L 8 U 1754/16

Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Unfallversicherung
Abteilung
8
1. Instanz
SG Stuttgart (BWB)
Aktenzeichen
S 1 U 6869/14
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 8 U 1754/16
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Leitsätze
Ein Unternehmen, das die planmäßige, zum Wohl der Allgemeinheit und nicht – allein – zum Zwecke des Erwerbes ausgeübte unmittelbare vorbeugende oder abhelfende Hilfeleistung für notleidende oder (hier gesundheitlich) gefährdete Mitmenschen zum Zweck hat, gehört zur Wohlfahrtspflege.
Dabei kommt dem Aspekt der fehlenden Erwerbsausübung große Bedeutung zu, wenn das Unternehmen ohne Gewinnerzielungsabsicht betrieben wird. Dieses Merkmal hat aber keine Ausschlusswirkung für die positive Feststellung der Wohlfahrtspflege, wenn eine Gewinnabsicht zu bejahen ist, sofern diese nicht den Unternehmenszweck dominiert oder das soziale Gepräge in den Hintergrund drängt.
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Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Sozialgerichts Stuttgart vom 23.03.2016 wird zurückgewiesen. Die Klägerin trägt die Kosten des Verfahrens in beiden Rechtszügen mit Ausnahme der außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen, die diese auf sich behält. Der Streitwert wird für das Berufungsverfahren endgültig auf 33.005,82 EUR festgesetzt.

Tatbestand:

Zwischen den Beteiligten ist streitig, ob die als Mitglied der Beklagten geführte Klägerin an die Beigeladene zu überweisen ist.

Die Klägerin ist eine gemeinnützige GmbH, deren Gesellschafter das Sozialunternehmen N. A. gGmbH und das Behindertenzentrum S. e.V. sind. Die Gesellschaft wurde im September 2004 gegründet und bot zunächst behinderten Menschen Beschäftigungen u.a. in der Holzproduktion und der Vermarktung von Möbeln. Seit 2013 betreibt die Klägerin auch mehrere C.-Lebensmittelläden. Insgesamt besteht die Klägerin aktuell aus den Unternehmensbereichen Holzverarbeitung, C. Lebensmittelmärkte, Garten und Natur, EBI Raumausstattung und Malerwerkstatt (vgl. den Internetauftritt der Klägerin unter http://www.n ...de/index.php), in denen zu einem hohen Anteil behinderte Menschen beschäftigt sind (vgl. Internetauftritt der Klägerin). Im Internet beschreibt sich die Klägerin wie folgt: "Um die Berufschancen für Menschen mit Behinderung in der Region S. zu verbessern, hat das Sozialunternehmen N. gGmbH zusammen mit dem Behindertenzentrum S. e.V. im September 2004 die "N. – U. f. I. gGmbH" gegründet. Dabei ist die N. Arbeit an diesem Projekt zu 80 Prozent beteiligt, das Behindertenzentrum S. e.V. zu 20 Prozent. In der N. sind langzeitarbeitslose und behinderte Menschen in der Holzverarbeitung und in C.-Lebensmittelmärkten tätig. Der Unternehmensauftrag der N. gGmbH ist es, Arbeitsplätze zu schaffen und benachteiligten Menschen die Integration in die Arbeitswelt zu ermöglichen. Die Arbeiten in der Holzverarbeitung und den C.-Lebensmittelmärkten sind einfach und stellen ausreichend geeignete Arbeitsplätze für den sozialen Auftrag bereit."

Der Gesellschaftsvertrag enthält – auch in der aktuell gültigen Fassung folgende Regelungen: Präambel Ein sichtbares Zeichen christlichen Glaubens ist die praktizierte Nächstenliebe. Das Unternehmen versteht sich als Wesens- und Lebensäußerung der Evangelischen Landeskirche in Württemberg. In diesem Sinne fühlt sich die Firma "N. Unternehmen für Integration gGmbH" besonders den Menschen mit Behinderung verpflichtet und versucht, gesellschaftliche Teilhabe durch Perspektive auf Arbeit umzusetzen. N. versteht sich in allen Einrichtungen als Werk der christlichen Gemeinde. Das Unternehmen nimmt teil am Auftrag der Kirche und ist Mitglied im jeweiligen Diakonischen Werk der jeweiligen Landeskirche, auf dessen Gebiet es tätig ist.

§ 1 Firma und Sitz

§ 2 Gegenstand des Unternehmens Das Unternehmen verfolgt ausschließlich und unmittelbar gemeinnützige und kirchliche Zwecke im Sinne des Abschnitts "Steuerbegünstigte Zwecke" der Abgabenordnung; das Unternehmen ist damit selbstlos tätig. Das Unternehmen verfolgt nicht in erster Linie eigenwirtschaftliche Zwecke. Der Satzungszweck des Unternehmens wird insbesondere dadurch verwirklicht, dass die Gesellschaft: a) schwerbehinderte Menschen fördert. b) Regelarbeitsplätze für besonders betroffene schwerbehinderte Menschen im Sinne des § 132 SGB IX Abs. 1 anbietet. Der Anteil d. schwerbehinderten Beschäftigten soll mindestens 40% v. H. aller Beschäftigten betragen. c) Ausbildungsplätze für Behinderte und schwer vermittelbare Jugendliche bereitstellt. d) Praktika und Erprobungsmaßnahmen für WfBM-Beschäftigte einrichten wird. Die Gesellschaft darf andere Unternehmen gleicher oder ähnlicher Art erwerben, vertreten oder sich an solchen Unternehmen beteiligen. Sie darf auch Geschäfte vornehmen, die der Erreichung und Förderung des Unternehmenszwecks dienlich sein können. Sie darf auch Zweigniederlassungen errichten. Mittel der Gesellschaft dürfen nur für die gesellschaftsvertraglichen Zwecke verwendet werden. Es darf keine Person durch Ausgaben, die dem Zweck der Gesellschaft fremd sind oder durch unverhältnismäßig hohe Vergütungen begünstigt werden."

Zur Verwirklichung ihres Unternehmensgegenstandes beschäftigte die Klägerin zunächst Langzeitarbeitslose und behinderte Menschen in der Holzproduktion. Zum 01.11.2013 übernahm sie mehrere C.-Lebensmittelmärkte, wo dauerhaft sozialversicherungspflichtige Beschäftigungsverhältnisse für behinderte Menschen geschaffen werden sollen (aktuelle Standorte laut Internetsite: B., B., E. , G.-H., K., M. G. K., M., M.-L., M., S. , S.-F. , S.-G. , S.-H., S.-R., S.-W., W.-B.).

Mit Schreiben vom 11.04.2012 teilte die Verwaltungs-Berufsgenossenschaft (VBG), bei der die Klägerin zunächst Mitglied war, der Beklagten mit, sie halte sich für das Unternehmen der Klägerin nicht für zuständig (dazu vgl. auch den Bescheid der VBG vom 17.07.2012, Blatt 24 der Beklagtenakte). Die Beklagte leitete daraufhin ein Prüfungsverfahren ein und stellte mit Bescheid vom 07.02.2013 (Blatt 25 der Beklagtenakte) ihre Zuständigkeit mit Wirkung vom 01.01.2013 fest. Der hiergegen geführte Widerspruch (Blatt 31 der Beklagtenakte) wurde zurückgenommen (Blatt 42 der Beklagtenakte). Hinsichtlich des Veranlagungsbescheids vom 07.02.2013 (Blatt 26 der Beklagtenakte) und des Beitragsbescheids vom 23.04.2014 (Blatt 98 der Beklagtenakte) waren bzw. sind Rechtsstreite beim Sozialgericht (SG) Stuttgart anhängig (S 21 U 1609/14 ( nach Mitteilung der Beteiligten entschieden am 21.02.2017) und S 1 U 1975/16).

Die Klägerin beantragte am 05.05.2014 (Blatt 99 der Beklagtenakte) die Überweisung an die BGHW, der Beigeladenen, wegen einer von Anfang an bestehenden Unzuständigkeit der Beklagten sowie einer seit 01.11.2013 durch die erworbenen C.-Lebensmittelmärkte erfolgten Änderung der Zuständigkeit.

Die Beklagte lehnte die Überweisung an die Beigeladene mit Bescheid vom 12.05.2014 (Blatt 113 der Beklagtenakte) ab. Grundlage für die Zuständigkeit seien Art und Gegenstand des Unternehmens. Gegenstand der Klägerin sei nach deren Gesellschaftsvertrag, wie auch nach dem ihr bekannten Sachverhalt, der Betrieb eines Integrationsunternehmens. Auch bei den übernommenen C.-Märkten handle es sich vom Gegenstand her um ein Integrationsunternehmen, weshalb deren Übernahme nichts am zuständigen Unfallversicherungsträger ändere. Auch die vorangehende Betreiberin der C.-Märkte, das Sozialunternehmen N. A. gGmbH, sei ihr Mitglied gewesen.

