Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Krankenversicherung
Abteilung
11
1. Instanz
SG Mannheim (BWB)
Aktenzeichen
S 9 KR 4355/13
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 11 KR 3672/14
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Sozialgerichts Mannheim vom 07.08.2014 wird zurückgewiesen.
Die außergerichtlichen Kosten der Klägerin im Klageverfahren trägt die Beklagte. Im Übrigen haben die Beteiligten einander außergerichtliche Kosten nicht zu erstatten.
Tatbestand:
Die Klägerin macht die Erstattung der den Festbetrag übersteigenden Kosten einer Hörgeräteversorgung in Höhe von 1.958,00 EUR geltend.
Die 1948 geborene Klägerin, die eine Altersrente bezieht, ist bei der beklagten Krankenkasse Mitglied in der Krankenversicherung der Rentner (KVdR). Sie leidet an einer beidseitigen mittelgradigen Schwerhörigkeit und ist seit 2007 mit einem Hörgerät versorgt.
Der behandelnde Vertragsarzt verordnete der Klägerin am 04.03.2013 eine Hörhilfe für beide Ohren (Folgeverordnung). Mit dieser Verordnung ließ sich die Klägerin durch die Firma K. GmbH, einem Vertragspartner der Beklagten, mit einem Hörgerät versorgen. Am 21.03.2013 erfolgten die Messungen durch den Hörgeräteakustiker, auf denen dessen Anpassbericht vom 12.06.2013 beruht. Getestet wurden insgesamt 5 Hörgeräte, darunter die beiden zuzahlungsfreien Geräte "Oticon Go Pro Compact VC" (13.20.03.1480) und "Phonak Milo SP" (13.20.03.1767) und das Hörgerät, für das sich die Klägerin entschied. Die Versorgungsanzeige des Hörgeräteakustikers ging zusammen mit einem Kostenvoranschlag am 19.04.2013 bei der Beklagten ein. Mit einem ohne Rechtsbehelfsbelehrung versehenen Schreiben vom selben Tag teilte die Beklagte der Klägerin mit, dass sie die Kosten für die Hörgeräteversorgung wie folgt übernehme:
Bewilligungsbetrag: 1.192,80 EUR Zuzahlung (an den Lieferanten zu entrichten) 20,00 EUR Eigenanteil (an den Lieferanten zu entrichten) 0,00 EUR Versorgungszeitraum: 01.04.2013 – 31.03.2019
In diesem Schreiben wurde die Klägerin ua darauf hingewiesen, dass die Mehrkosten für das Hörsystem und die Ohrpassstücke sowie die Mehrkosten für Reparatur- und Wartungsleistungen von ihr zu übernehmen seien, falls sie eine Versorgung mit privatem Eigenanteil wähle.
Mit einem am 18.06.2013 eingegangenen Schreiben vom 17.06.2013 (Fax) reichte die Klägerin eine Anpassdokumentation, einen Anpassbericht vom 12.06.2013 sowie einen Kostenvoranschlag der Firma K. bei der Beklagen ein und beantragte die Übernahme der Mehrkosten in Höhe von 1.958,00 EUR für die von ihr ausgewählten Hörgeräte "Phonak Audeo Q30-312." Nach dem Vortrag der Beklagten übersandte diese ein als Mehrfertigung in der Verwaltungsakte enthaltenes Schreiben vom 25.06.2013 an die Klägerin, in welchem sie darauf hinwies, dass sie für die Entscheidung des Antrags noch weitere Informationen bzw Unterlagen vom Leistungserbringer benötige. Ebenfalls mit Schreiben 25.06.2013 forderte die Beklagte von der Firma K. weitere Unterlagen an.
Am 11.07.2013 ging ein Fax bei der Beklagten ein, in welchem die Klägerin monierte, dass auf ihr Schreiben vom 17.06.2013 noch keine Reaktion erfolgt sei. Daher gelte die beantragte Leistung gemäß § 13 Abs 3a Satz 6 SGB V als genehmigt. Die Klägerin forderte die Beklagte auf, ihr gegenüber bis 17.07.2013 die Kostenübernahme in Höhe des sich aus dem Kostenvoranschlag vom 12.06.2013 ergebenden Betrages zu erklären. Die Beklagte erwiderte mit Schreiben vom 12.07.2013, dass die Kostenübernahme nicht auf der Grundlage von § 13 Abs 3a SGB V erfolgen könne. Zum Erlass eines Bescheides müsse noch ein Gutachten des Medizinischen Dienstes der Krankenversicherung (MDK) erstellt werden. Nachdem der MDK die Voraussetzungen für eine Übernahme der Mehrkosten im Gutachten vom 01.08.2013 verneint hatte, lehnte die Beklagte die Übernahme von Mehrkosten für die Hörgeräteversorgung mit Bescheid vom 15.08.2013 ab.
Am 26.08.2013 beschaffte sich die Klägerin die Hörgeräte des Typs "Phonak Audeo Q30-312."
Gegen den Bescheid vom 15.08.2013 legte die Klägerin am 22.08.2013 Widerspruch ein. Sie machte weiterhin geltend, dass der Antrag nach § 13 Abs 3a Satz 1 SGB V als genehmigt gelte. Außerdem stehe ihr der Anspruch auch nach § 13 Abs 3 SGB V zu, da ihr das ausgewählte Hörgerät einen wesentlichen Gebrauchsvorteil verschaffe. Das Verstehen in geräuschvollen, halligen Situationen sei deutlich besser gewesen. Dies sei auf die Technik der adaptiven Störgeräuschunterdrückung zurückzuführen. Es sei anerkannt, dass die subjektive Beurteilung des Patienten das vielleicht wichtigste Element zur Erfassung des Versorgungserfolges darstelle.
Am 30.12.2013 hat die Klägerin Untätigkeitsklage zum Sozialgericht Mannheim (SG) erhoben.
Der Widerspruchsausschuss der Beklagten hat den Widerspruch der Klägerin mit Widerspruchsbescheid vom 26.02.2014 als unbegründet zurückgewiesen.
Mit einem am 01.04.2013 beim SG eingegangenen Schriftsatz hat die Klägerin die Klage geändert und nunmehr unter Aufhebung der Bescheide vom 12.07.2013 und 15.08.2013 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 26.02.2014 eine Verurteilung der Beklagten zur Zahlung von 1.958,00 EUR beantragt. Sie ist weiterhin der Auffassung, dass ihr der Anspruch auf Erstattung der mit der Klage geltend gemachten Kosten sowohl auf der Grundlage von § 13 Abs 3a SGB V als auch auf der Grundlage von § 13 Abs 3 SGB V zusteht. Sie weist außerdem darauf hin, dass der GKV-Spitzenverband mit Wirkung zum 01.11.2013 eine Erhöhung der Festbeträge für Hörhilfen gemäß § 36 SGB V beschlossen habe.
Die Beklagte hat sich mit Schriftsatz vom 04.04.2014 (Bl 49 der SG-Akte) bereit erklärt, die außergerichtlichen Kosten der Klägerin dem Grunde nach zu übernehmen.
Das SG hat eine schriftliche Zeugenaussage des behandelnden HNO-Facharztes Dr. H. eingeholt. Dieser hat mit Schreiben vom 23.06.2014 mitgeteilt, bei der Klägerin bestehe eine Innenohrschwerhörigkeit bds. Das Hörgerät Phoniak Audeo Q30-312 sei eine Weiterentwicklung gegenüber den Hörgeräten Oticon Pro Compact oder Phonak Milo SP, da der Hörer im Gehörgang liege und somit ein besseres Schallergebnis erzielt werden könne. Außerdem sei das Hörgerät kleiner und habe dadurch erhöhten Tragekomfort. Also könne eventuell unter Alltagsbedingungen (im Störschall) eine etwas bessere Hörverbesserung erzielt werden als mit den anderen. Bei den von den Krankenkassen vorgeschriebenen Hörtestungen im Freiburger Test unter Freifeldbedingungen sei jedoch die Leistungsfähigkeit aller drei Hörgeräte nahezu identisch. Es gebe keine besonderen medizinischen Gründe, die die höherwertige Hörgeräteversorgung rechtfertigten. Dr. H. hat seiner Auskunft das Ton- und Sprachaudiogramm vom 06.12.2012 beigefügt (Bl 70 der SG-Akte).
Mit Beschluss vom 26.06.2014 hat das SG den Beteiligten einen Vergleichsvorschlag (50:50) unterbreitet, den die Klägerin nicht aber die Beklagte angenommen hat.
Mit Urteil vom 07.08.2014 hat das SG die Klage abgewiesen. Ein Anspruch aus § 13 Abs 3a SGB V ergebe sich nicht, weil die Versorgung mit einem Hörgerät eine Leistung zur medizinischen Rehabilitation darstelle, für die diese Vorschrift nicht gelte. Auch ein Anspruch aus § 13 Abs 3 SGB V bestehe nicht. Es spreche vieles dafür, dass sich die Klägerin von Anfang an auf das höherwertige digitale Hörgerät Phonal Auseo Q30-312 festgelegt habe und ihre diesbezügliche Entscheidung somit nicht in kausaler Weise auf den Ablehnungsbescheid zurückgeführt werden könne. Unabhängig davon gehöre das ausgewählte Hörgerät nicht zum Leistungsspektrum der gesetzlichen Krankenversicherung. Der Hörzugewinn gegenüber einem Festbetragsgerät betrage lediglich 10%. Ein Hörverbesserung in dieser Größenordnung sei nach der Rechtsprechung des LSG Baden-Württemberg (Urteil des Senats vom 20.10.2009 – L 11 KR 129/09) kein wesentlicher Gebrauchsvorteil. Das Urteil ist dem Prozessbevollmächtigten der Klägerin mittels Empfangsbekenntnis am 14.08.2014 zugestellt worden.
Am 27.08.2014 hat die Klägerin Berufung beim LSG eingelegt. Weder die Klägerin noch die Beklagte seien davon ausgegangen, dass es sich um einen Rehabilitationsantrag hätte handeln können. Beantragt worden sei vielmehr eine Leistung nach § 33 SGB V.
