Land
Freistaat Bayern
Sozialgericht
SG München (FSB)
Sachgebiet
Vertragsarztangelegenheiten
Abteilung
38
1. Instanz
SG München (FSB)
Aktenzeichen
S 38 KA 1170/15
Datum
2. Instanz
Bayerisches LSG
Aktenzeichen
-
Datum
-
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
I. Die Klage wird sowohl im Hauptantrag, als auch im Hilfsantrag abgewiesen, soweit sie sich nicht auf Ziffer II des Bescheides vom 30.09.2015 bezieht.
II. Die Hinzuziehung eines Rechtsanwaltes im Vorverfahren wird für notwendig erklärt.
III. Die Klägerin trägt die Kosten des Verfahrens.
Tatbestand:
Gegenstand der zum Sozialgericht München eingelegten Klage sind die Bescheide der Beklagten in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 30.09.2015. Mit den Bescheiden wurden die Anträge der Klägerin auf Befreiung vom vertragsärztlichen Bereit-schaftsdienst vom 24.06.2014 (angegebener Befreiungsgrund: Kooperation mit dem Krankenhaus A-Stadt) und vom 26.03.2015 (angegebener Befreiungsgrund: erhebliche familiäre Belastung-Pflege des Vaters der Klägerin) zurückgewiesen. Unter Ziff. II des Bescheides wurde die Hinzuziehung eines Rechtsanwalts im Vorverfahren nicht für notwendig erachtet. Zur Begründung führte die Beklagte aus, ihres Erachtens lägen die Voraussetzungen für eine Befreiung nach § 14 BDO-KVB nicht vor. Dies gelte sowohl für den angegebenen Befreiungsgrund "Kooperation mit dem Krankenhaus A-Stadt", als auch für den angegebenen Befreiungsgrund "erhebliche familiäre Belastung-Pflege des Vaters der Klägerin". Was die Kooperation mit dem Krankenhaus A-Stadt betreffe, so sei bereits unklar, ob die Klägerin aufgrund des Kooperationsvertrages vom 18.09.1998 überhaupt verpflichtet sei, Leistungen für den Krankenhausträger zu erbringen. Abgesehen davon stelle die Kooperationstätigkeit für den Krankenhausträger keine Tätigkeit im Bereich der vertragsärztlichen Versorgung dar. Denn die Klägerin erhalte Entgelt vom Krankenhaus. Die Tätigkeit sei freiwillig. Dagegen bestehe für alle Ärzte eine Teilnahmepflicht am Bereitschaftsdienst. Dieser habe Vorrang vor Nebentätigkeiten. Im Übrigen würden die Krankenhäuser bei der ambulanten Versorgung von Notfällen subsidiär tätig werden, wie sich aus § 76 Abs. 1 Satz 2 SGB V ergebe. Selbst wenn man von einer ambulanten Versorgung ausgehe, so liege doch der Schwerpunkt im Rahmen der Kooperation bei der stationären Versorgung. Die Tätigkeit aufgrund der Kooperation sei auch nicht mit einer belegärztlichen Tätigkeit gleichzusetzen. Hinsichtlich des geltend gemachten Befreiungsgrundes "erhebliche familiäre Belastung-Pflege des Vaters der Klägerin" spreche im konkreten Fall wegen der nach Auffassung der Beklagten zeitlichen und persönlich noch handhabbaren Belastung mehr für eine Ablehnung des Befreiungsantrages. Die Klägerin habe zwar die Umstände, wie es zu der Pflegebedürftigkeit ihres Vaters gekommen sei, geschildert, auch den weiteren Verlauf der Entwicklung und den aktuellen vorliegenden Befund über den Gesundheitszustand ihres Vaters. Es handle sich hierbei um eine Selbstattestierung, was im Hinblick auf die Nachweispflicht gemäß § 14 Abs. 2 BDO-KVB als problematisch anzusehen sei. Die An-gaben der Klägerin würden auch keine Stütze in dem Pflegegutachten von M-Firma er-fahren. Dort ist die Rede von Pflegestufe 1 für den Vater der Klägerin. Der pflegerische zeitliche Aufwand der Klägerin wurde mit 34 Minuten täglich angegeben. Sinngemäß vertrat die Beklagte die Auffassung, es sei auch nicht nachvollziehbar, weshalb das Tätigkeitwerden im Rahmen der Kooperation mit der Pflege