Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Arbeitslosenversicherung
Abteilung
13
1. Instanz
SG Karlsruhe (BWB)
Aktenzeichen
S 5 AL 4230/15
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 13 AL 1998/16
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Berufung des Klägers gegen den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Karlsruhe vom 24. April 2016 wird zurückgewiesen.
Außergerichtliche Kosten sind auch für das Berufungsverfahren nicht zu erstatten.
Tatbestand:
Zwischen den Beteiligten ist die Rechtmäßigkeit einer Sperrzeit für die Dauer von sechs Wochen wegen zweiter Ablehnung einer beruflichen Eingliederungsmaßnahme und die damit verbundene Aufhebung der Bewilligung von Arbeitslosengeld (Alg) streitig.
Der 1968 geborene Kläger bezog von der Beklagten zuletzt Alg ab 29. Mai 2015 (vgl. Bescheide vom 12. Juni 2015, Änderungsbescheide vom 25. Juni 2015, 8. Juli 2015, 30. Juli 2015 - Leistungsbetrag täglich 58,81 EUR). Am 14. Dezember 2015 nahm der Kläger eine Beschäftigung auf, weshalb die Beklagte mit Bescheid vom 14. Dezember 2015 die Bewilligung von Alg ab diesem Tag aufhob.
Nachdem der Kläger der mit Rechtsfolgenbelehrung versehenen Aufforderung, ab dem 5. Oktober 2015 eine "Maßnahme zur Aktivierung und Vermittlung mit intensiver Betreuung und Anwesenheitspflicht" nicht angetreten hatte (der Kläger erschien nach Arbeitsunfähigkeit zu Beginn der Maßnahme nach Ende der Arbeitsunfähigkeit trotz Hinweises und Aufforderung nicht zur Maßnahme), stellte die Beklagte den Eintritt einer Sperrzeit nach § 159 Abs. 1 S. 1, S. 2 Nr. 4 Sozialgerichtsgesetz Drittes Buch (SGB III) für die Dauer von drei Wochen vom 13. Oktober 2015 bis zum 2. November 2015 und ein Ruhen des Leistungsanspruchs fest. Ferner hob sie die Bewilligung von Alg für diesen Zeitraum auf (Bescheid vom 29. Oktober 2015 in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 16. November 2015). Im nachfolgenden Klageverfahren beim Sozialgericht Karlsruhe (Az. S 5 AL 3998/15) schlossen die Beteiligten einen Vergleich dahingehend, dass die Sperrzeit erst ab dem 17. Oktober 2015 beginnt und bis zum 2. November 2015 dauert.
Mit Schreiben vom 9. November 2015 wies die Beklagte den Kläger einer Maßnahme zur Aktivierung und beruflichen Eingliederung gemäß § 45 Abs. 1 S. 1 SGB III zu. Diese Vollzeitmaßnahme im Bildungszentrum D. und Partner GmbH, B., werde am 5. Oktober 2015 (8:00 Uhr) beginnen und am 27. November 2015 enden. In dem Zuweisungsschreiben wurde der Kläger darauf hingewiesen, dass Fahrtkosten die ihm im Zusammenhang mit der Maßnahmeteilnahme entstehen, vom Maßnahmeträger gezahlt würden. Dieser bekomme die Auszahlungsbeträge von der Agentur für Arbeit erstattet. Außerdem enthielt das Schreiben eine Rechtsfolgenbelehrung, wonach, wenn der Kläger nicht an der Eingliederungsmaßnahme teilnehme, ohne für sein Fernbleiben einen wichtigen Grund zu haben, eine Sperrzeit eintrete. Diese dauere bei einem erstmaligen versicherungswidrigen Verhalten drei Wochen, bei einem zweiten versicherungswidrigen Verhalten sechs Wochen. Während der Sperrzeit ruhe der Anspruch auf Arbeitslosengeld. Nachdem der Kläger, ohne zunächst einen Grund zu nennen, am 16. November 2015 nicht zur Maßnahme erschienen war, hörte die Beklagte den Kläger mit Schreiben vom 23. November 2015 zum Eintritt einer sechs-wöchigen Sperrzeit für die Zeit vom 17. November 2015 bis zum 28. November 2015 an. Hierzu erklärte der Kläger am 25. November 2015, er habe wegen der vorherigen Sperrzeit kein Geld für eine Fahrkarte gehabt.
