Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Rentenversicherung
Abteilung
11
1. Instanz
SG Karlsruhe (BWB)
Aktenzeichen
S 9 KR 4486/11
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 11 R 2239/15
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Berufung gegen das Urteil des Sozialgerichts Karlsruhe vom 31.03.2015 wird zurückgewiesen.
Die Klägerin trägt auch die Kosten des Berufungsverfahrens, mit Ausnahme der außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen.
Der Streitwert wird auf 121.954,68 EUR festgesetzt.
Tatbestand:
Die Klägerin wendet sich gegen die Nachforderung von Sozialversicherungsbeiträgen für die Beigeladenen zu 1) bis 14) in Höhe von 121.954,68 EUR betreffend den Zeitraum 01.01.2006 bis 31.12.2006.
Die Klägerin ist eine Gesellschaft mit beschränkter Haftung (GmbH) mit Sitz in F ... Gegenstand des Unternehmens ist die Fertigung von Wand- und Deckenelementen aus Stahlbeton (Handelsregister beim Amtsgericht Mannheim, HRB 2 ...). Sie schloss für das Jahr 2006 mit drei Gesellschaften bürgerlichen Rechts (GbR), namentlich der B. & F. GbR, der G. & Partner GbR und der A. GbR, mehrere Werkverträge über die Herstellung von Balkonelementen. Die Beigeladenen zu 1) bis 14) (im folgenden "Beigeladene") waren Gesellschafter dieser GbRs. Sie sind polnische Staatsbürger. Die gleichlautenden Werkverträge mit den GbRs sahen ua eine Bezahlung nach gefertigter Stückzahl, eine Produkthaftung, eine Abhängigkeit der Vergütungsfälligkeit von einer Abnahme der Werkleistung sowie die unentgeltliche Nutzung der Werkzeuge der Klägerin vor. Der Vertrag enthielt zudem die Regelung, dass für die Arbeitszeiten die tariflichen und gesetzlichen Bestimmungen gelten und das Personal des Auftragnehmers nicht verpflichtet sei, an polnischen Feiertagen zu arbeiten. Die Werkverträge verwiesen in § 1 auf ein Leistungsverzeichnis, in dem der Umfang der vereinbarten Leistungen wie folgt beschrieben wurde: 1. Fertigung von Wand- und Deckensystemelementen Bewehrung (einlegen und befestigen der Abstandhalter, Gitterträger und Stabstahl gemäß Einzelplattenauszug und Produktionspläne), manuelles Nachbehandeln der frisch betonierten Tische, reinigen der Plattentische, Schalprofile, Deckenabsteller, Magnete u.a., einölen; 4.400 Tische; Einzelpreis (EP) 19,90; Gesamtpreis 87.560,00 2. Zuschlag für eventuelle Nachtschicht; Menge 1; Einzelpreis 10%,; Gesamtpreis EP
Die Klägerin händigte nach ihren Angaben der jeweiligen GbR ein Plan der herzustellenden Betonfertigteile aus, welchen die jeweilige GbR umsetzte. Die GbR stellte die Betonfertigteile in der vorgegebenen Stückzahl her. Die Herstellung geschah im Umlaufverfahren, d.h. auf mehreren Tischen, die nacheinander durch die Produktionshalle zu den verschiedenen Fertigungsstationen bewegt wurden. Dabei führten die Mitglieder der jeweiligen GbR die zur Herstellung nötigen Schritte aus.
Am 06.02.2007 führte das Hauptzollamt K. eine Prüfung gemäß § 2 SchwarzArbG bei der Klägerin durch. Sie befragte dabei ua die dort angetroffenen Beigeladenen zu 1), 3), 5) und 14), die allesamt 2006 Gesellschafter der B. & F. GbR waren. Diese Beigeladenen gaben unter Beisein eines Dolmetschers der polnischen Sprache im Wesentlichen übereinstimmend zu Protokoll, dass sie täglich 8 Stunden im Schichtbetrieb in der Produktionshalle der Klägerin als Eisenbieger und Eisenflechter tätig seien. Die deutschen Mitarbeiter der Klägerin würden die gleiche Arbeit wie sie nur an anderen Tischen verrichten. Sie hätten sich in der B. & F. GbR zusammengeschlossen und (bis zu) 1.000 EUR in die Gesellschaft eingebracht. Der Sitz der GbR sei in N. Dort gebe es ein Büro in der Wohnung mit einem Tisch ohne PC. Wohnen würden sie allerdings in F. in einer von der Klägerin angemieteten Wohnung. Jeder Gesellschafter habe selbst ein Gewerbe angemeldet. Die GbR besitze ein eigenes Konto, über das die Vergütungen laufen würden. Die Klägerin überweise das Geld auf dieses Konto. Es werde dann unter den Gesellschaftern nach Anzahl der anwesenden Tage verteilt. An die Arbeitszeiten hätten sie sich zu halten gehabt. Freizeit habe einen Tag zuvor mit dem Produktionsleiter der Klägerin abgesprochen werden müssen. Aufträge von anderen Auftraggebern seien zwar gesucht, jedoch nicht durchgeführt worden.
Die Beigeladenen zu 1) und 14) führten aus, dass sie bereits vor ihrer Tätigkeit als Gesellschafter der B. & F: GbR bei der Klägerin die gleichen Arbeiten als Arbeitnehmer der Firma Bu. bei der Klägerin ausgeführt hätten (Bl 83, 123 Akte des Bertriebsprüfers).
Am 02.08.2007 führte die Beklagte aufgrund der Ermittlungen des Hauptzollamtes K. bei der Klägerin eine Betriebsprüfung gemäß § 28p Abs. 1 SGB IV durch (Prüfzeitraum 01.01.2006 bis 31.12.2006).
Mit Bescheid vom 02.02.2009 stellte die Beklagte nach Anhörung vom 29.07.2008 fest, dass für 14 polnische Beschäftigte vom 01.01.2006 bis 31.12.2006 Sozialversicherungspflicht aufgrund einer unselbständigen Beschäftigung bestanden habe und sie eine Nachforderung für Sozialversicherungsbeiträge und Umlagen nach dem Lohnfortzahlungsgesetz/Aufwendungs-ausgleichgesetz iHv insgesamt 146.094,02 EUR (davon Säumniszuschläge iHv 17.264,50 EUR) geltend. Bei der Außenprüfung durch Beamte des Hauptzollamtes K. - Finanzkontrolle Schwarzarbeit - sei festgestellt worden, dass bei der Klägerin polnische Staatsangehörige jeweils als Gesellschafter dreier GbRs tätig gewesen seien. Bei dieser Prüfung seien durch die GbRs an die Klägerin gestellte Rechnungen erhoben worden. Die Beurteilung der Frage, ob eine unselbständige Beschäftigung oder eine selbständige Tätigkeit vorliege, sei nach dem Gesamtbild des beruflichen Einsatzes vorgenommen worden, wobei letztlich entscheidend sei, ob die Merkmale der Unselbständigkeit oder der Selbständigkeit überwiegen würden. Vertragliche Vereinbarungen könnten insoweit nur herangezogen werden, als sie mit den tatsächlichen Verhältnissen übereinstimmten. Bei der Prüfung hätten sich überwiegende Merkmale einer abhängigen Beschäftigung ergeben. Die Auftragnehmer hätten außer Arbeitskleidung und Kleinwerkzeugen (Hammer, Kelle) keine eigenen Betriebsmittel besessen. Die Aufträge des Auftraggebers würden mit Hilfe von dessen Betriebsmitteln (Kran, Rütteltisch, Mischanlage, Montagehalle usw.) ausgeführt. Die Auftragnehmer seien ohne jegliches unternehmerische Risiko ganztägig für den Auftraggeber eingesetzt gewesen und hätten keine Möglichkeit gehabt, für andere Auftraggeber tätig zu werden. Die Auftragnehmer hätten im Rahmen der Selbständigkeit die gleichen Tätigkeiten ausgeübt wie zuvor als versicherungspflichtige Beschäftigte eines Subunternehmers, der für den Auftraggeber tätig gewesen sei. Sie hätten keine Verfügungsmöglichkeit über die eigene Arbeitskraft, sondern seien an Ort, Zeit und Art der Tätigkeit gebunden. Sie seien in den Schichtdienst, vergleichbar mit anderen versicherungspflichtigen Beschäftigten, eingebunden. Ein Kapitaleinsatz der Auftragnehmer bezüglich ihrer Tätigkeit sei nicht erfolgt. Die Auftragnehmer hätten keine eigene Betriebsstätte und beschäftigten keine Arbeitnehmer. Der Berechnung der Beiträge wurden die Rechnungen der GbRs zu Grunde gelegt, wobei die Rechnungsbeträge jeweils durch die Gesellschafter geteilt und dann das Ergebnis als Entgelt dem jeweiligen Gesellschafter zugeordnet wurde.
Hiergegen legte die Klägerin am 05.03.2009 Widerspruch ein. Die Beklagte stellte im Rahmen der Überprüfung des Sachverhaltes fest, dass der Beschäftigte S. nicht im gesamten Jahr 2006, sondern nur im Zeitraum vom 11.09.2006 bis zum 31.12.2006 bei der Klägerin tätig gewesen sei. Mit Berichtigungsbescheid vom 05.08.2010 wurde ein Nachforderungsbetrag nunmehr iHv 121.954,68 EUR (davon Säumniszuschläge iHv 14.434,50 EUR) festgesetzt. Im Übrigen wurde der Widerspruch mit Widerspruchsbescheid vom 27.09.2010 zurückgewiesen.
Hiergegen hat die Klägerin am 28.10.2010 Anfechtungsklage zum Sozialgericht Karlsruhe (SG) erhoben und einen Antrag auf Anordnung der aufschiebenden Wirkung der Klage gestellt.
Zur Begründung hat die Klägerin vorgebracht, die Nachforderung sei rechtswidrig, weil zu Unrecht eine abhängige Beschäftigung angenommen worden sei. Die Gesellschafter bestimmten Beginn und Ende ihrer Tätigkeit selbständig, insbesondere seien sie nicht in den Schichtdienst der Antragstellerin eingebunden. Auch Weisungen seien nicht erteilt worden. Des Weiteren sei grundsätzlich bei der zu beurteilenden Tätigkeit ein geringer Kapitaleinsatz erforderlich. Der Sachverhalt sei von der Beklagten nicht zutreffend wiedergegeben worden, da die Mitarbeiter des Hauptzollamtes nicht die erforderlichen Fachkenntnisse besäßen. Schließlich dürften die Aussagen der vernommenen polnischen Staatsangehörigen nicht verwertet werden. Es bestehe kein wesentlicher Unterschied zu der Entscheidung des Bundessozialgerichts (BSG) vom 04.06.1998 (B 12 KR 5/97 R - Ausbeiner). Die Gesellschafter hätten weder die gleiche Tätigkeit wie Angestellte der Klägerin ausgeübt, noch die gleichen Arbeitszeiten gehabt. Eine Anwesenheitskontrolle oder eine Zeiterfassung habe nicht stattgefunden.
