Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Krankenversicherung
Abteilung
5
1. Instanz
SG Stuttgart (BWB)
Aktenzeichen
S 10 KR 4195/14
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 5 KR 3944/15
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Sozialgerichts Stuttgart vom 24.07.2015 wird zurückgewiesen.
Außergerichtliche Kosten sind auch für das Berufungsverfahren nicht zu erstatten.
Tatbestand:
Die Klägerin begehrt von der Beklagten die Gewährung von Krankengeld über den 31.03.2014 hinaus. Die im Jahr 1952 geborene Klägerin, die bei der Beklagten gesetzlich krankenversichert ist, bezog vom 31.08.2013 - 23.03.2014 von der BA Arbeitslosengeld nach dem Dritten Buch Sozialgesetzbuch (SGB III). Unter dem 10.02.2014 bescheinigte Dr. W., Facharzt für Innere Medizin, unter der Diagnose "I80.3 G" (Thrombose, Phlebitis und Thrombophlebitis) Arbeitsunfähigkeit bis voraussichtlich 21.02.2014. Mit Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung vom 21.02.2014, vom 28.02.2014 und vom 10.03.2014 bescheinigte Dr. W. sodann Arbeitsunfähigkeit bis voraussichtlich zum 31.03.2014. Die Beklagte gewährte der Klägerin deswegen nach dem Ende der Leistungsfortzahlung durch die BA mit Bescheid vom 26.03.2014 ab dem 24.03.2014 Krankengeld i.H.v. 37,10 EUR täglich. Gleichzeitig wurde der Klägerin durch die Beklagte mitgeteilt, dass die Arbeitsunfähigkeit nahtlos nachgewiesen sein müsse. Bei fortbestehender Arbeitsunfähigkeit müsse daher spätestens am letzten Tag des zuvor bescheinigten Zeitraums die weitere Arbeitsunfähigkeit von einem Arzt bescheinigt werden. Ab dem 01.04.2014 war die Klägerin wegen der Beantragung einer Rente in der Krankenversicherung der Rentner krankenversichert. Seit September 2015 bezieht die Klägerin eine Altersrente. Mit Auszahlschein vom 01.04.2014 bescheinigte Dr. W. der Klägerin, sich zuletzt am 01.04.2014 vorgestellt zu haben und weiterhin arbeitsunfähig zu sein. Die Diagnose habe sich jedoch geändert. Die Klägerin sei wegen einer depressiven Episode (Diagnose "F 32.1 G") arbeitsunfähig. Nachdem die Beklagte die Klägerin anlässlich einer telefonischen Unterredung davon in Kenntnis gesetzt hatte, dass ab dem 01.04.2014 kein Krankengeld mehr gezahlt werde, entschied sie, die Beklagte, mit Bescheid vom 08.04.2014, dass aufgrund der ab dem 10.02.2014 bestehenden Arbeitsunfähigkeit ab dem 01.04.2014 kein Krankengeld fortgezahlt werden könne. Begründend führte sie aus, dass der Leistungsbezug der Klägerin nach SGB III mit dem 23.03.2014 geendet habe. Die hieraus resultierende Versicherungspflicht habe aufgrund des laufenden Krankengeldbezugs fortbestanden und habe mit dem in der letzten Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung bescheinigten Ende der Arbeitsunfähigkeit, dem 31.03.2014, geendet. Zum Zeitpunkt der Bescheinigung der weiteren Arbeitsunfähigkeit habe keine Versicherung mit Krankengeldanspruch (mehr) bestanden. Dies gelte, so die Beklagte unter Hinweis auf die Entscheidung des Bundessozialgerichts (BSG) vom 10.05.2012 (- B 1 KR 19/11 R -, in juris), ungeachtet des Umstandes, dass die Erkrankung durchgehend Arbeitsunfähigkeit begründet habe. Zur Aufrechterhaltung des Krankengeldanspruches aus einer Beschäftigungsversicherung sei erforderlich, dass die Arbeitsunfähigkeit vor Ablauf des Krankengeldbewilligungsabschnittes erneut festgestellt werde. Der vorgelegte Auszahlungsschein sei am 01.04.2014 und damit nach Ablauf der zuletzt bescheinigten Arbeitsunfähigkeit zum 31.03.2014, ausgestellt worden. Ein Anspruch auf die weitere Gewährung von Krankengeld sei daher ausgeschlossen. Zur Begründung ihres hiergegen unter dem 09.04.2014 eingelegten Widerspruchs brachte die Klägerin vor, ihre Krankmeldung habe bis zum 31.03.2014, einem Montag, gereicht. Im direkten zeitlichen Vorlauf hierzu habe sie keinen Termin bei ihrem Arzt erhalten können. Erst am 08.04.2014 sei ihr mitgeteilt worden, kein Krankengeld mehr zu erhalten. Infolge dieser verspäteten Mitteilung habe sie sich erst am 09.04.2014 bei der BA arbeitslos melden können. Ihr sei deswegen der Zeitraum vom 01. - 08.04.2014 verloren gegangen. Die Klägerin legte hierzu ein ärztliches Attest von Dr. W. vom 08.04.2014 vor, in dem mitgeteilt wird, dass die Klägerin einen Termin am 01.04.2014 zur Ausstellung eines Auszahlscheins erhalten habe, ein früherer Termin sei in seiner Sprechstunde nicht möglich gewesen. Ab dem 09.04.2014 bezog die Klägerin von der BA (bis zum 22.05.2014) wiederum Arbeitslosengeld. Mit Widerspruchsbescheid vom 28.07.2014 entschied die Beklagte, dem Widerspruch der Klägerin nicht stattzugeben. Die Mitgliedschaft der Klägerin, als Bezieherin von Arbeitslosengeld nach dem SGB III habe, so die Beklagte begründend, mit Ablauf des 23.03.2014 geendet, sie, die Mitgliedschaft, sei jedoch während des Bezuges von Krankengeld erhalten geblieben. Der Anspruch auf Krankengeld sei jedoch mit dem 31.03.2014 beendet gewesen. Die der Krankengeldgewährung zu Grunde liegende Arbeitsunfähigkeit müsse der Krankenkasse vor jeder erneuten Inanspruchnahme des Krankengeldes auch dann angezeigt werden, wenn diese seit ihrem Beginn ununterbrochen bestanden habe. Für einen lückenlosen Nachweis des Vorliegens von Arbeitsunfähigkeit sei es ausreichend aber auch erforderlich, wenn die weiterhin bestehende Arbeitsunfähigkeit am letzten zuvor bescheinigten Tag der Arbeitsunfähigkeit festgestellt werde, eine Folgebescheinigung der Arbeitsunfähigkeit also (spätestens) an diesem Tag ausgestellt werde. Als sich die Klägerin am 01.04.2014 in der Arztpraxis vorgestellt habe, sei der Zeitraum der zuvor bescheinigten Arbeitsunfähigkeit bereits abgelaufen gewesen, weswegen die Klägerin ab dem 01.04.2014 nicht mehr mit Anspruch auf Krankengeld versichert gewesen sei. Hiergegen erhob die Klägerin am 05.08.2014 Klage zum Sozialgericht Stuttgart (SG). Sie brachte vor, sie habe vor Ablauf des Bewilligungsabschnittes am 31.03.2014, einem Montag, telefonisch um einen Termin in der