Am 21.05.2014 erhob die Klägerin hiergegen Widerspruch (Blatt 123 der Beklagtenakte), den sie u.a. damit begründete (Blatt 135/138 = 142/148 der Beklagtenakte), dass spätestens durch Übernahme der C.-Lebensmittelmärkte am 01.11.2013 eine wesentliche Änderung der tatsächlichen Verhältnisse nach § 48 Abs. 1 SGB X vorliege, die zu einer Zuständigkeitsänderung führe. Ihr Unternehmen sei durch Übernahme des genannten Lebensmittelbereichs grundlegend und auf Dauer umgestaltet worden. Zwar werde als satzungsgemäßer Unternehmensgegenstand nach wie vor die Förderung schwerbehinderter Menschen sowie insbesondere das Anbieten von Regelarbeits- und Ausbildungsplätzen genannt, jedoch verfolge sie durch Übernahme des C.-Lebensmittelbereichs als neuem Unternehmenskern einen diffizileren und insoweit betreffend der berufsgenossenschaftlichen Zuordnung anders gearteten tätigkeitsbezogenen Schwerpunkt. Die C.-Lebensmittelmärkte böten Obst, Gemüse, Molkerei-, Wurst- und Fleischwaren, Backwaren, Getränke - alles in allem ein Vollsortiment an preisgünstiger Markenware sowie "Gut und Günstig"-Artikeln zu Discountpreisen, oft auch gekoppelt mit Sonderangeboten und Aktionen, an. Ziel sei es, ganz bewusst die Versorgungslücken, die durch das Abwandern von Lebensmittelmärkten in den städtischen Randbezirken entstanden seien, zu schließen und ein Vollsortiment in Wohnortnähe zur Verfügung zu stellen. Weiterhin werde ein Bestell- und Lieferservice direkt nach Hause angeboten. Der C.-Bereich beschäftige dabei qualifiziert und dauerhaft im Einzelhandel und bilde Verkäufer/innen und Kaufleute aus. Der Lebensmittelbereich als nun schwerpunktdarstellender Unternehmensteil zeichne sich weiterhin dadurch aus, dass es sich um dauerhafte sozialversicherungspflichtige Beschäftigungsverhältnisse handele. Die Förderung des Bereichs mit öffentlichen Mitteln liege bei 5-10%. Zu 90-95% würden eigene Mittel erwirtschaftet, so dass Art und Gegenstand im Schwerpunkt von Gewinnerzielungsabsicht geprägt und vorrangig nicht der fast ausschließlich mit staatlichen Mitteln zu bewerkstelligenden Beschäftigung schwerbehinderter Menschen diene. Die Lohnstrukturen müssten insoweit auch denjenigen des ersten Arbeitsmarktes entsprechen, wobei dies zur Wettbewerbsfähigkeit und dem Erhalt dauerhaft attraktiver Beschäftigungsverhältnisse auf den ersten Arbeitsmarkt, eben auch für 40-45% behinderter Menschen, erforderlich sei. Bei diesen Beschäftigten handele es sich nicht um einen Personenkreis, wie er in Werkstätten für behinderte Menschen und typischen Beschäftigungs- und Qualifizierungseinrichtungen/-projekten der Gefahrtarifstelle 17 vorzufinden sei, denn in diesem personell wie lohnstrukturell unabhängigen Unternehmensbereich stehe nicht die Rehabilitation, Schulung und oftmals kurzlebige Tätigkeitsaufnähme ("Arbeitsgelegenheit") im Vordergrund, sondern - wie bei privaten Einzelhandelsunternehmen - gehe es in erster Linie um die Schaffung sozialversicherungspflichtiger Beschäftigungsverhältnisse und die damit notwendig verbundene Realisierung von Erlösen. Unter dem Gesichtspunkt der fachbezogenen Unfallverhütung und des zumindest mittelbar nachteilig betroffenen Beschäftigungskreises (3. Arbeitsmarkt) sei daher eine Überweisung unabkömmlich, um den tatsächlichen Verhältnissen gerecht zu werden und eine Benachteiligung des dort beschäftigten Personenkreises entgegen höherrangigen Rechts zu vermeiden. Denn mit der Zuordnung zur Beklagten und damit dort in eine wegen der niedrigen Entlohnung und der erhöhten Risiken teuren Gefahrenklasse benachteilige die Beklagte nicht nur die gemeinnützigen Integrationsunternehmen gegenüber gewerblichen Integrationsunternehmen/Einzelhandelsunternehmen des ersten Arbeitsmarktes, sondern auch mittelbar die darin beschäftigten behinderten Menschen in ihrem gesellschaftlichen Vorankommen erheblich. So bestehe bei gewerblichen Integrationsunternehmen diese Zuordnungsproblematik nicht, obwohl sie den gleichen Voraussetzungen zur Anerkennung als Integrationsunternehmen unterlägen und im gleichen Verhältnis Menschen mit und ohne Behinderungen beschäftigten. Trotz des steuerlichen Status "Gemeinnützigkeit" bestehe - im Gegensatz zu Justizvollzugsanstalten oder anderen gemeinnützigen Strukturen - kein Wettbewerbsausschluss bei öffentlichen Aufträgen. Insofern könne für vorliegende Betriebsteile auch nicht eine "pauschale Zuordnung" zu "Werkstätten der Behindertenfürsorge" erfolgen. Die Beschäftigten der C.-Lebensmittelmärkte seien keine typischen WfbM-Zugehörigen. Weiterhin würde die Zuordnung der auf dem freien Arbeitsmarkt "hinkenden" Arbeitnehmer der C.-Märkte in die BGW und damit in den Bereich der Schwerbehinderten einer WfbM sowie ebenso der zu 55 bis 60% nicht schwerbehinderten Arbeitnehmer im Lebensmitteleinzelhandel die Leistungsfähigkeit sowie Eingliederungsmöglichkeit der dortigen Beschäftigen in der Gesellschaft falsch wiederspiegeln, d. h. diese persönlich benachteiligen und degradieren. Sowohl das Gehaltsniveau als auch die Beschäftigtenzahlen müssten entsprechend der - im Vergleich zu anderen gewerblichen Lebensmittelmärkten und Gaststättenbetrieben - höheren Beitragsbelastung in jedem gemeinnützigen Integrationsunternehmen streng reglementiert werden, da die Höhe der Beiträge nach der Anzahl der Beschäftigten und den gezahlten Gehältern ermittelt werde. Rückläufige Einstellungszahlen, betriebsbedingte Kündigungen sowie kein Raum für Gehaltserhöhungen im Rahmen bestehender Beschäftigungsverhältnisse seien die unausweichliche Folge. Dies könne vor dem Verbot der auch mittelbaren Benachteiligung behinderter Menschen in gemeinnützigen Integrationsunternehmen, welche aufgrund ihrer persönlichen Fähigkeiten und Leistungen den Schritt aus den "Werkstätten der Behindertenfürsorge" hinaus auf den ersten Arbeitsmarkt geschafft haben, nicht richtig sein und werde durch die Verfassung, Gesetze und durch das europäische Recht manifestiert. Hinsichtlich des gemeinnützigen Zwecks sei zu trennen zwischen Zweck und Gewinnverwendungsbestimmung - und damit steuerlicher Einordnung (§ 68 AO) - eines Unternehmens. Wenn Gewinne ausschließlich für gemeinnützige Zwecke Verwendung fänden, habe dies nichts mit der Art und dem Risikopotential der Tätigkeit zu tun, welche es zu versichern gelte.

Mit Widerspruchsbescheid vom 06.11.2014 (Blatt 164/ 173 der Beklagtenakte) wies die Beklagte den Widerspruch zurück.

Die Klägerin hat am 11.12.2014 beim SG Klage erhoben. Es sei eine Änderung in den Verhältnissen eingetreten auf Grund der Schwerpunktverschiebung ihres Unternehmens durch die C.-Lebensmittelmärkte, weshalb ein Anspruch auf Überweisung an die Beigeladene bestehe. Der Bereich der Holzproduktion sei gleichsam zu einem bloßen Anhängsel der Lebensmittelmärkte geworden. Sie unterfalle nicht der Satzung der Beklagten als Unternehmen der Wohlfahrtspflege sondern sei als Einzelhandelsunternehmen entsprechend der Satzung der BGHW dieser zuzuordnen. Auch im Gesellschaftsvertrag sei an keiner Stelle bestimmt, dass es sich bei ihrem Betrieb um einen solchen der "Wohlfahrtspflege" handele. Ihr Gesellschaftszweck sei die Förderung der Integration behinderter Menschen in den Arbeitsmarkt, was gerade nicht der "Wohlfahrtspflege" entspreche, da es an jeglicher körperlichen und psychischen Hilfeleistung fehle. Fälschlicherweise setze die Beklagte den Begriff der Gemeinnützigkeit mit dem der "Wohlfahrtspflege" gleich. Der Lebensmittelbereich erfülle einen eigenen wirtschaftlichen Zweck und hänge mit der Holzproduktion nicht zusammen. Auch könne nicht auf eine interne Liste der Integrationsunternehmen bzw. der Wohlfahrtspflege der Bundesarbeitsgemeinschaft der freien Wohlfahrtspflege (BAGFW) abgestellt werden, um die Zuständigkeit der Beklagten zu bestimmen. In den C.-Märkten gehe es nicht darum, Behinderten wegen deren körperlichen oder psychischen Beeinträchtigungen medizinische oder therapeutische Hilfen zu gewähren. Vielmehr sollen diese in den Arbeitsmarkt integriert werden. Hierzu würden vollwertige Arbeitsplätze zur Verfügung gestellt, die sich grds. an Marktbedingungen messen lassen müssten (Schreiben vom 26.03.2015 (Blatt 60/63 der SG-Akte). Auch der Schluss vom Vorliegen eines Integrationsunternehmens zur Zuständigkeit der Beklagten sei nicht zwingend. Die C.-Märkte seien nicht bloßes Anhängsel einer Werkstatt für behinderte Menschen (Schreiben vom 16.04.2015, Blatt 68/69 der SG-Akte). So sei auch im Gesellschaftsvertrag niedergelegt, dass Gesellschaftszweck die Förderung der Integration behinderter Menschen in den Arbeitsmarkt sei (Schreiben vom 07.05.2015, Blatt 77/80 der SG-Akte) Das aber entspreche nicht der Wohlfahrtspflege - für die es eine gesetzliche Definition nicht gebe -, da es an jeglicher körperlichen oder psychischen Hilfeleistung fehle.

Das SG hat mit Beschluss vom 18.02.2016 (Blatt 92/93 der SG-Akte) die BGHW zum Verfahren beigeladen und mit Urteil vom 23.03.2016 die Klage abgewiesen. Die Klägerin habe keinen Anspruch auf Überweisung an die Beigeladene. Es könne weder ein eindeutiger Widerspruch gegen Zuständigkeitsregeln angenommen werden, noch führe das Festhalten an der aktuellen Zuständigkeit zu schwerwiegenden Unzuträglichkeiten. Anhaltspunkte für eine wesentliche Änderung in den Unternehmensverhältnissen seien ebenfalls nicht ersichtlich. Das Gericht stütze sich auf die zutreffenden Ausführungen und Erwägungen des 9. Senats des Landessozialgerichts (LSG) Baden-Württemberg in seinem Urteil vom 19.01.2016 und schließe sich diesen Ausführungen zur Zuständigkeit für Integrationsunternehmen an.