Mit Bescheiden vom 2. Dezember 2015 in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 8. Dezember 2015 stellte die Beklagte den Eintritt einer Sperrzeit nach § 159 Absatz 1 S. 1, S. 2 Nr. 4 SGB III für die Zeit vom 17. November 2015 bis zum 28. Dezember 2015 und ein Ruhen des Leistungsanspruchs fest und hob die Bewilligung von Alg für diesen Zeitraum auf. Der Kläger habe aufgrund der Rechtsfolgenbelehrung im Zuweisungsschreiben gewusst oder habe wissen müssen, dass ein Anspruch auf Alg ruhe, sofern er ohne wichtigen Grund nicht an der zugewiesenen Maßnahme teilnehme.
Am 21. Dezember 2015 hat der Kläger hiergegen beim SG Klage erhoben und vorgetragen die Maßnahme zur beruflichen Eingliederung hätte mehrere Wochen gedauert, somit hätte er jeden Werktag morgens von Ö. nach B. und nachmittags zurückfahren müssen. Er habe über keine Mittel mehr verfügt, um die Fahrkarten für die Teilnahme an der Maßnahme erwerben zu können. Es sei praktisch ausgeschlossen, hierfür eine kostenlose Mitfahrgelegenheit zu finden. Die Beklagte habe nicht verlangen können, dass er mit öffentlichen Verkehrsmitteln "schwarz" fahre.
Mit Gerichtsbescheid vom 24. April 2016 hat das SG die Klage abgewiesen. In den Entscheidungsgründen, auf die im Übrigen Bezug genommen wird, hat es unter anderem ausgeführt, die angefochtenen Bescheide seien rechtmäßig. Der Kläger habe ohne wichtigen Grund an der zugewiesenen Maßnahme, die am 16. November 2015 habe beginnen sollen, nicht teilgenommen. Das Nichterscheinen stehe einer Weigerung an der Teilnahme gleich. Die Beklagte habe im Zuweisungsschreiben bereits darauf hingewiesen, dass die Fahrtkosten übernommen würden. Nachdem bereits mit Bescheid vom 29. Oktober 2015 eine drei-wöchige Sperrzeit wegen Ablehnung der Teilnahme an einer zugewiesenen Maßnahme festgestellt worden sei, sei nunmehr gemäß § 159 Abs. 4 S. 1 SGB III eine Sperrzeit von sechs Wochen eingetreten. Die Beklagte habe daher die Bewilligung von Alg nach § 330 Abs. 3 S. 1 SGB III i.V.m. § 48 Absatz 1 S. 2 Nr. 4 SGB X zu Recht aufgehoben.
Gegen den am 27. April 2016 zugestellten Gerichtsbescheid richtet sich die am 27. Mai 2016 beim SG eingelegte Berufung des Klägers. Zur Begründung der Berufung trägt der Kläger vor, der wichtige Grund für die Nichtteilnahme an der Maßnahme sei darin zu sehen, dass er wegen der vorausgehenden Sperrzeit kein Geld für die Beschaffung einer Fahrkarte für die Teilnahme an der Maßnahme gehabt habe. Er habe am Freitag, dem 13. November 2015 bei der Agentur für Arbeit persönlich vorgesprochen. Die Dame, mit der er gesprochen habe, habe in seinem Beisein mit dem Maßnahmeträger telefoniert. Anschließend habe sie ihm gesagt, er solle zum Jobcenter gehen, vielleicht bekomme er dort das Geld für den Kauf einer Fahrkarte. Beim Jobcenter habe man ihm jedoch erklärt, solange er bei der Agentur für Arbeit gemeldet sei, bekomme er vom Jobcenter keine Leistungen. Er habe sich dann am 16. November 2016 nochmals gemeldet und darauf hingewiesen, dass er ohne Geld keine Fahrkarten kaufen könne und nicht erscheinen könne.