Der Antrag im einstweiligen Rechtsschutz (S 9 KR 4483/10 ER) ist mit Beschluss vom 05.11.2010 abgelehnt worden. Die Beschwerde ist erfolglos geblieben (L 5 KR 5486/10 ER-B).
Das SG hat die Klage mit Urteil vom 31.03.2015 abgewiesen. Zur Begründung hat es im Wesentlichen ausgeführt, dass die Beigeladenen im streitgegenständlichen Zeitraum eine sozialversicherungspflichtige Beschäftigung bei der Klägerin ausgeübt hätten und daher Versicherungspflicht in der gesetzlichen Kranken- und Rentenversicherung, in der sozialen Pflegeversicherung sowie nach dem Recht der Arbeitsförderung bestanden habe. Die Beigeladenen hätten bei ihrer Tätigkeit kein das Gesamtbild der Arbeitsleistung prägendes Unternehmerrisiko - als maßgebliches Kriterium für selbstständige Tätigkeit - getragen. Sie hätten eigene sächliche Betriebsmittel nicht in nennenswertem Umfang eingesetzt, sondern ihre Arbeit vor Ort mit den von der Klägerin zur Verfügung gestellten Arbeitsmitteln erbracht. Lediglich ihre Arbeitskleidung und Kleinwerkzeuge hätten die Beigeladenen selbst finanziert. Insbesondere spreche die Vereinbarung eines Stückpreises nicht für eine selbständige Tätigkeit. Zwar könne auch die Arbeitskraft unternehmerisch genutzt werden. Maßgebendes Kriterium sei dann aber, ob die eigene Arbeitskraft auch mit der Gefahr des Verlustes eingesetzt werde, der Erfolg des Einsatzes der persönlichen Mittel also ungewiss sei. Dagegen spreche im vorliegenden Fall schon, dass die Leistungen innerhalb eines vorgegebenen Zeitraums von sechs bzw. fünf Monaten zu erbringen gewesen seien und im Vertrag selbst kein Stückpreis, sondern ein Gesamtpreis für die zu erbringende Leistung vereinbart gewesen sei. Erst anhand der im Leistungsverzeichnis angegebenen Stückzahl hätte sich ein Stückpreis ergeben. Die Bezahlung stelle sich daher eher als Vereinbarung eines Stück-Akkordlohns dar, denn als Vergütung einer Werkvertragsleistung. Soweit in den Werkverträgen eine Haftung für eine fehlerhafte Arbeitsausführung vereinbart gewesen sein sollte, würde sich allein hieraus kein Unternehmerrisiko der Beigeladenen ergeben. Eine Haftung für schuldhaftes Verhalten treffe, wenn auch in der Regel eingeschränkt, auch Arbeitnehmer. Die Tätigkeit der Beigeladenen sei auch nach den eigenen Angaben der Klägerin derart in den Produktionsprozess eingebunden gewesen, dass sie sich als wiederholender Teil eines einheitlichen industriellen Fertigungsprozesses der von der Klägerin hergestellten Betonfertigteile darstelle. Nach ihrem eigenen Vortrag handle es sich bei dem Betrieb der Klägerin um eine Umlaufanlage mit den Stationen "Ausschalen + Reinigen", "Schalen + Reinigen", "Einbringen von Stahl" sowie "Betonieren + Kontrolle". Die ersten drei Stationen seien durch die Beigeladenen abgedeckt worden. Die Fertigstellung der Betonfertigteile habe nur durch die vollständige Einbindung der Beigeladenen in den Produktionsablauf und nur in einem Zusammenwirken mit den angestellten Mitarbeitern der Klägerin erfolgen können. Die von der Klägerin behauptete Selbständigkeit hinsichtlich Zeiteinteilung und Arbeitseinsatz sei schon vor diesem Hintergrund nicht nachvollziehbar. Die Beigeladenen seien nicht nur in die betriebliche Organisation, sondern untrennbar in den Produktionsprozess der Klägerin eingebunden gewesen. Der Einwand, die Stahlarmierungen hätten auch außerhalb des Werkes der Klägerin erbracht werden können, vermöge nicht zu verfangen. Denn die Arbeiten seien tatsächlich gerade im Rahmen der Umlaufanlage vorgenommen worden und nicht extern. An der Bewertung der Tätigkeit als abhängige Beschäftigung ändere sich auch nichts dadurch, dass die Klägerin mit den GbRs so genannte Werkverträge geschlossen habe. Die Beigeladenen hätten tatsächlich gerade kein eigenverantwortliches Werk geschuldet, sondern einzelne Tätigkeiten eines umfassenden Produktionsprozesses. Würden, wie hier, die tatsächlichen Verhältnisse nicht den zwischen den GbRs und der Klägerin geschlossenen Werkverträgen entsprechen, vermöge insoweit auch der Einwand der Klägerin, allenfalls seien die jeweiligen GbRs Arbeitgeber und Schuldner der Sozialversicherungsbeiträge, nicht zu verfangen. Allein hierin liege bereits ein wesentlicher Unterschied zu dem von der Klägerin zitierten "Ausbeiner-Fall" des BSG. Zur Überzeugung der Kammer habe die Klägerin Weisungen direkt gegenüber den Gesellschaftern erteilt. Für abhängige Beschäftigung spreche nicht zuletzt auch der Umstand, dass die Gesellschafter offenbar in einfachsten Verhältnissen in Werkswohnungen der Klägerin untergebracht worden seien. Darüber hinaus sei zu berücksichtigen, dass sich der Aufgabenbereich der Beigeladenen nicht von dem der zuvor bei der Klägerin abhängig beschäftigten Mitarbeiter unterschieden habe. Die Ermittlungen, insbesondere die Protokolle über die Vernehmungen der Beigeladenen durch das Hauptzollamt, seien auch verwertbar. Auf Aussageverweigerungsrechte sei hingewiesen worden. Ein Dolmetscher sei während der Vernehmung anwesend gewesen. Die Aufteilung der Rechnungsbeträge auf die jeweiligen Gesellschafter, wie sie die Beklagte vorgenommen habe, erscheine nachvollziehbar und praktikabel, zumal eine andere Verteilung der Beiträge sich nicht auf die Höhe der Gesamtforderung auswirken würde.
Gegen das dem Klägerbevollmächtigten am 22.04.2015 zugestellte Urteil hat dieser am 20.05.2015 Berufung eingelegt.
Die Klägerin ist der Ansicht, dass die Beigeladenen nicht abhängig beschäftigt gewesen seien. Maßgeblich zu berücksichtigen sei, dass sie das Arbeitszeitrisiko sowie das Risiko, keine Folgeaufträge zu erhalten, getragen hätten. Zudem hätten die Werkverträge eine Haftung für Mängel vorgesehen, welche durch die Auftragnehmer in Nacharbeit ohne Vergütung beseitigt hätten werden müssen. Ferner sei verpflichtend vorgesehen gewesen, dass die Auftragnehmer in Polen Haftpflichtversicherungen unterhielten. Vertragspartner der Klägerin seien ausschließlich die GbRs gewesen. Verträge mit einzelnen Gesellschaftern hätten nicht bestanden. Als geschuldete Leistung sei nur die Erfüllung eines Werkes, nicht eine Arbeitsleistung vereinbart worden. Es liege kein wiederholender Teil eines einheitlichen industriellen Fertigungsprozesses der von der Klägerin hergestellten Betonfertigteile vor. Die Beigeladenen hätten die Stahlarmierungen der Betonfertigteile völlig eigenständig nach einem von der Klägerin vorgelegten Plan hergestellt. Diese Herstellung sei die Kerntätigkeit, die auch außerhalb des Werkes der Klägerin hätte durchgeführt werden können. Weisungen seien weder bezüglich der Leistungszeiten noch der Art der Ausführung der Leistung erteilt worden. Fixe Zeitvorgaben seien in den Werkverträgen nicht vereinbart gewesen. Vergütet worden sei ein Stückpreis. Dies ergebe sich aus dem Leistungsverzeichnis. Eine Verpflichtung zur höchstpersönlichen Leistungserbringung habe nicht bestanden. Der Klägerin sei auch nicht bekannt gewesen, welcher Gesellschafter der jeweiligen GbR gerade im Werk anwesend war. Eine Anwesenheitskontrolle habe nicht stattgefunden. Deshalb liege auch keine Eingliederung in den Betrieb vor. Es sei zudem ein Nutzungsentgelt für die von der Klägerin zur Verfügung gestellten Arbeitsmittel vereinbart worden. Dies ergebe sich aus dem Umstand, dass der vereinbarte Stückpreis im Vergleich zum abgegebenen Angebot um 2,10 EUR reduziert worden sei.
Die Klägerin beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Karlsruhe vom 31.03.2015 sowie den Bescheid der Beklagten vom 02.02.2009 in der Gestalt des Änderungsbescheides vom 05.08.2010 und des Widerspruchsbescheides vom 27.09.2010 aufzuheben.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Die Beigeladenen haben keine Anträge gestellt.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird auf die Akte des Senats sowie die beigezogenen Akten des SG im Hauptsache- und Eilrechtsverfahren, des LSG (L 5 KR 5486/10 ER-B) sowie der Beklagten Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die Berufung der Klägerin hat keinen Erfolg.
Die nach den §§ 143, 144, 151 Abs 1 Sozialgerichtsgesetz (SGG) form- und fristgerecht eingelegte Berufung der Klägerin ist zulässig, aber unbegründet. Der angefochtene Bescheid der Beklagten vom 02.02.2009 in der Gestalt des Änderungsbescheides vom 05.08.2010 und des Widerspruchbescheids vom 27.09.2010 ist rechtmäßig und verletzt die Klägerin nicht in ihren Rechten.
Zwischen den Beigeladenen zu 1) bis 14) und der Klägerin bestanden im streitigen Zeitraum vom 01.01.2006 bis 31.12.2006 abhängige Beschäftigungsverhältnisse, die Versicherungspflicht in der gesetzlichen Kranken-, sozialen Pflege-, gesetzlichen Renten- und der Arbeitslosenversicherung begründeten. Die festgestellte Beitragsnachforderung iHv 121.954,68 EUR ist nicht zu beanstanden.
