L 8 R 821/16

Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Rentenversicherung
Abteilung
8
1. Instanz
SG Heilbronn (BWB)
Aktenzeichen
S 10 R 1183/15
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 8 R 821/16
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Heilbronn vom 14.01.2016 wird zurückgewiesen.

Außergerichtliche Kosten sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten.

Tatbestand:

Zwischen den Beteiligten ist streitig, ob der Kläger einen Anspruch gegen die Beklagte hat, ihm wegen einer Rentenneuberechnung für die Vergangenheit höhere Monatsbeträge seiner Rente auszuzahlen.

Der 1954 geborene Kläger ist gelernter Dreher. Nach Besuch der Offiziershochschule war er bis 1990 Offizier der NVA. Ab 1992 erfolgte eine Umschulung zum Finanzbuchhalter, während dieser Zeit erhielt der Kläger Unterhaltsleistungen der Arbeitslosenversicherung nach dem AFG. 1995 bis 1996 war er selbstständig tätig als Geschäftsführer der M. Handelskontor GmbH. Zuletzt wurden vom 01.01.1995 bis 31.03.1995 freiwillige Beitragszeiten zurückgelegt.

Die Rechtsvorgängerin der Beklagten bewilligte dem Kläger auf dessen (Reha-)Antrag vom 04.01.1996 und einem Leistungsfall am 22.11.1995 hin eine Rente wegen Erwerbsunfähigkeit (Bescheid vom 06.01.1998, Blatt 95/108 der Beklagtenakte): Die Rente wurde ab 16.10.1997 gezahlt. Die zunächst befristete Rente wurde durch Bescheide vom 15.10.1998 (Blatt 147/148 der Beklagtenakte), vom 25.10.1999 (Blatt 170/171 der Beklagtenakte), vom 07.12.2000 (Blatt 209/210 der Beklagtenakte), vom 31.10.2003 (Blatt 260/261 der Beklagtenakte) sowie vom 26.07.2006 (Blatt 290/291 der Beklagtenakte), 03.11.2008 (Blatt 445/458 der Beklagtenakte) und 18.11.2008 (Blatt 471/486 der Beklagtenakte) befristet weitergewährt. Mit Bescheid vom 24.07.2009 (Blatt 503/506 der Beklagtenakte) bewilligte die Beklagte die Rente wegen Erwerbsminderung vom 01.10.2010 bis zum 31.12.2012 und mit Bescheid vom 07.09.2012 (Blatt 573/574 der Beklagtenakte) die Rente auf unbestimmte Dauer (zur Befristung auf das Erreichen der Regelaltersgrenze am 31.10.2019 vgl. Bescheid vom 12.08.2013, Blatt 604/619 der Beklagtenakte).

Der Zahlbetrag der Rente wurde von der Beklagten mit Bescheid vom 04.03.1998 (Blatt 121 der Beklagtenakte) wegen Änderungen im Kranken- und Pflegeversicherungsverhältnis neu berechnet. Außerdem berechnete die Beklagte den Zahlbetrag der Rente bzw. die Rente des Klägers mit folgenden Bescheiden neu: - Bescheid vom 08.10.1999 (Blatt 154/156 der Beklagtenakte; Neuberechnung wegen Anspruchs auf Zuschüsse zur freiwilligen Kranken- und Pflegeversicherung ab 01.09.1999), - Bescheid vom 18.12.2000 (Blatt 211/4 der Beklagtenakte; Neuberechnung wegen Änderung bei der freiwilligen Kranken- und Pflegeversicherung), - Bescheid vom 11.06.2003 (Blatt 212/215 der Beklagtenakte; Neuberechnung wegen Änderung der Zuschüsse zur freiwilligen Kranken- und Pflegeversicherung), - Bescheid vom 08.06.2007 (Blatt 291/2 der Beklagtenakte; Neuberechnung wegen Änderung bei der freiwilligen Kranken- und Pflegeversicherung), - Bescheid vom 25.09.2008 (Blatt 324/329 der Beklagtenakte), - Bescheid vom 02.10.2008 (Blatt 347/359 der Beklagtenakte; Neuberechnung für die Zeit vom 01.01.1999 bis zum 31.12.1999 wegen der Rechtsprechung des BSG (Urteil vom 24.10.1996 - 4 RA 31/96 -)), - Bescheid vom 13.10.2008 (Blatt 369/381 der Beklagtenakte; Neuberechnung für die Zeit vom 01.01.2000 bis zum 31.12.2000 wegen der Rechtsprechung des BSG (Urteil vom 24.10.1996 - 4 RA 31/96 -)), - Bescheid vom 16.10.2008 (Blatt 395/408 der Beklagtenakte; Neuberechnung für die Zeit vom 01.01.2001 bis zum 31.12.2003 wegen der Rechtsprechung des BSG (Urteil vom 24.10.1996 - 4 RA 31/96 -)), - Bescheid vom 28.10.2008 (Blatt 420/433 der Beklagtenakte; Neuberechnung für die Zeit vom 01.12.2004 bis zum 31.12.2006 wegen der Rechtsprechung des BSG (Urteil vom 24.10.1996 - 4 RA 31/96 -)), - Bescheid vom 18.11.2008 (Blatt 471/486 der Beklagtenakte; Neuberechnung für die Zeit vom 01.11.2008 bis zum 31.12.2009 wegen der Rechtsprechung des BSG (Urteil vom 24.10.1996 - 4 RA 31/96 -)).

Nach Übermittlung der Entgeltbescheinigung nach § 8 Abs. 2 Anspruchs- und Anwartschaftsüberführungsgesetz (AAÜG) vom 18.11.2013 durch das Bundesverwaltungsamt (Blatt 646/655 der Beklagtenakte) leitete die Beklagte von Amts wegen ein Überprüfungsverfahren nach § 44 SGB X ein und stellte die Rente des Klägers mit Bescheid vom 17.12.2013 (Blatt 679/698 der Beklagtenakte) für die Zeit vom 01.06.1996 bis zum 31.10.2019 neu (höher) fest. Für die Zeit vom 01.01.2009 bis zum 31.01.2014 berechnete die Beklagte eine Nachzahlung i.H.v. 23.831,31 EUR. Zugleich nahm sie den Bescheid vom 25.09.2008 zurück (Anlage 10 zum Bescheid vom 17.12.2013), mit dem die Zeiten des Fachschulbesuchs vom 26.04.1993 bis 03.02.1994 vorgemerkt worden waren. Die Rücknahme sei nach der Rechtsprechung des BSG (19.04.2011 - B 13 R 79/09 R - juris) nach § 58 Abs. 1 Satz 3 SGB VI geboten. Die Erbringung höherer Leistungen sei längstens für einen Zeitraum bis zu vier Jahren vor der Rücknahme möglich.