Der Kläger beantragt,
den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Karlsruhe vom 24. April 2016 und die Bescheide vom 2. Dezember 2015 in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 8. Dezember 2015 aufzuheben.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie hält den angefochtenen Gerichtsbescheid für zutreffend. Der Kläger habe keinen wichtigen Grund gehabt, die Maßnahme nicht anzutreten. Dem Kläger sei in der Zuweisung ausdrücklich eine Kostenübernahme der Fahrtkosten zugesagt worden. Der Kläger hätte sich vor Beginn der Maßnahme mit dem Träger in Verbindung setzen können. Dies habe er nicht getan.
Der Vorsitzende hat im Termin zur Erörterung des Sachverhalts vom 28. Februar 2017 den Zeugen T. gehört. Dieser hat unter anderem ausgesagt, er habe den Kläger mehrfach nach B. gefahren, wisse aber nicht mehr, an welchem Tag. Ob dies am 13. November 2015 gewesen sei, wisse er nicht mehr. Der Kläger habe ihm gesagt, dass er zu einer Schulung müsse, aber kein Geld für die Fahrten dorthin habe. Er habe ihm gesagt, dass er ihm mit Kleinigkeiten aushelfen könne, aber nicht die Fahrtkosten für die Teilnahme an der Maßnahme zahlen. Bezüglich weiterer Einzelheiten wird auf den Inhalt der Sitzungsniederschrift (Bl. 66-68 der Senatsakten) verwiesen.
Die Beteiligten haben einer Entscheidung im schriftlichen Verfahren gemäß § 124 Abs. 2 SGG zugestimmt.
Bezüglich weiterer Einzelheiten des Sachverhalts wird auf den Inhalt der Akten der Beklagten sowie auf die Prozessakten erster und zweiter Instanz Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Der Senat konnte gemäß § 124 Abs. 2 Sozialgerichtsgesetz (SGG) im schriftlichen Verfahren entscheiden, nachdem die Beteiligten hierzu ihr Einverständnis erklärt haben.
Die gemäß §§ 143, 144, 151 SGG zulässige Berufung des Klägers hat keinen Erfolg.
Streitgegenstand des Verfahrens sind die Bescheide vom 2. Dezember 2015 in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 8. Dezember 2015 mit denen die Beklagte eine Sperrzeit für die Dauer vom 17. November bis 28. Dezember 2015 festgestellt und wegen des damit verbundenen Ruhens des Anspruchs auf Alg die Bewilligung für den genannten Zeitraum aufgehoben hat. Das SG hat mit dem angefochtenen Gerichtsbescheid die Klage zutreffend abgewiesen. Die genannten Bescheide sind rechtmäßig und verletzen den Kläger nicht in seinen Rechten.
Das SG hat in den Entscheidungsgründen des angefochtenen Gerichtsbescheids zutreffend die rechtlichen Grundlagen für die von der Beklagten verfügte Feststellung einer Sperrzeit vom 17. November bis 28. Dezember 2015 (§ 159 SGB III) sowie für die Aufhebung der Arbeitslosengeldbewilligung (§ 48 SGB X) dargelegt. Das SG hat richtig dargelegt, dass die zugewiesene Maßnahme im Sinne des § 45 SGB III für den Kläger zumutbar, insbesondere auch geeignet und notwendig gewesen ist und der bewusste Nichtantritt der Maßnahme einer Weigerung im Sinne des § 159 Absatz 1 S. 1, S. 2 Nr. 4 SGB III gleichzustellen ist (vgl. auch Karamanski in Brand SGB III, 6. Auflage § 159 Rn. 92) und der Kläger im Zuweisungsschreiben korrekt über die Rechtsfolgen einer Weigerung der Teilnahme belehrt worden ist. Das SG hat auch überzeugend und schlüssig dargelegt, dass der Kläger sich auf einen wichtigen Grund für seine Verweigerungshaltung nicht berufen kann. Der Senat schließt sich dem unter Berücksichtigung des gesamten Vorbringens, auch im Berufungsverfahren nach eigener Überprüfung uneingeschränkt an und weist die Berufung aus den ausführlichen Gründen der angefochtenen Entscheidung gemäß § 153 Abs. 2 SGG zurück.