Gegen das ihrem Bevollmächtigten am 11.04.2016 zugestellte Urteil hat die Klägerin am 11.05.2016 beim LSG Berufung eingelegt. Sie hat u.a. ausgeführt, sie betreibe ein Unternehmen, dessen Gegenstand schwerpunktmäßig die Bereitstellung von Arbeitsplätzen für schwer vermittelbare Personen wie etwa körperlich oder geistig Behinderte oder Langzeitarbeitslose sei. Zunächst habe sie eine Werkstätte in der Holzproduktion, in der vornehmlich Möbel hergestellt und vermarktet worden seien, betrieben. Zum 01.11.2013 habe sie zudem von ihrer Gesellschafterin mehrere C.-Lebensmittelmärkte erworben. Zum 01.03.2015 seien weitere fünf C.-Märkte hinzugekommen. Der Begriff der Wohlfahrtspflege könne nicht mit dem Begriff des Integrationsunternehmens gleichgesetzt werden. Hiergegen sprächen schon systematische und teleologische Gründe. Auch wenn ein Integrationsunternehmen vorliege, müsse es sich dabei nicht zwangsläufig auch um einen Betrieb der Wohlfahrtspflege handeln. Wenn das Gericht schon auf den hybriden Charakter von Integrationsunternehmen abstelle, müsse auch eine entsprechende Würdigung des Schwerpunkts des Integrationsunternehmens möglich sein. Entscheidend für die Zuordnung zum zuständigen Unfallversicherungsträger könne nicht der Beweggrund für die unternehmerische Tätigkeit sein, sondern der Charakter der Tätigkeit als solcher. Es könne daraus aber nicht gefolgert werden, die Beklagte sei per se für jedes Integrationsunternehmen zuständig, weil jedes Integrationsunternehmen einen Betrieb der Wohlfahrtspflege darstelle. Die Begriffe der "Wohlfahrtspflege" und des "Integrationsunternehmens" seien aus systematischen und teleologischen Gründen strikt voneinander zu trennen. Aus dem Vorliegen eines Integrationsunternehmens folge aber nicht zwangsläufig auch die Zuständigkeit der Beklagten. Integrationsunternehmen seien in der BGW-Satzung nicht genannt. Die zentrale Vorschrift des § 134 SGB IX regele, dass Integrationsprojekte aus öffentlichen Mitteln finanzielle Mittel erhalten könnten. Sinn und Zweck der Vorschriften sei daher die finanzielle Förderung von Integrationsprojekten. Diesem Zweck widerspreche eine gleichsam automatische sachliche Zuständigkeit der Beklagten. Die Beklagte halte für Einrichtungen zur Förderung behinderter Menschen nur ihre Gefahrtarifstelle 17 vor, die mit Gefahrklasse 9,68 bewertet werde. Der Lebensmittelhandel werde bei der Beigeladenen dagegen in Gefahrtarifstelle l mit der Gefahrklasse 2,55 eingruppiert. Daher sei kein Grund ersichtlich, warum aus dem Vorliegen eines Integrationsunternehmen zwingend die sachliche Zuständigkeit der Beklagten folgen müsse. Vielmehr komme es darauf an, ob der streitgegenständliche Betrieb eher dem Begriff "Wohlfahrtspflege" oder "Einzelhandel/Lebensmittelhandel" zuzuordnen sei. Aufgrund der betrieblichen Struktur liege eher der Betrieb eines Einzelhandels vor als ein Betrieb der Wohlfahrtspflege. Dies sei spätestens seit dem Erwerb der C.-Lebensmittel der Fall. Ein Integrationsunternehmen könne jedenfalls nicht pauschal mit einem "Betrieb der Wohlfahrtspflege" gleichgesetzt werden. Der Begriff des "Integrationsunternehmens" sei vielmehr Oberbegriff, der die beiden Elemente "Wohlfahrtspflege" und "wettbewerbsorientierte Marktteilnahme" beinhalte. Die Elemente der wettbewerbsorientierten Marktteilnahme fänden in der angefochtenen Entscheidung keine Berücksichtigung. Insbesondere sei auch zu berücksichtigen, dass sie ihren Überweisungsantrag vornehmlich auf die Übernahme der C.-Lebensmittelmärkte und die hierdurch bewirkte Änderung der tatsächlichen Verhältnisse gründe. Es komme also entscheidend darauf an, ob durch die Übernahme der C.-Lebensmittelmärkte der Schwerpunkt des Unternehmens von der Wohlfahrtspflege auf die wettbewerbsorientierte Marktteilnahme verlagert worden sei. Sei sie zunächst nur im Bereich der Holzproduktion tätig gewesen, sei als neuer Unternehmensgegenstand nun der Lebensmittelhandel hinzu gekommen. Dies habe das Unternehmen auch auf Dauer grundlegend umgestaltet. Nunmehr seien zwei Drittel der Beschäftigten im Bereich des Lebensmittelhandels tätig, wo auch 75 Prozent der Löhne anfielen und ca. 90 % des Umsatzes erwirtschaftet werde. Damit habe sich das Erscheinungsbild fundamental geändert. Diese Umstrukturierung sei auch von Dauer. Werde dem entgegengehalten, dass der Gesellschaftszweck unverändert geblieben sei und weiterhin schwerbehinderte Menschen beschäftigt würden, dann begebe sich eine solche Argumentation in die Gefahr eines Zirkelschlusses. Auch stelle der Gedanke der Integration und der Gemeinnützigkeit nur den Beweggrund für die unternehmerische Tätigkeit dar. Bei der sozialversicherungsrechtlichen Einordnung könne es aber nicht entscheidend auf die unternehmerischen Motive ankommen. Auch gewerbliche Betriebe, die vornehmlich zur Gewinnerzielung tätig seien, könnten Integrationsunternehmen i.S.d. § 132 SGB IX sein, wohl aber kaum unter den Begriff der Wohlfahrtspflege gefasst werden. Entscheidend sei, ob die Beschäftigung schwerbehinderter Menschen in einem Supermarkt zu gewöhnlichen und marktüblichen Bedingungen als "Wohlfahrtspflege" oder "wettbewerbsorientierte Marktteilnahme" zu qualifizieren sei. Unter dem Begriff der Wohlfahrtspflege verstehe man die planmäßige, zum Allgemeinwohl ausgeübte unmittelbare Hilfe für gesundheitlich, sittlich oder wirtschaftlich gefährdete Menschen. Dem klägerischen Unternehmen gehe es gerade nicht darum, den behinderten Menschen wegen deren körperlichen oder psychischen Beeinträchtigungen medizinische oder therapeutische Hilfe zu geben. Den behinderten Menschen werde vielmehr ein vollwertiger Arbeitsplatz zu den marktüblichen Konditionen geboten. Spätestens seit Übernahme der C.-Lebensmittelmärkte überwiege daher das Element der "wettbewerbsorientierten Marktteilnahme", da die Holzproduktion in den Werkstätten für behinderte Menschen hierdurch in den Hintergrund getreten sei. Sie betreibe daher ein Integrationsunternehmen im Lebensmitteleinzelhandel, bei dem das Element der "wettbewerbsorientierten Marktteilnahme" das Element der "Wohlfahrtspflege" deutlich überwiege.

Die Klägerin beantragt, das Urteil des Sozialgerichts Stuttgart vom 23.03.2016 aufzuheben und die Beklagte unter Aufhebung des Bescheids vom 12.05.2014 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 06.11.2014 insoweit zu verurteilen, sie an die Beigeladene zu überweisen sowie der Beklagten die Kosten des Rechtsstreits aufzuerlegen.

Die Beklagte beantragt, die Berufung zurückzuweisen.

Die Beklagte ist der Berufung entgegengetreten und hält die angefochtene Entscheidung für zutreffend. Die Berufungsbegründung unterliege dem Irrtum, dass es für die Klärung der Frage, ob die Beklagte oder die Beigeladene sachlich für das Unternehmen der Klägerin zuständig sei, auf den Zweck des Unternehmens nicht ankomme. Die sachliche Zuständigkeit der Beklagten auf dem Gebiet der Wohlfahrtspflege bestimme sich praktisch ausschließlich nach dem Zweck, denn die Verfolgung wohlfahrtspflegerischer Zwecke sei es, die überhaupt zur Zuständigkeit der Beklagten führe. Jedes bei der Beklagten versicherte Unternehmen könne nach den im Unternehmen ausgeübten Tätigkeiten auch einer anderen Berufsgenossenschaft angehören. Tatsächlich habe aber der Gesetzgeber im Jahr 1929 die Beklagte errichtet und er habe sie (u.a.) für die Unternehmen und Einrichtungen der Wohlfahrtspflege gegründet. Zur Heranziehung des Zwecks für die sachliche Zuständigkeit der Beklagten gebe es eine langjährige und gefestigte obergerichtliche Rechtsprechung (z.B. BSG 30.04.1991 - 2 RU 36/90 -). Das SG Kassel habe insoweit entschieden, dass für die Zuständigkeit der Beklagten als Unfallversicherungsträger nicht die organisatorische Gestaltung maßgebend sei, sondern die Zweckbestimmung. Diese liege bei einem Integrationsbetrieb in der Integration behinderter Menschen in Arbeit und Gesellschaft. Nur vor dem Hintergrund der Zweckbestimmung erhalte ein Integrationsbetrieb auch seinen Gemeinnützigkeitsstatus. Aber selbst wenn man Zweifel habe, ob ein Integrationsunternehmen in die sachliche Zuständigkeit der Beklagten oder in die einer anderen BG falle, so werde man mindestens feststellen müssen, dass die Überweisungsvoraussetzungen nicht erfüllt seien. Die Klägerin bleibe aber auch nach der Übernahme der C.-Märkte ein Integrationsunternehmen, nur dass sie sich zusätzlich anderer Mittel und Tätigkeiten bediene, um den Gesellschaftszweck zu erfüllen. Für die Zuständigkeit der Beklagten sei es unerheblich, ob eine Einrichtung zur Integration behinderter Menschen mit den Betroffenen Werkstätten, Märkte oder landwirtschaftliche Produktionsstätten betreibe.

Die Beigeladene hat keinen Antrag gestellt, aber ausgeführt, die sachliche Zuständigkeit einer Berufsgenossenschaft (BG) bestimme sich nach Art und Gegenstand eines Unternehmens. Entscheidend für die Frage der berufsgenossenschaftlichen Zuordnung sei somit, welcher Gewerbezweig - nicht Tätigkeit - (schwerpunktmäßig) in einem Unternehmen ausgeübt werde. Die Beigeladene sei fachlich zuständig für alle Unternehmen des Groß- und Einzelhandels. Dabei spiele es keine Rolle, ob und ggf. welche Mitarbeiter zur Verwirklichung des Unternehmensgegenstandes "Handel" beschäftigt würden. Der Umstand, dass in einem Unternehmen "schwer vermittelbare Personen" eingesetzt würden, habe somit keinen Einfluss auf die Frage der Zuständigkeit, sofern durch den Einsatz dieser Personen das Gepräge eines Unternehmens nicht verändert werde, der eigentliche Unternehmensgegenstand nicht in den Hintergrund trete oder gar verloren gehe. Wenn das klägerische Unternehmen über die von ihr erworbenen C.-Märkte somit vordergründig einen wettbewerbsorientierten Handel mit Waren betreibe, wäre - unabhängig der eingesetzten Mitarbeiter - die Beigeladene fachlich hierfür zuständig. Offen sei in diesem Zusammenhang dann jedoch die Frage, ob durch die Übernahme der C.-Märkte wesentliche Änderungen in den Betriebsverhältnissen der Klägerin als Voraussetzung für eine Überweisung gemäß § 136 SGB VII eingetreten seien.

Wegen der weiteren Einzelheiten das Sachverhalts sowie des Vorbringens der Beteiligten wird auf die Akte des Senats sowie die beigezogenen Akten des SG und der Beklagten Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

Die gemäß § 151 SGG form- und fristgerecht eingelegte Berufung der Klägerin ist gemäß §§ 143, 144 SGG zulässig aber unbegründet.

Gegenstand des vorliegenden Berufungsverfahrens ist das Urteil des SG vom 23.03.2016, das die kombinierte Anfechtungs- und Leistungsklage gegen den Bescheid der Beklagten vom 12.05.2014 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 06.11.2014 abgewiesen hat. Dieser ist nicht rechtswidrig und verletzt die Klägerin nicht in ihren Rechten. Der Senat hat festgestellt, dass das klägerische Unternehmen Wohlfahrtspflege betreibt und damit schon ursprünglich wie auch nach Erweiterung der Unternehmensbereiche um die C.-Märkte zur Zuständigkeit der Beklagten gehört. Damit hat die Klägerin keinen Anspruch auf Überweisung an die Beigeladene.