Mit seinem am 30.01.2014 erhobenen Widerspruch (Blatt 705/706 = 707 der Beklagtenakte) verlangte der Kläger die Gewährung der sich aus der Neufeststellung ergebenden höheren Leistungen ab Rentenbeginn unter Anwendung der Regelungen der jeweiligen AAÜG-Änderungsgesetze sowie die Neufeststellung der sich aus der Rechtslage zu den Zeiträumen der Weitergewährung der ursprünglich befristeten Rente wegen Erwerbsunfähigkeit entsprechend der Entscheidung des BSG vom 24.10.1996 (4 RA 31/96) ergebenden Entgeltpunkte. Es seien die jeweiligen Änderungen des AAÜG nicht umgesetzt worden (Schreiben vom 17.03.2014, Blatt 741/742 der Beklagtenakte), außerdem bestehe ein Anspruch auf Auszahlung der Nachzahlung auch über die Grenze des § 44 Abs. 4 SGB X hinaus, was sich aus § 309 Abs. 1 SGB VI ergebe. Auch handele es sich um Erstberechnungen entsprechend Art. 6 AAÜG-ÄndG, weshalb § 44 Abs. 4 SGB X ausgeschlossen sei.

Mit Bescheid vom 27.02.2014 (Blatt 713/718 der Beklagtenakte) stellte die Beklagte die Rente wegen Erwerbsunfähigkeit ab 01.12.2013 neu fest (Wegfall des Zuschusses zur Krankenversicherungsbeiträgen, Einbehaltung der Beiträge zur Kranken- und Pflegeversicherung aus der Rente). Außerdem berechnete die Beklagte den Zahlbetrag der Rente mit Bescheiden vom 21.03.2014 (Blatt 733/739 der Beklagtenakte) und vom 28.04.2014 (Blatt 747/748 der Beklagtenakte) neu für die Zeit ab 01.12.2013 (Veränderung des Monatsbetrags der Rente und des Pflegeversicherungsbeitrags).

Die Beklagte berechnete die Rente des Klägers daraufhin neu mit - Bescheid vom 16.09.2014 (Blatt 786/797 der Beklagtenakte; Neuberechnung für die Zeit vom 01.01.1999 bis zum 31.12.1999 wegen der Rechtsprechung des BSG (Urteil vom 24.10.1996 - 4 RA 31/96 -)), - Bescheid vom 22.09.2014 (Blatt 808/818 der Beklagtenakte; Neuberechnung für die Zeit vom 01.01.2000 bis zum 31.12.2000 wegen der Rechtsprechung des BSG (Urteil vom 24.10.1996 - 4 RA 31/96 -)), - Bescheid vom 25.09.2014 (Blatt 833/845 der Beklagtenakte; Neuberechnung für die Zeit vom 01.01.2001 bis zum 31.12.2003 wegen der Rechtsprechung des BSG (Urteil vom 24.10.1996 - 4 RA 31/96 -)), - Bescheid vom 29.09.2014 (Blatt 858/869 der Beklagtenakte; Neuberechnung für die Zeit vom 01.01.2004 bis zum 31.12.2006 wegen der Rechtsprechung des BSG (Urteil vom 24.10.1996 - 4 RA 31/96 -), - Bescheid vom 13.10.2014 (Blatt 907/923 der Beklagtenakte; Neuberechnung für die Zeit vom 01.11.2008 wegen der Rechtsprechung des BSG (Urteil vom 24.10.1996 - 4 RA 31/96 -)).

Die Beklagte zahlte dem Kläger die im Bescheid vom 13.10.2014 festgestellte Nachzahlung i.H.v. 2.473,36 EUR aus (Schreiben vom 16.10.2014, Blatt 929/930 der Beklagtenakte).

Gegen diese Bescheide erhob der Kläger am 17.11.2014 Widerspruch (Blatt 940 = 942 der Beklagtenakte). Er verwies u.a. darauf, dass diese Gegenstand des Widerspruchsverfahrens geworden seien und dass die Nachzahlung auch für länger zurückliegende Zeiträume zu leisten sei. Im Übrigen sei die Berücksichtigung bestimmter Entgeltpunkte (West statt Ost) nicht nachvollziehbar.

Mit Widerspruchsbescheid vom 20.03.2015 wies die Beklagte den Widerspruch, soweit ihm nicht durch die Bescheide vom 16.09.2014, vom 22.09.2014, vom 25.09.2014, vom 29.09.2014 sowie vom 13.10.2014 abgeholfen worden war, zurück.

Der Kläger hat am 10.04.2015 beim Sozialgericht (SG) Heilbronn Klage erhoben. Er hat u.a. vorgetragen, dass die Rente neu zu berechnen sei, dies ergäbe sich aus § 309 SGB VI sowie Art. 6 AAÜG-AndG. Außerdem habe die Beklagte die Rente zu den jeweiligen Weiterbewilligungsterminen nicht richtig berechnet.

Das SG hat mit Urteil vom 14.01.2016 die Klage abgewiesen. Ein Anspruch ergebe sich nicht aus § 309 Abs. 1 Satz 1 und 2 SGB VI. Ein Anspruch ergebe sich auch nicht aus Art. 6 AAÜG-ÄndG. Anspruchsgrundlage sei § 44 SGB X. Zeitlich begrenzt werde die Erbringung der zu Unrecht nicht erbrachten Sozialleistungen durch § 44 Abs. 4 Satz 1 SGB X. Diese Vier-Jahres-Frist stehe nicht im Ermessen der Verwaltung. Vorliegend habe die Beklagte nach Mitteilung der Entgeltbescheinigung nach § 8 Abs. 2 AAUG vom 08.11.2013 durch das Bundesverwaltungsamt den Bescheid vom 25.09.2008 in einem Überprüfungsverfahren von Amts wegen zurückgenommen. Auch in einem solchen Überprüfungsverfahren von Amts wegen verlängere sich die Rückwirkung nicht über § 44 Abs. 4 SGB X hinaus. Damit seien Nachzahlungen für den Zeitraum vor dem 01.01.2009 hinaus ausgeschlossen.