Ein wichtiger Grund für das Verhalten des Klägers ergibt sich auch nicht aus seinem Vorbringen im Berufungsverfahren. Soweit er vorträgt, er habe über keine Geldmittel für den Kauf einer Fahrkarte verfügt, um von seinem Wohnort zum Maßnahmeort zu gelangen und habe dies am Freitag, dem 13. November 2015 einer Mitarbeiterin der Agentur für Arbeit mitgeteilt, die ihrerseits telefonisch den Maßnahmeträger informiert habe und ihm die Auskunft erteilt habe, er solle beim Jobcenter nachfragen, eventuell bekomme er von dort Geld für die Fahrkarte, ist durch die Beweisaufnahme nicht bestätigt worden. Zunächst ist darauf hinzuweisen, dass im Zuweisungsschreiben dem Kläger die Übernahme der Fahrtkosten für die Teilnahme an der Maßnahme ausdrücklich zugesichert worden ist. Er ist ausdrücklich darüber informiert worden, dass der Maßnahmeträger die Fahrtkosten auszahle und dieser anschließend diese Kosten mit der Agentur für Arbeit abrechne. Hätte der Kläger Interesse an der Teilnahme an der Maßnahme gehabt, so hätte er bei Geldmangel sich direkt an den Maßnahmeträger wenden können, was jedoch nicht geschehen ist. Aus den Beratungsvermerken, die von der Beklagten vorgelegt worden sind, ist eine Vorsprache bei der Agentur für Arbeit am 13. November 2015 nicht dokumentiert. Der Kläger hat auch keine Person benennen können, mit der er am 13. November 2015 gesprochen haben will. Der von ihm benannte Zeuge hat auch nicht bestätigen können, dass er ihn an dem genannten Tag dorthin gefahren hat. Der Zeuge hat zwar ausgesagt, dass der Kläger ihn darüber informiert habe, dass er zu einer "Schulung" müsse, kein Geld für die Fahrten habe, aber er hat auch bestätigt, dass er den Kläger am ersten Tag der Maßnahme zum Maßnahmeort nach B. gefahren hätte, wenn der Kläger ihn darum gebeten hätte. Somit wäre es dem Kläger, selbst wenn seine oben genannten Einwendungen zuträfen, zumutbar gewesen, diese anzutreten und dort das Geldproblem anzusprechen. Der dokumentierte Anruf des Klägers bei der Agentur für Arbeit am Tag des Maßnahmebeginns (um 12:02 Uhr - Beginn der Maßnahme 8:00 Uhr) indem er angab, "keinen Cent mehr zu haben und an der Maßnahme nicht teilnehmen könne, da er sich die Fahrkarte nicht leisten könne", führt zu keinem anderen Ergebnis. Dem Kläger wäre es zumutbar gewesen, sich rechtzeitig an den Maßnahmenträger zu wenden oder sich zunächst von seinem Freund, dem Zeugen, fahren zu lassen. Schließlich hat der Kläger selbst angegeben am Freitag, dem 16. November 2015 mit der Straßenbahn wieder nach Hause gefahren zu sein und noch 20 EUR gehabt zu haben.
Aus den genannten Umständen ist vielmehr zu folgern, dass der Kläger kein Interesse an der Teilnahme an der Maßnahme hatte, ansonsten ist sein Verhalten nicht zu erklären.
Da das SG demnach die Klage zu Recht abgewiesen hat, war die Berufung zurückzuweisen.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG. Im Rahmen des dem Senat nach § 193 SGG eingeräumten Ermessens war für den Senat maßgeblich, dass der Kläger mit der Rechtsverfolgung ohne Erfolg geblieben ist und die Beklagte keinen Anlass zur Klageerhebung gegeben hat. Der Senat hält es auch im Falle einer Zurückweisung des Rechtsmittels für erforderlich, nicht nur über die Kosten des Rechtsmittelverfahrens zu entscheiden, sondern auch über die Kosten der vorausgehenden Instanz (so Lüdtke, Kommentar zum SGG, 4. Aufl., § 193 SGG Rdnr. 8; erkennender Senat, Urteil vom 19. November 2013, L 13 R 1662/12, veröffentlicht in Juris; a.A. Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, Kommentar zum SGG, 11. Auflage, § 193 SGG Rdnr. 2a; Hintz/Lowe, Kommentar zum SGG, § 193 SGG Rdnr. 11; Jansen, Kommentar zum SGG, 4. Auflage, § 193 SGG Rdnr. 4).
