Land
Freistaat Bayern
Sozialgericht
SG München (FSB)
Sachgebiet
Rentenversicherung
Abteilung
31
1. Instanz
SG München (FSB)
Aktenzeichen
S 31 R 1567/15
Datum
2. Instanz
Bayerisches LSG
Aktenzeichen
L 7 R 5035/17
Datum
-
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
I. Unter Aufhebung des Bescheides vom 08.01.2015 in Gestalt des Wider-spruchsbescheides vom 25.06.2015 wird festgestellt, dass die Tätigkeit der Beigeladenen für den Kläger vom 13.02.1013 bis zum 26.12.2013 nicht im Rahmen eines Beschäftigungsverhältnisses ausgeübt wurde, und demzu-folge keine Versicherungspflicht in der gesetzlichen Rentenversicherung und nach dem Recht der Arbeitsförderung bestand.
II. Die Beklagte trägt die Kosten des Rechtsstreits.
Tatbestand:
Zwischen den Beteiligten ist streitig, ob die Beigeladene im Jahr 2013 beim Kläger be-schäftigt war im Sinne von § 7 SGB IV.
Der Kläger betreibt einen Pflegedienst, der auf die ambulante Versorgung von tracheoto-mierten und langzeitbeatmeten Menschen spezialisiert ist. Der Kläger hat einen Versorgungsvertrag mit verschiedenen Krankenkassen gemäß § 72 SGB XI. Er schließt mit Patienten, die zu Hause gepflegt werden, Pflegeverträge. Er rechnet die Pflegeleistungen bei Kassenpatienten direkt mit der jeweiligen Krankenkasse, bei Privatpatienten mit diesen selbst ab. Im hier streitigen Zeitraum hatte der Kläger ca. 40 festangestellte Pflegefachkräfte und ca. 7 bis 8 Pflegefachkräfte, die auf der Basis von "Kooperationsverträgen" ambulante Pflegedienstleistungen als Selbständige für den Kläger erbrachten.
Die Beigeladene, geboren am XX.XX. 1977, ist Fachkrankenschwester und hatte im hier streitigen Zeitraum vom 13.02.2013 bis zum 26.12.2013 eine Vollzeit-Festanstellung bei einem anderen Pflegedienst. Sie wollte darüber hinaus Pflegedienstleistungen als Selbständige erbringen und schloss zu diesem Zweck mit dem Kläger am 01.02.2013 einen "Kooperationsvertrag". Dem Vertragsabschluss waren Verhandlungen zwischen der Bei-geladenen und dem Kläger über die Bezahlung vorangegangen, wobei man sich auf eine Vergütung von 24,50 Euro pro Stunde einigte, wahlweise eine projektbezogene, individuell vereinbarte Vergütung im Rahmen des jeweiligen Einzelauftrags. Der Kooperationsvertrag war ein Rahmenvertrag für den Fall einer Auftragsannahme im Einzelfall über pflegerische Versorgung, Überwachung medizinischer Geräte und Beratung von Patient, Angehörigen und Auftraggeber in speziellen Fachfragen. Laut Kooperationsvertrag war die Beigeladene zur persönlichen Leistungserbringung grundsätzlich verpflichtet, konnte sich aber ausnahmsweise und mit Einverständnis des Klägers der Dienstleistungen Dritter bedienen. Eine Verpflichtung zum Angebot von Einzelaufträgen seitens des Klägers oder zur Annahme solcher Einzelaufträge seitens der Beigeladenen war ausdrücklich nicht vorge-sehen. Die fachpflegerischen Leistungen sollte die Beigeladene eigenständig durchführen und über ihre Leistungen monatlich bzw. bei Projektende eine Rechnung stellen. Laut Vertrag sollte die Beigeladene ihre Dienstleistung als Selbständige erbringen. Die Beigeladene war zum Abschluss einer Berufshaftpflichtversicherung verpflichtet. Der Kooperationsvertrag war unter Einhaltung einer vierwöchigen Frist schriftlich kündbar.
Die Beigeladene selbst hatte keinen Versorgungsvertrag mit einer Krankenkasse geschlossen. Sie war im streitgegenständlichen Zeitraum außer für den Kläger auch noch für zwei weitere Pflegedienste als Selbständige tätig (neben ihrer Tätigkeit als Festangestellte für einen weiteren Pflegedienst).
Am 15.08.2014 beantragte die Beigeladene bei der Beklagten ein Statusfeststellungsverfahren mit dem Ziel, eine selbständige Tätigkeit festzustellen.
Die Beklagte ermittelte zu den Umständen der Tätigkeit, die sich nach Beweisaufnahme im vorliegenden Rechtsstreit darstellen, wie folgt:
Die Beigeladene absolvierte keine regelmäßigen Einsatztage beim Kläger. Sie übernahm in der Regel Schichten der Patientenbetreuung von 8.00 – 20.00 Uhr oder 20.00 bis 8.00 Uhr, teilweise auch 24- Stunden- Schichten. Die Beigeladene teilte dem Kläger im Vorfeld mit, zu welchen Zeiten sie zur Verfügung stünde. Sie nahm einzelne Aufträge an, wenn sie ihr zusagten, sowohl im Hinblick auf den Anfahrtsweg, als auch auf den jeweiligen Patienten. Die Pflege an sich erfolgte gemäß ärztlicher Anordnung. Weisungen des Klägers dazu, wie die Pflege ausgeführt werden sollte, oder wie mit einem Patienten umzugehen sei, gab es nicht. Ebensowenig gab es eine Einweisung in den Arbeitsplatz oder eine klägerseitige Kontrolle der Pflegeleistungen. Die Beigeladene nahm nicht an Dienstbespre-chungen des Klägers teil, auch nicht an dessen Fortbildungsveranstaltungen. Sie arbeitete nicht mit Angestellten des Klägers zusammen. Es kamen keinerlei Arbeitsmittel des Klägers zum Einsatz. Die Patienten stellten selbst alles, was für die Pflege notwendig ist, z.B. Verbandsmittel oder ein Blutdruckmessgerät. Die Beigeladene trug eigene Arbeitskleidung. Die Fahrtwege zu den Patienten legte sie mit ihrem eigenen PKW zurück. Für die Rechnungsstellung benutzte sie ihr eigenes Notebook.
Die Beigeladene war im streitigen Zeitraum nicht erkrankt oder sonst kurzfristig verhindert, einen übernommenen Auftrag auszuführen. Wäre dies der Fall gewesen, so hätte sie sich um eine Ersatzkraft gekümmert. In betrieblich-organisatorische Tätigkeiten des Klägers war die Beigeladene nicht eingebunden.