Gegen das seinem Bevollmächtigten am 08.02.2016 zugestellte Urteil hat der Kläger am 02.03.2016 beim Landessozialgericht (LSG) Baden-Württemberg Berufung eingelegt. Er hat u.a. ausgeführt, das SG habe seine im Widerspruchsverfahren und im Klageverfahren getätigten Ausführungen nicht berücksichtigt, sich jedenfalls nicht näher damit auseinandergesetzt. So verkenne das SG bereits, dass sich sein Anspruch aus § 309 Abs. 1 Satz 1 und 2 SGB VI ergebe. Insoweit verkenne das SG den Normzweck des § 309 Abs. 1 SGB VI. Dieser enthalte eine Sonderregelung zu den §§ 300 Abs. 3 und 306 Abs. 1 SGB VI. Die Vorschrift ermögliche die Neufeststellung von Bestandsrenten und gewährleiste die rückwirkende Leistung neu festgestellter höherer Renten. Insoweit übersehe das SG, dass die Beklagte bei der Neufeststellung die geltende Rechtslage hätte berücksichtigen müssen und dabei bereits auch die beitragsmindernde Zeit hätte entsprechend bewerten müssen. Der Verweis auf den Bescheid vom 25.09.2008 und dass die Beklagte lediglich das materielle Recht falsch angewandt habe, verfange nicht. Sofern der Anwendungsbereich des § 309 SGB VI eröffnet sei, erstrecke sich die Neufeststellung auf die gesamte bisherige Laufzeit der Rente mit der Folge, dass Nachzahlungen abweichend von § 44 Abs. 4 SGB X auch für einen längeren Zeitraum als vier Jahre vor der Neufeststellung erbracht werden müssten. Auch nach den Ausführungen der Beklagten in ihren rechtlichen Arbeitsanweisungen müsse lediglich eine Rechtsänderung vorliegen, die eine Neufeststellung möglich mache. Eine Gesetzesänderung sei gerade nicht notwendig. Daher könne es nicht auf den Bescheid vom 25.09.2008 ankommen. Darüber hinaus übersehe das SG, dass die maßgebliche Rechtsänderung, die eine Neufeststellung nach § 309 SGB VI vorliegend ermöglichten, in § 58 Abs. 4 SGB VI zu sehen sei. Aus Blatt 317 der Akte sei ersichtlich, dass nach der Berichtigung (die sich nachträglich als unzutreffend herausgestellt habe) die Neufeststellung der Rente vorzunehmen sei mit der Folge, dass auch dies für die Anwendbarkeit des § 309 Abs. 1 SGB VI spreche. Ferner ergebe sich aus den rechtlichen Arbeitsanweisungen der Beklagten, dass § 44 Abs. 4 SGB X auch dann keine Anwendung finde, wenn neben dem Neufeststellungsanlass im Sinne des § 309 Abs. 1 SGB VI ein weiterer Neufeststellungsanlass gegeben sei. Die Ausführungen des SG zu Art. 6 AAÜG-ÄndG überzeugten ebenfalls nicht. Hierbei übersehe das SG nämlich, dass bereits Art. 6 AAÜG-ÄndG zur Verpflichtung der Beklagten zur Neuberechnung und Neufeststellung der Rente geführt habe. Ausweislich der klaren Regelung des AAÜG-ÄndG i.V.m. der Begründung des Gesetzgebers habe in einem solchen Fall eine Rückzahlung von Beginn der Neufeststellung an zu erfolgen und sei nicht durch § 44 Abs. 4 SGB X begrenzt.

Der Kläger beantragt, das Urteil des Sozialgerichts Heilbronn vom 14.01.2016 aufzuheben und die Beklagte unter Abänderung des Bescheids vom 17.12.2013 in der Fassung der Bescheide vom 16.09.2014, 22.09.2014, 25.09.2014, 29.09.2014 sowie 13.10.2014 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 20.03.2015 zu verurteilen, ihm die in den Bescheiden vom 16.09.2014, 22.09.2014, 25.09.2014, 29.09.2014 und 13.10.2014 jeweils aufgeführten Nachzahlungen zu bezahlen, soweit nicht bereits erfolgt.

Die Beklagte beantragt, die Berufung zurückzuweisen.