Nach § 136 Abs. 1 Satz 1 SGB VII stellt der Unfallversicherungsträger Beginn und Ende seiner Zuständigkeit für ein Unternehmen durch schriftlichen Bescheid gegenüber dem Unternehmer fest. War die Feststellung der Zuständigkeit für ein Unternehmen von Anfang an unrichtig oder ändert sich die Zuständigkeit für ein Unternehmen, überweist der Unfallversicherungsträger dieses dem zuständigen Unfallversicherungsträger (§ 136 Abs. 1 Satz 4 SGB VII). Die Überweisung erfolgt nach § 136 Abs. 1 Satz 5 SGB VII im Einvernehmen mit dem zuständigen Unfallversicherungsträger; sie ist dem Unternehmer von dem überweisenden Unfallversicherungsträger bekanntzugeben. Die Feststellung der Zuständigkeit war von Anfang an unrichtig, wenn sie den Zuständigkeitsregelungen eindeutig widerspricht oder das Festhalten an dem Bescheid zu schwerwiegenden Unzuträglichkeiten führen würde (§ 136 Abs. 2 Satz 1 SGB VII). Gemäß § 136 Abs. 2 Satz 2 SGB VII liegt eine wesentliche Änderung der tatsächlichen Verhältnisse i.S.d. § 48 Abs. 1 SGB X, die zu einer Änderung der Zuständigkeit führt, vor, wenn das Unternehmen grundlegend und auf Dauer umgestaltet worden ist. Dies ist insbesondere dann der Fall, wenn der Zeitpunkt der Änderung der tatsächlichen Verhältnisse mehr als ein Jahr zurückliegt und seitdem keine der geänderten Zuständigkeit widersprechenden Veränderungen eingetreten sind oder wenn die Änderung der Zuständigkeit durch Zusammenführung, Aus- oder Eingliederung von abgrenzbaren Unternehmensbestandteilen bedingt ist (§ 136 Abs. 2 Satz 3 SGB VII). Eine Änderung gilt dagegen nicht als wesentlich, wenn ein Hilfsunternehmen im Sinne von § 131 Abs. 2 Satz 2 SGB VII in eigener Rechtsform ausgegliedert wird, aber ausschließlich dem Unternehmen, dessen Bestandteil es ursprünglich war, dient (§ 136 Abs. 2 Satz 4 SGB VII). Die Regelung des § 136 Abs. 2 Satz 3 SGB VII gilt dagegen nicht, wenn feststeht, dass die tatsächlichen Umstände, welche die Veränderung der Zuständigkeit begründen, innerhalb eines Zeitraums von zwei Jahren nach deren Eintritt entfallen. Stellt sich innerhalb eines Jahres nach Bestandskraft des Bescheides, mit dem erstmalig die Zuständigkeit für ein Unternehmen festgestellt wurde, heraus, dass die Zuständigkeit eines anderen Unfallversicherungsträgers gegeben ist, erfolgt eine Überweisung auch dann, wenn die weiteren Voraussetzungen in den Sätzen 1 bis 3 nicht erfüllt sind und kein Fall im Sinne des Satzes 5 vorliegt (§ 136 Abs. 2 Satz 6 SGB VII). Geht die Zuständigkeit für Unternehmen nach § 136 Abs. 1 Satz 4 SGB VII von einem Unfallversicherungsträger auf einen anderen über, bleibt nach § 137 Abs. 1 SGB VII bis zum Ablauf des Kalenderjahres, in dem die Entscheidung über das Ende der Zuständigkeit des bisherigen Unfallversicherungsträgers gegenüber dem Unternehmen bindend wird, dieser Unfallversicherungsträger für das Unternehmen zuständig, soweit nichts Abweichendes vereinbart ist.

Beruht die Zuständigkeit der die Mitgliedschaft führenden Berufsgenossenschaft (hier: der Beklagten) – wie vorliegend (vgl. die Überweisung durch die VBG) - selbst auf einer Überweisung durch eine andere Berufsgenossenschaft (hier: VBG, Blatt 1, 23, 23, 24 der Beklagtenakte), fehlt es an einer erstmaligen Aufnahme des Unternehmens bei einer Berufsgenossenschaft, weil das Unternehmen bereits vormals von einer anderen Berufsgenossenschaft aufgenommen worden war und im Rahmen der Überweisungsentscheidung in der Regel sowohl die überweisende als auch die die Zuständigkeit übernehmende Berufsgenossenschaft die Zuständigkeitsvoraussetzungen geprüft und geklärt haben (BSG 12.04.2005 – B 2 U 8/04 RBSGE 94, 258-262 = SozR 4-2700 § 136 Nr. 1 = juris RdNr. 17), sodass die Regelung des § 136 Abs. 2 Satz 5 SGB VII nicht eingreift.

Der Senat konnte feststellen, dass die Zweckbestimmung des klägerischen Unternehmens und ihrer Tätigkeit dahin geht, (schwer-)behinderte Menschen zu fördern, Regelarbeitsplätze für besonders betroffene schwerbehinderte Menschen anzubieten, Ausbildungsplätze für Behinderte und schwer vermittelbare Jugendliche bereitzustellen, Praktika und Erprobungsmaßnahmen für WfBM-Beschäftigte einzurichten und so diesen Personen durch Integration in Arbeit des ersten Arbeitsmarktes gesellschaftliche Teilhabe zu ermöglichen. Hierzu betreibt die Klägerin ein Unternehmen, das ausschließlich diesem Zweck dient. So teilt die Klägerin auch auf ihrer Homepage mit, dass die "Arbeiten in der Holzverarbeitung und den C.-Lebensmittelmärkten" einfach seien und "ausreichend geeignete Arbeitsplätze für den sozialen Auftrag bereit" stellten. Damit macht die Klägerin selbst deutlich, was der Senat auf der Grundlage des sonstigen Vorbringens der Klägerin feststellen konnte, dass die Bereithaltung der Arbeitsplätze, etwa in den C.-Märkten, nicht Inhalt des Unternehmens der Klägerin ist, sondern Mittel zur Erreichung des Unternehmenszwecks, nämlich der im Gesellschaftsvertrag genannten sozialen Aufgaben der Integration behinderter Menschen in ein normales Erwerbsleben; in der mündlichen Verhandlung hat der Bevollmächtigte der Klägerin insoweit erklärt, dass sich weder an der Beschäftigung von Behinderten zu normalen Bedingungen des Arbeitsmarktes noch an der Zielsetzung der Klägerin zur Integration behinderter Menschen in ein normales Arbeitsverhältnis etwas geändert habe. Damit übt die Klägerin Wohlfahrtspflege aus und gehört mit allen ihren unselbständigen Abteilungen bzw. Unternehmensbereichen und Niederlassungen nach ihrem Unternehmenszweck zur Wohlfahrtspflege, weshalb die alleinige Zuständigkeit der Beklagten begründet ist.

Die Zuständigkeit der Berufsgenossenschaften bestimmt sich bei nicht landwirtschaftlichen Unternehmen historisch bedingt grds. nach dem jeweils ausgeübten Gewerbe. Insoweit umfassen die gewerblichen Berufsgenossenschaften aber nicht nur die klassischen Gewerbebetriebe, sondern auch andere Unternehmen, z.B. Dienstleistungsbetriebe. Die Zuständigkeit der gewerblichen Berufsgenossenschaften, wozu nach Nrn. 9 und 6 der Anlage 1 zu § 114 SGB VII auch die Beklagte sowie die Beigeladene gehören, bestimmt sich nach § 121 Abs. 1 SGB VII. Danach sind die gewerblichen Berufsgenossenschaften für alle Unternehmen (Betriebe, Verwaltungen, Einrichtungen, Tätigkeiten) zuständig, soweit sich nicht eine Zuständigkeit der landwirtschaftlichen Berufsgenossenschaft oder der Unfallversicherungsträger der öffentlichen Hand ergibt. Umfasst ein Unternehmen verschiedenartige Bestandteile (Hauptunternehmen, Nebenunternehmen, Hilfsunternehmen), die demselben Rechtsträger angehören, ist der Unfallversicherungsträger zuständig, dem das Hauptunternehmen angehört (§ 131 Abs. 1 Satz 1 SGB VII). Das Hauptunternehmen bildet den Schwerpunkt des Unternehmens (§ 131 Abs. 2 Satz 1 SGB VII). Hilfsunternehmen dienen überwiegend den Zwecken anderer Unternehmensbestandteile (§ 131 Abs. 2 Satz 2 SGB VII). Nebenunternehmen verfolgen überwiegend eigene Zwecke (§ 136 Abs. 2 Satz 3 SGB VII). Soweit nicht mehrere rechtlich und wirtschaftlich selbständige Unternehmen vorliegen, bilden die verschiedenen Betriebe, Verwaltungen und Einrichtungen ein einheitliches Gesamtunternehmen, das als Ganzes der Zuständigkeit des Unfallversicherungsträgers unterfällt, dem das Hauptunternehmen angehört (BSG 28.11.2006 – B 2 U 33/05 RBSGE 97, 279-285 = SozR 4-2700 § 136 Nr. 2 = juris RdNr. 19). Von einem einheitlichen Unternehmen ist auszugehen, wenn zwischen den einzelnen Teilunternehmen ein wirtschaftlicher und betriebstechnischer Zusammenhang besteht und die Betriebsteile einer einheitlichen Leitung unterstehen und der Verfügungsgewalt desselben Unternehmers unterliegen (BSG 28.11.2006 – B 2 U 33/05 RBSGE 97, 279-285 = SozR 4-2700 § 136 Nr. 2 = juris RdNr. 19 m.w.N.). Solange von der Ermächtigung des § 122 Abs. 1 SGB VII kein Gebrauch gemacht wird, bleibt nach § 122 Abs. 2 SGB VII jede Berufsgenossenschaft für die Unternehmensarten sachlich zuständig, für die sie bisher zuständig war.

Zutreffend hat das SG auf die historische Entwicklung der Zuständigkeit der gewerblichen Berufsgenossenschaften hingewiesen. So bestimmt sich die Zuständigkeit der gewerblichen Berufsgenossenschaften - vom Sonderfall der Zuständigkeit der Berufsgenossenschaft für Transport und Verkehrswirtschaft abgesehen – zunächst nach den Bundesratsbeschlüssen vom 21.05.1885 (Amtliche Nachrichten – AN - 1885, 143), die selbst wiederum auf den §§ 12, 15 UVG (Unfallversicherungsgesetz vom 06.07.1884, RGBl. 1884, 69) basieren. Durch spätere Beschlüsse des Bundes- bzw. Reichsrats sowie des Reichsarbeitsministers wurden in der Folge weitere gewerbliche Berufsgenossenschaften errichtet (Quabach in Schlegel/Voelzke, jurisPK-SGB VII, 2. Auflage 2014, § 122 SGB VII, RdNr. 31). Deren Zuständigkeit ergibt sich aus den Errichtungsbeschlüssen (BSG 28.11.1961 - 2 RU 36/58 - BSGE 15, 282 = juris). Darüber hinausgehende Zuständigkeitszuweisungen erfolgten durch die Verordnung der Reichsregierung über Versicherungsträger in der Unfallversicherung vom 30.10.1923 (RGBl I 1923, 1063) und die Verordnung über Träger der Unfallversicherung vom 17.05.1929 (RGBl I 1929, 104), letztere basierend auf Art. 38 des Dritten Gesetzes über Änderungen in der Unfallversicherung vom 20.12.1928 (RGBl I 1928, 405). Eine (grundlegende) Neuregelung der Zuständigkeitsordnung ist seither nicht mehr vorgenommen worden (Quabach a.a.O. § 122 SGB VII, RdNr. 35), sodass die Beschlüsse des Bundesrates vom 21.05.1885 weiterhin geltendes Recht sind (dazu vgl. BSG 30.01.1975 - 2 RU 119/74 - BSGE 39, 112-118; BSG 04.05.1999 - B 2 U 11/98 R - SozR 3-2200 § 664 Nr. 2; BSG 13.10.1993 - 2 RU 23/92 - HV-INFO 1993, 2677-2685; BSG 31.05.1988 - 2 RU 62/87 - NZA 1989, 77-79 = BG 1989, 38-39). Nach Art. 4 § 11 UVNG vom 30.04.1963 (BGBl I 1963, 241) bleibt, soweit das UVNG nichts Anderes bestimmt, jeder UV-Träger für die Unternehmen zuständig, für die er bisher zuständig war, solange eine nach § 646 Abs. 2 RVO erlassene Rechtsverordnung die Zuständigkeit nicht anders regelt (Quabach a.a.O. § 122 SGB VII, RdNr. 36). Art. 4 § 11 UVNG wurde auch durch das UVEG vom 07.08.1996 (BGBl I 1996, 1254) nicht aufgehoben. Die nach § 122 Abs. 2 SGB VII fortbestehenden Zuständigkeiten für bestimmte Unternehmensarten haben demnach vor allem für die ab dem 01.07.1963 erstmalig einem UV-Träger zugeordneten Unternehmen Bedeutung. Das vom Reichsversicherungsamt am 26.09.1885 (AN 1885, 254) herausgegebene und 1910 fortgeschriebene (AN 1886, 134; AN 1903, 403; AN 1906, 477; Handbuch der Unfallversicherung, Band III, 1910, 20) "Alphabetische Verzeichnis der Gewerbezweige" hat insoweit keine normative Wirkung (Quabach a.a.O. § 122 SGB VII, RdNr. 37). Dieses vorkonstitutionelle Recht i.S.d. Art. 123 Abs. 1 GG verstößt nicht gegen das Grundgesetz (dazu vgl. BSG 05.09.2006 – B 2 U 27/05 R – juris RdNr. 20).