In einem Erörterungstermin am 27.01.2015 hat der Vorsitzende darauf hingewiesen, dass der geltend gemachte Anspruch wohl nicht auf § 13 Abs 3a SGB V gestützt werden könne. Nach der Rspr des BSG handele es sich spätestens mit dem Eingang der Versorgungsanzeige des Hörgeräteakustikers um einen vollständigen Leistungsantrag. Da die Beklagte noch am selben Tag die Festbetragsbewilligung erteilt habe, dürfte ein Fall des §13 Abs 3a SGB V nicht mehr vorliegen. Der Prozessbevollmächtigte der Klägerin hat ausgeführt, dass er diese Auffassung nicht teile und in dem zweiten Antrag (vom 17./18.06.2013) einen weiteren Antrag auf die Leistung sehe. Die Klägerin hat erklärt, sie habe das Schreiben der Beklagten vom 25.06.2013 nicht erhalten. Sie könne mit dem jetzigen Hörgerät erheblich besser hören als mit dem angepassten Festbetragsgerät. Einen von den Beteiligten widerruflich geschlossenen Vergleich hat die Beklagte widerrufen.
Der Senat hat die Beklagte um eine ergänzende Stellungnahme zu verschiedenen Fragen gebeten; hierzu hat die Beklagte das nach Aktenlage erstellte Sozialmedizinische Gutachten des MDK vom 03.09.2015 (Bl 78/83 der LSG-Akte) vorgelegt. Dieses Gutachten hat der Senat zum Anlass genommen, noch einmal einen Vergleichsvorschlag zu unterbreiten, den wiederum die Beklagte abgelehnt hat.
Auf Antrag der Klägerin nach § 109 Sozialgerichtsgesetz (SGG) hat der Senat das HNO-Fachärztliche Gutachten des Dr. Z. vom 15.04.2016 eingeholt. Der Sachverständige hat in diesem Gutachten, das auf einer Untersuchung der Klägerin am 22.03.2016 beruht, die auf seinem Fachgebiet zu stellende Diagnose als pancochleäre Innenohrschwerhörigkeit beiderseits bezeichnet. Der sprachaudiometrisch ermittelte Hörverlust betrage beidseits 30%. Der ebenfalls auf Antrag der Klägerin ergänzend gehörte Hörgeräteakustiker M. hat in seiner Stellungnahme vom 20.11.2016 ausgeführt, Hörgeräte, welche in der Regel zum alten Festbetragspreis der Beklagten erhältlich gewesen seien, könnten die auditiven Behinderungen der Klägerin nicht im Sinne einer Angleichung an einen Normalhörigen ausgleichen. Insbesondere das Verstehen in geräuschvoller Umgebung sei mit den damals erhältlichen Hörgeräten nicht in erforderlichem Maße möglich gewesen, da eine Störschallreduzierung üblicherweise in Festbetragsgeräten zum alten Festbetragspreis nicht enthalten gewesen seien. Bei der Klägerin sei jedoch eine höherwertige Hörgeräteversorgung nicht notwendig gewesen. Das Vergleichshörgerät vom Typ "Go Pro Compact VC", welches vom Hörgeräteakustiker als zuzahlungsfreies Gerät zum alten Festbetragspreis angeboten worden sei, habe bereits die Vorgaben an Hörgeräte des neuen Festbetrages erfüllt. Im konkreten Versorgungsfall verschafften die streitgegenständlichen Hörgeräte der Klägerin keinen Gebrauchsvorteil in Bezug auf das Hören gegenüber den Hörgeräten, welche der Hörgeräteakustiker damals zum alten Festbetragspreis abzugeben bereit war.
Sowohl die Klägerin als auch die Beklagte fühlen sich durch die eingeholten Stellungnahmen jeweils in ihrer Auffassung bestätigt.
Die Klägerin beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Mannheim vom 07.08.2014 sowie die Bescheide der Beklagten vom 12.07.2013 und 15.08.2013 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 26.02.2014 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, der Klägerin 1.958,00 EUR zu zahlen.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Sozialgerichts Mannheim vom 07.08.2014 zurückzuweisen.
Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird auf die Prozessakten erster und zweiter Instanz sowie die Verwaltungsakten der Beklagten verwiesen.
Entscheidungsgründe:
Die Berufung der Klägerin ist zulässig.
Die Berufung ist gemäß den §§ 143, 144 SGG statthaft; sie wurde von der Klägerin auch form- und fristgerecht eingelegt (§ 151 Abs 1 SGG).
Richtige Klageart ist die kombinierte Anfechtungs- und Leistungsklage (§ 54 Abs 4 SGG). Die Klägerin erstrebt die Aufhebung eines Verwaltungsakts, nämlich der Bescheide vom 12.07.2013 und 15.08.2013 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 26.02.2014, was nur über eine Anfechtungsklage zu erreichen ist. Außerdem macht sie einen Anspruch auf Zahlung eines konkret bezifferten Geldbetrages auf der Grundlage eines Kostenerstattungsanspruch nach § 13 SGB V geltend, so dass sie die Anfechtungsklage mit einer Leistungsklage verbinden muss.
Eine Beiladung des Rentenversicherungsträgers ist nicht notwendig. Nach § 75 Abs 2 Satz 1 1. Alt SGG sind Dritte nur beizuladen, wenn sie an dem streitigen Rechtsverhältnis derart beteiligt sind, dass die Entscheidung auch ihnen gegenüber nur einheitlich ergehen kann (echte notwendige Beiladung). Zwar ist der Antrag auf die Versorgung mit einem Hörgerät nach ständiger Rechtsprechung des BSG (BSG 24.01.2013, B 3 KR 5/12 R, BSGE 113, 40) ein Antrag auf Teilhabeleistungen iS von § 14 Abs 1 Satz 1 Sozialgesetzbuch Neuntes Buch - Rehabilitation und Teilhabe behinderter Menschen - (SGB IX). Dennoch konnte im vorliegenden Fall eine notwendige Beiladung des Rentenversicherungsträgers im Hinblick auf diese Vorschrift unterbleiben. Eine Hörgeräteversorgung nach den Vorschriften des Sechsten Buches Sozialgesetzbuch (SGB VI) ist von vornherein ausgeschlossen (vgl zu diesem Gesichtspunkt BSG 22.03.2012, B 8 SO 30/10 R, BSGE 110, 301), da die Klägerin eine Altersrente bezieht (§ 12 Abs 1 Nr 2 SGB VI).
Die Berufung der Klägerin ist jedoch unbegründet.
Sowohl der Bescheid vom 19.04.2013 als auch die mit der Klage ausdrücklich angefochtenen Bescheide sind rechtmäßig und verletzen die Klägerin nicht in ihren Rechten. Das SG hat die Klage zu Recht abgewiesen. Die Klägerin hat keinen Anspruch auf Erstattung von weiteren Kosten der Hörgeräteversorgung "Phonak Audeo Q30-312" in Höhe von 1.958,00 EUR.
Rechtsgrundlage für die von der Klägerin behauptete Genehmigungsfiktion ist § 13 Abs 3a SGB V. Die Klägerin hat ihren Antrag zwar nach dem 26.02.2013 (am 19.04.2013) gestellt. Dennoch ist fraglich, ob die Regelung sachlich überhaupt anwendbar ist, da das Hörgerät nicht nur ein Hilfsmittel nach dem Recht der gesetzlichen Krankenversicherung (GKV), sondern auch eine Leistung zur medizinischen Rehabilitation nach dem im SGB IX geregelten Rehabilitationsrecht (§ 5 Nr 1, § 31 SGB IX, § 33 SGB V) darstellt (vgl hierzu einerseits BSG 24.01.2013, B 3 KR 5/12 R, BSGE 113, 40 und andererseits BSG 08.03.2016, B 1 KR 25/15 R, NZS 2016, 464). Für Leistungen zur medizinischen Rehabilitation gelten gemäß § 13 Abs 3a Satz 9 SGB V - darauf hat das SG zutreffend abgestellt - die §§ 14, 15 SGB IX. Der Senat kann diese Frage offenlassen. Denn die Voraussetzungen für den Eintritt der Genehmigungsfiktion nach § 13 Abs 3a Satz 6 SGB V liegen hier ohnedies nicht vor.
Nach § 13 Abs 3a Satz 1 SGB V, der mit Wirkung zum 26.02.2013 durch das Gesetz zur Verbesserung der Rechte von Patientinnen und Patienten vom 20.02 2013 (BGBl I S 277) eingefügt wurde, hat die Krankenkasse über einen Antrag auf Leistungen zügig, spätestens bis zum Ablauf von drei Wochen nach Antragseingang oder in Fällen, in denen eine gutachtliche Stellungnahme, insbesondere des MDK, eingeholt wird, innerhalb von fünf Wochen nach Antragseingang zu entscheiden. Wenn die Krankenkasse eine gutachtliche Stellungnahme für erforderlich hält, hat sie diese unverzüglich einzuholen und die Leistungsberechtigten hierüber zu unterrichten (§ 13 Abs 3a Satz 2 SGB V). Der MDK nimmt innerhalb von drei Wochen gutachtlich Stellung (§ 13 Abs 3a Satz 3 SGB V). Kann die KK die Fristen nach Satz 1 nicht einhalten, teilt sie dies den Leistungsberechtigten unter Darlegung der Gründe rechtzeitig schriftlich mit (§ 13 Abs 3a Satz 5 SGB V). Erfolgt keine Mitteilung eines hinreichenden Grundes, gilt die Leistung nach Ablauf der Frist als genehmigt (§ 13 Abs 3a Satz 6 SGB V). Beschaffen sich Leistungsberechtigte nach Ablauf der Frist eine erforderliche Leistung selbst, ist die Krankenkasse zur Erstattung der hierdurch entstandenen Kosten verpflichtet (§ 13 Abs 3a Satz 7 SGB V).