Der angefochtene Bescheid ist formell rechtmäßig; die erforderliche Anhörung (§ 24 SGB X) ist erfolgt. Rechtsgrundlage für den Erlass des angefochtenen Beitragsbescheides ist § 28p Abs 1 SGB IV. Danach prüfen die Träger der Rentenversicherung ggf. iVm § 2 SchwarzArbG bei den Arbeitgebern, ob diese ihre Meldepflichten und ihre sonstigen Pflichten nach dem SGB IV erfüllen und erlassen im Rahmen dessen Verwaltungsakte zur Versicherungspflicht und zur Beitragshöhe in den einzelnen Sozialversicherungszweigen. Dies gilt auch in Bezug auf die Nachforderung von Umlagen zum Ausgleich der Arbeitgeberaufwendungen bei Krankheit und Mutterschutz (U 1/U 2) nach dem Aufwendungsausgleichsgesetz, weil Gegenstand der Betriebsprüfung ebenfalls die Umlagen U 1 und U 2 sind sowie die Inso-Umlage (so in Bezug auf die insoweit vergleichbare Rechtslage nach dem Lohnfortzahlungsgesetz BSG 30.10.2002, B 1 KR 19/01 R, SozR 3-2400, § 28p Nr 1; siehe auch: Roßbach, in: Knickrehm/Kreikebohm/Waltermann (Hg.), Kommentar zum Sozialrecht, 4. Aufl 2015, § 28p SGB IV RdNr 4, 12). Für die Zahlung von Beiträgen von Versicherungspflichtigen aus Arbeitsentgelt zur gesetzlichen Krankenversicherung, gesetzlichen Rentenversicherung, Arbeitslosenversicherung und sozialen Pflegeversicherung gelten nach § 253 SGB V, § 174 Abs 1 SGB VI sowie § 60 Abs 1 Satz 2 SGB XI die Vorschriften über den Gesamtsozialversicherungsbeitrag (§§ 28d bis 28n und 28r SGB IV). Diese Vorschriften gelten nach §§ 1 Abs 1 Satz 2 SGB IV, § 348 Abs 2 SGB III auch für die Arbeitsförderung. Nach § 28e Abs 1 Satz 1 SGB IV hat der Arbeitgeber den Gesamtsozialversicherungsbeitrag zu zahlen.
Als Arbeitsentgelt gelten gemäß § 14 Abs 1 Satz 1 SGB IV alle laufenden oder einmaligen Einnahmen aus einer Beschäftigung, gleichgültig, ob ein Rechtsanspruch auf die Einnahmen besteht, unter welcher Bezeichnung oder in welcher Form sie geleistet werden und ob sie unmittelbar aus der Beschäftigung oder im Zusammenhang mit ihr erzielt werden. Um das Bestehen von Versicherungs- und Beitragspflicht sowie ggf die Höhe der zu entrichtenden Beiträge feststellen zu können, war es schon immer eine selbstverständliche Pflicht des Arbeitgebers, hierüber geeignete Aufzeichnungen anzufertigen. Diese Pflicht ist seit 1989 ausdrücklich in § 28f Abs 1 Satz 1 SGB V normiert (Baier in Krauskopf, Soziale Krankenversicherung Pflegeversicherung, § 28f SGB IV RdNr 3).
Personen, die gegen Arbeitsentgelt beschäftigt sind, unterliegen in der Kranken-, Pflege-, Renten- und Arbeitslosenversicherung der Versicherungs- bzw Beitragspflicht (§ 5 Abs 1 Nr 1 SGB V, § 20 Abs 1 Satz 2 Nr 1 SGB XI, § 1 Satz 1 Nr 1 SGB VI, § 25 Abs 1 SGB III). Beurteilungsmaßstab für das Vorliegen einer abhängigen Beschäftigung ist § 7 Abs 1 SGB IV. Danach ist Beschäftigung die nichtselbstständige Arbeit, insbesondere in einem Arbeitsverhältnis. Nach der ständigen Rechtsprechung des Bundessozialgerichts (BSG 24.01.2007, B 12 KR 31/06 R, SozR 4-2400 § 7 Nr 7, BSG 04.07.2007, B 11a AL 5/06 R, SozR 4-2400 § 7 Nr 8) setzt eine Beschäftigung voraus, dass der Arbeitnehmer vom Arbeitgeber persönlich abhängig ist. Bei einer Beschäftigung in einem fremden Betrieb ist dies der Fall, wenn der Beschäftigte in den Betrieb eingegliedert ist und dabei einem Zeit, Dauer, Ort und Art der Ausführung umfassenden Weisungsrecht des Arbeitgebers unterliegt. Demgegenüber ist eine selbständige Tätigkeit vornehmlich durch das eigene Unternehmerrisiko, das Vorhandensein einer eigenen Betriebsstätte, die Verfügungsmöglichkeit über die eigene Arbeitskraft und die im Wesentlichen frei gestaltete Tätigkeit und Arbeitszeit gekennzeichnet. Ob jemand abhängig beschäftigt oder selbständig tätig ist, hängt davon ab, welche Merkmale überwiegen (zur Verfassungsmäßigkeit der Abgrenzung zwischen abhängiger Beschäftigung und selbständiger Tätigkeit Bundesverfassungsgericht 20.05.1996, 1 BvR 21/96, SozR 3-2400 § 7 Nr 11). Maßgebend ist stets das Gesamtbild der Arbeitsleistung (vgl BSG 24.01.2007, B 12 KR 31/06 R, SozR 4-2400 § 7 Nr 7).
Das Gesamtbild bestimmt sich nach den tatsächlichen Verhältnissen. Tatsächliche Verhältnisse in diesem Sinne sind die rechtlich relevanten Umstände, die im Einzelfall eine wertende Zuordnung zum Typus der abhängigen Beschäftigung erlauben. Ob eine Beschäftigung vorliegt, ergibt sich aus dem Vertragsverhältnis der Beteiligten, so wie es im Rahmen des rechtlich zulässigen tatsächlich vollzogen worden ist. Ausgangspunkt ist daher zunächst das Vertragsverhältnis der Beteiligten, so wie es sich aus den von ihnen getroffenen Vereinbarungen ergibt oder sich aus ihrer gelebten Beziehung erschließen lässt. Eine im Widerspruch zu ursprünglich getroffenen Vereinbarungen stehende tatsächliche Beziehung und die sich hieraus ergebende Schlussfolgerung auf die tatsächlich gewollte Natur der Rechtsbeziehung geht der nur formellen Vereinbarung vor, soweit eine - formlose - Abbedingung rechtlich möglich ist. Umgekehrt gilt, dass die Nichtausübung eines Rechts unbeachtlich ist, solange diese Rechtsposition nicht wirksam abbedungen ist.
Zu den tatsächlichen Verhältnissen in diesem Sinne gehört daher unabhängig von ihrer Ausübung auch die einem Beteiligten zustehende Rechtsmacht (BSG 08.08.1990, 11 RAr 77/89, SozR 3-2400 § 7 Nr 4; BSG 08.12.1994, 11 RAr 49/94, SozR 3-4100 § 168 Nr 18). In diesem Sinne gilt, dass die tatsächlichen Verhältnisse den Ausschlag geben, wenn sie von Vereinbarungen abweichen (BSG 01.12.1977, 12/3/12 RK 39,74, BSGE 45, 199, 200 ff; BSG 04.06.1998, B 12 KR 5/97 R, SozR 3-2400 § 7 Nr 13; BSG 10.08.2000, B 12 KR 21/98 R, BSGE 87, 53, 56 = SozR 3-2400 § 7 Nr 15; jeweils mwN). Maßgeblich ist die Rechtsbeziehung so wie sie praktiziert wird und die praktizierte Beziehung so wie sie rechtlich zulässig ist (vgl hierzu insgesamt BSG 29.08.2012, B 12 KR 25/10 R, SozR 4-2400 § 7 Nr 17 und B 12 KR 14/10 R, juris).
Nach den genannten Grundsätzen gelangt der Senat unter Abwägung aller Umstände zu der Überzeugung, dass die Beigeladenen zu 1) bis 14) bei der Klägerin im streitgegenständlichen Zeitraum eine abhängige sozialversicherungspflichtige Beschäftigung ausgeübt hat, die Versicherungspflicht in der gesetzlichen Kranken- und Rentenversicherung, in der sozialen Pflegeversicherung sowie nach dem Recht der Arbeitsförderung zur Folge hatte, weshalb die Klägerin zur Nachentrichtung von Sozialversicherungsbeiträgen verpflichtet ist.
Die Beigeladenen zu 1) bis 14) haben für die Klägerin im hier streitigen Zeitraum Eisen- und Stahlflechtarbeiten durchgeführt. Zuvor wurden diese Arbeiten im Rahmen eines Werkvertrages mit der polnischen Firma Bu. erledigt. Einige der Beigeladenen waren zuvor schon über die Firma Bu. im Betrieb der Klägerin mit den gleichen Aufgaben betraut.
Mit Blick auf die vertraglichen Verhältnisse ist festzustellen, dass es sich bei den geschlossenen Werkverträgen zwischen der Klägerin und den GbRs, deren Gesellschafter die Beigeladenen waren, tatsächlich nicht um Werkverträge gehandelt hat. Es kann dahin stehen, ob die GbRs nur zum Schein bzw. zur Umgehung der nicht vorhandenen Arbeitsgenehmigungen für die polnischen Beigeladenen errichtet worden sind oder es sich nur um Abrechnungs-GbRs handelt. Tatsächlich wurden die Gesamtentgelte von der Klägerin an die GbRs überwiesen und dort von den Beigeladenen selbst verteilt. Jedenfalls steht für den Senat ohne Zweifel fest, dass die Beigeladenen nach dem Willen der Beteiligten auf der Grundlage der vertraglichen Regelungen ausschließlich der Klägerin ihre Arbeitskraft selbst schuldeten. Sie waren auch unmittelbar in den Betrieb der Klägerin und deren Produktionsprozess eingebunden und unterlagen einem Weisungsrecht der Klägerin bzgl. Zeit, Ort und Inhalt der Arbeit. Dass möglicherweise zuvor dieselben Arbeiten im Rahmen eines Werkvertrages durch die Firma Bu. mit deren Arbeitnehmern ausgeführt worden sind, ist dabei für den Senat unbeachtlich. Zur Beurteilung steht nur das nun tatsächlich gewählte Verhältnis zwischen der Klägerin und den Beigeladenen.
Die Werkverträge verweisen zur Konkretisierung der geschuldeten Arbeiten auf Leistungen gemäß dem Leistungsverzeichnis (§ 1 Abs 1). Darin sind konkrete Arbeitsschritte der Fertigung von Wand- und Deckensystemelementen beschrieben: Bewehrung (einlegen und befestigen der Abstandhalter, Gitterträger und Stabstahl gemäß Einzelplattenauszug und Produktionspläne), manuelles Nachbehandeln der frisch betonierten Tische, reinigen der Plattentische, Schalprofile, Deckenabsteller, Magnete u.a., einölen. Vereinbart waren demnach konkrete Arbeitsschritte als Dienstleistung und nicht nur die Herstellung einer abnahmefähigen Sache bzw ein durch Arbeit oder Dienstleistung herbeizuführender Erfolg (Werk iSv § 631 Abs 2 BGB).
Die "Werkverträge" sehen zudem vor, dass die polnischen Arbeitnehmer der Auftragnehmer (GbR) nach Tarifverträgen entlohnt werden müssen und nicht verpflichtet sind, an polnischen Feiertagen zu arbeiten (§ 5 Abs 5). Eine solche Regelung ist für einen Werkvertrag unüblich. Zudem setzt diese Regelung voraus, dass grundsätzlich eine Anwesenheitspflicht der Arbeitskräfte in den Räumen der Klägerin besteht. Das entsprach auch den tatsächlichen Gegebenheiten. Die Beigeladenen waren im Schichtbetrieb acht Stunden täglich vor Ort. Für eine vereinbarte abhängige Beschäftigung spricht auch der für eventuelle Nachtschicht vereinbarte Zuschlag von 10% auf den Einzelpreis (siehe Leistungsverzeichnis). Dies spricht für eine Anlehnung an die tarifliche Vergütung von Arbeitnehmern.
