Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Rentenversicherung
Abteilung
4
1. Instanz
SG Ulm (BWB)
Aktenzeichen
S 7 R 1555/13
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 4 R 641/16
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des Sozialgerichts Ulm vom 15. Januar 2016 wird zurückgewiesen.
Die Beklagte hat der Klägerin die außergerichtlichen Kosten auch des Berufungsverfahrens zu erstatten.
Tatbestand:
Zwischen den Beteiligten ist streitig, ob die Klägerin vom 1. September 2011 bis 4. März 2012 Anspruch auf Übergangsgeld dem Grunde nach hat.
Die Klägerin absolvierte nach eigenen Angaben neben Ausbildungen im Bereich der Musik (Querflöte) von November 2005 bis Mai 2006 an einer deutschen Fachhochschule ein Praxiskolleg Betriebswirtschaft (Marketing- und Vertriebsmanagement) sowie von September 2003 bis September 2007 an der Kulturakademie Lettland das Studium internationales Medien- und Kulturmanagement (Hauptfächer: Kommunikationswissenschaft, Medienmanagement und Kulturmanagement). Sie war zuletzt ab 11. August 2008 befristet als Assistentin des Vertriebsleiters eines Unternehmens für Industrieheizanlagen versicherungspflichtig beschäftigt. Am 15. September 2009 erlitt sie bei einem Auffahrunfall eine Distorsion der Halswirbelsäule infolge eines Schleudertraumas. Sie bezog aufgrund einer seit 23. September 2009 bestehenden Arbeitsunfähigkeit Krankengeld bis zur Erschöpfung des Anspruchs am 23. März 2011 sowie ab 24. März 2011 – unterbrochen durch den Bezug von Übergangsgeld vom 7. bis 14. April 2011 – jedenfalls zunächst als sogenannter Nahtlosigkeitsfall Arbeitslosengeld I. Arzt K. hielt in den für die Agentur für Arbeit G. erstatteten Gutachten vom 18. März und 9. Juni 2011 ein Leistungsvermögen der Klägerin für Tätigkeiten auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt für eine Dauer von mehr als sechs Monaten für nicht gegeben.
Vom 2. bis 31. August 2011 befand sich die Klägerin in einer Leistung der stationären medizinischen Rehabilitation, die ihr die Beklagte bewilligte. Für diesen Zeitraum zahlte die Beklagte der Klägerin Übergangsgeld in Höhe von EUR 36,05 kalendertäglich. Arzt für Orthopädie P. führte im – bei der Beklagten am 22. September 2011 eingegangenen – Entlassungsbericht vom 14. September 2011 aus, die subjektiven Beschwerden seitens der Halswirbelsäule seien gegenüber dem Aufnahmebefund unverändert. Die Klägerin werde mit mäßigem Rehabilitationsergebnis arbeitsunfähig bis zur Rekonvaleszenz in die weitere ambulante Betreuung entlassen. Unter Berücksichtigung der von der Klägerin geschilderten beruflichen Belastung, der funktionellen Einschränkungen und der belastungsabhängigen kognitiven Schwächen sei ihr die zuletzt durchgeführte Tätigkeit als Assistentin der Vertriebsleitung und Geschäftsführung nur noch unter drei Stunden täglich zuzumuten. Leichte Tätigkeiten des allgemeinen Arbeitsmarktes im Sitzen, Gehen und Stehen in Tagesschicht ohne häufiges Heben und Tragen von Lasten ohne Hilfsmittel sowie ohne Arbeiten über Kopf, über Schulter, in Augenhöhe (Armhaltearbeiten) und mit erforderlichem Reklinieren der Halswirbelsäule seien sechs Stunden und mehr täglich möglich. Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben in Form von Reintegrationsmaßnahmen auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt würden empfohlen.
Ab 1. September 2011 bewilligte die Agentur für Arbeit G. der Klägerin erneut Arbeitslosengeld I in Höhe von EUR 29,19 kalendertäglich (Bescheid vom 5. September 2011). In Auswertung des zuvor genannten Entlassungsberichts kam Arzt K. im Gutachten vom 19. Januar 2012 zum Ergebnis, die zuletzt ausgeübte Tätigkeit könne die Klägerin nicht weiter verrichten. Es liege jedoch ein vollschichtiges Leistungsvermögen für leichte körperliche Arbeiten unter Beachtung der genannten Einschränkungen vor. Das Leistungsvermögen sei nicht gänzlich aufgehoben. In einem weiteren Gutachten vom 7. November 2013 wiederholte er diese Einschätzung des Leistungsvermögens der Klägerin.
Auf Bitte der Klägerin erfolgte am 18. Oktober 2011 ein Beratungsgespräch bei der Beklagten, in welchem die Klägerin äußerte, ein Studium der Psychologie anzustreben. Die Beklagte erläuterte der Klägerin, dass eine Leitung oder eine organisatorische Tätigkeit im Musikbereich sowie gehobene Bürotätigkeiten mit technischen Hilfsmitteln angedacht werden könnten und sagte einen Bescheid über Vermittlungshilfen zu. Sie stellte der Klägerin befristet bis 31. Oktober 2014 Leistungen zur Erlangung eines Arbeitsplatzes als Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben in Aussicht und erklärte sich bereit, einen Eingliederungszuschuss an den Arbeitgeber zu leisten (Bescheid vom 26. Oktober 2011). In der Folge wandte sich die Klägerin weiter an die Beklagte mit der Bitte um Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben und wies auf einzelne Maßnahmen hin. Die Beklagte bewilligte ihr nach einem weiteren Beratungsgespräch am 7. Februar 2012 als Leistung zur Teilhabe am Arbeitsleben als Weiterbildung ein Seminar zum Medien- und Bildredakteur für die Zeit vom 5. März 2012 bis voraussichtlich 23. November 2012 (Bescheid vom 15. Februar 2012). Ab 5. März 2012 nahm die Klägerin in dieser Maßnahme teil. Die Agentur für Arbeit G. hob daraufhin ab 5. März 2012 die Zahlung von Arbeitslosengeld I auf (Bescheid vom 28. Februar 2012). Die Beklagte bewilligte der Klägerin ab 5. März 2012 Übergangsgeld in Höhe von EUR 51,87 kalendertäglich (Bescheid vom 15. Mai 2012).
Die Klägerin machte am 4. und 18. April 2012 telefonisch sowie mit E-Mail vom 23. Mai 2012 einen Anspruch auf Übergangsgeld auch für die Zeit vom 1. September 2011 bis 4. März 2012 geltend. Mit Bescheid vom 6. Juni 2012 lehnte es die Beklagte ab, Übergangsgeld für diesen Zeitraum zu bewilligen. Die Widerspruchsstelle der Beklagten wies den Widerspruch der Klägerin zurück (Widerspruchsbescheid vom 18. April 2013). Zur Begründung führte sie – wie teilweise bereits im angefochtenen Bescheid – aus, der Entlassungsbericht (des Arztes P. vom 14. September 2011) habe Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben in Form einer Reintegrationsmaßnahme empfohlen. Bei Abschluss der medizinischen Rehabilitation sei noch nicht geprüft gewesen, ob Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben in Betracht kommen würden. Nach ihrer (der Beklagten) Einschätzung sei eine weitere berufliche Qualifizierung nicht notwendig, da bereits zahlreiche Qualifikationen vorlägen. Aufgrund der entsprechenden Ausbildungen sei eine Wiedereingliederung bzw. Vermittlung in das Berufsleben durchaus möglich gewesen. Nach eigener Einschätzung der Klägerin komme aber lediglich ein Studium der Psychologie zur endgültigen Wiedereingliederung ins Berufsleben infrage. Als Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben seien Vermittlungshilfen bewilligt worden. Erst im Laufe der weiteren Beratungsgespräche habe sich die Klägerin für eine Qualifizierung zur Medien- und Bildredakteurin entschieden. Bei Abschluss der medizinischen Rehabilitationsleistung seien weitere konkrete Maßnahmen für Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben also weder erforderlich noch bekannt gewesen. Vermittlungshilfen seien im Übrigen keine Maßnahmen, die eine Zahlung von Übergangsgeld auslösen könnten.