Nach § 19 Satz 1 Viertes Buch Sozialgesetzbuch (SGB IV) werden die Leistungen der GKV nur auf Antrag erbracht, soweit sich aus dem SGB V nichts anderes ergibt. Auch im SGB V ist die Frage, ob eine Sachleistung der vorherigen Beantragung und Bewilligung durch die zuständige Krankenkasse bedarf, so geregelt, dass die vorherige Beantragung und Bewilligung der Leistung die Regel und das Absehen hiervon die Ausnahme ist. Ausnahmen vom Regelprinzip der vorherigen Beantragung und Bewilligung durch die Krankenkasse bestehen da, wo Eilbedürftigkeit gegeben ist oder gegeben sein kann (BSG 24.09.2002, B 3 KR 2/02 R, SozR 3-2500 § 132a Nr 3). Ferner können die Krankenkassen in bestimmten Fällen vertraglich auf eine vorherige Antragstellung verzichten (vgl auch § 33 Abs 5a SGBV aF). Anträge können formlos, dh entweder schriftlich, mündlich oder durch konkludentes Verhalten gestellt werden. Das BSG hat offengelassen, ob bei der Hörgeräteversorgung ein Leistungsantrag bereits mit der Übergabe der vertragsärztlichen Hörgeräteverordnung an den Hörgeräteakustiker oder erst durch dessen Versorgungsanzeige bei der Krankenkasse erfolgt (BSG 24.01.2013, B 3 KR 5/12 R, BSGE 113, 40; 30.10.2014, B 5 R 8/14 R, BSGE 117, 192). Für die Regelung in § 13 Abs 3a SGB V ist auf den Zeitpunkt abzustellen, zu dem die Versorgungsanzeige bei der Krankenkasse eingeht. Ohne Kenntnis vom Antragseingang ist es der Krankenkasse in tatsächlicher Hinsicht unmöglich, die in § 13 Abs 3a Satz 1 SGB V genannten Fristen einzuhalten. Der maßgebliche Leistungsantrag ging bei der Beklagten am 19.04.2013 ein.
Mit einem ohne Rechtsbehelfsbelehrung versehenen Schreiben vom selben Tag teilte die Beklagte der Klägerin mit, dass sie die Kosten für die Hörgeräteversorgung wie folgt übernehme:
Bewilligungsbetrag: 1.192,80 EUR Zuzahlung (an den Lieferanten zu entrichten) 20,00 EUR Eigenanteil (an den Lieferanten zu entrichten) 0,00 EUR Versorgungszeitraum: 01.04.2013 – 31.03.2019
In diesem Schreiben wurde die Klägerin ua darauf hingewiesen, dass die Mehrkosten für das Hörsystem und die Ohrpassstücke sowie die Mehrkosten für Reparatur- und Wartungsleistungen von ihr zu übernehmen seien, falls sie eine Versorgung mit privatem Eigenanteil wähle. Bei diesem Schreiben handelt es sich um einen Leistungsbescheid (Verwaltungsakt). Durch ihn hat die Beklagte mit der Leistungsgewährung zugleich ihre Leistungspflicht auf den Festbetrag in Höhe von 1.192,80 EUR beschränkt. Damit ist das weitergehende Leistungsbegehren der Klägerin abgelehnt und mit Bindungswirkung ihr gegenüber entschieden worden, dass Ansprüche nur im Rahmen einer Festbetragsversorgung bestehen. Ohne Beseitigung der Bindungswirkung dieser Entscheidung kann die Klägerin mit ihrem Kostenerstattungsanspruch nicht durchdringen. Bei sachgerechter Auslegung ihres Begehrens musste die Beklagte folglich den Kostenerstattungsantrag vom 18.06.2013 zugleich als Widerspruch gegen den Bewilligungsbescheid vom 19.04.2013 verstehen, soweit darin der Antrag auf vollständige Hörgeräteversorgung abgelehnt worden war. Hierüber war auch eine Sachentscheidung zu treffen, nachdem der Bewilligungsbescheid nicht mit einer Rechtsbehelfsbelehrung versehen und die somit erst ein Jahr nach Zustellung des bewilligenden Leistungsbescheids endende Widerspruchsfrist (§ 66 Abs 2 Satz 1 SGG) am 18.06.2013 noch nicht abgelaufen war. Demgemäß ist der Widerspruchsbescheid vom 26.02.2014 bei sachgerechter Auslegung nicht nur als Bestätigung der ablehnenden Entscheidungen vom 12.07.2013 und 15.08.2013, sondern auch als Billigung der Leistungsbegrenzung durch den Bewilligungsbescheid vom 19.04.2013 zu verstehen. Mit diesen - inhaltlich identischen - Regelungselementen ist der Widerspruchsbescheid zum Gegenstand des Rechtsstreits geworden, ohne dass es im Klageantrag vor dem SG auch einer ausdrücklichen Teilaufhebung des Bewilligungsbescheides vom 19.04.2013 bedurft hätte (so BSG 17.12.2009, B 3 KR 20/08 R, BSGE 105, 170 zu einem ähnlichen Sachverhalt). Damit hat die Beklagte innerhalb der in § 13 Abs 3a Satz1 SGB V genannten Drei-Wochen-Frist entschieden. Die späteren Ermittlungen erfolgten im Rahmen des gegen den Bescheid vom 19.04.2013 eingeleiteten Widerspruchsverfahren.
Der über den Festbetrag hinausgehende Zahlbetrag steht der Klägerin auch nicht nach § 13 Abs 3 SGB V zu. Zwar hat der GKV-Spitzenverband am 10.07.2013 auf der Grundlage von § 36 SGB V neue Festbeträge für Hörhilfen festgesetzt, diese gelten aber erst für eine Versorgung mit Hörgeräten ab dem 01.11.2013 und finden im vorliegenden Fall noch keine Anwendung. Nach § 13 Abs 3 Satz 1 SGB V hat die Krankenkasse dem Versicherten Kosten einer selbstbeschafften Leistung zu erstatten, die dadurch entstanden sind, dass sie eine unaufschiebbare Leistung entweder nicht rechtzeitig erbringen konnte (1. Alt) oder eine Leistung zu Unrecht abgelehnt hat und dadurch dem Versicherten für die selbstbeschaffte Leistung Kosten entstanden sind, soweit die Leistung notwendig war (2. Alt). Mit dieser Regelung wird der Grundsatz des Sach- und Dienstleistungsanspruchs nach § 2 Abs 2 Satz 1 SGB V für die Fälle ergänzt, in denen die Krankenkasse eine geschuldete Leistung nicht oder nicht rechtzeitig zur Verfügung stellen kann (BSG 02.11.2007, B 1 KR 14/07 R, BSGE 99, 180 = SozR 4-2500 § 13 Nr 15). Der Naturalleistungsanspruch des Versicherten wandelt sich um in einen Kostenerstattungsanspruch bzw soweit die Kosten tatsächlich noch nicht beglichen sind, in einen Anspruch des Versicherten auf Freistellung von den Kosten. Der Kostenerstattungsanspruch reicht nicht weiter als ein entsprechender Sachleistungsanspruch des Versicherten gegen seine Krankenkasse. Er setzt voraus, dass die selbst beschaffte Behandlung zu den Leistungen gehört, welche die Krankenkassen allgemein in Natur als Sach- oder Dienstleistung zu erbringen haben (ständige Rechtsprechung des BSG 14.12.2006, B 1 KR 12/06 R, SozR 4-2500 § 31 Nr 8; BSG 27.03.2007, B 1 KR 17/06 R, juris). Der Anspruch ist demgemäß gegeben, wenn die Krankenkasse die Erfüllung eines Naturalleistungsanspruchs rechtswidrig abgelehnt und der Versicherte sich die Leistung selbst beschafft hat, wenn weiterhin ein Ursachenzusammenhang zwischen Leistungsablehnung und Selbstbeschaffung besteht, die selbst beschaffte Leistung notwendig ist und die Selbstbeschaffung eine rechtlich wirksame Kostenbelastung des Versicherten ausgelöst hat. Diese Voraussetzungen wären nur erfüllt, wenn die Beigeladene ihre Leistungspflicht nach dem Leistungsrecht des SGB V zu Unrecht auf den Festbetrag begrenzt und die vollständige Erfüllung des gegebenen Leistungsanspruchs rechtswidrig abgelehnt hätte. Dies ist jedoch nicht der Fall, weil der Klägerin kein krankenversicherungsrechtlicher Anspruch auf die angepasste Hörgeräteversorgung zustand.
Rechtsgrundlage des krankenversicherungsrechtlichen Leistungsanspruchs ist § 33 Abs 1 Satz 1 SGB V, hier in der zum Zeitpunkt der Leistungsverschaffung geltenden Fassung des Art 3 Nr 8 des Gesetzes zur Neuausrichtung der Pflegeversicherung (Pflege-Neuausrichtungs-Gesetz - PNG) vom 23.10.2012 (BGBl I 2246, im Folgenden: § 33 SGB V aF). Hiernach haben Versicherte Anspruch auf Versorgung mit Hörhilfen, Körperersatzstücken, orthopädischen und anderen Hilfsmitteln, wenn sie erstens nicht als allgemeine Gebrauchsgegenstände des täglichen Lebens oder nach § 34 Abs 4 SGB V aus der GKV-Versorgung ausgeschlossen und zweitens im Einzelfall erforderlich sind, um entweder den Erfolg der Krankenbehandlung zu sichern, einer drohenden Behinderung vorzubeugen oder eine Behinderung auszugleichen. Demgemäß besteht nach § 33 Abs 1 Satz 1 SGB V aF ein Anspruch auf Hörhilfen, die nur von hörbehinderten Menschen benutzt werden und deshalb kein Gebrauchsgegenstand des täglichen Lebens sind, auch nicht nach § 34 Abs 4 SGB V aus der GKV-Versorgung ausgeschlossen sind und weder der Krankenbehandlung noch der Vorbeugung einer Behinderung dienen, soweit sie im Rahmen des Notwendigen und Wirtschaftlichen (§ 12 Abs 1 SGB V) für den von der Krankenkasse geschuldeten Behinderungsausgleich erforderlich sind (BSG 24.01.2013, B 3 KR 5/12 R, BSGE 113, 40).
