Land
Hessen
Sozialgericht
SG Kassel (HES)
Sachgebiet
Unfallversicherung
Abteilung
1
1. Instanz
SG Kassel (HES)
Aktenzeichen
S 1 U 98/16
Datum
2. Instanz
Hessisches LSG
Aktenzeichen
-
Datum
-
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Leitsätze
1. Eine unter Pferdesportlern übliche Hilfeleistung (hier: Blick auf den Pferdehuf wegen eines möglicherweise hineingetretenen Gegenstandes) begründet nicht die Annahme einer "Wie-Beschäftigung".
2. Der Unternehmer ist im sozialgerichtlichen Verfahren nach § 109 SGB VII nicht berechtigt, sich zur Feststellung seiner Haftungsbeschränkung darauf zu berufen, der Geschädigte habe die Verletzung als Hilfeleistender nach § 2 Abs. 1 Nr. 13 Buchst. a SGB VII erlitten.
2. Der Unternehmer ist im sozialgerichtlichen Verfahren nach § 109 SGB VII nicht berechtigt, sich zur Feststellung seiner Haftungsbeschränkung darauf zu berufen, der Geschädigte habe die Verletzung als Hilfeleistender nach § 2 Abs. 1 Nr. 13 Buchst. a SGB VII erlitten.
Die Klage wird abgewiesen.
Die Kosten des Verfahrens mit Ausnahme der außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen hat der Kläger zu tragen.
Tatbestand:
Der Kläger wendet sich gegen eine Entscheidung der Beklagten, einen Vorfall vom 10.06.2012 nicht als Versicherungsfall anzuerkennen.
Der Kläger ist Halter eines Pferdes, welches seine Tochter am Unfalltag führte. Zur selben Zeit unternahm die Beigeladene während ihrer Freizeit gemeinsam mit einer Freundin einen privaten Reitausflug. Unterwegs trafen die beiden auf vorgenannte Tochter des Klägers, welche zugleich die Nichte der Begleiterin der Beigeladenen ist, mit dem Pferd des Klägers. Dieses musste geführt werden, weil es wegen eines, was sich indes erst später herausstellte, in den Huf eingetretenen Nagels lahmte. Die Beigeladene, welche von Beruf Amtsveterinärin in Diensten eines Landkreises ist, stieg daraufhin von ihrem Pferd ab, um sich das betroffene Bein des Tieres anzusehen. Dabei erhielt sie einen Tritt des Pferdes ins Gesicht und wurde in einen mehrere Meter entfernt liegenden Graben geworfen und erheblich verletzt. Die Kosten der Heilbehandlung übernahmen zunächst der Dienstherr der Beigeladenen sowie deren private Krankenversicherung.
Wegen dieses Vorgangs erhob der Dienstherr der Beigeladenen aufgrund übergegangenen Rechts seiner Beamtin Klage gegen den Kläger des vorliegenden Verfahrens und forderte Beihilfeleistungen und Verdienstausfall aus übergegangenem Recht. Diese Klage war erstinstanzlich erfolgreich (LG Kassel, 22.05.2015 - 4 O 1808/14).
Gegen dieses Urteil erhob der Kläger im hiesigen und Beklagter im landgerichtlichen Verfahren Berufung zum Oberlandesgericht, welches das Verfahren im Hinblick auf das im Berufungsverfahren geltend gemachte Haftungsprivileg nach § 104 Abs. 1 SGB VII und das dem sozialgerichtlichen Verfahren vorausgehende Verwaltungsverfahren mit Beschluss vom 04.03.2016 aussetzte (OLG Frankfurt am Main, 04.03.2016 - 15 U 108/15). Das Verfahren der privaten Krankenversicherung gegen den Kläger im vorliegenden Verfahren ist noch beim Amtsgericht Kassel unter dem Aktenzeichen 420 C 4/16 anhängig. Der weitere Verfahrensgang dort wird vom Ausgang des hiesigen Verfahrens abhängig gemacht (so zu verstehender Beschluss vom 10.06.2016). Auch hier wird das Haftungsprivileg des § 104 Abs. 1 SGB VII geltend gemacht.
Soweit ersichtlich erlangte die Beklagte von dem Vorfall erstmals Kenntnis durch ein Schreiben des Dienstherrn der Beigeladenen vom 26.10.2015, mit welchem dieser um Prüfung bat, ob eine Kostenerstattung durch die Unfallkasse Hessen in Frage komme. Nach Beiziehung der Akten des Landgerichts Kassel und des Oberlandesgerichts Frankfurt am Main lehnte die Beklagte mit insgesamt 3 Bescheiden vom 11.12.2015 gegenüber der Beigeladenen, dem Kläger im vorliegenden Verfahren und dem Dienstherrn der Beigeladenen die Gewährung von Leistungen aus der gesetzlichen Unfallversicherung wegen des Ereignisses vom 10.06.2012 ab, weil die Voraussetzungen für einen Arbeitsunfall nicht gegeben seien. Gegenüber der Beigeladenen und ihrem Dienstherrn wurden diese Bescheide – soweit ersichtlich - bestandskräftig. Hingegen legte der Kläger dagegen mit anwaltlichem Schriftsatz vom 15.01.2016 Widerspruch ein. Die Beigeladene genieße den Schutz der gesetzlichen Unfallversicherung, weil sie gemäß § 2 Abs. 2 Satz 1 SGB VII wie eine Beschäftigte tätig geworden sei. Hinsichtlich der Begründung im Einzelnen wird auf das Widerspruchsschreiben vom 15.01.2016, Dokument Nr. 14 der Verwaltungsakte, verwiesen. Auf den Hinweis der Beklagten mit Schreiben vom 01.02.2016, bei der Hilfeleistung der Beigeladenen habe es sich lediglich um eine kurze Hilfeleistung gehandelt, die unter Reiterinnen üblich sei, zudem sei die Tätigkeit zum Unfallzeitpunkt nach den konkreten Umständen nicht einer Tätigkeit im Rahmen eines abhängigen Beschäftigungsverhältnisses ähnlich, verblieb der anwaltlich vertretene Kläger bei seiner Auffassung vom 15.02.2016. Man könne nicht davon