Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Krankenversicherung
Abteilung
5
1. Instanz
SG Karlsruhe (BWB)
Aktenzeichen
S 16 KR 4202/15
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 5 KR 3172/16
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Beschluss
Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Sozialgerichts Karlsruhe vom 20.07.2016 wird zurückgewiesen.
Außergerichtliche Kosten sind auch für das Berufungsverfahren nicht zu erstatten.
Gründe:
I. Die Klägerin begehrt die Reduzierung der Beiträge zur gesetzlichen Rentenversicherung (gRV), zur gesetzlichen Krankenversicherung (gKV) und zur sozialen Pflegeversicherung (sPV) im Hinblick auf den Betreuungs- und Erziehungsaufwand für ihre Kinder. Die im Jahr 1984 geborene Klägerin - Mutter zweier, in den Jahren 2010 und 2013 geborenen Kinder -, ist bei der Beigeladenen zu 3) versicherungspflichtig beschäftigt. Sie ist bei der Beklagten kranken-, bei der Beigeladenen zu 2) renten- und bei der Beigeladenen zu 1) pflegeversichert. Am 26.08.2015 beantragte die Klägerin bei der Beklagten als Einzugsstelle unter Bezugnahme auf das Urteil des Bundesverfassungsgerichts (BVerfG) vom 03.04.2001 (- 1 BvR 1629/94 -, in juris) ab dem 01.01.2015 bei der Betragserhebung zur gKV, zur sPV und zur gRV die aus dem Barunterhalt und der Betreuung bestehenden Erziehungsleistungen für ihre zwei Kinder beitragsäquivalent zu berücksichtigen, wobei hilfsweise das steuerliche Existenzminimum des § 32 Abs. 6 Einkommenssteuergesetz (EStG) herangezogen werden könne. Mit Bescheid vom 21.09.2015 lehnte die Beklagte den Antrag ab und führte hierzu die aktuell gültigen gesetzlichen Bestimmungen an. Den hiergegen am 25.09.2015 erhobenen Widerspruch wies die Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 23.11.2015 als unbegründet zurück. Das Bundessozialgericht (BSG) habe, so die Beklagte begründend, mit Urteil vom 30.09.2015 (- B 12 KR 15/12 R -, in juris) entschieden, dass Eltern nicht beanspruchen könnten, wegen des Aufwandes für die Betreuung und Erziehung von Kindern geringere Beiträge zur gKV, zur sPV und zur gRV zahlen zu müssen. Hiergegen erhob die Klägerin am 18.12.2015 Klage zum Sozialgericht Karlsruhe (SG). Sie brachte vor, das BVerfG habe entschieden, dass es mit dem Grundgesetz unvereinbar sei, dass Mitglieder der sPV, die Kinder betreuten und erzögen, mit gleich hohen Pflegeversicherungsbeiträgen wie Mitglieder ohne Kinder belastet würden. Die gesetzgeberische Umsetzung in der Form, als die Beiträge für Kinderlose um 0,25 Prozentpunkte erhöht worden seien, missachte den Umstand, dass auf die konstitutive Leistung der Kindererziehung für die intergenerationell verteilenden Systeme abzustellen sei, die naturgemäß je nach Anzahl der Kinder unterschiedlich hoch sei. Dies gelte umso mehr, als der Gesetzgeber sodann zum 01.01.2015 die Beiträge zur sPV für Eltern und Nichteltern unterschiedslos um 0,3 Prozentpunkte erhöht und hierdurch die Ungleichbehandlung potenziert habe. Die Tatsache, dass 0,1 Prozentpunkte dieser Erhöhung in einen eingerichteten Pflegevorsorgefonds flögen, sei nicht hinzunehmen, da sie als Mutter zweier Kinder für die demographisch bedingten Beitragssatzerhöhungen nicht verantwortlich sei. Dem Gesetzgeber sei ferner durch das BVerfG der Auftrag erteilt worden, die Beitragsäquivalenz in der gKV und gRV zu prüfen. Diesem Auftrag sei