Praxis Dr. W. gebeten, sie habe jedoch erst am 01.04.2014 einen Termin erhalten, anlässlich dessen eine Folgebescheinigung der Arbeitsunfähigkeit ausgestellt worden sei, die sie am gleichen Tag der Beklagten habe zukommen lassen. Die Forderung der Beklagten führe dazu, dass sie eine auf einen Samstag oder Sonntag datierende Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung hätte vorlegen müssen. Wäre sie bereits am Freitag zum Arzt gegangen, wäre die Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung zu früh ausgestellt worden. Sie habe sich vielmehr rechtzeitig an Dr. W. gewandt, für den 31.03.2014 jedoch keinen Termin mehr bekommen, weil die Praxis überfüllt gewesen sei. Ihr sei, wie Dr. W. in seinem Attest bestätigt habe, seitens der Praxis mitgeteilt worden, dass es zu keinen Problemen bei der Krankengeldzahlung führe, wenn sie erst am 01.04.2014 einen Termin wahrnehme. In dieser Konstellation sei, so die Klägerin unter Berufung auf das Urteil des Landessozialgerichts Baden-Württemberg (LSG) vom 21.10.2014 (- L 11 KR 1242/14 -, in juris), von einer rechtzeitigen Feststellung der Arbeitsunfähigkeit auszugehen. Jedenfalls müsse sich die Beklagte das Verhalten des behandelnden Vertragsarztes bzw. die Auskunft der Vertragsarztpraxis zurechnen lassen, so dass ihr jedenfalls keine Obliegenheitsverletzung vorgeworfen werden könne. Die Beklagte trat der Klage unter Verweis auf den Inhalt des angefochtenen Widerspruchsbescheides entgegen. Mit Urteil vom 24.07.2015 wies das SG die Klage ab. Zur Begründung seiner Entscheidung führte es aus, ein Anspruch auf Krankengeld setze die vorherige ärztliche Feststellung der Arbeitsunfähigkeit voraus. Die Voraussetzungen eines Krankengeldanspruches, insb. die ärztliche Feststellung der Arbeitsunfähigkeit, müssten bei einer zeitig befristeten Arbeitsunfähigkeitsfeststellung und dementsprechender Krankengeldgewährung für jeden Bewilligungsabschnitt jeweils erneut vorliegen. Hieraus folge, dass der Versicherte spätestens am letzten Tag der (zuvor) bescheinigten Arbeitsunfähigkeit seinen Arzt tatsächlich aufsuchen müsse und sich neuerlich Arbeitsunfähigkeit bescheinigen lassen müsse. Dies habe die Klägerin verabsäumt, sie sei erst nach Ablauf der zuletzt bis zum 31.03.2014 bescheinigten Arbeitsunfähigkeit, am 01.04.2014, bei Dr. W. vorstellig geworden. Soweit sich die Klägerin auf das Urteil des LSG vom 21.10.2014 (a.a.O.) berufe, führe dies, so das SG weiter, zu keiner abweichenden Beurteilung, da die dort zu Grunde liegende Situation, der dortige Kläger habe den ihn behandelnden Arzt aufgesucht und dort längere Zeit gewartet, wobei er wegen Rückenschmerzen im überfüllten Wartezimmer auf dem Boden gelegen habe, nicht mit der Situation der Klägerin vergleichbar sei, da die Klägerin Dr. W. nicht aufgesucht habe. Auch der von der Beklagten erteilte Hinweis, dass der letzte Auszahlungsschein nicht früher als zwei Tage vor dem Ende der Arbeitsunfähigkeit ausgestellt sein dürfe, führe zu keiner abweichenden Beurteilung, da hieraus nicht der Schluss gezogen werden könne, dass der Auszahlschein auch nach dem Ende der Arbeitsunfähigkeit ausgestellt werden dürfe. Die Klägerin sei vielmehr ausdrücklich darauf hingewiesen worden, dass die Arbeitsunfähigkeit nahtlos nachgewiesen sein müsse. Schließlich müsse sich die Beklagte ein etwaiges Fehlverhalten des sie behandelnden Arztes nicht zurechnen lassen. Gegen das am 07.09.2015 zugestellte Urteil hat die Klägerin am 17.09.2015 Berufung eingelegt. Zu deren Begründung bringt sie vor, sie sei bis zum 30.06.2014 arbeitsunfähig gewesen und könne deswegen über den 31.03.2014 hinaus Krankengeld beanspruchen. Das Sozialgericht Speyer habe entschieden (Urteil vom 22.05.2015 - S 19 KR 959/13 -, in juris), dass Ansprüche auf Sozialleistungen entstünden, sobald ihre im Gesetz oder auf Grund eines Gesetzes bestimmten Voraussetzungen vorlägen (§ 40 Abs. 1 Sozialgesetzbuch Erstes Buch [SGB I]). Weitere (rechtzeitige) ärztliche Feststellungen seien für den Fortbestand des Anspruchs auf Krankengeld hingegen nicht erforderlich. Der entgegen stehenden Rechtsprechung des BSG könne nicht gefolgt werden, da diese, so die Klägerin unter Hinweis auf die Ausführungen des Sozialgerichts Speyer (a.a.O.), gegen den Grundsatz der Gesetzesbindung und damit letztlich gegen das Prinzip der Gewaltenteilung verstieße. Indes läge vorliegend, selbst wenn man der Einschätzung des Sozialgerichts Speyer nicht folgen wolle, ein Ausnahmefall vor, der dazu führe, dass die ärztliche Feststellung der Arbeitsunfähigkeit nachgeholt werden könne. Sie, die Klägerin, habe sich rechtzeitig bei Dr. W. vorgestellt, jedoch am 31.03.2014 keinen Termin erhalten. Auch sei ihr mitgeteilt worden, dass hierdurch keine Probleme bei der Krankengeldzahlung entstünden. In Einklang mit der Entscheidung des LSG vom 21.10.2014 (a.a.O.) sei in dieser Situation von einer rechtzeitigen Feststellung der Arbeitsunfähigkeit auszugehen. Es könne hierbei keinen Unterschied machen, ob der Arzt tatsächlich aufgesucht oder telefonisch kontaktiert werde. Jedenfalls müsse sich die Beklagte das Fehlverhalten des Vertragsarztes zurechnen lassen. Die Klägerin beantragt, das Urteil des Sozialgerichts Stuttgart vom 24.07.2015 aufzuheben und die Beklagte unter Aufhebung des Bescheides vom 08.04.2014 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 28.07.2014 zu verurteilen, ihr für die Zeit vom 01.04 - 30.06.2014 Krankengeld zu gewähren.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Die Beklagte führt zur Begründung ihres Antrages aus, dass die Auffassung, dass der Anspruch auf Krankengeld nach § 47 Abs. 1 Satz 2 Sozialgesetzbuch Fünftes Buch (SGB V) am 01.04.2014 noch bestanden haben könnte, nicht zu folgen sei. Die Beklagte legte ferner weitere von Dr. W. ausgestellte Auszahlscheine vom 29.04.2014, vom 27.05.2014 und vom 27.06.2014 vor. In letzterem ist der 30.06.2014 als voraussichtliches Ende der Arbeitsunfähigkeit der Klägerin benannt.
Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die Prozessakten beider Rechtszüge und die bei der Beklagten geführte Leistungsakte, die Gegenstand der mündlichen Verhandlung vom 22.03.2017 geworden sind, sowie die Niederschrift der mündlichen Verhandlung vom 22.03.2017 verwiesen.
Entscheidungsgründe:
Die form- und fristgerecht (§ 151 Abs. 2 Sozialgerichtsgesetz (SGG)) eingelegte Berufung ist zulässig. Sie ist insb. nach §§ 143, 144 SGG statthaft, da der Wert des Beschwerdegegenstandes bei einem streitigen Zeitraum von jedenfalls 91 Tagen (01.04. - 30.06.2014) und einer Krankengeldhöhe von 37,10 EUR täglich einen Betrag von 3.376,10 EUR errechnet und der erforderliche Beschwerdewert von 750,- EUR (§ 144 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 SGG) überschritten ist. Die Berufung führt jedoch in der Sache für die Klägerin nicht zum Erfolg.
Das SG hat die Klage zu Recht abgewiesen; die Klägerin hat keinen Anspruch auf die Gewährung von Krankengeld vom 01.04 - 30.06.2014.
Nach § 44 Abs. 1 Sozialgesetzbuch Fünftes Buch (SGB V) haben Versicherte Anspruch auf Krankengeld, wenn die Krankheit sie arbeitsunfähig macht oder sie auf Kosten der Krankenkasse in einem Krankenhaus, einer Vorsorge- oder Rehabilitationseinrichtung behandelt werden. Zur Überzeugung des Senats war die Klägerin auch über den 31.03.2014 hinaus, bis zum 30.06.2014 arbeitsunfähig erkrankt. Dies folgt aus der Einschätzung des Dr. W., der die Klägerin bis zum 30.06.2014 als arbeitsunfähig erachtet hat. Der Anspruch auf Krankengeld entsteht nach § 46 Satz 1 SGB V in der bis zum 22.07.2015 geltenden Fassung des Gesetzes zur Änderung arzneimittelrechtlicher und anderer Gesetze vom 17.07.2009 (BGBl. I S. 1211) im Falle der Krankenhausbehandlung oder der Behandlung in einer Vorsorge- oder Rehabilitationseinrichtung von ihrem Beginn an (Nr. 1), im Übrigen von dem Tag an, der auf den Tag der ärztlichen Feststellung der Arbeitsunfähigkeit folgt (Nr. 2). § 46 Abs. 1 Satz 1 Nr.2 SGB V in der Fassung des Gesetzes zur Stärkung der Versorgung in der gesetzlichen Krankenversicherung (GKV-VSG) vom 16.07.2015 (BGBl. I S.1211), der bestimmt, dass der Anspruch auf Krankengeld von dem Tage der ärztlichen Feststellung der Arbeitsunfähigkeit an entsteht, ist vorliegend nicht anzuwenden, da der streitbefangene Zeitraum vor dem Inkrafttreten der Gesetzesänderung am 23.07.2015 (vgl. Art. 20 Abs. 1 GKV-VSG) lag und eine rückwirkende Anwendung dieser Gesetzesfassung nicht (gesetzlich) vorgesehen ist.
Wird das Krankengeld wie vorliegend jeweils aufgrund der von einem Vertragsarzt ausgestellten Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung entsprechend der dort angegebenen voraussichtlichen Dauer der Arbeitsunfähigkeit gezahlt, liegt hierin eine zeitlich befristete Bewilligung (vgl. BSG, Urteil vom 04.03.2014 - B 1 KR 17/13 R - und vom 22.03.2005 - B 1 KR 22/04 R - jew. in juris). Bei fortdauernder Arbeitsunfähigkeit, aber abschnittsweiser Krankengeldbewilligung ist jeder Bewilligungsabschnitt eigenständig zu prüfen. Für die Aufrechterhaltung des Krankengeldanspruchs ist es deshalb, entgegen der Auffassung des SG Speyer (a.a.O.), auf die sich die Klägerin beruft, erforderlich, dass die Arbeitsunfähigkeit vor Ablauf des Krankengeldbewilligungsabschnitts erneut ärztlich festgestellt wird (vgl. st. Rspr. des BSG, u.a. Urteil vom 08.11.2005 - B 1 KR 30/04 R -; Urteil vom 16.12.2014 - B 1 KR 19/14 R - in juris m.w.N.). Die ärztliche Feststellung der Arbeitsunfähigkeit ist keine bloße Formalie. Mit dem Erfordernis vorgeschalteter ärztlich festzustellender Arbeitsunfähigkeit sollen vielmehr beim Krankengeld Missbrauch und praktische Schwierigkeiten vermieden werden, zu denen die nachträgliche Behauptung der Arbeitsunfähigkeit und deren rückwirkende Bescheinigung beitragen könnten. Mit Blick hierauf ist die Regelung des § 46 Satz 1 Nr. 2 SGB V grundsätzlich strikt zu handhaben. Die Klägerin hat zwar am 31.03.2014 telefonisch Kontakt mit der Praxis des Dr. W. aufgenommen, zu einer Vorstellung dort ist es jedoch erst am 01.04.2014 gekommen. Erst unter diesem Tag, d.h. nach Ablauf der zuvor bescheinigten Arbeitsunfähigkeit, hat Dr. W. der Klägerin im Wege eines Auszahlscheines Arbeitsunfähigkeit bescheinigt. Die Klägerin hat es mithin versäumt, die Arbeitsunfähigkeit vor Ablauf des (laufenden) Krankengeldbewilligungsabschnitts erneut ärztlich feststellen zu lassen.
