine Änderung der medizinischen Einschätzung ergab jedoch sich nicht.
Mit Bescheid vom 23. Mai 2016 lehnte die Antragsgegnerin den Antrag unter Wiedergabe der Einschätzungen des MDK ab, wogegen die Antragstellerin am 23. Juni 2016 Widerspruch erhob. Zur Begründung erklärte sie, dass das Lipödem nur mittels einer stationären Liposuktion erfolgversprechend behandelt werden könne. Die Erkrankung führe zu einer verstärkten Hämatombildung; sie hindere die Antragstellerin ferner daran, für längere Zeit zu stehen, zu laufen oder zu sitzen, am Sport teilzunehmen und eine Berufsausbildung anzugehen. Sie sei "letztendlich" die Ursache der psychischen Erkrankungen. Die Antragstellerin ergänzte ihren Vortrag durch Vorlage eines Gutachtens der Agentur für Arbeit A ... vom 4. November 2015, in dem es hieß, dass die Antragstellerin "wegen multipler Erkrankungen aus dem psychischen Formenkreis" und "wegen belastungsabhängiger Atembeschwerden und Blutzuckerkrankheit" auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt weniger als drei Stunden täglich leistungsfähig sei. Ferner legte sie eine Stellungnahme ihrer Psychotherapeutin vom 22. Juni 2016 vor, in der die o.g. psychischen Erkrankungen aufgeführt wurden und mitgeteilt wurde, dass der Antragstellerin eine stationäre Psychotherapie in den sozialen Bezügen einer Gruppentherapie zu empfehlen sei. Das Lipödem sei hierfür aber als "stigmatisierender Faktor" eine Belastung. Es sei deshalb sinnvoll, eine Liposuktion durchzuführen, um den "stigmatisierender Faktor" zu kompensieren. Ansonsten sei zu befürchten, dass eine stationäre Psychotherapie nicht ausreichend wirksam sein werde.
In einem weiteren, am 2. August 2016 erstellten Gutachten des MDK wurde u.a. darauf verwiesen, dass nach dem Gutachten "Liposuktion bei Lip- und Lymphödemen" der Sozialmedizinischen Expertengruppe 7 "Methoden- und Produktbewertung" des Medizinischen Diensts des Spitzenverbands Bund der Krankenkassen (MDS) vom 6. Oktober 2011, aktualisiert am 15. Januar 2015, der Nachweis über die Qualität und Wirksamkeit nach den Kriterien der evidenzbasierten Medizin nicht geführt werden könne. Im Übrigen seien psychische Erkrankungen nicht mittels "chirurgischer Maßnahmen" zu behandeln. Dass Lipödem sei weiterhin mittels konservativer Behandlungsmethoden zu therapieren.
Am 10. August 2016 hat die Antragstellerin beim Sozialgericht Dresden (SG) einen Antrag auf einstweiligen Rechtsschutz gestellt, mit dem sie die Verpflichtung der Antragsgegnerin im Wege der einstweiligen Anordnung begehrt, ihr die stationäre Liposuktion zu gewähren. Zum Sachverhalt hat sie ergänzt, dass sie auch schon bei leichtem Druck auf die vom Lipödem betroffenen Körperbereiche Schmerzen empfinde; Schmerzen bestünden ferner aufgrund orthopädischer Beschwerden im Schulter, Knie- und Rückenbereich; auch um diese zu lindern, müsse sie ihr Gewicht reduzieren. In rechtlicher Hinsicht gehe sie davon aus, dass die stationäre Liposuktion eine Krankenhausbehandlung sei, die im Rahmen der GKV zu gewähren sei und die auch indiziert sei. Die Qualitätsanforderungen des § 2 Abs. 1 Satz 3 SGB V müssten nicht gewahrt sein; es genüge, dass die Liposuktion seit etwa zehn Jahren durchgeführt werde und mehrere kleine Studien die Wirksamkeit der Behandlungsmethode bestätigt hätten. Auf all dies komme es im Übrigen nicht einmal an, da ohnehin die Genehmigungsfiktion des § 13 Abs. 3a Satz 6 SGB V eingetreten sei.
Die Antragsgegnerin hat eingewandt, dass eine Kostenübernahme schon deshalb nicht zugesagt werden könne, weil sie keine Verordnung einer Krankenhausbehandlung durch einen Vertragsarzt vorgelegt habe. Außerdem könne eine stationäre Liposuktion grundsätzlich nicht gewährt werden, weil diese Behandlung nicht die Qualitätsanforderungen des § 2 Abs. 1 Satz 3 SGB V erfülle. Ein Anspruch nach § 13 Abs. 3a SGB V könne sich deshalb nicht ergeben, weil die Liposuktion "offensichtlich" nicht zum Leistungskatalog der GKV gehöre. Schließlich habe die Antragstellerin keinen ausreichenden Anordnungsgrund glaubhaft gemacht; Einschränkungen der Lebensqualität genügten hierfür nicht.
Das SG hat den Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung mit Beschluss vom 18. August 2016 abgelehnt. Die Antragstellerin habe keinen Anordnungsgrund glaubhaft gemacht. Insofern könne sie zunächst nicht geltend machen, dass sie ohne die Liposuktion keine Ausbildung beginnen könne; denn die Eilbedürftigkeit einer operativen Behandlung könne sich nur aus medizinischen Gründen ergeben. Ein Anordnungsgrund ergebe sich ferner nicht aufgrund der vermeintlichen Notwendigkeit, eine Liposuktion vor einer stationären Psychotherapie durchzuführen, da psychische Erkrankungen nicht durch körperliche Eingriffe zu behandeln seien. Das Lipödem selbst sei zwar eine zu behandelnde Erkrankung. Insoweit bestehe hinsichtlich der begehrten Liposuktion jedoch keine Eilbedürftigkeit, weil die Antragstellerin nicht alle konservativen Behandlungsmöglichkeiten, z.B. eine Bewegungstherapie oder eine stationäre KPE, ausgeschöpft habe. Zu den angegebenen Schmerzen lägen im Übrigen keine nachvollziehbaren ärztlichen Angaben vor; die Kammer müsse hierzu auch nicht von Amts wegen weitere Ermittlungen anstellen.