der Gesetzgeber nicht nachgekommen. Die Beklagte trat der Klage unter Verweis auf den angefochtenen Widerspruchsbescheid entgegen. Mit Beschluss vom 13.06.2016 lud das SG die für die Klägerin zuständigen Träger der Pflege- und der Rentenversicherung, sowie deren Arbeitgeberin zum Verfahren bei. Mit Urteil vom 20.07.2016 wies das SG die Klage ab. Es führte hierzu begründend aus, die Beklagte habe die Beiträge entsprechend der gesetzlichen Vorgaben des jeweiligen Beitragsrechts erhoben. Die Klägerin könne keine Minderung der Beitragslast wegen ihres Betreuungs- und Erziehungsaufwands für ihre Kinder beanspruchen. Verfassungsrechtliche Bedenken bestünden nicht. Insoweit schließe sich das SG den ausführlichen Erwägungen des BSG in dessen Urteil vom 30.09.2015 (- B 12 KR 15/12 R -, in juris) an. Soweit die Klägerin anführe, der Gesetzgeber habe entgegen dem Auftrag des BVerfG im Urteil vom 03.04.2001 (a.a.O.) die Erhöhung der Pflegebeiträge für Nichteltern dadurch teilweise wieder entwertet, dass 0,1 Prozentpunkte der Erhöhung um 0,3 Prozentpunkte in den Pflegevorsorgefonds zum Ausgleich der kollektiven Alterung abzuführen seien, sei dies unzutreffend, da die Schaffung des Pflegevorsorgefonds dem Ausgleich des erhöhten Pflegeaufwands wegen der gestiegenen Lebenserwartung aller Versicherten, mithin auch der Eltern von Kindern, diene. Gegen das am 27.07.2016 zugestellte Urteil hat die Klägerin am 13.08.2016 Berufung eingelegt. Sie bringt hierzu vor, die konkrete Beitragsfestsetzung sei unstreitig. Das SG habe im angefochtenen Urteil jedoch auf die Entscheidung des BSG vom 30.09.2015 (a.a.O.) abgestellt, obschon dort der Rechtszustand vor dem Jahr 2005 gegenständlich gewesen sei. Die Ausführungen könnten daher nicht auf ihre Situation übertragen werden. Ergänzend verweist sie auf im Internet abrufbare Verfassungsbeschwerden.
Die Klägerin beantragt, das Urteil des Sozialgerichts Karlsruhe vom 20.07.2016 aufzuheben und die Beklagte unter Aufhebung des Bescheides vom 21.09.2015 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 23.11.2015 zu verurteilen, bei der Beitragserhebung zur gesetzlichen Kranken-, Pflege-, und Rentenversicherung ihre aus Barunterhalt und Betreuung bestehenden Erziehungsleistungen für ihre beiden Kinder beitragsäquivalent zu berücksichtigen, hilfsweise, den in § 32 Abs. 6 EStG genannten Betrag (steuerliches Existenzminimum) zu berücksichtigen.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie verweist begründend auf die Rechtsprechung des BSG. Mit gerichtlichem Schreiben vom 10.02.2017 sind die Beteiligten darauf hingewiesen worden, dass die Berufung keine Aussicht auf Erfolg verspricht. Ferner wurde mitgeteilt, dass der Senat erwäge, über die Berufung im Beschlusswege nach § 153 Abs. 4 Sozialgerichtsgesetz (SGG) zu entscheiden. Den Beteiligten ist Gelegenheit eingeräumt worden, sich hierzu zu äußern. Die Klägerin hat hiervon dergestalt Gebrauch gemacht, als sie vorbringt, dass das Urteil des BSG vom 30.09.2015 (a.a.O.) in der Fachliteratur kritisiert werde. Sie hat hierzu unter ihrem eigenen Namen Schriftsätze aus anhängigen Revisionsverfahren und aus Verfassungsbeschwerden vorgelegt. Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die Prozessakten beider Rechtszüge sowie die bei der Beklagten geführte Leistungsakte, die Gegenstand der Entscheidungsfindung geworden sind, verwiesen.
