L 1 KR 548/16 B PKH

Land
Berlin-Brandenburg
Sozialgericht
LSG Berlin-Brandenburg
Sachgebiet
Krankenversicherung
Abteilung
1
1. Instanz
SG Frankfurt (Oder) (BRB)
Aktenzeichen
S 27 KR 177/16
Datum
2. Instanz
LSG Berlin-Brandenburg
Aktenzeichen
L 1 KR 548/16 B PKH
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Beschluss
Der Beschluss des Sozialgerichts Frankfurt (Oder) vom 15. November 2016 wird aufgehoben. Dem Kläger wird für das erstinstanzliche Verfahren vor dem Sozialgericht Prozesskostenhilfe bewilligt und seine Bevollmächtigte, Rechtsanwältin V E Straße, E beigeordnet. Kosten dieses Beschwerdeverfahrens sind nicht zu erstatten.

Gründe:

Die zulässige Beschwerde vom 2. Dezember 2016 gegen die Versagung von Prozesskostenhilfe ist begründet.

Dem bedürftigen Kläger ist für das Verfahren vor dem Sozialgericht (SG) Prozesskostenhilfe nach § 73 a Abs. 1 Satz 1 Sozialgerichtsgesetz (SGG) in Verbindung mit §§ 114 Satz 1, 115, 119 Abs. 1 Satz 1 Zivilprozessordnung (ZPO) zu gewähren.

Die Gewährung von Prozesskostenhilfe ist nach den genannten Vorschriften davon abhängig, dass die beabsichtigte Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung hinreichende Aussicht auf Erfolg hat und nicht mutwillig erscheint. Die Prüfung der Erfolgsaussichten soll jedoch nicht dazu dienen, die Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung selbst in das summarische Verfahren der Prozesskostenhilfe zu verlagern und dieses an die Stelle des Hauptsacheverfahrens treten zu lassen. Prozesskostenhilfe darf nur verweigert werden, wenn die Klage völlig aussichtslos ist oder ein Erfolg in der Hauptsache zwar nicht schlechthin ausgeschlossen, die Erfolgschance aber nur eine Entfernte ist (vgl. BVerfG, Beschluss vom 13. Juli 2005 - 1 BvR 175/05 - NJW 2005, 3849 mit Bezug u. a. auf BVerfGE 81, 347, 357f).

Die Chancen der Klage jedenfalls für einen Teilerfolg sind hier nicht nur entfernt.

Nach dem klägerischen Vorbringen ist dabei zunächst davon auszugehen, dass sich die Klage auch gegen die Pflegekasse richtet. Im Streit ist auch die Festsetzung der Beiträge zur Pflegeversicherung.

Der Senat nimmt zur Darstellung des Sachverhalts und zur Rechtslage zunächst Bezug auf die ausführlichen Gründe der angefochtenen Entscheidung des Sozialgerichts (§ 142 Abs. 2 S. 3 SGG).

Im Gegensatz zu der von der Beklagten zu 1) (nachfolgend nur noch: "die Beklagte") und vom SG im angefochtenen Beschluss vertretenen Auffassung stellt sich der letztendlich maßgebliche Bescheid vom 21. Mai 2015 in der Gestalt des Widerspruchbescheides vom 14. Juni 2016 als möglicherweise rechtswidrig dar, soweit jedenfalls die Beiträge für die Zeit vom 01. Februar 2013 bis 30. Juni 2013 auf monatlich insgesamt 405,99 EUR festgesetzt wurden.

Dabei hat es sich möglicherweise nicht um die unproblematische Ersetzung einer zuvor nur vorläufigen Festsetzung der Beitragspflicht gehandelt. In Betracht kommt vielmehr, dass für diesen Zeitpunkt bereits eine endgültige Beitragsfestsetzung bestanden hat, deren Abänderung nur in Form einer teilweisen Rücknahme nach Maßgabe des § 45 Sozialgesetzbuch Zehntes Buch (SGB X) hätte erfolgen dürfen:

Nach der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts (BSG) sind Beitragsbescheide begünstigende Verwaltungsakte im Sinne des § 45 Abs. 1 SGB X, soweit sie zu niedrige Beiträge festsetzen (BSG, Urteil vom 30. Oktober 2013 – B 12 KR 21/11 R – Rdnr. 16 mit weiteren Nachweisen).

Mit Bescheid vom 23. Januar 2013 hatte hier die Beklagte die Beiträge des Klägers ab 01. Februar 2013 vorläufig auf monatlich 228,40 EUR festgesetzt. Der Kläger wurde in dem Bescheid darauf hingewiesen, dass die Beitragshöhe unter Vorbehalt festgestellt worden sei und eine endgültige Festsetzung und ggf. eine Beitragskorrektur erst nach Vorlage des Einkommensteuerbescheides für das Jahr 2012 erfolge. Am 15. August 2013 hatte der Kläger dann den Einkommensteuerbescheid des Finanzamtes E vom 26. Juni 2013 für das Jahr 2012 eingereicht. Mit Bescheid vom 21. August 2013 teilte die Beklagte dem Kläger mit, die Bemessungsgrundlage ändere sich nach Auswertung der eingereichten Einkommensunterlagen zur Zeit nicht. Die Beiträge betrügen unverändert 200,78 EUR in der Krankenversicherung und 27,62 EUR in der Pflegeversicherung.

Es spricht einiges dafür, dass aus Sicht des verständigen Empfängers die Beklagte damit die bisher nur vorläufige Festsetzung als endgültige bestimmen wollte, zumal sie Entsprechendes zuvor im vorläufigen Bescheid für den Fall der Einreichung des Steuerbescheides angekündigt hatte.

Dass der Bescheid insoweit nach § 45 SGB X Bestand haben könnte, erscheint fraglich (Stichworte: Anhörungserfordernis, Vertrauensschutzprüfung, Ermessensausübung).

Entsprechendes gilt, soweit der Bescheid für die Zeit ab 1. Juli 2013 auf 234,33 EUR festsetzt, obgleich zuvor im Bescheid vom 09. Dezember 2014 die Beitragshöhe mit 228,40 EUR bestimmt worden war.

Die Hinzuziehung eines bevollmächtigten Rechtsanwaltes erscheint geboten (§ 121 Abs. 2 ZPO).

Die Kosten des Beschwerdeverfahrens sind nicht zu erstatten, § 73 a SGG in Verbindung mit § 127 Abs. 4 ZPO.

Gegen diesen Beschluss findet die Beschwerde zum Bundessozialgericht nicht statt (§ 177 SGG).
Rechtskraft
Aus
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