Die Antragstellerin hat gegen den ihr am 22. August 2016 zugestellten Beschluss des SG am 22. September 2016 Beschwerde eingelegt und zugleich die Bewilligung von Prozesskostenhilfe für das Beschwerdeverfahren beantragt. Sie leide unter erheblichen Bewegungseinschränkungen und sei in ihrer Lebensqualität deutlich eingeschränkt. Ferner habe sie die möglichen konservativen Behandlungsmöglichkeiten durchaus ausgeschöpft bzw. Prof. Dr. W ... habe richtigerweise die Auffassung vertreten, dass diese Behandlungsmöglichkeiten nicht erfolgversprechend seien. Nochmals sei darauf hinzuweisen, dass sie, die Antragstellerin, Anspruch auf die Liposuktion zumindest aufgrund des § 13 Abs. 3a SGB V habe. Sie habe davon ausgehen dürfen, dass die Behandlung erforderlich ist und dass sie nicht offensichtlich außerhalb des Leistungskatalogs der GKV liege.
In einem im Beschwerdeverfahren vorgelegten Arztbrief der behandelnden Hautärztin vom 6. September 2016 sind die Diagnosen von Prof. Dr. W ... und die angegebenen Behandlungen bestätigt worden; bei der Antragstellerin bestehe aufgrund des Lipödems eine "erhöhte Druckempfindlichkeit" und ein "hoher psychosozialer Leidensdruck". Auch die Psychotherapeutin hat einen ausführlicheren Bericht vom 14. September 2016 übersandt; demnach sei die Antragstellerin zwar motiviert, an einer stationären Psychotherapie teilzunehmen; jedoch habe sie "massive Angst" vor erneuten Abwertungen aufgrund ihrer äußeren Gestalt. Deshalb sei zu befürchten, dass bei einem "nicht adäquat behandelten Lipödem" ein "stigmatisierender Faktor" fortbestehe, der eine stationäre Therapie behindere. Ferner hat die Antragstellerin einen weiteren Bericht von Prof. Dr. W ... vom 15. Septem¬ber 2016 vorgelegt, der inhaltlich dem Bericht vom 25. Februar 2016 entspricht, jedoch nun eine Behandlung mit sechs Litern Tumeszenzlösung je Sitzung empfiehlt.
Die Antragstellerin beantragt,
den Beschluss des Sozialgerichts Dresden vom 18. August 2016 aufzuheben und die Antragsgegnerin im Wege der einstweiligen Anordnung zu verpflichten, der Antragstellerin eine mehrzeitige stationäre Liposuktion (fünf Sitzungen betreffend die Ober- und Unterschenkel sowie die Oberarme) als Sachleistung zu gewähren.
Die Antragsgegnerin beantragt,
die Beschwerde zurückzuweisen.
Sie hält die erstinstanzliche Entscheidung für zutreffend. Die Genehmigungsfiktion des § 13 Abs. 3a Satz 6 SGB V sei schon deshalb nicht eingetreten, weil der ursprüngliche Antrag nicht bestimmt genug und damit nicht "fiktionsfähig" gewesen sei. Dies folge daraus, dass dem Antrag keine vertragsärztliche Verordnung von Krankenhausbehandlung beigefügt gewesen sei. Die Vorlage des Berichts von Prof. Dr. W ... habe insofern nicht ausgereicht. Außerdem bewirke eine Genehmigungsfiktion nach § 13 Abs. 3a Satz 6 SGB V nach zutreffender Auffassung keinen Sachleistungsanspruch. Es bleibe dabei, dass die Antragstellerin keinen Anordnungsgrund glaubhaft gemacht habe, da ihr zumutbar sei, das Lipödem vorerst mittels konservativer Behandlungsmethoden weiterbehandeln zu lassen.
Den Widerspruch vom 23. Juni 2016 hat die Antragsgegnerin unter Wiedergabe der Einschätzungen des MDK mit Widerspruchsbescheid vom 13. Oktober 2016 zurückgewiesen. Die Antragstellerin hat dagegen am 14. November 2016 Klage zum SG (S 25 KR 834/16) erhoben. Ferner hat die Antragstellerin bei der Antragsgegnerin unter Vorlage einer entsprechenden Verordnung ihrer Hautärztin vom 21. Oktober 2016 nochmals die Gewährung einer stationären Liposuktion beantragt. Dieser Antrag ist mit Bescheid vom 17. November 2016 wiederum abgelehnt worden; auch dagegen hat die Antragstellerin unter dem 19. Dezember 2016 Widerspruch eingelegt, über den noch nicht entschieden worden ist.
Dem Senat haben die Verwaltungsakte der Antragsgegnerin sowie die Gerichtsakten beider Rechtszüge vorgelegen.
II.
Die zulässige Beschwerde ist unbegründet. Das SG hat den Antrag der Antragstellerin auf Erlass einer einstweiligen Anordnung zu Recht abgelehnt.
