L 13 R 1013/17 RG und L 13 SF 1014/17 AB

Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Rentenversicherung
Abteilung
13
1. Instanz
-
Aktenzeichen
-
Datum
-
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 13 R 1013/17 RG und L 13 SF 1014/17 AB
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Beschluss
Die Anhörungsrüge und die Gegenvorstellung des Antragstellers gegen den Beschluss des Senats vom 2. März 2017 (L 13 R 239/17 ER-B) werden zurückgewiesen.

Die Ablehnungsgesuche des Antragstellers gegen den Vorsitzenden Richter am Landessozialgericht A., den Richter am Landessozialgericht H. sowie die Richterin am Sozialgericht H. werden als unzulässig verworfen.

Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.

Gründe:

Der Senat hat mit Beschluss vom 2. März 2017 die Beschwerde des Antragstellers gegen den Beschluss des Sozialgerichts Freiburg (SG) vom 16. Januar 2017 zurückgewiesen. In diesem Beschluss hatte es das SG abgelehnt, den Antragsgegner zur Übersendung eines Duplikats der Anpassungsmitteilung zum 1. Juli 2016 zu verpflichten. Mit Schriftsatz vom 6. März 2017 hat der Antragsteller Anhörungsrüge, hilfsweise Gegenvorstellung gegen diesen Beschluss des Senats erhoben sowie die Richter A., H. und H. als befangen abgelehnt.

Die zulässige Anhörungsrüge ist unbegründet. Gem. § 178 a Abs. 1 SGG ist auf die Rüge eines durch eine gerichtliche Entscheidung beschwerten Beteiligten das Verfahren fortzuführen, wenn ein Rechtsmittel oder ein anderer Rechtsbehelf gegen die Entscheidung nicht gegeben ist (Nr. 1) und das Gericht den Anspruch dieses Beteiligten auf rechtliches Gehör in entscheidungserheblicher Weise verletzt hat (Nr. 2). Die Rüge ist innerhalb von zwei Wochen nach Kenntnis von der Verletzung des rechtlichen Gehörs zu erheben, § 178 a Abs. 2 S. 1 SGG. Die Rüge muss die angegriffene Entscheidung bezeichnen und das Vorliegen der in Absatz 1 Satz 1 Nr. 2 genannten Voraussetzungen darlegen, § 178 a Abs. 2 S. 5 SGG. Der Antragsteller hat die Anhörungsrüge fristgemäß innerhalb von zwei Wochen nach Zustellung des Beschlusses vom 2. März 2017 erhoben. Gegen diesen Beschluss ist ein weiteres Rechtsmittel nicht gegeben. Allerdings ist eine Verletzung rechtlichen Gehörs nicht gegeben. Der in Art. 103 Abs. 1 GG und §§ 62, 128 Abs. 2 SGG gewährleistete Anspruch auf rechtliches Gehör garantiert den Beteiligten an einem gerichtlichen Verfahren, sich mit tatsächlichen und rechtlichen Argumenten behaupten zu können. Diesem Recht entspricht die Pflicht des Gerichts, die Ausführungen der Verfahrensbeteiligten zur Kenntnis zu nehmen und in Erwägung zu ziehen (LSG Berlin-Brandenburg B. v. 22.04.2016 - L 9 KR 150/16 B ER RG - juris Rn 4; st. Rspr. BVerfGE 54, 117, 123; BVerfGE 60, 1, 5). Das verlangt nicht, dass das Gericht sich in den schriftlichen Entscheidungsgründen mit jedem einzelnen Vorbringen der Beteiligten auseinandersetzen muss. Vielmehr ist grundsätzlich davon auszugehen, dass ein Gericht das von ihm entgegengenommene Vorbringen der Beteiligten auch zur Kenntnis genommen und in Erwägung gezogen hat (LSG Berlin-Brandenburg, a.a.O., juris Rn 4). Diese Annahme ist nur dann nicht mehr gerechtfertigt, wenn das Gericht zu einer Frage, die für das Verfahren von zentraler Bedeutung ist, trotz entsprechenden Vorbringens der Beteiligten in den Entscheidungsgründen nicht Stellung nimmt, obwohl sie nach dem ausschließlich maßgeblichen Rechtsstandpunkt des Gerichts erheblich und das Beteiligtenvorbringen nicht offensichtlich unsubstantiiert gewesen ist (LSG Berlin-Brandenburg, a.a.O., juris Rn 5). Der Antragsteller rügt, der Senat habe seinen Antrag auf Ruhen des Verfahrens missachtet und folglich in rechtswidriger Weise das Verfahren mittels Beschluss abgeschlossen. Dies ist jedoch nicht der Fall. Der Senat ist in den Entscheidungsgründen des angefochtenen Beschlusses ausdrücklich auf den Ruhensantrag des Antragstellers eingegangen und hat diesen abgelehnt. Das Ruhen des Verfahrens ist gem. § 202 S. 1 SGG i. V. m. § 251 S. 1 Zivilprozessordnung (ZPO) nur dann anzuordnen, wenn beide Parteien dies beantragen und anzunehmen ist, dass wegen Schwebens von Vergleichsverhandlungen oder aus sonstigen wichtigen Gründen diese Anordnung zweckmäßig ist. Diese Voraussetzungen liegen nicht vor. Der Senat hat dem Antragsgegner den den Ruhensantrag des Antragstellers enthaltenden Schriftsatz vom 6. Februar 2017 übersandt, so dass dieser Kenntnis hiervon hatte und dem Ruhen hätte zustimmen können. Überdies war die Anordnung des Ruhens des Verfahrens weder wegen Vergleichsverhandlungen zwischen den Beteiligten noch aus sonstigen wichtigen Gründen zweckmäßig. Eine Verletzung des rechtlichen Gehörs des Antragstellers liegt somit nicht vor.