ausgehen, dass die Beigeladene das Pferd weder untersuchen noch habe behandeln wollen. Es lägen auch keine Anhaltspunkte dafür vor, dass sie einen Stein oder einen ähnlichen Fremdkörper im Huf feststellen und habe entfernen wollen. Der Fall werde dadurch geprägt, dass die Beigeladene Veterinärmedizinerin sei und daher auch über eine weitergehende Sachkunde in der Feststellung von Ursachen einer Lahmheitserscheinung verfüge. Die klassische Hilfestellung bei einer solchen Situation sei eigentlich die, dass der befreundete Reiter das Pferd am Zügel halte und der Pferdehalter seinerseits den Huf aufnehme, um den Fremdkörper festzustellen oder zu entfernen. Unüblich sei es sicherlich, dass sich die hilfsbereite Person selbst zur Untersuchung des Pferdes begebe, was vorliegend nur dadurch erklärbar sei, dass eben eine besondere berufliche Fachkunde vorgelegen habe, so dass diese zwar nicht in Ausübung der Dienste als Amtsveterinärmedizinerin, sondern eben im Wege der Nothilfe erfolgt sei. Hinsichtlich der weiteren Ausführungen wird auf den anwaltlichen Schriftsatz vom 15.02.2016, Dokument Nr. 17 der Verwaltungsakte, verwiesen. Nach Hinweis der Beklagten vom 23.02.2016, auch ein Fall der Nothilfe nach § 2 Abs. 1 Nr. 13 a SGB VII liege nicht vor, und weitere anwaltliche Äußerung mit Schreiben vom 10.03.2016, wies die Beklagte den Widerspruch des Klägers mit Widerspruchsbescheid vom 03.05.2016 zurück. Es liege kein Beschäftigungsverhältnis gemäß § 2 Abs. 1 Nr. 1 SGB VII vor. Versicherungsschutz könne sich grundsätzlich nur aus § 2 Abs. 2 SGB VII für Personen ergeben, die wie Beschäftigte tätig werden. Voraussetzung dafür sei jedoch, dass die Tätigkeit u.a. arbeitnehmerähnlich sei, also ihrer Art nach von Personen verrichtet werden könne, die in einem dem allgemeinen Arbeitsmarkt zuzurechnenden Beschäftigungsverhältnis ständen und die Tätigkeit wie ein Beschäftigter und nicht in einer anderen Eigenschaft oder Funktion ausgeübt werde. Diese Voraussetzungen seien aber nicht erfüllt. Gegen die Ähnlichkeit der Tätigkeit spreche zum einen, dass es sich bei der geplanten Tätigkeit nur um eine kurze Hilfeleistung gehandelt habe. Die Beigeladene habe das Pferd weder untersuchen noch behandeln wollen. Sie habe lediglich nachsehen wollen, ob sich ein Stein oder ähnliches in dem Huf festgesetzt habe und habe den Gegenstand dann ggf. entfernen wollen. Zum anderen sei die Tätigkeit geprägt gewesen durch das freundliche, auf Gegenseitigkeit beruhende Verhalten von Reitern, das als durchaus üblich anzusehen sei. Zudem sei die Tätigkeit zum Unfallzeitpunkt nach den konkreten Umständen nicht einer Tätigkeit im Rahmen eines abhängigen Beschäftigungsverhältnisses ähnlich. Die Beigeladene sei weder in den Betrieb der Pferdehalterin eingebunden gewesen noch sei sie dieser gegenüber weisungsgebunden gewesen. Auch sei es nicht üblich, einen Tierarzt in einem abhängigen Beschäftigungsverhältnis zu beschäftigen. Eine Nothilfe nach § 2 Abs. 1 Nr. 13 a SGB VII habe ebenfalls nicht vorgelegen. Ein Unglücksfall sei ein plötzlich eintretendes Ereignis, das erhebliche Gefahren für Sachen oder Menschen hervorzurufen drohe. Es müsse dabei eine erhebliche Gefahr drohen. Bagatellschäden seien nicht erfasst. Durch einen Stein oder sonstigen Gegenstand im Huf lasse sich eine erhebliche Gefahr eindeutig nicht begründen. Wegen des weiteren Inhalts des den Beteiligten bekannten Widerspruchsbescheides wird auf den Inhalt der Verwaltungsakte, Dokument Nr. 20, verwiesen.
Gegen diesen am 04.05.2016 zur Post gegebenen Widerspruchsbescheid hat der Kläger mit anwaltlichem Schreiben am 03.06.2016 Klage erhoben.
Unter Vertiefung seines bisherigen Vorbringens trägt er vor, es handele sich um einen Fall der Nothilfe nach § 2 Abs. 1 Nr. 13 a SGB VII. Die Verletzung des Pferdes, die die Lahmheitserscheinung verursacht habe, sei ein Unglücksfall. Wie sich später herausgestellt habe, habe sich das Pferd einen Metallnagel in den Huf getreten. Bei der Bewertung der Frage, ob eine Nothilfe nach § 2 Abs. 1 Nr. 13 a SGB VII vorliege, sei nicht retroperspektiv zu bewerten, ob sich eine Gefahr nachträglich als harmlos oder schwerwiegend herausgestellt habe. Es sei vielmehr aus der Sicht des Nothelfers zu werten, ob sich der Unglücksfall für ihn so dargestellt habe, dass eine Hilfeleistung erforderlich sei, um andere Rechtsgüter zu schützen. Das Pferd habe zum Zeitpunkt des Zusammentreffens der Reiterinnen schwere Lahmheitserscheinungen gezeigt. Von Pferden gehe grundsätzlich eine erhebliche Gefahr, die so genannte Tiergefahr aus. Zeige ein Tier äußerlich erkennbar Schmerzen, bestehe die konkrete Gefahr, dass das Tier, um den Schmerzen auszuweichen, sich dem Zugriff des Reiters oder Tierhüters entziehe und zu Panikreaktionen neige. Darüber hinaus könne bei einer Lahmheitserscheinung auch eine erhebliche Gefahr für das Rechtsgut "Pferd" bestehen. Hinsichtlich der weiteren Begründung wird auf die Klageschrift vom 03.06.2016, Bl. 1 – 7 der Gerichtsakte verwiesen.