Nach § 86b Abs. 2 Sozialgerichtsgesetz (SGG) kann das Gericht der Hauptsache – sofern es sich, wie hier, bei dieser nicht um eine Anfechtungssache im Sinne des § 86b Abs. 1 SGG handelt – auf Antrag eine einstweilige Anordnung in Bezug auf den Streitgegenstand treffen, wenn die Gefahr besteht, dass durch eine Veränderung des bestehenden Zustands die Verwirklichung des Rechts des Antragstellers vereitelt oder wesentlich erschwert werden könnte (sog. Sicherungsanordnung). Eine einstweilige Anordnung ist auch zur Regelung eines vorläufigen Zustands in Bezug auf ein streitiges Rechtsverhältnis zulässig, wenn eine solche Regelung zur Abwendung wesentlicher Nachteile nötig erscheint (sog. Regelungsanordnung). In beiden Fällen ist Voraussetzung für den Erlass einer einstweiligen Anordnung das Vorliegen eines Anordnungsanspruchs und eines Anordnungsgrundes. Dabei bezieht sich der Anordnungsanspruch auf den im Hauptsacheverfahren streitigen Anspruch und damit auf die Erfolgsaussichten in der Hauptsache. Der Anordnungsgrund betrifft die Frage der Dringlichkeit oder Eilbedürftigkeit und stellt damit den Grund für den einstweiligen Rechtsschutz dar. Als Anordnungsgrund verlangt das Gesetz für die Sicherungsanordnung eine Gefahr für die Verwirklichung eines Rechts des Antragstellers (§ 86b Abs. 2 Satz 1 SGG) und für die Regelungsanordnung die Abwendung wesentlicher Nachteile (§ 86b Abs. 2 Satz 2 SGG). Es muss ein gewichtiges Interesse des Antragstellers vorliegen, aufgrund dessen es ihm nicht zumutbar ist, die Entscheidung in der Hauptsache abzuwarten. Die Tatsachen, die den Anordnungsanspruch und den Anordnungsgrund begründen sollen, sind vom Antragsteller darzulegen und glaubhaft zu machen (§ 86b Abs. 2 Satz 4 SGG in Verbindung mit § 920 Abs. 2 Zivilprozessordnung [ZPO]).
Da die einstweilige Anordnung in erster Linie einer vorläufigen Sicherung oder Regelung hinsichtlich des Streitgegenstands der Hauptsache dient, darf sie grundsätzlich die Entscheidung in der Hauptsache nicht vorwegnehmen (z.B. Keller in Meyer-Ladewig/Kel-ler/Leithe¬rer, SGG, 11. Aufl., § 86b Rn. 31). Eine solche Vorwegnahme liegt u.a. dann vor, wenn eine in der Hauptsache begehrte Sachleistung schon aufgrund einer einstweiligen Anordnung erbracht werden soll und für den Fall des Unterliegens im anschließenden Hauptsacheverfahren eine Rückabwicklung nicht oder nur eingeschränkt möglich wäre (z.B. Landessozialgericht [LSG] Schleswig-Holstein, Urteil vom 12. November 2015 – L 5 KR 203/15 B ER – juris Rn. 12). Nur wenn eine Entscheidung in der Hauptsache nicht mehr rechtzeitig erwirkt werden kann oder dem Rechtsschutzsuchenden bei einem Abwarten der Hauptsache schwere und unzumutbare Nachteile entstünden, zu deren nachträglicher Beseitigung die Entscheidung in der Hauptsache nicht mehr in der Lage wäre, kann es zur Wahrung effektiven Rechtsschutzes im Sinne des Art. 19 Abs. 4 Grundgesetz (GG) erforderlich sein, eine einstweilige Anordnung zu treffen, die der Hauptsache vorgreift (Keller in Meyer-Ladewig/Kel¬ler/Lei¬the¬rer, SGG, 11. Aufl., § 86b Rn. 31 m.w.N.; siehe auch Bundesverfassungsgericht [BVerfG], Beschluss vom 5. Mai 2014 – 2 BvR 1823/13 – juris Rn. 17; Bundesverwaltungsgericht, Beschluss vom 13. August 1999 – 2 VR 1/99 – juris Rn. 24 f.). In solchen Fällen sind – entsprechend vorstehender Maßgaben – nicht nur hohe Anforderungen an den Anordnungsgrund zu stellen; auch der Anordnungsanspruch ist dann eingehend zu prüfen, d.h. der Erfolg im Hauptsacheverfahren muss in hohem Maße wahrscheinlich sein (vgl. nochmals LSG Schleswig-Holstein, Urteil vom 12. November 2015 – L 5 KR 203/15 B ER – juris Rn. 12; LSG Nordrhein-Westfalen, Beschluss vom 11. Juli 2006 – L 16 B 43/06 KR ER – juris Rn. 19; Keller in Meyer-Ladewig/Kel¬ler/Leithe¬rer, SGG, 11. Aufl., § 86b Rn. 31). Dabei darf das Interesse des Rechtsschutzsuchenden an einer vorläufigen Regelung oder Sicherung der geltend gemachten Rechtsposition umso weniger zurückgestellt werden, je schwerer die sich aus einer Versagung vorläufigen Rechtsschutzes ergebenden Belastungen wiegen und je geringer die Wahrscheinlichkeit ist, dass sie im Falle des Obsiegens in der Hauptsache rückgängig gemacht werden können (z.B. BVerfG, Beschluss vom 5. Mai 2014 – 2 BvR 1823/13 – juris Rn. 18).
Ausgehend von diesen Maßstäben liegen die Voraussetzungen zum Erlass einer hier nur denkbaren Regelungsanordnung nach § 86b Abs. 2 Satz 2 SGG nicht vor.
Der Antragstellerin geht es im vorliegenden Eilverfahren zweifellos um eine Vorwegnahme der Hauptsache. Denn wenn die begehrte stationäre Liposuktion aufgrund des Erlasses einer einstweiligen Anordnung durchgeführt wird, ist sie – mit den für die Beteiligten sich daraus ergebenden Konsequenzen – nicht mehr rückgängig zu machen.