Die Beigeladene war nicht verpflichtet, dem Kläger zu einem bestimmten Zeitpunkt ihre zeitlichen Kapazitäten mitzuteilen. Hatte die Beigeladene einen Auftrag zur Pflege eines Patienten angenommen, so wurde sie namentlich im Dienstplan des Klägers aufgeführt.
Anspruch auf Vergütung hatte die Beigeladene nur, soweit die Pflegeleistung tatsächlich erbracht wurde. Wurde die Pflegeleistung entgegen ursprünglichem Auftrag doch nicht benötigt, etwa weil der Patient ins Krankenhaus musste oder verstarb, so bestand auch kein Anspruch auf Vergütung.
Die festangestellten Pflegefachkräfte des Klägers hatten im Gegensatz zur Beigeladenen nicht die Möglichkeit, ihre Einsatzzeiten frei zu wählen. Sie konnten lediglich angeben, an welchen Tagen sie im bevorstehenden Monat gerne frei hätten, wobei insgesamt maximal fünf solcher "Freiwünsche" pro Monat möglich waren. Festangestellte Pflegefachkräfte erhielten, soweit nötig, Weisungen des Klägers, etwa hinsichtlich der Frage, wie mit schwierigen Patienten umzugehen sei. Festangestellte hatten keinen Anspruch, bei be-stimmten, z.B. besonders schwierigen Patienten nicht eingesetzt zu werden. Soweit es keine besonderen Weisungen gab, erbrachten auch die Festangestellten ihre Pflegedienstleistung gemäß der ärztlichen Anordnung und den Wünschen der Patienten. Fest-angestellte waren, anders als die Beigeladene, verpflichtet, an Dienstbesprechungen des Klägers teilzunehmen und wurden auf Kosten und Veranlassung des Klägers fortgebildet.
Die Beklagte stellte nach Anhörung der Beteiligten mit dem streitgegenständlichen Bescheid vom 08.01.2015 fest, dass die Beigeladene vom 13.02. bis zum 26.12.2013 beim Kläger beschäftigt gewesen sei. In dem Beschäftigungsverhältnis habe Versicherungspflicht in der gesetzlichen Rentenversicherung sowie nach dem Recht der Arbeitsförde-rung bestanden. Nach Auffassung der Beklagten spricht für ein Beschäftigungsverhältnis, dass durch den Pflegeauftrag der Ort der Leistungserbringung vorgegeben sei, sich die Arbeitszeiten nach den Bedürfnissen der Patienten richteten, Gestaltungsmöglichkeiten hinsichtlich der Leistungserbringung nicht bestanden hätten, die Beigeladene nach Pati-entenwunsch und ärztlicher Verordnung tätig werden musste. Der Kläger hätte die fachliche Verantwortung für die Leistungserbringung getragen. Die Vergütung mit einem Stun-denlohn spreche für Beschäftigung, ebenso die Tatsache, dass der Kläger mit den Krankenkassen bzw. Patienten abrechne und die Beigeladene auf die Preisgestaltung gegen-über den Patienten und Kassen keinen Einfluss gehabt hätte. Ein Unternehmerrisiko der Beigeladenen habe nicht bestanden. Demgegenüber fielen die Merkmale für eine selbständige Tätigkeit (Tätigkeit für weitere Auftraggeber und Möglichkeit, Aufträge abzulehnen) nicht ins Gewicht.
Sowohl der Kläger als auch die Beigeladene erhoben Widerspruch gegen diesen Statusfeststellungsbescheid. Im Widerspruchverfahren legte der Kläger seinen Versorgungsver-trag gemäß § 72 SGB XI vor. Zur Begründung der Widersprüche wurde insbesondere vorgetragen, die Beigeladene sei frei hinsichtlich der Frage, welche Zeitkontingente sie anbiete. Die Beigeladene hätte sich z.B. im streitgegenständlichen Zeitraum länger im Ausland aufgehalten wegen der Veröffentlichung eines von ihr geschriebenen Buchs. Dies sei ohne weiteres möglich gewesen, da sie keine Verpflichtung gehabt hätte, dem Kläger gewisse Zeiten anzubieten. Außerdem habe die Beigeladene frei auswählen können, ob sie einen Patienten übernähme oder nicht. Auch habe keine Verpflichtung zur höchstpersönlichen Leistungsbringung bestanden. Eine finanzielle Abhängigkeit der Beigeladenen vom Kläger habe nicht bestanden, da diese eine Vollzeitstelle bei einem anderen Pflegedienst inne hatte und überdies für zwei weitere Pflegedienste als Selbständige tätig war. Auch in die betrieblichen Abläufe des Klägers sei die Beigeladenen nicht eingebunden gewesen. Im Übrigen habe die fachliche Verantwortung für die Pflege nicht allein beim Kläger gelegen, vielmehr habe die Beigeladene die Durchführungsverantwortung getragen. Im Übrigen hätte auch ein Unternehmerrisiko bestanden, die Beigeladene habe durchaus eigene Betriebsmittel eingesetzt, wie etwa ihren PKW und eigene Büroausstat-tung, verbunden mit dem Risiko, dass ein zu pflegender Patient die Pflege letztlich doch nicht brauchte und so eine Vergütungsanspruch entfiel.
Die Widersprüche wurden mit Widerspruchsbescheid vom 25.06.2015 zurückgewiesen.
Dagegen erhob der Kläger die hier vorliegende Klage. Die Beigeladene erhob ebenfalls Klage (Az.: S 31 R 1600/15). Das Klageverfahren der Beigeladenen ruht bis zum rechtskräftigen Abschluss des vorliegenden Verfahrens.
Das Gericht hat Frau B. gemäß § 75 Abs. 2 SGG zum Rechtstreit beigeladenen. In der mündlichen Verhandlung vom 23.02.2017 wurden der Kläger und die Beigeladene ausführlich zu den Umständen der streitigen Tätigkeit angehört. Wegen des Ergebnisses der Anhörung wird auf das Protokoll der Verhandlung vom 23.02.2017 Bezug genommen.
Der Kläger beantragt,
unter Aufhebung des Bescheides vom 08.01.2015 in Gestalt des Widerspruchsbe-scheides vom 25.06.2015 festzustellen, dass die Tätigkeit der Beigeladenen für den Kläger vom 13.02.2013 bis zum 26.12.2013 als Pflegefachkraft nicht im Rahmen eines Beschäftigungsverhältnisses ausgeübt wurde und demzufolge keine Versicherungspflicht in der gesetzlichen Rentenversicherung und nach dem Recht der Arbeitsförderung bestand.