II. Die Berufung der Klägerin ist zulässig (§§ 143, 144, 151 Abs. 1 SGG), in der Sache jedoch nicht begründet. Der angefochtene Bescheid vom 21.09.2015 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 23.11.2015 ist rechtmäßig und verletzt die Klägerin nicht in ihren Rechten. Der Senat entscheidet gemäß § 153 Abs. 4 SGG nach Anhörung der Beteiligten über die Berufung durch Beschluss, da er sie einstimmig für unbegründet und eine mündliche Verhandlung nicht für erforderlich hält. Gründe für die Durchführung einer mündlichen Verhandlung liegen nicht vor. Im Besonderen ergeben sich aus dem Schriftsatz der Klägerin vom 02.03.2017 keine Gründe, eine mündliche Verhandlung anzuberaumen, da der dortige Inhalt erkennbar nicht auf das vorliegende Verfahren hin erstellt wurde, sondern sich aus Schriftsätzen in anderen Gerichtsverfahren bzw. anderweitig erstellten Quellen speist. Konkrete Hinweise darauf, dass die Klägerin in einer mündlichen Verhandlung ihren eigenen Standpunkt darlegen will, enthält der Schriftsatz nicht. Streitgegenstand der zulässig erhobenen Anfechtungs- und Verpflichtungsklage (§ 54 Abs. 1 SGG) ist die Entscheidung über die Höhe der Beiträge zur gKV, gRV und sPV seit dem 01.01.2015. Die Beklagte hat den Antrag der Klägerin auf Reduzierung der Beiträge für die Zeit ab 01.01.2015 zu Recht abgelehnt. Als Einzugsstelle ist der beklagten Krankenkasse u.a. die Aufgabe übertragen, in gesetzlicher Verfahrens- und Prozessstandschaft anstelle der hierfür originär zuständigen Träger über die Beitragshöhe zu entscheiden (§ 28h Abs. 1 Satz 1 Sozialgesetzbuch Viertes Buch). Gegenüber Pflichtversicherten wegen Beschäftigung - wie hier - kommt bei der Entscheidung über die Beitragspflicht als festsetzungsfähige Rechtsfolge nur die betragsmäßig konkrete Feststellung der von ihnen zu tragenden Beitragsanteile in Betracht (BSG, Urteil vom 15.07.2009 - B 12 KR 14/08 R - in juris). Zwischen den Beteiligten ist unstreitig, dass die Beiträge im streitigen Zeitraum nach den geltenden rechtlichen Bestimmungen der Höhe nach zutreffend bemessen worden sind. Auch dem Senat sind Anhaltspunkt für eine fehlerhafte Beitragsfestsetzung nicht ersichtlich. Diese Bemessung der Beiträge ist auch verfassungsrechtlich nicht zu beanstanden. Der Senat schließt sich insoweit, wie bereits das SG, in vollem Umfang der Rechtsprechung des BSG in dem, den Beteiligten bekannten Urteil vom 30.09.2015 (a.a.O.) an und verweist zur Begründung seiner Entscheidung auf die zutreffenden Ausführungen des SG im angefochtenen Urteil (§ 153 Abs. 2 SGG). Ergänzend weist der Senat darauf hin, dass die Entscheidung des BVerfG vom 03.04.2001 (a.a.O.) insbesondere nicht auf die gRV übertragen werden kann, weil der sog. generative Beitrag (im Gegensatz zum sog. monetären Beitrag) für die gRV nicht systemspezifisch ist. So führt das BVerfG u.a. aus: Werde ein allgemeines, regelmäßig erst in höherem Alter auftretendes Lebensrisiko durch ein Umlageverfahren finanziert, so habe die Erziehungsleistung konstitutive Bedeutung für die Funktionsfähigkeit dieses Systems. Denn bei Eintritt der ganz überwiegenden Zahl der Versicherungsfälle sei das Umlageverfahren auf die Beiträge der nachwachsenden Generation angewiesen. Zwar ist diese Aussage auch nach Ansicht des Senats richtig, gilt aber nicht nur für umlagefinanzierte Versorgungssysteme, sondern auch für ganz oder teilweise kapitalgedeckte Systeme. Alle Altersvorsorgesysteme, gleich wie sie finanziert werden, sind auf die nachwachsende Generation angewiesen (Ruland, NZS 2016, 721, 728). Ein Unterschied besteht nur insofern, als die Bedeutung des generativen Beitrags bei umlagefinanzierten Systemen offen zutage liegt, während der generative Beitrag bei anderen Versorgungssystemen durch die Zwischenschaltung des Kapitalmarkts verdeckt wird. Soweit daher aus der Konzeption der gesetzlichen Sozialversicherung den kinderlosen Versicherten ein Vorteil erwächst, ist dieser Vorteil nicht