Die Beklagte ist der Berufung entgegengetreten und hält die angefochtene Entscheidung für zutreffend. Augenscheinlich gehe das Begehren des Klägers dahin, für Rentenbezugszeiten vor dem 01.01.1999 höhere Rente zu erhalten. Da sich ansonsten sämtliche Rentenbescheide ausschließlich innere Wirksamkeit für Bezugszeiten nach dem 31.12.1998 beimäßen, sei für den noch streitigen Zeitraum von der Beklagten lediglich mit Bescheid vom 06.01.1998 ein Verwaltungsakt über den Monatsbetrag der Rente des Klägers ergangen. Dieser Monatsbetrag der Rente basiere auf 4,2975 persönlichen Entgeltpunkten und 37,0105 persönlichen Entgeltpunkten (Ost). Der entsprechende Verwaltungsakt sei in Bindung erwachsen. Allerdings sei schon unklar, auf welcher (höheren) Entgeltpunkte-Basis der Kläger eine Neufeststellung seiner Rente für Zeiten vor dem 01.01.1999 geltend mache. Für Bezugszeiten im Jahr 1999 sei mit dem Bescheid vom 16.09.2014 entschieden, in dem der Monatsbetrag der Rente des Klägers auf der Basis von 5,9102 persönlichen Entgeltpunkten sowie 47,7431 persönlichen Entgeltpunkten (Ost) festgesetzt worden sei. Unabhängig davon bestehe keine Anspruchsgrundlage für das Begehren des Klägers: Wie das SG zutreffend herausgearbeitet habe, werde nach § 44 Abs. 4 SGB X eine Nachzahlung im Falle einer begünstigenden Neufeststellung eines Rentenbewilligungsbescheides auf längstens vier Kalenderjahre limitiert. Insoweit könne eine Neufeststellung der Rente des Klägers für Zeiten vor dem 01.01.1999 von vornherein nicht geltend gemacht werden. Der vom Kläger geltend gemachte § 309 Abs. 1 Satz 1 SGB VI sehe zwar für seinen Anwendungsbereich einen Neufeststellungsanspruch auch jenseits der Vierjahresfrist des § 44 Abs. 4 SGB X vor. Allerdings sei § 309 Abs. 1 Satz 1 SGB VI nicht einschlägig. Denn der Bescheid vom 06.01.1998 basiere zwar auch auf beitragsgeminderten Zeiten. Allerdings sei es dort nur um solche beitragsgeminderten Zeiten gegangen, die wegen Zusammentreffens von Anrechnungszeiten wegen Arbeitslosigkeit mit Beitragszeiten "entstanden" seien. Die in § 309 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 SGB VI erwähnten beitragsgeminderten Zeiten wegen Besuchs einer Schule-, Fachschule- oder Hochschule fänden sich in der Versicherungsbiographie des Klägers hingegen nicht. Auch die in den Ziffern 2 und 3 des § 309 Abs. 1 Satz 1 SGB VI erwähnten spezifischen rentenrechtlichen Zeiten habe der Kläger nicht zurückgelegt. Außerdem ignoriere der Kläger, dass seine Rente nicht etwa vor dem 01.01.1996 begonnen habe, sondern erst danach, nämlich am 16.10.1997. Dass möglicherweise ein fiktiver Rentenbeginn auf der Grundlage des Eintritts der Erwerbsminderung bereits am 22.11.1995 denkbar wäre, sei angesichts des eindeutigen Gesetzeswortlautes unerheblich. Ob § 309 Abs. 1 Satz 2 SGB VI Anwendung finde, könne offen bleiben. Denn insoweit werde ohnehin § 44 Abs. 4 SGBX nicht außer Kraft gesetzt. Auch wenn nicht nachvollziehbar vorgetragen sei, inwiefern der Kläger in den Genuss des Art. 6 AAÜG-ÄndG gelangen könnte, gelte auch hier, dass diese Bestimmung ihm nicht zu dem von ihm geltend gemachten Anspruch zu verhelfen vermöge. Zum einen setze Art. 6 AAÜG-ÄndG voraus, dass bereits am 31.12.1996 ein Anspruch auf Rente bestanden habe, was angesichts des Rentenbeginns im Oktober 1997 nicht der Fall sei. Außerdem ignoriere der Kläger, dass ausweislich des Art. 6 Satz 5 AAÜG-ÄndG die Vorschriften des Dritten Abschnitts des Ersten Kapitels des Zehnten Buches Sozialgesetzbuch [ ...] anzuwenden seien. Das bedeute nichts anderes, als dass § 44 Abs. 4 SGB X Beachtung finde.

Die Beteiligten haben sich mit einer Entscheidung ohne mündliche Verhandlung einverstanden erklärt (Blatt 27, 28 der Senatsakte).

Wegen der weiteren Einzelheiten das Sachverhalts sowie des Vorbringens der Beteiligten wird auf die Akte des Senats sowie die beigezogenen Akten des SG und der Beklagten Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

Die gemäß § 151 SGG form- und fristgerecht eingelegte Berufung des Klägers, über die der Senat mit Zustimmung der Beteiligten ohne mündliche Verhandlung entschieden hat (§ 153 Abs. 1 i.V.m. § 124 Abs. 2 SGG), ist gemäß §§ 143, 144 SGG zulässig aber unbegründet.

Der Kläger begehrt mit dem von ihm gestellten Antrag und auch nach seinem aus dem im Berufungsverfahren Vorgebrachten ersichtlichen Begehren die Verpflichtung der Beklagten zur Auszahlung der sich auch für Zeiten vor dem 01.01.2009 aus den Bescheiden vom 16.09.2014, 22.09.2014, 25.09.2014, 29.09.2014 und 13.10.2014 ergebenden höheren Monatsbeträgen seiner Rente. In diesen Bescheiden hatte die Beklagte unter Berücksichtigung des Ergebnisses der Neuberechnung der Rente des Klägers folgende sich aus höheren monatlichen Zahlbeträgen der Rente des Klägers ergebenden Nachzahlungsbeträge aufgeführt: - Bescheid vom 16.09.2014 01.01.1999 bis 31.12.1999 6.318,66 EUR - Bescheid vom 22.09.2014 01.01.2000 bis 31.12.2000 6.418,08 EUR - Bescheid vom 25.09.2014 01.01.2001 bis 31.12.2003 10.212,18 EUR - Bescheid vom 29.09.2014 01.01.2004 bis 31.12.2006 13.433,43 EUR - Bescheid vom 13.10.2014 01.01.2009 bis 30.11.2014 2.473,36 EUR

Von diesen Nachzahlungsbeträgen hat die Beklagte dem Kläger lediglich die im Bescheid vom 13.10.2014 festgestellte Nachzahlung i.H.v. 2.473,36 EUR ausbezahlt (Schreiben vom 16.10.2014, Blatt 929/930 der Beklagtenakte), die in den weiteren Bescheiden ausgewiesenen Nachzahlungen waren unter Hinweis auf § 44 Abs. 4 SGB X unterblieben.

Der Kläger hat mit seiner Berufung, was dem von ihm - anwaltlich vertreten - gestellten Antrag zu entnehmen ist, sich nicht (mehr) gegen die diesen Nachzahlungsbeträgen zugrundeliegenden Rentenberechnungen gewandt. Soweit er auf eine unzutreffende Rechtsanwendung verweist, so ist dies nach dem in der Berufungsbegründung erkennbar zum Ausdruck gekommenen Begehren lediglich im Hinblick auf die Eröffnung des Anwendungsbereichs des § 309 SGB VI bzw. des Art. 6 AAÜG-ÄndG mit der Folge, dass von § 44 Abs. 4 SGB X abzusehen sei, erfolgt. Hinsichtlich der Rentenberechnung hat der Kläger auch keine Fehler dargelegt, der Senat hat bei eigener Prüfung auch keine Fehler zu Lasten des Klägers festgestellt.

Der Kläger hat keinen Anspruch auf Auszahlung der sich - als Nachzahlung - aus der von Amts wegen durchgeführten Rentenneuberechnung im Jahr 2013 (Bescheid vom 17.12.2013) ergebenden höheren Monatsbeträgen seiner Rente für die Zeit vor dem 01.01.2009.