Hiergegen erhob die Klägerin am 21. Mai 2013 (Dienstag nach Pfingsten) Klage beim Sozialgericht Ulm (SG). Die Beurteilung im Entlassungsbericht des Arztes P. vom 14. September 2011 für die Tätigkeit als Assistentin der Vertriebsleitung und Geschäftsführung könne auf jede andere Bürotätigkeit ausgedehnt werden. Ausgeschlossen seien deshalb sämtliche Tätigkeiten, die eine Tätigkeit am PC erforderlich machten sowie auch die Tätigkeit als Musikerin (Querflöte), da insbesondere die obere Halswirbelsäule ständig belastet werde. Auch der ärztliche Dienst der Agentur für Arbeit G. habe bestätigt, dass sie auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt nicht vermittelbar sei. Nach dem 31. August 2011 seien berufsfördernde Leistungen objektiv gegeben und für die Beklagte auch feststellbar gewesen. Nach der Rehabilitationsmaßnahme (bis 31. August 2011) habe sie weder Ansprüche auf Krankengeld gehabt, noch sei sie arbeitsfähig gewesen. Die Klägerin legte unter anderem die Stellungnahme des Orthopäden Dr. Tempelhof vom 1. Juni 2012 (aus orthopädischer Sicht sei eine Tätigkeit, die vornehmlich sitzend am PC in Zwangshaltungen ausgeführt werde, aufgrund der vorliegenden Beschwerdesymptomatik nicht geeignet) und die ärztliche Bescheinigung des Orthopäden Dr. Pa. vom 2. Oktober 2014 (aufgrund von Unfallfolgen vom 23. September 2009 bis 5. März 2012 krankgeschrieben) vor.
Die Beklagte verwies auf den Widerspruchsbescheid. Die Zahlung von Übergangsgeld zwischen medizinischen Rehabilitationsmaßnahmen und einem Vermittlungsbescheid sei nicht möglich, da konkrete Maßnahmen zum Zeitpunkt der Gültigkeit des Vermittlungsbescheides weder angetreten gewesen seien noch hätten bekannt sein können.
Das SG zog das Gutachten des Orthopäden Dr. E. vom 28. Juli 2015 bei, das dieser aufgrund einer ambulanten Untersuchung der Klägerin am 7. Juli 2015 im beim SG anhängig gewesenen Klageverfahren S 7 R 1476/13 betreffend die Ablehnung der Bewilligung von Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben für ein Studium der Psychologie erstattet hatte. Er diagnostizierte funktionelle Störungen der Cervicalsegmente des atlantooccipitalen Überganges und der Segmente C2 bis C4 mit lokaler und pseudoradikulärer linksseitigbetonter Facettenschmerzsymptomatik mit Bewegungseinschränkung sowie Bandscheibenvorfälle der Halswirbelsäule in den Höhen C6/C7 und C7/Th1 mit sensiblen Wurzelreizungen C7/C8 in den linken Arm. Er führte unter anderem aus, aus dem (im Entlassungsbericht des Arztes P. vom 14. September 2011) festgestellten reduzierten Leistungsvermögen der Klägerin aufgrund der Funktionsstörungen der Halswirbelsäule habe sich bereits zu diesem Zeitpunkt ergeben, dass qualifizierende Maßnahmen im Rahmen von Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben notwendig seien.
Mit Urteil vom 15. Januar 2016 hob das SG den Bescheid der Beklagten vom 6. Juni 2012 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 18. April 2013 auf und verurteilte die Beklagte, der Klägerin Übergangsgeld in gesetzlicher Höhe im Zeitraum vom 1. September 2011 bis einschließlich 4. März 2012 zu gewähren. Die Voraussetzungen für Übergangsgeld seien für den genannten Zeitraum erfüllt. Die Klägerin habe am 31. August 2011 eine Maßnahme zur medizinischen Rehabilitation abgeschlossen, während der sie Übergangsgeld erhalten habe. Im Anschluss daran sei eine weitere (nunmehr berufliche) Rehabilitationsmaßnahme erforderlich gewesen, welche einen Anspruch auf Übergangsgeld begründet hätte. Letztlich habe auch die Beklagte die Notwendigkeit einer Umschulung nach der medizinischen Rehabilitation durch den Bescheid vom 15. Februar 2012 anerkannt. Die Notwendigkeit qualifizierender Teilhabeleistungen habe bereits bei Abschluss der medizinischen Rehabilitation festgestanden. Dies ergebe sich, soweit es um eine medizinische Frage gehe, aus dem schlüssigen und nachvollziehbaren Gutachten des Dr. E ... Da sich die im Entlassungsbericht des Dr. P. vom 14. September 2011 beschriebene medizinische Situation nicht verändert habe, beruhe auch der Bescheid vom 15. Februar 2012 auf der gleichen medizinischen Sachlage, die bereits bei der Beendigung der (medizinischen) Rehabilitation vorgelegen habe. Es sei nicht davon auszugehen, dass die ausschließliche Erbringung von Vermittlungshilfen zum damaligen Zeitpunkt erfolgversprechend gewesen sei. Die Vermittlung im musikalischen Bereich sei von Anfang an ohne Erfolgsaussichten gewesen. Auch für Vermittlungen im kaufmännisch/betriebswirtschaftlichen Bereich hätten keine realistischen Integrationschancen ohne eine zusätzliche Qualifizierung bestanden. Die gesundheitsbedingte Einschränkung hinsichtlich Tätigkeiten an Bildschirmarbeitsplätzen reduziere die Anzahl in Frage kommender Stellen in diesem Segment enorm. Zudem verfüge die Klägerin weder über eine kaufmännische Berufsausbildung noch über einen klassischen betriebswirtschaftlichen Universitäts- oder Fachschulabschluss. Der vorhandene Magisterabschluss sei relativ speziell und stamme aus Osteuropa, was bei Arbeitgebern gewisse Zweifel an der vorliegenden Qualifikation auslösen dürfte. Vom Lebenslauf her sei die Klägerin eine Quereinsteigerin im kaufmännischen/betriebswirtschaftlichen Bereich. Die Vermittlung in andere Bereiche des Arbeitslebens ohne Qualifizierung sei angesichts der Vorkenntnisse und Einschränkungen der Klägerin nicht in Betracht gekommen. Dafür, dass die Notwendigkeit qualifizierender Teilhabeleistungen bereits bei Abschluss der medizinischen Rehabilitation festgestanden habe, spreche im Übrigen auch die nachträgliche Gewährung einer Umschulung mangels erfolgreicher Vermittlung der Klägerin ohne weitere Qualifizierung. Entgegen der Auffassung der Beklagten komme es nicht darauf an, ob eine konkrete Maßnahme eingetreten oder bekannt sei, sondern allein auf die objektive Erforderlichkeit einer weiteren Maßnahme. Die Klägerin habe die zeitliche Verzögerung zwischen der medizinischen Rehabilitation und der am 5. März 2012 begonnenen Umschulungsmaßnahme nicht zu vertreten. Deren Gewährung sei durch die Beklagte verzögert worden. Die Klägerin sei auch arbeitsunfähig gewesen und habe ihren Anspruch auf Krankengeld erschöpft. Dies ergebe sich aus dem Entlassungsbericht (des Arztes P. vom 14. September 2011) und dem Attest des Dr. Pa ...