Die Versorgung mit Hörgeräten dient dem unmittelbaren Behinderungsausgleich und demzufolge sind die von der Klägerin beschafften Hörgeräte grundsätzlich erforderlich iS des § 33 Abs 1 Satz 1 SGB V aF. Ziel der Versorgung ist die Angleichung an das Hörvermögen hörgesunder Menschen; solange dieser Ausgleich im Sinne eines Gleichziehens mit deren Hörvermögen nicht vollständig erreicht ist, kann die Versorgung mit einem fortschrittlichen Hörgerät nach der Rechtsprechung des BSG nicht mit der Begründung abgelehnt werden, dass die GKV nur für die Aufrechterhaltung eines - wie auch immer zu bestimmenden - Basishörvermögens aufzukommen habe. Teil des von den Krankenkassen nach § 33 Abs 1 Satz 1 SGB V aF geschuldeten Behinderungsausgleichs ist es, hörbehinderten Menschen im Rahmen des Möglichen auch das Hören und Verstehen in größeren Räumen und bei störenden Umgebungsgeräuschen zu eröffnen und ihnen die dazu nach dem Stand der Hörgerätetechnik (§ 2 Abs 1 Satz 3 SGB V) jeweils erforderlichen Geräte zur Verfügung zu stellen (BSG 17.12.2009, B 3 KR 20/08 R, BSGE 105, 170; ebenso BSG 30.10.2014, B 5 R 8/14 R, BSGE 117, 192).
Begrenzt ist der Anspruch auf eine Hilfsmittelversorgung nach § 33 SGB V aF durch das Wirtschaftlichkeitsgebot des § 12 Abs 1 SGB V. Die Leistungen müssen danach "ausreichend, zweckmäßig und wirtschaftlich sein" und dürfen "das Maß des Notwendigen nicht überschreiten"; Leistungen, die nicht notwendig oder unwirtschaftlich sind, können Versicherte nicht beanspruchen, dürfen die Leistungserbringer nicht bewirken und die Krankenkassen nicht bewilligen. Demzufolge verpflichtet auch § 33 Abs 1 Satz 1 SGB V aF nicht dazu, den Versicherten jede gewünschte, von ihnen für optimal gehaltene Versorgung zur Verfügung zu stellen. Ausgeschlossen sind danach Ansprüche auf teure Hilfsmittel, wenn eine kostengünstigere Versorgung für den angestrebten Nachteilsausgleich funktionell ebenfalls geeignet ist; Mehrkosten sind andernfalls selbst zu tragen (§ 33 Abs 1 S 5 SGB V aF). Eingeschlossen in den Versorgungsauftrag der GKV ist eine kostenaufwändige Versorgung dagegen dann, wenn durch sie eine Verbesserung bedingt ist, die einen wesentlichen Gebrauchsvorteil gegenüber einer kostengünstigeren Alternative bietet. Das gilt bei Hilfsmitteln zum unmittelbaren Behinderungsausgleich insbesondere durch Prothesen für grundsätzlich jede Innovation, die dem Versicherten in seinem Alltagsleben deutliche Gebrauchsvorteile bietet. Keine Leistungspflicht besteht dagegen für solche Innovationen, die nicht die Funktionalität betreffen, sondern in erster Linie die Bequemlichkeit und den Komfort bei der Nutzung des Hilfsmittels. Dasselbe gilt für lediglich ästhetische Vorteile. Desgleichen kann eine Leistungsbegrenzung zu erwägen sein, wenn die funktionalen Vorteile eines Hilfsmittels ausschließlich in bestimmten Lebensbereichen zum Tragen kommen. Weitere Grenzen der Leistungspflicht können schließlich berührt sein, wenn einer nur geringfügigen Verbesserung des Gebrauchsnutzens ein als unverhältnismäßig einzuschätzender Mehraufwand gegenübersteht (BSG 24.01.2013, B 3 KR 5/12 R, BSGE 113, 40 mwN).
Für den vorliegenden Fall folgt aus den dargelegten Ausführungen des BSG, denen sich der Senat anschließt, dass die Beklagte ihre Leistungspflicht zu Recht auf den damals gültigen Festbetrag begrenzt hat. Die Klägerin hat deshalb keinen Anspruch auf Erstattung der über den Festbetrag hinausgehenden Kosten.
Nach dem Ergebnis der vom Senat durchgeführten Beweisaufnahme und unter Berücksichtigung der im Verwaltungsverfahren eingeholten Stellungnahme des MDK sowie der vom Hörgeräteakustiker vorgelegten Berichte steht zur Überzeugung des Senats fest, dass die Klägerin an einer pancochleären Innenohrschwerhörigkeit beiderseits leidet. Der sprachaudiometrisch ermittelte Hörverlust beträgt beidseits 30%. Die Versorgung mit Hörgeräten für beide Ohren ist damit indiziert. Dies ergibt sich insbesondere aus dem von Dr. Z. erstellten Gutachten vom 15.04.2016. Der Senat geht auch davon aus, dass Hörgeräte, welche zum "alten", dh bis zum 31.10.2013 geltenden Festbetragspreis erhältlich waren, im Allgemeinen die auditiven Behinderungen der Klägerin nicht im Sinne einer Angleichung an einen Normalhörigen hätten ausgleichen können. Insbesondere das Verstehen in geräuschvoller Umgebung war mit den damals erhältlichen Hörgeräten nicht in erforderlichem Maße möglich, da eine Störschallreduzierung üblicherweise in Festbetragsgeräten zum alten Festbetragspreis nicht enthalten war. Dies entnimmt der Senat den Ausführungen des Hörgeräteakustikers M ... Ebenfalls der Stellungnahme des Herrn M. entnimmt der Senat aber auch, dass bei der Klägerin dennoch eine höherwertige Hörgeräteversorgung nicht notwendig war. Denn das Vergleichshörgerät vom Typ "Go Pro Compact VC", welches vom Hörgeräteakustiker als zuzahlungsfreies Gerät zum alten Festbetragspreis angeboten wurde, erfüllte bereits die Vorgaben an Hörgeräte des neuen Festbetrages. Im konkreten Versorgungsfall verschafften deshalb die streitgegenständlichen Hörgeräte der Klägerin keinen wesentlichen Gebrauchsvorteil in Bezug auf das Hören gegenüber den Hörgeräten, welche der Hörgeräteakustiker damals zum alten Festbetragspreis abzugeben bereit war.
Der Sachverständige M. hat durch seine vergleichende Hörgeräteanpassung (Seite 7 f des Gutachtens) deutlich gemacht, dass die noch vorhandenen Unterschiede zwischen dem von der Klägerin gewählten Modell ("Phonak") und dem zum Festpreis angebotenen Modell ("Oticon") nicht signifikant sind. Zusätzlich zur Messung der Sprachverständlichkeit mit Hilfe des Freiburger Sprachverständlichkeitstests führte er eine Messung mit Störgeräusch durch. Dabei schnitt zwar das Gerät "Phonak" mit 60% Sprachverständlichkeit etwas besser ab als das Festbetragsgerät "Oticon" mit 55% Sprachverständlichkeit. Der Sachverständige bezeichnete jedoch eine Streuung in diesem Ausmaß als gleichwertig (Seite 9 des Gutachtens). Bei diesen Messergebnissen kommt es nach Auffassung des Senats auf das subjektive Empfinden ebenso wenig an wie auf die von der Klägerin ausgeübte Tätigkeit als Schöffin. Der von den Krankenkassen geschuldete Behinderungsausgleich bemisst sich nach ständiger Rechtsprechung des BSG entscheidend danach, ob eine Leistung des unmittelbaren oder des mittelbaren Behinderungsausgleichs beansprucht wird. Auswirkungen bei der oder auf die Berufsausübung sind für die Hilfsmittelgewährung nach dem SGB V grundsätzlich unbeachtlich. Ist ein Versicherter - wie hier die Klägerin - für die Anforderungen des allgemeinen Alltagslebens ausreichend versorgt, kommt es auf etwaige zusätzliche Nutzungsvorteile im Erwerbsleben ohnehin nicht an (BSG 24.01.2013, B 3 KR 5/12 R, BSGE 113, 40). Im Übrigen geht der Senat davon aus, dass die Tätigkeit als Schöffin auch mit Hörgeräten ausgeübt werden kann, die die Voraussetzungen für einen unmittelbaren Behinderungsausgleich erfüllen. Denn bereits der unmittelbare Behinderungsausgleich muss dazu führen, dass dem Versicherten das Hören und Verstehen in größeren Räumen und bei störenden Umgebungsgeräuschen möglich ist. Soweit der Hörgeräteakustiker Gebrauchsvorteile für das von der Klägerin ausgewählte Hörgerät feststellte, beziehen sich diese nicht auf das Sprachverstehen, sondern die Bedienung. Während das streitgegenständliche Hörgerät sich auf unterschiedliche Hörsituationen automatisch einstellen kann, muss die Klägerin bei dem Festbetragsgerät in wechselnden Hörsituationen eine manuelle Regelung vornehmen. Dieser Gebrauchsvorteil betrifft jedoch die Bequemlichkeit und den Komfort bei der Nutzung des Hilfsmittels, nicht dessen Funktionalität.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG. Dabei berücksichtigt der Senat, dass sich die Beklagte mit Schriftsatz vom 04.04.2014 (Bl 49 der SG-Akte) bereit erklärt hat, die außergerichtlichen Kosten der Klägerin dem Grunde nach zu übernehmen, die Berufung aber keinen Erfolg hatte. Ist eine statthafte und zulässige Berufung eingelegt worden, kann der Senat die Kostenentscheidung der ersten Instanz auch abändern, wenn die Sachentscheidung bestehen bleibt. Das Verschlechterungsverbot (reformatio in peius) gilt insoweit nicht (BSG 26.06.2007, B 1 KR 34/06 R, BSGE 98, 267).