1. Im Hinblick auf den geltend gemachten Anordnungsanspruch kann nach summarischer Prüfung der Sach- und Rechtslage nicht festgestellt werden, dass der Antragstellerin ein Anspruch auf Gewährung einer stationären Liposuktion nach § 27 Abs. 1 Satz 1 und Satz 2 Nr. 5, § 39 Satz 1 SGB V zusteht und somit die Hauptsache erfolgreich sein wird.
a) Gemäß § 27 Abs. 1 Satz 1 SGB V haben Versicherte Anspruch auf Krankenbehandlung, wenn sie notwendig ist, um eine Krankheit zu erkennen, zu heilen, ihre Verschlimmerung zu verhüten oder Krankheitsbeschwerden zu lindern. Die Krankenbehandlung umfasst u.a. die Krankenhausbehandlung (§ 27 Abs. 1 Satz 2 Nr. 5 SGB V). Nach § 39 Abs. 2 SGB V haben Versicherte Anspruch auf vollstationäre Behandlung in einem zugelassenen Krankenhaus, wenn die Aufnahme nach Prüfung durch das Krankenhaus erforderlich ist, weil das Behandlungsziel nicht durch teilstationäre, vor- und nachstationäre oder ambulante Behandlung einschließlich häuslicher Krankenpflege erreicht werden kann. Der Anspruch auf Behandlung nach § 27 Abs. 1 SGB V unterliegt grundsätzlich den sich aus § 2 Abs. 1 Satz 3 und § 12 Abs. 1 SGB V ergebenden Einschränkungen, d.h. umfasst nur solche Leistungen, die notwendig und wirtschaftlich sind und deren Qualität und Wirksamkeit dem allgemein anerkannten Stand der medizinischen Erkenntnisse entsprechen.
(1) Das Lipödem der Antragstellerin ist zwar eine behandlungsbedürftige Krankheit. Jedoch entspricht es der bisherigen Rechtsprechung des Senats, dass eine stationäre Liposuktion zur Behandlung eines Lipödems grundsätzlich nicht zum Leistungsspektrum der GKV gehört, weil die Qualität und Wirksamkeit dieser neuen Behandlungsmethode nicht dem allgemein anerkannten Stand der medizinischen Erkenntnisse gemäß § 2 Abs. 1 Satz 3 SGB V entspricht (vgl. Sächsisches LSG, Urteil vom 23. Juli 2015 – L 1 KR 104/15 – juris Rn. 25 ff.; LSG Baden-Württem¬berg, Urteil vom 13. September 2016 – L 4 KR 320/16 – juris Rn. 34 ff.; LSG Rheinland-Pfalz, Urteil vom 5. Februar 2015 – L 5 KR 228/13 – juris Rn. 19 ff.). Ihre Qualität und Wirksamkeit ist bislang nicht durch den Gemeinsamen Bundesausschuss gemäß § 137c Abs. 1 Satz 1 SGB V bestätigt worden und auch nicht unabhängig davon nach dem Maßstab der evidenzbasierten Medizin nachweisbar, was sich im Einzelnen aus dem im Gutachten des MDK vom 2. August 2016 genannten Gutachten der Sozialmedizinischen Expertengruppe 7 "Methoden- und Produktbewertung" des MDS vom 6. Oktober 2011, aktualisiert am 15. Januar 2015, ergibt (Sächsisches LSG, Urteil vom 23. Juli 2015 – L 1 KR 104/15 – juris Rn. 30). Daran ist im Ausgangspunkt festzuhalten.
(2) Ob die Antragstellerin ungeachtet dessen einen Anspruch aufgrund des am 23. Juli 2015 in Kraft getretenen § 137c Abs. 3 SGB V herleiten kann, muss im Eilverfahren angesichts der Notwendigkeit, den Sachverhalt hierzu weiter aufzuklären, offenbleiben.
Nach dieser Bestimmung darf eine neue Untersuchungs- und Behandlungsmethode, zu der der Gemeinsame Bundesausschuss bisher keine Entscheidung nach § 137c Abs. 1 SGB V getroffen hat, im Rahmen einer Krankenhausbehandlung angewandt werden, wenn sie das "Potential einer erforderlichen Behandlungsalternative" bietet und ihre Anwendung nach den Regeln der ärztlichen Kunst erfolgt, sie also medizinisch indiziert und notwendig ist.
Das Potential ist ein Rechtsbegriff, der bereits in § 137c Abs. 1 SGB V in der bis 22. Juli 2015 geltenden Fassung enthalten war und an den der Gesetzgeber, um einheitliche Bewertungsmaßstäbe im Bereich des § 137c Abs. 1 und 3 SGB V sicherzustellen, ersichtlich anknüpfen wollte (vgl. Ihle in jurisPK, SGB V, 3. Aufl., § 137c Rn. 44). Was Potential bedeutet, ergibt sich daher vor allem aus den Konkretisierungen gemäß Kapitel 2 § 14 Abs. 3 und 4 Verfahrensordnung des Gemeinsamen Bundesausschusses, die in der Gesetzesbegründung zu § 137c Abs. 3 SGB V aufgegriffen sind (BT-Drs. 18/4095, S. 122). Potential hat eine neue Untersuchungs- und Behandlungsmethode mithin, wenn Erkenntnisse in Form aussagefähiger wissenschaftlicher Unterlagen vorliegen, dass die beispielhaft in § 14 Abs. 3 VO-GBA aufgeführten Vorteile der Methode bei bestimmten Patientengruppen erreicht werden können (vgl. auch zum sog. "doppelten Potential" Deister, NZS 2016, 328 [333]; ob Potential nur für "schwerer erkrankte" Patientengruppen "mit besonderem Versorgungsbedarf" in Betracht zu ziehen ist, kann an dieser Stelle dahinstehen, so z.B. LSG Baden-Württemberg, Urteil vom 30. August 2016 – L 16/1 KR 303/15 – juris Rn. 33). Die Beurteilung des Potentials setzt zumindest eine fachliche Auseinandersetzung mit der wissenschaftlichen Erkenntnislage voraus. Ermittlungen hierzu sind im gerichtlichen Eilverfahren nicht durchführbar. Insbesondere ist zweifelhaft, ob schon aus dem Vorliegen der S1-Leitlinie Lipo&776;dem (AWMF Registernummer 037-012) in der korrigierten Fassung vom 21. Januar 2016, die die Liposuktion als Therapieoption in bestimmten Fällen benennt, auf eine hinreichende wissenschaftliche Erkenntnislage im vorstehenden Sinne geschlossen werden kann (so wohl LSG Niedersachsen-Bremen, Urteil vom 22. März 2016 – L 4 KR 438/13 – juris Rn. 30 f.). Zumindest im Grundsatz bestimmen Leitlinien der medizinischen Fachgesellschaften den Umfang der Leistungsansprüche der Versicherten der GKV nicht (zum Qualitätsgebot Bundessozialgericht [BSG], Urteil vom 30. Juni 2009 – B 1 KR 5/09 R – juris Rn. 47). Vorläufig kann allenfalls festgestellt werden, dass der Gemeinsame Bundesausschuss die Einleitung des Verfahrens zur Bewertung der Liposuktion bei Lipödem (u.a.) gema&776;ß § 137c Abs. 1 Satz 1 SGB V am 22. Mai 2014 beschlossen und gleichwohl keine Erprobungsrichtlinie nach § 137c Abs. 1 Satz 3, § 137e SGB V erlassen hat, obwohl er hierzu verpflichtet wäre, wenn ein Potential im Rechtssinne vorläge.