Die Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Die Beigeladene stellt keinen Antrag.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vortrags der Beteiligten wird auf den Inhalt der beigezogenen Rentenversicherungsakte und der Akte des Sozialgerichts München Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die Klage ist zulässig und in vollem Umfang begründet.
Die Beigeladene stand im Jahr 2013 nicht in einem Beschäftigungsverhältnis zum Kläger. Der Bescheid vom 08.01.2015 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 25.06.2015 ist rechtswidrig und verletzt den Kläger in seinen Rechten.
Die Beklagte ist gemäß § 7 a SGB IV zuständig für die Feststellung des sozialversicherungsrechtlichen Status der Beigeladenen und darf hierüber auch nach Beendigung der zu beurteilenden Tätigkeit entscheiden (vgl. BSG SozR. 4-2400, § 7a Nr. 3, Rn 32). Sie ist jedoch materiell- rechtlich zu dem rechtswidrigen Ergebnis gelangt, die Beigeladene sei beschäftigt gewesen.
Beurteilungsmaßstab für die Prüfung, ob eine Beschäftigung vorlag, ist § 7 Abs. 1 SGB IV. Danach ist Beschäftigung die nichtselbständige Arbeit, insbesondere in einem Arbeitsverhältnis. Anhaltspunkte für eine Beschäftigung sind gemäß § 7 Abs. 1 Satz 2 SGB IV eine Tätigkeit nach Weisungen und die Eingliederung in die Arbeitsorganisation des Weisungsgebers. Ob demnach eine Beschäftigung besteht, ist nach Gesamtwürdi-gung aller Umstände, die für oder gegen eine Beschäftigung sprechen, abzuwägen. Entscheidend ist dabei letztendlich, welche Umstände überwiegen. Ausgangspunkt ist dabei das Vertragsverhältnis, wie es sich aus den Vereinbarungen ergibt. Weichen die tatsächlichen Verhältnisse davon ab, sind diese maßgeblich, soweit die Abbedingung vertraglicher Vereinbarungen rechtlich zulässig ist.
Nach Auffassung des erkennenden Gerichts unterlag die Beigeladene weder einem Weisungsrecht des Klägers, noch war sie in dessen Arbeitsorganisation eingegliedert.
Sowohl die Beigeladene als auch der Kläger haben in der mündlichen Verhandlung unabhängig voneinander glaubwürdig dargelegt, dass hinsichtlich der Frage, wie ein Patient zu pflegen und wie mit ihm und seinen Angehörigen umzugehen sei, keinerlei Weisungen von Seiten des Klägers erteilt wurden. Was die pflegerischen Leistungen anging, so wurde der Rahmen durch die ärztliche Verordnung vorgegeben. Dies galt zwar für freiberufliche Pflegekräfte gleichermaßen wie für Angestellte. Aus der Tatsache, dass hinsichtlich des Inhalts der pflegerischen Leistungen Angestellte auch keine fachliche Weisungen ihres Arbeitgebers erhielten, kann jedoch nicht geschlossen werden, die Beigeladene unterliege einem Arbeitgeber-Direktionsrecht. Sie erhielt nämlich auch jenseits der Frage, welche pflegerischen Leistungen zu erbringen sind, keine Weisungen vom Kläger. Darin liegt ein bedeutender Unterschied zur Tätigkeit der zahlreichen Festangestellten, die der Kläger beschäftigt. Diese erhalten, wo nötig, durchaus Weisungen vom Kläger, beispielsweise, ob ein alkoholkranker Patient wunschgemäß in eine Gastwirtschaft zum Alkoholkonsum begleitet werden soll, oder nicht. Solcherlei Fragen, die den Umgang mit schwierigen Patienten betreffen, entschied die Beigeladene – im Unterschied zu den Beschäftigten des Klägers - in eigener Verantwortung und frei von Weisungen.
Weiterhin gab es kein Weisungsrecht des Klägers hinsichtlich der Zeiten, in welchen die Beigeladene für ihre Dienstleistung bereit stehen sollte. Die Beigeladene bestimmte selbst, welche Zeiten sie dem Kläger anbieten wollte und hatte nur dann eine Verpflichtung zur Anwesenheit beim Patienten, wenn sie einen angebotenen Einzelauftrag auch annahm. Diese Freiheit erstreckte sich ebenso auf die Frage, bei welchen Patienten die Beigeladene ihre Dienstleistung erbringen wollte. Lag ihr ein Patient nicht, oder war ihr der Anfahrtsweg zu weit, so konnte sie dessen Pflege ohne weiteres ablehnen. Diese Möglichkeit hatten angestellte Pflegekräfte nicht.
Der Arbeitsort ergab sich aus der Natur des Auftrags. Ein Patient kann nur dort gepflegt werden, wo er sich befindet. Darin ist keine Bestimmung des Arbeitsorts im Sinn eines Arbeitgeber-Direktionsrechts zu erblicken.
Aus der Tatsache, dass die Beigeladene frei über ihre Einsatzzeiten verfügen konnte, ergibt sich, dass eine Eingliederung in die betriebliche Organisation des Klägers nicht vorlag. Um seinen Betrieb ordnungsgemäß führen zu können, muss der Kläger in der Lage sein, sämtliche Pflegezeiten, zu deren Übernahme er sich in Pflegeverträgen mit Patienten verpflichtet hat, auch abzudecken. Um dies sicherstellen zu können, beschäftigte der Kläger im streitigen Zeitraum ca. 40 festangestellte Pflegefachkräfte, denen er die Ein-satzzeiten nach den Bedürfnissen seines Betriebs vorgeben konnte. Über die Einsatzzeiten der Beigeladenen konnte der Kläger nicht in dieser Weise zeitlich verfügen. Das bedeutet, dass er kein bestimmtes Zeitkontingent der Beigeladenen bei der Pflegedienstplanung einkalkulieren konnte. Erst dann, wenn die Beigeladene verfügbare Zeiten meldete, konnte er sie in die Planung der Dienste einbeziehen. Die Tatsache, dass die Beigeladene, sobald sie einen Pflegeauftrag angenommen hatte, namentlich im Dienstplan aufgeführt wurde, reicht nicht aus, um eine Eingliederung in die betriebliche Organisation im Sinne von § 7 SGB IV zu bejahen. Dies gilt insbesondere auch im Hinblick darauf, dass die Beigeladen unter keinem sonstigen Aspekt in die betriebliche Organisation eingebunden war. Sie nahm nicht an Dienstbesprechungen des Klägers teil und ebensowenig an Fortbildungsveranstaltungen, an denen die angestellten Pflegefachkräfte durchaus teilzu-nehmen hatten. Organisatorische Tätigkeiten übte die Beigeladene für den Kläger nicht aus. Sie trug auch keine Dienstkleidung des Klägers und trat den Patienten gegenüber nicht als dessen Angestellte auf. Ferner wurde der Beigeladenen klägerseits auch keinerlei Arbeitsmaterial zur Verfügung gestellt. Die Anfahrtswege zum Patienten bewältigte die Beigeladene mit dem eigenen PKW, dessen Anschaffungs- und Betriebskosten sie selbst trug. Dies ist nicht gleichzusetzten mit einem Angestellten, der den Weg zum Arbeitgeber vor und nach Beginn seiner Dienstzeit mit einem eigenen PKW zurücklegt. Denn vorlie-gend geht es nicht um den Anfahrtsweg zum Betrieb des Arbeitgebers, sondern um den Anfahrtsweg zu den jeweiligen Einsatzorten, der Teil der geschuldeten Tätigkeit ist, und den Angestellte üblicherweise mit einem Firmenfahrzeug, dessen Betriebskosten der Ar-beitgeber trägt, zurücklegen.
