Land
Nordrhein-Westfalen
Sozialgericht
LSG Nordrhein-Westfalen
Sachgebiet
Unfallversicherung
Abteilung
4
1. Instanz
SG Dortmund (NRW)
Aktenzeichen
S 36 U 147/14
Datum
2. Instanz
LSG Nordrhein-Westfalen
Aktenzeichen
L 4 U 453/15
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
B 2 U 281/16 B
Datum
Kategorie
Beschluss
Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Dortmund vom 27.05.2015 wird zurückgewiesen. Außergerichtliche Kosten sind auch im zweiten Rechtszug nicht zu erstatten. Dem Kläger werden Kosten gemäß § 192 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 Sozialgerichtsgesetz in Höhe von 225,00 Euro auferlegt. Die Revision wird nicht zugelassen.
Gründe:
I.
Streitig ist wegen der Folgen eines anerkannten Arbeitsunfalls ein Anspruch auf Rente über den 01.10.2013 hinaus.
Mit Schreiben vom 08.08.2007 zeigte die Barmer Ersatzkasse der Berufsgenossenschaft für Fahrzeughaltungen (deren Rechtsnachfolgerin die Beklagte ist, nachfolgend: Beklagte) an, der 1961 geborene Kläger sei am 13.06.2007 bei einem Autotransport für seinen Arbeitgeber in Frankreich überfallen worden und habe mitgeteilt, seit dem Überfall leide er an einer posttraumatischen Belastungsstörung. Auf Anfrage der Beklagten teilte die B GmbH mit, der Kläger habe "nicht krank gefeiert" (Telefax vom 29.08.2007). Der Kläger gab unter Vorlage weiterer Unterlagen an, bei dem Überfall seien seine Zähne und sein Brillengestell beschädigt worden, ihm seien eine Schusswaffe vorgehalten und persönliche Gegenstände geraubt worden (Auskunft vom 29.09.2007). Nach Auskunft der Barmer Ersatzkasse (15.10.2007) wurde eine "unfallbedingte Arbeitsunfähigkeit bis zum heutigen Tag nicht testiert". Die Beklagte sah die Sache nach Erstattung der Kosten für Zahnersatz an die Krankenkasse als erledigt an (Verfügung vom 05.12.2007).
Im April 2010 teilte Oberarzt Q, Abteilung Psychiatrie und Psychotherapie am Evangelischen Krankenhaus M, der Beklagten mit, bei dem Kläger bestünden eine posttraumatische Belastungsstörung und eine depressive Episode. Die derzeitige Erkrankung sei Folge des Überfalles im Jahre 2007. Eine zeitnah nach dem Überfall vorgesehene stationäre Behandlung habe der Kläger abgelehnt, da er auf seinen Lohn nicht habe verzichten können (Schreiben vom 19.04.2010 mit beigefügtem Arztbrief vom 17.02.2010 über eine stationäre Behandlung vom 09.12.2009 bis zum 17.02.2010).
Aus einer Auskunft der Barmer GEK (19.05.2010) ergaben sich Arbeitsunfähigkeitszeiten des Klägers unter anderem vom 15.06.1999 bis 12.07.1999 wegen einer reaktiven Depression und vom 07.08.2009 bis 08.08.2009 wegen einer depressiven Episode und Schlafstörung.
Die Beklagte zog weitere Berichte des Evangelischen Krankenhauses M (14.06.2010), des Facharztes für Allgemeinmedizin Dr. C (17.06.2010), des Neuro-Centrums E (27.07.2010) und der Fachklinik für Psychosomatik Bad X (Entlassungsbericht vom 27.09.2010) bei. In einem Gutachten (22.10.2010) gelangte der Arzt für Neurologie und Psychiatrie Dr. C1 zusammenfassend zu der Beurteilung, eine posttraumatische Belastungsstörung und eine schwere depressive Episode seien auf das Ereignis vom 13.06.2007 zurückzuführen. Ab dem Untersuchungstag bestehe eine Minderung der Erwerbsfähigkeit (MdE) von 40 v.H. Auf Hinweis der Beklagten, der Kläger wünsche eine Wiedereingliederung als Kraftfahrer bei seinem alten Arbeitgeber, hielt Dr. C1 eine erneute Untersuchung für erforderlich (Schreiben vom 13.12.2010). Hiermit erklärte sich der Kläger einverstanden (Vermerk vom 23.12.2010). Nach Einleitung eines Verfahrens zur beruflichen Rehabilitation und Eingang weiterer Berichte des Evangelischen Krankenhauses M (22.09.2010 und 14.02.2011) führte Dr. C1 nach erneuter Untersuchung des Klägers in einem weiteren Gutachten (22.03.2011) aus, der Kläger gebe jetzt "weniger Störungen im Sinne einer posttraumatischen Belastungsstörung" an. Diese Diagnose könne nicht mehr generell gestellt werden. Neu und erst seit einigen Monaten bestehe eine Agoraphobie mit Panikstörung, die vom Unfall unabhängig sei. Unter Berücksichtigung einer auf das Ereignis vom 13.06.2007 zurückzuführenden residuellen posttraumatischen Belastungsstörung und einer rezidivierenden depressiven Störung in zurzeit mittelschwerer Episode sei zwar eine gewisse Besserung im Vergleich zum Vorgutachten eingetreten, die Befunde bedingten jedoch immer noch eine MdE von 30 v.H.
Die Beklagte bewilligte dem Kläger ab dem 04.02.2011 Rente auf unbestimmte Zeit nach einer MdE von 30 v.H. und erkannte als Unfallfolgen an: "Posttraumatische Belastungsstörung mit mittelschwerem depressiven Syndrom mit Einschränkung der Erlebnis- und Gestaltungsfähigkeit nach Überfallereignis" (Bescheid vom 15.06.2011).
Nach Eingang des Abschlussberichtes über Leistungen zur beruflichen Wiedereingliederung (10.10.2011), Vorlage eines Arbeitsvertrages (26.03.2012) - wonach der Kläger am 26.03.2012 eine Tätigkeit als Kraftfahrer im Bereich Autotransport aufnahm - und Eingang von Befundberichten der Diplom-Psychologin U (24.01.2012 und 25.04.2012) - wonach der Kläger die Therapie abgebrochen und eine Arbeit aufgenommen habe - erstattete der dem Kläger erneut zur Begutachtung vorgeschlagene (Schreiben vom 26.01.2012) Dr. C1 nach nochmaliger Untersuchung (16.03.2012) ein weiteres Gutachten (25.06.2012). Er meinte, gegenüber dem früheren Befund sei keine Änderung eingetreten. Eine Angst des Klägers, in LKWs einzusteigen, bestehe nicht mehr. Dieser erhalte "Hartz IV".