Die Voraussetzungen für eine Zulassung der Revision liegen nicht vor.
Außergerichtliche Kosten sind auch für das Berufungsverfahren nicht zu erstatten.
Tatbestand:
Zwischen den Beteiligten ist die Rechtmäßigkeit einer Sperrzeit für die Dauer von sechs Wochen wegen zweiter Ablehnung einer beruflichen Eingliederungsmaßnahme und die damit verbundene Aufhebung der Bewilligung von Arbeitslosengeld (Alg) streitig.
Der 1968 geborene Kläger bezog von der Beklagten zuletzt Alg ab 29. Mai 2015 (vgl. Bescheide vom 12. Juni 2015, Änderungsbescheide vom 25. Juni 2015, 8. Juli 2015, 30. Juli 2015 - Leistungsbetrag täglich 58,81 EUR). Am 14. Dezember 2015 nahm der Kläger eine Beschäftigung auf, weshalb die Beklagte mit Bescheid vom 14. Dezember 2015 die Bewilligung von Alg ab diesem Tag aufhob.
Nachdem der Kläger der mit Rechtsfolgenbelehrung versehenen Aufforderung, ab dem 5. Oktober 2015 eine "Maßnahme zur Aktivierung und Vermittlung mit intensiver Betreuung und Anwesenheitspflicht" nicht angetreten hatte (der Kläger erschien nach Arbeitsunfähigkeit zu Beginn der Maßnahme nach Ende der Arbeitsunfähigkeit trotz Hinweises und Aufforderung nicht zur Maßnahme), stellte die Beklagte den Eintritt einer Sperrzeit nach § 159 Abs. 1 S. 1, S. 2 Nr. 4 Sozialgerichtsgesetz Drittes Buch (SGB III) für die Dauer von drei Wochen vom 13. Oktober 2015 bis zum 2. November 2015 und ein Ruhen des Leistungsanspruchs fest. Ferner hob sie die Bewilligung von Alg für diesen Zeitraum auf (Bescheid vom 29. Oktober 2015 in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 16. November 2015). Im nachfolgenden Klageverfahren beim Sozialgericht Karlsruhe (Az. S 5 AL 3998/15) schlossen die Beteiligten einen Vergleich dahingehend, dass die Sperrzeit erst ab dem 17. Oktober 2015 beginnt und bis zum 2. November 2015 dauert.
Mit Schreiben vom 9. November 2015 wies die Beklagte den Kläger einer Maßnahme zur Aktivierung und beruflichen Eingliederung gemäß § 45 Abs. 1 S. 1 SGB III zu. Diese Vollzeitmaßnahme im Bildungszentrum D. und Partner GmbH, B., werde am 5. Oktober 2015 (8:00 Uhr) beginnen und am 27. November 2015 enden. In dem Zuweisungsschreiben wurde der Kläger darauf hingewiesen, dass Fahrtkosten die ihm im Zusammenhang mit der Maßnahmeteilnahme entstehen, vom Maßnahmeträger gezahlt würden. Dieser bekomme die Auszahlungsbeträge von der Agentur für Arbeit erstattet. Außerdem enthielt das Schreiben eine Rechtsfolgenbelehrung, wonach, wenn der Kläger nicht an der Eingliederungsmaßnahme teilnehme, ohne für sein Fernbleiben einen wichtigen Grund zu haben, eine Sperrzeit eintrete. Diese dauere bei einem erstmaligen versicherungswidrigen Verhalten drei Wochen, bei einem zweiten versicherungswidrigen Verhalten sechs Wochen. Während der Sperrzeit ruhe der Anspruch auf Arbeitslosengeld. Nachdem der Kläger, ohne zunächst einen Grund zu nennen, am 16. November 2015 nicht zur Maßnahme erschienen war, hörte die Beklagte den Kläger mit Schreiben vom 23. November 2015 zum Eintritt einer sechs-wöchigen Sperrzeit für die Zeit vom 17. November 2015 bis zum 28. November 2015 an. Hierzu erklärte der Kläger am 25. November 2015, er habe wegen der vorherigen Sperrzeit kein Geld für eine Fahrkarte gehabt.