§ 121 Abs. 1 SGB VII bestimmt einen unfallversicherungsrechtlichen Unternehmensbegriff und ordnet die so definierten Unternehmen auf der Grundlage der in § 114 Abs. 1 Nr. 1 SGB VII i.V.m. Anlage 1 dargelegten fachlichen Gliederung der gewerblichen Unfallversicherung (UV) im Regelfall den gewerblichen Berufsgenossenschaften zu (Quabach a.a.O. § 121 Abs. 1 SGB VII, RdNr. 12). Anknüpfungspunkt für die Rechtsbeziehungen zwischen den UV-Trägern einerseits und den Unternehmern sowie den Versicherten andererseits ist das Unternehmen (Quabach a.a.O. RdNr. 13). Die Rechtsbeziehungen zwischen den UV-Trägern auf der einen und den Unternehmern sowie den Versicherten auf der anderen Seite leiten sich daher aus der jeweiligen Beziehung zum Zuordnungsobjekt Unternehmen ab (Quabach a.a.O. RdNr. 13). Die sachliche Zuständigkeit einer gewerblichen Berufsgenossenschaft richtet sich damit grds. nach Art und Gegenstand des Unternehmens, welches begrifflich von der natürlichen oder juristischen Person des Unternehmers zu trennen ist (LSG Berlin-Brandenburg 20.01.2011 – L 2 U 1145/05 – juris RdNr. 34).

Diese Anknüpfung an Art und Gegenstand des Unternehmens, mithin den Unternehmenszweck, bezieht sich insoweit nicht auf einzelne Unternehmensteile, vielmehr ist Bezugspunkt zunächst das Unternehmen als Ganzes. Lediglich dann, wenn nach den vorstehend genannten Regelungen Unternehmensteile Bedeutung erlangen, kann der Blick vom Gesamtunternehmen abgewendet werden. Somit kann vorliegend auch nicht der Unternehmensbereich der C.-Märkte allein betrachtet werden, es ist auf das Unternehmen "N. " als Gesamtunternehmen abzustellen.

Maßgeblich ist insoweit, ob die Klägerin nach dem von ihr betriebenen Unternehmen der Wohlfahrtspflege zugehört. Zutreffend hat die Klägerin darauf hingewiesen, dass es keine gesetzliche Definition der Wohlfahrtspflege gibt. Das BSG hat hierzu ausgeführt (BSG 26.06.1985 – 2 RU 79/84BSGE 58, 210-214 = SozR 2200 § 539 Nr. 111 = juris RdNr. 13 m.w.N.; zuvor schon BSG 25.10.1957, BSGE 6, 74 = juris), dass die Gesetzessprache den Begriff der Wohlfahrtspflege nicht in einheitlicher Bedeutung verwende. Die Schiedsstelle beim Verband der Deutschen Berufsgenossenschaften hat im Jahre 1931 als Wohlfahrtspflege i.S.d. § 537 Abs. 1 Nr. 4 Buchst. b RVO in der damals geltenden Fassung angesehen eine planmäßige, zum Wohl der Allgemeinheit und nicht des Erwerbes ausgeübte unmittelbare vorbeugende oder abhelfende Hilfeleistung für gesundheitlich, sittlich oder wirtschaftlich gefährdete oder notleidende Mitmenschen, die auch über die Ziele einer bloßen Selbsthilfe-Organisation hinausgeht (EuM 32, 9; BSG 26.06.1985 – 2 RU 79/84BSGE 58, 210-214 = SozR 2200 § 539 Nr. 111 = juris RdNr. 13). Das Reichsversicherungsamt hat diese Begriffsbestimmung bei seiner Entscheidung über eine Berufskrankheit nach Nr. 72 der Anlage zur 2. Berufskrankheitenverordnung (BKVO) vom 11.02.1929 ebenfalls angewandt (EuM 36, 145). Dieser Definition hat sich das BSG angeschlossen (BSG 26.06.1985 – 2 RU 79/84BSGE 58, 210-214 = SozR 2200 § 539 Nr. 111 = juris RdNr. 13; BSG 25.10.1957, BSGE 6, 74 = juris m.w.N. siehe auch BFHE 63, 161, 162 und 169, 174/175). Im Rahmen des Zuständigkeitsrechts nach § 539 Abs. 1 Nr. 7 RVO hat das BSG den Begriff der Wohlfahrtspflege anders als im Berufskrankheitenrecht nicht durch die Gleichstellung mit anderen Voraussetzungen eingeengt oder vorgeprägt (BSG 26.06.1985 – 2 RU 79/84BSGE 58, 210-214 = SozR 2200 § 539 Nr. 111 = juris RdNr. 13). Insoweit hat das BSG beim Begriff der Wohlfahrtspflege im Urteil vom 25.10.1957 (BSGE 76, 74, 77) darauf abgestellt, dass für den Versicherungsschutz nicht die organisatorische Gestaltung, sondern die Zweckbestimmung einer Einrichtung oder der Tätigkeit maßgebend ist (BSG 26.06.1985 – 2 RU 79/84BSGE 58, 210-214 = SozR 2200 § 539 Nr. 111 = juris RdNr. 13). Dem entspricht auch der steuerrechtlich verwendete Begriff der Wohlfahrtspflege i.S.d. § 66 Abs. 2 AO, wonach Wohlfahrtspflege die planmäßige, zum Wohle der Allgemeinheit und nicht des Erwerbs wegen ausgeübte Sorge für notleidende oder gefährdete Mitmenschen ist; die Sorge kann sich auf das gesundheitliche, sittliche, erzieherische oder wirtschaftliche Wohl erstrecken und Vorbeugung oder Abhilfe bezwecken (dazu auch BSG 13.08.2002 – B 2 U 31/01 RSozR 3-2700 § 180 Nr. 1 = juris RdNr. 21).

Damit kommt es vorliegend entscheidend auf die Zweckbestimmung des klägerischen Unternehmens und den Zweck seiner Tätigkeit an (Hessisches LSG 15.03.2016 – L 3 U 173/12 – juris RdNr. 29). Dabei kann der Zweck nicht von einer behaupteten, aber nicht nach außen getretenen Ausrichtung des Unternehmens abhängig gemacht werden (LSG a.a.O.). Vielmehr ist die Zweckausrichtung anhand objektiver äußerer Kriterien zu bestimmen, da nur solche Faktoren nachvollzogen und überprüft werden können (LSG a.a.O.). Maßgebliche Anhaltspunkte sind dabei der bei Aufnahme des Geschäftsbetriebs - etwa in einer Gewerbeanmeldung oder in einer Satzung - dokumentierte Unternehmenszweck und welches Gepräge das Unternehmen - insbesondere hinsichtlich der angebotenen Leistungen und in Bezug auf den Kundenkreis - durch den tatsächlichen Geschäftsbetrieb erhalten hat (LSG a.a.O.).

Der Senat konnte feststellen, dass das Unternehmen der Klägerin die planmäßige, zum Wohl der Allgemeinheit und nicht – allein – zum Zwecke des Erwerbes ausgeübte unmittelbare vorbeugende oder abhelfende Hilfeleistung für gesundheitlich gefährdete, beeinträchtigte und insoweit notleidende Mitmenschen, die auch über die Ziele einer bloßen Selbsthilfe-Organisation hinausgeht, zum Zweck hat und damit zur Wohlfahrtspflege gehört. Insoweit setzt die Wohlfahrtspflege i.S.d. Rechtsprechung des BSG (s.o.) nicht voraus, dass der begünstigten Personengruppe der gesundheitlich, sittlich oder wirtschaftlich gefährdeten oder notleidenden Mitmenschen körperliche oder psychische medizinische oder therapeutische Unterstützung, Behandlung oder Therapie gewährt wird. Vielmehr gehört zur Wohlfahrtspflege auch jede andere unmittelbare Hilfestellung für die begünstigte Personengruppe, die diesen zum Wohl der Allgemeinheit und nicht zum Zweck des Erwerbs oder Gewinns des Unterstützenden gewährt wird. Damit gehört auch zur Wohlfahrtspflege gesundheitlich, sittlich oder wirtschaftlich gefährdeten oder notleidenden Mitmenschen zum Wohle der Allgemeinheit die Integration in den allgemeinen (ersten) Arbeitsmarkt zu gewähren, diese Personen zu fördern und für sie Arbeitsplätze, Praktikumsplätze usw. bereit zu stellen. Dieses Ziel der Integration in den allgemeinen Arbeitsmarkt dient dem Wohl der Allgemeinheit, weil dadurch nicht nur der konkreten Person durch Teilhabe am Leben in der Gesellschaft unmittelbar geholfen wird, sondern auch die Allgemeinheit durch eine Reduzierung von Arbeits- bzw. Beschäftigungslosigkeit entlastet wird. Werden derartige Hilfen in unterschiedlicher Form, aber zielgerichtet für die genannte Personengruppe durch das Unternehmen gewährt und gibt dies dem Unternehmen das Gepräge, so handelt es sich um einen Unternehmenszweck, der zur Wohlfahrtspflege gehört. Ist es Ziel des Unternehmens dagegen solche Hilfen so anzubieten, dass das Unternehmen durch die Gewährung der Hilfen Gewinne erzielen soll und dadurch die Erbringung von Hilfe als Unternehmenszweck in den Hintergrund gedrängt wird und gibt gerade dies dem Unternehmen das Gepräge, ist mithin der Unternehmenszweck auf den Erwerb gerichtet, scheidet das Unternehmen nach seinem Zweck aus der Wohlfahrtspflege aus – verliert dann aber grds. auch seine steuerlichen Begünstigungen durch Verlust der Gemeinnützigkeit nach den §§ 51 ff. AO. An eine im Vordergrund stehende Gewinnerzielungsabsicht könnte dabei ggf. gedacht werden, wenn das Unternehmen Leistungen an den grds. von der Wohlfahrtspflege erfassten Personenkreises (z.B. behinderte bzw. langzeitarbeitslose Menschen) nur für gewinnorientierte Gegenleistungen, etwa durch Verlangen von bedarfs-, aufwands- und kostenübersteigenden Entgelten für die Dienstleistungen gegenüber diesem Personenkreis, anbietet oder das Unternehmen zwar mit Personen aus dem genannten Kreis aber ohne ins Gewicht fallende Unterstützung des einschlägigen Personenkreises nur noch gewinnorientiert Produkte oder Dienstleistungen herstellt oder anbietet, und so der soziale Zweck dem Unternehmen nicht mehr das Gepräge gibt. Zu letzterem Fall könnte z.B. - ohne, dass dies vorliegend der Fall wäre und auch nicht abschließend entschieden werden muss - an die allein gewinnorientierte Ausnutzung der Arbeitskraft des von der Wohlfahrtspflege an sich erfassten Personenkreises (z.B. behinderte bzw. langzeitarbeitslose Menschen), etwa durch Lohnkostenminimierung, gedacht werden, wenn also gerade die von der Wohlfahrtspflege geschützten Personengruppen wegen ihres Wettbewerbs- und Marknachteils gegenüber anderen Arbeitnehmern allein zur Maximierung des Unternehmensgewinns eingesetzt würden.