Die Revision wird nicht zugelassen. Der vorliegenden Rechtsstreit wirft keine Fragen grundsätzlicher Bedeutung auf, im Übrigen hat sich der Senat der Rspr des BSG in allen Punkten angeschlossen.
Die außergerichtlichen Kosten der Klägerin im Klageverfahren trägt die Beklagte. Im Übrigen haben die Beteiligten einander außergerichtliche Kosten nicht zu erstatten.
Tatbestand:
Die Klägerin macht die Erstattung der den Festbetrag übersteigenden Kosten einer Hörgeräteversorgung in Höhe von 1.958,00 EUR geltend.
Die 1948 geborene Klägerin, die eine Altersrente bezieht, ist bei der beklagten Krankenkasse Mitglied in der Krankenversicherung der Rentner (KVdR). Sie leidet an einer beidseitigen mittelgradigen Schwerhörigkeit und ist seit 2007 mit einem Hörgerät versorgt.
Der behandelnde Vertragsarzt verordnete der Klägerin am 04.03.2013 eine Hörhilfe für beide Ohren (Folgeverordnung). Mit dieser Verordnung ließ sich die Klägerin durch die Firma K. GmbH, einem Vertragspartner der Beklagten, mit einem Hörgerät versorgen. Am 21.03.2013 erfolgten die Messungen durch den Hörgeräteakustiker, auf denen dessen Anpassbericht vom 12.06.2013 beruht. Getestet wurden insgesamt 5 Hörgeräte, darunter die beiden zuzahlungsfreien Geräte "Oticon Go Pro Compact VC" (13.20.03.1480) und "Phonak Milo SP" (13.20.03.1767) und das Hörgerät, für das sich die Klägerin entschied. Die Versorgungsanzeige des Hörgeräteakustikers ging zusammen mit einem Kostenvoranschlag am 19.04.2013 bei der Beklagten ein. Mit einem ohne Rechtsbehelfsbelehrung versehenen Schreiben vom selben Tag teilte die Beklagte der Klägerin mit, dass sie die Kosten für die Hörgeräteversorgung wie folgt übernehme:
Bewilligungsbetrag: 1.192,80 EUR Zuzahlung (an den Lieferanten zu entrichten) 20,00 EUR Eigenanteil (an den Lieferanten zu entrichten) 0,00 EUR Versorgungszeitraum: 01.04.2013 – 31.03.2019
In diesem Schreiben wurde die Klägerin ua darauf hingewiesen, dass die Mehrkosten für das Hörsystem und die Ohrpassstücke sowie die Mehrkosten für Reparatur- und Wartungsleistungen von ihr zu übernehmen seien, falls sie eine Versorgung mit privatem Eigenanteil wähle.
Mit einem am 18.06.2013 eingegangenen Schreiben vom 17.06.2013 (Fax) reichte die Klägerin eine Anpassdokumentation, einen Anpassbericht vom 12.06.2013 sowie einen Kostenvoranschlag der Firma K. bei der Beklagen ein und beantragte die Übernahme der Mehrkosten in Höhe von 1.958,00 EUR für die von ihr ausgewählten Hörgeräte "Phonak Audeo Q30-312." Nach dem Vortrag der Beklagten übersandte diese ein als Mehrfertigung in der Verwaltungsakte enthaltenes Schreiben vom 25.06.2013 an die Klägerin, in welchem sie darauf hinwies, dass sie für die Entscheidung des Antrags noch weitere Informationen bzw Unterlagen vom Leistungserbringer benötige. Ebenfalls mit Schreiben 25.06.2013 forderte die Beklagte von der Firma K. weitere Unterlagen an.
Am 11.07.2013 ging ein Fax bei der Beklagten ein, in welchem die Klägerin monierte, dass auf ihr Schreiben vom 17.06.2013 noch keine Reaktion erfolgt sei. Daher gelte die beantragte Leistung gemäß § 13 Abs 3a Satz 6 SGB V als genehmigt. Die Klägerin forderte die Beklagte auf, ihr gegenüber bis 17.07.2013 die Kostenübernahme in Höhe des sich aus dem Kostenvoranschlag vom 12.06.2013 ergebenden Betrages zu erklären. Die Beklagte erwiderte mit Schreiben vom 12.07.2013, dass die Kostenübernahme nicht auf der Grundlage von § 13 Abs 3a SGB V erfolgen könne. Zum Erlass eines Bescheides müsse noch ein Gutachten des Medizinischen Dienstes der Krankenversicherung (MDK) erstellt werden. Nachdem der MDK die Voraussetzungen für eine Übernahme der Mehrkosten im Gutachten vom 01.08.2013 verneint hatte, lehnte die Beklagte die Übernahme von Mehrkosten für die Hörgeräteversorgung mit Bescheid vom 15.08.2013 ab.
Am 26.08.2013 beschaffte sich die Klägerin die Hörgeräte des Typs "Phonak Audeo Q30-312."
Gegen den Bescheid vom 15.08.2013 legte die Klägerin am 22.08.2013 Widerspruch ein. Sie machte weiterhin geltend, dass der Antrag nach § 13 Abs 3a Satz 1 SGB V als genehmigt gelte. Außerdem stehe ihr der Anspruch auch nach § 13 Abs 3 SGB V zu, da ihr das ausgewählte Hörgerät einen wesentlichen Gebrauchsvorteil verschaffe. Das Verstehen in geräuschvollen, halligen Situationen sei deutlich besser gewesen. Dies sei auf die Technik der adaptiven Störgeräuschunterdrückung zurückzuführen. Es sei anerkannt, dass die subjektive Beurteilung des Patienten das vielleicht wichtigste Element zur Erfassung des Versorgungserfolges darstelle.
Am 30.12.2013 hat die Klägerin Untätigkeitsklage zum Sozialgericht Mannheim (SG) erhoben.
Der Widerspruchsausschuss der Beklagten hat den Widerspruch der Klägerin mit Widerspruchsbescheid vom 26.02.2014 als unbegründet zurückgewiesen.
Mit einem am 01.04.2013 beim SG eingegangenen Schriftsatz hat die Klägerin die Klage geändert und nunmehr unter Aufhebung der Bescheide vom 12.07.2013 und 15.08.2013 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 26.02.2014 eine Verurteilung der Beklagten zur Zahlung von 1.958,00 EUR beantragt. Sie ist weiterhin der Auffassung, dass ihr der Anspruch auf Erstattung der mit der Klage geltend gemachten Kosten sowohl auf der Grundlage von § 13 Abs 3a SGB V als auch auf der Grundlage von § 13 Abs 3 SGB V zusteht. Sie weist außerdem darauf hin, dass der GKV-Spitzenverband mit Wirkung zum 01.11.2013 eine Erhöhung der Festbeträge für Hörhilfen gemäß § 36 SGB V beschlossen habe.
Die Beklagte hat sich mit Schriftsatz vom 04.04.2014 (Bl 49 der SG-Akte) bereit erklärt, die außergerichtlichen Kosten der Klägerin dem Grunde nach zu übernehmen.
Das SG hat eine schriftliche Zeugenaussage des behandelnden HNO-Facharztes Dr. H. eingeholt. Dieser hat mit Schreiben vom 23.06.2014 mitgeteilt, bei der Klägerin bestehe eine Innenohrschwerhörigkeit bds. Das Hörgerät Phoniak Audeo Q30-312 sei eine Weiterentwicklung gegenüber den Hörgeräten Oticon Pro Compact oder Phonak Milo SP, da der Hörer im Gehörgang liege und somit ein besseres Schallergebnis erzielt werden könne. Außerdem sei das Hörgerät kleiner und habe dadurch erhöhten Tragekomfort. Also könne eventuell unter Alltagsbedingungen (im Störschall) eine etwas bessere Hörverbesserung erzielt werden als mit den anderen. Bei den von den Krankenkassen vorgeschriebenen Hörtestungen im Freiburger Test unter Freifeldbedingungen sei jedoch die Leistungsfähigkeit aller drei Hörgeräte nahezu identisch. Es gebe keine besonderen medizinischen Gründe, die die höherwertige Hörgeräteversorgung rechtfertigten. Dr. H. hat seiner Auskunft das Ton- und Sprachaudiogramm vom 06.12.2012 beigefügt (Bl 70 der SG-Akte).
Mit Beschluss vom 26.06.2014 hat das SG den Beteiligten einen Vergleichsvorschlag (50:50) unterbreitet, den die Klägerin nicht aber die Beklagte angenommen hat.
Mit Urteil vom 07.08.2014 hat das SG die Klage abgewiesen. Ein Anspruch aus § 13 Abs 3a SGB V ergebe sich nicht, weil die Versorgung mit einem Hörgerät eine Leistung zur medizinischen Rehabilitation darstelle, für die diese Vorschrift nicht gelte. Auch ein Anspruch aus § 13 Abs 3 SGB V bestehe nicht. Es spreche vieles dafür, dass sich die Klägerin von Anfang an auf das höherwertige digitale Hörgerät Phonal Auseo Q30-312 festgelegt habe und ihre diesbezügliche Entscheidung somit nicht in kausaler Weise auf den Ablehnungsbescheid zurückgeführt werden könne. Unabhängig davon gehöre das ausgewählte Hörgerät nicht zum Leistungsspektrum der gesetzlichen Krankenversicherung. Der Hörzugewinn gegenüber einem Festbetragsgerät betrage lediglich 10%. Ein Hörverbesserung in dieser Größenordnung sei nach der Rechtsprechung des LSG Baden-Württemberg (Urteil des Senats vom 20.10.2009 – L 11 KR 129/09) kein wesentlicher Gebrauchsvorteil. Das Urteil ist dem Prozessbevollmächtigten der Klägerin mittels Empfangsbekenntnis am 14.08.2014 zugestellt worden.
Am 27.08.2014 hat die Klägerin Berufung beim LSG eingelegt. Weder die Klägerin noch die Beklagte seien davon ausgegangen, dass es sich um einen Rehabilitationsantrag hätte handeln können. Beantragt worden sei vielmehr eine Leistung nach § 33 SGB V.