Nach § 44 Abs. 1 Satz 1 SGB X ist, soweit sich im Einzelfall ergibt, dass bei Erlass eines Verwaltungsaktes das Recht unrichtig angewandt oder von einem Sachverhalt ausgegangen worden ist, der sich als unrichtig erweist, und soweit deshalb Sozialleistungen zu Unrecht nicht erbracht oder Beiträge zu Unrecht erhoben worden sind, der Verwaltungsakt, auch nachdem er unanfechtbar geworden ist, mit Wirkung für die Vergangenheit zurückzunehmen. Über die Rücknahme entscheidet nach Unanfechtbarkeit des Verwaltungsaktes die zuständige Behörde (§ 44 Abs. 3 Satz 1 SGB X). Ist ein Verwaltungsakt mit Wirkung für die Vergangenheit zurückgenommen worden, werden Sozialleistungen nach den Vorschriften der besonderen Teile dieses Gesetzbuches längstens für einen Zeitraum bis zu vier Jahren vor der Rücknahme erbracht (§ 44 Abs. 4 Satz 1 SGB X). Dabei wird der Zeitpunkt der Rücknahme von Beginn des Jahres an gerechnet, in dem der Verwaltungsakt zurückgenommen wird (§ 44 Abs. 4 Satz 2 SGB X). Erfolgt die Rücknahme auf Antrag, tritt bei der Berechnung des Zeitraumes, für den rückwirkend Leistungen zu erbringen sind, anstelle der Rücknahme der Antrag (§ 44 Abs. 4 Satz 3 SGB X).

Vorliegend hat der Kläger einen Antrag auf Rücknahme der Rentenbewilligungen nicht gestellt. Vielmehr hat die Beklagte erst mit dem Bescheid vom 17.12.2013 von Amts wegen die Rente des Klägers überprüft, die früheren Verwaltungsakte bezüglich der Rentenhöhe zurückgenommen und durch die Regelungen des Bescheids vom 17.12.2013 mit höheren monatlichen Zahlbeträgen der Rente ersetzt. Daher ist die sich aus dieser Rentenneuberechnung ergebende nachträgliche Auskehrung bisher zu Unrecht nicht erbrachter Sozialleistungen nach § 44 Abs. 4 Satz 1 i.V.m. Satz 2 SGB X auf den Zeitraum von vier Jahren vor Beginn des Jahres 2013, mithin längstens auf den Zeitraum bis 01.01.2009, beschränkt. Zutreffend hat das SG ausgeführt, von der gesetzlich bindenden Vorschrift des § 44 Abs. 4 SGB X könne die Beklagte auch nicht durch gerichtliche Entscheidung befreit werden. Die Beklagte und das Gericht haben diese Vorschrift als geltendes Recht zu beachten und anzuwenden. Damit kann der Kläger für die Zeit vor dem 01.01.2009 nicht verlangen, dass die ihm von der Beklagten ausgerechneten Nachzahlungsbeträge aus den Bescheiden vom 16.09.2014, 22.09.2014, 25.09.2014 und 29.09.2014 ausgezahlt werden. Insoweit schließt § 44 Abs. 4 SGB X den Auszahlungsanspruch aus.

Zutreffend hat das SG auch entschieden, dass auch nicht wegen einer anderweitigen gesetzlichen Regelung von der Anwendung des § 44 Abs. 4 SGB X abgesehen werden kann.

Soweit der Kläger § 309 Abs. 1 Satz 1 SGB VI heranzieht, so ergibt sich hieraus kein weitergehender Nachzahlungsanspruch des Klägers. § 309 Abs. 1 SGB VI, der zwar eine speziellere Regelung zu den §§ 300 ff. SGB VI enthält, lautet wie folgt: "Eine nach den Vorschriften dieses Buches berechnete Rente ist auf Antrag von Beginn an nach dem am 1. Januar 1996 geltenden Recht neu festzustellen und zu leisten, wenn sie vor diesem Zeitpunkt begonnen hat und 1. beitragsgeminderte Zeiten wegen des Besuchs einer Schule, Fachschule oder Hochschule enthält oder 2. Anrechnungszeiten im Beitrittsgebiet wegen des Bezugs einer Übergangsrente, einer Invalidenrente bei Erreichen besonderer Altersgrenzen, einer befristeten erweiterten Versorgung oder einer berufsbezogenen Zuwendung an Ballettmitglieder in staatlichen Einrichtungen zu berücksichtigen sind oder 3. Verfolgungszeiten nach dem Beruflichen Rehabilitierungsgesetz anerkannt sind. Bei einem Rentenbeginn nach dem 31. Dezember 1995 ist Satz 1 mit der Maßgabe anzuwenden, dass die Rente auf der Grundlage des Rechts festzustellen und zu leisten ist, das bei erstmaliger Feststellung der Rente anzuwenden war. In Fällen des Satzes 1 Nr. 3 ist bei der Feststellung der Rente nach den Sätzen 1 und 2 der § 11 Satz 2 des Beruflichen Rehabilitierungsgesetzes in der Fassung des Zweiten Gesetzes zur Verbesserung rehabilitierungsrechtlicher Vorschriften für Opfer der politischen Verfolgung in der ehemaligen DDR vom 17. Dezember 1999 (BGBl. I S. 2662) anzuwenden."

Zwar mag sich aus § 309 Abs. 1 Satz 1 SGB VI, der nicht nur eine Neuberechnung der Rente sondern auch die Leistung der neuberechneten Rente ab Beginn der Rente vorsieht, ergeben, dass § 44 Abs. 4 SGB X keine Anwendung findet (vgl. aus der Literatur z.B. Diel in Hauck/Noftz, SGB VI, § 309 SGB VI, RdNr. 18; KassKomm/Kater SGB VI § 309 RdNr. 5). Doch kann § 309 Abs. 1 Satz 1 SGB VI als speziellere Regelung zu den §§ 300 ff. SGB VI nur dann angewandt werden, wenn alle ihre Tatbestandsvoraussetzungen erfüllt sind. Das ist nicht der Fall und das hat auch der Kläger nicht substantiiert behauptet. Alleine der Wunsch, die Regelung des § 44 Abs. 4 SGB X nicht anwenden zu müssen, eröffnet, wenn nicht die Tatbestandsvoraussetzungen des § 309 Abs. 1 Satz 1 SGB VI erfüllt sind, den Anwendungsbereich dieser Vorschrift nicht.

Voraussetzung des § 309 Abs. 1 Satz 1 SGB VI ist zunächst, dass die Rente bereits vor dem 01.01.1996 begonnen hatte. Die Rente des Klägers begann aber erst am 16.10.1997 (bzw. gemäß Bescheid vom 17.12.2013 am 01.06.1996). Insoweit kommt es nach § 309 Abs. 1 Satz 1 SGB VI nicht auf das Entstehen des Stammrechts an, sondern auf den Beginn des Zahlungsanspruchs, der sich aus §§ 99 ff. SGB VI ergibt. Da der Zahlungsanspruch im Fall des Klägers aber erst nach dem 01.01.1996 entstanden ist, die Rente mithin auch erst nach dem 01.01.1996 begonnen hatte, scheidet § 309 SGB VI insoweit schon aus.