Gegen das ihr am 29. Januar 2016 zugestellte Urteil hat die Beklagte am 18. Februar 2016 Berufung eingelegt. Sie ist weiterhin der Auffassung, bei Abschluss der medizinischen Rehabilitationsmaßnahme habe objektiv nicht festgestanden und es sei auch nicht absehbar gewesen, dass qualifizierende Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben mit Anspruch auf Übergangsgeld notwendig gewesen seien. Ein leidensgerechter Arbeitsplatz sei für die Wiedereingliederung der arbeitslosen Klägerin ins Erwerbsleben mit dem Bezugsberuf als Assistentin der Geschäftsführung erforderlich gewesen. Die festgestellten funktionellen Einschränkungen bei Abschluss der medizinischen Rehabilitationsmaßnahme hätten einer berufstypischen Beschäftigung im Bezugsberuf im Bereich Büro/Verwaltung (z.B. auch im Bereich Kultur/Musikschule/Veranstaltungen) nicht entgegengestanden. Hilfsmittel wie ein höhenverstellbarer Schreibtisch, ein Headset für das Telefon, spezielle Tastaturen oder Software wie Texterkennung ermöglichten gerade in diesem Bereich die Tätigkeit im Wechsel zwischen Sitzen, Stehen und Gehen sowie die Vermeidung von Zwangshaltungen. Die Klägerin könne zudem Kompetenzen als Musikdozentin, betriebswirtschaftliche Kenntnisse, den Magister in Medien- und Kulturmanagement und Berufserfahrungen im Hotelgewerbe, bei einer Musikschule, bei einer Heilmittelfabrik und im Bezugsberuf als Assistentin der Vertriebsleitung/Geschäftsführung mit Schreibarbeiten am Computer, Telefon und üblicherweise auch Organisation mit einbringen. Vermittlungschancen habe sie (die Beklagte) in einfachen Büro- und Verwaltungstätigkeiten, Call-Centern, verwaltenden/organisierenden Tätigkeiten, beispielsweise im Medien- oder Kulturbereich, in Tourismusbüros oder im Veranstaltungs- oder Projektmanagement gesehen. Nach objektiven Gesichtspunkten sei daher zum Zeitpunkt des Abschlusses der medizinischen Rehabilitation davon auszugehen gewesen, dass bei entsprechenden Bewerbungsbemühungen der Klägerin, flankiert mit einem eventuellen Einarbeitungszuschuss und gegebenenfalls einer Arbeitsplatzausstattung, die Vermittlung in eine leidensgerechte Tätigkeit) gute Erfolgsaussichten gehabt hätte. Auch sei angegeben worden, dass der bisherige Arbeitgeber die Möglichkeit für eine Weiterbeschäftigung nach Ablauf des befristeten Arbeitsvertrags nach Ende der Arbeitsunfähigkeit signalisiert habe. Das Gutachten des Dr. E. sei nicht schlüssig und nachvollziehbar. Er berücksichtige weder, dass eine berufstypische Tätigkeit im Büro/Verwaltung nicht zwingend in permanenter Tätigkeit am Computerbildschirm bestehe noch eine mögliche Ausgestaltung des Arbeitsplatzes zur Vermeidung von Zwangshaltungen.
Die Beklagte beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Ulm vom 15. Januar 2016 aufzuheben und die Klage abzuweisen.
Die Klägerin beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Unter Verweis auf ihr bisheriges Vorbringen hält sie das angefochtene Urteil des SG für zutreffend. Zudem habe das SG die Beklagte mit einem dieser nicht mit der Berufung angegriffenen (weiteren) Urteil vom 15. Januar 2016 (S 7 R 1476/13) verurteilt, hinsichtlich der Erbringung von Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben einen neuen Bescheid zu erteilen. Die Beklagte habe den Anspruch auf Übergangsgeld bereits dem Grunde nach dadurch anerkannt, dass sie nach Abschluss der medizinischen Rehabilitationsmaßnahmen die Qualifizierungsmaßnahme zur Medien- und Bildredakteurin bewilligt habe. Die Agentur für Arbeit G. habe weitere Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben ebenfalls für notwendig gehalten und dies der Beklagten mit Schreiben vom 25. März 2014 mitgeteilt. Die Beklagte sei untätig geblieben und habe die vorliegenden ärztlichen Befunde ignoriert.
Der Senat hat die die Klägerin betreffenden Akten der Agentur für Arbeit G. beigezogen.
Die Beteiligten haben sich mit einer Entscheidung ohne mündliche Verhandlung einverstanden erklärt.
Wegen weiterer Einzelheiten des Sachverhaltes und des Vorbringens der Beteiligten wird auf die Akten des Senats und des SG, die beigezogenen Akten der Agentur für Arbeit G. sowie die von der Beklagten vorgelegten Verwaltungsakten Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
1. Die Berufung der Beklagten, über die der Senat im Einverständnis der Beteiligten nach § 124 Abs. 2 Sozialgerichtsgesetz (SGG) durch Urteil ohne mündliche Verhandlung entschieden hat, ist zulässig. Die Beklagte hat die Berufung form- und fristgerecht eingelegt. Die Berufung bedurfte nicht der Zulassung. Der Beschwerdewert des § 144 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 SGG von EUR 750,00 ist überschritten. Ausgehend von dem bis 31. August 2011 gezahlten Übergangsgeld von EUR 36,05 kalendertäglich ergibt sich für den streitigen Zeitraum vom 1. September 2011 bis 4. März 2012 (186 Kalendertage) ein Betrag von deutlich mehr als EUR 750,00.
2. Im Berufungsverfahren ist allein über den Anspruch der Klägerin auf Übergangsgeld für die Zeit vom 1. September 2011 bis 4. März 2012 zu entscheiden. Denn der Bescheid der Beklagten vom 6. Juni 2012 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 18. April 2013, der Gegenstand des Berufungsverfahrens ist, entschied allein über diesen Anspruch für diesen Zeitraum, jedoch nicht für andere Zeiträume. Ob gegebenenfalls ergangene ablehnende Bescheide der Beklagten wegen eines Anspruchs der Klägerin auf Übergangsgeld für andere Zeiträume rechtmäßig sind, ist nicht Gegenstand des vorliegenden Berufungsverfahrens. Solche Bescheide sind nicht nach § 96 Abs. 1 SGG Gegenstand des Klage- oder Berufungsverfahrens geworden, weil jene Bescheide einen anderen Zeitraum betreffen und damit den oben genannten streitgegenständlichen Bescheid weder ändern noch ersetzen. Ob die Klägerin in anderen Zeiträumen Anspruch auf Übergangsgeld hat, hängt ausschließlich davon ab, ob die Anspruchsvoraussetzungen auch für die anderen Zeiträume gegeben sind.
3. Richtige Klageart ist die kombinierte Anfechtungs- und Leistungsklage (§ 54 Abs. 1 und 4 SGG). Für eine Leistungsklage fehlt es nicht an einem Rechtsschutzbedürfnis, weil die Klägerin im streitgegenständlichen Zeitraum bereits Arbeitslosengeld erhielt und damit jedenfalls ein Zahlungsanspruch in Höhe des bereits gezahlten Arbeitslosengeldes nach § 107 Zehntes Buch Sozialgesetzbuch (SGB X) erfüllt ist. Die Klägerin macht keinen Zahlungsanspruch, sondern die Bewilligung dem Grunde nach (§ 130 SGG) geltend und es ist nicht erkennbar, dass von vornherein jeglicher Zahlungsanspruch der Klägerin ausscheidet (vgl. Bundessozialgericht [BSG], Urteil vom 30. März 2004 – B 1 KR 30/02 R – juris, Rn. 12).
4. Die zulässige Berufung der Beklagten ist nicht begründet. Das SG hat zu Recht den Bescheid der Beklagten vom 6. Juni 2012 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 18. April 2013 aufgehoben und die Beklagte verurteilt, der Klägerin Übergangsgeld in gesetzlicher Höhe im Zeitraum vom 1. September 2011 bis einschließlich 4. März 2012 zu gewähren.
Da die Klägerin im streitgegenständlichen Zeitraum weder an einer Leistung der medizinischen Rehabilitation noch an einer Leistung zur Teilhabe am Arbeitsleben teilnahm, kommt als Anspruchsgrundlage für das begehrte Übergangsgeld nur § 51 Neuntes Buch Sozialgesetzbuch (SGB IX) in Betracht. Sind nach Abschluss von Leistungen zur medizinischen Rehabilitation oder von Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben weitere Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben erforderlich, während derer dem Grunde nach Anspruch auf Übergangsgeld besteht, und können diese aus Gründen, die die Leistungsempfänger nicht zu vertreten haben, nicht unmittelbar anschließend durchgeführt werden, wird nach § 51 Abs. 1 SGB IX u.a. das Übergangsgeld für diese Zeit weitergezahlt, wenn 1. die Leistungsempfänger arbeitsunfähig sind und keinen Anspruch auf Krankengeld mehr haben oder 2. ihnen eine zumutbare Beschäftigung aus Gründen, die sie nicht zu vertreten haben, nicht vermittelt werden kann. Die Voraussetzungen sind gegeben.
a) Am 31. August 2011 war eine Leistung der medizinischen Rehabilitation abgeschlossen. Diese der Klägerin von der Beklagten bewilligte Leistung endete planmäßig.
b) Nach Abschluss der bewilligten Leistung der medizinischen Rehabilitation waren weitere Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben erforderlich. Eine weitere Leistung zur Teilhabe am Arbeitsleben ist erforderlich, wenn deren Notwendigkeit bei Abschluss der Erstmaßnahme dem Grunde nach objektiv feststeht; es ist unerheblich, wenn die Einzelheiten der Durchführung erst später festgelegt werden (Schlette in: Schlegel/Voelzke, jurisPK-SGB IX, 2. Aufl. 2015, § 51 SGB IX, Rn. 13; Schütze in: Hauck/Noftz, SGB, 04/05, § 51 SGB IX, Rn. 7).