Die Beklagte wies den Kläger darauf hin, eine vom ihm begehrte Rentenabfindung komme nicht in Betracht, weil ein Endzustand in den Unfallfolgen noch nicht eingetreten sei (Schreiben vom 16.07.2012 und 14.08.2013). Sie schlug ihm erneut Dr. C1 als Gutachter vor (Schreiben vom 01.02.2013). Anlässlich der Begutachtung gab der Kläger unter anderem an, er habe am 25.03.2012 wieder auf einem Lkw mit Autotransporten in Deutschland angefangen, er fahre auch noch, das ginge ganz gut. Seit Februar 2013 gehe es ihm wieder schlechter, er werde jetzt bei der Arbeit viel mehr "rangenommen". In seinem Gutachten (12.08.2013) führte Dr. C1 aus, unfallabhängig bestehe noch eine residuelle posttraumatische Belastungsstörung. Diese habe sich deutlich gebessert. Der Kläger denke zwar noch häufig an den Überfall, sei aber problemlos in der Lage, mit seinem Lkw zu fahren. Ein leicht- bis mittelschweres depressives Syndrom sei unfallunabhängig "den ungünstigen lebenssituativen Bedingungen geschuldet". Insgesamt sei es zu einer deutlichen Veränderung im Sinne einer Besserung gekommen. Die MdE betrage jetzt nur mehr 10 v.H.
Nach Anhörung (Schreiben vom 29.08.2013) entzog die Beklagte dem Kläger die Rente ab dem 01.10.2013 mit der Begründung, die dem Bescheid vom 15.06.2011 zu Grunde liegenden Verhältnisse hätten sich wesentlich geändert. Die posttraumatische Belastungsstörung bestehe nur noch in geringem Maße. Das mittelschwere depressive Syndrom mit Einschränkung der Erlebnis- und Gestaltungsfähigkeit liege aufgrund von Unfallfolgen nicht mehr vor (Bescheid vom 24.09.2013).
Mit seinem Widerspruch trug der Kläger vor, er werde "aus posttraumatischen Gründen" seine Tätigkeit im Januar 2014 kündigen und eine "kleine Selbstständigkeit durchführen". In seinem Sinne sei gewesen, ihm eine Abfindung anzubieten, da er bei dem Raubüberfall auch einen materiellen Schaden erlitten habe. Er habe weiterhin Beschwerden wegen der Folgen des Raubüberfalles, befinde sich wieder in Therapie und wolle die Rente weitergezahlt haben.
Die Diplom-Psychologin U teilte mit, der Kläger habe die psychotherapeutische Behandlung wieder aufgenommen. Aus terminlichen Gründen könne er nur einmal im Monat zur Therapie kommen (Vermerk vom 18.12.2013).
Die Beklagte wies den Rechtsbehelf zurück (Widerspruchsbescheid vom 05.02.2014). Unter Berücksichtigung des Gutachtens des Dr. C1 vom 12.08.2013 liege eine wesentliche Änderung im Sinne von § 48 Abs. 1 Zehntes Buch Sozialgesetzbuch (SGB X) vor. Der Gutachter habe nachvollziehbar und schlüssig begründet dargelegt, dass sich das Krankheitsbild der posttraumatischen Belastungsstörung wesentlich gebessert habe und eine unfallbedingte MdE in rentenberechtigenden Grade nicht mehr bedinge.
Mit der am 24.02.2014 erhobenen Klage hat der Kläger vorgetragen, in seinem "Unfallfolgezustand" sei keineswegs eine Besserung eingetreten. Weder in seinem sozialen und familiären noch in seinem beruflichen Umfeld fühle er sich so wohl, wie er dies vor dem Überfall getan habe. Nach wie vor bestehe eine MdE von mindestens 30 %. Er habe "eine rezidivierende Episode einer reaktiven Depression, also sozusagen eine posttraumatische Belastungsstörung" und befinde sich deshalb im Krankenhaus. Dr. B und Dr. U, seine behandelnden Ärztinnen, seien der Auffassung, das vom Sozialgericht (SG) eingeholte Gutachten überzeuge im Ergebnis nicht. Diese meinten, seine "Erwerbsunfähigkeit" betrage mindestens 30 %. Wegen der Einzelheiten seines Vorbringens im Klageverfahren wird auf die Schriftsätze vom 21.02.2014, 08.08.2014, 06.10.2014, 14.10.2014, 02.02.2015 und 18.05.2015 samt Anlagen Bezug genommen.
Der Kläger hat beantragt,
den Bescheid vom 24.09.2013 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 05.02.2014 aufzuheben.
Die Beklagte hat die angefochtenen Bescheide für rechtmäßig gehalten.
Nach Vorlage von weiteren Unterlagen, insbesondere Berichten des Evangelischen Krankenhauses M (28.04.2014 und 07.10.2014), ist der Arzt für Psychiatrie und Neurologie Dr. I in einem vom SG eingeholten Gutachten (08.01.2015) zusammenfassend zu der Beurteilung gelangt, gegenüber den in dem Gutachten vom 22.03.2011 als Folgen des Arbeitsunfalls genannten Befunden sei eine wesentliche Besserung eingetreten. Die damals auf den Unfall zurückzuführende depressive Symptomatik sei zwischenzeitlich remittiert. Später aufgetretene depressive Episoden seien nicht mehr ursächlich auf das Unfallereignis zurückzuführen, sondern ungünstigen Lebensumständen geschuldet. Die Teilsymptomatik einer posttraumatischen Belastungsstörung stelle sich eher diskret gebessert dar. Sie sei nunmehr als leichtere psychische Störung zu bewerten. Das Vollbild einer posttraumatischen Belastungsstörung liege nicht mehr vor. Relevante funktionelle Defizite als Unfallfolge ließen sich nicht mehr feststellen. Die unfallabhängige MdE sei mit 10 % hinreichend bewertet.