Darüber hinaus liegen im Fall des Klägers auch keine Zeiten i.S.d. § 309 Abs. 1 Satz 1 Nrn. 2 und 3 SGB VI, also keine Anrechnungszeiten im Beitrittsgebiet wegen des Bezugs einer Übergangsrente, einer Invalidenrente bei Erreichen besonderer Altersgrenzen, einer befristeten erweiterten Versorgung oder einer berufsbezogenen Zuwendung an Ballettmitglieder in staatlichen Einrichtungen, und auch keine Verfolgungszeiten nach dem Beruflichen Rehabilitierungsgesetz, vor.

§ 309 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 SGB VI verlangt über den Rentenbeginn vor dem 01.01.1996 hinaus auch, dass die bereits vor dem 01.01.1996 begonnene Rente beitragsgeminderte Zeiten wegen des Besuchs einer Schule, Fachschule oder Hochschule enthält. Insoweit kommt es darauf an, dass die Rente bereits zum Zeitpunkt des 01.01.1996 derartige beitragsgeminderte Zeiten enthalten hat. Andererseits kommt es nicht darauf an, dass überhaupt beitragsgeminderte Zeiten im Versicherungsverlauf des Klägers vorhanden sind, sondern dass es sich um gerade solche beitragsgeminderte Zeiten wegen des Besuchs einer Schule, Fachschule oder Hochschule handelt.

Derartige Zeiten wiesen aber weder die dem Kläger ursprünglich bewilligte Rente auf, noch die späteren Rentenbewilligungen. Der Versicherungsverlauf des Klägers enthält folgende beitragsgeminderte Zeiten: - Pflichtbeitragszeiten für Berufsausbildung beitragsgeminderte Zeit 01.10.1992 – 31.10.1992 - Pflichtbeitragszeiten, beitragsgeminderte Zeit 01.11.1992 – 31.12.1992 01.01.1993 – 31.03.1993 - Pflichtbeitragszeiten für Berufsausbildung beitragsgeminderte Zeit 01.04.1993 – 30.04.1993 - Pflichtbeitragszeiten für Berufsausbildung beitragsgeminderte Zeit 01.05.1993 – 31.12.1993 01.01.1994 – 31.01.1994 01.02.1994 – 28.02.1994 - Pflichtbeitragszeiten, beitragsgeminderte Zeit 01.03.1994 – 21.07.1994

Der Einstufung dieser Zeiten als beitragsgeminderten Zeiten lag das Zusammentreffen der Absolvierung einer beruflichen Ausbildung bei Bezug von Leistungen nach dem AFG als Beitragszeit (Arbeitslosengeld/Übergangsgeld; Versicherungspflicht nach § 1 Satz 1 Nr. 1; Nr. 3a bzw. § 3 Satz 1 Nr. 3 SGB VI) mit einer Anrechnungszeit nach § 58 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 SGB VI, also wegen Arbeitslosigkeit, zugrunde. § 309 Abs. 1 Satz 1 SGB VI setzt aber voraus, dass die beitragsgeminderten Zeiten i.S.d. § 54 Abs. 3 SGB VI auf dem Besuch einer Schule, Fachschule oder Hochschule beruhen, also Beitragszeiten mit Anrechnungszeiten (hier: § 58 Abs. 1 Nr. 4 SGB VI), einer Zurechnungszeit oder Ersatzzeiten zusammentreffen, die auf dem Besuch einer Schule, Fachschule oder Hochschule basieren (hier: § 58 Abs. 1 Nr. 4 SGB VI).

Beim Kläger treffen somit gerade keine Zeiten der Schulausbildung nach § 58 Abs. 1 Nr. 4 SGB VI mit Beitragszeiten zusammen. Denn es treffen zunächst die Beitragszeiten wegen des Bezugs von Arbeitslosengeld/Übergangsgeld mit Zeiten der Arbeitslosigkeit (§ 58 Abs. 1 Nr. 3 SGB VI) zusammen, also nicht mit Zeiten einer schulischen Ausbildung. Auch im Übrigen treffen dann während der Umschulung des Klägers am L.-Bildungszentrum (Blatt 21 der Beklagtenakte) keine Beitragszeiten mit Anrechnungszeiten wegen Schul-, Fachschul- oder Hochschulausbildung zusammen. Denn bei der Zeit der Ausbildung am LeBit-Bildungszentrum handelt es sich rentenrechtlich nicht um eine Anrechnungszeit wegen schulischer, fachschulischer oder hochschulischer Ausbildung i.S.d. § 58 Abs. 1 Nr. 4 SGB VI. Während dieser Umschulung am LeBit-Bildungszentrum hat der Kläger Arbeitslosengeld bzw. Unterhaltsleistungen von der Bundesagentur für Arbeit bezogen, weshalb die Zeit als Pflichtbeitragszeit zu berücksichtigen war, und daher nicht auch gleichzeitig als Anrechnungszeit nach § 58 Abs. 1 Nr. 4 SGB VI berücksichtigt werden kann. Denn Zweck der Anrechnungszeit nach § 58 Abs. 1 Nr. 4 SGB VI ist es, dem Versicherten einen rentenrechtlichen Ausgleich dafür zu verschaffen, dass er durch bestimmte, im Gesetz näher definierte Umstände aus seinem persönlichen Bereich unverschuldet an der Zahlung von Pflichtbeiträgen zur gesetzlichen Rentenversicherung gehindert war (BSG, Großer Senat 09.12.1975 - GS 1/75 - BSGE 41, 49 = SozR 2200 § 1259 Nr. 13 und BSGE 42, 86 = SozR 2200 § 1259 Nr. 18 = juris; BSG, BSG 19.04. 2011 – B 13 R 27/10 RBSGE 108, 126-144 = SozR 4-2600 § 74 Nr. 3 = juris RdNr. 30; Fichte in Hauck/Noftz, SGB VI, § 58 SGB VI, RdNr 90; KassKomm/Gürtner SGB VI § 58 RdNr. 33). Dem entspricht auch die neuere Rechtsprechung des BSG, wonach Anrechnungszeiten wegen Fachschulausbildung nicht solche Zeiten sind, in denen wegen des zeitgleichen Bezugs von Übergangsgeld Versicherungspflicht bestand, wenn die Fachschulausbildung alleiniger Inhalt einer berufsfördernden Rehabilitationsmaßnahme gewesen ist, für die der Rehabilitationsträger Pflichtbeiträge zur gesetzlichen Rentenversicherung gezahlt hat (BSG, 19.04.2011 – B 13 R 79/09 R – SozR 4-2600 § 58 Nr. 13 = juris). Da der Kläger aber gerade wegen der ganztägigen Umschulung (Blatt 21 der Beklagtenakte) Arbeitslosengeld bzw. Übergangsgeld von der Arbeitsverwaltung bezogen hat, die Fachschulausbildung auch alleiniger Inhalt dieser Umschulung gewesen war, für die die Bundesagentur für Arbeit bzw. deren Rechtsvorgängerin Pflichtbeiträge gezahlt hat, kommen vorliegend keine Anrechnungszeiten nach § 58 Abs. 1 Nr. 4 SGB VI in Betracht (zur weiteren Problematik einer Zweitberufsausbildung - wie hier - vgl. KassKomm/Gürtner SGB VI § 58 RdNr. 53). Damit hat der Kläger keine beitragsgeminderten Zeiten aus dem Zusammentreffen einer Beitragszeit mit einer beitragsfreien Anrechnungszeit wegen Besuchs einer Schule, Fachschule oder Hochschule i.S.d. § 58 Abs. 1 Nr. 4 SGB VI (dazu vgl. KassKomm/Kater SGB VI § 309 RdNr. 3). Damit liegen auch die Voraussetzungen des § 309 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 SGB VI nicht vor.