Der Kläger beantragt,
den Bescheid der Beklagten vom 11.12.2015 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 03.05.2016 aufzuheben und die Beklagte zu verpflichten, der Beigeladenen wegen des Unfalls vom 10.02.2012 Leistungen aus der gesetzlichen Unfallversicherung zu gewähren.
Die Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Sie verteidigt die angegriffenen Bescheide.
Die Beigeladene stellt keinen Antrag.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die Gerichtsakte nebst beigezogenem Behördenvorgang (1 Hefter) und die Verfahrensakten des Amtsgerichts Kassel (Az.: 420 C 4/16) und des Landgerichts Kassel (Az.: 4 O 1808/14 = OLG Frankfurt am Main, 15 U 108/15) verwiesen. Sämtliche Unterlagen sind Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen.
Entscheidungsgründe:
Die zulässige Klage hat in der Sache keinen Erfolg. Die angegriffenen Bescheide der Beklagten erweisen sich als im Ergebnis rechtmäßig und verletzen den Kläger nicht in seinen Rechten.
Nach § 109 Satz 1 SGB VII können Personen, deren Haftung nach den §§ 104 – 107 SGB VII beschränkt ist und gegen die Versicherte Schadensersatzforderungen erheben, statt der Berechtigten die Feststellung nach § 108 SGB VII beantragen oder das entsprechende Verfahren nach dem Sozialgerichtsgesetz betreiben. Dabei handelt es sich um eine so genannte Klage in Prozessstandschaft. Berechtigt sind Personen, die bei Vorliegen eines Versicherungsfalls eine Haftungsbeschränkung nach den §§ 104 – 107 SGB VII geltend machen können. Dabei genügt es, dass sie sich auf diese Haftungsbeschränkung berufen (BSG, 29.11.2011 – B 2 U 27/10 R -, juris). Erforderlich ist des Weiteren, dass der potentiell Haftungsbeschränkte tatsächlich auf Schadensersatz in Anspruch genommen wird. Wird ein Haftungsanspruch erkennbar nicht mehr verfolgt oder eine auf Schadensersatz gerichtete Klage zurückgenommen, so erlischt der Anspruch (vgl. Ricke in Kasseler Kommentar, Ergänzungslieferung 79 zu § 109 SGB VII, Rdnr. 6). Diese Voraussetzungen sind vorliegend ohne weiteres erfüllt. Der Kläger wird vom Dienstherrn und der privaten Krankenversicherung der Beigeladenen auf Schadensersatz wegen Tierhalterhaftung in Anspruch genommen aufgrund eines Unfalls, den die Beigeladene erlitten hat, als sie sich um ein ihm gehörendes lahmendes Reitpferd gekümmert hat.
Soweit der Kläger sich darauf beruft, die Beigeladene sei als Versicherte nach § 2 Abs. 1 Nr. 13 a SGB VII versichert, fehlt ihm dafür allerdings die Aktivlegitimation. Nach dieser Vorschrift sind kraft Gesetzes versichert Personen, die bei Unglücksfällen oder gemeiner Gefahr oder Not Hilfe leisten oder einen anderen aus erheblicher gegenwärtiger Gefahr für seine Gesundheit retten. Vorliegend lässt die Kammer offen, ob es sich bei der Hilfeleistung der Beigeladenen um einen Unglücksfall oder eine gemeine Gefahr im Sinne dieser Vorschrift gehandelt hat (zur Annahme eines Unglücksfalls im Zusammenhang mit Tieren vgl. SG Frankfurt, 21.11.2012 – S 23 U 6/11 -, juris). Dabei verkennt die Kammer auch nicht, dass ein durchgehendes Reitpferd im Straßenverkehr eine gemeine Gefahr in diesem Sinne darstellen kann. Allerdings kann sich der Kläger vorliegend darauf nicht mit Erfolg berufen. § 104 Abs. 1 SGB VII bestimmt, dass Unternehmer den Versicherten, die für ihre Unternehmen tätig sind oder zu ihrem Unternehmen in einer sonstigen, die Versicherung begründenden Beziehung stehen, sowie deren Angehörigen und Hinterbliebenen nach anderen gesetzlichen Vorschriften zum Ersatz des Personenschadens, den ein Versicherungsfall verursacht hat, nur verpflichtet sind, wenn sie den Versicherungsfall vorsätzlich oder auf einem nach § 8 Abs. 2 Nr. 1 – 4 versicherten Weg herbeigeführt haben. Diese Haftungsbeschränkung des Unternehmers bezieht sich damit ausschließlich auf den Personenkreis, der für das Unternehmen tätig ist oder zu diesem Unternehmen in einer sonstigen, die Versicherung begründenden Beziehung steht, mithin wenigstens wie ein aufgrund eines Arbeitsverhältnisses Beschäftigter im Sinne des § 2 Abs. 2 Satz 1 SGB VII anzusehen ist. Diese Voraussetzungen erfüllt aber ein Nothelfer im Sinne des § 2 Abs. 1 Nr. 13 a SGB VII unter keinem rechtlichen Gesichtspunkt (vgl. BGH, 02.12.1980 – VI ZR 265/78 -, juris, zur Rechtslage nach der RVO; BGH, 24.01.2006 –VI ZR 290/04 -, juris, zur Rechtslage nach dem SGB VII). Mit dem Abstellen auf die "die Versicherung begründende Beziehung" zu einem Unternehmer bringt der Gesetzgeber zum Ausdruck, dass es für diesen Haftungsausschluss entscheidend auf die strukturellen Zusammenhänge zwischen dem Versicherten und einem Unternehmer im Rahmen der Unfallversicherung ankommt. Diese existieren aber bei der Nothilfe gerade nicht.