Das SG hat die Klage abgewiesen (Urteil vom 27.05.2015, zugestellt am 08.06.2015). Der Kläger habe keinen Anspruch auf Weitergewährung der Verletztenrente, weil eine wesentliche Besserung in den Unfallfolgen gemäß § 48 SGB X im Vergleich zu den Verhältnissen, die dem Bescheid vom 15.06.2011 zu Grunde gelegen hätten, eingetreten sei. Die unfallbedingte MdE sei nunmehr mit 10 v.H. zu bewerten und liege unter dem rentenberechtigenden Grad. Das Ergebnis der Begutachtung durch Dr. C1 vom 12.08.2013 sei durch den gerichtlichen Sachverständigen Dr. I bestätigt worden. Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf Tatbestand und Entscheidungsgründe des Urteils Bezug genommen.
Mit der am 08.07.2015 eingelegten Berufung verfolgt der Kläger sein Begehren weiter. Dazu trägt er vor, sein Versuch, als Kraftfahrer wieder tätig zu werden, sei an der Stresslage gescheitert. Bei ihm bestünden bestätigt durch ein - vorgelegtes - Attest der Allgemeinmedizinerin B (05.08.2015) unfallbedingt eine posttraumatische Belastungsstörung, eine mittelgradige depressive Episode, eine rezidivierende Episode einer reaktiven Depression und eine depressive Störung. In keinem der vom SG berücksichtigten Gutachten sei eine Codierung der Diagnosen vorgenommen worden. Die Einholung eines psychiatrischen Gutachtens sei erforderlich. Der von ihm benannte Sachverständige sei zu dem unrichtigen Ergebnis gekommen, dass die bei ihm unstreitig bestehende Erkrankung nicht auf das Unfallereignis zurückgeführt werden könne. Es sei nicht erkennbar, dass die Beklagte vor Auftragserteilung an Dr. C1 entsprechend § 200 Abs. 2 7. Buch Sozialgesetzbuch (SGB VII) gehandelt habe, weshalb dessen Gutachten einem Beweisverwertungsverbot unterliege. Wegen der Einzelheiten seines Vorbringens im Berufungsverfahren wird auf die Schriftsätze vom 08.07.2015, 05.08.2015, 10.08.2015, 28.08.2015, 16.10.2015, 19.11.2015, 30.11.2015, 06.02.2016, 06.06.2016 und 05.07.2016 samt Anlagen Bezug genommen.
Der Kläger beantragt schriftsätzlich sinngemäß,
das Urteil des Sozialgerichts Dortmund vom 27.05.2015 sowie den Bescheid vom 24.09.2013 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 05.02.2014 aufzuheben.
Die Beklagte beantragt schriftsätzlich sinngemäß,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie hält das angefochtene Urteil für zutreffend und sieht sich durch das Ergebnis der Beweisaufnahme im Berufungsverfahren in ihrer Auffassung bestätigt.
Das Gericht hat dem Kläger mitgeteilt, weitere Ermittlungen seien derzeit nicht beabsichtigt (Schreiben vom 17.09.2015, zugestellt am 23.09.2015). Das Amtsgericht Dortmund hat angegeben, dort liege zurzeit kein Betreuungsvorgang vor (Schreiben vom 15.12.2015).
Nach dem Antrag des Klägers, ein Gutachten gemäß § 109 Sozialgerichtsgesetz (SGG) einzuholen, hat das Gericht Unterlagen der Diplom-Psychologin U (28.12.2015) und der Ärztin für Allgemeinmedizin B (07.01.2016) beigezogen. Die Unterlagen enthalten unter anderem den Entlassungsbericht über eine zu Lasten der DRV Knappschaft Bahn See durchgeführte Reha-Maßnahme in der Fachklinik Hochsauerland (24.07.2015) und ein für die Barmer GEK von Dr. T erstattetes Gutachten (21.08.2015). In einem für die DRV Knappschaft Bahn See erstatteten Gutachten (25.09.2015) hat der Arzt für Nervenheilkunde S dargelegt, der Kläger leide seit einem Raubüberfall mit Schusswaffen in 2007 an extremen Ängsten im Sinne einer posttraumatischen Belastungsstörung. Seine psychische Situation habe sich darüber hinaus erheblich durch eine depressive Erkrankung verschlechtert.
Der Facharzt für Neurologie, Psychiatrie, Umweltmedizin, Verkehrsmedizin Dr. L hat in seinem auf Antrag des Klägers gemäß § 109 SGG eingeholten Gutachten (11.03.2016) ausgeführt, bei dem Kläger seien nicht alle diagnostischen Voraussetzungen für die Feststellung einer posttraumatischen Belastungsstörung erfüllt gewesen. Dieser habe seine Tätigkeit nach dem Überfall fortgesetzt. Ärztliche Besuche und entsprechende Behandlungsmaßnahmen, die eine ursprünglich heftige psychische Reaktion registriert hätten, seien nicht erkennbar gewesen. In der Folge sei es zu Unstimmigkeiten mit seinem Vorgesetzten gekommen. Erstmalige Behandlungsmaßnahmen hätten 2009 unter anderem vor dem Hintergrund der veränderten psychosozialen Situation begonnen. Aus den dokumentierten Aktenunterlagen und den sorgfältig aufgearbeiteten Befunden gehe eindeutig hervor, dass bei dem Kläger persönliche, familiäre und auch psychosoziale Umstände für die Entwicklung des Krankheitsbildes und dessen Verlauf verantwortlich gewesen seien. Die beschriebene Symptomatik einer posttraumatischen Belastungsstörung sei in den Hintergrund getreten. Den Gutachten von Dr. C1 und insbesondere Dr. I könne inhaltlich und hinsichtlich der versicherungsrechtlichen Beurteilung gefolgt werden. Die Einschätzung der unfallbedingten MdE mit 10 % sei korrekt.
Der Kläger ist zu einer vorgesehenen Entscheidung durch Beschluss gemäß § 153 Abs. 4 SGG unter Hinweis auf eine fehlende Erfolgsaussicht der Berufung, die Möglichkeit der Auferlegung von Kosten gemäß § 192 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 SGG und Fristsetzung gemäß §§ 106a, 153 Abs. 1 SGG zum 24.06.2016 gehört worden (Schreiben vom 25.05.2016, zugestellt am 27.05.2016).
Nach Einwendungen des Klägers und Mitteilung des Gerichts an den Kläger, es sei kein Grund ersichtlich, einen Entlassungsbericht der Fachklinik Bad G einzuholen (Schreiben vom 15.07.2016), hat Dr. L in einer ergänzenden Stellungnahme (12.07.2016) zusammenfassend festgehalten, bei dem Kläger bestehe kein typisches und vollständig ausgeprägtes Bild einer posttraumatischen Belastungsstörung, die bisherigen gutachtlichen Beurteilungen seien korrekt.