Auch aus den Sonderregelung für Anrechnungszeiten, z.B. § 252 Abs. 2 SGB VI, ergeben sich weder in der in den Jahren 1992 bis 1994 anzuwendenden Fassung noch nach den später anzuwendenden Gesetzesfassungen Zeiten einer schulischen Ausbildung i.S. einer Ausbildung an Schulen, Fachschulen oder Hochschulen.

Auch soweit seit 01.01.1998 Kalendermonate mit Pflichtbeiträgen für eine Berufsausbildung als beitragsgeminderte Zeiten gelten (Zeiten einer beruflichen Ausbildung; § 54 Abs. 3 Satz 2 SGB VI), wird dadurch der Tatbestand des § 309 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 SGB VI nicht erfüllt. Denn es handelt sich insoweit um fiktive beitragsgeminderte Zeiten einer beruflichen Ausbildung. Die berufliche Ausbildung ist aber weiter gefasst als die von § 58 Abs. 1 Nr. 4 SGB VI erfassten Zeiten einer Schul-, Fachschul- oder Hochschulausbildung; sie erfasst gerade (auch) Zeiten einer versicherungspflichtigen Beschäftigung zur Berufsausbildung i.S.d. § 1 Satz 1 Nr. 1 SGB VI, sodass aus der Zuordnung dieser Zeiten als Zeiten einer beruflichen Ausbildung gerade nicht auf die nach § 309 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 SGB VI geforderten, hier nicht vorliegenden Zeiten einer schulischen, fachschulischen oder hochschulischen Ausbildung geschlossen werden kann. Lediglich letztere erfüllen aber den Tatbestand des § 309 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 SGB VI, solche Zeiten einer rentenrechtlich relevanten schulischen Ausbildung konnte der Senat aber vorliegend nicht feststellen. Damit war die Rente des Klägers nicht nach § 309 Abs. 1 Satz 1 SGB VI für Zeiten vor dem 01.01.2009 neu zu leisten.

Auch die Vorschrift des § 309 Abs. 1 Satz 2 SGB VI begründet keinen Anspruch auf Auszahlung der vor dem 01.01.2009 liegenden höheren Monatsbeträge der Rente des Klägers. Zwar hat die Rente des Klägers nach dem 31.12.1995 begonnen, weshalb nach § 309 Abs. 1 Satz 2 SGB VI Satz 1 der Vorschrift mit der Maßgabe anzuwenden ist, dass die Rente auf der Grundlage des Rechts festzustellen und zu leisten ist, das bei erstmaliger Feststellung der Rente anzuwenden war. Die Bezugnahme auf Satz 1 der Vorschrift ist nach Wortlaut und Sinngehalt eine Rechtsgrundverweisung und keine bloße Rechtsfolgenverweisung, denn die Rechtsfolgen sind in Satz 2 bereits festgelegt, weshalb Voraussetzung einer Neufeststellung nach § 309 Abs. 1 Satz 2 SGB VI ist, dass die Tatbestände des § 309 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 bis 3 SGB VI erfüllt sein müssen (KassKomm/Kater SGB VI § 309 RdNr. 6). Das ist nach den vorstehenden Ausführungen mangels Vorliegens von beitragsgeminderten Zeiten wegen des Besuchs einer Schule, Fachschule bzw. Hochschule aber gerade nicht der Fall. Damit war die Rente des Klägers auch nicht nach § 309 Abs. 1 Satz 2 SGB VI für Zeiten vor dem 01.01.2009 neu zu leisten.