Auch die Tatsache, dass die Beigeladene im Falle ihrer kurzfristigen Verhinderung, einen übernommenen Auftrag auszuführen, selbst in der Verantwortung gestanden hätte, eine Ersatzkraft zu organisieren, zeigt, dass sie nicht in die betriebliche Organisation des Klägers eingegliedert war. Denn im Falle ihrer Eingliederung hätte der Kläger einen kurzfristi-gen Ausfall der Beigeladenen im Rahmen seiner Dienstplanung selbst kompensieren müssen.
Entgegen der Ansicht der Beklagten ist das erkennende Gericht auch der Auffassung, dass die Beigeladene durchaus ein Unternehmerrisiko zu tragen hatte. Dieses Risiko ergibt sich daraus, dass die Beigeladene Investitionen, etwa für die Anschaffung des PKW und des Notebooks, tätigen musste, um ihre Tätigkeit anbieten zu können, ohne dass sie sicher sein konnte, Aufträge zu erhalten, aus denen sie Einnahmen erzielen konnte. Auch laufende Kosten hatte sie zu tragen, etwa die Unterhaltskosten für den PKW und die Bei-träge zur Berufshaftpflichtversicherung. Auch innerhalb eines angenommenen Auftrages trug die Beigeladene ein Unternehmerrisiko, nämlich das Ausfallrisiko in dem Falle, dass eine vereinbarte Pflegeleistung doch nicht benötigt wurde, sei es bei Krankenhausaufenthalt des Patienten oder im Falle seines Todes. Konnte die Beigeladene einen vereinbarten Dienst aus solchen Gründen nicht erbringen, so hatte sie auch keinen Anspruch auf Vergütung. Dieses Ausfallrisiko, das der Kläger für seine Angestellten trug, trug vorliegend die Beigeladene.
Das Gericht verkennt nicht, dass das Unternehmerrisiko der Beigeladenen nicht groß war angesichts der Tatsache, dass sie keine großen Anschaffungen machen musste, um die Pflegetätigkeit ausüben zu können. Daraus kann jedoch in einer Dienstleistungsbranche, die keine nennenswerten Investitionen verlangt, nicht der Schluss gezogen werden, es liege keine selbständige Tätigkeit vor. Von Bedeutung wäre dies nur dann, wenn jemand die erforderlichen Investitionen für eine selbständige Tätigkeit nicht selbst tätigte, sondern ihm aufwändige Arbeitsmittel, Gerätschaft oder Infrastruktur vom Auftraggeber zur Verfü-gung gestellt würde. Dies ist hier nicht der Fall.
Auch das Argument der Beklagten, der Kläger habe die fachliche Verantwortung für die Pflegeleistung allein getragen, verfängt nicht. Hätte die Beigeladene ihre Pflichten bei der Pflege verletzt, wäre durchaus ihre Haftung für Schäden in Betracht gekommen. Gerade für diesen Fall hatte sie eine Berufshaftpflichtversicherung abgeschlossen.
Der Beurteilung als selbständige Tätigkeit steht auch der Beschluss des BSG vom 17.03.2015 (Az.: B 3 P 1/15 B), auf den sich die Beklagte in der mündlichen Verhandlung berufen hat, nicht entgegen. Zwar wird hier ausgeführt, dass ein Pflegedienst im Sinne von § 71 Abs. 1 SGB XI Leistungen der häuslichen Pflege nicht durch Personen erbringen dürfe, die außerhalb eines Anstellungsverhältnisses tätig sind. Leistungen solcher Personen könnten demgemäß nicht als eigene Leistungen eines Pflegedienstes abgerechnet werden. Diese Erwägungen des 3. Senats könne sich allein auf das Rechtsverhältnis zwi-schen dem Kläger und den Krankenkassen beziehen, mit denen er einen Versorgungs-vertrag geschlossen hat. Die Tatsache, dass nach Ansicht des 3. Senates des BSG eine Abrechnung gegenüber der Kasse ausgeschlossen sei, wenn eine selbständige Pflegekraft eingesetzt wird, führt nicht dazu, dass ein vertragliches Verhältnis zwischen Selbständigen als Beschäftigungsverhältnis anzusehen wäre, sondern möglicherweise eben dazu, dass die fraglichen Leistungen gegenüber einer Krankenkasse nicht abgerechnet werden kön-nen.
Insgesamt erachtet das erkennende Gericht daher die streitige Tätigkeit als selbständige Tätigkeit (entgegen Urteil des 7. Senates des BayLSG vom 16.07.2015, Az.: L 7 R 978/12 in einem ähnlich gelagerten Fall; entsprechend Urteilen des 11. Senats des LSG Baden- Württemberg vom 23.04.2015, Az.: L 11 R 3224/14 und vom 19.04.2016, Az.: L 11 R 3476/15). Berücksichtigt hat das Gericht dabei auch die Regelung des § 2 S. 1 Nr. 2 SGB VI. Hier hat der Gesetzgeber die Versicherungspflicht in der gesetzlichen Rentenversicherung normiert für selbständig tätige Pflegepersonen, die in der Kranken-, Wochen-, Säuglings- oder Kinderpflege tätig sind und im Zusammenhang mit ihrer selbständigen Tätigkeit regelmäßig keinen versicherungspflichtigen Arbeitnehmer beschäftigen. Aus dieser Vorschrift ist ersichtlich, dass der Gesetzgeber ausdrücklich davon ausgeht, dass Krankenpfleger in einer eigenverantwortlichen Tätigkeit auf Grund ärztlicher Verordnung selbständig sein können. Würde man die Maßstäbe der Beklagten zu Grunde legen, bliebe für § 2 S. 1 Nr. 2 SGB VI kaum ein Anwendungsbereich. Dies liefe dem Willen des Gesetz-gebers zuwider.