Mit Bescheiden vom 2. Dezember 2015 in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 8. Dezember 2015 stellte die Beklagte den Eintritt einer Sperrzeit nach § 159 Absatz 1 S. 1, S. 2 Nr. 4 SGB III für die Zeit vom 17. November 2015 bis zum 28. Dezember 2015 und ein Ruhen des Leistungsanspruchs fest und hob die Bewilligung von Alg für diesen Zeitraum auf. Der Kläger habe aufgrund der Rechtsfolgenbelehrung im Zuweisungsschreiben gewusst oder habe wissen müssen, dass ein Anspruch auf Alg ruhe, sofern er ohne wichtigen Grund nicht an der zugewiesenen Maßnahme teilnehme.
Am 21. Dezember 2015 hat der Kläger hiergegen beim SG Klage erhoben und vorgetragen die Maßnahme zur beruflichen Eingliederung hätte mehrere Wochen gedauert, somit hätte er jeden Werktag morgens von Ö. nach B. und nachmittags zurückfahren müssen. Er habe über keine Mittel mehr verfügt, um die Fahrkarten für die Teilnahme an der Maßnahme erwerben zu können. Es sei praktisch ausgeschlossen, hierfür eine kostenlose Mitfahrgelegenheit zu finden. Die Beklagte habe nicht verlangen können, dass er mit öffentlichen Verkehrsmitteln "schwarz" fahre.
Mit Gerichtsbescheid vom 24. April 2016 hat das SG die Klage abgewiesen. In den Entscheidungsgründen, auf die im Übrigen Bezug genommen wird, hat es unter anderem ausgeführt, die angefochtenen Bescheide seien rechtmäßig. Der Kläger habe ohne wichtigen Grund an der zugewiesenen Maßnahme, die am 16. November 2015 habe beginnen sollen, nicht teilgenommen. Das Nichterscheinen stehe einer Weigerung an der Teilnahme gleich. Die Beklagte habe im Zuweisungsschreiben bereits darauf hingewiesen, dass die Fahrtkosten übernommen würden. Nachdem bereits mit Bescheid vom 29. Oktober 2015 eine drei-wöchige Sperrzeit wegen Ablehnung der Teilnahme an einer zugewiesenen Maßnahme festgestellt worden sei, sei nunmehr gemäß § 159 Abs. 4 S. 1 SGB III eine Sperrzeit von sechs Wochen eingetreten. Die Beklagte habe daher die Bewilligung von Alg nach § 330 Abs. 3 S. 1 SGB III i.V.m. § 48 Absatz 1 S. 2 Nr. 4 SGB X zu Recht aufgehoben.
Gegen den am 27. April 2016 zugestellten Gerichtsbescheid richtet sich die am 27. Mai 2016 beim SG eingelegte Berufung des Klägers. Zur Begründung der Berufung trägt der Kläger vor, der wichtige Grund für die Nichtteilnahme an der Maßnahme sei darin zu sehen, dass er wegen der vorausgehenden Sperrzeit kein Geld für die Beschaffung einer Fahrkarte für die Teilnahme an der Maßnahme gehabt habe. Er habe am Freitag, dem 13. November 2015 bei der Agentur für Arbeit persönlich vorgesprochen. Die Dame, mit der er gesprochen habe, habe in seinem Beisein mit dem Maßnahmeträger telefoniert. Anschließend habe sie ihm gesagt, er solle zum Jobcenter gehen, vielleicht bekomme er dort das Geld für den Kauf einer Fahrkarte. Beim Jobcenter habe man ihm jedoch erklärt, solange er bei der Agentur für Arbeit gemeldet sei, bekomme er vom Jobcenter keine Leistungen. Er habe sich dann am 16. November 2016 nochmals gemeldet und darauf hingewiesen, dass er ohne Geld keine Fahrkarten kaufen könne und nicht erscheinen könne.
Der Kläger beantragt,
den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Karlsruhe vom 24. April 2016 und die Bescheide vom 2. Dezember 2015 in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 8. Dezember 2015 aufzuheben.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie hält den angefochtenen Gerichtsbescheid für zutreffend. Der Kläger habe keinen wichtigen Grund gehabt, die Maßnahme nicht anzutreten. Dem Kläger sei in der Zuweisung ausdrücklich eine Kostenübernahme der Fahrtkosten zugesagt worden. Der Kläger hätte sich vor Beginn der Maßnahme mit dem Träger in Verbindung setzen können. Dies habe er nicht getan.