Die Beigeladenen zu 1) bis 14) waren auch untrennbar in den Produktionsprozess und damit in den Betrieb der Klägerin eingegliedert. Auf die diesbezüglichen Ausführungen des SG im Urteil wird verwiesen. Die Arbeit musste in der Produktionshalle der Klägerin ausgeführt werden. Die von den Beigeladenen gefertigten Elemente wurden unmittelbar von Arbeitnehmern der Klägerin weiter bearbeitet. Dabei lässt es der Senat dahin stehen, ob tatsächlich Arbeitnehmer der Klägerin dieselben Arbeiten verrichtet haben. Dies ist für den einheitlichen Produktionsprozess unbeachtlich.
Die Beigeladenen zu 1) bis 14) waren auch unmittelbar gegenüber der Klägerin weisungsgebunden. So haben die vom Hauptzollamt vernommenen Beigeladenen ua übereinstimmend ausgesagt, dass sie Freizeit (Urlaub, Abwesenheit) vorher mit dem Produktionsleiter der Klägerin haben absprechen müssen. Bzgl der Verwertbarkeit der Vernehmungsprotokolle wird auf die Ausführungen im Urteil des SG verwiesen.
Schließlich liegt auch ein maßgebliches Unternehmerrisiko der Beigeladenen zu 1) bis 14) nicht vor. Das Werkzeug wurde von der Klägerin unentgeltlich gestellt. Der Vortrag, dass der Stückpreis während der Verhandlung aufgrund der Benutzung des Werkzeugs der Klägerin um 2,10 EUR reduziert worden ist, verfängt nicht. Vertraglich war die Nutzung des Werkzeugs der Klägerin unentgeltlich vereinbart (§ 1 Abs 4). Die vorgetragenen Verhandlungen haben keine Berücksichtigung im Vertrag gefunden. Die Bezahlung nach Erfolg kann grundsätzlich ein Unternehmerrisiko bzw unternehmerische Chancen begründen. Jedoch erfolgte im vorliegenden Fall nach Ansicht des Senats eine Bezahlung nach Stückakkordlohn, welcher auch bei Arbeitnehmern möglich ist. Die Klägerin hat selbst angegeben, dass der Gesamtpreis sich aus den vereinbarten Stückpreisen (je Tisch) ergeben hat. Vertraglich war auch vorgesehen, dass nur die tatsächlich gefertigten Tische bezahlt werden. Zudem sah der Vertrag eine nicht fest definierte Zeitspanne für die Durchführung der Arbeiten vor, sondern nur einen festen Beginn und ein voraussichtliches Ende. Damit war angedacht, dass die vereinbarten Tische auch tatsächlich alle in der vereinbarten Zeit gefertigt werden sollten. Ein Unternehmerrisiko resultiert daraus nicht. Zu vernachlässigen ist auch der Umstand, dass eine Mängelbeseitigung mit unbezahlter Nacharbeit vorgesehen war, denn dies ist bei Stückakkordlohn üblich.
Ein Unternehmerrisiko im Sinne eines Kapitaleinsatzes, dessen Erfolg ungewiss ist, liegt auch nicht darin, dass die Beigeladenen ein eigenes Büro unterhalten haben. Das "Büro" bestand aus einem Tisch ohne PC in der ehemaligen Wohnung einiger der Beigeladenen. Ein überwiegend ins Gewicht fallendes Unternehmerrisiko besteht auch nicht deshalb, weil die Beigeladenen Kapital (500 EUR bis 1.000 EUR) in die GbR eingebracht haben. Diesem Kapitaleinsatz standen keine relevanten Investitionen gegenüber. Das Risiko, keine Folgeaufträge zu erhalten, stellt kein Unternehmerrisiko bzgl des konkreten Einsatzes dar.
Insgesamt hatten die Beigeladenen wenig unternehmerischen Spielraum. Letztlich beliefen sich die unternehmerischen Chancen und Risiken darauf, unter Einsatz der eigenen Arbeitskraft Einkommen zu erzielen. Das Risiko, für den Einsatz von Arbeitskraft aber kein Entgelt zu erhalten, ist aber gerade kein typisches Unternehmer-, sondern ein typisches Arbeitnehmerrisiko.
Die Gewerbeanmeldungen der Beigeladenen können nicht als wesentliches Indiz dafür herangezogen werden, dass sie selbstständig tätig gewesen sind, denn eine Überprüfung durch das Gewerbeaufsichtsamt hinsichtlich des Vorliegens einer Beschäftigung findet nicht statt. Die Anmeldung eines Gewerbes und die Vergütung in Form von Rechnungen setzen eine selbständige Tätigkeit voraus, begründen aber für sich allein keine solche (Beschluss des Senats vom 19.07.2012, L 11 KR 1789/12 ER-B, juris). Gleiches gilt dafür, dass keine Arbeitnehmerschutzrechte wie Lohnfortzahlung im Krankheitsfall oder bezahlter Urlaub vereinbart waren. Solche Vertragsgestaltungen sind als typisch anzusehen, wenn bei Seiten eine selbstständige freie Mitarbeit wollten.
Soweit vortragen wurde, dass die GbRs und damit die Beigeladenen werbend am Markt tätig waren, ergibt sich keine selbstständige Tätigkeit. Denn tatsächlich waren die Beigeladenen im hier maßgeblichen Zeitraum nur für die Klägerin tätig.
Der Umstand, dass die Beigeladenen zu 1) bis 14) in einer Mietwohnung der Klägerin in einfachsten Verhältnissen gewohnt haben, zeigt die enge Verflechtung, ist jedoch für die Statusbeurteilung unbeachtlich.
In der Gesamtschau überwiegen daher angesichts der deutlichen Eingliederung in den Betriebsablauf der Klägerin die Gesichtspunkte, die für eine abhängige Beschäftigung sprechen.
Die Zuordnung der Entgelte zu den Beigeladenen zu 1) bis 14) und die Beitragsberechnung ist nicht zu beanstanden. Die Klägerin hat selbst angegeben, dass sie nicht wusste, wann welcher Beigeladene im Betrieb anwesend gewesen ist. Da die Klägerin ausgehend von abhängigen Beschäftigungen damit objektiv ihre Aufzeichnungspflicht bzgl. der tatsächlich geleisteten Stunden und der Aufteilung des Entgelts auf die jeweiligen Beigeladenen verletzt hat und keine diesbezüglichen Aufzeichnungen vorlegen kann, durfte die Beklagte die Entgelte personenbezogen schätzen (§ 28f Abs 2 SGB IV). Dass sie hierzu die an die GbRs überwiesenen Gesamtbeträge gleichmäßig auf die Gesellschafter umgelegt hat, ist nicht zu beanstanden.
Auch die Festsetzung der Säumniszuschläge auf Grundlage des § 24 Abs 2 SGB IV ist zutreffend erfolgt. Denn die Berechtigung, rückwirkend Säumniszuschläge zu erheben, beruht auf der vom Gesetzgeber implizit angestellten Vermutung, dass der Beitragsverpflichtete den Entstehungs- und Fälligkeitszeitpunkt seiner konkreten Verpflichtung kennt und deshalb für Rückstände verantwortlich ist, so dass insoweit grundsätzlich kein Vertrauensschutz in Frage kommt (vgl Seewald, Kasseler Kommentar zum Sozialversicherungsrecht, SGB IV, § 24 RdNr 13). Säumniszuschläge sind nach § 24 Abs 2 SGB IV nur dann nicht zu erheben, soweit der Beitragsschuldner glaubhaft macht, dass er unverschuldet keine Kenntnis von der Zahlungspflicht hatte (vgl Schlegel in Küttner, Personalhandbuch 2011, Stichwort "Säumniszuschlag/Sozialversicherungsrecht" RdNr 16). Für die Frage, ob unverschuldet keine Kenntnis von der Zahlungspflicht vorgelegen hat, ist nicht auf diejenigen Maßstäbe zurückzugreifen, die das BSG für die Beurteilung des Vorsatzes iSd § 25 Abs 1 Satz 2 SGB IV entwickelt hat (so aber BSG 26.01.2005, B 12 KR 3/04 R, SozR 4-2400 § 14 Nr 7). Vorsätzliches Handeln setzt voraus, dass die Person mit "Wissen" und "Wollen" gehandelt hat, wobei das "Wollen" darauf beschränkt sein kann, dass der (rechtswidrige) Erfolg eines Tuns oder Unterlassens (hier: Nichtabführung von Beiträgen) billigend in Kauf genommen wird. Das Gesetz stellt in § 24 Abs 2 SGB IV nur auf die fehlende Kenntnis einer Rechtspflicht (Zahlungspflicht) ab. Dies betrifft einen den Vorsatz ohnedies nicht berührenden Subsumtionsirrtum, der in strafrechtlicher Hinsicht allenfalls geeignet wäre, einen durch Einleitung eines Statusverfahrens nach § 7a SGB IV vermeidbaren Verbotsirrtum zu begründen (BGH 07.10.2009, 1 StR 478/09, NStZ 2010, 337). Dieser Gesichtspunkt lässt sich auch auf die Regelung in § 24 Abs 2 SGB IV übertragen. Die Vorschrift dient lediglich der Vermeidung unbilliger Härten (BSG 12.02.2004, B 13 RJ 28/03 R, BSGE 92,150). Maßgebend ist deshalb auch im Fall des § 24 Abs 2 SGB IV nur, ob die Unkenntnis des Beitragsschuldners von der Zahlungspflicht vermeidbar war. Davon ist hier auszugehen. Die Klägerin hätte die Möglichkeit gehabt, sich über ein Verfahren nach § 7a SGB IV oder eine Anfrage bei der Einzugsstelle (§ 28 h SGB IV) die erforderliche Kenntnis zu verschaffen (ebenso Senatsurteil vom 20.10.2015, L 11 R 3898/14, juris).
Die Kostenentscheidung beruht auf § 197a Abs 1 Satz 1 SGG iVm § 154 Abs 1 Verwaltungsgerichtsordnung.
Die Festsetzung des Streitwerts beruht auf § 197a Abs 1 SGG iVm §§ 1 Abs 2 Nr 3, 47 Abs 1 und 2, 52 Abs 3 S 1 Gerichtskostengesetz (GKG). In Verfahren vor den Gerichten der Verwaltungs-, Finanz- und Sozialgerichtsbarkeit ist, soweit nichts anderes bestimmt ist, der Streitwert grundsätzlich nach der sich aus dem Antrag des Klägers für ihn ergebenden Bedeutung der Sache nach Ermessen zu bestimmen. Betrifft der Antrag des Klägers wie vorliegend eine bezifferte Geldleistung oder einen hierauf gerichteten Verwaltungsakt, ist deren Höhe maßgebend (§ 52 Abs 3 S 1 GKG).