Nach § 16 Sechstes Buch Sozialgesetzbuch (SGB VI) erbringen die Träger der Rentenversicherung die Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben nach den §§ 33 bis 38 SGB IX. Nach § 33 Abs. 1 SGB IX werden zur Teilhabe am Arbeitsleben die erforderlichen Leistungen erbracht, um die Erwerbsfähigkeit behinderter oder von Behinderung bedrohter Menschen entsprechend ihrer Leistungsfähigkeit zu erhalten, zu verbessern, herzustellen oder wiederherzustellen und ihre Teilhabe am Arbeitsleben möglichst auf Dauer zu sichern. Den Umfang der Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben bestimmt die nicht abschließende Aufzählung des § 33 Abs. 3 SGB IX. Nach § 33 Abs. 3 Nr. 3 SGB IX umfassen die berufliche Anpassung und Weiterbildung, auch soweit die Leistungen einen zur Teilnahme erforderlichen schulischen Abschluss einschließen. Da der Anspruch auf Weiterzahlung des Übergangsgeldes nach § 51 SGB IX voraussetzt, dass für die Dauer der weiteren erforderlichen Maßnahme dem Grunde nach ein Anspruch auf Übergangsgeld besteht, kommen insoweit nicht alle dort genannten Hilfen und Leistungen in Betracht, jedenfalls aber Leistungen nach § 33 Abs. 3 Nr. 3 SGB IX (vgl. Hessisches Landessozialgericht, Urteil vom 24. Juli 2015 – L 5 R 429/12 – juris, Rn. 42).
Eine solche weitere Leistung zur Teilhabe am Arbeitsleben mit dem Anspruch auf Übergangsgeld dem Grunde nach war erforderlich. Der Senat folgt dem SG, dass dies sich schon daraus ergibt, dass die Beklagte der Klägerin mit Bescheid vom 15. Februar 2012 eine solche Maßnahme ab 5. März 2012 bewilligte. Es fehlen jegliche Anhaltspunkte dafür, dass sich die tatsächlichen Verhältnisse zwischen dem Ende der Leistung zur medizinischen Rehabilitation am 31. August 2011 und der Bewilligung der Leistung zur Teilhabe am Arbeitsleben am 15. Februar 2012 geändert hatten. Dies behauptet nicht einmal die Beklagte.
Die Klägerin konnte (auch) nach Abschluss der Leistung der medizinischen Rehabilitation am 31. August 2011 ihre letzte versicherungspflichtige Tätigkeit als Assistentin der Geschäftsführung eines Unternehmens nicht mehr ausüben. Arzt P. beurteilte in seinem Entlassungsbericht vom 14. September 2011 das Leistungsvermögen der Klägerin in dieser Tätigkeit mit unter drei Stunden täglich. Abweichende Auffassungen hierzu sind ärztlicherseits in der Folgezeit nicht vertreten worden. Arzt K. folgte dieser Beurteilung nach Kenntnis des genannten Entlassungsberichts in seinem Gutachten vom 19. Januar 2012, das er für die Agentur für Arbeit G. erstattete. Die Beklagte selbst trat dieser Einschätzung, die ihr alsbald – Eingang des genannten Entlassungsberichts bei ihr am 22. September 2011 – nach Ende der medizinischen Rehabilitationsmaßnahme bekannt war, nicht entgegen, sondern ging von ihr aus. Eine Überprüfung durch den ärztlichen Dienst der Beklagten erfolgte – jedenfalls zunächst – nicht. In einer deutlich nach dem streitgegenständlichen Zeitraum liegenden, im Rahmen eines anderen Rechtsstreits der Klägerin gegen die Beklagte abgegebenen Stellungnahme vom 6. November 2013 schloss sich Dr. Jöst der Beurteilung des Arztes P. an. Nach ihrem eigenen Vortrag im Berufungsverfahren (Seite 3 des Schriftsatzes vom 15. April 2016) prüfte die Beklagte aufgrund der im genannten Entlassungsbericht zum Zeitpunkt der Beendigung der medizinischen Rehabilitation festgestellten Leistungseinschränkungen, ob und gegebenenfalls welche Maßnahme zur Teilhabe am Arbeitsleben erforderlich sei, und stellte fest, eine weitere Qualifizierung/Umschulung zu Wiedereingliederung ins Arbeitsleben sei weder notwendig noch angezeigt gewesen. Dies vermag aufgrund der später mit Bescheid vom 15. Februar 2012 erfolgten Bewilligung bei unverändertem Leistungsvermögen der Klägerin nicht zu überzeugen. Es ist nicht erkennbar – auch die vorliegenden Akten der Beklagten ergeben hierzu keine Anhaltspunkte –, weshalb die bewilligte Leistung zur Teilhabe am Arbeitsleben erst im Februar 2012 erforderlich gewesen sein soll und nicht schon im September 2011 sowie zu jenem Zeitpunkt lediglich Vermittlungshilfen, wie sie die Beklagte mit dem Bescheid vom 26. Oktober 2011 bewilligte. Wenn die Beklagte der Auffassung ist, die Klägerin hätte mit dem im Entlassungsbericht des Arztes P. vom 14. September 2011 beschriebenen Leistungsvermögen eine Beschäftigung im Bereich Büro/Verwaltung, erforderlichenfalls unter Nutzung von Hilfsmitteln, ausüben können, bleibt unklar, weshalb die Beklagte der Klägerin dann doch die Leistung zur Teilhabe am Arbeitsleben ab 5. März 2012 bewilligte. Ausgehend von diesem Vortrag wäre diese Leistung nicht erforderlich und damit die Bewilligung rechtswidrig gewesen. Aus der Bewilligung im Februar 2012 ist vielmehr der Schluss zu ziehen, dass die Beklagte ihre ursprüngliche Feststellung, Vermittlungshilfen seien ausreichend, nachträglich als unzutreffend einstufte, weil sie erkannt hatte, dass Vermittlungshilfen allein nicht ausreichen, um die Klägerin in das Erwerbsleben wieder einzugliedern.
c) Während der erforderlichen Leistung zur Teilhabe am Arbeitsleben hatte die Klägerin Anspruch auf Übergangsgeld dem Grunde nach. Dies folgt bereits daraus, dass die Beklagte der Klägerin mit Bescheid vom 15. Mai 2012 Übergangsgeld für die am 5. März 2012 beginnende Leistung bewilligt hatte.
d) Die Klägerin hatte die zeitliche Lücke zwischen dem Ende der Leistung der medizinischen Rehabilitation und dem Beginn der Leistung zur Teilhabe am Arbeitsleben nicht zu vertreten. Ein Vertretenmüssen des Versicherten liegt – neben dem in § 51 Abs. 2 Satz 1 SGB IX vorliegend nicht einschlägig genannten Beispielsfall – vor, wenn die weitere erforderliche Leistung zur Teilhabe am Arbeitsleben aus vom Versicherten gesetzten Gründen erst später beginnen kann (vgl. Schütze in: Hauck/Noftz, SGB, 04/05, § 51 SGB IX, Rn. 9). Solche Gründe sind vorliegend nicht gegeben. Die Klägerin lehnte zu keinem Zeitpunkt eine Teilnahme an einer weiteren Leistung zur Teilhabe am Arbeitsleben ab, sondern machte vielmehr deutlich, dass sie eine solche für erforderlich hielt. Ob die Vorstellungen der Klägerin über die zu bewilligende Leistung zur Teilhabe am Arbeitsleben zutreffend waren oder nicht, ist unerheblich.
e) Der Klägerin konnte eine zumutbare Beschäftigung nicht vermittelt werden. Weder die Beklagte noch die Agentur für Arbeit G., bei der die Klägerin unmittelbar nach Ende der Leistung der medizinischen Rehabilitation ab 1. September 2011 arbeitslos gemeldet war, unterbreiteten ihr Arbeitsangebote. Dies beruhte nicht auf von der Klägerin zu vertretenden Gründen. Insbesondere stellte sich die Klägerin der Vermittlung durch die Agentur für Arbeit G. im Rahmen ihres Leistungsvermögens zur Verfügung. Dies hatte sie im erstmaligen Antrag auf Bewilligung von Arbeitslosengeld vom 16. März 2011 angegeben und im Kurz-Antrag vom 5. September 2011 auf Wiederbewilligung nach Ende der Leistung der medizinischen Rehabilitation Veränderungen verneint.
5. Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 Abs. 1 und 4 SGG.
6. Gründe, die Revision zuzulassen, liegen nicht vor.
Die Beklagte hat der Klägerin die außergerichtlichen Kosten auch des Berufungsverfahrens zu erstatten.
Tatbestand:
Zwischen den Beteiligten ist streitig, ob die Klägerin vom 1. September 2011 bis 4. März 2012 Anspruch auf Übergangsgeld dem Grunde nach hat.
Die Klägerin absolvierte nach eigenen Angaben neben Ausbildungen im Bereich der Musik (Querflöte) von November 2005 bis Mai 2006 an einer deutschen Fachhochschule ein Praxiskolleg Betriebswirtschaft (Marketing- und Vertriebsmanagement) sowie von September 2003 bis September 2007 an der Kulturakademie Lettland das Studium internationales Medien- und Kulturmanagement (Hauptfächer: Kommunikationswissenschaft, Medienmanagement und Kulturmanagement). Sie war zuletzt ab 11. August 2008 befristet als Assistentin des Vertriebsleiters eines Unternehmens für Industrieheizanlagen versicherungspflichtig beschäftigt. Am 15. September 2009 erlitt sie bei einem Auffahrunfall eine Distorsion der Halswirbelsäule infolge eines Schleudertraumas. Sie bezog aufgrund einer seit 23. September 2009 bestehenden Arbeitsunfähigkeit Krankengeld bis zur Erschöpfung des Anspruchs am 23. März 2011 sowie ab 24. März 2011 – unterbrochen durch den Bezug von Übergangsgeld vom 7. bis 14. April 2011 – jedenfalls zunächst als sogenannter Nahtlosigkeitsfall Arbeitslosengeld I. Arzt K. hielt in den für die Agentur für Arbeit G. erstatteten Gutachten vom 18. März und 9. Juni 2011 ein Leistungsvermögen der Klägerin für Tätigkeiten auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt für eine Dauer von mehr als sechs Monaten für nicht gegeben.
Vom 2. bis 31. August 2011 befand sich die Klägerin in einer Leistung der stationären medizinischen Rehabilitation, die ihr die Beklagte bewilligte. Für diesen Zeitraum zahlte die Beklagte der Klägerin Übergangsgeld in Höhe von EUR 36,05 kalendertäglich. Arzt für Orthopädie P. führte im – bei der Beklagten am 22. September 2011 eingegangenen – Entlassungsbericht vom 14. September 2011 aus, die subjektiven Beschwerden seitens der Halswirbelsäule seien gegenüber dem Aufnahmebefund unverändert. Die Klägerin werde mit mäßigem Rehabilitationsergebnis arbeitsunfähig bis zur Rekonvaleszenz in die weitere ambulante Betreuung entlassen. Unter Berücksichtigung der von der Klägerin geschilderten beruflichen Belastung, der funktionellen Einschränkungen und der belastungsabhängigen kognitiven Schwächen sei ihr die zuletzt durchgeführte Tätigkeit als Assistentin der Vertriebsleitung und Geschäftsführung nur noch unter drei Stunden täglich zuzumuten. Leichte Tätigkeiten des allgemeinen Arbeitsmarktes im Sitzen, Gehen und Stehen in Tagesschicht ohne häufiges Heben und Tragen von Lasten ohne Hilfsmittel sowie ohne Arbeiten über Kopf, über Schulter, in Augenhöhe (Armhaltearbeiten) und mit erforderlichem Reklinieren der Halswirbelsäule seien sechs Stunden und mehr täglich möglich. Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben in Form von Reintegrationsmaßnahmen auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt würden empfohlen.
Ab 1. September 2011 bewilligte die Agentur für Arbeit G. der Klägerin erneut Arbeitslosengeld I in Höhe von EUR 29,19 kalendertäglich (Bescheid vom 5. September 2011). In Auswertung des zuvor genannten Entlassungsberichts kam Arzt K. im Gutachten vom 19. Januar 2012 zum Ergebnis, die zuletzt ausgeübte Tätigkeit könne die Klägerin nicht weiter verrichten. Es liege jedoch ein vollschichtiges Leistungsvermögen für leichte körperliche Arbeiten unter Beachtung der genannten Einschränkungen vor. Das Leistungsvermögen sei nicht gänzlich aufgehoben. In einem weiteren Gutachten vom 7. November 2013 wiederholte er diese Einschätzung des Leistungsvermögens der Klägerin.
Auf Bitte der Klägerin erfolgte am 18. Oktober 2011 ein Beratungsgespräch bei der Beklagten, in welchem die Klägerin äußerte, ein Studium der Psychologie anzustreben. Die Beklagte erläuterte der Klägerin, dass eine Leitung oder eine organisatorische Tätigkeit im Musikbereich sowie gehobene Bürotätigkeiten mit technischen Hilfsmitteln angedacht werden könnten und sagte einen Bescheid über Vermittlungshilfen zu. Sie stellte der Klägerin befristet bis 31. Oktober 2014 Leistungen zur Erlangung eines Arbeitsplatzes als Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben in Aussicht und erklärte sich bereit, einen Eingliederungszuschuss an den Arbeitgeber zu leisten (Bescheid vom 26. Oktober 2011). In der Folge wandte sich die Klägerin weiter an die Beklagte mit der Bitte um Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben und wies auf einzelne Maßnahmen hin. Die Beklagte bewilligte ihr nach einem weiteren Beratungsgespräch am 7. Februar 2012 als Leistung zur Teilhabe am Arbeitsleben als Weiterbildung ein Seminar zum Medien- und Bildredakteur für die Zeit vom 5. März 2012 bis voraussichtlich 23. November 2012 (Bescheid vom 15. Februar 2012). Ab 5. März 2012 nahm die Klägerin in dieser Maßnahme teil. Die Agentur für Arbeit G. hob daraufhin ab 5. März 2012 die Zahlung von Arbeitslosengeld I auf (Bescheid vom 28. Februar 2012). Die Beklagte bewilligte der Klägerin ab 5. März 2012 Übergangsgeld in Höhe von EUR 51,87 kalendertäglich (Bescheid vom 15. Mai 2012).
Die Klägerin machte am 4. und 18. April 2012 telefonisch sowie mit E-Mail vom 23. Mai 2012 einen Anspruch auf Übergangsgeld auch für die Zeit vom 1. September 2011 bis 4. März 2012 geltend. Mit Bescheid vom 6. Juni 2012 lehnte es die Beklagte ab, Übergangsgeld für diesen Zeitraum zu bewilligen. Die Widerspruchsstelle der Beklagten wies den Widerspruch der Klägerin zurück (Widerspruchsbescheid vom 18. April 2013). Zur Begründung führte sie – wie teilweise bereits im angefochtenen Bescheid – aus, der Entlassungsbericht (des Arztes P. vom 14. September 2011) habe Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben in Form einer Reintegrationsmaßnahme empfohlen. Bei Abschluss der medizinischen Rehabilitation sei noch nicht geprüft gewesen, ob Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben in Betracht kommen würden. Nach ihrer (der Beklagten) Einschätzung sei eine weitere berufliche Qualifizierung nicht notwendig, da bereits zahlreiche Qualifikationen vorlägen. Aufgrund der entsprechenden Ausbildungen sei eine Wiedereingliederung bzw. Vermittlung in das Berufsleben durchaus möglich gewesen. Nach eigener Einschätzung der Klägerin komme aber lediglich ein Studium der Psychologie zur endgültigen Wiedereingliederung ins Berufsleben infrage. Als Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben seien Vermittlungshilfen bewilligt worden. Erst im Laufe der weiteren Beratungsgespräche habe sich die Klägerin für eine Qualifizierung zur Medien- und Bildredakteurin entschieden. Bei Abschluss der medizinischen Rehabilitationsleistung seien weitere konkrete Maßnahmen für Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben also weder erforderlich noch bekannt gewesen. Vermittlungshilfen seien im Übrigen keine Maßnahmen, die eine Zahlung von Übergangsgeld auslösen könnten.