Der Vorsitzende hat im Termin zur Erörterung des Sachverhalts vom 28. Februar 2017 den Zeugen T. gehört. Dieser hat unter anderem ausgesagt, er habe den Kläger mehrfach nach B. gefahren, wisse aber nicht mehr, an welchem Tag. Ob dies am 13. November 2015 gewesen sei, wisse er nicht mehr. Der Kläger habe ihm gesagt, dass er zu einer Schulung müsse, aber kein Geld für die Fahrten dorthin habe. Er habe ihm gesagt, dass er ihm mit Kleinigkeiten aushelfen könne, aber nicht die Fahrtkosten für die Teilnahme an der Maßnahme zahlen. Bezüglich weiterer Einzelheiten wird auf den Inhalt der Sitzungsniederschrift (Bl. 66-68 der Senatsakten) verwiesen.
Die Beteiligten haben einer Entscheidung im schriftlichen Verfahren gemäß § 124 Abs. 2 SGG zugestimmt.
Bezüglich weiterer Einzelheiten des Sachverhalts wird auf den Inhalt der Akten der Beklagten sowie auf die Prozessakten erster und zweiter Instanz Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Der Senat konnte gemäß § 124 Abs. 2 Sozialgerichtsgesetz (SGG) im schriftlichen Verfahren entscheiden, nachdem die Beteiligten hierzu ihr Einverständnis erklärt haben.
Die gemäß §§ 143, 144, 151 SGG zulässige Berufung des Klägers hat keinen Erfolg.
Streitgegenstand des Verfahrens sind die Bescheide vom 2. Dezember 2015 in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 8. Dezember 2015 mit denen die Beklagte eine Sperrzeit für die Dauer vom 17. November bis 28. Dezember 2015 festgestellt und wegen des damit verbundenen Ruhens des Anspruchs auf Alg die Bewilligung für den genannten Zeitraum aufgehoben hat. Das SG hat mit dem angefochtenen Gerichtsbescheid die Klage zutreffend abgewiesen. Die genannten Bescheide sind rechtmäßig und verletzen den Kläger nicht in seinen Rechten.
Das SG hat in den Entscheidungsgründen des angefochtenen Gerichtsbescheids zutreffend die rechtlichen Grundlagen für die von der Beklagten verfügte Feststellung einer Sperrzeit vom 17. November bis 28. Dezember 2015 (§ 159 SGB III) sowie für die Aufhebung der Arbeitslosengeldbewilligung (§ 48 SGB X) dargelegt. Das SG hat richtig dargelegt, dass die zugewiesene Maßnahme im Sinne des § 45 SGB III für den Kläger zumutbar, insbesondere auch geeignet und notwendig gewesen ist und der bewusste Nichtantritt der Maßnahme einer Weigerung im Sinne des § 159 Absatz 1 S. 1, S. 2 Nr. 4 SGB III gleichzustellen ist (vgl. auch Karamanski in Brand SGB III, 6. Auflage § 159 Rn. 92) und der Kläger im Zuweisungsschreiben korrekt über die Rechtsfolgen einer Weigerung der Teilnahme belehrt worden ist. Das SG hat auch überzeugend und schlüssig dargelegt, dass der Kläger sich auf einen wichtigen Grund für seine Verweigerungshaltung nicht berufen kann. Der Senat schließt sich dem unter Berücksichtigung des gesamten Vorbringens, auch im Berufungsverfahren nach eigener Überprüfung uneingeschränkt an und weist die Berufung aus den ausführlichen Gründen der angefochtenen Entscheidung gemäß § 153 Abs. 2 SGG zurück.