Vermag demnach im Falle des § 2 Abs. 1 Nr. 13 a SGB VII ein Haftungsprivileg nicht zu begründen, mangelt es dem potentiell Haftungsbeschränkten an der Aktivlegitimation, dies für den Geschädigten geltend zu machen. Feststellungsberechtigte nach § 109 Satz 1 SGB VII sind nur Personen, deren Haftung nach den §§ 104 – 107 (potentiell) beschränkt ist, was im Fall des § 2 Abs. 1 Nr. 13 a SGB VII aber gerade nicht der Fall ist. Hier fehlt es bereits an dem Merkmal der "potentiellen Haftungsbeschränkung". Weil dem Kläger aber nur insoweit das Recht eingeräumt ist, in Prozessstandschaft die Eintrittspflicht der gesetzlichen Unfallversicherung feststellen zu lassen, als er potentiell haftungsbeschränkt ist, kann er mit dem Vortrag, es liege ein Fall des § 2 Abs. 1 Nr. 13 a SGB VII vor, nicht gehört werden. Hier geht das Recht der Beigeladenen auf Nichtwissen vor, die auf Rechtsmittel gegen den Ausgangsbescheid der Beklagten "verzichtet" hat. Es ist unter keinem Gesichtspunkt ein Bedürfnis eines Unternehmers für eine derartige Feststellung ersichtlich, wenn ihn diese ohnedies nicht von der Haftung befreit.
Daran ändert der Umstand nichts, dass sich die Bindungswirkung des § 108 Abs. 1 SGB VII auch auf die Entscheidung darüber erstreckt, ob der Geschädigte den Unfall als Versicherter aufgrund eines Beschäftigungsverhältnisses im Sinne des § 2 Abs. 1 Nr. 1 oder Abs. 2 Satz 1 SGB VII oder als Hilfeleistender nach § 2 Abs. 1 Nr. 13 a SGB VII erlitten hat (zur Bindungswirkung vgl. BGH, 24.01.2006 – VI ZR 290/04 –, a.a.O.) Dies ist nämlich nur bei einem Erfolg der vorzugsweise vom Geschädigten erhobenen Klage von Belang. Im Falle der Klageabweisung steht jedenfalls sicher fest, dass ein haftungsbefreiender Versicherungsfall nicht besteht.
Aber auch im Übrigen hat die Klage keinen Erfolg. Denn die Beigeladene ist nicht als wie eine aufgrund eines Arbeitsverhältnisses Beschäftigte anzusehen (§ 2 Abs. 2 Satz 1 SGB VII). Der Versicherungsschutz als "Wie-Beschäftigte" setzt voraus, dass es sich um eine ernstliche, dem in Betracht kommenden fremden Unternehmen zu dienen bestimmte Tätigkeit von wirtschaftlichem Wert handelt, die dem wirklichen oder mutmaßlichen Willen des Unternehmers entspricht und ungeachtet des Beweggrundes für den Entschluss, tätig zu werden, unter solchen Umständen tatsächlich geleistet wird, dass sie ihrer Art nach sonst von einer Person verrichtet werden könnte, welche in einem abhängigen Beschäftigungsverhältnis steht. Eine wirtschaftliche oder persönliche Abhängigkeit vom unterstützten Unternehmen ist demgegenüber nicht erforderlich. Ohne Bedeutung für den Versicherungsschutz nach § 2 Abs. 2 Satz 1 SGB VII ist auch, ob der Verletzte gegen ein Entgelt oder unentgeltlich handelte (BSG, 12.04.2005 – B 2 U 5/04 R -, juris). Dass es dem mutmaßlichen Willen des Klägers entsprach, dass sich eine Amtstierärztin um den verletzten Huf seines Pferdes kümmert, wird man unterstellen können. Indes fehlt es am Vorliegen der für den Versicherungsschutz notwendigen objektiven Handlungstendenz der Beigeladenen. Die Tätigkeit muss mit einer fremdwirtschaftlichen Zweckbestimmung und nicht zur Verfolgung eigener Angelegenheiten, so genannter eigenwirtschaftlicher Tätigkeiten stattfinden. Die Annahme einer auf die Belange des Unternehmens gerichteten Handlungstendenz setzt voraus, dass anhand objektiver Kriterien ein nachvollziehbarer Zusammenhang mit dem Unternehmen anzunehmen ist. Zu berücksichtigen sind insbesondere die Organisation des Unternehmens einerseits und die Einordnung der Gesamttätigkeit des in diesem Unternehmen wie ein Beschäftigter Tätigen andererseits. Weiter sind Umfang und Zeitdauer der verrichteten bzw. vorgesehenen Tätigkeiten zu berücksichtigen (vgl. BSG, 12.04.2005, a.a.O.). Ein arbeitnehmerähnliches Handeln schließt die Kammer nach Maßgabe dessen aus. Es ist offensichtlich, dass die von der Beigeladenen geplante kurze Untersuchung des Pferdehufes nützlich für den Kläger gewesen wäre. Worauf die Beklagte aber auch schon zu Recht verwiesen hat, handelte es sich bei der beabsichtigten Tätigkeit der Beigeladenen nur um eine kurze Hilfstätigkeit, die der allgemeinen Übung unter Reitern entspricht. Die Beigeladene hat mehrmals darauf hingewiesen, dass es zwischen Reitern üblich ist, sich in einer Notsituation gegenseitig zu unterstützen. Hinzu kommt, dass die Reiterin, deren Pferd lahmte, die Nichte der Begleiterin der Beigeladenen war. Vor diesem Hintergrund war es umso selbstverständlicher, nach dem lahmenden Pferd zu sehen. Bei der angebotenen Hilfeleistung der Beigeladenen handelt es sich damit bei lebensnaher Betrachtung "im Kontext der bei Pferdefreunden üblichen Verbundenheit" (LSG NRW, 27.08.2015 – L 15 U 262/14 -, juris) um eine reine Gefälligkeitsleistung, die auch nicht ansatzweise auf Umstände hinweist, die einem Beschäftigungsverhältnis ähnlich sein könnten (vgl. LSG NRW, a.a.O.). Die Beigeladene stand in keinem wie auch immer gearteten Abhängigkeitsverhältnis zum Kläger; eine Weisungsgebundenheit besteht und bestand nur gegenüber ihrem Dienstherrn.