Hiergegen erhob die Klägerin am 21. Mai 2013 (Dienstag nach Pfingsten) Klage beim Sozialgericht Ulm (SG). Die Beurteilung im Entlassungsbericht des Arztes P. vom 14. September 2011 für die Tätigkeit als Assistentin der Vertriebsleitung und Geschäftsführung könne auf jede andere Bürotätigkeit ausgedehnt werden. Ausgeschlossen seien deshalb sämtliche Tätigkeiten, die eine Tätigkeit am PC erforderlich machten sowie auch die Tätigkeit als Musikerin (Querflöte), da insbesondere die obere Halswirbelsäule ständig belastet werde. Auch der ärztliche Dienst der Agentur für Arbeit G. habe bestätigt, dass sie auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt nicht vermittelbar sei. Nach dem 31. August 2011 seien berufsfördernde Leistungen objektiv gegeben und für die Beklagte auch feststellbar gewesen. Nach der Rehabilitationsmaßnahme (bis 31. August 2011) habe sie weder Ansprüche auf Krankengeld gehabt, noch sei sie arbeitsfähig gewesen. Die Klägerin legte unter anderem die Stellungnahme des Orthopäden Dr. Tempelhof vom 1. Juni 2012 (aus orthopädischer Sicht sei eine Tätigkeit, die vornehmlich sitzend am PC in Zwangshaltungen ausgeführt werde, aufgrund der vorliegenden Beschwerdesymptomatik nicht geeignet) und die ärztliche Bescheinigung des Orthopäden Dr. Pa. vom 2. Oktober 2014 (aufgrund von Unfallfolgen vom 23. September 2009 bis 5. März 2012 krankgeschrieben) vor.
Die Beklagte verwies auf den Widerspruchsbescheid. Die Zahlung von Übergangsgeld zwischen medizinischen Rehabilitationsmaßnahmen und einem Vermittlungsbescheid sei nicht möglich, da konkrete Maßnahmen zum Zeitpunkt der Gültigkeit des Vermittlungsbescheides weder angetreten gewesen seien noch hätten bekannt sein können.
Das SG zog das Gutachten des Orthopäden Dr. E. vom 28. Juli 2015 bei, das dieser aufgrund einer ambulanten Untersuchung der Klägerin am 7. Juli 2015 im beim SG anhängig gewesenen Klageverfahren S 7 R 1476/13 betreffend die Ablehnung der Bewilligung von Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben für ein Studium der Psychologie erstattet hatte. Er diagnostizierte funktionelle Störungen der Cervicalsegmente des atlantooccipitalen Überganges und der Segmente C2 bis C4 mit lokaler und pseudoradikulärer linksseitigbetonter Facettenschmerzsymptomatik mit Bewegungseinschränkung sowie Bandscheibenvorfälle der Halswirbelsäule in den Höhen C6/C7 und C7/Th1 mit sensiblen Wurzelreizungen C7/C8 in den linken Arm. Er führte unter anderem aus, aus dem (im Entlassungsbericht des Arztes P. vom 14. September 2011) festgestellten reduzierten Leistungsvermögen der Klägerin aufgrund der Funktionsstörungen der Halswirbelsäule habe sich bereits zu diesem Zeitpunkt ergeben, dass qualifizierende Maßnahmen im Rahmen von Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben notwendig seien.
Mit Urteil vom 15. Januar 2016 hob das SG den Bescheid der Beklagten vom 6. Juni 2012 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 18. April 2013 auf und verurteilte die Beklagte, der Klägerin Übergangsgeld in gesetzlicher Höhe im Zeitraum vom 1. September 2011 bis einschließlich 4. März 2012 zu gewähren. Die Voraussetzungen für Übergangsgeld seien für den genannten Zeitraum erfüllt. Die Klägerin habe am 31. August 2011 eine Maßnahme zur medizinischen Rehabilitation abgeschlossen, während der sie Übergangsgeld erhalten habe. Im Anschluss daran sei eine weitere (nunmehr berufliche) Rehabilitationsmaßnahme erforderlich gewesen, welche einen Anspruch auf Übergangsgeld begründet hätte. Letztlich habe auch die Beklagte die Notwendigkeit einer Umschulung nach der medizinischen Rehabilitation durch den Bescheid vom 15. Februar 2012 anerkannt. Die Notwendigkeit qualifizierender Teilhabeleistungen habe bereits bei Abschluss der medizinischen Rehabilitation festgestanden. Dies ergebe sich, soweit es um eine medizinische Frage gehe, aus dem schlüssigen und nachvollziehbaren Gutachten des Dr. E ... Da sich die im Entlassungsbericht des Dr. P. vom 14. September 2011 beschriebene medizinische Situation nicht verändert habe, beruhe auch der Bescheid vom 15. Februar 2012 auf der gleichen medizinischen Sachlage, die bereits bei der Beendigung der (medizinischen) Rehabilitation vorgelegen habe. Es sei nicht davon auszugehen, dass die ausschließliche Erbringung von Vermittlungshilfen zum damaligen Zeitpunkt erfolgversprechend gewesen sei. Die Vermittlung im musikalischen Bereich sei von Anfang an ohne Erfolgsaussichten gewesen. Auch für Vermittlungen im kaufmännisch/betriebswirtschaftlichen Bereich hätten keine realistischen Integrationschancen ohne eine zusätzliche Qualifizierung bestanden. Die gesundheitsbedingte Einschränkung hinsichtlich Tätigkeiten an Bildschirmarbeitsplätzen reduziere die Anzahl in Frage kommender Stellen in diesem Segment enorm. Zudem verfüge die Klägerin weder über eine kaufmännische Berufsausbildung noch über einen klassischen betriebswirtschaftlichen Universitäts- oder Fachschulabschluss. Der vorhandene Magisterabschluss sei relativ speziell und stamme aus Osteuropa, was bei Arbeitgebern gewisse Zweifel an der vorliegenden Qualifikation auslösen dürfte. Vom Lebenslauf her sei die Klägerin eine Quereinsteigerin im kaufmännischen/betriebswirtschaftlichen Bereich. Die Vermittlung in andere Bereiche des Arbeitslebens ohne Qualifizierung sei angesichts der Vorkenntnisse und Einschränkungen der Klägerin nicht in Betracht gekommen. Dafür, dass die Notwendigkeit qualifizierender Teilhabeleistungen bereits bei Abschluss der medizinischen Rehabilitation festgestanden habe, spreche im Übrigen auch die nachträgliche Gewährung einer Umschulung mangels erfolgreicher Vermittlung der Klägerin ohne weitere Qualifizierung. Entgegen der Auffassung der Beklagten komme es nicht darauf an, ob eine konkrete Maßnahme eingetreten oder bekannt sei, sondern allein auf die objektive Erforderlichkeit einer weiteren Maßnahme. Die Klägerin habe die zeitliche Verzögerung zwischen der medizinischen Rehabilitation und der am 5. März 2012 begonnenen Umschulungsmaßnahme nicht zu vertreten. Deren Gewährung sei durch die Beklagte verzögert worden. Die Klägerin sei auch arbeitsunfähig gewesen und habe ihren Anspruch auf Krankengeld erschöpft. Dies ergebe sich aus dem Entlassungsbericht (des Arztes P. vom 14. September 2011) und dem Attest des Dr. Pa ...
Gegen das ihr am 29. Januar 2016 zugestellte Urteil hat die Beklagte am 18. Februar 2016 Berufung eingelegt. Sie ist weiterhin der Auffassung, bei Abschluss der medizinischen Rehabilitationsmaßnahme habe objektiv nicht festgestanden und es sei auch nicht absehbar gewesen, dass qualifizierende Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben mit Anspruch auf Übergangsgeld notwendig gewesen seien. Ein leidensgerechter Arbeitsplatz sei für die Wiedereingliederung der arbeitslosen Klägerin ins Erwerbsleben mit dem Bezugsberuf als Assistentin der Geschäftsführung erforderlich gewesen. Die festgestellten funktionellen Einschränkungen bei Abschluss der medizinischen Rehabilitationsmaßnahme hätten einer berufstypischen Beschäftigung im Bezugsberuf im Bereich Büro/Verwaltung (z.B. auch im Bereich Kultur/Musikschule/Veranstaltungen) nicht entgegengestanden. Hilfsmittel wie ein höhenverstellbarer Schreibtisch, ein Headset für das Telefon, spezielle Tastaturen oder Software wie Texterkennung ermöglichten gerade in diesem Bereich die Tätigkeit im Wechsel zwischen Sitzen, Stehen und Gehen sowie die Vermeidung von Zwangshaltungen. Die Klägerin könne zudem Kompetenzen als Musikdozentin, betriebswirtschaftliche Kenntnisse, den Magister in Medien- und Kulturmanagement und Berufserfahrungen im Hotelgewerbe, bei einer Musikschule, bei einer Heilmittelfabrik und im Bezugsberuf als Assistentin der Vertriebsleitung/Geschäftsführung mit Schreibarbeiten am Computer, Telefon und üblicherweise auch Organisation mit einbringen. Vermittlungschancen habe sie (die Beklagte) in einfachen Büro- und Verwaltungstätigkeiten, Call-Centern, verwaltenden/organisierenden Tätigkeiten, beispielsweise im Medien- oder Kulturbereich, in Tourismusbüros oder im Veranstaltungs- oder Projektmanagement gesehen. Nach objektiven Gesichtspunkten sei daher zum Zeitpunkt des Abschlusses der medizinischen Rehabilitation davon auszugehen gewesen, dass bei entsprechenden Bewerbungsbemühungen der Klägerin, flankiert mit einem eventuellen Einarbeitungszuschuss und gegebenenfalls einer Arbeitsplatzausstattung, die Vermittlung in eine leidensgerechte Tätigkeit) gute Erfolgsaussichten gehabt hätte. Auch sei angegeben worden, dass der bisherige Arbeitgeber die Möglichkeit für eine Weiterbeschäftigung nach Ablauf des befristeten Arbeitsvertrags nach Ende der Arbeitsunfähigkeit signalisiert habe. Das Gutachten des Dr. E. sei nicht schlüssig und nachvollziehbar. Er berücksichtige weder, dass eine berufstypische Tätigkeit im Büro/Verwaltung nicht zwingend in permanenter Tätigkeit am Computerbildschirm bestehe noch eine mögliche Ausgestaltung des Arbeitsplatzes zur Vermeidung von Zwangshaltungen.