systemspezifisch, sondern entspricht exakt dem Nutzen, der einer Gesellschaft durch Kinder und Betreuung und Erziehung im Allgemeinen erwächst (zu diesen Kriterien BVerfG aaO Rn 60). Geht man davon aus, dass das Grundgesetz nicht allein eine Gleichbehandlung innerhalb des legislativ ausgewählten Systems fordert, sondern bereits die gesetzgeberische Systemwahl an den Gleichheitssatz bindet (Seiler, NZS 2016, 641, 645), bestehen in Bezug auf die zur Verfügung stehenden Systeme – Umlageverfahren, ganz oder teilweise kapitalgedeckte Systeme – keine grundsätzlichen Unterschiede im Hinblick auf die Bedeutung des generativen Beitrags für die Funktionsfähigkeit dieser Vorsorgesysteme (Landessozialgericht Baden-Württemberg (LSG), Urteil vom 15.11.2016 - L 11 KR 2770/16 -, in juris). Soweit die Klägerin der Auffassung ist, das BSG habe sich im Urteil vom 30.09.2015 (a.a.O.) nur zur Rechtslage bis 2005 geäußert, trifft dies nicht zu. Streitgegenstand in dem dortigen Verfahren war die Höhe der Beiträge zur gKV, gRV und sPV vom 01.07.2006 - 24.04.2012. Aus den seit 01.01.2015 geltenden Regelungen zum Pflegevorsorgefonds (§§ 131 ff Sozialgesetzbuch Elftes Buch (SGB XI) eingeführt durch Gesetz vom 17.12.2014, BGBl I 2222) ergibt sich keine andere Beurteilung hinsichtlich der Verfassungsmäßigkeit der Beiträge zur sPV. Auf die grundsätzlichen Ausführungen des BSG hierzu wird nochmals ausdrücklich Bezug genommen. Die neu eingeführten §§ 131 bis 139 SGB XI, verbunden mit einer zeitgleichen Erhöhung des Beitragssatzes um 0,3 Prozentpunkte (§ 55 Abs. 1 Satz 1 SGB XI i.d.F. des Gesetzes vom 17.12.2014, BGBl I 2222), sollen die Beitragssatzstabilität ab dem Jahr 2035 (§ 136 Satz 1 SGB XI) im Hinblick auf die demografische Entwicklung sicherstellen (BT-Drs. 18/1798 S 2, 17 f). Dazu wird ein kapitalgedecktes Sondervermögen gebildet, das durch monatliche Zuführung von 1/12 von 0,1 Prozent der beitragspflichtigen Einnahmen der sPV des Vorjahres finanziert wird (§ 135 Abs. 1 SGB XI). Während eines ca. 20jährigen Ansparzeitraums erfolgt der Aufbau des Fonds; im anschließenden Verwendungszeitraum von ebenfalls 20 Jahren werden die Mittel schrittweise in die sPV reinvestiert (§ 136 Abs. 1 SGB XI). Von dem Pflegevorsorgefonds profitieren daher insbesondere die geburtenstarken Jahrgänge, zu denen die Klägerin gehört, die ab 2035 in die Altersgruppe der Menschen mit erhöhtem Pflegebedarf hineinwachsen. Es ist nicht ersichtlich, in welcher Weise die Regelungen zum Vorsorgefonds eine unzulässige Gleichbehandlung der Versicherten mit und ohne Kinder darstellen sollten. Es handelt sich um Regelungen zur Mittelverwendung, die der Generationengerechtigkeit dienen und die Nachhaltigkeit der sPV sichern sollen (LSG, Urteil vom 15.11.2016, a.a.O.). Da mithin für den erkennenden Senat keine verfassungsrechtlichen Bedenken betr. die Höhe der Beiträge zur gKV, zur gRV und zur sPV bestehen, ist der Bescheid der Beklagten vom 21.09.2015 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 23.11.2015 rechtmäßig und verletzt die Klägerin nicht in ihren Rechten. Der erkennende Senat ist auch in Ansehung des klägerischen Schriftsatzes vom 02.03.2017 nicht gehalten, weitere prozessleitende Handlungen einzuleiten. So ist weder die Deutsche Bundesbank beizuladen, noch ist den Beweisanträgen im benannten Schriftsatz nachzugehen. Die dortigen Ausführungen beziehen sich ausdrücklich (unter III.) auf eine (anberaumte) "mündliche Verhandlung vor dem Senat". Da vorliegend eine mündliche Verhandlung jedoch nicht terminiert ist, sind die nachfolgenden Ausführungen im Schriftsatz augenscheinlich nicht auf das konkrete Rechtsverhältnis des vorliegenden Verfahrens bezogen, so dass sich der Senat nicht gedrängt sieht, den dortigen Anträgen nachzugehen. Das Urteil des SG ist daher nicht zu beanstanden; die Berufung ist zurückzuweisen.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Gründe für die Zulassung der Revision (§ 160 Abs. 2 SGG) liegen nicht vor.