Andere Gründe, einen Versicherungsfall mit haftungsbeschränkender Wirkung als denkbar erscheinend anzunehmen, sind ebenso nicht ersichtlich.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 197 a Abs. 1 SGG i.V.m. § 154 Abs. 1 und Abs. 3 VwGO.
Die Kosten des Verfahrens mit Ausnahme der außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen hat der Kläger zu tragen.
Tatbestand:
Der Kläger wendet sich gegen eine Entscheidung der Beklagten, einen Vorfall vom 10.06.2012 nicht als Versicherungsfall anzuerkennen.
Der Kläger ist Halter eines Pferdes, welches seine Tochter am Unfalltag führte. Zur selben Zeit unternahm die Beigeladene während ihrer Freizeit gemeinsam mit einer Freundin einen privaten Reitausflug. Unterwegs trafen die beiden auf vorgenannte Tochter des Klägers, welche zugleich die Nichte der Begleiterin der Beigeladenen ist, mit dem Pferd des Klägers. Dieses musste geführt werden, weil es wegen eines, was sich indes erst später herausstellte, in den Huf eingetretenen Nagels lahmte. Die Beigeladene, welche von Beruf Amtsveterinärin in Diensten eines Landkreises ist, stieg daraufhin von ihrem Pferd ab, um sich das betroffene Bein des Tieres anzusehen. Dabei erhielt sie einen Tritt des Pferdes ins Gesicht und wurde in einen mehrere Meter entfernt liegenden Graben geworfen und erheblich verletzt. Die Kosten der Heilbehandlung übernahmen zunächst der Dienstherr der Beigeladenen sowie deren private Krankenversicherung.
Wegen dieses Vorgangs erhob der Dienstherr der Beigeladenen aufgrund übergegangenen Rechts seiner Beamtin Klage gegen den Kläger des vorliegenden Verfahrens und forderte Beihilfeleistungen und Verdienstausfall aus übergegangenem Recht. Diese Klage war erstinstanzlich erfolgreich (LG Kassel, 22.05.2015 - 4 O 1808/14).
Gegen dieses Urteil erhob der Kläger im hiesigen und Beklagter im landgerichtlichen Verfahren Berufung zum Oberlandesgericht, welches das Verfahren im Hinblick auf das im Berufungsverfahren geltend gemachte Haftungsprivileg nach § 104 Abs. 1 SGB VII und das dem sozialgerichtlichen Verfahren vorausgehende Verwaltungsverfahren mit Beschluss vom 04.03.2016 aussetzte (OLG Frankfurt am Main, 04.03.2016 - 15 U 108/15). Das Verfahren der privaten Krankenversicherung gegen den Kläger im vorliegenden Verfahren ist noch beim Amtsgericht Kassel unter dem Aktenzeichen 420 C 4/16 anhängig. Der weitere Verfahrensgang dort wird vom Ausgang des hiesigen Verfahrens abhängig gemacht (so zu verstehender Beschluss vom 10.06.2016). Auch hier wird das Haftungsprivileg des § 104 Abs. 1 SGB VII geltend gemacht.
Soweit ersichtlich erlangte die Beklagte von dem Vorfall erstmals Kenntnis durch ein Schreiben des Dienstherrn der Beigeladenen vom 26.10.2015, mit welchem dieser um Prüfung bat, ob eine Kostenerstattung durch die Unfallkasse Hessen in Frage komme. Nach Beiziehung der Akten des Landgerichts Kassel und des Oberlandesgerichts Frankfurt am Main lehnte die Beklagte mit insgesamt 3 Bescheiden vom 11.12.2015 gegenüber der Beigeladenen, dem Kläger im vorliegenden Verfahren und dem Dienstherrn der Beigeladenen die Gewährung von Leistungen aus der gesetzlichen Unfallversicherung wegen des Ereignisses vom 10.06.2012 ab, weil die Voraussetzungen für einen Arbeitsunfall nicht gegeben seien. Gegenüber der Beigeladenen und ihrem Dienstherrn wurden diese Bescheide – soweit ersichtlich - bestandskräftig. Hingegen legte der Kläger dagegen mit anwaltlichem Schriftsatz vom 15.01.2016 Widerspruch ein. Die Beigeladene genieße den Schutz der gesetzlichen Unfallversicherung, weil sie gemäß § 2 Abs. 2 Satz 1 SGB VII wie eine Beschäftigte tätig geworden sei. Hinsichtlich der Begründung im Einzelnen wird auf das Widerspruchsschreiben vom 15.01.2016, Dokument Nr. 14 der Verwaltungsakte, verwiesen. Auf den Hinweis der Beklagten mit Schreiben vom 01.02.2016, bei der Hilfeleistung der Beigeladenen habe es sich lediglich um eine kurze Hilfeleistung gehandelt, die unter Reiterinnen üblich sei, zudem sei die Tätigkeit zum Unfallzeitpunkt nach den konkreten Umständen nicht einer Tätigkeit im Rahmen eines abhängigen Beschäftigungsverhältnisses ähnlich, verblieb der anwaltlich vertretene Kläger bei seiner Auffassung vom 15.02.2016. Man könne nicht davon ausgehen, dass die Beigeladene das Pferd weder untersuchen noch habe behandeln wollen. Es lägen auch keine Anhaltspunkte dafür vor, dass sie einen Stein oder einen ähnlichen Fremdkörper im Huf feststellen und habe entfernen wollen. Der Fall werde dadurch geprägt, dass die Beigeladene Veterinärmedizinerin sei und daher auch über eine weitergehende Sachkunde in der Feststellung von Ursachen einer Lahmheitserscheinung verfüge. Die klassische Hilfestellung bei einer solchen Situation sei eigentlich die, dass der befreundete