Nach allem waren die angefochtenen Bescheide somit aufzuheben.
Die Kostenentscheidung folgt aus § 197 a SGG i.V.m. § 154 Abs. 1 VwGO.
II. Die Beklagte trägt die Kosten des Rechtsstreits.
Tatbestand:
Zwischen den Beteiligten ist streitig, ob die Beigeladene im Jahr 2013 beim Kläger be-schäftigt war im Sinne von § 7 SGB IV.
Der Kläger betreibt einen Pflegedienst, der auf die ambulante Versorgung von tracheoto-mierten und langzeitbeatmeten Menschen spezialisiert ist. Der Kläger hat einen Versorgungsvertrag mit verschiedenen Krankenkassen gemäß § 72 SGB XI. Er schließt mit Patienten, die zu Hause gepflegt werden, Pflegeverträge. Er rechnet die Pflegeleistungen bei Kassenpatienten direkt mit der jeweiligen Krankenkasse, bei Privatpatienten mit diesen selbst ab. Im hier streitigen Zeitraum hatte der Kläger ca. 40 festangestellte Pflegefachkräfte und ca. 7 bis 8 Pflegefachkräfte, die auf der Basis von "Kooperationsverträgen" ambulante Pflegedienstleistungen als Selbständige für den Kläger erbrachten.
Die Beigeladene, geboren am XX.XX. 1977, ist Fachkrankenschwester und hatte im hier streitigen Zeitraum vom 13.02.2013 bis zum 26.12.2013 eine Vollzeit-Festanstellung bei einem anderen Pflegedienst. Sie wollte darüber hinaus Pflegedienstleistungen als Selbständige erbringen und schloss zu diesem Zweck mit dem Kläger am 01.02.2013 einen "Kooperationsvertrag". Dem Vertragsabschluss waren Verhandlungen zwischen der Bei-geladenen und dem Kläger über die Bezahlung vorangegangen, wobei man sich auf eine Vergütung von 24,50 Euro pro Stunde einigte, wahlweise eine projektbezogene, individuell vereinbarte Vergütung im Rahmen des jeweiligen Einzelauftrags. Der Kooperationsvertrag war ein Rahmenvertrag für den Fall einer Auftragsannahme im Einzelfall über pflegerische Versorgung, Überwachung medizinischer Geräte und Beratung von Patient, Angehörigen und Auftraggeber in speziellen Fachfragen. Laut Kooperationsvertrag war die Beigeladene zur persönlichen Leistungserbringung grundsätzlich verpflichtet, konnte sich aber ausnahmsweise und mit Einverständnis des Klägers der Dienstleistungen Dritter bedienen. Eine Verpflichtung zum Angebot von Einzelaufträgen seitens des Klägers oder zur Annahme solcher Einzelaufträge seitens der Beigeladenen war ausdrücklich nicht vorge-sehen. Die fachpflegerischen Leistungen sollte die Beigeladene eigenständig durchführen und über ihre Leistungen monatlich bzw. bei Projektende eine Rechnung stellen. Laut Vertrag sollte die Beigeladene ihre Dienstleistung als Selbständige erbringen. Die Beigeladene war zum Abschluss einer Berufshaftpflichtversicherung verpflichtet. Der Kooperationsvertrag war unter Einhaltung einer vierwöchigen Frist schriftlich kündbar.
Die Beigeladene selbst hatte keinen Versorgungsvertrag mit einer Krankenkasse geschlossen. Sie war im streitgegenständlichen Zeitraum außer für den Kläger auch noch für zwei weitere Pflegedienste als Selbständige tätig (neben ihrer Tätigkeit als Festangestellte für einen weiteren Pflegedienst).
Am 15.08.2014 beantragte die Beigeladene bei der Beklagten ein Statusfeststellungsverfahren mit dem Ziel, eine selbständige Tätigkeit festzustellen.
Die Beklagte ermittelte zu den Umständen der Tätigkeit, die sich nach Beweisaufnahme im vorliegenden Rechtsstreit darstellen, wie folgt:
Die Beigeladene absolvierte keine regelmäßigen Einsatztage beim Kläger. Sie übernahm in der Regel Schichten der Patientenbetreuung von 8.00 – 20.00 Uhr oder 20.00 bis 8.00 Uhr, teilweise auch 24- Stunden- Schichten. Die Beigeladene teilte dem Kläger im Vorfeld mit, zu welchen Zeiten sie zur Verfügung stünde. Sie nahm einzelne Aufträge an, wenn sie ihr zusagten, sowohl im Hinblick auf den Anfahrtsweg, als auch auf den jeweiligen Patienten. Die Pflege an sich erfolgte gemäß ärztlicher Anordnung. Weisungen des Klägers dazu, wie die Pflege ausgeführt werden sollte, oder wie mit einem Patienten umzugehen sei, gab es nicht. Ebensowenig gab es eine Einweisung in den Arbeitsplatz oder eine klägerseitige Kontrolle der Pflegeleistungen. Die Beigeladene nahm nicht an Dienstbespre-chungen des Klägers teil, auch nicht an dessen Fortbildungsveranstaltungen. Sie arbeitete nicht mit Angestellten des Klägers zusammen. Es kamen keinerlei Arbeitsmittel des Klägers zum Einsatz. Die Patienten stellten selbst alles, was für die Pflege notwendig ist, z.B. Verbandsmittel oder ein Blutdruckmessgerät. Die Beigeladene trug eigene Arbeitskleidung. Die Fahrtwege zu den Patienten legte sie mit ihrem eigenen PKW zurück. Für die Rechnungsstellung benutzte sie ihr eigenes Notebook.
Die Beigeladene war im streitigen Zeitraum nicht erkrankt oder sonst kurzfristig verhindert, einen übernommenen Auftrag auszuführen. Wäre dies der Fall gewesen, so hätte sie sich um eine Ersatzkraft gekümmert. In betrieblich-organisatorische Tätigkeiten des Klägers war die Beigeladene nicht eingebunden.
Die Beigeladene war nicht verpflichtet, dem Kläger zu einem bestimmten Zeitpunkt ihre zeitlichen Kapazitäten mitzuteilen. Hatte die Beigeladene einen Auftrag zur Pflege eines Patienten angenommen, so wurde sie namentlich im Dienstplan des Klägers aufgeführt.