Unabhängig davon setzt auch eine Krankenhausbehandlung mit einer neuen Untersuchungs- und Behandlungsmethode, die Potential im Sinne des § 137c Abs. 3 SGB V aufweist, wie jede Krankenhausbehandlung voraus, dass sie im jeweiligen Einzelfall medizinisch indiziert und notwendig ist. Diese Voraussetzung unterliegt – vom Wissens- und Kenntnisstand des Arztes ausgehend – der uneingeschränkten gerichtlichen Überprüfung. Dass die von der Antragstellerin begehrte stationäre Liposuktion als Behandlung im Sinne des § 137c Abs. 3 SGB V medizinisch indiziert und notwendig ist, erscheint aber – trotz der Einschätzung von Prof. Dr. W ... – fraglich und kann keinesfalls bereits unterstellt werden.
Mit der Prüfung der medizinischen Indikation und Notwendigkeit im Sinne des § 137c Abs. 3 SGB V darf freilich nicht "durch die Hintertür" das Qualitätsgebot des § 2 Abs. 1 Satz 3 SGB V wieder zur Anwendung gelangen. Abzustellen ist nur auf den jeweiligen – wenn auch noch nicht nach den Kriterien der evidenzbasierten Medizin überprüften – Stand der medizinischer Wissenschaft und Praxis aus Sicht eines durchschnittlich qualifizierten Arzt des jeweiligen Fachgebiets (vgl. Deister, NZS 2016, 328 [336]). Daher dürfte es sachgerecht sein, medizinische Indikation und Notwendigkeit im Sinne des § 137c Abs. 3 SGB V nach den Empfehlungen einer S1-Leitlinie zu überprüfen, soweit keine fundierteren Erkenntnisse vorliegen – auch wenn eine S1-Leitlinie nicht als verbindliche Vorgabe zu verstehen ist, sondern nur als systematisch entwickelte, wissenschaftlich begründete und praxisorientierte Entscheidungshilfe, die vornehmlich als Orientierungshilfe dient und von der in begründeten Fällen abgewichen werden kann (vgl. z.B. SG Hamburg, Urteil vom 17. Januar 2013 – S 35 KR 118/10 – juris Rn. 22). Jedenfalls wenn nicht nachvollziehbar begründete Abweichungen von einer S1-Leitlinie festzustellen sind, sind Indikation und Notwendigkeit einer Behandlung in Frage zu stellen. Letzteres ist hier der Fall.
Nach der genannten S1-Leitlinie Lipo&776;dem soll eine Liposuktion grundsätzlich zur Behandlung eines Lipödems geeignet sein, wenn trotz konsequent durchgeführter konservativer Therapie noch Beschwerden bestehen bzw. wenn eine Progredienz von Befund und/oder Beschwerden auftritt (Seite 12). Speziell bei einem Lipödem mit begleitender Adipositas dürfe aber "erst nach Gewichtsreduktion" mittels einer Liposuktion therapiert werden (Seite 9). Die Liposuktion sei insbesondere "keine Methode zur Gewichtsreduktion" (Seite 13). "Erfahrene Operateure" rieten bei ausgeprägter Adipositas teils ab einem BMI von 32 kg/m2, zu einer "kritischen Indikationsstellung". In diesen Fällen sei eine Liposuktion mitunter auch deshalb nicht zu empfehlen, weil nach erfolgreicher Entstauung und Gewichtsreduktion große, schlaffe Gewebesäcke zurückblieben, bei denen eine anschließende plastisch-chirurgische Dermolipektomie sinnvoller sei als eine Liposuktion.