Gründe für die Zulassung der Revision liegen nicht vor (§ 160 Abs 2 Nr 1 und 2 SGG).
Die Klägerin trägt auch die Kosten des Berufungsverfahrens, mit Ausnahme der außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen.
Der Streitwert wird auf 121.954,68 EUR festgesetzt.
Tatbestand:
Die Klägerin wendet sich gegen die Nachforderung von Sozialversicherungsbeiträgen für die Beigeladenen zu 1) bis 14) in Höhe von 121.954,68 EUR betreffend den Zeitraum 01.01.2006 bis 31.12.2006.
Die Klägerin ist eine Gesellschaft mit beschränkter Haftung (GmbH) mit Sitz in F ... Gegenstand des Unternehmens ist die Fertigung von Wand- und Deckenelementen aus Stahlbeton (Handelsregister beim Amtsgericht Mannheim, HRB 2 ...). Sie schloss für das Jahr 2006 mit drei Gesellschaften bürgerlichen Rechts (GbR), namentlich der B. & F. GbR, der G. & Partner GbR und der A. GbR, mehrere Werkverträge über die Herstellung von Balkonelementen. Die Beigeladenen zu 1) bis 14) (im folgenden "Beigeladene") waren Gesellschafter dieser GbRs. Sie sind polnische Staatsbürger. Die gleichlautenden Werkverträge mit den GbRs sahen ua eine Bezahlung nach gefertigter Stückzahl, eine Produkthaftung, eine Abhängigkeit der Vergütungsfälligkeit von einer Abnahme der Werkleistung sowie die unentgeltliche Nutzung der Werkzeuge der Klägerin vor. Der Vertrag enthielt zudem die Regelung, dass für die Arbeitszeiten die tariflichen und gesetzlichen Bestimmungen gelten und das Personal des Auftragnehmers nicht verpflichtet sei, an polnischen Feiertagen zu arbeiten. Die Werkverträge verwiesen in § 1 auf ein Leistungsverzeichnis, in dem der Umfang der vereinbarten Leistungen wie folgt beschrieben wurde: 1. Fertigung von Wand- und Deckensystemelementen Bewehrung (einlegen und befestigen der Abstandhalter, Gitterträger und Stabstahl gemäß Einzelplattenauszug und Produktionspläne), manuelles Nachbehandeln der frisch betonierten Tische, reinigen der Plattentische, Schalprofile, Deckenabsteller, Magnete u.a., einölen; 4.400 Tische; Einzelpreis (EP) 19,90; Gesamtpreis 87.560,00 2. Zuschlag für eventuelle Nachtschicht; Menge 1; Einzelpreis 10%,; Gesamtpreis EP
Die Klägerin händigte nach ihren Angaben der jeweiligen GbR ein Plan der herzustellenden Betonfertigteile aus, welchen die jeweilige GbR umsetzte. Die GbR stellte die Betonfertigteile in der vorgegebenen Stückzahl her. Die Herstellung geschah im Umlaufverfahren, d.h. auf mehreren Tischen, die nacheinander durch die Produktionshalle zu den verschiedenen Fertigungsstationen bewegt wurden. Dabei führten die Mitglieder der jeweiligen GbR die zur Herstellung nötigen Schritte aus.
Am 06.02.2007 führte das Hauptzollamt K. eine Prüfung gemäß § 2 SchwarzArbG bei der Klägerin durch. Sie befragte dabei ua die dort angetroffenen Beigeladenen zu 1), 3), 5) und 14), die allesamt 2006 Gesellschafter der B. & F. GbR waren. Diese Beigeladenen gaben unter Beisein eines Dolmetschers der polnischen Sprache im Wesentlichen übereinstimmend zu Protokoll, dass sie täglich 8 Stunden im Schichtbetrieb in der Produktionshalle der Klägerin als Eisenbieger und Eisenflechter tätig seien. Die deutschen Mitarbeiter der Klägerin würden die gleiche Arbeit wie sie nur an anderen Tischen verrichten. Sie hätten sich in der B. & F. GbR zusammengeschlossen und (bis zu) 1.000 EUR in die Gesellschaft eingebracht. Der Sitz der GbR sei in N. Dort gebe es ein Büro in der Wohnung mit einem Tisch ohne PC. Wohnen würden sie allerdings in F. in einer von der Klägerin angemieteten Wohnung. Jeder Gesellschafter habe selbst ein Gewerbe angemeldet. Die GbR besitze ein eigenes Konto, über das die Vergütungen laufen würden. Die Klägerin überweise das Geld auf dieses Konto. Es werde dann unter den Gesellschaftern nach Anzahl der anwesenden Tage verteilt. An die Arbeitszeiten hätten sie sich zu halten gehabt. Freizeit habe einen Tag zuvor mit dem Produktionsleiter der Klägerin abgesprochen werden müssen. Aufträge von anderen Auftraggebern seien zwar gesucht, jedoch nicht durchgeführt worden.
Die Beigeladenen zu 1) und 14) führten aus, dass sie bereits vor ihrer Tätigkeit als Gesellschafter der B. & F: GbR bei der Klägerin die gleichen Arbeiten als Arbeitnehmer der Firma Bu. bei der Klägerin ausgeführt hätten (Bl 83, 123 Akte des Bertriebsprüfers).
Am 02.08.2007 führte die Beklagte aufgrund der Ermittlungen des Hauptzollamtes K. bei der Klägerin eine Betriebsprüfung gemäß § 28p Abs. 1 SGB IV durch (Prüfzeitraum 01.01.2006 bis 31.12.2006).
Mit Bescheid vom 02.02.2009 stellte die Beklagte nach Anhörung vom 29.07.2008 fest, dass für 14 polnische Beschäftigte vom 01.01.2006 bis 31.12.2006 Sozialversicherungspflicht aufgrund einer unselbständigen Beschäftigung bestanden habe und sie eine Nachforderung für Sozialversicherungsbeiträge und Umlagen nach dem Lohnfortzahlungsgesetz/Aufwendungs-ausgleichgesetz iHv insgesamt 146.094,02 EUR (davon Säumniszuschläge iHv 17.264,50 EUR) geltend. Bei der Außenprüfung durch Beamte des Hauptzollamtes K. - Finanzkontrolle Schwarzarbeit - sei festgestellt worden, dass bei der Klägerin polnische Staatsangehörige jeweils als Gesellschafter dreier GbRs tätig gewesen seien. Bei dieser Prüfung seien durch die GbRs an die Klägerin gestellte Rechnungen erhoben worden. Die Beurteilung der Frage, ob eine unselbständige Beschäftigung oder eine selbständige Tätigkeit vorliege, sei nach dem Gesamtbild des beruflichen Einsatzes vorgenommen worden, wobei letztlich entscheidend sei, ob die Merkmale der Unselbständigkeit oder der Selbständigkeit überwiegen würden. Vertragliche Vereinbarungen könnten insoweit nur herangezogen werden, als sie mit den tatsächlichen Verhältnissen übereinstimmten. Bei der Prüfung hätten sich überwiegende Merkmale einer abhängigen Beschäftigung ergeben. Die Auftragnehmer hätten außer Arbeitskleidung und Kleinwerkzeugen (Hammer, Kelle) keine eigenen Betriebsmittel besessen. Die Aufträge des Auftraggebers würden mit Hilfe von dessen Betriebsmitteln (Kran, Rütteltisch, Mischanlage, Montagehalle usw.) ausgeführt. Die Auftragnehmer seien ohne jegliches unternehmerische Risiko ganztägig für den Auftraggeber eingesetzt gewesen und hätten keine Möglichkeit gehabt, für andere Auftraggeber tätig zu werden. Die Auftragnehmer hätten im Rahmen der Selbständigkeit die gleichen Tätigkeiten ausgeübt wie zuvor als versicherungspflichtige Beschäftigte eines Subunternehmers, der für den Auftraggeber tätig gewesen sei. Sie hätten keine Verfügungsmöglichkeit über die eigene Arbeitskraft, sondern seien an Ort, Zeit und Art der Tätigkeit gebunden. Sie seien in den Schichtdienst, vergleichbar mit anderen versicherungspflichtigen Beschäftigten, eingebunden. Ein Kapitaleinsatz der Auftragnehmer bezüglich ihrer Tätigkeit sei nicht erfolgt. Die Auftragnehmer hätten keine eigene Betriebsstätte und beschäftigten keine Arbeitnehmer. Der Berechnung der Beiträge wurden die Rechnungen der GbRs zu Grunde gelegt, wobei die Rechnungsbeträge jeweils durch die Gesellschafter geteilt und dann das Ergebnis als Entgelt dem jeweiligen Gesellschafter zugeordnet wurde.
Hiergegen legte die Klägerin am 05.03.2009 Widerspruch ein. Die Beklagte stellte im Rahmen der Überprüfung des Sachverhaltes fest, dass der Beschäftigte S. nicht im gesamten Jahr 2006, sondern nur im Zeitraum vom 11.09.2006 bis zum 31.12.2006 bei der Klägerin tätig gewesen sei. Mit Berichtigungsbescheid vom 05.08.2010 wurde ein Nachforderungsbetrag nunmehr iHv 121.954,68 EUR (davon Säumniszuschläge iHv 14.434,50 EUR) festgesetzt. Im Übrigen wurde der Widerspruch mit Widerspruchsbescheid vom 27.09.2010 zurückgewiesen.
Hiergegen hat die Klägerin am 28.10.2010 Anfechtungsklage zum Sozialgericht Karlsruhe (SG) erhoben und einen Antrag auf Anordnung der aufschiebenden Wirkung der Klage gestellt.
Zur Begründung hat die Klägerin vorgebracht, die Nachforderung sei rechtswidrig, weil zu Unrecht eine abhängige Beschäftigung angenommen worden sei. Die Gesellschafter bestimmten Beginn und Ende ihrer Tätigkeit selbständig, insbesondere seien sie nicht in den Schichtdienst der Antragstellerin eingebunden. Auch Weisungen seien nicht erteilt worden. Des Weiteren sei grundsätzlich bei der zu beurteilenden Tätigkeit ein geringer Kapitaleinsatz erforderlich. Der Sachverhalt sei von der Beklagten nicht zutreffend wiedergegeben worden, da die Mitarbeiter des Hauptzollamtes nicht die erforderlichen Fachkenntnisse besäßen. Schließlich dürften die Aussagen der vernommenen polnischen Staatsangehörigen nicht verwertet werden. Es bestehe kein wesentlicher Unterschied zu der Entscheidung des Bundessozialgerichts (BSG) vom 04.06.1998 (B 12 KR 5/97 R - Ausbeiner). Die Gesellschafter hätten weder die gleiche Tätigkeit wie Angestellte der Klägerin ausgeübt, noch die gleichen Arbeitszeiten gehabt. Eine Anwesenheitskontrolle oder eine Zeiterfassung habe nicht stattgefunden.
Der Antrag im einstweiligen Rechtsschutz (S 9 KR 4483/10 ER) ist mit Beschluss vom 05.11.2010 abgelehnt worden. Die Beschwerde ist erfolglos geblieben (L 5 KR 5486/10 ER-B).