Reiter das Pferd am Zügel halte und der Pferdehalter seinerseits den Huf aufnehme, um den Fremdkörper festzustellen oder zu entfernen. Unüblich sei es sicherlich, dass sich die hilfsbereite Person selbst zur Untersuchung des Pferdes begebe, was vorliegend nur dadurch erklärbar sei, dass eben eine besondere berufliche Fachkunde vorgelegen habe, so dass diese zwar nicht in Ausübung der Dienste als Amtsveterinärmedizinerin, sondern eben im Wege der Nothilfe erfolgt sei. Hinsichtlich der weiteren Ausführungen wird auf den anwaltlichen Schriftsatz vom 15.02.2016, Dokument Nr. 17 der Verwaltungsakte, verwiesen. Nach Hinweis der Beklagten vom 23.02.2016, auch ein Fall der Nothilfe nach § 2 Abs. 1 Nr. 13 a SGB VII liege nicht vor, und weitere anwaltliche Äußerung mit Schreiben vom 10.03.2016, wies die Beklagte den Widerspruch des Klägers mit Widerspruchsbescheid vom 03.05.2016 zurück. Es liege kein Beschäftigungsverhältnis gemäß § 2 Abs. 1 Nr. 1 SGB VII vor. Versicherungsschutz könne sich grundsätzlich nur aus § 2 Abs. 2 SGB VII für Personen ergeben, die wie Beschäftigte tätig werden. Voraussetzung dafür sei jedoch, dass die Tätigkeit u.a. arbeitnehmerähnlich sei, also ihrer Art nach von Personen verrichtet werden könne, die in einem dem allgemeinen Arbeitsmarkt zuzurechnenden Beschäftigungsverhältnis ständen und die Tätigkeit wie ein Beschäftigter und nicht in einer anderen Eigenschaft oder Funktion ausgeübt werde. Diese Voraussetzungen seien aber nicht erfüllt. Gegen die Ähnlichkeit der Tätigkeit spreche zum einen, dass es sich bei der geplanten Tätigkeit nur um eine kurze Hilfeleistung gehandelt habe. Die Beigeladene habe das Pferd weder untersuchen noch behandeln wollen. Sie habe lediglich nachsehen wollen, ob sich ein Stein oder ähnliches in dem Huf festgesetzt habe und habe den Gegenstand dann ggf. entfernen wollen. Zum anderen sei die Tätigkeit geprägt gewesen durch das freundliche, auf Gegenseitigkeit beruhende Verhalten von Reitern, das als durchaus üblich anzusehen sei. Zudem sei die Tätigkeit zum Unfallzeitpunkt nach den konkreten Umständen nicht einer Tätigkeit im Rahmen eines abhängigen Beschäftigungsverhältnisses ähnlich. Die Beigeladene sei weder in den Betrieb der Pferdehalterin eingebunden gewesen noch sei sie dieser gegenüber weisungsgebunden gewesen. Auch sei es nicht üblich, einen Tierarzt in einem abhängigen Beschäftigungsverhältnis zu beschäftigen. Eine Nothilfe nach § 2 Abs. 1 Nr. 13 a SGB VII habe ebenfalls nicht vorgelegen. Ein Unglücksfall sei ein plötzlich eintretendes Ereignis, das erhebliche Gefahren für Sachen oder Menschen hervorzurufen drohe. Es müsse dabei eine erhebliche Gefahr drohen. Bagatellschäden seien nicht erfasst. Durch einen Stein oder sonstigen Gegenstand im Huf lasse sich eine erhebliche Gefahr eindeutig nicht begründen. Wegen des weiteren Inhalts des den Beteiligten bekannten Widerspruchsbescheides wird auf den Inhalt der Verwaltungsakte, Dokument Nr. 20, verwiesen.
Gegen diesen am 04.05.2016 zur Post gegebenen Widerspruchsbescheid hat der Kläger mit anwaltlichem Schreiben am 03.06.2016 Klage erhoben.
Unter Vertiefung seines bisherigen Vorbringens trägt er vor, es handele sich um einen Fall der Nothilfe nach § 2 Abs. 1 Nr. 13 a SGB VII. Die Verletzung des Pferdes, die die Lahmheitserscheinung verursacht habe, sei ein Unglücksfall. Wie sich später herausgestellt habe, habe sich das Pferd einen Metallnagel in den Huf getreten. Bei der Bewertung der Frage, ob eine Nothilfe nach § 2 Abs. 1 Nr. 13 a SGB VII vorliege, sei nicht retroperspektiv zu bewerten, ob sich eine Gefahr nachträglich als harmlos oder schwerwiegend herausgestellt habe. Es sei vielmehr aus der Sicht des Nothelfers zu werten, ob sich der Unglücksfall für ihn so dargestellt habe, dass eine Hilfeleistung erforderlich sei, um andere Rechtsgüter zu schützen. Das Pferd habe zum Zeitpunkt des Zusammentreffens der Reiterinnen schwere Lahmheitserscheinungen gezeigt. Von Pferden gehe grundsätzlich eine erhebliche Gefahr, die so genannte Tiergefahr aus. Zeige ein Tier äußerlich erkennbar Schmerzen, bestehe die konkrete Gefahr, dass das Tier, um den Schmerzen auszuweichen, sich dem Zugriff des Reiters oder Tierhüters entziehe und zu Panikreaktionen neige. Darüber hinaus könne bei einer Lahmheitserscheinung auch eine erhebliche Gefahr für das Rechtsgut "Pferd" bestehen. Hinsichtlich der weiteren Begründung wird auf die Klageschrift vom 03.06.2016, Bl. 1 – 7 der Gerichtsakte verwiesen.
Der Kläger beantragt,
den Bescheid der Beklagten vom 11.12.2015 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 03.05.2016 aufzuheben und die Beklagte zu verpflichten, der Beigeladenen wegen des Unfalls vom 10.02.2012 Leistungen aus der gesetzlichen Unfallversicherung zu gewähren.