Das Gericht hat dem Kläger unter Bezugnahme auf den Richterbrief vom 25.05.2016 nochmals mitgeteilt, die Rechtsverfolgung sei völlig aussichtslos. In Fällen der vorliegenden Art prüfe der Senat im Rahmen der Beschlussfassung die Auferlegung von Verschuldenskosten gemäß § 192 Abs. 1 S. 1 Nr. 2 SGG (Schreiben vom 22.08.2016, zugestellt am 25.08.2016).
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der Gerichtsakten und der beigezogenen Akten der Beklagten Bezug genommen, deren wesentlicher Inhalt Gegenstand der Beratung des Senats gewesen ist.
II.
Der Senat konnte nach § 153 Abs. 4 Satz 1 SGG durch Beschluss entscheiden, da er die Streitsache einstimmig für unbegründet und eine mündliche Verhandlung nicht für erforderlich hält. Die Beteiligten sind dazu gehört worden.
Die zulässige Berufung ist unbegründet. Das SG hat die Klage zu Recht abgewiesen. Die angefochtenen Bescheide sind rechtmäßig. Der Kläger hat keinen Anspruch auf Rente wegen der Folgen des anerkannten Arbeitsunfalles vom 13.06.2007 über den 01.10.2013 hinaus. Dies haben bereits sowohl die Beklagte in den angefochtenen Bescheiden als auch das SG in dem angefochtenen Urteil unter Hinweis auf eine eingetretene wesentliche Änderung im Sinne von § 48 SGB X, die sich aus den eingeholten Gutachten ergebe, zutreffend begründet dargelegt. Insoweit nimmt der Senat gemäß § 153 Abs. 2 SGG auf die Entscheidungsgründe in dem Urteil sowie gemäß §§ 153 Abs. 1, 136 Abs. 3 SGG auf die Begründung in den Bescheiden Bezug und sieht von einer weiteren Darstellung der Entscheidungsgründe ab.
Ergänzend weist der Senat darauf hin, dass sich auch unter Berücksichtigung des Berufungsvorbringens des Klägers, der im Wesentlichen sein früheres Vorbringen aus dem Verwaltungs- und Klageverfahren wiederholt, keinerlei Anhaltspunkt für eine davon abweichende Beurteilung ergibt. Vielmehr hat auch der gemäß § 109 SGG auf Antrag des Klägers gehörte Sachverständige Dr. L sowohl in seinem Gutachten als auch in seiner ergänzenden Stellungnahme ausdrücklich in Übereinstimmung mit dem Ergebnis der Vorbegutachtungen durch Dr. C1 und Dr. I ausgehend von einer wesentlichen Besserung in den Folgen des Arbeitsunfalls vom 13.06.2007 dargelegt, diese bedingten lediglich eine MdE von 10 v.H. Der derzeitige Gesundheitszustand des Klägers sei von unfallunabhängigen Erkrankungen geprägt, Unfallfolgen seien in den Hintergrund getreten. Weshalb den teilweise abweichenden Einschätzungen seiner behandelnden Ärzte nicht zu folgen ist, hat bereits das SG in dem angefochtenen Urteil zutreffend ausgeführt. Deren Auffassungen liegen wesentlich lediglich subjektive Angaben des Klägers zu Grunde, ohne dass eine Auseinandersetzung mit dem Vorbefund einer depressiven Erkrankung bereits im Jahre 1999, einer nach einmaliger ärztlicher Vorstellung am 26.07.2007 zunächst fehlenden und erst im Jahre 2009 dann - bei deutlichen Hinweisen auf unfallunabhängige Belastungen - aufgenommen fachärztlichen Behandlung erfolgt wäre.
Entgegen der Behauptung des Klägers unterliegt auch das Gutachten des Dr. C1 vom 12.08.2013 im Übrigen keinem Beweisverwertungsverbot. Vielmehr ist ihm - ebenso wie bereits bei den Vorbegutachtungen - Dr. C1 zur Gutachterauswahl vorgeschlagen und mitgeteilt worden, dieser Arzt werde beauftragt, falls er - wie erfolgt - keine weitere Nachricht gebe (Schreiben vom 01.02.2013).
Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 192, 193 Sozialgerichtsgesetz (SGG).
Der Senat hat im Rahmen seines Ermessens von der Möglichkeit Gebrauch gemacht, dem Kläger sogenannte Verschuldenskosten gemäß § 192 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 SGG aufzuerlegen. Nach dieser Vorschrift kann das Gericht einem Beteiligten ganz oder teilweise die Kosten auferlegen, die dadurch verursacht werden, dass er den Rechtsstreit fortführt, obwohl ihm vom Vorsitzenden die Missbräuchlichkeit der Rechtsverfolgung oder -verteidigung dargelegt worden und er auf die Möglichkeit der Kostenauferlegung bei Fortführung des Rechtsstreits hingewiesen worden ist. Diese Voraussetzungen liegen hier vor. Der Kläger ist mit dem Anhörungsschreiben der Vorsitzenden vom 25.05.2016 und durch die Bezugnahme darauf wiederholt mit Schreiben vom 22.08.2016 auf die Aussichtslosigkeit der Fortführung des Rechtsstreits und die Möglichkeit der Kostenauferlegung bei Fortführung des Rechtsstreits hingewiesen worden. Er hat den Rechtsstreit dennoch weiter fortgeführt. Mit diesem Verhalten hat er objektiv missbräuchlich gehandelt. Eine missbräuchliche Rechtsverfolgung ist anzunehmen, wenn die Weiterführung des Rechtsstreits von jedem Einsichtigen als völlig aussichtslos angesehen werden muss (vgl. Bundesverfassungsgericht - BVerfG -, Beschluss vom 19.12.2002 - 2 BvR 1255/02 - juris RdNr. 3; Beschluss vom 03.07.1995 - 2 BvR 1379/95 - juris RdNrn. 10 f.). Dies ist hier der Fall. Die Berufung des Klägers war nach dem Ergebnis der Beweiserhebung im gesamten Verfahren völlig aussichtlos. Dies ist ihm mehrfach mitgeteilt worden. Anhaltspunkte dafür, dass der rechtskundig vertretene Kläger - jedenfalls zurechenbar (§ 192 Abs. 1 S. 2 SGG) - diese Rechtslage nicht verstanden hätte oder er dazu nicht in der Lage gewesen wäre, sind nicht ersichtlich. Hinsichtlich der Höhe der Kosten hält der Senat es noch für angemessen, diese lediglich auf den Mindestbetrag von 225 EUR (§ 192 Abs. 1 S. 3 i.V.m. § 184 Abs. 2 SGG) festzusetzen.