Das SG hat die Klage mit Urteil vom 31.03.2015 abgewiesen. Zur Begründung hat es im Wesentlichen ausgeführt, dass die Beigeladenen im streitgegenständlichen Zeitraum eine sozialversicherungspflichtige Beschäftigung bei der Klägerin ausgeübt hätten und daher Versicherungspflicht in der gesetzlichen Kranken- und Rentenversicherung, in der sozialen Pflegeversicherung sowie nach dem Recht der Arbeitsförderung bestanden habe. Die Beigeladenen hätten bei ihrer Tätigkeit kein das Gesamtbild der Arbeitsleistung prägendes Unternehmerrisiko - als maßgebliches Kriterium für selbstständige Tätigkeit - getragen. Sie hätten eigene sächliche Betriebsmittel nicht in nennenswertem Umfang eingesetzt, sondern ihre Arbeit vor Ort mit den von der Klägerin zur Verfügung gestellten Arbeitsmitteln erbracht. Lediglich ihre Arbeitskleidung und Kleinwerkzeuge hätten die Beigeladenen selbst finanziert. Insbesondere spreche die Vereinbarung eines Stückpreises nicht für eine selbständige Tätigkeit. Zwar könne auch die Arbeitskraft unternehmerisch genutzt werden. Maßgebendes Kriterium sei dann aber, ob die eigene Arbeitskraft auch mit der Gefahr des Verlustes eingesetzt werde, der Erfolg des Einsatzes der persönlichen Mittel also ungewiss sei. Dagegen spreche im vorliegenden Fall schon, dass die Leistungen innerhalb eines vorgegebenen Zeitraums von sechs bzw. fünf Monaten zu erbringen gewesen seien und im Vertrag selbst kein Stückpreis, sondern ein Gesamtpreis für die zu erbringende Leistung vereinbart gewesen sei. Erst anhand der im Leistungsverzeichnis angegebenen Stückzahl hätte sich ein Stückpreis ergeben. Die Bezahlung stelle sich daher eher als Vereinbarung eines Stück-Akkordlohns dar, denn als Vergütung einer Werkvertragsleistung. Soweit in den Werkverträgen eine Haftung für eine fehlerhafte Arbeitsausführung vereinbart gewesen sein sollte, würde sich allein hieraus kein Unternehmerrisiko der Beigeladenen ergeben. Eine Haftung für schuldhaftes Verhalten treffe, wenn auch in der Regel eingeschränkt, auch Arbeitnehmer. Die Tätigkeit der Beigeladenen sei auch nach den eigenen Angaben der Klägerin derart in den Produktionsprozess eingebunden gewesen, dass sie sich als wiederholender Teil eines einheitlichen industriellen Fertigungsprozesses der von der Klägerin hergestellten Betonfertigteile darstelle. Nach ihrem eigenen Vortrag handle es sich bei dem Betrieb der Klägerin um eine Umlaufanlage mit den Stationen "Ausschalen + Reinigen", "Schalen + Reinigen", "Einbringen von Stahl" sowie "Betonieren + Kontrolle". Die ersten drei Stationen seien durch die Beigeladenen abgedeckt worden. Die Fertigstellung der Betonfertigteile habe nur durch die vollständige Einbindung der Beigeladenen in den Produktionsablauf und nur in einem Zusammenwirken mit den angestellten Mitarbeitern der Klägerin erfolgen können. Die von der Klägerin behauptete Selbständigkeit hinsichtlich Zeiteinteilung und Arbeitseinsatz sei schon vor diesem Hintergrund nicht nachvollziehbar. Die Beigeladenen seien nicht nur in die betriebliche Organisation, sondern untrennbar in den Produktionsprozess der Klägerin eingebunden gewesen. Der Einwand, die Stahlarmierungen hätten auch außerhalb des Werkes der Klägerin erbracht werden können, vermöge nicht zu verfangen. Denn die Arbeiten seien tatsächlich gerade im Rahmen der Umlaufanlage vorgenommen worden und nicht extern. An der Bewertung der Tätigkeit als abhängige Beschäftigung ändere sich auch nichts dadurch, dass die Klägerin mit den GbRs so genannte Werkverträge geschlossen habe. Die Beigeladenen hätten tatsächlich gerade kein eigenverantwortliches Werk geschuldet, sondern einzelne Tätigkeiten eines umfassenden Produktionsprozesses. Würden, wie hier, die tatsächlichen Verhältnisse nicht den zwischen den GbRs und der Klägerin geschlossenen Werkverträgen entsprechen, vermöge insoweit auch der Einwand der Klägerin, allenfalls seien die jeweiligen GbRs Arbeitgeber und Schuldner der Sozialversicherungsbeiträge, nicht zu verfangen. Allein hierin liege bereits ein wesentlicher Unterschied zu dem von der Klägerin zitierten "Ausbeiner-Fall" des BSG. Zur Überzeugung der Kammer habe die Klägerin Weisungen direkt gegenüber den Gesellschaftern erteilt. Für abhängige Beschäftigung spreche nicht zuletzt auch der Umstand, dass die Gesellschafter offenbar in einfachsten Verhältnissen in Werkswohnungen der Klägerin untergebracht worden seien. Darüber hinaus sei zu berücksichtigen, dass sich der Aufgabenbereich der Beigeladenen nicht von dem der zuvor bei der Klägerin abhängig beschäftigten Mitarbeiter unterschieden habe. Die Ermittlungen, insbesondere die Protokolle über die Vernehmungen der Beigeladenen durch das Hauptzollamt, seien auch verwertbar. Auf Aussageverweigerungsrechte sei hingewiesen worden. Ein Dolmetscher sei während der Vernehmung anwesend gewesen. Die Aufteilung der Rechnungsbeträge auf die jeweiligen Gesellschafter, wie sie die Beklagte vorgenommen habe, erscheine nachvollziehbar und praktikabel, zumal eine andere Verteilung der Beiträge sich nicht auf die Höhe der Gesamtforderung auswirken würde.
Gegen das dem Klägerbevollmächtigten am 22.04.2015 zugestellte Urteil hat dieser am 20.05.2015 Berufung eingelegt.
Die Klägerin ist der Ansicht, dass die Beigeladenen nicht abhängig beschäftigt gewesen seien. Maßgeblich zu berücksichtigen sei, dass sie das Arbeitszeitrisiko sowie das Risiko, keine Folgeaufträge zu erhalten, getragen hätten. Zudem hätten die Werkverträge eine Haftung für Mängel vorgesehen, welche durch die Auftragnehmer in Nacharbeit ohne Vergütung beseitigt hätten werden müssen. Ferner sei verpflichtend vorgesehen gewesen, dass die Auftragnehmer in Polen Haftpflichtversicherungen unterhielten. Vertragspartner der Klägerin seien ausschließlich die GbRs gewesen. Verträge mit einzelnen Gesellschaftern hätten nicht bestanden. Als geschuldete Leistung sei nur die Erfüllung eines Werkes, nicht eine Arbeitsleistung vereinbart worden. Es liege kein wiederholender Teil eines einheitlichen industriellen Fertigungsprozesses der von der Klägerin hergestellten Betonfertigteile vor. Die Beigeladenen hätten die Stahlarmierungen der Betonfertigteile völlig eigenständig nach einem von der Klägerin vorgelegten Plan hergestellt. Diese Herstellung sei die Kerntätigkeit, die auch außerhalb des Werkes der Klägerin hätte durchgeführt werden können. Weisungen seien weder bezüglich der Leistungszeiten noch der Art der Ausführung der Leistung erteilt worden. Fixe Zeitvorgaben seien in den Werkverträgen nicht vereinbart gewesen. Vergütet worden sei ein Stückpreis. Dies ergebe sich aus dem Leistungsverzeichnis. Eine Verpflichtung zur höchstpersönlichen Leistungserbringung habe nicht bestanden. Der Klägerin sei auch nicht bekannt gewesen, welcher Gesellschafter der jeweiligen GbR gerade im Werk anwesend war. Eine Anwesenheitskontrolle habe nicht stattgefunden. Deshalb liege auch keine Eingliederung in den Betrieb vor. Es sei zudem ein Nutzungsentgelt für die von der Klägerin zur Verfügung gestellten Arbeitsmittel vereinbart worden. Dies ergebe sich aus dem Umstand, dass der vereinbarte Stückpreis im Vergleich zum abgegebenen Angebot um 2,10 EUR reduziert worden sei.
Die Klägerin beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Karlsruhe vom 31.03.2015 sowie den Bescheid der Beklagten vom 02.02.2009 in der Gestalt des Änderungsbescheides vom 05.08.2010 und des Widerspruchsbescheides vom 27.09.2010 aufzuheben.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Die Beigeladenen haben keine Anträge gestellt.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird auf die Akte des Senats sowie die beigezogenen Akten des SG im Hauptsache- und Eilrechtsverfahren, des LSG (L 5 KR 5486/10 ER-B) sowie der Beklagten Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die Berufung der Klägerin hat keinen Erfolg.
Die nach den §§ 143, 144, 151 Abs 1 Sozialgerichtsgesetz (SGG) form- und fristgerecht eingelegte Berufung der Klägerin ist zulässig, aber unbegründet. Der angefochtene Bescheid der Beklagten vom 02.02.2009 in der Gestalt des Änderungsbescheides vom 05.08.2010 und des Widerspruchbescheids vom 27.09.2010 ist rechtmäßig und verletzt die Klägerin nicht in ihren Rechten.
Zwischen den Beigeladenen zu 1) bis 14) und der Klägerin bestanden im streitigen Zeitraum vom 01.01.2006 bis 31.12.2006 abhängige Beschäftigungsverhältnisse, die Versicherungspflicht in der gesetzlichen Kranken-, sozialen Pflege-, gesetzlichen Renten- und der Arbeitslosenversicherung begründeten. Die festgestellte Beitragsnachforderung iHv 121.954,68 EUR ist nicht zu beanstanden.