Die Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Sie verteidigt die angegriffenen Bescheide.
Die Beigeladene stellt keinen Antrag.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die Gerichtsakte nebst beigezogenem Behördenvorgang (1 Hefter) und die Verfahrensakten des Amtsgerichts Kassel (Az.: 420 C 4/16) und des Landgerichts Kassel (Az.: 4 O 1808/14 = OLG Frankfurt am Main, 15 U 108/15) verwiesen. Sämtliche Unterlagen sind Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen.
Entscheidungsgründe:
Die zulässige Klage hat in der Sache keinen Erfolg. Die angegriffenen Bescheide der Beklagten erweisen sich als im Ergebnis rechtmäßig und verletzen den Kläger nicht in seinen Rechten.
Nach § 109 Satz 1 SGB VII können Personen, deren Haftung nach den §§ 104 – 107 SGB VII beschränkt ist und gegen die Versicherte Schadensersatzforderungen erheben, statt der Berechtigten die Feststellung nach § 108 SGB VII beantragen oder das entsprechende Verfahren nach dem Sozialgerichtsgesetz betreiben. Dabei handelt es sich um eine so genannte Klage in Prozessstandschaft. Berechtigt sind Personen, die bei Vorliegen eines Versicherungsfalls eine Haftungsbeschränkung nach den §§ 104 – 107 SGB VII geltend machen können. Dabei genügt es, dass sie sich auf diese Haftungsbeschränkung berufen (BSG, 29.11.2011 – B 2 U 27/10 R -, juris). Erforderlich ist des Weiteren, dass der potentiell Haftungsbeschränkte tatsächlich auf Schadensersatz in Anspruch genommen wird. Wird ein Haftungsanspruch erkennbar nicht mehr verfolgt oder eine auf Schadensersatz gerichtete Klage zurückgenommen, so erlischt der Anspruch (vgl. Ricke in Kasseler Kommentar, Ergänzungslieferung 79 zu § 109 SGB VII, Rdnr. 6). Diese Voraussetzungen sind vorliegend ohne weiteres erfüllt. Der Kläger wird vom Dienstherrn und der privaten Krankenversicherung der Beigeladenen auf Schadensersatz wegen Tierhalterhaftung in Anspruch genommen aufgrund eines Unfalls, den die Beigeladene erlitten hat, als sie sich um ein ihm gehörendes lahmendes Reitpferd gekümmert hat.
Soweit der Kläger sich darauf beruft, die Beigeladene sei als Versicherte nach § 2 Abs. 1 Nr. 13 a SGB VII versichert, fehlt ihm dafür allerdings die Aktivlegitimation. Nach dieser Vorschrift sind kraft Gesetzes versichert Personen, die bei Unglücksfällen oder gemeiner Gefahr oder Not Hilfe leisten oder einen anderen aus erheblicher gegenwärtiger Gefahr für seine Gesundheit retten. Vorliegend lässt die Kammer offen, ob es sich bei der Hilfeleistung der Beigeladenen um einen Unglücksfall oder eine gemeine Gefahr im Sinne dieser Vorschrift gehandelt hat (zur Annahme eines Unglücksfalls im Zusammenhang mit Tieren vgl. SG Frankfurt, 21.11.2012 – S 23 U 6/11 -, juris). Dabei verkennt die Kammer auch nicht, dass ein durchgehendes Reitpferd im Straßenverkehr eine gemeine Gefahr in diesem Sinne darstellen kann. Allerdings kann sich der Kläger vorliegend darauf nicht mit Erfolg berufen. § 104 Abs. 1 SGB VII bestimmt, dass Unternehmer den Versicherten, die für ihre Unternehmen tätig sind oder zu ihrem Unternehmen in einer sonstigen, die Versicherung begründenden Beziehung stehen, sowie deren Angehörigen und Hinterbliebenen nach anderen gesetzlichen Vorschriften zum Ersatz des Personenschadens, den ein Versicherungsfall verursacht hat, nur verpflichtet sind, wenn sie den Versicherungsfall vorsätzlich oder auf einem nach § 8 Abs. 2 Nr. 1 – 4 versicherten Weg herbeigeführt haben. Diese Haftungsbeschränkung des Unternehmers bezieht sich damit ausschließlich auf den Personenkreis, der für das Unternehmen tätig ist oder zu diesem Unternehmen in einer sonstigen, die Versicherung begründenden Beziehung steht, mithin wenigstens wie ein aufgrund eines Arbeitsverhältnisses Beschäftigter im Sinne des § 2 Abs. 2 Satz 1 SGB VII anzusehen ist. Diese Voraussetzungen erfüllt aber ein Nothelfer im Sinne des § 2 Abs. 1 Nr. 13 a SGB VII unter keinem rechtlichen Gesichtspunkt (vgl. BGH, 02.12.1980 – VI ZR 265/78 -, juris, zur Rechtslage nach der RVO; BGH, 24.01.2006 –VI ZR 290/04 -, juris, zur Rechtslage nach dem SGB VII). Mit dem Abstellen auf die "die Versicherung begründende Beziehung" zu einem Unternehmer bringt der Gesetzgeber zum Ausdruck, dass es für diesen Haftungsausschluss entscheidend auf die strukturellen Zusammenhänge zwischen dem Versicherten und einem Unternehmer im Rahmen der Unfallversicherung ankommt. Diese existieren aber bei der Nothilfe gerade nicht.