Außergerichtliche Kosten sind auch für das Berufungsverfahren nicht zu erstatten.
Gründe:
I. Die Klägerin begehrt die Reduzierung der Beiträge zur gesetzlichen Rentenversicherung (gRV), zur gesetzlichen Krankenversicherung (gKV) und zur sozialen Pflegeversicherung (sPV) im Hinblick auf den Betreuungs- und Erziehungsaufwand für ihre Kinder. Die im Jahr 1984 geborene Klägerin - Mutter zweier, in den Jahren 2010 und 2013 geborenen Kinder -, ist bei der Beigeladenen zu 3) versicherungspflichtig beschäftigt. Sie ist bei der Beklagten kranken-, bei der Beigeladenen zu 2) renten- und bei der Beigeladenen zu 1) pflegeversichert. Am 26.08.2015 beantragte die Klägerin bei der Beklagten als Einzugsstelle unter Bezugnahme auf das Urteil des Bundesverfassungsgerichts (BVerfG) vom 03.04.2001 (- 1 BvR 1629/94 -, in juris) ab dem 01.01.2015 bei der Betragserhebung zur gKV, zur sPV und zur gRV die aus dem Barunterhalt und der Betreuung bestehenden Erziehungsleistungen für ihre zwei Kinder beitragsäquivalent zu berücksichtigen, wobei hilfsweise das steuerliche Existenzminimum des § 32 Abs. 6 Einkommenssteuergesetz (EStG) herangezogen werden könne. Mit Bescheid vom 21.09.2015 lehnte die Beklagte den Antrag ab und führte hierzu die aktuell gültigen gesetzlichen Bestimmungen an. Den hiergegen am 25.09.2015 erhobenen Widerspruch wies die Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 23.11.2015 als unbegründet zurück. Das Bundessozialgericht (BSG) habe, so die Beklagte begründend, mit Urteil vom 30.09.2015 (- B 12 KR 15/12 R -, in juris) entschieden, dass Eltern nicht beanspruchen könnten, wegen des Aufwandes für die Betreuung und Erziehung von Kindern geringere Beiträge zur gKV, zur sPV und zur gRV zahlen zu müssen. Hiergegen erhob die Klägerin am 18.12.2015 Klage zum Sozialgericht Karlsruhe (SG). Sie brachte vor, das BVerfG habe entschieden, dass es mit dem Grundgesetz unvereinbar sei, dass Mitglieder der sPV, die Kinder betreuten und erzögen, mit gleich hohen Pflegeversicherungsbeiträgen wie Mitglieder ohne Kinder belastet würden. Die gesetzgeberische Umsetzung in der Form, als die Beiträge für Kinderlose um 0,25 Prozentpunkte erhöht worden seien, missachte den Umstand, dass auf die konstitutive Leistung der Kindererziehung für die intergenerationell verteilenden Systeme abzustellen sei, die naturgemäß je nach Anzahl der Kinder unterschiedlich hoch sei. Dies gelte umso mehr, als der Gesetzgeber sodann zum 01.01.2015 die Beiträge zur sPV für Eltern und Nichteltern unterschiedslos um 0,3 Prozentpunkte erhöht und hierdurch die Ungleichbehandlung potenziert habe. Die Tatsache, dass 0,1 Prozentpunkte dieser Erhöhung in einen eingerichteten Pflegevorsorgefonds flögen, sei nicht hinzunehmen, da sie als Mutter zweier Kinder für die demographisch bedingten Beitragssatzerhöhungen nicht verantwortlich sei. Dem Gesetzgeber sei ferner durch das BVerfG der Auftrag erteilt worden, die Beitragsäquivalenz in der gKV und gRV zu prüfen. Diesem Auftrag sei der Gesetzgeber nicht nachgekommen. Die Beklagte trat der Klage unter Verweis auf den angefochtenen Widerspruchsbescheid entgegen. Mit Beschluss vom 13.06.2016 lud das SG die für die Klägerin