Anlass, die Revision nach § 160 Abs. 2 SGG zuzulassen, besteht nicht.
Gründe:
I.
Streitig ist wegen der Folgen eines anerkannten Arbeitsunfalls ein Anspruch auf Rente über den 01.10.2013 hinaus.
Mit Schreiben vom 08.08.2007 zeigte die Barmer Ersatzkasse der Berufsgenossenschaft für Fahrzeughaltungen (deren Rechtsnachfolgerin die Beklagte ist, nachfolgend: Beklagte) an, der 1961 geborene Kläger sei am 13.06.2007 bei einem Autotransport für seinen Arbeitgeber in Frankreich überfallen worden und habe mitgeteilt, seit dem Überfall leide er an einer posttraumatischen Belastungsstörung. Auf Anfrage der Beklagten teilte die B GmbH mit, der Kläger habe "nicht krank gefeiert" (Telefax vom 29.08.2007). Der Kläger gab unter Vorlage weiterer Unterlagen an, bei dem Überfall seien seine Zähne und sein Brillengestell beschädigt worden, ihm seien eine Schusswaffe vorgehalten und persönliche Gegenstände geraubt worden (Auskunft vom 29.09.2007). Nach Auskunft der Barmer Ersatzkasse (15.10.2007) wurde eine "unfallbedingte Arbeitsunfähigkeit bis zum heutigen Tag nicht testiert". Die Beklagte sah die Sache nach Erstattung der Kosten für Zahnersatz an die Krankenkasse als erledigt an (Verfügung vom 05.12.2007).
Im April 2010 teilte Oberarzt Q, Abteilung Psychiatrie und Psychotherapie am Evangelischen Krankenhaus M, der Beklagten mit, bei dem Kläger bestünden eine posttraumatische Belastungsstörung und eine depressive Episode. Die derzeitige Erkrankung sei Folge des Überfalles im Jahre 2007. Eine zeitnah nach dem Überfall vorgesehene stationäre Behandlung habe der Kläger abgelehnt, da er auf seinen Lohn nicht habe verzichten können (Schreiben vom 19.04.2010 mit beigefügtem Arztbrief vom 17.02.2010 über eine stationäre Behandlung vom 09.12.2009 bis zum 17.02.2010).
Aus einer Auskunft der Barmer GEK (19.05.2010) ergaben sich Arbeitsunfähigkeitszeiten des Klägers unter anderem vom 15.06.1999 bis 12.07.1999 wegen einer reaktiven Depression und vom 07.08.2009 bis 08.08.2009 wegen einer depressiven Episode und Schlafstörung.
Die Beklagte zog weitere Berichte des Evangelischen Krankenhauses M (14.06.2010), des Facharztes für Allgemeinmedizin Dr. C (17.06.2010), des Neuro-Centrums E (27.07.2010) und der Fachklinik für Psychosomatik Bad X (Entlassungsbericht vom 27.09.2010) bei. In einem Gutachten (22.10.2010) gelangte der Arzt für Neurologie und Psychiatrie Dr. C1 zusammenfassend zu der Beurteilung, eine posttraumatische Belastungsstörung und eine schwere depressive Episode seien auf das Ereignis vom 13.06.2007 zurückzuführen. Ab dem Untersuchungstag bestehe eine Minderung der Erwerbsfähigkeit (MdE) von 40 v.H. Auf Hinweis der Beklagten, der Kläger wünsche eine Wiedereingliederung als Kraftfahrer bei seinem alten Arbeitgeber, hielt Dr. C1 eine erneute Untersuchung für erforderlich (Schreiben vom 13.12.2010). Hiermit erklärte sich der Kläger einverstanden (Vermerk vom 23.12.2010). Nach Einleitung eines Verfahrens zur beruflichen Rehabilitation und Eingang weiterer Berichte des Evangelischen Krankenhauses M (22.09.2010 und 14.02.2011) führte Dr. C1 nach erneuter Untersuchung des Klägers in einem weiteren Gutachten (22.03.2011) aus, der Kläger gebe jetzt "weniger Störungen im Sinne einer posttraumatischen Belastungsstörung" an. Diese Diagnose könne nicht mehr generell gestellt werden. Neu und erst seit einigen Monaten bestehe eine Agoraphobie mit Panikstörung, die vom Unfall unabhängig sei. Unter Berücksichtigung einer auf das Ereignis vom 13.06.2007 zurückzuführenden residuellen posttraumatischen Belastungsstörung und einer rezidivierenden depressiven Störung in zurzeit mittelschwerer Episode sei zwar eine gewisse Besserung im Vergleich zum Vorgutachten eingetreten, die Befunde bedingten jedoch immer noch eine MdE von 30 v.H.
Die Beklagte bewilligte dem Kläger ab dem 04.02.2011 Rente auf unbestimmte Zeit nach einer MdE von 30 v.H. und erkannte als Unfallfolgen an: "Posttraumatische Belastungsstörung mit mittelschwerem depressiven Syndrom mit Einschränkung der Erlebnis- und Gestaltungsfähigkeit nach Überfallereignis" (Bescheid vom 15.06.2011).
Nach Eingang des Abschlussberichtes über Leistungen zur beruflichen Wiedereingliederung (10.10.2011), Vorlage eines Arbeitsvertrages (26.03.2012) - wonach der Kläger am 26.03.2012 eine Tätigkeit als Kraftfahrer im Bereich Autotransport aufnahm - und Eingang von Befundberichten der Diplom-Psychologin U (24.01.2012 und 25.04.2012) - wonach der Kläger die Therapie abgebrochen und eine Arbeit aufgenommen habe - erstattete der dem Kläger erneut zur Begutachtung vorgeschlagene (Schreiben vom 26.01.2012) Dr. C1 nach nochmaliger Untersuchung (16.03.2012) ein weiteres Gutachten (25.06.2012). Er meinte, gegenüber dem früheren Befund sei keine Änderung eingetreten. Eine Angst des Klägers, in LKWs einzusteigen, bestehe nicht mehr. Dieser erhalte "Hartz IV".