Die Beklagte beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Ulm vom 15. Januar 2016 aufzuheben und die Klage abzuweisen.
Die Klägerin beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Unter Verweis auf ihr bisheriges Vorbringen hält sie das angefochtene Urteil des SG für zutreffend. Zudem habe das SG die Beklagte mit einem dieser nicht mit der Berufung angegriffenen (weiteren) Urteil vom 15. Januar 2016 (S 7 R 1476/13) verurteilt, hinsichtlich der Erbringung von Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben einen neuen Bescheid zu erteilen. Die Beklagte habe den Anspruch auf Übergangsgeld bereits dem Grunde nach dadurch anerkannt, dass sie nach Abschluss der medizinischen Rehabilitationsmaßnahmen die Qualifizierungsmaßnahme zur Medien- und Bildredakteurin bewilligt habe. Die Agentur für Arbeit G. habe weitere Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben ebenfalls für notwendig gehalten und dies der Beklagten mit Schreiben vom 25. März 2014 mitgeteilt. Die Beklagte sei untätig geblieben und habe die vorliegenden ärztlichen Befunde ignoriert.
Der Senat hat die die Klägerin betreffenden Akten der Agentur für Arbeit G. beigezogen.
Die Beteiligten haben sich mit einer Entscheidung ohne mündliche Verhandlung einverstanden erklärt.
Wegen weiterer Einzelheiten des Sachverhaltes und des Vorbringens der Beteiligten wird auf die Akten des Senats und des SG, die beigezogenen Akten der Agentur für Arbeit G. sowie die von der Beklagten vorgelegten Verwaltungsakten Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
1. Die Berufung der Beklagten, über die der Senat im Einverständnis der Beteiligten nach § 124 Abs. 2 Sozialgerichtsgesetz (SGG) durch Urteil ohne mündliche Verhandlung entschieden hat, ist zulässig. Die Beklagte hat die Berufung form- und fristgerecht eingelegt. Die Berufung bedurfte nicht der Zulassung. Der Beschwerdewert des § 144 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 SGG von EUR 750,00 ist überschritten. Ausgehend von dem bis 31. August 2011 gezahlten Übergangsgeld von EUR 36,05 kalendertäglich ergibt sich für den streitigen Zeitraum vom 1. September 2011 bis 4. März 2012 (186 Kalendertage) ein Betrag von deutlich mehr als EUR 750,00.
2. Im Berufungsverfahren ist allein über den Anspruch der Klägerin auf Übergangsgeld für die Zeit vom 1. September 2011 bis 4. März 2012 zu entscheiden. Denn der Bescheid der Beklagten vom 6. Juni 2012 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 18. April 2013, der Gegenstand des Berufungsverfahrens ist, entschied allein über diesen Anspruch für diesen Zeitraum, jedoch nicht für andere Zeiträume. Ob gegebenenfalls ergangene ablehnende Bescheide der Beklagten wegen eines Anspruchs der Klägerin auf Übergangsgeld für andere Zeiträume rechtmäßig sind, ist nicht Gegenstand des vorliegenden Berufungsverfahrens. Solche Bescheide sind nicht nach § 96 Abs. 1 SGG Gegenstand des Klage- oder Berufungsverfahrens geworden, weil jene Bescheide einen anderen Zeitraum betreffen und damit den oben genannten streitgegenständlichen Bescheid weder ändern noch ersetzen. Ob die Klägerin in anderen Zeiträumen Anspruch auf Übergangsgeld hat, hängt ausschließlich davon ab, ob die Anspruchsvoraussetzungen auch für die anderen Zeiträume gegeben sind.
3. Richtige Klageart ist die kombinierte Anfechtungs- und Leistungsklage (§ 54 Abs. 1 und 4 SGG). Für eine Leistungsklage fehlt es nicht an einem Rechtsschutzbedürfnis, weil die Klägerin im streitgegenständlichen Zeitraum bereits Arbeitslosengeld erhielt und damit jedenfalls ein Zahlungsanspruch in Höhe des bereits gezahlten Arbeitslosengeldes nach § 107 Zehntes Buch Sozialgesetzbuch (SGB X) erfüllt ist. Die Klägerin macht keinen Zahlungsanspruch, sondern die Bewilligung dem Grunde nach (§ 130 SGG) geltend und es ist nicht erkennbar, dass von vornherein jeglicher Zahlungsanspruch der Klägerin ausscheidet (vgl. Bundessozialgericht [BSG], Urteil vom 30. März 2004 – B 1 KR 30/02 R – juris, Rn. 12).
4. Die zulässige Berufung der Beklagten ist nicht begründet. Das SG hat zu Recht den Bescheid der Beklagten vom 6. Juni 2012 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 18. April 2013 aufgehoben und die Beklagte verurteilt, der Klägerin Übergangsgeld in gesetzlicher Höhe im Zeitraum vom 1. September 2011 bis einschließlich 4. März 2012 zu gewähren.
Da die Klägerin im streitgegenständlichen Zeitraum weder an einer Leistung der medizinischen Rehabilitation noch an einer Leistung zur Teilhabe am Arbeitsleben teilnahm, kommt als Anspruchsgrundlage für das begehrte Übergangsgeld nur § 51 Neuntes Buch Sozialgesetzbuch (SGB IX) in Betracht. Sind nach Abschluss von Leistungen zur medizinischen Rehabilitation oder von Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben weitere Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben erforderlich, während derer dem Grunde nach Anspruch auf Übergangsgeld besteht, und können diese aus Gründen, die die Leistungsempfänger nicht zu vertreten haben, nicht unmittelbar anschließend durchgeführt werden, wird nach § 51 Abs. 1 SGB IX u.a. das Übergangsgeld für diese Zeit weitergezahlt, wenn 1. die Leistungsempfänger arbeitsunfähig sind und keinen Anspruch auf Krankengeld mehr haben oder 2. ihnen eine zumutbare Beschäftigung aus Gründen, die sie nicht zu vertreten haben, nicht vermittelt werden kann. Die Voraussetzungen sind gegeben.
a) Am 31. August 2011 war eine Leistung der medizinischen Rehabilitation abgeschlossen. Diese der Klägerin von der Beklagten bewilligte Leistung endete planmäßig.
b) Nach Abschluss der bewilligten Leistung der medizinischen Rehabilitation waren weitere Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben erforderlich. Eine weitere Leistung zur Teilhabe am Arbeitsleben ist erforderlich, wenn deren Notwendigkeit bei Abschluss der Erstmaßnahme dem Grunde nach objektiv feststeht; es ist unerheblich, wenn die Einzelheiten der Durchführung erst später festgelegt werden (Schlette in: Schlegel/Voelzke, jurisPK-SGB IX, 2. Aufl. 2015, § 51 SGB IX, Rn. 13; Schütze in: Hauck/Noftz, SGB, 04/05, § 51 SGB IX, Rn. 7).