In einem Erörterungstermin am 27.01.2015 hat der Vorsitzende darauf hingewiesen, dass der geltend gemachte Anspruch wohl nicht auf § 13 Abs 3a SGB V gestützt werden könne. Nach der Rspr des BSG handele es sich spätestens mit dem Eingang der Versorgungsanzeige des Hörgeräteakustikers um einen vollständigen Leistungsantrag. Da die Beklagte noch am selben Tag die Festbetragsbewilligung erteilt habe, dürfte ein Fall des §13 Abs 3a SGB V nicht mehr vorliegen. Der Prozessbevollmächtigte der Klägerin hat ausgeführt, dass er diese Auffassung nicht teile und in dem zweiten Antrag (vom 17./18.06.2013) einen weiteren Antrag auf die Leistung sehe. Die Klägerin hat erklärt, sie habe das Schreiben der Beklagten vom 25.06.2013 nicht erhalten. Sie könne mit dem jetzigen Hörgerät erheblich besser hören als mit dem angepassten Festbetragsgerät. Einen von den Beteiligten widerruflich geschlossenen Vergleich hat die Beklagte widerrufen.
Der Senat hat die Beklagte um eine ergänzende Stellungnahme zu verschiedenen Fragen gebeten; hierzu hat die Beklagte das nach Aktenlage erstellte Sozialmedizinische Gutachten des MDK vom 03.09.2015 (Bl 78/83 der LSG-Akte) vorgelegt. Dieses Gutachten hat der Senat zum Anlass genommen, noch einmal einen Vergleichsvorschlag zu unterbreiten, den wiederum die Beklagte abgelehnt hat.
Auf Antrag der Klägerin nach § 109 Sozialgerichtsgesetz (SGG) hat der Senat das HNO-Fachärztliche Gutachten des Dr. Z. vom 15.04.2016 eingeholt. Der Sachverständige hat in diesem Gutachten, das auf einer Untersuchung der Klägerin am 22.03.2016 beruht, die auf seinem Fachgebiet zu stellende Diagnose als pancochleäre Innenohrschwerhörigkeit beiderseits bezeichnet. Der sprachaudiometrisch ermittelte Hörverlust betrage beidseits 30%. Der ebenfalls auf Antrag der Klägerin ergänzend gehörte Hörgeräteakustiker M. hat in seiner Stellungnahme vom 20.11.2016 ausgeführt, Hörgeräte, welche in der Regel zum alten Festbetragspreis der Beklagten erhältlich gewesen seien, könnten die auditiven Behinderungen der Klägerin nicht im Sinne einer Angleichung an einen Normalhörigen ausgleichen. Insbesondere das Verstehen in geräuschvoller Umgebung sei mit den damals erhältlichen Hörgeräten nicht in erforderlichem Maße möglich gewesen, da eine Störschallreduzierung üblicherweise in Festbetragsgeräten zum alten Festbetragspreis nicht enthalten gewesen seien. Bei der Klägerin sei jedoch eine höherwertige Hörgeräteversorgung nicht notwendig gewesen. Das Vergleichshörgerät vom Typ "Go Pro Compact VC", welches vom Hörgeräteakustiker als zuzahlungsfreies Gerät zum alten Festbetragspreis angeboten worden sei, habe bereits die Vorgaben an Hörgeräte des neuen Festbetrages erfüllt. Im konkreten Versorgungsfall verschafften die streitgegenständlichen Hörgeräte der Klägerin keinen Gebrauchsvorteil in Bezug auf das Hören gegenüber den Hörgeräten, welche der Hörgeräteakustiker damals zum alten Festbetragspreis abzugeben bereit war.
Sowohl die Klägerin als auch die Beklagte fühlen sich durch die eingeholten Stellungnahmen jeweils in ihrer Auffassung bestätigt.
Die Klägerin beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Mannheim vom 07.08.2014 sowie die Bescheide der Beklagten vom 12.07.2013 und 15.08.2013 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 26.02.2014 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, der Klägerin 1.958,00 EUR zu zahlen.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Sozialgerichts Mannheim vom 07.08.2014 zurückzuweisen.
Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird auf die Prozessakten erster und zweiter Instanz sowie die Verwaltungsakten der Beklagten verwiesen.
Entscheidungsgründe:
Die Berufung der Klägerin ist zulässig.
Die Berufung ist gemäß den §§ 143, 144 SGG statthaft; sie wurde von der Klägerin auch form- und fristgerecht eingelegt (§ 151 Abs 1 SGG).
Richtige Klageart ist die kombinierte Anfechtungs- und Leistungsklage (§ 54 Abs 4 SGG). Die Klägerin erstrebt die Aufhebung eines Verwaltungsakts, nämlich der Bescheide vom 12.07.2013 und 15.08.2013 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 26.02.2014, was nur über eine Anfechtungsklage zu erreichen ist. Außerdem macht sie einen Anspruch auf Zahlung eines konkret bezifferten Geldbetrages auf der Grundlage eines Kostenerstattungsanspruch nach § 13 SGB V geltend, so dass sie die Anfechtungsklage mit einer Leistungsklage verbinden muss.
Eine Beiladung des Rentenversicherungsträgers ist nicht notwendig. Nach § 75 Abs 2 Satz 1 1. Alt SGG sind Dritte nur beizuladen, wenn sie an dem streitigen Rechtsverhältnis derart beteiligt sind, dass die Entscheidung auch ihnen gegenüber nur einheitlich ergehen kann (echte notwendige Beiladung). Zwar ist der Antrag auf die Versorgung mit einem Hörgerät nach ständiger Rechtsprechung des BSG (BSG 24.01.2013, B 3 KR 5/12 R, BSGE 113, 40) ein Antrag auf Teilhabeleistungen iS von § 14 Abs 1 Satz 1 Sozialgesetzbuch Neuntes Buch - Rehabilitation und Teilhabe behinderter Menschen - (SGB IX). Dennoch konnte im vorliegenden Fall eine notwendige Beiladung des Rentenversicherungsträgers im Hinblick auf diese Vorschrift unterbleiben. Eine Hörgeräteversorgung nach den Vorschriften des Sechsten Buches Sozialgesetzbuch (SGB VI) ist von vornherein ausgeschlossen (vgl zu diesem Gesichtspunkt BSG 22.03.2012, B 8 SO 30/10 R, BSGE 110, 301), da die Klägerin eine Altersrente bezieht (§ 12 Abs 1 Nr 2 SGB VI).
Die Berufung der Klägerin ist jedoch unbegründet.
Sowohl der Bescheid vom 19.04.2013 als auch die mit der Klage ausdrücklich angefochtenen Bescheide sind rechtmäßig und verletzen die Klägerin nicht in ihren Rechten. Das SG hat die Klage zu Recht abgewiesen. Die Klägerin hat keinen Anspruch auf Erstattung von weiteren Kosten der Hörgeräteversorgung "Phonak Audeo Q30-312" in Höhe von 1.958,00 EUR.
Rechtsgrundlage für die von der Klägerin behauptete Genehmigungsfiktion ist § 13 Abs 3a SGB V. Die Klägerin hat ihren Antrag zwar nach dem 26.02.2013 (am 19.04.2013) gestellt. Dennoch ist fraglich, ob die Regelung sachlich überhaupt anwendbar ist, da das Hörgerät nicht nur ein Hilfsmittel nach dem Recht der gesetzlichen Krankenversicherung (GKV), sondern auch eine Leistung zur medizinischen Rehabilitation nach dem im SGB IX geregelten Rehabilitationsrecht (§ 5 Nr 1, § 31 SGB IX, § 33 SGB V) darstellt (vgl hierzu einerseits BSG 24.01.2013, B 3 KR 5/12 R, BSGE 113, 40 und andererseits BSG 08.03.2016, B 1 KR 25/15 R, NZS 2016, 464). Für Leistungen zur medizinischen Rehabilitation gelten gemäß § 13 Abs 3a Satz 9 SGB V - darauf hat das SG zutreffend abgestellt - die §§ 14, 15 SGB IX. Der Senat kann diese Frage offenlassen. Denn die Voraussetzungen für den Eintritt der Genehmigungsfiktion nach § 13 Abs 3a Satz 6 SGB V liegen hier ohnedies nicht vor.
Nach § 13 Abs 3a Satz 1 SGB V, der mit Wirkung zum 26.02.2013 durch das Gesetz zur Verbesserung der Rechte von Patientinnen und Patienten vom 20.02 2013 (BGBl I S 277) eingefügt wurde, hat die Krankenkasse über einen Antrag auf Leistungen zügig, spätestens bis zum Ablauf von drei Wochen nach Antragseingang oder in Fällen, in denen eine gutachtliche Stellungnahme, insbesondere des MDK, eingeholt wird, innerhalb von fünf Wochen nach Antragseingang zu entscheiden. Wenn die Krankenkasse eine gutachtliche Stellungnahme für erforderlich hält, hat sie diese unverzüglich einzuholen und die Leistungsberechtigten hierüber zu unterrichten (§ 13 Abs 3a Satz 2 SGB V). Der MDK nimmt innerhalb von drei Wochen gutachtlich Stellung (§ 13 Abs 3a Satz 3 SGB V). Kann die KK die Fristen nach Satz 1 nicht einhalten, teilt sie dies den Leistungsberechtigten unter Darlegung der Gründe rechtzeitig schriftlich mit (§ 13 Abs 3a Satz 5 SGB V). Erfolgt keine Mitteilung eines hinreichenden Grundes, gilt die Leistung nach Ablauf der Frist als genehmigt (§ 13 Abs 3a Satz 6 SGB V). Beschaffen sich Leistungsberechtigte nach Ablauf der Frist eine erforderliche Leistung selbst, ist die Krankenkasse zur Erstattung der hierdurch entstandenen Kosten verpflichtet (§ 13 Abs 3a Satz 7 SGB V).