Vermag demnach im Falle des § 2 Abs. 1 Nr. 13 a SGB VII ein Haftungsprivileg nicht zu begründen, mangelt es dem potentiell Haftungsbeschränkten an der Aktivlegitimation, dies für den Geschädigten geltend zu machen. Feststellungsberechtigte nach § 109 Satz 1 SGB VII sind nur Personen, deren Haftung nach den §§ 104 – 107 (potentiell) beschränkt ist, was im Fall des § 2 Abs. 1 Nr. 13 a SGB VII aber gerade nicht der Fall ist. Hier fehlt es bereits an dem Merkmal der "potentiellen Haftungsbeschränkung". Weil dem Kläger aber nur insoweit das Recht eingeräumt ist, in Prozessstandschaft die Eintrittspflicht der gesetzlichen Unfallversicherung feststellen zu lassen, als er potentiell haftungsbeschränkt ist, kann er mit dem Vortrag, es liege ein Fall des § 2 Abs. 1 Nr. 13 a SGB VII vor, nicht gehört werden. Hier geht das Recht der Beigeladenen auf Nichtwissen vor, die auf Rechtsmittel gegen den Ausgangsbescheid der Beklagten "verzichtet" hat. Es ist unter keinem Gesichtspunkt ein Bedürfnis eines Unternehmers für eine derartige Feststellung ersichtlich, wenn ihn diese ohnedies nicht von der Haftung befreit.
Daran ändert der Umstand nichts, dass sich die Bindungswirkung des § 108 Abs. 1 SGB VII auch auf die Entscheidung darüber erstreckt, ob der Geschädigte den Unfall als Versicherter aufgrund eines Beschäftigungsverhältnisses im Sinne des § 2 Abs. 1 Nr. 1 oder Abs. 2 Satz 1 SGB VII oder als Hilfeleistender nach § 2 Abs. 1 Nr. 13 a SGB VII erlitten hat (zur Bindungswirkung vgl. BGH, 24.01.2006 – VI ZR 290/04 –, a.a.O.) Dies ist nämlich nur bei einem Erfolg der vorzugsweise vom Geschädigten erhobenen Klage von Belang. Im Falle der Klageabweisung steht jedenfalls sicher fest, dass ein haftungsbefreiender Versicherungsfall nicht besteht.
Aber auch im Übrigen hat die Klage keinen Erfolg. Denn die Beigeladene ist nicht als wie eine aufgrund eines Arbeitsverhältnisses Beschäftigte anzusehen (§ 2 Abs. 2 Satz 1 SGB VII). Der Versicherungsschutz als "Wie-Beschäftigte" setzt voraus, dass es sich um eine ernstliche, dem in Betracht kommenden fremden Unternehmen zu dienen bestimmte Tätigkeit von wirtschaftlichem Wert handelt, die dem wirklichen oder mutmaßlichen Willen des Unternehmers entspricht und ungeachtet des Beweggrundes für den Entschluss, tätig zu werden, unter solchen Umständen tatsächlich geleistet wird, dass sie ihrer Art nach sonst von einer Person verrichtet werden könnte, welche in einem abhängigen Beschäftigungsverhältnis steht. Eine wirtschaftliche oder persönliche Abhängigkeit vom unterstützten Unternehmen ist demgegenüber nicht erforderlich. Ohne Bedeutung für den Versicherungsschutz nach § 2 Abs. 2 Satz 1 SGB VII ist auch, ob der Verletzte gegen ein Entgelt oder unentgeltlich handelte (BSG, 12.04.2005 – B 2 U 5/04 R -, juris). Dass es dem mutmaßlichen Willen des Klägers entsprach, dass sich eine Amtstierärztin um den verletzten Huf seines Pferdes kümmert, wird man unterstellen können. Indes fehlt es am Vorliegen der für den Versicherungsschutz notwendigen objektiven Handlungstendenz der Beigeladenen. Die Tätigkeit muss mit einer fremdwirtschaftlichen Zweckbestimmung und nicht zur Verfolgung eigener Angelegenheiten, so genannter eigenwirtschaftlicher Tätigkeiten stattfinden. Die Annahme einer auf die Belange des Unternehmens gerichteten Handlungstendenz setzt voraus, dass anhand objektiver Kriterien ein nachvollziehbarer Zusammenhang mit dem Unternehmen anzunehmen ist. Zu berücksichtigen sind insbesondere die Organisation des Unternehmens einerseits und die Einordnung der Gesamttätigkeit des in diesem Unternehmen wie ein Beschäftigter Tätigen andererseits. Weiter sind Umfang und Zeitdauer der verrichteten bzw. vorgesehenen Tätigkeiten zu berücksichtigen (vgl. BSG, 12.04.2005, a.a.O.). Ein arbeitnehmerähnliches Handeln schließt die Kammer nach Maßgabe dessen aus. Es ist offensichtlich, dass die von der Beigeladenen geplante kurze Untersuchung des Pferdehufes nützlich für den Kläger gewesen wäre. Worauf die Beklagte aber auch schon zu Recht verwiesen hat, handelte es sich bei der beabsichtigten Tätigkeit der Beigeladenen nur um eine kurze Hilfstätigkeit, die der allgemeinen Übung unter Reitern entspricht. Die Beigeladene hat mehrmals darauf hingewiesen, dass es zwischen Reitern üblich ist, sich in einer Notsituation gegenseitig zu unterstützen. Hinzu kommt, dass die Reiterin, deren Pferd lahmte, die Nichte der Begleiterin der Beigeladenen war. Vor diesem Hintergrund war es umso selbstverständlicher, nach dem lahmenden Pferd zu sehen. Bei der angebotenen Hilfeleistung der Beigeladenen handelt es sich damit bei lebensnaher Betrachtung "im Kontext der bei Pferdefreunden üblichen Verbundenheit" (LSG NRW, 27.08.2015 – L 15 U 262/14 -, juris) um eine reine Gefälligkeitsleistung, die auch nicht ansatzweise auf Umstände hinweist, die einem Beschäftigungsverhältnis ähnlich sein könnten (vgl. LSG NRW, a.a.O.). Die Beigeladene stand in keinem wie auch immer gearteten Abhängigkeitsverhältnis zum Kläger; eine Weisungsgebundenheit besteht und bestand nur gegenüber ihrem Dienstherrn.
Andere Gründe, einen Versicherungsfall mit haftungsbeschränkender Wirkung als denkbar erscheinend anzunehmen, sind ebenso nicht ersichtlich.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 197 a Abs. 1 SGG i.V.m. § 154 Abs. 1 und Abs. 3 VwGO.
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