Auch eine Neufeststellung nach § 309 Abs. 2 SGB VI berechtigt nicht, höhere Rentenbeträge für die Zeit vor dem 01.01.2009 auszuzahlen. Danach ist eine Rente auf Antrag neu festzustellen, wenn sie vor dem 01.01.2001 nach den Vorschriften des SGB VI bereits neu festgestellt worden war. § 309 Abs. 2 SGB VI unterscheidet sich von § 309 Abs. 1 SGB VI schon dadurch, dass nach § 309 SGB VI die Rente lediglich "neu festzustellen" ist, während sie nach § 309 Abs. 1 Satz 1 SGB VI "neu festzustellen und zu leisten" ist. Dies bedeutet, dass im Fall des § 309 Abs. 2 SGB VI die rückwirkende Erbringung von Renten nach den §§ 48 Abs. 4, 44 Abs. 4 SGB X nur für längstens vier Jahre möglich ist (Vor in Schlegel/Voelzke, jurisPK-SGB VI, 2. Aufl. 2013, § 309 SGB VI, RdNr. 25), sodass die höhere Rente vorliegend nicht für Zeiten vor dem 01.01.2009 auszuzahlen ist. Auch im Übrigen liegen die Voraussetzungen des § 309 Abs. 2 SGB VI nicht vor. So setzt die Regelung des Abs. 2 einen entsprechenden Antrag und eine bereits erfolgte Neufeststellung vor dem 01.01.2001 voraus (KassKomm/Kater SGB VI § 309 RdNr. 9). Abgesehen davon, dass ein Antrag des Klägers fehlt, hat die Beklagte mit den Rentenbescheiden vor dem 01.01.2001 keine Neufeststellung der Rente vorgenommen. In den Bescheiden vom 04.03.1998 (Blatt 121 der Beklagtenakte), 08.10.1999 (Blatt 154/156 der Beklagtenakte) und 18.12.2000 (Blatt 211 der Beklagtenakte) hat die Beklagte keine Neufeststellung der Rente vorgenommen, sondern lediglich den Zahlbetrag im Hinblick auf Änderungen bei der Krankenversicherung bzw. des Anspruchs auf Zuschüsse zur freiwilligen Kranken- und Pflegeversicherung angepasst. Das stellt aber keine Neufeststellung der Rente i.S.d. § 309 Abs. 2 SGB VI dar. Damit war die Rente des Klägers nicht wegen § 309 Abs. 2 SGB VI für Zeiten vor dem 01.01.2009 neu zu leisten.

Der Kläger kann sich ebenfalls nicht auf Art. 6 AAÜG-ÄndG zur Begründung seines Anspruch stützen; aus Art. 6 2. AAÜG-ÄndG, (BGBl I. 2001, Seite 1939) kann der Kläger keine ihn im Verhältnis zur Beklagten berührende Rechtsposition ableiten. Art. 6 AAÜG-ÄndG (BGBl. I (BGBl. 1996 Seite 1674) lautet wie folgt: "Bestand am 31. Dezember 1996 Anspruch auf eine Rente, der Pflichtbeitragszeiten zugrunde liegen, für die als Verdienst ein Arbeitsentgelt oder Arbeitseinkommen nach § 6 Abs. 2 oder 3 des Anspruchs- und Anwartschaftsüberführungsgesetzes in der am 31. Dezember 1996 geltenden Fassung festgestellt worden ist, ist diese Rente neu festzustellen, wenn in diesen Zeiten ein Arbeitsentgelt oder Arbeitseinkommen bezogen wurde, das den jeweiligen Betrag der Anlage 4 des Anspruchs- und Anwartschaftsüberführungsgesetzes nicht erreichte. Der neu festgestellten Rente sind mindestens die bisherigen persönlichen Entgeltpunkte zugrunde zu legen. Der Versorgungsträger teilt dem für die Neufeststellung der Leistungen zuständigen Träger der Rentenversicherung die Daten mit, die bei der Neufeststellung als Verdienst berücksichtigt werden. Der Versorgungsträger hat dem Berechtigten den Inhalt der Mitteilung nach Satz 3 durch Bescheid bekanntzugeben. Die Vorschriften des Dritten Abschnitts des Ersten Kapitels des Zehnten Buches Sozialgesetzbuch sind anzuwenden. Die Rente ist auf Antrag des Berechtigten auch dann neu festzustellen, wenn für sie Zeiten der Zugehörigkeit zu einem Versorgungssystem bei Wiedereinbeziehung in das Versorgungssystem (§ 5 Abs. 2a des Anspruchs- und Anwartschaftsüberführungsgesetzes) zu berücksichtigen sind. Die Sätze 2 bis 5 sind anzuwenden."

Insoweit hat der Kläger nicht darlegen können, dass bei seiner Rente, der Zeiten und Entgelte aus dem Beitrittsgebiet zugrunde liegen, ein Arbeitsentgelt oder Arbeitseinkommen berücksichtigt worden war, das den jeweiligen Betrag der Anlage 4 des AAÜG nicht erreichte (Art. 6 Satz 1 AAÜG-ÄndG). Solches konnte der Senat auch bei seiner eigenen Prüfung nicht feststellen. Im Übrigen sieht Art. 6 AAÜG-ÄndG lediglich eine Neufeststellung der Rente vor, enthält aber nicht den Hinweis darauf, dass die Rente auch ab Beginn neu zu leisten wäre (vgl. z.B. § 309 Abs. 1 Satz 1 SGB VI). Vielmehr verweist Art. 6 Satz 5 AAÜG-ÄndG gerade darauf, dass die Vorschriften des Dritten Abschnitts des Ersten Kapitels des Zehnten Buches Sozialgesetzbuch, mithin die §§ 31 bis 52 SGB X anzuwenden sind. Damit gilt vorliegend auch für die Fälle des Art. 6 AAÜG-ÄndG die Beschränkung der Nachzahlung nach § 44 Abs. 4 SGB X, sodass der Kläger für Zeiten vor dem 01.01.2009 keinen Anspruch auf Auszahlung der errechneten höheren Monatsbeträge seiner Rente hat. Damit war die Rente des Klägers auch nicht nach Art. 6 AAÜG-ÄndG nicht für Zeiten vor dem 01.01.2009 neu zu leisten.

Auch für Zeiten vor dem 01.01.1999 hat der Kläger keinen Anspruch auf Auszahlung ggf. höherer monatlicher Zahlbeträge seiner Rente. Zwar war über die Rentenberechnung ab 01.06.1997 mit dem angefochtenen Bescheid vom 17.12.2003 entschieden worden, doch liegen auch insoweit die Voraussetzungen der oben genannten Vorschriften nicht vor. Im Übrigen hat der Kläger sich ausweislich seines im Berufungsverfahren gestellten Antrags darauf beschränkt, die "ihm die in den Bescheiden vom 16.09.2014, 22.09.2014, 25.09.2014, 29.09.2014 und 13.10.2014 jeweils aufgeführten Nachzahlungen zu bezahlen". Die dort ausgewiesenen Nachzahlungsbeträge betreffen aber nur die Zeit ab dem 01.01.2009, sodass der Senat angesichts des Antrages des Klägers darauf beschränkt war, die Auszahlung der Nachzahlungsbeträge ab 01.01.2009 zu prüfen.

Damit hat der Kläger keinen Anspruch auf Auszahlung der für die Zeit vor dem 01.01.2009 festgestellten höheren Monatsbeträge der Rente. Mithin war die Berufung in vollem Umfang ohne Erfolg.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.

Gründe die Revision zuzulassen, liegen nicht vor.
Rechtskraft
Aus
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