Der angefochtene Bescheid ist formell rechtmäßig; die erforderliche Anhörung (§ 24 SGB X) ist erfolgt. Rechtsgrundlage für den Erlass des angefochtenen Beitragsbescheides ist § 28p Abs 1 SGB IV. Danach prüfen die Träger der Rentenversicherung ggf. iVm § 2 SchwarzArbG bei den Arbeitgebern, ob diese ihre Meldepflichten und ihre sonstigen Pflichten nach dem SGB IV erfüllen und erlassen im Rahmen dessen Verwaltungsakte zur Versicherungspflicht und zur Beitragshöhe in den einzelnen Sozialversicherungszweigen. Dies gilt auch in Bezug auf die Nachforderung von Umlagen zum Ausgleich der Arbeitgeberaufwendungen bei Krankheit und Mutterschutz (U 1/U 2) nach dem Aufwendungsausgleichsgesetz, weil Gegenstand der Betriebsprüfung ebenfalls die Umlagen U 1 und U 2 sind sowie die Inso-Umlage (so in Bezug auf die insoweit vergleichbare Rechtslage nach dem Lohnfortzahlungsgesetz BSG 30.10.2002, B 1 KR 19/01 R, SozR 3-2400, § 28p Nr 1; siehe auch: Roßbach, in: Knickrehm/Kreikebohm/Waltermann (Hg.), Kommentar zum Sozialrecht, 4. Aufl 2015, § 28p SGB IV RdNr 4, 12). Für die Zahlung von Beiträgen von Versicherungspflichtigen aus Arbeitsentgelt zur gesetzlichen Krankenversicherung, gesetzlichen Rentenversicherung, Arbeitslosenversicherung und sozialen Pflegeversicherung gelten nach § 253 SGB V, § 174 Abs 1 SGB VI sowie § 60 Abs 1 Satz 2 SGB XI die Vorschriften über den Gesamtsozialversicherungsbeitrag (§§ 28d bis 28n und 28r SGB IV). Diese Vorschriften gelten nach §§ 1 Abs 1 Satz 2 SGB IV, § 348 Abs 2 SGB III auch für die Arbeitsförderung. Nach § 28e Abs 1 Satz 1 SGB IV hat der Arbeitgeber den Gesamtsozialversicherungsbeitrag zu zahlen.
Als Arbeitsentgelt gelten gemäß § 14 Abs 1 Satz 1 SGB IV alle laufenden oder einmaligen Einnahmen aus einer Beschäftigung, gleichgültig, ob ein Rechtsanspruch auf die Einnahmen besteht, unter welcher Bezeichnung oder in welcher Form sie geleistet werden und ob sie unmittelbar aus der Beschäftigung oder im Zusammenhang mit ihr erzielt werden. Um das Bestehen von Versicherungs- und Beitragspflicht sowie ggf die Höhe der zu entrichtenden Beiträge feststellen zu können, war es schon immer eine selbstverständliche Pflicht des Arbeitgebers, hierüber geeignete Aufzeichnungen anzufertigen. Diese Pflicht ist seit 1989 ausdrücklich in § 28f Abs 1 Satz 1 SGB V normiert (Baier in Krauskopf, Soziale Krankenversicherung Pflegeversicherung, § 28f SGB IV RdNr 3).
Personen, die gegen Arbeitsentgelt beschäftigt sind, unterliegen in der Kranken-, Pflege-, Renten- und Arbeitslosenversicherung der Versicherungs- bzw Beitragspflicht (§ 5 Abs 1 Nr 1 SGB V, § 20 Abs 1 Satz 2 Nr 1 SGB XI, § 1 Satz 1 Nr 1 SGB VI, § 25 Abs 1 SGB III). Beurteilungsmaßstab für das Vorliegen einer abhängigen Beschäftigung ist § 7 Abs 1 SGB IV. Danach ist Beschäftigung die nichtselbstständige Arbeit, insbesondere in einem Arbeitsverhältnis. Nach der ständigen Rechtsprechung des Bundessozialgerichts (BSG 24.01.2007, B 12 KR 31/06 R, SozR 4-2400 § 7 Nr 7, BSG 04.07.2007, B 11a AL 5/06 R, SozR 4-2400 § 7 Nr 8) setzt eine Beschäftigung voraus, dass der Arbeitnehmer vom Arbeitgeber persönlich abhängig ist. Bei einer Beschäftigung in einem fremden Betrieb ist dies der Fall, wenn der Beschäftigte in den Betrieb eingegliedert ist und dabei einem Zeit, Dauer, Ort und Art der Ausführung umfassenden Weisungsrecht des Arbeitgebers unterliegt. Demgegenüber ist eine selbständige Tätigkeit vornehmlich durch das eigene Unternehmerrisiko, das Vorhandensein einer eigenen Betriebsstätte, die Verfügungsmöglichkeit über die eigene Arbeitskraft und die im Wesentlichen frei gestaltete Tätigkeit und Arbeitszeit gekennzeichnet. Ob jemand abhängig beschäftigt oder selbständig tätig ist, hängt davon ab, welche Merkmale überwiegen (zur Verfassungsmäßigkeit der Abgrenzung zwischen abhängiger Beschäftigung und selbständiger Tätigkeit Bundesverfassungsgericht 20.05.1996, 1 BvR 21/96, SozR 3-2400 § 7 Nr 11). Maßgebend ist stets das Gesamtbild der Arbeitsleistung (vgl BSG 24.01.2007, B 12 KR 31/06 R, SozR 4-2400 § 7 Nr 7).
Das Gesamtbild bestimmt sich nach den tatsächlichen Verhältnissen. Tatsächliche Verhältnisse in diesem Sinne sind die rechtlich relevanten Umstände, die im Einzelfall eine wertende Zuordnung zum Typus der abhängigen Beschäftigung erlauben. Ob eine Beschäftigung vorliegt, ergibt sich aus dem Vertragsverhältnis der Beteiligten, so wie es im Rahmen des rechtlich zulässigen tatsächlich vollzogen worden ist. Ausgangspunkt ist daher zunächst das Vertragsverhältnis der Beteiligten, so wie es sich aus den von ihnen getroffenen Vereinbarungen ergibt oder sich aus ihrer gelebten Beziehung erschließen lässt. Eine im Widerspruch zu ursprünglich getroffenen Vereinbarungen stehende tatsächliche Beziehung und die sich hieraus ergebende Schlussfolgerung auf die tatsächlich gewollte Natur der Rechtsbeziehung geht der nur formellen Vereinbarung vor, soweit eine - formlose - Abbedingung rechtlich möglich ist. Umgekehrt gilt, dass die Nichtausübung eines Rechts unbeachtlich ist, solange diese Rechtsposition nicht wirksam abbedungen ist.
Zu den tatsächlichen Verhältnissen in diesem Sinne gehört daher unabhängig von ihrer Ausübung auch die einem Beteiligten zustehende Rechtsmacht (BSG 08.08.1990, 11 RAr 77/89, SozR 3-2400 § 7 Nr 4; BSG 08.12.1994, 11 RAr 49/94, SozR 3-4100 § 168 Nr 18). In diesem Sinne gilt, dass die tatsächlichen Verhältnisse den Ausschlag geben, wenn sie von Vereinbarungen abweichen (BSG 01.12.1977, 12/3/12 RK 39,74, BSGE 45, 199, 200 ff; BSG 04.06.1998, B 12 KR 5/97 R, SozR 3-2400 § 7 Nr 13; BSG 10.08.2000, B 12 KR 21/98 R, BSGE 87, 53, 56 = SozR 3-2400 § 7 Nr 15; jeweils mwN). Maßgeblich ist die Rechtsbeziehung so wie sie praktiziert wird und die praktizierte Beziehung so wie sie rechtlich zulässig ist (vgl hierzu insgesamt BSG 29.08.2012, B 12 KR 25/10 R, SozR 4-2400 § 7 Nr 17 und B 12 KR 14/10 R, juris).
Nach den genannten Grundsätzen gelangt der Senat unter Abwägung aller Umstände zu der Überzeugung, dass die Beigeladenen zu 1) bis 14) bei der Klägerin im streitgegenständlichen Zeitraum eine abhängige sozialversicherungspflichtige Beschäftigung ausgeübt hat, die Versicherungspflicht in der gesetzlichen Kranken- und Rentenversicherung, in der sozialen Pflegeversicherung sowie nach dem Recht der Arbeitsförderung zur Folge hatte, weshalb die Klägerin zur Nachentrichtung von Sozialversicherungsbeiträgen verpflichtet ist.
Die Beigeladenen zu 1) bis 14) haben für die Klägerin im hier streitigen Zeitraum Eisen- und Stahlflechtarbeiten durchgeführt. Zuvor wurden diese Arbeiten im Rahmen eines Werkvertrages mit der polnischen Firma Bu. erledigt. Einige der Beigeladenen waren zuvor schon über die Firma Bu. im Betrieb der Klägerin mit den gleichen Aufgaben betraut.
Mit Blick auf die vertraglichen Verhältnisse ist festzustellen, dass es sich bei den geschlossenen Werkverträgen zwischen der Klägerin und den GbRs, deren Gesellschafter die Beigeladenen waren, tatsächlich nicht um Werkverträge gehandelt hat. Es kann dahin stehen, ob die GbRs nur zum Schein bzw. zur Umgehung der nicht vorhandenen Arbeitsgenehmigungen für die polnischen Beigeladenen errichtet worden sind oder es sich nur um Abrechnungs-GbRs handelt. Tatsächlich wurden die Gesamtentgelte von der Klägerin an die GbRs überwiesen und dort von den Beigeladenen selbst verteilt. Jedenfalls steht für den Senat ohne Zweifel fest, dass die Beigeladenen nach dem Willen der Beteiligten auf der Grundlage der vertraglichen Regelungen ausschließlich der Klägerin ihre Arbeitskraft selbst schuldeten. Sie waren auch unmittelbar in den Betrieb der Klägerin und deren Produktionsprozess eingebunden und unterlagen einem Weisungsrecht der Klägerin bzgl. Zeit, Ort und Inhalt der Arbeit. Dass möglicherweise zuvor dieselben Arbeiten im Rahmen eines Werkvertrages durch die Firma Bu. mit deren Arbeitnehmern ausgeführt worden sind, ist dabei für den Senat unbeachtlich. Zur Beurteilung steht nur das nun tatsächlich gewählte Verhältnis zwischen der Klägerin und den Beigeladenen.
Die Werkverträge verweisen zur Konkretisierung der geschuldeten Arbeiten auf Leistungen gemäß dem Leistungsverzeichnis (§ 1 Abs 1). Darin sind konkrete Arbeitsschritte der Fertigung von Wand- und Deckensystemelementen beschrieben: Bewehrung (einlegen und befestigen der Abstandhalter, Gitterträger und Stabstahl gemäß Einzelplattenauszug und Produktionspläne), manuelles Nachbehandeln der frisch betonierten Tische, reinigen der Plattentische, Schalprofile, Deckenabsteller, Magnete u.a., einölen. Vereinbart waren demnach konkrete Arbeitsschritte als Dienstleistung und nicht nur die Herstellung einer abnahmefähigen Sache bzw ein durch Arbeit oder Dienstleistung herbeizuführender Erfolg (Werk iSv § 631 Abs 2 BGB).
Die "Werkverträge" sehen zudem vor, dass die polnischen Arbeitnehmer der Auftragnehmer (GbR) nach Tarifverträgen entlohnt werden müssen und nicht verpflichtet sind, an polnischen Feiertagen zu arbeiten (§ 5 Abs 5). Eine solche Regelung ist für einen Werkvertrag unüblich. Zudem setzt diese Regelung voraus, dass grundsätzlich eine Anwesenheitspflicht der Arbeitskräfte in den Räumen der Klägerin besteht. Das entsprach auch den tatsächlichen Gegebenheiten. Die Beigeladenen waren im Schichtbetrieb acht Stunden täglich vor Ort. Für eine vereinbarte abhängige Beschäftigung spricht auch der für eventuelle Nachtschicht vereinbarte Zuschlag von 10% auf den Einzelpreis (siehe Leistungsverzeichnis). Dies spricht für eine Anlehnung an die tarifliche Vergütung von Arbeitnehmern.