Die Beklagte wies den Kläger darauf hin, eine vom ihm begehrte Rentenabfindung komme nicht in Betracht, weil ein Endzustand in den Unfallfolgen noch nicht eingetreten sei (Schreiben vom 16.07.2012 und 14.08.2013). Sie schlug ihm erneut Dr. C1 als Gutachter vor (Schreiben vom 01.02.2013). Anlässlich der Begutachtung gab der Kläger unter anderem an, er habe am 25.03.2012 wieder auf einem Lkw mit Autotransporten in Deutschland angefangen, er fahre auch noch, das ginge ganz gut. Seit Februar 2013 gehe es ihm wieder schlechter, er werde jetzt bei der Arbeit viel mehr "rangenommen". In seinem Gutachten (12.08.2013) führte Dr. C1 aus, unfallabhängig bestehe noch eine residuelle posttraumatische Belastungsstörung. Diese habe sich deutlich gebessert. Der Kläger denke zwar noch häufig an den Überfall, sei aber problemlos in der Lage, mit seinem Lkw zu fahren. Ein leicht- bis mittelschweres depressives Syndrom sei unfallunabhängig "den ungünstigen lebenssituativen Bedingungen geschuldet". Insgesamt sei es zu einer deutlichen Veränderung im Sinne einer Besserung gekommen. Die MdE betrage jetzt nur mehr 10 v.H.
Nach Anhörung (Schreiben vom 29.08.2013) entzog die Beklagte dem Kläger die Rente ab dem 01.10.2013 mit der Begründung, die dem Bescheid vom 15.06.2011 zu Grunde liegenden Verhältnisse hätten sich wesentlich geändert. Die posttraumatische Belastungsstörung bestehe nur noch in geringem Maße. Das mittelschwere depressive Syndrom mit Einschränkung der Erlebnis- und Gestaltungsfähigkeit liege aufgrund von Unfallfolgen nicht mehr vor (Bescheid vom 24.09.2013).
Mit seinem Widerspruch trug der Kläger vor, er werde "aus posttraumatischen Gründen" seine Tätigkeit im Januar 2014 kündigen und eine "kleine Selbstständigkeit durchführen". In seinem Sinne sei gewesen, ihm eine Abfindung anzubieten, da er bei dem Raubüberfall auch einen materiellen Schaden erlitten habe. Er habe weiterhin Beschwerden wegen der Folgen des Raubüberfalles, befinde sich wieder in Therapie und wolle die Rente weitergezahlt haben.
Die Diplom-Psychologin U teilte mit, der Kläger habe die psychotherapeutische Behandlung wieder aufgenommen. Aus terminlichen Gründen könne er nur einmal im Monat zur Therapie kommen (Vermerk vom 18.12.2013).
Die Beklagte wies den Rechtsbehelf zurück (Widerspruchsbescheid vom 05.02.2014). Unter Berücksichtigung des Gutachtens des Dr. C1 vom 12.08.2013 liege eine wesentliche Änderung im Sinne von § 48 Abs. 1 Zehntes Buch Sozialgesetzbuch (SGB X) vor. Der Gutachter habe nachvollziehbar und schlüssig begründet dargelegt, dass sich das Krankheitsbild der posttraumatischen Belastungsstörung wesentlich gebessert habe und eine unfallbedingte MdE in rentenberechtigenden Grade nicht mehr bedinge.
Mit der am 24.02.2014 erhobenen Klage hat der Kläger vorgetragen, in seinem "Unfallfolgezustand" sei keineswegs eine Besserung eingetreten. Weder in seinem sozialen und familiären noch in seinem beruflichen Umfeld fühle er sich so wohl, wie er dies vor dem Überfall getan habe. Nach wie vor bestehe eine MdE von mindestens 30 %. Er habe "eine rezidivierende Episode einer reaktiven Depression, also sozusagen eine posttraumatische Belastungsstörung" und befinde sich deshalb im Krankenhaus. Dr. B und Dr. U, seine behandelnden Ärztinnen, seien der Auffassung, das vom Sozialgericht (SG) eingeholte Gutachten überzeuge im Ergebnis nicht. Diese meinten, seine "Erwerbsunfähigkeit" betrage mindestens 30 %. Wegen der Einzelheiten seines Vorbringens im Klageverfahren wird auf die Schriftsätze vom 21.02.2014, 08.08.2014, 06.10.2014, 14.10.2014, 02.02.2015 und 18.05.2015 samt Anlagen Bezug genommen.
Der Kläger hat beantragt,
den Bescheid vom 24.09.2013 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 05.02.2014 aufzuheben.
Die Beklagte hat die angefochtenen Bescheide für rechtmäßig gehalten.
Nach Vorlage von weiteren Unterlagen, insbesondere Berichten des Evangelischen Krankenhauses M (28.04.2014 und 07.10.2014), ist der Arzt für Psychiatrie und Neurologie Dr. I in einem vom SG eingeholten Gutachten (08.01.2015) zusammenfassend zu der Beurteilung gelangt, gegenüber den in dem Gutachten vom 22.03.2011 als Folgen des Arbeitsunfalls genannten Befunden sei eine wesentliche Besserung eingetreten. Die damals auf den Unfall zurückzuführende depressive Symptomatik sei zwischenzeitlich remittiert. Später aufgetretene depressive Episoden seien nicht mehr ursächlich auf das Unfallereignis zurückzuführen, sondern ungünstigen Lebensumständen geschuldet. Die Teilsymptomatik einer posttraumatischen Belastungsstörung stelle sich eher diskret gebessert dar. Sie sei nunmehr als leichtere psychische Störung zu bewerten. Das Vollbild einer posttraumatischen Belastungsstörung liege nicht mehr vor. Relevante funktionelle Defizite als Unfallfolge ließen sich nicht mehr feststellen. Die unfallabhängige MdE sei mit 10 % hinreichend bewertet.
Das SG hat die Klage abgewiesen (Urteil vom 27.05.2015, zugestellt am 08.06.2015). Der Kläger habe keinen Anspruch auf Weitergewährung der Verletztenrente, weil eine wesentliche Besserung in den Unfallfolgen gemäß § 48 SGB X im Vergleich zu den Verhältnissen, die dem Bescheid vom 15.06.2011 zu Grunde gelegen hätten, eingetreten sei. Die unfallbedingte MdE sei nunmehr mit 10 v.H. zu bewerten und liege unter dem rentenberechtigenden Grad. Das Ergebnis der Begutachtung durch Dr. C1 vom 12.08.2013 sei durch den gerichtlichen Sachverständigen Dr. I bestätigt worden. Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf Tatbestand und Entscheidungsgründe des Urteils Bezug genommen.