zuständigen Träger der Pflege- und der Rentenversicherung, sowie deren Arbeitgeberin zum Verfahren bei. Mit Urteil vom 20.07.2016 wies das SG die Klage ab. Es führte hierzu begründend aus, die Beklagte habe die Beiträge entsprechend der gesetzlichen Vorgaben des jeweiligen Beitragsrechts erhoben. Die Klägerin könne keine Minderung der Beitragslast wegen ihres Betreuungs- und Erziehungsaufwands für ihre Kinder beanspruchen. Verfassungsrechtliche Bedenken bestünden nicht. Insoweit schließe sich das SG den ausführlichen Erwägungen des BSG in dessen Urteil vom 30.09.2015 (- B 12 KR 15/12 R -, in juris) an. Soweit die Klägerin anführe, der Gesetzgeber habe entgegen dem Auftrag des BVerfG im Urteil vom 03.04.2001 (a.a.O.) die Erhöhung der Pflegebeiträge für Nichteltern dadurch teilweise wieder entwertet, dass 0,1 Prozentpunkte der Erhöhung um 0,3 Prozentpunkte in den Pflegevorsorgefonds zum Ausgleich der kollektiven Alterung abzuführen seien, sei dies unzutreffend, da die Schaffung des Pflegevorsorgefonds dem Ausgleich des erhöhten Pflegeaufwands wegen der gestiegenen Lebenserwartung aller Versicherten, mithin auch der Eltern von Kindern, diene. Gegen das am 27.07.2016 zugestellte Urteil hat die Klägerin am 13.08.2016 Berufung eingelegt. Sie bringt hierzu vor, die konkrete Beitragsfestsetzung sei unstreitig. Das SG habe im angefochtenen Urteil jedoch auf die Entscheidung des BSG vom 30.09.2015 (a.a.O.) abgestellt, obschon dort der Rechtszustand vor dem Jahr 2005 gegenständlich gewesen sei. Die Ausführungen könnten daher nicht auf ihre Situation übertragen werden. Ergänzend verweist sie auf im Internet abrufbare Verfassungsbeschwerden.
Die Klägerin beantragt, das Urteil des Sozialgerichts Karlsruhe vom 20.07.2016 aufzuheben und die Beklagte unter Aufhebung des Bescheides vom 21.09.2015 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 23.11.2015 zu verurteilen, bei der Beitragserhebung zur gesetzlichen Kranken-, Pflege-, und Rentenversicherung ihre aus Barunterhalt und Betreuung bestehenden Erziehungsleistungen für ihre beiden Kinder beitragsäquivalent zu berücksichtigen, hilfsweise, den in § 32 Abs. 6 EStG genannten Betrag (steuerliches Existenzminimum) zu berücksichtigen.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie verweist begründend auf die Rechtsprechung des BSG. Mit gerichtlichem Schreiben vom 10.02.2017 sind die Beteiligten darauf hingewiesen worden, dass die Berufung keine Aussicht auf Erfolg verspricht. Ferner wurde mitgeteilt, dass der Senat erwäge, über die Berufung im Beschlusswege nach § 153 Abs. 4 Sozialgerichtsgesetz (SGG) zu entscheiden. Den Beteiligten ist Gelegenheit eingeräumt worden, sich hierzu zu äußern. Die Klägerin hat hiervon dergestalt Gebrauch gemacht, als sie vorbringt, dass das Urteil des BSG vom 30.09.2015 (a.a.O.) in der Fachliteratur kritisiert werde. Sie hat hierzu unter ihrem eigenen Namen Schriftsätze aus anhängigen Revisionsverfahren und aus Verfassungsbeschwerden vorgelegt. Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die Prozessakten beider Rechtszüge sowie die bei der Beklagten geführte Leistungsakte, die Gegenstand der Entscheidungsfindung geworden sind, verwiesen.