Die Beigeladenen zu 1) bis 14) waren auch untrennbar in den Produktionsprozess und damit in den Betrieb der Klägerin eingegliedert. Auf die diesbezüglichen Ausführungen des SG im Urteil wird verwiesen. Die Arbeit musste in der Produktionshalle der Klägerin ausgeführt werden. Die von den Beigeladenen gefertigten Elemente wurden unmittelbar von Arbeitnehmern der Klägerin weiter bearbeitet. Dabei lässt es der Senat dahin stehen, ob tatsächlich Arbeitnehmer der Klägerin dieselben Arbeiten verrichtet haben. Dies ist für den einheitlichen Produktionsprozess unbeachtlich.
Die Beigeladenen zu 1) bis 14) waren auch unmittelbar gegenüber der Klägerin weisungsgebunden. So haben die vom Hauptzollamt vernommenen Beigeladenen ua übereinstimmend ausgesagt, dass sie Freizeit (Urlaub, Abwesenheit) vorher mit dem Produktionsleiter der Klägerin haben absprechen müssen. Bzgl der Verwertbarkeit der Vernehmungsprotokolle wird auf die Ausführungen im Urteil des SG verwiesen.
Schließlich liegt auch ein maßgebliches Unternehmerrisiko der Beigeladenen zu 1) bis 14) nicht vor. Das Werkzeug wurde von der Klägerin unentgeltlich gestellt. Der Vortrag, dass der Stückpreis während der Verhandlung aufgrund der Benutzung des Werkzeugs der Klägerin um 2,10 EUR reduziert worden ist, verfängt nicht. Vertraglich war die Nutzung des Werkzeugs der Klägerin unentgeltlich vereinbart (§ 1 Abs 4). Die vorgetragenen Verhandlungen haben keine Berücksichtigung im Vertrag gefunden. Die Bezahlung nach Erfolg kann grundsätzlich ein Unternehmerrisiko bzw unternehmerische Chancen begründen. Jedoch erfolgte im vorliegenden Fall nach Ansicht des Senats eine Bezahlung nach Stückakkordlohn, welcher auch bei Arbeitnehmern möglich ist. Die Klägerin hat selbst angegeben, dass der Gesamtpreis sich aus den vereinbarten Stückpreisen (je Tisch) ergeben hat. Vertraglich war auch vorgesehen, dass nur die tatsächlich gefertigten Tische bezahlt werden. Zudem sah der Vertrag eine nicht fest definierte Zeitspanne für die Durchführung der Arbeiten vor, sondern nur einen festen Beginn und ein voraussichtliches Ende. Damit war angedacht, dass die vereinbarten Tische auch tatsächlich alle in der vereinbarten Zeit gefertigt werden sollten. Ein Unternehmerrisiko resultiert daraus nicht. Zu vernachlässigen ist auch der Umstand, dass eine Mängelbeseitigung mit unbezahlter Nacharbeit vorgesehen war, denn dies ist bei Stückakkordlohn üblich.
Ein Unternehmerrisiko im Sinne eines Kapitaleinsatzes, dessen Erfolg ungewiss ist, liegt auch nicht darin, dass die Beigeladenen ein eigenes Büro unterhalten haben. Das "Büro" bestand aus einem Tisch ohne PC in der ehemaligen Wohnung einiger der Beigeladenen. Ein überwiegend ins Gewicht fallendes Unternehmerrisiko besteht auch nicht deshalb, weil die Beigeladenen Kapital (500 EUR bis 1.000 EUR) in die GbR eingebracht haben. Diesem Kapitaleinsatz standen keine relevanten Investitionen gegenüber. Das Risiko, keine Folgeaufträge zu erhalten, stellt kein Unternehmerrisiko bzgl des konkreten Einsatzes dar.
Insgesamt hatten die Beigeladenen wenig unternehmerischen Spielraum. Letztlich beliefen sich die unternehmerischen Chancen und Risiken darauf, unter Einsatz der eigenen Arbeitskraft Einkommen zu erzielen. Das Risiko, für den Einsatz von Arbeitskraft aber kein Entgelt zu erhalten, ist aber gerade kein typisches Unternehmer-, sondern ein typisches Arbeitnehmerrisiko.
Die Gewerbeanmeldungen der Beigeladenen können nicht als wesentliches Indiz dafür herangezogen werden, dass sie selbstständig tätig gewesen sind, denn eine Überprüfung durch das Gewerbeaufsichtsamt hinsichtlich des Vorliegens einer Beschäftigung findet nicht statt. Die Anmeldung eines Gewerbes und die Vergütung in Form von Rechnungen setzen eine selbständige Tätigkeit voraus, begründen aber für sich allein keine solche (Beschluss des Senats vom 19.07.2012, L 11 KR 1789/12 ER-B, juris). Gleiches gilt dafür, dass keine Arbeitnehmerschutzrechte wie Lohnfortzahlung im Krankheitsfall oder bezahlter Urlaub vereinbart waren. Solche Vertragsgestaltungen sind als typisch anzusehen, wenn bei Seiten eine selbstständige freie Mitarbeit wollten.
Soweit vortragen wurde, dass die GbRs und damit die Beigeladenen werbend am Markt tätig waren, ergibt sich keine selbstständige Tätigkeit. Denn tatsächlich waren die Beigeladenen im hier maßgeblichen Zeitraum nur für die Klägerin tätig.
Der Umstand, dass die Beigeladenen zu 1) bis 14) in einer Mietwohnung der Klägerin in einfachsten Verhältnissen gewohnt haben, zeigt die enge Verflechtung, ist jedoch für die Statusbeurteilung unbeachtlich.
In der Gesamtschau überwiegen daher angesichts der deutlichen Eingliederung in den Betriebsablauf der Klägerin die Gesichtspunkte, die für eine abhängige Beschäftigung sprechen.
Die Zuordnung der Entgelte zu den Beigeladenen zu 1) bis 14) und die Beitragsberechnung ist nicht zu beanstanden. Die Klägerin hat selbst angegeben, dass sie nicht wusste, wann welcher Beigeladene im Betrieb anwesend gewesen ist. Da die Klägerin ausgehend von abhängigen Beschäftigungen damit objektiv ihre Aufzeichnungspflicht bzgl. der tatsächlich geleisteten Stunden und der Aufteilung des Entgelts auf die jeweiligen Beigeladenen verletzt hat und keine diesbezüglichen Aufzeichnungen vorlegen kann, durfte die Beklagte die Entgelte personenbezogen schätzen (§ 28f Abs 2 SGB IV). Dass sie hierzu die an die GbRs überwiesenen Gesamtbeträge gleichmäßig auf die Gesellschafter umgelegt hat, ist nicht zu beanstanden.
Auch die Festsetzung der Säumniszuschläge auf Grundlage des § 24 Abs 2 SGB IV ist zutreffend erfolgt. Denn die Berechtigung, rückwirkend Säumniszuschläge zu erheben, beruht auf der vom Gesetzgeber implizit angestellten Vermutung, dass der Beitragsverpflichtete den Entstehungs- und Fälligkeitszeitpunkt seiner konkreten Verpflichtung kennt und deshalb für Rückstände verantwortlich ist, so dass insoweit grundsätzlich kein Vertrauensschutz in Frage kommt (vgl Seewald, Kasseler Kommentar zum Sozialversicherungsrecht, SGB IV, § 24 RdNr 13). Säumniszuschläge sind nach § 24 Abs 2 SGB IV nur dann nicht zu erheben, soweit der Beitragsschuldner glaubhaft macht, dass er unverschuldet keine Kenntnis von der Zahlungspflicht hatte (vgl Schlegel in Küttner, Personalhandbuch 2011, Stichwort "Säumniszuschlag/Sozialversicherungsrecht" RdNr 16). Für die Frage, ob unverschuldet keine Kenntnis von der Zahlungspflicht vorgelegen hat, ist nicht auf diejenigen Maßstäbe zurückzugreifen, die das BSG für die Beurteilung des Vorsatzes iSd § 25 Abs 1 Satz 2 SGB IV entwickelt hat (so aber BSG 26.01.2005, B 12 KR 3/04 R, SozR 4-2400 § 14 Nr 7). Vorsätzliches Handeln setzt voraus, dass die Person mit "Wissen" und "Wollen" gehandelt hat, wobei das "Wollen" darauf beschränkt sein kann, dass der (rechtswidrige) Erfolg eines Tuns oder Unterlassens (hier: Nichtabführung von Beiträgen) billigend in Kauf genommen wird. Das Gesetz stellt in § 24 Abs 2 SGB IV nur auf die fehlende Kenntnis einer Rechtspflicht (Zahlungspflicht) ab. Dies betrifft einen den Vorsatz ohnedies nicht berührenden Subsumtionsirrtum, der in strafrechtlicher Hinsicht allenfalls geeignet wäre, einen durch Einleitung eines Statusverfahrens nach § 7a SGB IV vermeidbaren Verbotsirrtum zu begründen (BGH 07.10.2009, 1 StR 478/09, NStZ 2010, 337). Dieser Gesichtspunkt lässt sich auch auf die Regelung in § 24 Abs 2 SGB IV übertragen. Die Vorschrift dient lediglich der Vermeidung unbilliger Härten (BSG 12.02.2004, B 13 RJ 28/03 R, BSGE 92,150). Maßgebend ist deshalb auch im Fall des § 24 Abs 2 SGB IV nur, ob die Unkenntnis des Beitragsschuldners von der Zahlungspflicht vermeidbar war. Davon ist hier auszugehen. Die Klägerin hätte die Möglichkeit gehabt, sich über ein Verfahren nach § 7a SGB IV oder eine Anfrage bei der Einzugsstelle (§ 28 h SGB IV) die erforderliche Kenntnis zu verschaffen (ebenso Senatsurteil vom 20.10.2015, L 11 R 3898/14, juris).
Die Kostenentscheidung beruht auf § 197a Abs 1 Satz 1 SGG iVm § 154 Abs 1 Verwaltungsgerichtsordnung.
Die Festsetzung des Streitwerts beruht auf § 197a Abs 1 SGG iVm §§ 1 Abs 2 Nr 3, 47 Abs 1 und 2, 52 Abs 3 S 1 Gerichtskostengesetz (GKG). In Verfahren vor den Gerichten der Verwaltungs-, Finanz- und Sozialgerichtsbarkeit ist, soweit nichts anderes bestimmt ist, der Streitwert grundsätzlich nach der sich aus dem Antrag des Klägers für ihn ergebenden Bedeutung der Sache nach Ermessen zu bestimmen. Betrifft der Antrag des Klägers wie vorliegend eine bezifferte Geldleistung oder einen hierauf gerichteten Verwaltungsakt, ist deren Höhe maßgebend (§ 52 Abs 3 S 1 GKG).
Gründe für die Zulassung der Revision liegen nicht vor (§ 160 Abs 2 Nr 1 und 2 SGG).
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