Ausgehend davon hat die Antragstellerin zu Recht begründete Zweifel an der Indikation und Notwendigkeit der begehrten Behandlung geäußert, die – wenn überhaupt – erst im Hauptsacheverfahren ausgeräumt werden könnten. Insbesondere gehört die Antragstellerin aufgrund eines Körpergewichts von zuletzt 109 kg bzw. eines BMI von über 40 kg/m2 zweifellos zur Gruppe der Patienten, die an einem Lipödem mit begleitender Adipositas leiden – de¬fini¬tionsgemäß an einer Adipositas Grad 3 (bzw. permagna [WHO], E66.2 nach ICD-10-GM); dies hat auch Prof. Dr. W ... in seinem Schreiben vom 25. Februar 2016 bestätigt ("Kombination von zentraler Adipositas und Lipödem"). Maßnahmen zur Gewichtsreduktion wurden indes offenbar nicht ausgeschöpft; so wurde z.B. noch keine stationäre Rehabilitation in einer dafür geeigneten Klinik durchgeführt. Es wurden – soweit ersichtlich – im Wesentlichen nur drei erfolglose Einzelgespräche zur Ernährungsberatung im Jahr 2015 angeboten. Die Schreiben von Prof. Dr. W ... vom 25. Februar 2016 und 15. September 2016 setzen sich nicht im Ansatz damit auseinander, weshalb schon zum gegenwärtigen Zeitpunkt die Notwendigkeit einer Liposuktion bestehen soll, obwohl die nach der Leitlinie geforderte Gewichtsreduktion bislang ausgeblieben bzw. womöglich nicht ernsthaft angegangen worden ist und obwohl gerade bei ausgeprägter Adipositas eine "kritische Indikationsstellung" für erforderlich gehalten wird. Des Weiteren ist auch nicht ersichtlich, dass die Möglichkeiten einer leitliniengemäßen konservativen Therapie ausgeschöpft wurden oder eine signifikante Progredienz der Erkrankung vorliegt. Angabengemäß wurden der Antragstellerin bislang nur 30 Sitzungen manuelle Lymphdrainage im Jahr 2015 verordnet und es wurde eine Kompression mit flach gestrickter Kompressionsbekleidung versucht. Weshalb intensivere Behandlungen, z.B. eine begleitende apparative intermittierende Kompression (AIK), z.B. zur Schmerzreduktion (Seite 10 f.), oder eine KPE unter stationären Bedingungen (Seite 11) nicht durchgeführt wurden, erschließt sich aus den vorgelegten Berichten nicht. Auch eine Progredienz der Erkrankung ist nicht ohne Weiteres ersichtlich, zumal das Körpergewicht der Antragstellerin seit dem Jahr 2015 zwischen 108 und 111 kg schwankte bzw. aktuell wieder 109 kg beträgt. Bei genauerem Hinsehen hat Prof. Dr. W ... auch nicht erklärt, dass die in Betracht kommenden konservativen Behandlungsmöglichkeiten – insbesondere hinsichtlich einer Gewichtsreduktion – ausgeschöpft wurden, sondern zum Ausdruck gebracht, dass die Liposuktion bei Kombination von zentraler Adipositas und Lipödem von vornherein eine sinnvolle und wirtschaftliche Behandlung zur Verringerung des Fettgewebes sei. Insoweit handelt es sich um eine fachliche Auffassung, die sich in der S1-Leitlinie nicht ohne Weiteres wiederfindet und deren Richtigkeit zumindest nicht schon im Eilverfahren unterstellt werden kann.
Die Liposuktion ist schließlich nach der S1-Leitlinie nicht indiziert, um der Adipositas der Antragstellerin oder den daraus resultierenden orthopädischen Beschwerden entgegenzuwirken (keine "Methode zur Gewichtsreduktion", Seiten 9 und 13). Die möglicherweise durch die äußere Gestalt der Antragstellerin verursachten oder unterhaltenen psychischen Erkrankungen sind, wie das SG zu Recht unter Hinweis auf die höchstrichterliche Rechtsprechung ausgeführt hat, ebenfalls nicht mittels derartiger invasiver Eingriffe zu therapieren (vgl. BSG, Urteil vom 8. März 2016 – B 1 KR 35/15 R – juris Rn. 16 m.w.N.).
b) Nach summarischer Prüfung der Sach- und Rechtslage sind auch nicht die Rechtswirkungen einer fiktiven Genehmigung nach § 13 Abs. 3a Satz 6 SGB V eingetreten.
Nach dem mit Wirkung ab dem 26. Februar 2013 eingefügten § 13 Abs. 3a SGB V hat die Krankenkasse über einen Antrag auf Leistungen zügig, spätestens bis zum Ablauf von drei Wochen nach Antragseingang oder in Fällen, in denen eine gutachtliche Stellungnahme, insbesondere des MDK, eingeholt wird, innerhalb von fünf Wochen nach Antragseingang zu entscheiden (Satz 1). Wenn die Krankenkasse eine gutachtliche Stellungnahme für erforderlich hält, hat sie diese unverzüglich einzuholen und die Leistungsberechtigten hierüber zu unterrichten (Satz 2). Der MDK nimmt innerhalb von drei Wochen gutachtlich Stellung (Satz 3). Kann die Krankenkasse die Fristen nach Satz 1 oder Satz 4 nicht einhalten, teilt sie dies den Leistungsberechtigten unter Darlegung der Gründe rechtzeitig schriftlich mit (Satz 5). Erfolgt keine Mitteilung eines hinreichenden Grundes, gilt die Leistung nach Ablauf der Frist als genehmigt (Satz 6). Beschaffen sich Leistungsberechtigte nach Ablauf der Frist eine erforderliche Leistung selbst, ist die Krankenkasse zur Erstattung der hierdurch entstandenen Kosten verpflichtet (Satz 7).