Mit der am 08.07.2015 eingelegten Berufung verfolgt der Kläger sein Begehren weiter. Dazu trägt er vor, sein Versuch, als Kraftfahrer wieder tätig zu werden, sei an der Stresslage gescheitert. Bei ihm bestünden bestätigt durch ein - vorgelegtes - Attest der Allgemeinmedizinerin B (05.08.2015) unfallbedingt eine posttraumatische Belastungsstörung, eine mittelgradige depressive Episode, eine rezidivierende Episode einer reaktiven Depression und eine depressive Störung. In keinem der vom SG berücksichtigten Gutachten sei eine Codierung der Diagnosen vorgenommen worden. Die Einholung eines psychiatrischen Gutachtens sei erforderlich. Der von ihm benannte Sachverständige sei zu dem unrichtigen Ergebnis gekommen, dass die bei ihm unstreitig bestehende Erkrankung nicht auf das Unfallereignis zurückgeführt werden könne. Es sei nicht erkennbar, dass die Beklagte vor Auftragserteilung an Dr. C1 entsprechend § 200 Abs. 2 7. Buch Sozialgesetzbuch (SGB VII) gehandelt habe, weshalb dessen Gutachten einem Beweisverwertungsverbot unterliege. Wegen der Einzelheiten seines Vorbringens im Berufungsverfahren wird auf die Schriftsätze vom 08.07.2015, 05.08.2015, 10.08.2015, 28.08.2015, 16.10.2015, 19.11.2015, 30.11.2015, 06.02.2016, 06.06.2016 und 05.07.2016 samt Anlagen Bezug genommen.
Der Kläger beantragt schriftsätzlich sinngemäß,
das Urteil des Sozialgerichts Dortmund vom 27.05.2015 sowie den Bescheid vom 24.09.2013 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 05.02.2014 aufzuheben.
Die Beklagte beantragt schriftsätzlich sinngemäß,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie hält das angefochtene Urteil für zutreffend und sieht sich durch das Ergebnis der Beweisaufnahme im Berufungsverfahren in ihrer Auffassung bestätigt.
Das Gericht hat dem Kläger mitgeteilt, weitere Ermittlungen seien derzeit nicht beabsichtigt (Schreiben vom 17.09.2015, zugestellt am 23.09.2015). Das Amtsgericht Dortmund hat angegeben, dort liege zurzeit kein Betreuungsvorgang vor (Schreiben vom 15.12.2015).
Nach dem Antrag des Klägers, ein Gutachten gemäß § 109 Sozialgerichtsgesetz (SGG) einzuholen, hat das Gericht Unterlagen der Diplom-Psychologin U (28.12.2015) und der Ärztin für Allgemeinmedizin B (07.01.2016) beigezogen. Die Unterlagen enthalten unter anderem den Entlassungsbericht über eine zu Lasten der DRV Knappschaft Bahn See durchgeführte Reha-Maßnahme in der Fachklinik Hochsauerland (24.07.2015) und ein für die Barmer GEK von Dr. T erstattetes Gutachten (21.08.2015). In einem für die DRV Knappschaft Bahn See erstatteten Gutachten (25.09.2015) hat der Arzt für Nervenheilkunde S dargelegt, der Kläger leide seit einem Raubüberfall mit Schusswaffen in 2007 an extremen Ängsten im Sinne einer posttraumatischen Belastungsstörung. Seine psychische Situation habe sich darüber hinaus erheblich durch eine depressive Erkrankung verschlechtert.
Der Facharzt für Neurologie, Psychiatrie, Umweltmedizin, Verkehrsmedizin Dr. L hat in seinem auf Antrag des Klägers gemäß § 109 SGG eingeholten Gutachten (11.03.2016) ausgeführt, bei dem Kläger seien nicht alle diagnostischen Voraussetzungen für die Feststellung einer posttraumatischen Belastungsstörung erfüllt gewesen. Dieser habe seine Tätigkeit nach dem Überfall fortgesetzt. Ärztliche Besuche und entsprechende Behandlungsmaßnahmen, die eine ursprünglich heftige psychische Reaktion registriert hätten, seien nicht erkennbar gewesen. In der Folge sei es zu Unstimmigkeiten mit seinem Vorgesetzten gekommen. Erstmalige Behandlungsmaßnahmen hätten 2009 unter anderem vor dem Hintergrund der veränderten psychosozialen Situation begonnen. Aus den dokumentierten Aktenunterlagen und den sorgfältig aufgearbeiteten Befunden gehe eindeutig hervor, dass bei dem Kläger persönliche, familiäre und auch psychosoziale Umstände für die Entwicklung des Krankheitsbildes und dessen Verlauf verantwortlich gewesen seien. Die beschriebene Symptomatik einer posttraumatischen Belastungsstörung sei in den Hintergrund getreten. Den Gutachten von Dr. C1 und insbesondere Dr. I könne inhaltlich und hinsichtlich der versicherungsrechtlichen Beurteilung gefolgt werden. Die Einschätzung der unfallbedingten MdE mit 10 % sei korrekt.
Der Kläger ist zu einer vorgesehenen Entscheidung durch Beschluss gemäß § 153 Abs. 4 SGG unter Hinweis auf eine fehlende Erfolgsaussicht der Berufung, die Möglichkeit der Auferlegung von Kosten gemäß § 192 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 SGG und Fristsetzung gemäß §§ 106a, 153 Abs. 1 SGG zum 24.06.2016 gehört worden (Schreiben vom 25.05.2016, zugestellt am 27.05.2016).
Nach Einwendungen des Klägers und Mitteilung des Gerichts an den Kläger, es sei kein Grund ersichtlich, einen Entlassungsbericht der Fachklinik Bad G einzuholen (Schreiben vom 15.07.2016), hat Dr. L in einer ergänzenden Stellungnahme (12.07.2016) zusammenfassend festgehalten, bei dem Kläger bestehe kein typisches und vollständig ausgeprägtes Bild einer posttraumatischen Belastungsstörung, die bisherigen gutachtlichen Beurteilungen seien korrekt.
Das Gericht hat dem Kläger unter Bezugnahme auf den Richterbrief vom 25.05.2016 nochmals mitgeteilt, die Rechtsverfolgung sei völlig aussichtslos. In Fällen der vorliegenden Art prüfe der Senat im Rahmen der Beschlussfassung die Auferlegung von Verschuldenskosten gemäß § 192 Abs. 1 S. 1 Nr. 2 SGG (Schreiben vom 22.08.2016, zugestellt am 25.08.2016).