Ein wichtiger Grund für das Verhalten des Klägers ergibt sich auch nicht aus seinem Vorbringen im Berufungsverfahren. Soweit er vorträgt, er habe über keine Geldmittel für den Kauf einer Fahrkarte verfügt, um von seinem Wohnort zum Maßnahmeort zu gelangen und habe dies am Freitag, dem 13. November 2015 einer Mitarbeiterin der Agentur für Arbeit mitgeteilt, die ihrerseits telefonisch den Maßnahmeträger informiert habe und ihm die Auskunft erteilt habe, er solle beim Jobcenter nachfragen, eventuell bekomme er von dort Geld für die Fahrkarte, ist durch die Beweisaufnahme nicht bestätigt worden. Zunächst ist darauf hinzuweisen, dass im Zuweisungsschreiben dem Kläger die Übernahme der Fahrtkosten für die Teilnahme an der Maßnahme ausdrücklich zugesichert worden ist. Er ist ausdrücklich darüber informiert worden, dass der Maßnahmeträger die Fahrtkosten auszahle und dieser anschließend diese Kosten mit der Agentur für Arbeit abrechne. Hätte der Kläger Interesse an der Teilnahme an der Maßnahme gehabt, so hätte er bei Geldmangel sich direkt an den Maßnahmeträger wenden können, was jedoch nicht geschehen ist. Aus den Beratungsvermerken, die von der Beklagten vorgelegt worden sind, ist eine Vorsprache bei der Agentur für Arbeit am 13. November 2015 nicht dokumentiert. Der Kläger hat auch keine Person benennen können, mit der er am 13. November 2015 gesprochen haben will. Der von ihm benannte Zeuge hat auch nicht bestätigen können, dass er ihn an dem genannten Tag dorthin gefahren hat. Der Zeuge hat zwar ausgesagt, dass der Kläger ihn darüber informiert habe, dass er zu einer "Schulung" müsse, kein Geld für die Fahrten habe, aber er hat auch bestätigt, dass er den Kläger am ersten Tag der Maßnahme zum Maßnahmeort nach B. gefahren hätte, wenn der Kläger ihn darum gebeten hätte. Somit wäre es dem Kläger, selbst wenn seine oben genannten Einwendungen zuträfen, zumutbar gewesen, diese anzutreten und dort das Geldproblem anzusprechen. Der dokumentierte Anruf des Klägers bei der Agentur für Arbeit am Tag des Maßnahmebeginns (um 12:02 Uhr - Beginn der Maßnahme 8:00 Uhr) indem er angab, "keinen Cent mehr zu haben und an der Maßnahme nicht teilnehmen könne, da er sich die Fahrkarte nicht leisten könne", führt zu keinem anderen Ergebnis. Dem Kläger wäre es zumutbar gewesen, sich rechtzeitig an den Maßnahmenträger zu wenden oder sich zunächst von seinem Freund, dem Zeugen, fahren zu lassen. Schließlich hat der Kläger selbst angegeben am Freitag, dem 16. November 2015 mit der Straßenbahn wieder nach Hause gefahren zu sein und noch 20 EUR gehabt zu haben.
Aus den genannten Umständen ist vielmehr zu folgern, dass der Kläger kein Interesse an der Teilnahme an der Maßnahme hatte, ansonsten ist sein Verhalten nicht zu erklären.
Da das SG demnach die Klage zu Recht abgewiesen hat, war die Berufung zurückzuweisen.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG. Im Rahmen des dem Senat nach § 193 SGG eingeräumten Ermessens war für den Senat maßgeblich, dass der Kläger mit der Rechtsverfolgung ohne Erfolg geblieben ist und die Beklagte keinen Anlass zur Klageerhebung gegeben hat. Der Senat hält es auch im Falle einer Zurückweisung des Rechtsmittels für erforderlich, nicht nur über die Kosten des Rechtsmittelverfahrens zu entscheiden, sondern auch über die Kosten der vorausgehenden Instanz (so Lüdtke, Kommentar zum SGG, 4. Aufl., § 193 SGG Rdnr. 8; erkennender Senat, Urteil vom 19. November 2013, L 13 R 1662/12, veröffentlicht in Juris; a.A. Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, Kommentar zum SGG, 11. Auflage, § 193 SGG Rdnr. 2a; Hintz/Lowe, Kommentar zum SGG, § 193 SGG Rdnr. 11; Jansen, Kommentar zum SGG, 4. Auflage, § 193 SGG Rdnr. 4).
Die Voraussetzungen für eine Zulassung der Revision liegen nicht vor.
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