Anspruch auf Vergütung hatte die Beigeladene nur, soweit die Pflegeleistung tatsächlich erbracht wurde. Wurde die Pflegeleistung entgegen ursprünglichem Auftrag doch nicht benötigt, etwa weil der Patient ins Krankenhaus musste oder verstarb, so bestand auch kein Anspruch auf Vergütung.
Die festangestellten Pflegefachkräfte des Klägers hatten im Gegensatz zur Beigeladenen nicht die Möglichkeit, ihre Einsatzzeiten frei zu wählen. Sie konnten lediglich angeben, an welchen Tagen sie im bevorstehenden Monat gerne frei hätten, wobei insgesamt maximal fünf solcher "Freiwünsche" pro Monat möglich waren. Festangestellte Pflegefachkräfte erhielten, soweit nötig, Weisungen des Klägers, etwa hinsichtlich der Frage, wie mit schwierigen Patienten umzugehen sei. Festangestellte hatten keinen Anspruch, bei be-stimmten, z.B. besonders schwierigen Patienten nicht eingesetzt zu werden. Soweit es keine besonderen Weisungen gab, erbrachten auch die Festangestellten ihre Pflegedienstleistung gemäß der ärztlichen Anordnung und den Wünschen der Patienten. Fest-angestellte waren, anders als die Beigeladene, verpflichtet, an Dienstbesprechungen des Klägers teilzunehmen und wurden auf Kosten und Veranlassung des Klägers fortgebildet.
Die Beklagte stellte nach Anhörung der Beteiligten mit dem streitgegenständlichen Bescheid vom 08.01.2015 fest, dass die Beigeladene vom 13.02. bis zum 26.12.2013 beim Kläger beschäftigt gewesen sei. In dem Beschäftigungsverhältnis habe Versicherungspflicht in der gesetzlichen Rentenversicherung sowie nach dem Recht der Arbeitsförde-rung bestanden. Nach Auffassung der Beklagten spricht für ein Beschäftigungsverhältnis, dass durch den Pflegeauftrag der Ort der Leistungserbringung vorgegeben sei, sich die Arbeitszeiten nach den Bedürfnissen der Patienten richteten, Gestaltungsmöglichkeiten hinsichtlich der Leistungserbringung nicht bestanden hätten, die Beigeladene nach Pati-entenwunsch und ärztlicher Verordnung tätig werden musste. Der Kläger hätte die fachliche Verantwortung für die Leistungserbringung getragen. Die Vergütung mit einem Stun-denlohn spreche für Beschäftigung, ebenso die Tatsache, dass der Kläger mit den Krankenkassen bzw. Patienten abrechne und die Beigeladene auf die Preisgestaltung gegen-über den Patienten und Kassen keinen Einfluss gehabt hätte. Ein Unternehmerrisiko der Beigeladenen habe nicht bestanden. Demgegenüber fielen die Merkmale für eine selbständige Tätigkeit (Tätigkeit für weitere Auftraggeber und Möglichkeit, Aufträge abzulehnen) nicht ins Gewicht.
Sowohl der Kläger als auch die Beigeladene erhoben Widerspruch gegen diesen Statusfeststellungsbescheid. Im Widerspruchverfahren legte der Kläger seinen Versorgungsver-trag gemäß § 72 SGB XI vor. Zur Begründung der Widersprüche wurde insbesondere vorgetragen, die Beigeladene sei frei hinsichtlich der Frage, welche Zeitkontingente sie anbiete. Die Beigeladene hätte sich z.B. im streitgegenständlichen Zeitraum länger im Ausland aufgehalten wegen der Veröffentlichung eines von ihr geschriebenen Buchs. Dies sei ohne weiteres möglich gewesen, da sie keine Verpflichtung gehabt hätte, dem Kläger gewisse Zeiten anzubieten. Außerdem habe die Beigeladene frei auswählen können, ob sie einen Patienten übernähme oder nicht. Auch habe keine Verpflichtung zur höchstpersönlichen Leistungsbringung bestanden. Eine finanzielle Abhängigkeit der Beigeladenen vom Kläger habe nicht bestanden, da diese eine Vollzeitstelle bei einem anderen Pflegedienst inne hatte und überdies für zwei weitere Pflegedienste als Selbständige tätig war. Auch in die betrieblichen Abläufe des Klägers sei die Beigeladenen nicht eingebunden gewesen. Im Übrigen habe die fachliche Verantwortung für die Pflege nicht allein beim Kläger gelegen, vielmehr habe die Beigeladene die Durchführungsverantwortung getragen. Im Übrigen hätte auch ein Unternehmerrisiko bestanden, die Beigeladene habe durchaus eigene Betriebsmittel eingesetzt, wie etwa ihren PKW und eigene Büroausstat-tung, verbunden mit dem Risiko, dass ein zu pflegender Patient die Pflege letztlich doch nicht brauchte und so eine Vergütungsanspruch entfiel.
Die Widersprüche wurden mit Widerspruchsbescheid vom 25.06.2015 zurückgewiesen.
Dagegen erhob der Kläger die hier vorliegende Klage. Die Beigeladene erhob ebenfalls Klage (Az.: S 31 R 1600/15). Das Klageverfahren der Beigeladenen ruht bis zum rechtskräftigen Abschluss des vorliegenden Verfahrens.
Das Gericht hat Frau B. gemäß § 75 Abs. 2 SGG zum Rechtstreit beigeladenen. In der mündlichen Verhandlung vom 23.02.2017 wurden der Kläger und die Beigeladene ausführlich zu den Umständen der streitigen Tätigkeit angehört. Wegen des Ergebnisses der Anhörung wird auf das Protokoll der Verhandlung vom 23.02.2017 Bezug genommen.
Der Kläger beantragt,
unter Aufhebung des Bescheides vom 08.01.2015 in Gestalt des Widerspruchsbe-scheides vom 25.06.2015 festzustellen, dass die Tätigkeit der Beigeladenen für den Kläger vom 13.02.2013 bis zum 26.12.2013 als Pflegefachkraft nicht im Rahmen eines Beschäftigungsverhältnisses ausgeübt wurde und demzufolge keine Versicherungspflicht in der gesetzlichen Rentenversicherung und nach dem Recht der Arbeitsförderung bestand.
Die Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Die Beigeladene stellt keinen Antrag.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vortrags der Beteiligten wird auf den Inhalt der beigezogenen Rentenversicherungsakte und der Akte des Sozialgerichts München Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die Klage ist zulässig und in vollem Umfang begründet.
Die Beigeladene stand im Jahr 2013 nicht in einem Beschäftigungsverhältnis zum Kläger. Der Bescheid vom 08.01.2015 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 25.06.2015 ist rechtswidrig und verletzt den Kläger in seinen Rechten.