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der Gerichtsakten und der beigezogenen Akten der Beklagten Bezug genommen, deren wesentlicher Inhalt Gegenstand der Beratung des Senats gewesen ist.
II.
Der Senat konnte nach § 153 Abs. 4 Satz 1 SGG durch Beschluss entscheiden, da er die Streitsache einstimmig für unbegründet und eine mündliche Verhandlung nicht für erforderlich hält. Die Beteiligten sind dazu gehört worden.
Die zulässige Berufung ist unbegründet. Das SG hat die Klage zu Recht abgewiesen. Die angefochtenen Bescheide sind rechtmäßig. Der Kläger hat keinen Anspruch auf Rente wegen der Folgen des anerkannten Arbeitsunfalles vom 13.06.2007 über den 01.10.2013 hinaus. Dies haben bereits sowohl die Beklagte in den angefochtenen Bescheiden als auch das SG in dem angefochtenen Urteil unter Hinweis auf eine eingetretene wesentliche Änderung im Sinne von § 48 SGB X, die sich aus den eingeholten Gutachten ergebe, zutreffend begründet dargelegt. Insoweit nimmt der Senat gemäß § 153 Abs. 2 SGG auf die Entscheidungsgründe in dem Urteil sowie gemäß §§ 153 Abs. 1, 136 Abs. 3 SGG auf die Begründung in den Bescheiden Bezug und sieht von einer weiteren Darstellung der Entscheidungsgründe ab.
Ergänzend weist der Senat darauf hin, dass sich auch unter Berücksichtigung des Berufungsvorbringens des Klägers, der im Wesentlichen sein früheres Vorbringen aus dem Verwaltungs- und Klageverfahren wiederholt, keinerlei Anhaltspunkt für eine davon abweichende Beurteilung ergibt. Vielmehr hat auch der gemäß § 109 SGG auf Antrag des Klägers gehörte Sachverständige Dr. L sowohl in seinem Gutachten als auch in seiner ergänzenden Stellungnahme ausdrücklich in Übereinstimmung mit dem Ergebnis der Vorbegutachtungen durch Dr. C1 und Dr. I ausgehend von einer wesentlichen Besserung in den Folgen des Arbeitsunfalls vom 13.06.2007 dargelegt, diese bedingten lediglich eine MdE von 10 v.H. Der derzeitige Gesundheitszustand des Klägers sei von unfallunabhängigen Erkrankungen geprägt, Unfallfolgen seien in den Hintergrund getreten. Weshalb den teilweise abweichenden Einschätzungen seiner behandelnden Ärzte nicht zu folgen ist, hat bereits das SG in dem angefochtenen Urteil zutreffend ausgeführt. Deren Auffassungen liegen wesentlich lediglich subjektive Angaben des Klägers zu Grunde, ohne dass eine Auseinandersetzung mit dem Vorbefund einer depressiven Erkrankung bereits im Jahre 1999, einer nach einmaliger ärztlicher Vorstellung am 26.07.2007 zunächst fehlenden und erst im Jahre 2009 dann - bei deutlichen Hinweisen auf unfallunabhängige Belastungen - aufgenommen fachärztlichen Behandlung erfolgt wäre.
Entgegen der Behauptung des Klägers unterliegt auch das Gutachten des Dr. C1 vom 12.08.2013 im Übrigen keinem Beweisverwertungsverbot. Vielmehr ist ihm - ebenso wie bereits bei den Vorbegutachtungen - Dr. C1 zur Gutachterauswahl vorgeschlagen und mitgeteilt worden, dieser Arzt werde beauftragt, falls er - wie erfolgt - keine weitere Nachricht gebe (Schreiben vom 01.02.2013).
Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 192, 193 Sozialgerichtsgesetz (SGG).
Der Senat hat im Rahmen seines Ermessens von der Möglichkeit Gebrauch gemacht, dem Kläger sogenannte Verschuldenskosten gemäß § 192 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 SGG aufzuerlegen. Nach dieser Vorschrift kann das Gericht einem Beteiligten ganz oder teilweise die Kosten auferlegen, die dadurch verursacht werden, dass er den Rechtsstreit fortführt, obwohl ihm vom Vorsitzenden die Missbräuchlichkeit der Rechtsverfolgung oder -verteidigung dargelegt worden und er auf die Möglichkeit der Kostenauferlegung bei Fortführung des Rechtsstreits hingewiesen worden ist. Diese Voraussetzungen liegen hier vor. Der Kläger ist mit dem Anhörungsschreiben der Vorsitzenden vom 25.05.2016 und durch die Bezugnahme darauf wiederholt mit Schreiben vom 22.08.2016 auf die Aussichtslosigkeit der Fortführung des Rechtsstreits und die Möglichkeit der Kostenauferlegung bei Fortführung des Rechtsstreits hingewiesen worden. Er hat den Rechtsstreit dennoch weiter fortgeführt. Mit diesem Verhalten hat er objektiv missbräuchlich gehandelt. Eine missbräuchliche Rechtsverfolgung ist anzunehmen, wenn die Weiterführung des Rechtsstreits von jedem Einsichtigen als völlig aussichtslos angesehen werden muss (vgl. Bundesverfassungsgericht - BVerfG -, Beschluss vom 19.12.2002 - 2 BvR 1255/02 - juris RdNr. 3; Beschluss vom 03.07.1995 - 2 BvR 1379/95 - juris RdNrn. 10 f.). Dies ist hier der Fall. Die Berufung des Klägers war nach dem Ergebnis der Beweiserhebung im gesamten Verfahren völlig aussichtlos. Dies ist ihm mehrfach mitgeteilt worden. Anhaltspunkte dafür, dass der rechtskundig vertretene Kläger - jedenfalls zurechenbar (§ 192 Abs. 1 S. 2 SGG) - diese Rechtslage nicht verstanden hätte oder er dazu nicht in der Lage gewesen wäre, sind nicht ersichtlich. Hinsichtlich der Höhe der Kosten hält der Senat es noch für angemessen, diese lediglich auf den Mindestbetrag von 225 EUR (§ 192 Abs. 1 S. 3 i.V.m. § 184 Abs. 2 SGG) festzusetzen.
Anlass, die Revision nach § 160 Abs. 2 SGG zuzulassen, besteht nicht.
Rechtskraft
Aus
Login
NRW
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