II. Die Berufung der Klägerin ist zulässig (§§ 143, 144, 151 Abs. 1 SGG), in der Sache jedoch nicht begründet. Der angefochtene Bescheid vom 21.09.2015 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 23.11.2015 ist rechtmäßig und verletzt die Klägerin nicht in ihren Rechten. Der Senat entscheidet gemäß § 153 Abs. 4 SGG nach Anhörung der Beteiligten über die Berufung durch Beschluss, da er sie einstimmig für unbegründet und eine mündliche Verhandlung nicht für erforderlich hält. Gründe für die Durchführung einer mündlichen Verhandlung liegen nicht vor. Im Besonderen ergeben sich aus dem Schriftsatz der Klägerin vom 02.03.2017 keine Gründe, eine mündliche Verhandlung anzuberaumen, da der dortige Inhalt erkennbar nicht auf das vorliegende Verfahren hin erstellt wurde, sondern sich aus Schriftsätzen in anderen Gerichtsverfahren bzw. anderweitig erstellten Quellen speist. Konkrete Hinweise darauf, dass die Klägerin in einer mündlichen Verhandlung ihren eigenen Standpunkt darlegen will, enthält der Schriftsatz nicht. Streitgegenstand der zulässig erhobenen Anfechtungs- und Verpflichtungsklage (§ 54 Abs. 1 SGG) ist die Entscheidung über die Höhe der Beiträge zur gKV, gRV und sPV seit dem 01.01.2015. Die Beklagte hat den Antrag der Klägerin auf Reduzierung der Beiträge für die Zeit ab 01.01.2015 zu Recht abgelehnt. Als Einzugsstelle ist der beklagten Krankenkasse u.a. die Aufgabe übertragen, in gesetzlicher Verfahrens- und Prozessstandschaft anstelle der hierfür originär zuständigen Träger über die Beitragshöhe zu entscheiden (§ 28h Abs. 1 Satz 1 Sozialgesetzbuch Viertes Buch). Gegenüber Pflichtversicherten wegen Beschäftigung - wie hier - kommt bei der Entscheidung über die Beitragspflicht als festsetzungsfähige Rechtsfolge nur die betragsmäßig konkrete Feststellung der von ihnen zu tragenden Beitragsanteile in Betracht (BSG, Urteil vom 15.07.2009 - B 12 KR 14/08 R - in juris). Zwischen den Beteiligten ist unstreitig, dass die Beiträge im streitigen Zeitraum nach den geltenden rechtlichen Bestimmungen der Höhe nach zutreffend bemessen worden sind. Auch dem Senat sind Anhaltspunkt für eine fehlerhafte Beitragsfestsetzung nicht ersichtlich. Diese Bemessung der Beiträge ist auch verfassungsrechtlich nicht zu beanstanden. Der Senat schließt sich insoweit, wie bereits das SG, in vollem Umfang der Rechtsprechung des BSG in dem, den Beteiligten bekannten Urteil vom 30.09.2015 (a.a.O.) an und verweist zur Begründung seiner Entscheidung auf die zutreffenden Ausführungen des SG im angefochtenen Urteil (§ 153 Abs. 2 SGG). Ergänzend weist der Senat darauf hin, dass die Entscheidung des BVerfG vom 03.04.2001 (a.a.O.) insbesondere nicht auf die gRV übertragen werden kann, weil der sog. generative Beitrag (im Gegensatz zum sog. monetären Beitrag) für die gRV nicht systemspezifisch ist. So führt das BVerfG u.a. aus: Werde ein allgemeines, regelmäßig erst in höherem Alter auftretendes Lebensrisiko durch ein Umlageverfahren finanziert, so habe die Erziehungsleistung konstitutive Bedeutung für die Funktionsfähigkeit dieses Systems. Denn bei Eintritt der ganz überwiegenden Zahl der Versicherungsfälle sei das Umlageverfahren auf die Beiträge der nachwachsenden Generation angewiesen. Zwar ist diese Aussage auch nach Ansicht des Senats richtig, gilt aber nicht nur für umlagefinanzierte Versorgungssysteme, sondern auch für ganz oder teilweise kapitalgedeckte Systeme. Alle Altersvorsorgesysteme, gleich wie sie finanziert werden, sind auf die nachwachsende Generation angewiesen (Ruland, NZS 2016, 721, 728). Ein Unterschied besteht nur insofern, als die Bedeutung des generativen Beitrags bei umlagefinanzierten Systemen offen zutage liegt, während der generative Beitrag bei anderen Versorgungssystemen durch die Zwischenschaltung des Kapitalmarkts verdeckt wird. Soweit daher aus der Konzeption der gesetzlichen Sozialversicherung den kinderlosen Versicherten ein Vorteil erwächst, ist dieser Vorteil nicht systemspezifisch, sondern entspricht exakt