Nach § 16 Sechstes Buch Sozialgesetzbuch (SGB VI) erbringen die Träger der Rentenversicherung die Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben nach den §§ 33 bis 38 SGB IX. Nach § 33 Abs. 1 SGB IX werden zur Teilhabe am Arbeitsleben die erforderlichen Leistungen erbracht, um die Erwerbsfähigkeit behinderter oder von Behinderung bedrohter Menschen entsprechend ihrer Leistungsfähigkeit zu erhalten, zu verbessern, herzustellen oder wiederherzustellen und ihre Teilhabe am Arbeitsleben möglichst auf Dauer zu sichern. Den Umfang der Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben bestimmt die nicht abschließende Aufzählung des § 33 Abs. 3 SGB IX. Nach § 33 Abs. 3 Nr. 3 SGB IX umfassen die berufliche Anpassung und Weiterbildung, auch soweit die Leistungen einen zur Teilnahme erforderlichen schulischen Abschluss einschließen. Da der Anspruch auf Weiterzahlung des Übergangsgeldes nach § 51 SGB IX voraussetzt, dass für die Dauer der weiteren erforderlichen Maßnahme dem Grunde nach ein Anspruch auf Übergangsgeld besteht, kommen insoweit nicht alle dort genannten Hilfen und Leistungen in Betracht, jedenfalls aber Leistungen nach § 33 Abs. 3 Nr. 3 SGB IX (vgl. Hessisches Landessozialgericht, Urteil vom 24. Juli 2015 – L 5 R 429/12 – juris, Rn. 42).
Eine solche weitere Leistung zur Teilhabe am Arbeitsleben mit dem Anspruch auf Übergangsgeld dem Grunde nach war erforderlich. Der Senat folgt dem SG, dass dies sich schon daraus ergibt, dass die Beklagte der Klägerin mit Bescheid vom 15. Februar 2012 eine solche Maßnahme ab 5. März 2012 bewilligte. Es fehlen jegliche Anhaltspunkte dafür, dass sich die tatsächlichen Verhältnisse zwischen dem Ende der Leistung zur medizinischen Rehabilitation am 31. August 2011 und der Bewilligung der Leistung zur Teilhabe am Arbeitsleben am 15. Februar 2012 geändert hatten. Dies behauptet nicht einmal die Beklagte.
Die Klägerin konnte (auch) nach Abschluss der Leistung der medizinischen Rehabilitation am 31. August 2011 ihre letzte versicherungspflichtige Tätigkeit als Assistentin der Geschäftsführung eines Unternehmens nicht mehr ausüben. Arzt P. beurteilte in seinem Entlassungsbericht vom 14. September 2011 das Leistungsvermögen der Klägerin in dieser Tätigkeit mit unter drei Stunden täglich. Abweichende Auffassungen hierzu sind ärztlicherseits in der Folgezeit nicht vertreten worden. Arzt K. folgte dieser Beurteilung nach Kenntnis des genannten Entlassungsberichts in seinem Gutachten vom 19. Januar 2012, das er für die Agentur für Arbeit G. erstattete. Die Beklagte selbst trat dieser Einschätzung, die ihr alsbald – Eingang des genannten Entlassungsberichts bei ihr am 22. September 2011 – nach Ende der medizinischen Rehabilitationsmaßnahme bekannt war, nicht entgegen, sondern ging von ihr aus. Eine Überprüfung durch den ärztlichen Dienst der Beklagten erfolgte – jedenfalls zunächst – nicht. In einer deutlich nach dem streitgegenständlichen Zeitraum liegenden, im Rahmen eines anderen Rechtsstreits der Klägerin gegen die Beklagte abgegebenen Stellungnahme vom 6. November 2013 schloss sich Dr. Jöst der Beurteilung des Arztes P. an. Nach ihrem eigenen Vortrag im Berufungsverfahren (Seite 3 des Schriftsatzes vom 15. April 2016) prüfte die Beklagte aufgrund der im genannten Entlassungsbericht zum Zeitpunkt der Beendigung der medizinischen Rehabilitation festgestellten Leistungseinschränkungen, ob und gegebenenfalls welche Maßnahme zur Teilhabe am Arbeitsleben erforderlich sei, und stellte fest, eine weitere Qualifizierung/Umschulung zu Wiedereingliederung ins Arbeitsleben sei weder notwendig noch angezeigt gewesen. Dies vermag aufgrund der später mit Bescheid vom 15. Februar 2012 erfolgten Bewilligung bei unverändertem Leistungsvermögen der Klägerin nicht zu überzeugen. Es ist nicht erkennbar – auch die vorliegenden Akten der Beklagten ergeben hierzu keine Anhaltspunkte –, weshalb die bewilligte Leistung zur Teilhabe am Arbeitsleben erst im Februar 2012 erforderlich gewesen sein soll und nicht schon im September 2011 sowie zu jenem Zeitpunkt lediglich Vermittlungshilfen, wie sie die Beklagte mit dem Bescheid vom 26. Oktober 2011 bewilligte. Wenn die Beklagte der Auffassung ist, die Klägerin hätte mit dem im Entlassungsbericht des Arztes P. vom 14. September 2011 beschriebenen Leistungsvermögen eine Beschäftigung im Bereich Büro/Verwaltung, erforderlichenfalls unter Nutzung von Hilfsmitteln, ausüben können, bleibt unklar, weshalb die Beklagte der Klägerin dann doch die Leistung zur Teilhabe am Arbeitsleben ab 5. März 2012 bewilligte. Ausgehend von diesem Vortrag wäre diese Leistung nicht erforderlich und damit die Bewilligung rechtswidrig gewesen. Aus der Bewilligung im Februar 2012 ist vielmehr der Schluss zu ziehen, dass die Beklagte ihre ursprüngliche Feststellung, Vermittlungshilfen seien ausreichend, nachträglich als unzutreffend einstufte, weil sie erkannt hatte, dass Vermittlungshilfen allein nicht ausreichen, um die Klägerin in das Erwerbsleben wieder einzugliedern.
c) Während der erforderlichen Leistung zur Teilhabe am Arbeitsleben hatte die Klägerin Anspruch auf Übergangsgeld dem Grunde nach. Dies folgt bereits daraus, dass die Beklagte der Klägerin mit Bescheid vom 15. Mai 2012 Übergangsgeld für die am 5. März 2012 beginnende Leistung bewilligt hatte.
d) Die Klägerin hatte die zeitliche Lücke zwischen dem Ende der Leistung der medizinischen Rehabilitation und dem Beginn der Leistung zur Teilhabe am Arbeitsleben nicht zu vertreten. Ein Vertretenmüssen des Versicherten liegt – neben dem in § 51 Abs. 2 Satz 1 SGB IX vorliegend nicht einschlägig genannten Beispielsfall – vor, wenn die weitere erforderliche Leistung zur Teilhabe am Arbeitsleben aus vom Versicherten gesetzten Gründen erst später beginnen kann (vgl. Schütze in: Hauck/Noftz, SGB, 04/05, § 51 SGB IX, Rn. 9). Solche Gründe sind vorliegend nicht gegeben. Die Klägerin lehnte zu keinem Zeitpunkt eine Teilnahme an einer weiteren Leistung zur Teilhabe am Arbeitsleben ab, sondern machte vielmehr deutlich, dass sie eine solche für erforderlich hielt. Ob die Vorstellungen der Klägerin über die zu bewilligende Leistung zur Teilhabe am Arbeitsleben zutreffend waren oder nicht, ist unerheblich.
e) Der Klägerin konnte eine zumutbare Beschäftigung nicht vermittelt werden. Weder die Beklagte noch die Agentur für Arbeit G., bei der die Klägerin unmittelbar nach Ende der Leistung der medizinischen Rehabilitation ab 1. September 2011 arbeitslos gemeldet war, unterbreiteten ihr Arbeitsangebote. Dies beruhte nicht auf von der Klägerin zu vertretenden Gründen. Insbesondere stellte sich die Klägerin der Vermittlung durch die Agentur für Arbeit G. im Rahmen ihres Leistungsvermögens zur Verfügung. Dies hatte sie im erstmaligen Antrag auf Bewilligung von Arbeitslosengeld vom 16. März 2011 angegeben und im Kurz-Antrag vom 5. September 2011 auf Wiederbewilligung nach Ende der Leistung der medizinischen Rehabilitation Veränderungen verneint.
5. Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 Abs. 1 und 4 SGG.
6. Gründe, die Revision zuzulassen, liegen nicht vor.
Rechtskraft
Aus
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BWB
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