Die Beklagte ist gemäß § 7 a SGB IV zuständig für die Feststellung des sozialversicherungsrechtlichen Status der Beigeladenen und darf hierüber auch nach Beendigung der zu beurteilenden Tätigkeit entscheiden (vgl. BSG SozR. 4-2400, § 7a Nr. 3, Rn 32). Sie ist jedoch materiell- rechtlich zu dem rechtswidrigen Ergebnis gelangt, die Beigeladene sei beschäftigt gewesen.
Beurteilungsmaßstab für die Prüfung, ob eine Beschäftigung vorlag, ist § 7 Abs. 1 SGB IV. Danach ist Beschäftigung die nichtselbständige Arbeit, insbesondere in einem Arbeitsverhältnis. Anhaltspunkte für eine Beschäftigung sind gemäß § 7 Abs. 1 Satz 2 SGB IV eine Tätigkeit nach Weisungen und die Eingliederung in die Arbeitsorganisation des Weisungsgebers. Ob demnach eine Beschäftigung besteht, ist nach Gesamtwürdi-gung aller Umstände, die für oder gegen eine Beschäftigung sprechen, abzuwägen. Entscheidend ist dabei letztendlich, welche Umstände überwiegen. Ausgangspunkt ist dabei das Vertragsverhältnis, wie es sich aus den Vereinbarungen ergibt. Weichen die tatsächlichen Verhältnisse davon ab, sind diese maßgeblich, soweit die Abbedingung vertraglicher Vereinbarungen rechtlich zulässig ist.
Nach Auffassung des erkennenden Gerichts unterlag die Beigeladene weder einem Weisungsrecht des Klägers, noch war sie in dessen Arbeitsorganisation eingegliedert.
Sowohl die Beigeladene als auch der Kläger haben in der mündlichen Verhandlung unabhängig voneinander glaubwürdig dargelegt, dass hinsichtlich der Frage, wie ein Patient zu pflegen und wie mit ihm und seinen Angehörigen umzugehen sei, keinerlei Weisungen von Seiten des Klägers erteilt wurden. Was die pflegerischen Leistungen anging, so wurde der Rahmen durch die ärztliche Verordnung vorgegeben. Dies galt zwar für freiberufliche Pflegekräfte gleichermaßen wie für Angestellte. Aus der Tatsache, dass hinsichtlich des Inhalts der pflegerischen Leistungen Angestellte auch keine fachliche Weisungen ihres Arbeitgebers erhielten, kann jedoch nicht geschlossen werden, die Beigeladene unterliege einem Arbeitgeber-Direktionsrecht. Sie erhielt nämlich auch jenseits der Frage, welche pflegerischen Leistungen zu erbringen sind, keine Weisungen vom Kläger. Darin liegt ein bedeutender Unterschied zur Tätigkeit der zahlreichen Festangestellten, die der Kläger beschäftigt. Diese erhalten, wo nötig, durchaus Weisungen vom Kläger, beispielsweise, ob ein alkoholkranker Patient wunschgemäß in eine Gastwirtschaft zum Alkoholkonsum begleitet werden soll, oder nicht. Solcherlei Fragen, die den Umgang mit schwierigen Patienten betreffen, entschied die Beigeladene – im Unterschied zu den Beschäftigten des Klägers - in eigener Verantwortung und frei von Weisungen.
Weiterhin gab es kein Weisungsrecht des Klägers hinsichtlich der Zeiten, in welchen die Beigeladene für ihre Dienstleistung bereit stehen sollte. Die Beigeladene bestimmte selbst, welche Zeiten sie dem Kläger anbieten wollte und hatte nur dann eine Verpflichtung zur Anwesenheit beim Patienten, wenn sie einen angebotenen Einzelauftrag auch annahm. Diese Freiheit erstreckte sich ebenso auf die Frage, bei welchen Patienten die Beigeladene ihre Dienstleistung erbringen wollte. Lag ihr ein Patient nicht, oder war ihr der Anfahrtsweg zu weit, so konnte sie dessen Pflege ohne weiteres ablehnen. Diese Möglichkeit hatten angestellte Pflegekräfte nicht.
Der Arbeitsort ergab sich aus der Natur des Auftrags. Ein Patient kann nur dort gepflegt werden, wo er sich befindet. Darin ist keine Bestimmung des Arbeitsorts im Sinn eines Arbeitgeber-Direktionsrechts zu erblicken.
Aus der Tatsache, dass die Beigeladene frei über ihre Einsatzzeiten verfügen konnte, ergibt sich, dass eine Eingliederung in die betriebliche Organisation des Klägers nicht vorlag. Um seinen Betrieb ordnungsgemäß führen zu können, muss der Kläger in der Lage sein, sämtliche Pflegezeiten, zu deren Übernahme er sich in Pflegeverträgen mit Patienten verpflichtet hat, auch abzudecken. Um dies sicherstellen zu können, beschäftigte der Kläger im streitigen Zeitraum ca. 40 festangestellte Pflegefachkräfte, denen er die Ein-satzzeiten nach den Bedürfnissen seines Betriebs vorgeben konnte. Über die Einsatzzeiten der Beigeladenen konnte der Kläger nicht in dieser Weise zeitlich verfügen. Das bedeutet, dass er kein bestimmtes Zeitkontingent der Beigeladenen bei der Pflegedienstplanung einkalkulieren konnte. Erst dann, wenn die Beigeladene verfügbare Zeiten meldete, konnte er sie in die Planung der Dienste einbeziehen. Die Tatsache, dass die Beigeladene, sobald sie einen Pflegeauftrag angenommen hatte, namentlich im Dienstplan aufgeführt wurde, reicht nicht aus, um eine Eingliederung in die betriebliche Organisation im Sinne von § 7 SGB IV zu bejahen. Dies gilt insbesondere auch im Hinblick darauf, dass die Beigeladen unter keinem sonstigen Aspekt in die betriebliche Organisation eingebunden war. Sie nahm nicht an Dienstbesprechungen des Klägers teil und ebensowenig an Fortbildungsveranstaltungen, an denen die angestellten Pflegefachkräfte durchaus teilzu-nehmen hatten. Organisatorische Tätigkeiten übte die Beigeladene für den Kläger nicht aus. Sie trug auch keine Dienstkleidung des Klägers und trat den Patienten gegenüber nicht als dessen Angestellte auf. Ferner wurde der Beigeladenen klägerseits auch keinerlei Arbeitsmaterial zur Verfügung gestellt. Die Anfahrtswege zum Patienten bewältigte die Beigeladene mit dem eigenen PKW, dessen Anschaffungs- und Betriebskosten sie selbst trug. Dies ist nicht gleichzusetzten mit einem Angestellten, der den Weg zum Arbeitgeber vor und nach Beginn seiner Dienstzeit mit einem eigenen PKW zurücklegt. Denn vorlie-gend geht es nicht um den Anfahrtsweg zum Betrieb des Arbeitgebers, sondern um den Anfahrtsweg zu den jeweiligen Einsatzorten, der Teil der geschuldeten Tätigkeit ist, und den Angestellte üblicherweise mit einem Firmenfahrzeug, dessen Betriebskosten der Ar-beitgeber trägt, zurücklegen.