Die Klägerin kann sich auch nicht mit Erfolg auf eine Ausnahme vom Erfordernis der rechtzeitigen (erneuten) Feststellung der Arbeitsunfähigkeit berufen. Zwar lässt die Rechtsprechung vom Erfordernis der vorherigen ärztlichen Feststellung des Fortbestehens von Arbeitsunfähigkeit Ausnahmen zu. Neben der vorliegend nicht einschlägigen Konstellation der Handlungs- oder Geschäftsunfähigkeit des Versicherten (vgl. BSG, Urteil vom 05.05.2009 - B 1 KR 20/08 R - in juris) ist eine Ausnahme bspw. bei fehlerhaften Informationen des Versicherten durch die Krankenkasse anzunehmen (vgl. BSG, Urteil vom 16.12.2014 - B 1 KR 19/14 R - in juris, dort Rn 17). Die Klägerin wurde vorliegend jedoch nicht fehlerhaft von der Beklagten informiert. Vielmehr wurde ihr mit Schreiben vom 26.03.2014 der zutreffende - optisch hervorgehobene - Hinweis erteilt, dass die Arbeitsunfähigkeit nahtlos nachgewiesen und bei fortbestehender Arbeitsunfähigkeit die Arbeitsunfähigkeit spätestens am letzten Tag des zuvor bescheinigten Zeitraums von dem Arzt bescheinigt werden müsse. Schließlich kann eine Ausnahme auch dann begründet sein, wenn die ärztliche Feststellung der Arbeitsunfähigkeit ausschließlich aus Gründen unterblieben ist, die dem Verantwortungsbereich des Vertragsarztes oder den sonstigen zur Sicherstellung der vertragsärztlichen Versorgung berufenen Personen oder Einrichtungen bzw. der Krankenkasse zuzuordnen sind und der Versicherte alles in seiner Macht stehende und ihm zumutbare getan hat, um eine ärztliche Feststellung der Arbeitsunfähigkeit herbeizuführen und so seine Ansprüche zu wahren. I.d.S. liegt ein Ausnahmetatbestand dann nahe, wenn innerhalb normaler Praxisöffnungszeiten ein Arzt persönlich aufgesucht wird und deutlich wird, dass eine Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung ausgestellt werden soll und der Versicherte bereit ist, diese Feststellung durch eine Untersuchung zu ermöglichen. Vor diesem Hintergrund hat das LSG in seinem Urteil 21.10.2014 (a.a.O.) für die Situation, dass der Versicherte den ihn behandelnden Arzt aufgesucht und längere Zeit auf eine Untersuchung gewartet hat, entschieden, dass der Versicherte seine Obliegenheiten zur Aufrechterhaltung des Anspruchs auf Krankengeld erfüllt habe. Indes fallen terminliche oder logistische Schwierigkeiten bei der Feststellung der Arbeitsunfähigkeit nicht in den Verantwortungsbereich der Krankenkasse, da den Versicherten und vorliegend (auch) der Klägerin die Möglichkeit offen stand, entweder bereits vor dem 31.03.2014 oder jedenfalls an diesem Tag einen anderen Arzt als Dr. W. zwecks Feststellung der (weiteren) Arbeitsunfähigkeit aufzusuchen (so ausdrücklich BSG, Urteil vom 16.12.2014 - B 1 KR 19/14 R - in juris, dort Rn. 18). Dies hat die Klägerin nicht unternommen und damit nicht alles ihr Mögliche und zumutbare zur Aufrechterhaltung ihrer Ansprüche unternommen. Anders als mit der Berufung vorgebracht, sind mithin Fallgestaltungen, in denen ein Arzt persönlich aufgesucht wurde und solche, in denen lediglich ein telefonischer Kontakt stattgefunden hat, differenzierend zu betrachten. Dies unterliegt keinen durchgreifenden Bedenken, da bereits § 46 Satz 1 Nr. 2 SGB V unabdingbar sowohl bei der Erstfeststellung der Arbeitsunfähigkeit als auch bei nachfolgenden Feststellungen die persönliche Untersuchung des Versicherten durch einen Arzt voraussetzt, eine telefonische Befragung hingegen nicht genügt (BSG, Urteil vom 16.12.2014 - B 1 KR 25/14 R - in juris) und Versicherte auch im Übrigen regelmäßig einen Arzt aufsuchen müssen, um Leistungen der gesetzlichen Krankenversicherung in Anspruch nehmen zu können (BSG, Urteil vom 16.12.2014 - B 1 KR 37/14 R - in juris, dort Rn. 22).
Die Klägerin kann sich auch nicht auf einen sozialrechtlichen Herstellungsanspruch stützen. Der sozialrechtliche Herstellungsanspruch setzt nach den allgemeinen richterrechtlichen Grundsätzen bei einer dem zuständigen Sozialleistungsträger zuzurechnenden Pflichtverletzung ein, durch welche dem Berechtigten ein sozialrechtlicher Nachteil oder Schaden entstanden ist. Das BSG hat in dem gegebenen Zusammenhang bereits mehrfach entschieden, dass eine unzutreffende ärztliche Handlungsempfehlungen gegenüber Versicherten zu rechtlichen Voraussetzungen des Krankengeld-Anspruchs der Krankenkasse des Versicherten nicht zuzurechnen sind. Insoweit fehlt es bereits an einer dem zuständigen Sozialleistungsträger zuzurechnenden Pflichtverletzung (BSG, Urteil vom 10.05.2012 - B 1 KR 19/11 R - und vom 16.12.2014 - B 1 KR 19714 R - jew. in juris). Von Krankenkassen nicht veranlasste, unzutreffende rechtliche Ratschläge von zur Behandlung Versicherter zugelassenen Ärzten können zwar ggf. Schadensersatzansprüche gegen die Ärzte, nicht aber Krankengeldansprüche gegen Krankenkassen auslösen. Der Senat schließt sich dieser Einschätzung an (vgl. Urteil des erkennenden Senats vom 22.04.2015 - L 5 KR 3617/14 - n.v.). Der Klägerin steht wegen der mit Auszahlschein vom 01.04.2014 bescheinigten Arbeitsunfähigkeit auch kein Anspruch auf Krankengeld ab dem 02.04.2014 zu, da der Versicherungsschutz in der Krankenversicherung der Arbeitslosen (§ 5 Abs. 1 Nr. 2 SGB V) ab dem 01.04.2014 nicht mehr nach § 192 Abs. 1 Nr. 2 SGB V aufrechterhalten geblieben ist. Etwas anderes folgt auch nicht aus § 47b Abs. 1 Satz 2 SGB V, da die Klägerin am 01.04.2014 nicht mehr in der Krankenversicherung der Arbeitslosen, sondern als Rentenantragstellerin versichert war. Der Klägerin steht schließlich auch kein nachgehender Leistungsanspruch (§ 19 Abs. 2 SGB V) für die Zeit ab dem 01.04.2014 zu. Ab dem 01.04.2014 war die Klägerin als Rentenantragstellerin (§ 5 Abs. 1 Nr. 11 SGB V) versichert. Dieser Versicherungsschutz in der Krankenversicherung der Rentner schließt nachgehenden Versicherungsschutz gemäß § 19 Abs. 2 SGB V aus (BSG, Urteil vom 26.06.2007 - B 1 KR 8/07 R- in juris). Die Klägerin hat mithin keinen Anspruch auf Krankengeld über den 31.03.2014 hinaus. Der Bescheid der Beklagten vom 08.04.2014 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 28.07.2014 ist rechtmäßig und verletzt die Klägerin nicht in ihren Rechten. Die Berufung gegen das klagabweisende Urteil des SG vom 24.07.2015 ist zurückzuweisen.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Gründe für die Zulassung der Revision (§160 Abs. 2 SGG) liegen nicht vor.