Vorliegend konnte der Senat feststellen, dass das Unternehmen der Klägerin Wohlfahrtspflege betreibt. So wird der Zweck des klägerischen Unternehmens durch den Gesellschaftsvertrag bestimmt. Dort wird in § 2 unter der Überschrift "Gegenstand des Unternehmens" bestimmt, dass das Unternehmen ausschließlich und unmittelbar gemeinnützige und kirchliche Zwecke im Sinne des Abschnitts "Steuerbegünstigte Zwecke" der Abgabenordnung und auch nicht in erster Linie eigenwirtschaftliche Zwecke verfolgt. Zur Verwirklichung dieses Unternehmenszwecks sind in § 2 verschiedene Tätigkeiten aufgeführt (Förderung schwerbehinderter Menschen, Anbieten von Regelarbeitsplätzen für besonders betroffene schwerbehinderte Menschen, Bereitstellung von Ausbildungsplätzen für Behinderte und schwer vermittelbare Jugendliche, Einrichtung von Praktika und Erprobungsmaßnahmen für WfBM-Beschäftigte). Damit ist – anders als die Klägerin nun behauptet – der Zweck des Unternehmens nicht darauf gerichtet, Gewinne zu erzielen, Holz zu bearbeiten, Malerarbeiten auszuführen oder Versorgungslücken, die durch das Abwandern von Lebensmittelmärkten in den städtischen Randbezirken entstanden seien, zu schließen und ein Vollsortiment in Wohnortnähe zur Verfügung zu stellen, mithin Waren des täglichen Lebensbedarfs zu verkaufen oder wettbewerbsorientiert am Markt teilzunehmen. Vielmehr dienen diese Tätigkeiten und die Teilnahme am allgemeinen Wirtschaftsverkehr der Verwirklichung des im Gesellschaftsvertrag genannten Zwecks der Förderung und Eingliederung behinderter bzw. benachteiligter Menschen in Arbeit zu normalen Arbeitsbedingungen um ihnen so eine Perspektive zur Teilhabe am Leben in der Gesellschaft zu ermöglichen, sie stellen daher nicht ihrerseits den maßgeblichen Unternehmenszweck dar. Das bestätigt auch der Internetauftritt der Klägerin, wonach sie "ausreichend geeignete Arbeitsplätze für den sozialen Auftrag bereit" stellt. Damit ist die Bereithaltung von Arbeitsplätzen in den unterschiedlichen Unternehmensbereichen und das Erzielen von Gewinnen nicht Inhalt des Unternehmens der Klägerin, sondern Mittel zur Umsetzung des sozialen Unternehmenszwecks, nämlich der der Integration behinderter Menschen in ein normales Erwerbsleben. Insoweit konnte in der mündlichen Verhandlung durch Nachfrage festgestellt werden, dass sich dieser Zweck nicht geändert hat. Weder hat sich an der tatsächlichen und – bei den C.-Märkten - einen Anteil von bis zu ca. 45 % ausmachenden Beschäftigung von Behinderten zu normalen Bedingungen des Arbeitsmarktes noch an der Zielsetzung der Klägerin zur Integration behinderter Menschen in ein normales Arbeitsverhältnis etwas geändert.

Zwar hat die Klägerin – was vom Senat anerkennend zur Kenntnis genommen wird – vorgetragen, die von ihr geförderten Personen hinsichtlich Arbeitsbedingungen und Arbeitsentgelt den Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes gleich gestellt zu haben und so versicherungspflichtige Beschäftigungsverhältnisse in allen von der Klägerin geführten Unternehmensbereichen in erheblichem Umfang begründet zu haben. Doch ist dies gerade Ausfluss der dem Unternehmen im Gesellschaftsvertrag gegebenen Ausrichtung und damit Zeichen der Umsetzung des vereinbarten Unternehmenszwecks – also "Mittel zum Zweck" -, weshalb die Begründung von versicherungspflichtigen Beschäftigungsverhältnissen nicht gegen die Zuordnung zur Wohlfahrtspflege spricht.

Auch soweit die Klägerin vorträgt, mit Erweiterung ihres Unternehmens um den rechtlich unselbständigen Geschäftsbereich der C.-Lebensmittelmärkte habe sich der Zweck des Gesamtunternehmens "N. " dahingehend geändert, dass jetzt – bezogen auf das Gesamtunternehmen - eine Gewinnerzielung beabsichtigt sei und eine wettbewerbsorientierte Marktteilnahme erfolge, ist dies für den Senat nicht nachvollziehbar. Denn nach dem Gesellschaftsvertrag ist gerade das Betreiben des Unternehmens mit Gewinnerzielungsabsicht ausgeschlossen (vgl. § 2: "unmittelbar gemeinnützige und kirchliche Zwecke im Sinne des Abschnitts "Steuerbegünstigte Zwecke" der Abgabenordnung; das Unternehmen ist damit selbstlos tätig. Das Unternehmen verfolgt nicht in erster Linie eigenwirtschaftliche Zwecke."). Eine Änderung des Gesellschaftsvertrages ist aber weder dargelegt noch behauptet worden. In der mündlichen Verhandlung vor dem Senat hat der Klägerbevollmächtigte die Frage des Gerichts, ob das Gesamtunternehmen, die einen C.-Markt betreibenden einzelnen Betriebsstätten oder auch nur einzelne C.-Märkte tatsächlich einen Gewinn erzielen, nicht beantworten können. In diesem Zusammenhang ist aber in der mündlichen Verhandlung von der Klägerin bestätigt worden, dass in den C.-Märkten nach wie vor die im Gesellschaftsvertrag genannten Personen, wie z.B. behinderte Menschen, beschäftigt werden. Damit hat sich nicht der Unternehmenszweck geändert, vielmehr hat die Klägerin lediglich das Unternehmen mit seinen bereits bestehenden Unternehmensbereichen um einen neuen Unternehmensbereich – die C.-Märkte – erweitert, um so einen breiteren Bereich zu haben und "ausreichend geeignete Arbeitsplätze für den sozialen Auftrag bereit" (vgl. Internetauftritt der Klägerin) stellen zu können. Das stellt aber im Hinblick auf den vom Senat festgestellten Unternehmenszweck – Integration für schwer auf dem Arbeitsmarkt vermittelbare Personen – gerade keine Änderung des Unternehmenszwecks dar.

Der Aspekt, ob ein Unternehmen mit Gewinnerzielungsabsicht betrieben wird, ist einer von mehreren Bewertungskriterien (wie u.a. auch der Aspekt der dem Allgemeinwohl verpflichteten Sorge um Mitmenschen), mit denen der Begriff der Wohlfahrtspflege beschrieben und zu prüfen ist. Dem Aspekt der fehlenden Erwerbsausübung mangels Gewinnerzielungsabsicht kommt große Bedeutung zu, wenn das Unternehmen ohne Gewinnerzielung betrieben wird. Es hat aber keine Ausschlusswirkung für die positive Feststellung der Wohlfahrtspflege, wenn eine Gewinnabsicht zu bejahen ist, sofern diese nicht den Unternehmenszweck dominiert oder das soziale Gepräge in den Hintergrund drängt.

Auch die Qualifizierung der Klägerin als Integrationsunternehmen i.S.d. § 132 SGB IX bedeutet keine eindeutige Zuweisung für oder gegen die Wohlfahrtspflege. Denn nach § 132 Abs. 1 SGB IX sind Integrationsprojekte rechtlich und wirtschaftlich selbständige Unternehmen (Integrationsunternehmen) oder unternehmensinterne oder von öffentlichen Arbeitgebern im Sinne des § 71 Abs. 3 SGB IX geführte Betriebe (Integrationsbetriebe) oder Abteilungen (Integrationsabteilungen) zur Beschäftigung schwerbehinderter Menschen auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt, deren Teilhabe an einer sonstigen Beschäftigung auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt auf Grund von Art oder Schwere der Behinderung oder wegen sonstiger Umstände voraussichtlich trotz Ausschöpfens aller Fördermöglichkeiten und des Einsatzes von Integrationsfachdiensten auf besondere Schwierigkeiten stößt. Damit setzt die Anerkennung als Integrationsprojekt – als Oberbegriff für Integrationsunternehmen usw. – nicht voraus, dass das Integrationsprojekt ohne Gewinnerzielungsabsicht bzw. erwerbswirtschaftliche Zwecke durchgeführt werden müsste. Insoweit hat schon der 9. Senat des LSG Baden-Württemberg darauf hingewiesen, dass keine rein ideelle Zwecksetzung vorliegen müsse, sondern das (Integrations-)Unternehmen daneben noch erwerbswirtschaftliche Zwecke verfolgen könne (LSG Baden-Württemberg 19.01.2016 – L 9 U 1028/15 – juris RdNr. 39 unter Hinweis auf Schröder in Hauck/Noftz, SGB IX, § 132 RdNr 11). Integrationsunternehmen können daher sowohl einen erwerbswirtschaftlichen als auch einen nicht erwerbswirtschaftlichen ("gemeinnützigen") Charakter haben, ggf. sogar beides zugleich. Der 9. Senat (a.a.O. RdNr. 41) spricht insoweit von einem hybriden Charakter der Integrationsunternehmen. Darauf, ob das Unternehmen insoweit mit staatlichen oder anderen Zuschüssen betrieben wird, stellt weder die Qualifizierung des Unternehmens als Integrationsunternehmen ab – vielmehr ist eher Folge der Qualifizierung als Integrationsunternehmen die Möglichkeit einer Förderung (vgl. § 134 SGB IX) – noch der Begriff der Wohlfahrtspflege.

Vorliegend konnte der Senat aber feststellen, dass das klägerische Unternehmen nach seinem Unternehmenszweck gerade keine Gewinnerzielungsabsicht und keine erwerbswirtschaftlichen Zwecke verfolgt, sodass vorliegend auch ein hybrider Charakter nicht angenommen werden kann. Aber selbst wenn ein solcher anzunehmen wäre, wäre der maßgebliche Unternehmenszweck durch eine Gewichtung der Unternehmenszwecke (vgl. LSG a.a.O. RdNr. 41) zu bestimmen. Dass die Beklagte hierbei das größere und eindeutige Gewicht auf die Wohlfahrtspflege gelegt hat, stellt insbesondere unter Berücksichtigung des Inhalts des Gesellschaftsvertrags und der dort geregelten eindeutigen Zweckbestimmung keinen groben Rechtsverstoß dar.