Nach § 19 Satz 1 Viertes Buch Sozialgesetzbuch (SGB IV) werden die Leistungen der GKV nur auf Antrag erbracht, soweit sich aus dem SGB V nichts anderes ergibt. Auch im SGB V ist die Frage, ob eine Sachleistung der vorherigen Beantragung und Bewilligung durch die zuständige Krankenkasse bedarf, so geregelt, dass die vorherige Beantragung und Bewilligung der Leistung die Regel und das Absehen hiervon die Ausnahme ist. Ausnahmen vom Regelprinzip der vorherigen Beantragung und Bewilligung durch die Krankenkasse bestehen da, wo Eilbedürftigkeit gegeben ist oder gegeben sein kann (BSG 24.09.2002, B 3 KR 2/02 R, SozR 3-2500 § 132a Nr 3). Ferner können die Krankenkassen in bestimmten Fällen vertraglich auf eine vorherige Antragstellung verzichten (vgl auch § 33 Abs 5a SGBV aF). Anträge können formlos, dh entweder schriftlich, mündlich oder durch konkludentes Verhalten gestellt werden. Das BSG hat offengelassen, ob bei der Hörgeräteversorgung ein Leistungsantrag bereits mit der Übergabe der vertragsärztlichen Hörgeräteverordnung an den Hörgeräteakustiker oder erst durch dessen Versorgungsanzeige bei der Krankenkasse erfolgt (BSG 24.01.2013, B 3 KR 5/12 R, BSGE 113, 40; 30.10.2014, B 5 R 8/14 R, BSGE 117, 192). Für die Regelung in § 13 Abs 3a SGB V ist auf den Zeitpunkt abzustellen, zu dem die Versorgungsanzeige bei der Krankenkasse eingeht. Ohne Kenntnis vom Antragseingang ist es der Krankenkasse in tatsächlicher Hinsicht unmöglich, die in § 13 Abs 3a Satz 1 SGB V genannten Fristen einzuhalten. Der maßgebliche Leistungsantrag ging bei der Beklagten am 19.04.2013 ein.
Mit einem ohne Rechtsbehelfsbelehrung versehenen Schreiben vom selben Tag teilte die Beklagte der Klägerin mit, dass sie die Kosten für die Hörgeräteversorgung wie folgt übernehme:
Bewilligungsbetrag: 1.192,80 EUR Zuzahlung (an den Lieferanten zu entrichten) 20,00 EUR Eigenanteil (an den Lieferanten zu entrichten) 0,00 EUR Versorgungszeitraum: 01.04.2013 – 31.03.2019
In diesem Schreiben wurde die Klägerin ua darauf hingewiesen, dass die Mehrkosten für das Hörsystem und die Ohrpassstücke sowie die Mehrkosten für Reparatur- und Wartungsleistungen von ihr zu übernehmen seien, falls sie eine Versorgung mit privatem Eigenanteil wähle. Bei diesem Schreiben handelt es sich um einen Leistungsbescheid (Verwaltungsakt). Durch ihn hat die Beklagte mit der Leistungsgewährung zugleich ihre Leistungspflicht auf den Festbetrag in Höhe von 1.192,80 EUR beschränkt. Damit ist das weitergehende Leistungsbegehren der Klägerin abgelehnt und mit Bindungswirkung ihr gegenüber entschieden worden, dass Ansprüche nur im Rahmen einer Festbetragsversorgung bestehen. Ohne Beseitigung der Bindungswirkung dieser Entscheidung kann die Klägerin mit ihrem Kostenerstattungsanspruch nicht durchdringen. Bei sachgerechter Auslegung ihres Begehrens musste die Beklagte folglich den Kostenerstattungsantrag vom 18.06.2013 zugleich als Widerspruch gegen den Bewilligungsbescheid vom 19.04.2013 verstehen, soweit darin der Antrag auf vollständige Hörgeräteversorgung abgelehnt worden war. Hierüber war auch eine Sachentscheidung zu treffen, nachdem der Bewilligungsbescheid nicht mit einer Rechtsbehelfsbelehrung versehen und die somit erst ein Jahr nach Zustellung des bewilligenden Leistungsbescheids endende Widerspruchsfrist (§ 66 Abs 2 Satz 1 SGG) am 18.06.2013 noch nicht abgelaufen war. Demgemäß ist der Widerspruchsbescheid vom 26.02.2014 bei sachgerechter Auslegung nicht nur als Bestätigung der ablehnenden Entscheidungen vom 12.07.2013 und 15.08.2013, sondern auch als Billigung der Leistungsbegrenzung durch den Bewilligungsbescheid vom 19.04.2013 zu verstehen. Mit diesen - inhaltlich identischen - Regelungselementen ist der Widerspruchsbescheid zum Gegenstand des Rechtsstreits geworden, ohne dass es im Klageantrag vor dem SG auch einer ausdrücklichen Teilaufhebung des Bewilligungsbescheides vom 19.04.2013 bedurft hätte (so BSG 17.12.2009, B 3 KR 20/08 R, BSGE 105, 170 zu einem ähnlichen Sachverhalt). Damit hat die Beklagte innerhalb der in § 13 Abs 3a Satz1 SGB V genannten Drei-Wochen-Frist entschieden. Die späteren Ermittlungen erfolgten im Rahmen des gegen den Bescheid vom 19.04.2013 eingeleiteten Widerspruchsverfahren.
Der über den Festbetrag hinausgehende Zahlbetrag steht der Klägerin auch nicht nach § 13 Abs 3 SGB V zu. Zwar hat der GKV-Spitzenverband am 10.07.2013 auf der Grundlage von § 36 SGB V neue Festbeträge für Hörhilfen festgesetzt, diese gelten aber erst für eine Versorgung mit Hörgeräten ab dem 01.11.2013 und finden im vorliegenden Fall noch keine Anwendung. Nach § 13 Abs 3 Satz 1 SGB V hat die Krankenkasse dem Versicherten Kosten einer selbstbeschafften Leistung zu erstatten, die dadurch entstanden sind, dass sie eine unaufschiebbare Leistung entweder nicht rechtzeitig erbringen konnte (1. Alt) oder eine Leistung zu Unrecht abgelehnt hat und dadurch dem Versicherten für die selbstbeschaffte Leistung Kosten entstanden sind, soweit die Leistung notwendig war (2. Alt). Mit dieser Regelung wird der Grundsatz des Sach- und Dienstleistungsanspruchs nach § 2 Abs 2 Satz 1 SGB V für die Fälle ergänzt, in denen die Krankenkasse eine geschuldete Leistung nicht oder nicht rechtzeitig zur Verfügung stellen kann (BSG 02.11.2007, B 1 KR 14/07 R, BSGE 99, 180 = SozR 4-2500 § 13 Nr 15). Der Naturalleistungsanspruch des Versicherten wandelt sich um in einen Kostenerstattungsanspruch bzw soweit die Kosten tatsächlich noch nicht beglichen sind, in einen Anspruch des Versicherten auf Freistellung von den Kosten. Der Kostenerstattungsanspruch reicht nicht weiter als ein entsprechender Sachleistungsanspruch des Versicherten gegen seine Krankenkasse. Er setzt voraus, dass die selbst beschaffte Behandlung zu den Leistungen gehört, welche die Krankenkassen allgemein in Natur als Sach- oder Dienstleistung zu erbringen haben (ständige Rechtsprechung des BSG 14.12.2006, B 1 KR 12/06 R, SozR 4-2500 § 31 Nr 8; BSG 27.03.2007, B 1 KR 17/06 R, juris). Der Anspruch ist demgemäß gegeben, wenn die Krankenkasse die Erfüllung eines Naturalleistungsanspruchs rechtswidrig abgelehnt und der Versicherte sich die Leistung selbst beschafft hat, wenn weiterhin ein Ursachenzusammenhang zwischen Leistungsablehnung und Selbstbeschaffung besteht, die selbst beschaffte Leistung notwendig ist und die Selbstbeschaffung eine rechtlich wirksame Kostenbelastung des Versicherten ausgelöst hat. Diese Voraussetzungen wären nur erfüllt, wenn die Beigeladene ihre Leistungspflicht nach dem Leistungsrecht des SGB V zu Unrecht auf den Festbetrag begrenzt und die vollständige Erfüllung des gegebenen Leistungsanspruchs rechtswidrig abgelehnt hätte. Dies ist jedoch nicht der Fall, weil der Klägerin kein krankenversicherungsrechtlicher Anspruch auf die angepasste Hörgeräteversorgung zustand.
Rechtsgrundlage des krankenversicherungsrechtlichen Leistungsanspruchs ist § 33 Abs 1 Satz 1 SGB V, hier in der zum Zeitpunkt der Leistungsverschaffung geltenden Fassung des Art 3 Nr 8 des Gesetzes zur Neuausrichtung der Pflegeversicherung (Pflege-Neuausrichtungs-Gesetz - PNG) vom 23.10.2012 (BGBl I 2246, im Folgenden: § 33 SGB V aF). Hiernach haben Versicherte Anspruch auf Versorgung mit Hörhilfen, Körperersatzstücken, orthopädischen und anderen Hilfsmitteln, wenn sie erstens nicht als allgemeine Gebrauchsgegenstände des täglichen Lebens oder nach § 34 Abs 4 SGB V aus der GKV-Versorgung ausgeschlossen und zweitens im Einzelfall erforderlich sind, um entweder den Erfolg der Krankenbehandlung zu sichern, einer drohenden Behinderung vorzubeugen oder eine Behinderung auszugleichen. Demgemäß besteht nach § 33 Abs 1 Satz 1 SGB V aF ein Anspruch auf Hörhilfen, die nur von hörbehinderten Menschen benutzt werden und deshalb kein Gebrauchsgegenstand des täglichen Lebens sind, auch nicht nach § 34 Abs 4 SGB V aus der GKV-Versorgung ausgeschlossen sind und weder der Krankenbehandlung noch der Vorbeugung einer Behinderung dienen, soweit sie im Rahmen des Notwendigen und Wirtschaftlichen (§ 12 Abs 1 SGB V) für den von der Krankenkasse geschuldeten Behinderungsausgleich erforderlich sind (BSG 24.01.2013, B 3 KR 5/12 R, BSGE 113, 40).