Die Genehmigungsfiktion begründet – so der 1. Senat des BSG – zugunsten des Leistungsberechtigten auch einen "Naturalleistungsanspruch", sodass der mittellose Versicherte in die Lage versetzt wird, sich die begehrte Leistung selbst zu beschaffen (BSG, Urteil vom 8. März 2016 – B 1 KR 25/15 R – juris Rn. 25; dagegen z.B. Helbig in jurisPK, SGB V, 3. Aufl., § 13 Rn. 71.2; Bayerisches LSG, Urteil vom 7. September 2016 – L 20 KR 597/15 – juris Rn. 28 f. – Revision zum BSG unter B 1 KR 26/16 R; Hessisches LSG, Urteil vom 10. Dezember 2015 – L 1 KR 413/14 – juris Rn. 33 – Revision zum BSG unter B 3 KR 4/16 R). Nach dieser Auffassung wirkt die Genehmigungsfiktion wie ein positiver Bewilligungsbescheid, der entsprechend § 39 Abs. 2 Zehntes Buch Sozialgesetzbuch (SGB X) unabhängig von seiner Rechtmäßigkeit wirksam bleibt, solange er nicht nach § 45 SGB X zurückgenommen wird oder sich auf andere Weise erledigt (z.B. SG München, Urteil vom 16. Juni 2016 – S 7 KR 409/15 – juris Rn. 30 f.). Ferner soll die Genehmigungsfiktion des § 13 Abs. 3a Satz 6 SGB V nicht nur dann eintreten, wenn die beantragte Leistung objektiv notwendig ist, sondern es soll genügen, dass der Versicherte sie subjektiv für erforderlich halten darf; letzteres sei wiederum nicht der Fall, wenn jedem Versicherten klar sein muss, dass die Leistung nicht im Rahmen des Leistungskatalogs der GKV erbracht werden kann (BSG, Urteil vom 8. März 2016 – B 1 KR 25/15 R – juris Rn. 26; kritisch wiederum z.B. Helbig in jurisPK, SGB V, 3. Aufl., § 13 Rn. 71.2).
Der Antrag vom 2. März 2016 war entgegen der Auffassung der Antragsgegnerin zwar bestimmt genug. Aus dem Schreiben von Prof. Dr. W ... vom 25. Februar 1016, das dem Antrag beigefügt war, ergab sich die begehrte Leistung hinsichtlich der Diagnosen und der beabsichtigten Maßnahmen genauer als aus jeder vertragsärztlichen Verordnung.
Die Genehmigungsfiktion des § 13 Abs. 3a Satz 6 SGB V trat jedoch aufgrund eines von der Antragsgegnerin der Antragstellerin – soweit ersichtlich – rechtzeitig und schriftlich mitgeteilten hinreichenden Grundes für die Fristüberschreitung nicht ein.
Mit dem am 2. März 2016 bei der Antragsgegnerin eingegangenen Antrag der Antragstellerin lief die Frist des § 13 Abs. 3a Satz 1 SGB V an. Dass diese Frist erst mit Eingang aller entscheidungserheblichen Unterlagen bei der Krankenversicherung beginnt, ist dem Gesetz nicht zu entnehmen (so aber Bayerisches LSG, Urteil vom 7. September 2016 – L 20 KR 597/15 – juris Rn. 26). Insbesondere ein Verstoß gegen die Mitwirkungsobliegenheit kann nur ein hinreichender Grund für eine Fristüberschreitung im Sinne des § 13 Abs. 3a Satz 5 und 6 SGB V sein (vgl. Helbig in jurisPK, SGB V, 3. Aufl., § 13 Rn. 66).
Die Genehmigungsfiktion war auch nicht schon nach Ablauf der dreiwöchigen Frist des § 13 Abs. 3a Satz 1 Alt. 1 SGB V eingetreten, da die Antragsgegnerin der Antragstellerin mit Schreiben vom 11. März 2016 und damit innerhalb der dreiwöchigen Frist mitgeteilt hatte, dass die Einholung eines Gutachtens des MDK beabsichtigt sei. Somit war die fünfwöchige Frist des § 13 Abs. 3a Satz 1 Alt. 2 SGB V maßgeblich (zur Problematik der fehlenden Mitteilung der Absicht, ein Gutachten des MDK einzuholen vgl. BSG, Urteil vom 8. März 2016 – B 1 KR 25/15 R – juris Rn. 28; Helbig in jurisPK, SGB V, 3. Aufl., § 13 Rn. 63.2). Diese begann gemäß § 26 Abs. 1 SGB X i.V.m. § 187 Abs. 1 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB) am Donnerstag, den 3. März 2016 (Ereignisfrist), und endete gemäß § 26 Abs. 1 SGB X i.V.m. § 188 BGB am Mittwoch, den 6. April 2016.
Die Antragsgegnerin übersandte der Antragstellerin am Freitag, dem 1. April 2016, eine "Mitteilung nach § 13 Abs. 3a Satz 6 SGB V", in der erklärt wurde, dass die restliche Zeit bis zum Ablauf der Frist des § 13 Abs. 3a Satz 1 SGB V nicht ausreiche, um das erforderliche Gutachten des MDK einzuholen, da es sich um einen "schwierigen Antrag" handele. Der Antragstellerin dürfte damit fristgerecht und schriftlich ein Grund für die Verzögerung mitgeteilt worden sein, der unter Berücksichtigung der vorstehenden Ausführungen (unter Buchst. a) auch objektiv hinreichend war. Da die Frist des § 13 Abs. 3a Satz 1 SGB V nicht erst mit Vorliegen aller zur Entscheidung benötigten Unterlagen beginnt, war zu berücksichtigten, dass es nach erster Prüfung des Antrags angemessen erschien, der Antragstellerin zunächst eine Frist für Nachreichungen bis zum 23. März 2016 zu setzen. Nachdem die Unterlagen gemäß Posteingangsstempel am 24. März 2016 eingegangen waren, verblieben nur wenige Tage, um das Material zu bewerten, ein Gutachten zu erstellen und der Antragstellerin noch rechtzeitig eine Entscheidung zu übersenden. Dabei hätte sich der MDK – wie oben erläutert worden ist – mit dem Stand der wissenschaftlichen Erkenntnisse zu der neuen Behandlungsmethode sowie zu ihrer Indikation und Notwendigkeit eingehend auseinandersetzen müssten, zumal ein renommierter Facharzt und Experte die Behandlung als indiziert bezeichnet hatte. An einer objektiv bestehenden Schwierigkeit ändert sich auch nichts, wenn das vom MDK erstellte Gutachten am Ende eher oberflächlich bleibt. Es ist im Übrigen nicht erforderlich, dass alle Umstände, aus denen sich ergibt, weshalb der Grund hinreichend ist, in der Mitteilung nach § 13 Abs. 3a Satz 5 SGB V aufgeführt sind; für eine nachvollziehbare Mitteilung genügt es, wenn der Versicherte erkennen kann, woran die Verzögerung der Entscheidung festgemacht wird. Die Entscheidung über den Antrag war schließlich auch nicht deshalb einfach, weil die Antragstellerin noch keine vertragsärztliche Verordnung vorgelegt hatte. Die Antragsgegnerin hätte aus diesem Grunde nicht ohne Weiteres den Antrag ablehnen dürfen, sondern hätte in entsprechender Anwendung des § 16 Abs. 3 Erstes Buch Sozialgesetzbuch um eine Nachreichung der Verordnung bitten müssen, die der Antragstellerin – soweit ersichtlich – möglich gewesen wäre.