Auch konnte der Senat nicht feststellen, dass mittlerweile die tatsächliche Unternehmensausrichtung mit der im Gesellschaftsvertrag intendierten nicht mehr übereinstimmt. Dies entnimmt der Senat den unterschiedlichen Betätigungsfeldern an unterschiedlichen "Betriebsstätten" des Gesamtunternehmens, das neben den C.-Lebensmittelmärkten auch weitere Unternehmensbereiche betreibt, in denen die oben umschriebene Fürsorge für hilfsbedürftige und unterstützungsbedürftige Personen durch Zurverfügungstellung von Arbeitsplätzen zu normalen Bedingungen geleistet wird.

Insoweit ist für den Senat nicht erkennbar geworden, dass die – behauptete – Gewinnerzielungs- bzw. Erwerbsabsicht die allein und wesentlich den Unternehmenszweck prägende Handlungsausrichtung ist, der alle sonstigen Zwecke und Handlungsoptionen untergeordnet werden. Der Senat konnte nicht feststellen, dass Integration für die insoweit besonders bedürftige Personengruppe in den C.-Märkten nicht mehr geleistet wird. Es ist gerade nicht vorgetragen, dass jedenfalls dort keine Personen aus diesem Kreis mehr beschäftigt oder dass gar keine Hilfe mehr für diesen Personenkreis in den Märkten mehr angeboten werden. Der Senat hat solches aus den ihm zugänglichen Erkenntnismitteln auch nicht erkennen können (siehe unten). Damit ist festzustellen, dass wie zuvor auch Integration durch Zurverfügungstellung von Arbeitsplätzen unter normalen Bedingungen des Arbeitsmarktes in dem oben dargelegten Verständnis auch weiterhin als Unternehmenszweck in den Betriebsstätten der C.-Märkte, den anderen Unternehmensteilen wie auch noch im Gesamtunternehmen verfolgt wird. Eine letztlich als Nebenzweck verfolgte Gewinnorientierung oder tatsächlich erzielte Gewinne, möglicherweise auch als Nebenresultat der Präsenz in der Einzelhandelsbranche, stellt damit nicht den bisherigen und weiterverfolgten Hauptunternehmenszweck, der dem Wohl der Allgemeinheit verpflichteten Sorge um hilfebedürftige Menschen, infrage. Der Eintritt einer maßgebenden – wesentlichen – Änderung des bisherigen Hauptunternehmenszwecks ist durch die geänderten anderen Unternehmensverhältnisse nicht zu begründen. Eine maßgebende Änderung läge nur dann vor, wenn der übergeordnete Gewerbezweig "Wohlfahrtsunternehmen" entfallen wäre. Gerade das konnte der Senat aber nicht feststellen.

Soweit aber der Vortrag der Klägerin, es handele sich um ein gewinnorientiertes Unternehmen stimmen würde, handelten der/die Geschäftsführer ohne legitimierende Grundlage im Gesellschaftervertrag und damit offensichtlich entgegen dem ausdrücklich erklärten Willen der Gesellschafter; denn auch in der mündlichen Verhandlung konnte eine Änderung des Gesellschaftsvertrages oder eine Einwilligung der Gesellschafter zu einem geänderten Unternehmenszweck nicht dargelegt werden. Auch dürfte das Bestehen von Gewinnerzielungsabsicht, wie sie von der Klägerin vorgetragen wird, die bisher bestehende Anerkennung als gemeinnütziges Unternehmen ausschließen (vgl. § 55 Abs. 1 Satz 1 AO, wonach eine Förderung oder Unterstützung u.a. dann selbstlos geschieht, wenn dadurch nicht in erster Linie eigenwirtschaftliche Zwecke - zum Beispiel gewerbliche Zwecke oder sonstige Erwerbszwecke - verfolgt werden). Vor diesem Hintergrund erscheint die Behauptung einer Gewinnerzielungsabsicht, die den Zweck des klägerischen Unternehmens prägen soll, nicht naheliegend und am gewünschten Prozessziel orientiert.

Insoweit kann zwar – worauf die Klägerin zutreffend hinweist – aus der Anerkennung der Klägerin als gemeinnützig nicht unmittelbar auf die Zugehörigkeit zur Wohlfahrtspflege geschlossen werden, also Gemeinnützigkeit nicht zwingend mit Wohlfahrtspflege gleichgesetzt werden. Doch zeigt die Anerkennung als gemeinnütziges Unternehmen durch die Finanzverwaltung, dass dieses selbstlos ausgeübt wird und damit i.S.d. Rechtsprechung des BSG (s.o.) nicht zum "Erwerb", mithin nicht zu eigenwirtschaftlichen und gewinnorientierten Zwecken, ausgeübt wird. Das Fehlen eines "Erwerbs", also einer Gewinnerzielungsabsicht bzw. eines erwerbswirtschaftlichen Zwecks, aber ist Teil der vom BSG (s.o.) herangezogenen Definition der Wohlfahrtspflege, der sich der Senat – wie auch schon der 9. Senat des LSG Baden-Württemberg (Urteil vom 19.01.2016 – L 9 U 1028/15 – juris RdNr. 37) - anschließt.

Ist Zweck des klägerischen Unternehmens nach den Feststellungen des Senats gerade die planmäßige, zum Wohle der Allgemeinheit und nicht - allein - des Erwerbs wegen ausgeübte Sorge für notleidende oder gefährdete Mitmenschen, vorliegend für behinderte Menschen, um insoweit Vorbeugung oder Abhilfe – durch Vermeidung von Arbeitslosigkeit und finanzieller Bedürftigkeit - zu schaffen, handelt es sich um ein Unternehmen der Wohlfahrtspflege. Dieser Unternehmenszweck wird durch die nach außen sichtbaren, mithin objektiv erkennbaren Umstände bestätigt.

So wirbt die Klägerin auf dem auf ihrer Homepage veröffentlichten Flyer "C.-Lebensmittelmärkte Gesamtdarstellung" u.a. damit, dass C. "für ein soziales Konzept, das die Arbeitssituation von behinderten und anderen benachteiligten Menschen nachhaltig verbessert und ihnen Chancen, Hoffnung und Perspektiven bietet" steht. "In C.-Märkten arbeiten behinderte mit nicht behinderten Menschen zusammen und zeigen uns — es funktioniert hervorragend! Diese "schrankenlose" Arbeitsteilung trägt wesentlich und beispielhaft zur Integration von Menschen mit Handicaps in die Gesellschaft bei. C. qualifiziert im Einzelhandel und bildet VerkäuferInnen und Kaufleute aus. C.-Märkte sind Abteilungen des diakonischen Sozialunternehmens N. A. gGmbH (Tochter der Evangelischen Gesellschaft Stuttgart e.V.) und der N. – Unternehmen für Integration gGmbH. Die Bereitstellung eines Vollsortiments in Wohnortnähe dient darüber hinaus der Entwicklung des Gemeinwesens und fördert den sozialen Zusammenhalt der Bürger". Damit wird deutlich, dass auch die Standortwahl der C.-Märkte nicht erwerbswirtschaftlichen Gesichtspunkten folgt, sondern der Förderung des Gemeinwesens dient. Auch auf der Homepage wirbt die Klägerin damit, dass "In der N. langzeitarbeitslose und behinderte Menschen in der Holzverarbeitung und in C.-Lebensmittelmärkten tätig [sind]. Der Unternehmensauftrag der N. gGmbH ist es, Arbeitsplätze zu schaffen und benachteiligten Menschen die Integration in die Arbeitswelt zu ermöglichen. Die Arbeiten in der Holzverarbeitung und den C.-Lebensmittelmärkten sind einfach und stellen ausreichend geeignete Arbeitsplätze für den sozialen Auftrag bereit." (vgl. http://n ...de/index.php). Auch zum Unternehmensbereich "Garten und Natur" führt die Klägerin auf ihrer Internetseite aus: "Der soziale Auftrag - Beschäftigen, integrieren, qualifizieren, vermitteln - Wir bieten Menschen mit Behinderung oder Menschen mit besonderen Problemen: • Beschäftigung in einer naturnahen Tätigkeit • Unterstützung bei der sozialen und beruflichen Integration durch qualifizierte Sozialpädagogen und Fachkräfte • die Möglichkeit, landschaftsgärtnerische Kenntnisse und Fertigkeiten zu erwerben • Vermittlung in den ersten Arbeitsmarkt Wir bieten Menschen mit Behinderung und langzeitarbeitslosen Menschen die Chance, unter fachlicher Anleitung einer geregelten Arbeit nachzugehen und sich durch gezielte Qualifizierungskurse im Bereich Garten und Natur weiterzubilden. Dabei werden Gärten gestaltet, gepflegt und in gemeinnütziger Arbeit die heimische Flora- und Faunavielfalt in der Landschaft erhalten. Begleitend unterstützen wir diese Menschen bei der Suche nach einem geeigneten Arbeitsplatz."

Vor diesem Hintergrund konnte der Senat feststellen, dass es alleiniger bzw. prägender Zweck des Unternehmens der Klägerin war und ist, behinderte Menschen in den Arbeitsmarkt zu integrieren, soziale Projekt zu diesem Zweck durchzuführen, um so Wohlfahrtspflege planmäßig, zum Wohle der Allgemeinheit und nicht zum Zwecke des Erwerbs für gesundheitlich beeinträchtigte Mitmenschen unmittelbar durch Vorbeugung und Abhilfe zu leisten. Dieser Unternehmenszweck wird in der täglichen Arbeit umgesetzt, sodass auch nicht durch eine abweichende Umsetzung auf eine Änderung des Unternehmenszwecks geschlossen werden kann. Das zeigt sich z.B. auch daran, dass im Rahmen von auf europäischer Ebene geförderten Projekten Personen ohne Entgelt Praktikumsplätze angeboten worden waren (vgl. die Ausführungen des Geschäftsführers der Klägerin gegenüber der VBG, Blatt 2 der Beklagtenakte).

War der ursprüngliche Zweck des klägerischen Unternehmen die Integration behinderter Menschen in Arbeit und Teilhabe am Leben in der Gesellschaft, mithin die Wohlfahrtspflege, und hat die Erweiterung des Unternehmens um den Unternehmensbereich der C.-Märkte - wie der Senat feststellen konnte - den Unternehmenszweck nicht geändert, vielmehr lediglich die Unternehmensbereiche erweitert, so liegt keine wesentliche Änderung i.S.d. § 136 Abs. 1 Satz 4 SGB VII vor. Auch war die ursprüngliche Beurteilung als Unternehmen der Wohlfahrtspflege, das zum Zuständigkeitsbereich der Beklagten gehört, nicht unzutreffend.

Damit konnte der Senat die ungeänderte und durchgehende Zuständigkeit der Beklagten für das Unternehmen der Klägerin von Anfang an feststellen. Da das SG VII grds. davon ausgeht, dass für jedes Unternehmen nur eine Berufsgenossenschaft zuständig ist, verbleibt es vorliegend vollumfänglich bei der Zuständigkeit der Beklagten auch für die weiteren Unternehmensbereiche C.-Märkte, Holz, Gartenbau und Malerei. Insoweit handelt es sich bei diesen Unternehmensbereichen nicht um mehrere rechtlich und wirtschaftlich selbständige Unternehmen, vielmehr bilden die verschiedenen Bereiche das einheitliche Gesamtunternehmen der Klägerin, das als Ganzes der Zuständigkeit der Beklagten unterfällt (dazu vgl. BSG 28.11.2006 – B 2 U 33/05 RBSGE 97, 279-285 = SozR 4-2700 § 136 Nr. 2 = juris RdNr. 19). Der Senat konnte feststellen, dass zwischen den einzelnen Unternehmensbereichen im Hinblick auf das Gesamtunternehmen der Klägerin ein wirtschaftlicher und betriebstechnischer Zusammenhang besteht, die Betriebsteile einer einheitlichen Leitung unterstehen und der Verfügungsgewalt desselben Unternehmers unterliegen (dazu vgl. BSG 28.11.2006 – B 2 U 33/05 RBSGE 97, 279-285 = SozR 4-2700 § 136 Nr. 2 = juris RdNr. 19 m.w.N.). Auch soweit die C.-Märkte über eigene, rechtlich unselbständige Niederlassungen verfügen, handelt es sich gerade nicht um wirtschaftlich eigenständige Teile sondern um Hilfsbetriebe in Form unselbständiger Niederlassungen der Klägerin, die ganz im Gefüge des Gesamtunternehmens aufgehen und einer einheitlichen Verfügungsgewalt der Klägerin unterworfen sind und daher keine eigene Zuständigkeit begründen.