Die Versorgung mit Hörgeräten dient dem unmittelbaren Behinderungsausgleich und demzufolge sind die von der Klägerin beschafften Hörgeräte grundsätzlich erforderlich iS des § 33 Abs 1 Satz 1 SGB V aF. Ziel der Versorgung ist die Angleichung an das Hörvermögen hörgesunder Menschen; solange dieser Ausgleich im Sinne eines Gleichziehens mit deren Hörvermögen nicht vollständig erreicht ist, kann die Versorgung mit einem fortschrittlichen Hörgerät nach der Rechtsprechung des BSG nicht mit der Begründung abgelehnt werden, dass die GKV nur für die Aufrechterhaltung eines - wie auch immer zu bestimmenden - Basishörvermögens aufzukommen habe. Teil des von den Krankenkassen nach § 33 Abs 1 Satz 1 SGB V aF geschuldeten Behinderungsausgleichs ist es, hörbehinderten Menschen im Rahmen des Möglichen auch das Hören und Verstehen in größeren Räumen und bei störenden Umgebungsgeräuschen zu eröffnen und ihnen die dazu nach dem Stand der Hörgerätetechnik (§ 2 Abs 1 Satz 3 SGB V) jeweils erforderlichen Geräte zur Verfügung zu stellen (BSG 17.12.2009, B 3 KR 20/08 R, BSGE 105, 170; ebenso BSG 30.10.2014, B 5 R 8/14 R, BSGE 117, 192).
Begrenzt ist der Anspruch auf eine Hilfsmittelversorgung nach § 33 SGB V aF durch das Wirtschaftlichkeitsgebot des § 12 Abs 1 SGB V. Die Leistungen müssen danach "ausreichend, zweckmäßig und wirtschaftlich sein" und dürfen "das Maß des Notwendigen nicht überschreiten"; Leistungen, die nicht notwendig oder unwirtschaftlich sind, können Versicherte nicht beanspruchen, dürfen die Leistungserbringer nicht bewirken und die Krankenkassen nicht bewilligen. Demzufolge verpflichtet auch § 33 Abs 1 Satz 1 SGB V aF nicht dazu, den Versicherten jede gewünschte, von ihnen für optimal gehaltene Versorgung zur Verfügung zu stellen. Ausgeschlossen sind danach Ansprüche auf teure Hilfsmittel, wenn eine kostengünstigere Versorgung für den angestrebten Nachteilsausgleich funktionell ebenfalls geeignet ist; Mehrkosten sind andernfalls selbst zu tragen (§ 33 Abs 1 S 5 SGB V aF). Eingeschlossen in den Versorgungsauftrag der GKV ist eine kostenaufwändige Versorgung dagegen dann, wenn durch sie eine Verbesserung bedingt ist, die einen wesentlichen Gebrauchsvorteil gegenüber einer kostengünstigeren Alternative bietet. Das gilt bei Hilfsmitteln zum unmittelbaren Behinderungsausgleich insbesondere durch Prothesen für grundsätzlich jede Innovation, die dem Versicherten in seinem Alltagsleben deutliche Gebrauchsvorteile bietet. Keine Leistungspflicht besteht dagegen für solche Innovationen, die nicht die Funktionalität betreffen, sondern in erster Linie die Bequemlichkeit und den Komfort bei der Nutzung des Hilfsmittels. Dasselbe gilt für lediglich ästhetische Vorteile. Desgleichen kann eine Leistungsbegrenzung zu erwägen sein, wenn die funktionalen Vorteile eines Hilfsmittels ausschließlich in bestimmten Lebensbereichen zum Tragen kommen. Weitere Grenzen der Leistungspflicht können schließlich berührt sein, wenn einer nur geringfügigen Verbesserung des Gebrauchsnutzens ein als unverhältnismäßig einzuschätzender Mehraufwand gegenübersteht (BSG 24.01.2013, B 3 KR 5/12 R, BSGE 113, 40 mwN).
Für den vorliegenden Fall folgt aus den dargelegten Ausführungen des BSG, denen sich der Senat anschließt, dass die Beklagte ihre Leistungspflicht zu Recht auf den damals gültigen Festbetrag begrenzt hat. Die Klägerin hat deshalb keinen Anspruch auf Erstattung der über den Festbetrag hinausgehenden Kosten.
Nach dem Ergebnis der vom Senat durchgeführten Beweisaufnahme und unter Berücksichtigung der im Verwaltungsverfahren eingeholten Stellungnahme des MDK sowie der vom Hörgeräteakustiker vorgelegten Berichte steht zur Überzeugung des Senats fest, dass die Klägerin an einer pancochleären Innenohrschwerhörigkeit beiderseits leidet. Der sprachaudiometrisch ermittelte Hörverlust beträgt beidseits 30%. Die Versorgung mit Hörgeräten für beide Ohren ist damit indiziert. Dies ergibt sich insbesondere aus dem von Dr. Z. erstellten Gutachten vom 15.04.2016. Der Senat geht auch davon aus, dass Hörgeräte, welche zum "alten", dh bis zum 31.10.2013 geltenden Festbetragspreis erhältlich waren, im Allgemeinen die auditiven Behinderungen der Klägerin nicht im Sinne einer Angleichung an einen Normalhörigen hätten ausgleichen können. Insbesondere das Verstehen in geräuschvoller Umgebung war mit den damals erhältlichen Hörgeräten nicht in erforderlichem Maße möglich, da eine Störschallreduzierung üblicherweise in Festbetragsgeräten zum alten Festbetragspreis nicht enthalten war. Dies entnimmt der Senat den Ausführungen des Hörgeräteakustikers M ... Ebenfalls der Stellungnahme des Herrn M. entnimmt der Senat aber auch, dass bei der Klägerin dennoch eine höherwertige Hörgeräteversorgung nicht notwendig war. Denn das Vergleichshörgerät vom Typ "Go Pro Compact VC", welches vom Hörgeräteakustiker als zuzahlungsfreies Gerät zum alten Festbetragspreis angeboten wurde, erfüllte bereits die Vorgaben an Hörgeräte des neuen Festbetrages. Im konkreten Versorgungsfall verschafften deshalb die streitgegenständlichen Hörgeräte der Klägerin keinen wesentlichen Gebrauchsvorteil in Bezug auf das Hören gegenüber den Hörgeräten, welche der Hörgeräteakustiker damals zum alten Festbetragspreis abzugeben bereit war.
Der Sachverständige M. hat durch seine vergleichende Hörgeräteanpassung (Seite 7 f des Gutachtens) deutlich gemacht, dass die noch vorhandenen Unterschiede zwischen dem von der Klägerin gewählten Modell ("Phonak") und dem zum Festpreis angebotenen Modell ("Oticon") nicht signifikant sind. Zusätzlich zur Messung der Sprachverständlichkeit mit Hilfe des Freiburger Sprachverständlichkeitstests führte er eine Messung mit Störgeräusch durch. Dabei schnitt zwar das Gerät "Phonak" mit 60% Sprachverständlichkeit etwas besser ab als das Festbetragsgerät "Oticon" mit 55% Sprachverständlichkeit. Der Sachverständige bezeichnete jedoch eine Streuung in diesem Ausmaß als gleichwertig (Seite 9 des Gutachtens). Bei diesen Messergebnissen kommt es nach Auffassung des Senats auf das subjektive Empfinden ebenso wenig an wie auf die von der Klägerin ausgeübte Tätigkeit als Schöffin. Der von den Krankenkassen geschuldete Behinderungsausgleich bemisst sich nach ständiger Rechtsprechung des BSG entscheidend danach, ob eine Leistung des unmittelbaren oder des mittelbaren Behinderungsausgleichs beansprucht wird. Auswirkungen bei der oder auf die Berufsausübung sind für die Hilfsmittelgewährung nach dem SGB V grundsätzlich unbeachtlich. Ist ein Versicherter - wie hier die Klägerin - für die Anforderungen des allgemeinen Alltagslebens ausreichend versorgt, kommt es auf etwaige zusätzliche Nutzungsvorteile im Erwerbsleben ohnehin nicht an (BSG 24.01.2013, B 3 KR 5/12 R, BSGE 113, 40). Im Übrigen geht der Senat davon aus, dass die Tätigkeit als Schöffin auch mit Hörgeräten ausgeübt werden kann, die die Voraussetzungen für einen unmittelbaren Behinderungsausgleich erfüllen. Denn bereits der unmittelbare Behinderungsausgleich muss dazu führen, dass dem Versicherten das Hören und Verstehen in größeren Räumen und bei störenden Umgebungsgeräuschen möglich ist. Soweit der Hörgeräteakustiker Gebrauchsvorteile für das von der Klägerin ausgewählte Hörgerät feststellte, beziehen sich diese nicht auf das Sprachverstehen, sondern die Bedienung. Während das streitgegenständliche Hörgerät sich auf unterschiedliche Hörsituationen automatisch einstellen kann, muss die Klägerin bei dem Festbetragsgerät in wechselnden Hörsituationen eine manuelle Regelung vornehmen. Dieser Gebrauchsvorteil betrifft jedoch die Bequemlichkeit und den Komfort bei der Nutzung des Hilfsmittels, nicht dessen Funktionalität.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG. Dabei berücksichtigt der Senat, dass sich die Beklagte mit Schriftsatz vom 04.04.2014 (Bl 49 der SG-Akte) bereit erklärt hat, die außergerichtlichen Kosten der Klägerin dem Grunde nach zu übernehmen, die Berufung aber keinen Erfolg hatte. Ist eine statthafte und zulässige Berufung eingelegt worden, kann der Senat die Kostenentscheidung der ersten Instanz auch abändern, wenn die Sachentscheidung bestehen bleibt. Das Verschlechterungsverbot (reformatio in peius) gilt insoweit nicht (BSG 26.06.2007, B 1 KR 34/06 R, BSGE 98, 267).
Die Revision wird nicht zugelassen. Der vorliegenden Rechtsstreit wirft keine Fragen grundsätzlicher Bedeutung auf, im Übrigen hat sich der Senat der Rspr des BSG in allen Punkten angeschlossen.
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