Außergerichtliche Kosten sind auch für das Berufungsverfahren nicht zu erstatten.
Tatbestand:
Die Klägerin begehrt von der Beklagten die Gewährung von Krankengeld über den 31.03.2014 hinaus. Die im Jahr 1952 geborene Klägerin, die bei der Beklagten gesetzlich krankenversichert ist, bezog vom 31.08.2013 - 23.03.2014 von der BA Arbeitslosengeld nach dem Dritten Buch Sozialgesetzbuch (SGB III). Unter dem 10.02.2014 bescheinigte Dr. W., Facharzt für Innere Medizin, unter der Diagnose "I80.3 G" (Thrombose, Phlebitis und Thrombophlebitis) Arbeitsunfähigkeit bis voraussichtlich 21.02.2014. Mit Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung vom 21.02.2014, vom 28.02.2014 und vom 10.03.2014 bescheinigte Dr. W. sodann Arbeitsunfähigkeit bis voraussichtlich zum 31.03.2014. Die Beklagte gewährte der Klägerin deswegen nach dem Ende der Leistungsfortzahlung durch die BA mit Bescheid vom 26.03.2014 ab dem 24.03.2014 Krankengeld i.H.v. 37,10 EUR täglich. Gleichzeitig wurde der Klägerin durch die Beklagte mitgeteilt, dass die Arbeitsunfähigkeit nahtlos nachgewiesen sein müsse. Bei fortbestehender Arbeitsunfähigkeit müsse daher spätestens am letzten Tag des zuvor bescheinigten Zeitraums die weitere Arbeitsunfähigkeit von einem Arzt bescheinigt werden. Ab dem 01.04.2014 war die Klägerin wegen der Beantragung einer Rente in der Krankenversicherung der Rentner krankenversichert. Seit September 2015 bezieht die Klägerin eine Altersrente. Mit Auszahlschein vom 01.04.2014 bescheinigte Dr. W. der Klägerin, sich zuletzt am 01.04.2014 vorgestellt zu haben und weiterhin arbeitsunfähig zu sein. Die Diagnose habe sich jedoch geändert. Die Klägerin sei wegen einer depressiven Episode (Diagnose "F 32.1 G") arbeitsunfähig. Nachdem die Beklagte die Klägerin anlässlich einer telefonischen Unterredung davon in Kenntnis gesetzt hatte, dass ab dem 01.04.2014 kein Krankengeld mehr gezahlt werde, entschied sie, die Beklagte, mit Bescheid vom 08.04.2014, dass aufgrund der ab dem 10.02.2014 bestehenden Arbeitsunfähigkeit ab dem 01.04.2014 kein Krankengeld fortgezahlt werden könne. Begründend führte sie aus, dass der Leistungsbezug der Klägerin nach SGB III mit dem 23.03.2014 geendet habe. Die hieraus resultierende Versicherungspflicht habe aufgrund des laufenden Krankengeldbezugs fortbestanden und habe mit dem in der letzten Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung bescheinigten Ende der Arbeitsunfähigkeit, dem 31.03.2014, geendet. Zum Zeitpunkt der Bescheinigung der weiteren Arbeitsunfähigkeit habe keine Versicherung mit Krankengeldanspruch (mehr) bestanden. Dies gelte, so die Beklagte unter Hinweis auf die Entscheidung des Bundessozialgerichts (BSG) vom 10.05.2012 (- B 1 KR 19/11 R -, in juris), ungeachtet des Umstandes, dass die Erkrankung durchgehend Arbeitsunfähigkeit begründet habe. Zur Aufrechterhaltung des Krankengeldanspruches aus einer Beschäftigungsversicherung sei erforderlich, dass die Arbeitsunfähigkeit vor Ablauf des Krankengeldbewilligungsabschnittes erneut festgestellt werde. Der vorgelegte Auszahlungsschein sei am 01.04.2014 und damit nach Ablauf der zuletzt bescheinigten Arbeitsunfähigkeit zum 31.03.2014, ausgestellt worden. Ein Anspruch auf die weitere Gewährung von Krankengeld sei daher ausgeschlossen. Zur Begründung ihres hiergegen unter dem 09.04.2014 eingelegten Widerspruchs brachte die Klägerin vor, ihre Krankmeldung habe bis zum 31.03.2014, einem Montag, gereicht. Im direkten zeitlichen Vorlauf hierzu habe sie keinen Termin bei ihrem Arzt erhalten können. Erst am 08.04.2014 sei ihr mitgeteilt worden, kein Krankengeld mehr zu erhalten. Infolge dieser verspäteten Mitteilung habe sie sich erst am 09.04.2014 bei der BA arbeitslos melden können. Ihr sei deswegen der Zeitraum vom 01. - 08.04.2014 verloren gegangen. Die Klägerin legte hierzu ein ärztliches Attest von Dr. W. vom 08.04.2014 vor, in dem mitgeteilt wird, dass die Klägerin einen Termin am 01.04.2014 zur Ausstellung eines Auszahlscheins erhalten habe, ein früherer Termin sei in seiner Sprechstunde nicht möglich gewesen. Ab dem 09.04.2014 bezog die Klägerin von der BA (bis zum 22.05.2014) wiederum Arbeitslosengeld. Mit Widerspruchsbescheid vom 28.07.2014 entschied die Beklagte, dem Widerspruch der Klägerin nicht stattzugeben. Die Mitgliedschaft der Klägerin, als Bezieherin von Arbeitslosengeld nach dem SGB III habe, so die Beklagte begründend, mit Ablauf des 23.03.2014 geendet, sie, die Mitgliedschaft, sei jedoch während des Bezuges von Krankengeld erhalten geblieben. Der Anspruch auf Krankengeld sei jedoch mit dem 31.03.2014 beendet gewesen. Die der Krankengeldgewährung zu Grunde liegende Arbeitsunfähigkeit müsse der Krankenkasse vor jeder erneuten Inanspruchnahme des Krankengeldes auch dann angezeigt werden, wenn diese seit ihrem Beginn ununterbrochen bestanden habe. Für einen lückenlosen Nachweis des Vorliegens von Arbeitsunfähigkeit sei es ausreichend aber auch erforderlich, wenn die weiterhin bestehende Arbeitsunfähigkeit am letzten zuvor bescheinigten Tag der Arbeitsunfähigkeit festgestellt werde, eine Folgebescheinigung der Arbeitsunfähigkeit also (spätestens) an diesem Tag ausgestellt werde. Als sich die Klägerin am 01.04.2014 in der Arztpraxis vorgestellt habe, sei der Zeitraum der zuvor bescheinigten Arbeitsunfähigkeit bereits abgelaufen gewesen, weswegen die Klägerin ab dem 01.04.2014 nicht mehr mit Anspruch auf Krankengeld versichert gewesen sei. Hiergegen erhob die Klägerin am 05.08.2014 Klage zum Sozialgericht Stuttgart (SG). Sie brachte vor, sie habe vor Ablauf des Bewilligungsabschnittes am 31.03.2014, einem Montag, telefonisch um einen Termin in der Praxis Dr. W. gebeten, sie habe jedoch erst am 01.04.2014 einen Termin erhalten, anlässlich dessen eine Folgebescheinigung der Arbeitsunfähigkeit ausgestellt worden