2. Die Antragstellerin hat auch keinen Anordnungsgrund glaubhaft gemacht, aus dem sich trotz der bestenfalls offenen Erfolgsaussichten der Hauptsache eine Notwendigkeit ergibt, der Hauptsache gleichwohl durch Erlass einer einstweiligen Anordnung vorzugreifen.
Die Liposuktion ist zunächst nicht deshalb eilbedürftig sei, weil der Antragstellerin – wie sie behauptet – ansonsten eine Berufsausbildung verwehrt sei. Ausweislich des vorgelegten Gutachtens der Agentur für Arbeit A ... vom 4. November 2015 folgt ihr derzeit aufgehobenes Leistungsvermögen nicht aus dem Lipödem, sondern vor allem aus der multiplen psychischen Erkrankung sowie aus dem Bronchialasthma und der Zuckerkrankheit.
Des Weiteren kann die Antragstellerin nicht geltend machen, die Liposuktion müsse umgehend durchgeführt werden, um ihr eine stationäre Psychotherapie zu ermöglichen. Es ist nicht ansatzweise ersichtlich, geschweige denn in hinreichendem Maße glaubhaft gemacht, dass die von der Psychotherapeutin beschriebenen Ängste der Antragstellerin, sie werde sogar in der geschützten Umgebung einer stationären Therapieeinrichtung "Abwertungen" aufgrund ihres Lipödems erfahren, objektiv berechtigt sein könnten. Soweit solche Ängste auf die psychischen Erkrankungen (z.B. die soziale Phobie) zurückzuführen sind, ist es Sache der Psychotherapeutin, Ängsten durch eine geeignete Therapie entgegenzuwirken und einen Umgang der Antragstellerin mit Abwertungen – soweit sie auftreten – einzuüben.
Das Lipödem bedarf zwar weiterhin der Behandlung. Hinsichtlich der Dringlichkeit der Behandlung unterscheidet sich der vorliegende Fall aber zunächst von solchen Fällen, in denen die betreffende Behandlung schon im Eilverfahren gewährt werden soll, weil bei einem Abwarten der Hauptsache die Erkrankung bereits den Tod, den Eintritt einer lebensgefährlichen Situation oder eines dauernden Gesundheitsschadens bewirken könnte. Soweit die Antragstellerin gegenwärtige Schmerzen schon bei leichtem Druck auf die betreffenden Körperbereiche angegeben hat, trifft ferner der Hinweis des SG zu, dass dies bislang nicht durch ärztliche Unterlagen bestätigt bzw. weder im nachgereichten Arztbrief der Hautärztin vom 6. September 2016 noch in dem nachgereichten Bericht von Prof. Dr. W ... vom 15. September 2016 mitgeteilt worden ist. Unabhängig davon hat die Antragstellerin nicht glaubhaft gemacht, dass sie schwere und unzumutbare Nachteile hinzunehmen hätte, wenn das Lipödem nicht umgehend gerade mittels der begehrten Liposuktion behandelt wird. Denn jedenfalls zum gegenwärtigen Zeitpunkt hat die Antragstellerin – wie aufgezeigt – die Unwirksamkeit oder Unzumutbarkeit intensiverer konservativer Behandlungen, u.a. anderer stationärer Therapien zur Gewichtsreduktion, zur Schmerzreduktion und zur Entstauung (KPE, ggf. auch AIP) nicht hinreichend belegt. Abgesehen davon wäre die Durchführung der Liposuktion nicht nur für die Antragsgegnerin mit hohen Kosten, sondern für die Antragstellerin – bei erheblichen Zweifeln an der medizinischen Nützlichkeit einer solchen Behandlung in den Fällen eines Lipödem mit begleitender ausgeprägter Adipositas aus den genannten Gründen – mit den Risiken einer jeden invasiven Krankenhausbehandlung sowie irreversiblen körperlichen Veränderungen verbunden.
Aufgrund vorstehender Erwägungen ergibt sich auch aus einer den objektiven Wertgehalt des Grundrechts der Antragstellern auf Leben und körperliche Unversehrtheit gemäß Art. 2 Abs. 2 Satz 1 GG berücksichtigenden umfassenden Folgenabwägung keine verfassungsrechtliche Notwendigkeit, ihr umgehend die begehrte Liposuktion zu ermöglichen.
III.
Die Kostenentscheidung beruht auf einer entsprechenden Anwendung des § 193 Abs. 1 SGG.
IV.
Die Bewilligung der von der Antragstellerin beantragten Prozesskostenhilfe ist abzulehnen, da die Beschwerde bereits im Zeitpunkt der Antragstellung ohne hinreichende Aussicht auf Erfolg im Sinne des § 73a Abs. 1 Satz 1 SGG i.V.m. § 114 Abs. 1 Satz 1 ZPO gewesen ist. Insoweit kann auf die oben dargelegten Gründe, die zur Zurückweisung der Beschwerde geführt haben, Bezug genommen werden.
V.
Die Entscheidungen sind unanfechtbar (§ 177 SGG).
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