dem Nutzen, der einer Gesellschaft durch Kinder und Betreuung und Erziehung im Allgemeinen erwächst (zu diesen Kriterien BVerfG aaO Rn 60). Geht man davon aus, dass das Grundgesetz nicht allein eine Gleichbehandlung innerhalb des legislativ ausgewählten Systems fordert, sondern bereits die gesetzgeberische Systemwahl an den Gleichheitssatz bindet (Seiler, NZS 2016, 641, 645), bestehen in Bezug auf die zur Verfügung stehenden Systeme – Umlageverfahren, ganz oder teilweise kapitalgedeckte Systeme – keine grundsätzlichen Unterschiede im Hinblick auf die Bedeutung des generativen Beitrags für die Funktionsfähigkeit dieser Vorsorgesysteme (Landessozialgericht Baden-Württemberg (LSG), Urteil vom 15.11.2016 - L 11 KR 2770/16 -, in juris). Soweit die Klägerin der Auffassung ist, das BSG habe sich im Urteil vom 30.09.2015 (a.a.O.) nur zur Rechtslage bis 2005 geäußert, trifft dies nicht zu. Streitgegenstand in dem dortigen Verfahren war die Höhe der Beiträge zur gKV, gRV und sPV vom 01.07.2006 - 24.04.2012. Aus den seit 01.01.2015 geltenden Regelungen zum Pflegevorsorgefonds (§§ 131 ff Sozialgesetzbuch Elftes Buch (SGB XI) eingeführt durch Gesetz vom 17.12.2014, BGBl I 2222) ergibt sich keine andere Beurteilung hinsichtlich der Verfassungsmäßigkeit der Beiträge zur sPV. Auf die grundsätzlichen Ausführungen des BSG hierzu wird nochmals ausdrücklich Bezug genommen. Die neu eingeführten §§ 131 bis 139 SGB XI, verbunden mit einer zeitgleichen Erhöhung des Beitragssatzes um 0,3 Prozentpunkte (§ 55 Abs. 1 Satz 1 SGB XI i.d.F. des Gesetzes vom 17.12.2014, BGBl I 2222), sollen die Beitragssatzstabilität ab dem Jahr 2035 (§ 136 Satz 1 SGB XI) im Hinblick auf die demografische Entwicklung sicherstellen (BT-Drs. 18/1798 S 2, 17 f). Dazu wird ein kapitalgedecktes Sondervermögen gebildet, das durch monatliche Zuführung von 1/12 von 0,1 Prozent der beitragspflichtigen Einnahmen der sPV des Vorjahres finanziert wird (§ 135 Abs. 1 SGB XI). Während eines ca. 20jährigen Ansparzeitraums erfolgt der Aufbau des Fonds; im anschließenden Verwendungszeitraum von ebenfalls 20 Jahren werden die Mittel schrittweise in die sPV reinvestiert (§ 136 Abs. 1 SGB XI). Von dem Pflegevorsorgefonds profitieren daher insbesondere die geburtenstarken Jahrgänge, zu denen die Klägerin gehört, die ab 2035 in die Altersgruppe der Menschen mit erhöhtem Pflegebedarf hineinwachsen. Es ist nicht ersichtlich, in welcher Weise die Regelungen zum Vorsorgefonds eine unzulässige Gleichbehandlung der Versicherten mit und ohne Kinder darstellen sollten. Es handelt sich um Regelungen zur Mittelverwendung, die der Generationengerechtigkeit dienen und die Nachhaltigkeit der sPV sichern sollen (LSG, Urteil vom 15.11.2016, a.a.O.). Da mithin für den erkennenden Senat keine verfassungsrechtlichen Bedenken betr. die Höhe der Beiträge zur gKV, zur gRV und zur sPV bestehen, ist der Bescheid der Beklagten vom 21.09.2015 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 23.11.2015 rechtmäßig und verletzt die Klägerin nicht in ihren Rechten. Der erkennende Senat ist auch in Ansehung des klägerischen Schriftsatzes vom 02.03.2017 nicht gehalten, weitere prozessleitende Handlungen einzuleiten. So ist weder die Deutsche Bundesbank beizuladen, noch ist den Beweisanträgen im benannten Schriftsatz nachzugehen. Die dortigen Ausführungen beziehen sich ausdrücklich (unter III.) auf eine (anberaumte) "mündliche Verhandlung vor dem Senat". Da vorliegend eine mündliche Verhandlung jedoch nicht terminiert ist, sind die nachfolgenden Ausführungen im Schriftsatz augenscheinlich nicht auf das konkrete Rechtsverhältnis des vorliegenden Verfahrens bezogen, so dass sich der Senat nicht gedrängt sieht, den dortigen Anträgen nachzugehen. Das Urteil des SG ist daher nicht zu beanstanden; die Berufung ist zurückzuweisen.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Gründe für die Zulassung der Revision (§ 160 Abs. 2 SGG) liegen nicht vor.
Rechtskraft
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