sei, die sie am gleichen Tag der Beklagten habe zukommen lassen. Die Forderung der Beklagten führe dazu, dass sie eine auf einen Samstag oder Sonntag datierende Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung hätte vorlegen müssen. Wäre sie bereits am Freitag zum Arzt gegangen, wäre die Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung zu früh ausgestellt worden. Sie habe sich vielmehr rechtzeitig an Dr. W. gewandt, für den 31.03.2014 jedoch keinen Termin mehr bekommen, weil die Praxis überfüllt gewesen sei. Ihr sei, wie Dr. W. in seinem Attest bestätigt habe, seitens der Praxis mitgeteilt worden, dass es zu keinen Problemen bei der Krankengeldzahlung führe, wenn sie erst am 01.04.2014 einen Termin wahrnehme. In dieser Konstellation sei, so die Klägerin unter Berufung auf das Urteil des Landessozialgerichts Baden-Württemberg (LSG) vom 21.10.2014 (- L 11 KR 1242/14 -, in juris), von einer rechtzeitigen Feststellung der Arbeitsunfähigkeit auszugehen. Jedenfalls müsse sich die Beklagte das Verhalten des behandelnden Vertragsarztes bzw. die Auskunft der Vertragsarztpraxis zurechnen lassen, so dass ihr jedenfalls keine Obliegenheitsverletzung vorgeworfen werden könne. Die Beklagte trat der Klage unter Verweis auf den Inhalt des angefochtenen Widerspruchsbescheides entgegen. Mit Urteil vom 24.07.2015 wies das SG die Klage ab. Zur Begründung seiner Entscheidung führte es aus, ein Anspruch auf Krankengeld setze die vorherige ärztliche Feststellung der Arbeitsunfähigkeit voraus. Die Voraussetzungen eines Krankengeldanspruches, insb. die ärztliche Feststellung der Arbeitsunfähigkeit, müssten bei einer zeitig befristeten Arbeitsunfähigkeitsfeststellung und dementsprechender Krankengeldgewährung für jeden Bewilligungsabschnitt jeweils erneut vorliegen. Hieraus folge, dass der Versicherte spätestens am letzten Tag der (zuvor) bescheinigten Arbeitsunfähigkeit seinen Arzt tatsächlich aufsuchen müsse und sich neuerlich Arbeitsunfähigkeit bescheinigen lassen müsse. Dies habe die Klägerin verabsäumt, sie sei erst nach Ablauf der zuletzt bis zum 31.03.2014 bescheinigten Arbeitsunfähigkeit, am 01.04.2014, bei Dr. W. vorstellig geworden. Soweit sich die Klägerin auf das Urteil des LSG vom 21.10.2014 (a.a.O.) berufe, führe dies, so das SG weiter, zu keiner abweichenden Beurteilung, da die dort zu Grunde liegende Situation, der dortige Kläger habe den ihn behandelnden Arzt aufgesucht und dort längere Zeit gewartet, wobei er wegen Rückenschmerzen im überfüllten Wartezimmer auf dem Boden gelegen habe, nicht mit der Situation der Klägerin vergleichbar sei, da die Klägerin Dr. W. nicht aufgesucht habe. Auch der von der Beklagten erteilte Hinweis, dass der letzte Auszahlungsschein nicht früher als zwei Tage vor dem Ende der Arbeitsunfähigkeit ausgestellt sein dürfe, führe zu keiner abweichenden Beurteilung, da hieraus nicht der Schluss gezogen werden könne, dass der Auszahlschein auch nach dem Ende der Arbeitsunfähigkeit ausgestellt werden dürfe. Die Klägerin sei vielmehr ausdrücklich darauf hingewiesen worden, dass die Arbeitsunfähigkeit nahtlos nachgewiesen sein müsse. Schließlich müsse sich die Beklagte ein etwaiges Fehlverhalten des sie behandelnden Arztes nicht zurechnen lassen. Gegen das am 07.09.2015 zugestellte Urteil hat die Klägerin am 17.09.2015 Berufung eingelegt. Zu deren Begründung bringt sie vor, sie sei bis zum 30.06.2014 arbeitsunfähig gewesen und könne deswegen über den 31.03.2014 hinaus Krankengeld beanspruchen. Das Sozialgericht Speyer habe entschieden (Urteil vom 22.05.2015 - S 19 KR 959/13 -, in juris), dass Ansprüche auf Sozialleistungen entstünden, sobald ihre im Gesetz oder auf Grund eines Gesetzes bestimmten Voraussetzungen vorlägen (§ 40 Abs. 1 Sozialgesetzbuch Erstes Buch [SGB I]). Weitere (rechtzeitige) ärztliche Feststellungen seien für den Fortbestand des Anspruchs auf Krankengeld hingegen nicht erforderlich. Der entgegen stehenden Rechtsprechung des BSG könne nicht gefolgt werden, da diese, so die Klägerin unter Hinweis auf die Ausführungen des Sozialgerichts Speyer (a.a.O.), gegen den Grundsatz der Gesetzesbindung und damit letztlich gegen das Prinzip der Gewaltenteilung verstieße. Indes läge vorliegend, selbst wenn man der Einschätzung des Sozialgerichts Speyer nicht folgen wolle, ein Ausnahmefall vor, der dazu führe, dass die ärztliche Feststellung der Arbeitsunfähigkeit nachgeholt werden könne. Sie, die Klägerin, habe sich rechtzeitig bei Dr. W. vorgestellt, jedoch am 31.03.2014 keinen Termin erhalten. Auch sei ihr mitgeteilt worden, dass hierdurch keine Probleme bei der Krankengeldzahlung entstünden. In Einklang mit der Entscheidung des LSG vom 21.10.2014 (a.a.O.) sei in dieser Situation von einer rechtzeitigen Feststellung der Arbeitsunfähigkeit auszugehen. Es könne hierbei keinen Unterschied machen, ob der Arzt tatsächlich aufgesucht oder telefonisch kontaktiert werde. Jedenfalls müsse sich die Beklagte das Fehlverhalten des Vertragsarztes zurechnen lassen. Die Klägerin beantragt, das Urteil des Sozialgerichts Stuttgart vom 24.07.2015 aufzuheben und die Beklagte unter Aufhebung des Bescheides vom 08.04.2014 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 28.07.2014 zu verurteilen, ihr für die Zeit vom 01.04 - 30.06.2014 Krankengeld zu gewähren.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Die Beklagte führt zur Begründung ihres Antrages aus, dass die Auffassung, dass der Anspruch auf Krankengeld nach § 47 Abs. 1 Satz 2 Sozialgesetzbuch Fünftes Buch (SGB V) am 01.04.2014 noch bestanden haben könnte, nicht zu folgen sei. Die Beklagte legte ferner weitere von Dr. W. ausgestellte Auszahlscheine vom 29.04.2014, vom 27.05.2014 und vom 27.06.2014 vor. In letzterem ist der 30.06.2014 als voraussichtliches Ende der Arbeitsunfähigkeit der Klägerin benannt.
Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die Prozessakten beider Rechtszüge und die bei der Beklagten geführte Leistungsakte, die Gegenstand der mündlichen Verhandlung vom 22.03.2017 geworden sind, sowie die Niederschrift der mündlichen Verhandlung vom 22.03.2017 verwiesen.
Entscheidungsgründe:
Die form- und fristgerecht (§ 151 Abs. 2 Sozialgerichtsgesetz (SGG)) eingelegte Berufung ist zulässig. Sie ist insb. nach §§ 143, 144 SGG statthaft, da der Wert des Beschwerdegegenstandes bei einem streitigen Zeitraum von jedenfalls 91 Tagen (01.04. - 30.06.2014) und einer Krankengeldhöhe von 37,10 EUR täglich einen Betrag von 3.376,10 EUR errechnet und der erforderliche Beschwerdewert von 750,- EUR (§ 144 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 SGG) überschritten ist. Die Berufung führt jedoch in der Sache für die Klägerin nicht zum Erfolg.
Das SG hat die Klage zu Recht abgewiesen; die Klägerin hat keinen Anspruch auf die Gewährung von Krankengeld vom 01.04 - 30.06.2014.
Nach § 44 Abs. 1 Sozialgesetzbuch Fünftes Buch (SGB V) haben Versicherte Anspruch auf Krankengeld, wenn die Krankheit sie arbeitsunfähig macht oder sie auf Kosten der Krankenkasse in einem Krankenhaus, einer Vorsorge- oder Rehabilitationseinrichtung behandelt werden. Zur Überzeugung des Senats war die Klägerin auch über den 31.03.2014 hinaus, bis zum 30.06.2014 arbeitsunfähig erkrankt. Dies folgt aus der Einschätzung des Dr. W., der die Klägerin bis zum 30.06.2014 als arbeitsunfähig erachtet hat. Der Anspruch auf Krankengeld entsteht nach § 46 Satz 1 SGB V in der bis zum 22.07.2015 geltenden Fassung des Gesetzes zur Änderung arzneimittelrechtlicher und anderer Gesetze vom 17.07.2009 (BGBl. I S. 1211) im Falle der Krankenhausbehandlung oder der Behandlung in einer Vorsorge- oder Rehabilitationseinrichtung von ihrem Beginn an (Nr. 1), im Übrigen von dem Tag an, der auf den Tag der ärztlichen Feststellung der Arbeitsunfähigkeit folgt (Nr. 2). § 46 Abs. 1 Satz 1 Nr.2 SGB V in der Fassung des Gesetzes zur Stärkung der Versorgung in der gesetzlichen Krankenversicherung (GKV-VSG) vom 16.07.2015 (BGBl. I S.1211), der bestimmt, dass der Anspruch auf Krankengeld von dem Tage der ärztlichen Feststellung der Arbeitsunfähigkeit an entsteht, ist vorliegend nicht anzuwenden, da der streitbefangene Zeitraum vor dem Inkrafttreten der Gesetzesänderung am 23.07.2015 (vgl. Art. 20 Abs. 1 GKV-VSG) lag und eine rückwirkende Anwendung dieser Gesetzesfassung nicht (gesetzlich) vorgesehen ist.
Wird das Krankengeld wie vorliegend jeweils aufgrund der von einem Vertragsarzt ausgestellten Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung entsprechend der dort angegebenen voraussichtlichen Dauer der Arbeitsunfähigkeit gezahlt, liegt hierin eine zeitlich befristete Bewilligung (vgl. BSG, Urteil vom 04.03.2014 - B 1 KR 17/13 R - und vom 22.03.2005 - B 1 KR 22/04 R - jew. in juris). Bei fortdauernder Arbeitsunfähigkeit, aber abschnittsweiser Krankengeldbewilligung ist jeder Bewilligungsabschnitt eigenständig zu prüfen. Für die Aufrechterhaltung des Krankengeldanspruchs ist es deshalb, entgegen der Auffassung des SG Speyer (a.a.O.), auf die sich die Klägerin beruft, erforderlich, dass die Arbeitsunfähigkeit vor Ablauf des Krankengeldbewilligungsabschnitts erneut ärztlich festgestellt wird (vgl. st. Rspr. des BSG, u.a. Urteil vom 08.11.2005 - B 1 KR 30/04 R -; Urteil vom 16.12.2014 - B 1 KR 19/14 R - in juris m.w.N.). Die ärztliche Feststellung der Arbeitsunfähigkeit ist keine bloße Formalie. Mit dem Erfordernis vorgeschalteter ärztlich festzustellender Arbeitsunfähigkeit sollen vielmehr beim Krankengeld Missbrauch und praktische Schwierigkeiten vermieden werden, zu denen die nachträgliche Behauptung der Arbeitsunfähigkeit und deren rückwirkende Bescheinigung beitragen könnten. Mit Blick hierauf ist die Regelung des § 46 Satz 1 Nr. 2 SGB V grundsätzlich strikt zu handhaben. Die Klägerin hat zwar am 31.03.2014 telefonisch Kontakt mit der Praxis des Dr. W. aufgenommen, zu einer Vorstellung dort ist es jedoch erst am 01.04.2014 gekommen. Erst unter diesem Tag, d.h. nach Ablauf der zuvor bescheinigten Arbeitsunfähigkeit, hat Dr. W. der Klägerin im Wege eines Auszahlscheines Arbeitsunfähigkeit bescheinigt. Die Klägerin hat es mithin versäumt, die Arbeitsunfähigkeit vor Ablauf des (laufenden) Krankengeldbewilligungsabschnitts erneut ärztlich feststellen zu lassen.