Auch die Tatsache, dass die Beigeladene im Falle ihrer kurzfristigen Verhinderung, einen übernommenen Auftrag auszuführen, selbst in der Verantwortung gestanden hätte, eine Ersatzkraft zu organisieren, zeigt, dass sie nicht in die betriebliche Organisation des Klägers eingegliedert war. Denn im Falle ihrer Eingliederung hätte der Kläger einen kurzfristi-gen Ausfall der Beigeladenen im Rahmen seiner Dienstplanung selbst kompensieren müssen.
Entgegen der Ansicht der Beklagten ist das erkennende Gericht auch der Auffassung, dass die Beigeladene durchaus ein Unternehmerrisiko zu tragen hatte. Dieses Risiko ergibt sich daraus, dass die Beigeladene Investitionen, etwa für die Anschaffung des PKW und des Notebooks, tätigen musste, um ihre Tätigkeit anbieten zu können, ohne dass sie sicher sein konnte, Aufträge zu erhalten, aus denen sie Einnahmen erzielen konnte. Auch laufende Kosten hatte sie zu tragen, etwa die Unterhaltskosten für den PKW und die Bei-träge zur Berufshaftpflichtversicherung. Auch innerhalb eines angenommenen Auftrages trug die Beigeladene ein Unternehmerrisiko, nämlich das Ausfallrisiko in dem Falle, dass eine vereinbarte Pflegeleistung doch nicht benötigt wurde, sei es bei Krankenhausaufenthalt des Patienten oder im Falle seines Todes. Konnte die Beigeladene einen vereinbarten Dienst aus solchen Gründen nicht erbringen, so hatte sie auch keinen Anspruch auf Vergütung. Dieses Ausfallrisiko, das der Kläger für seine Angestellten trug, trug vorliegend die Beigeladene.
Das Gericht verkennt nicht, dass das Unternehmerrisiko der Beigeladenen nicht groß war angesichts der Tatsache, dass sie keine großen Anschaffungen machen musste, um die Pflegetätigkeit ausüben zu können. Daraus kann jedoch in einer Dienstleistungsbranche, die keine nennenswerten Investitionen verlangt, nicht der Schluss gezogen werden, es liege keine selbständige Tätigkeit vor. Von Bedeutung wäre dies nur dann, wenn jemand die erforderlichen Investitionen für eine selbständige Tätigkeit nicht selbst tätigte, sondern ihm aufwändige Arbeitsmittel, Gerätschaft oder Infrastruktur vom Auftraggeber zur Verfü-gung gestellt würde. Dies ist hier nicht der Fall.
Auch das Argument der Beklagten, der Kläger habe die fachliche Verantwortung für die Pflegeleistung allein getragen, verfängt nicht. Hätte die Beigeladene ihre Pflichten bei der Pflege verletzt, wäre durchaus ihre Haftung für Schäden in Betracht gekommen. Gerade für diesen Fall hatte sie eine Berufshaftpflichtversicherung abgeschlossen.
Der Beurteilung als selbständige Tätigkeit steht auch der Beschluss des BSG vom 17.03.2015 (Az.: B 3 P 1/15 B), auf den sich die Beklagte in der mündlichen Verhandlung berufen hat, nicht entgegen. Zwar wird hier ausgeführt, dass ein Pflegedienst im Sinne von § 71 Abs. 1 SGB XI Leistungen der häuslichen Pflege nicht durch Personen erbringen dürfe, die außerhalb eines Anstellungsverhältnisses tätig sind. Leistungen solcher Personen könnten demgemäß nicht als eigene Leistungen eines Pflegedienstes abgerechnet werden. Diese Erwägungen des 3. Senats könne sich allein auf das Rechtsverhältnis zwi-schen dem Kläger und den Krankenkassen beziehen, mit denen er einen Versorgungs-vertrag geschlossen hat. Die Tatsache, dass nach Ansicht des 3. Senates des BSG eine Abrechnung gegenüber der Kasse ausgeschlossen sei, wenn eine selbständige Pflegekraft eingesetzt wird, führt nicht dazu, dass ein vertragliches Verhältnis zwischen Selbständigen als Beschäftigungsverhältnis anzusehen wäre, sondern möglicherweise eben dazu, dass die fraglichen Leistungen gegenüber einer Krankenkasse nicht abgerechnet werden kön-nen.
Insgesamt erachtet das erkennende Gericht daher die streitige Tätigkeit als selbständige Tätigkeit (entgegen Urteil des 7. Senates des BayLSG vom 16.07.2015, Az.: L 7 R 978/12 in einem ähnlich gelagerten Fall; entsprechend Urteilen des 11. Senats des LSG Baden- Württemberg vom 23.04.2015, Az.: L 11 R 3224/14 und vom 19.04.2016, Az.: L 11 R 3476/15). Berücksichtigt hat das Gericht dabei auch die Regelung des § 2 S. 1 Nr. 2 SGB VI. Hier hat der Gesetzgeber die Versicherungspflicht in der gesetzlichen Rentenversicherung normiert für selbständig tätige Pflegepersonen, die in der Kranken-, Wochen-, Säuglings- oder Kinderpflege tätig sind und im Zusammenhang mit ihrer selbständigen Tätigkeit regelmäßig keinen versicherungspflichtigen Arbeitnehmer beschäftigen. Aus dieser Vorschrift ist ersichtlich, dass der Gesetzgeber ausdrücklich davon ausgeht, dass Krankenpfleger in einer eigenverantwortlichen Tätigkeit auf Grund ärztlicher Verordnung selbständig sein können. Würde man die Maßstäbe der Beklagten zu Grunde legen, bliebe für § 2 S. 1 Nr. 2 SGB VI kaum ein Anwendungsbereich. Dies liefe dem Willen des Gesetz-gebers zuwider.
Nach allem waren die angefochtenen Bescheide somit aufzuheben.
Die Kostenentscheidung folgt aus § 197 a SGG i.V.m. § 154 Abs. 1 VwGO.
Rechtskraft
Aus
Login
FSB
Saved