Auch ist die vom Antragsteller erhobene Gegenvorstellung nicht begründet. Eine Gegenvorstellung ist auch nach Einführung der Anhörungsrüge durch Einfügung des § 178a in das Sozialgerichtsgesetz (SGG) zum 1. Januar 2005 mit Anhörungsrügengesetz vom 9. Dezember 2004 (BGBl. I 3220) weiterhin zulässig (vgl. Bundesverfassungsgericht [BVerfG], Beschluss vom 25. November 2008 - 1 BvR 848/07, Juris; Bundessozialgericht [BSG], Beschluss vom 28. Juli 2005 - B 13 RJ 178/05 B - SozR 4-1500 § 178a Nr. 3, Juris, Senatsbeschluss vom 11. Mai 2005 - L 13 AS 1969/05 ER - mit weiteren Hinweisen auf die Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs). Denn die Gegenvorstellung verfolgt das Ziel, den Fachgerichten die Möglichkeit zu eröffnen, ihr Verhalten unter bestimmten rechtlichen Gesichtspunkten nochmals zu überprüfen und gegebenenfalls zu korrigieren. Demgegenüber beschränkt sich die Anhörungsrüge des § 178a Abs. 1 SGG auf die Fortführung des Verfahrens, wenn ein Rechtsmittel oder ein Rechtsbehelf gegen die Entscheidung nicht gegeben ist und das Gericht den Anspruch dieses Beteiligten auf rechtliches Gehör in entscheidungserheblicher Weise verletzt hat. Eine Gegenvorstellung ist nur zulässig und kann nur Erfolg haben, wenn der Antragsteller substantiiert darlegt, ihm sei, insbesondere durch die Verletzung von Verfahrensgrundrechten, grobes prozessuales Unrecht zugefügt worden, das im Wege der richterlichen Selbstkontrolle beseitigt werden muss (BSG B. v. 19. Januar 2010 - B 11 AL 13/09 C - SozR 4-1500 § 60 Nr. 7, LSG Sachsen-Anhalt, B. v. 13. April 2011 - L 5 AS 136/11 B ER RG - juris; Senatsbeschluss vom 14. Mai 2013 - L 13 AS 1951/12 RG - www.sozialgerichtsbarkeit.de). Dem Vorbringen des Antragstellers sind keine Gründe zu entnehmen, die eine schwerwiegende Rechtsverletzung im o.g. Sinne aufzeigen, insbesondere die Verletzung von Verfahrensgrundrechten.

Der Antragsteller hat auch mit seinem Ablehnungsgesuch keinen Erfolg. Dieses ist bereits unzulässig, da es rechtsmissbräuchlich ist. Nach § 60 SGG i. V. m. § 42 Abs. 2 ZPO kann ein Richter wegen Besorgnis der Befangenheit abgelehnt werden, wenn ein Grund vorliegt, der geeignet ist, Misstrauen gegen die Unparteilichkeit eines Richters zu rechtfertigen. Dabei kommt es nach ständiger Rechtsprechung darauf an, ob der betroffene Beteiligte von seinem Standpunkt aus bei vernünftiger objektiver Betrachtung Anlass hat, die Voreingenommenheit des oder der abgelehnten Richter zu befürchten (BSG B. v. 19. Januar 2010 - B 11 AL 13/09 C - juris Rn 10; BSG B. v. 29. März 2007 - B 9a SB 18/06 B - juris Rn 13; Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, SGG, 11. Aufl., 2014, § 60 Rn 7). Nach § 60 SGG i. V. m. § 45 Abs. 1 ZPO entscheidet das Gericht, dem der Abgelehnte angehört, ohne dessen Mitwirkung. Es ist allerdings anerkannt, dass abweichend vom Wortlaut des § 45 Abs. 1 ZPO der Spruchkörper ausnahmsweise in alter Besetzung unter Mitwirkung der abgelehnten Richter über unzulässige Ablehnungsgesuche in bestimmten Fallgruppen entscheidet. Hierzu zählt u. a. die pauschale Ablehnung eines gesamten Spruchkörpers (BSG B. v. 19. Januar 2010 - B 11 AL 13/09 C - juris Rn 11; BSG B. v. 29. März 2007 - B 9a SB 18/06 B - juris Rn 8; Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, SGG, 11. Aufl., 2014, § 60 Rn 10d).

So liegt es hier. Der Antragsteller hat in seinem Schreiben vom 6. März 2017 pauschal alle Richter des Senats, die an dem Beschluss vom 2. März 2017 mitgewirkt haben, abgelehnt, ohne konkrete Anhaltspunkte vorzubringen, die bei vernünftiger objektiver Betrachtung auf eine Befangenheit der Mitglieder des Spruchkörpers hindeuten. Anhaltspunkte für eine Befangenheit ergeben sich insbesondere nicht aus dem Vorbringen des Antragstellers, der Senat habe trotz seines Ruhensantrags über die Beschwerde entschieden. Hierzu war der Senat - wie oben bereits ausgeführt - berechtigt. Das Ablehnungsgesuch des Antragstellers ist daher rechtsmissbräuchlich und abzulehnen.

Die Kostenentscheidung ergeht in entsprechender Anwendung von § 193 SGG.

Diese Entscheidung kann mit der Beschwerde nicht angefochten werden (§ 177 SGG).
Rechtskraft
Aus
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