Die Klägerin kann sich auch nicht mit Erfolg auf eine Ausnahme vom Erfordernis der rechtzeitigen (erneuten) Feststellung der Arbeitsunfähigkeit berufen. Zwar lässt die Rechtsprechung vom Erfordernis der vorherigen ärztlichen Feststellung des Fortbestehens von Arbeitsunfähigkeit Ausnahmen zu. Neben der vorliegend nicht einschlägigen Konstellation der Handlungs- oder Geschäftsunfähigkeit des Versicherten (vgl. BSG, Urteil vom 05.05.2009 - B 1 KR 20/08 R - in juris) ist eine Ausnahme bspw. bei fehlerhaften Informationen des Versicherten durch die Krankenkasse anzunehmen (vgl. BSG, Urteil vom 16.12.2014 - B 1 KR 19/14 R - in juris, dort Rn 17). Die Klägerin wurde vorliegend jedoch nicht fehlerhaft von der Beklagten informiert. Vielmehr wurde ihr mit Schreiben vom 26.03.2014 der zutreffende - optisch hervorgehobene - Hinweis erteilt, dass die Arbeitsunfähigkeit nahtlos nachgewiesen und bei fortbestehender Arbeitsunfähigkeit die Arbeitsunfähigkeit spätestens am letzten Tag des zuvor bescheinigten Zeitraums von dem Arzt bescheinigt werden müsse. Schließlich kann eine Ausnahme auch dann begründet sein, wenn die ärztliche Feststellung der Arbeitsunfähigkeit ausschließlich aus Gründen unterblieben ist, die dem Verantwortungsbereich des Vertragsarztes oder den sonstigen zur Sicherstellung der vertragsärztlichen Versorgung berufenen Personen oder Einrichtungen bzw. der Krankenkasse zuzuordnen sind und der Versicherte alles in seiner Macht stehende und ihm zumutbare getan hat, um eine ärztliche Feststellung der Arbeitsunfähigkeit herbeizuführen und so seine Ansprüche zu wahren. I.d.S. liegt ein Ausnahmetatbestand dann nahe, wenn innerhalb normaler Praxisöffnungszeiten ein Arzt persönlich aufgesucht wird und deutlich wird, dass eine Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung ausgestellt werden soll und der Versicherte bereit ist, diese Feststellung durch eine Untersuchung zu ermöglichen. Vor diesem Hintergrund hat das LSG in seinem Urteil 21.10.2014 (a.a.O.) für die Situation, dass der Versicherte den ihn behandelnden Arzt aufgesucht und längere Zeit auf eine Untersuchung gewartet hat, entschieden, dass der Versicherte seine Obliegenheiten zur Aufrechterhaltung des Anspruchs auf Krankengeld erfüllt habe. Indes fallen terminliche oder logistische Schwierigkeiten bei der Feststellung der Arbeitsunfähigkeit nicht in den Verantwortungsbereich der Krankenkasse, da den Versicherten und vorliegend (auch) der Klägerin die Möglichkeit offen stand, entweder bereits vor dem 31.03.2014 oder jedenfalls an diesem Tag einen anderen Arzt als Dr. W. zwecks Feststellung der (weiteren) Arbeitsunfähigkeit aufzusuchen (so ausdrücklich BSG, Urteil vom 16.12.2014 - B 1 KR 19/14 R - in juris, dort Rn. 18). Dies hat die Klägerin nicht unternommen und damit nicht alles ihr Mögliche und zumutbare zur Aufrechterhaltung ihrer Ansprüche unternommen. Anders als mit der Berufung vorgebracht, sind mithin Fallgestaltungen, in denen ein Arzt persönlich aufgesucht wurde und solche, in denen lediglich ein telefonischer Kontakt stattgefunden hat, differenzierend zu betrachten. Dies unterliegt keinen durchgreifenden Bedenken, da bereits § 46 Satz 1 Nr. 2 SGB V unabdingbar sowohl bei der Erstfeststellung der Arbeitsunfähigkeit als auch bei nachfolgenden Feststellungen die persönliche Untersuchung des Versicherten durch einen Arzt voraussetzt, eine telefonische Befragung hingegen nicht genügt (BSG, Urteil vom 16.12.2014 - B 1 KR 25/14 R - in juris) und Versicherte auch im Übrigen regelmäßig einen Arzt aufsuchen müssen, um Leistungen der gesetzlichen Krankenversicherung in Anspruch nehmen zu können (BSG, Urteil vom 16.12.2014 - B 1 KR 37/14 R - in juris, dort Rn. 22).
Die Klägerin kann sich auch nicht auf einen sozialrechtlichen Herstellungsanspruch stützen. Der sozialrechtliche Herstellungsanspruch setzt nach den allgemeinen richterrechtlichen Grundsätzen bei einer dem zuständigen Sozialleistungsträger zuzurechnenden Pflichtverletzung ein, durch welche dem Berechtigten ein sozialrechtlicher Nachteil oder Schaden entstanden ist. Das BSG hat in dem gegebenen Zusammenhang bereits mehrfach entschieden, dass eine unzutreffende ärztliche Handlungsempfehlungen gegenüber Versicherten zu rechtlichen Voraussetzungen des Krankengeld-Anspruchs der Krankenkasse des Versicherten nicht zuzurechnen sind. Insoweit fehlt es bereits an einer dem zuständigen Sozialleistungsträger zuzurechnenden Pflichtverletzung (BSG, Urteil vom 10.05.2012 - B 1 KR 19/11 R - und vom 16.12.2014 - B 1 KR 19714 R - jew. in juris). Von Krankenkassen nicht veranlasste, unzutreffende rechtliche Ratschläge von zur Behandlung Versicherter zugelassenen Ärzten können zwar ggf. Schadensersatzansprüche gegen die Ärzte, nicht aber Krankengeldansprüche gegen Krankenkassen auslösen. Der Senat schließt sich dieser Einschätzung an (vgl. Urteil des erkennenden Senats vom 22.04.2015 - L 5 KR 3617/14 - n.v.). Der Klägerin steht wegen der mit Auszahlschein vom 01.04.2014 bescheinigten Arbeitsunfähigkeit auch kein Anspruch auf Krankengeld ab dem 02.04.2014 zu, da der Versicherungsschutz in der Krankenversicherung der Arbeitslosen (§ 5 Abs. 1 Nr. 2 SGB V) ab dem 01.04.2014 nicht mehr nach § 192 Abs. 1 Nr. 2 SGB V aufrechterhalten geblieben ist. Etwas anderes folgt auch nicht aus § 47b Abs. 1 Satz 2 SGB V, da die Klägerin am 01.04.2014 nicht mehr in der Krankenversicherung der Arbeitslosen, sondern als Rentenantragstellerin versichert war. Der Klägerin steht schließlich auch kein nachgehender Leistungsanspruch (§ 19 Abs. 2 SGB V) für die Zeit ab dem 01.04.2014 zu. Ab dem 01.04.2014 war die Klägerin als Rentenantragstellerin (§ 5 Abs. 1 Nr. 11 SGB V) versichert. Dieser Versicherungsschutz in der Krankenversicherung der Rentner schließt nachgehenden Versicherungsschutz gemäß § 19 Abs. 2 SGB V aus (BSG, Urteil vom 26.06.2007 - B 1 KR 8/07 R- in juris). Die Klägerin hat mithin keinen Anspruch auf Krankengeld über den 31.03.2014 hinaus. Der Bescheid der Beklagten vom 08.04.2014 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 28.07.2014 ist rechtmäßig und verletzt die Klägerin nicht in ihren Rechten. Die Berufung gegen das klagabweisende Urteil des SG vom 24.07.2015 ist zurückzuweisen.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Gründe für die Zulassung der Revision (§160 Abs. 2 SGG) liegen nicht vor.
Rechtskraft
Aus
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