Schließlich liegen auch keine schwerwiegenden Unzuträglichkeiten vor, die eine Überweisung der Klägerin an die Beigeladene rechtfertigen könnten (§ 136 Abs. 1 Satz 1 2. Alternative SGB VII). Schwerwiegende Unzuträglichkeiten, welche die Zugehörigkeit zur formal zuständigen Berufsgenossenschaft als unbillige Härte erscheinen lassen, können in Umständen gesehen werden, welche geeignet sind, im Aufbau und in der Durchführung der gesetzlichen Unfallversicherung selbst Schwierigkeiten hervorzurufen (BSG 28.11.1961 - 2 RU 36/58 – juris; LSG Baden-Württemberg 19.01.2016 – L 9 U 1028/15 – juris RdNr. 43). Eine Beitragsbelastung dagegen stellt keine Unzuträglichkeit dar (BSG 04.05.1999 - B 2 U 11/98 R - SozR 3-2200 § 664 Nr. 2 = juris; BSG 12.12.1985 – 2 RU 57/84 – juris RdNr. 15; BSGE 15, 282, 291; LSG Baden-Württemberg 19.01.2016 – L 9 U 1028/15 – juris RdNr. 43; LSG Baden-Württemberg 20.01.1994 - L 7 U 2362/91 - juris). Die Beklagte hat zwar nachvollziehbar darauf hingewiesen, dass sie im Fall einer Überweisung an die Beigeladene günstigere Beiträge zu zahlen hätte, damit ihre Finanzlast verringert würde und sie so mehr Spielraum für höhere Gehälter der Mitarbeiter bzw. weitere Arbeitsplätze hätte. Jedoch stellt die Beitragsbelastung keine schwerwiegende Unzuträglichkeit dar, denn jedes Unternehmen hat nach der gesetzlichen Rechtsordnung den bei seiner zuständigen Berufsgenossenschaft anfallenden Beitrag, der sich anhand der Ausgaben der Berufsgenossenschaft errechnet und grds. solidarisch von den versicherten Unternehmen getragen wird, zu zahlen. Insoweit hat der Gesetzgeber es gerade in Kauf genommen, dass einzelne Unternehmer höher belastet werden, als es den ihr Unternehmen betreffenden Aufwendungen der UV tatsächlich entspricht; die Einstufung in Gefahrklassen usw. ist aber vorliegend nicht streitig. Insoweit kann eine schwerwiegende Unzuträglichkeit bereits durch die deutliche Reduzierung der Zahl von Berufsgenossenschaften im Wege von Fusionen - und somit durch die Tendenz zur Auflösung homogener Gefahrengemeinschaften - nur schwer begründet werden (Diel in Hauck/Noftz, SGB VII, § 136 RdNr. 32). Damit konnte der Senat nicht feststellen, dass es sich bei der von der Klägerin zu tragenden Beitragslast dem Grunde nach schon um eine schwerwiegende Unzuträglichkeit handeln würde.

Eine schwerwiegende Unzuträglichkeit lässt sich auch nicht wegen Verstoß gegen nationale, insbesondere verfassungsrechtliche oder europäische Diskriminierungsverbote begründen (LSG Baden-Württemberg 19.01.2016 – L 9 U 1028/15 – juris RdNr. 44). Gemäß Art. 3 Abs. 3 Satz 2 GG darf niemand wegen seiner Behinderung benachteiligt werden. Eine Benachteiligung liegt nicht nur bei Regelungen und Maßnahmen vor, die die Situation des Behinderten wegen seiner Behinderung verschlechtern. Vielmehr kann eine Benachteiligung auch bei einem Ausschluss von Entfaltungs- und Betätigungsmöglichkeiten durch die öffentliche Gewalt gegeben sein, wenn dieser nicht durch eine auf die Behinderung bezogene Förderungsmaßnahme hinlänglich kompensiert wird (LSG Baden-Württemberg 19.01.2016 – L 9 U 1028/15 – juris RdNr. 45). Wann ein solcher Ausschluss durch Förderungsmaßnahmen so weit kompensiert ist, dass er nicht benachteiligend wirkt, lässt sich nicht generell und abstrakt festlegen (LSG Baden-Württemberg 19.01.2016 – L 9 U 1028/15 – juris RdNr. 45). Ob die Ablehnung einer vom Behinderten erstrebten Ausgleichsleistung und der Verweis auf eine andere Entfaltungsalternative als Benachteiligung anzusehen sind, wird regelmäßig von Wertungen, wissenschaftlichen Erkenntnissen und prognostischen Einschätzungen abhängen (LSG Baden-Württemberg 19.01.2016 – L 9 U 1028/15 – juris RdNr. 45). Nur aufgrund des Gesamtergebnisses dieser Würdigung kann darüber befunden werden, ob eine Maßnahme im Einzelfall benachteiligend ist (BVerfGE 96, 303). Eine unmittelbare Benachteiligung ist bereits deshalb nicht ersichtlich, weil im gesetzlichen Unfallversicherungsrecht die Beiträge ausschließlich den Arbeitgeber und nicht die vom Schutzbereich des Art. 3 Abs. 3 Satz 2 GG betroffenen behinderten Menschen (LSG Baden-Württemberg 19.01.2016 – L 9 U 1028/15 – juris RdNr. 46 unter Hinweis auf Leibholz/Rinck/Hesselberger in Leibholz/Rinck, Grundgesetz, Stand September 2015, Art. 3 RdNr. 5000 ff.) belasten. Auch eine mittelbare Benachteiligung behinderter Menschen ist im vorliegenden Fall nicht ersichtlich. Soweit sich die Klägerin darauf beruft, dass durch hohe Beiträge zur Beklagten sie nicht mehr genug Mittel für höhere Arbeitsentgelte oder weitere Arbeitsplätze hätte, berührt dies weder unmittelbar noch mittelbar grundrechtlich geschützte Rechtspositionen der bei der Klägerin arbeitenden Personen. Auch insoweit lässt sich keine schwere Unzuträglichkeit begründen (LSG Baden-Württemberg 19.01.2016 – L 9 U 1028/15 – juris RdNr. 48). Denn die Beitragshöhe ist abhängig von der Veranlagung, die gerade nicht Gegenstand des vorliegenden Rechtsstreits ist, nicht jedoch von der allgemeinen (zumindest formellen) Zuständigkeit der Beklagten (LSG Baden-Württemberg 19.01.2016 – L 9 U 1028/15 – juris RdNr. 48).

Aus denselben Gründen kommt ein Verstoß gegen das AGG oder die Richtlinie 2000/78 EG nicht in Betracht. Gemäß § 7 Abs. 1 AGG dürfen Beschäftigte nicht wegen eines in § 1 genannten Grundes benachteiligt werden. Eine Benachteiligung nach Absatz 1 durch Arbeitgeber oder Beschäftigte ist eine Verletzung vertraglicher Pflichten, § 7 Abs. 3 AGG. Gemäß § 1 AGG ist Ziel des Gesetzes, Benachteiligungen aus Gründen der u. a. Behinderung zu verhindern oder zu beseitigen. Nach Absatz 12 der Richtlinie 2000 / 78 EG sollte jede unmittelbare oder mittelbare Diskriminierung wegen ( ) einer Behinderung in den von der Richtlinie abgedeckten Bereichen gemeinschaftsweit untersagt werden. Eine europarechtskonforme Auslegung des § 136 Abs. 2 SGB VII nach dem Grundsatz des "effet utile" ist somit ebenfalls nicht erforderlich (LSG Baden-Württemberg 19.01.2016 – L 9 U 1028/15 – juris RdNr. 49).

Daher war die Berufung in vollem Umfang zurückzuweisen, es war lediglich die Kostenentscheidung zu ändern.

Das Verfahren ist nach §§ 197a Abs. 1 Satz 1, 183 Satz 2 GKG gerichtskostenpflichtig, die Kostenentscheidung beruht auf §§ 154 Abs. 2, 162 Abs. 3 VwGO. Die Auferlegung von Kosten des Beigeladenen auf den unterliegenden Beteiligten entspricht nach gefestigter Rechtsprechung (BSG 19.07.2006 - B 6 KA 33/05 B - juris) nur dann der Billigkeit, wenn der Beigeladene erfolgreich Anträge gestellt hat und somit ein eigenes Prozessrisiko eingegangen ist. Die Beigeladene hat jedoch weder vor dem SG noch im Berufungsverfahren einen Antrag gestellt. Die außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen sind insoweit von dieser selbst zu tragen (§ 162 Abs. 3 VwGO). Insoweit war der Senat als Rechtsmittelgericht zu einer Abänderung oder Ergänzung der Kostenentscheidung der Vorinstanz befugt ( Leitherer in: Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, SGG, 11. Auflage, § 197a RdNr. 12 m.w.N.).

Die Festsetzung des Streitwerts beruht auf § 52 Abs. 1 und Abs. 3 Satz 1 GKG. In Verfahren vor den Gerichten unter anderem der Sozialgerichtsbarkeit ist, soweit nichts anderes bestimmt ist, der Streitwert nach der sich aus dem Antrag des Klägers ergebenden Bedeutung der Sache nach Ermessen zu bestimmen, § 52 Abs. 1 GKG. Bietet der Sach- und Streitstand für die Bestimmung des Streitwerts keine genügenden Anhaltspunkte, ist gemäß § 52 Abs. 3 GKG ein Streitwert von 5.000,00 EUR anzunehmen. Bei einem Streit um den zuständigen Unfallversicherungsträger für ein Unternehmen nach §§ 121 ff. SGB VII ist der dreifache Jahresbeitrag des Unfallversicherungsträgers, gegen dessen Zuständigkeit sich das klagende Unternehmen wendet, mindestens aber der vierfache Auffangstreitwert zugrunde zu legen (BSG, Beschluss vom 28.02.2006, B 2 U 31/05 R). Dies gilt auch bei einem Rechtstreit über einen Überweisungsanspruch (LSG Baden-Württemberg 19.01.2016 – L 9 U 1028/15 – juris RdNr. 54). Denn auch hier ist eine langfristige Bedeutung anzunehmen, die insbesondere in den jahrelang zu erbringenden Präventionsleistungen, einschließlich der damit einhergehenden Überwachung und Beratung, zu sehen ist. Insoweit war der Streitwert für das Berufungsverfahren mit dem SG und auch der vorläufigen Festsetzung auf 33.005,82EUR festzusetzen.

Gründe für die Zulassung der Revision nach § 160 Abs. 2 Nr. 1 und 2 SGG liegen nicht vor.
Rechtskraft
Aus
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