vereinbar sein solle, nicht aber der Bereitschaftsdienst. Im Vorfeld war auch die Zuordnung der Klägerin, die als Radiologin in Gemeinschaftspraxis mit einem weiteren Arzt zugelassen ist und am Krankenhaus A-Stadt ambulante radiologische Leistungen erbringt, aber auch für den Krankenhausträger tätig ist, da dort keine radiologische Abteilung vorgehalten wird, strittig. Denn die Klägerin wurde nach der neuen BDO-KVB grundsätzlich dem Bereitschaftsdienst zugeordnet. Eine dagegen eingelegte Klage unter dem Aktenzeichen S 38 KA 201/15 wurde nach Hinweis des Gerichts auf die Rechtsprechung der Sozialgerichte in der mündlichen Verhandlung am 20.09.2016 zurückgenommen. Gegen die Bescheide der Beklagten in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 30.09.2015 ließ die Klägerin durch ihren Prozessbevollmächtigten Klage zum Sozialgericht München einlegen. In mehreren, teilweise sehr ausführlichen Schriftsätzen und ergänzt in der mündlichen Verhandlung am 20.09.2016 wurde die Sach-und Rechtslage aus der Sicht der Klägerseite dargestellt. So wurde unter Hinweis auf Erklärungen des Krankenhauses und des Gemeinschaftspraxispartners ausgeführt, die Klägerin sei sehr wohl in den Kooperationsvertrag mit eingebunden. Auf der Grundlage dieses Vertrages stelle die Klägerin eine "höchstpersönliche radiologische Rund-um-die-Uhr-und Notfall-Versorgung von ambulanten Notfallpatienten (Krankenhaus-Notfall-Ambulanz), Belegarztpatienten und anderen stationären Patienten sicher". So erbringe die Gemeinschaftspraxis im Quartal zwischen 300 und 400 CT´s außerhalb der regulären Dienstzeiten (Rund-um-die-Uhr- Bereitschaftsdienste für das Krankenhaus die Hälfte des Monats, 24 Stunden täglich). Es handle sich hauptsächlich um radiologische Befundungen, die ihre Anwesenheit vor Ort (Krankenhaus A-Stadt) nicht erforderten, sondern vielmehr über Computer möglich seien. Insofern sei die Tätigkeit anders zu beurteilen als die im Rahmen des vertragsärztlichen Bereitschaftsdienstes. Indem sie die radiologische Notfallversorgung in der Notfallambulanz des Krankenhauses übernehme, werde sie im Bereich der vertragsärztlichen Versorgung gemäß § 76 Absatz 1 Satz 2 SGB V tätig. Es sei davon auszugehen, dass durch das Tätigwerden im Rahmen des Bereitschaftsdienstes die Patienten der radiologischen Notfallversorgung im Landkreis A-Stadt gefährdet würden. Im Ergebnis er-bringe die Klägerin durch ihre Tätigkeit im Rahmen des Kooperationsvertrages mit der Tätigkeit als Belegarzt vergleichbare Leistungen, so dass der Befreiungstatbestand im Sinne von § 14 BDO- KVB erfüllt sei. Unter Hinweis auf die "persönliche Erklärung" zur Pflege ihres Vaters vom 28.04.2015 machte die Klägerseite geltend, auch insofern sei die Klägerin von der Teilnahme am vertragsärztlichen Bereitschaftsdienst nach § 14 BDO-KVB zu befreien. Infolge eines Unfalls leide der Vater der Klägerin an einer 100%igen Schluckstörung. Er könne überhaupt nicht schlucken und daher auch nicht selbstständig Flüssigkeiten zu sich nehmen. Insgesamt sei er ein Hochrisikopatient (Schlaganfall-und Herzinfarktgefährdung, Vorhofflimmern). Zusammen mit dem Hausarzt, einem Internisten, führe sie die ärztliche Weiterbehandlung durch, führe allein die Krankengymnastik weiter und verabreichte bzw. organisiere die totale künstliche Ernährung. Sie überwache auch die medikamentöse Einstellung. Eine Unterstützung durch ihre betagte Mutter sei wegen deren spastischer Gehstörung nicht oder nur bedingt möglich. Auf Nachfrage des Gerichts in der mündlichen Verhandlung wurde mitgeteilt, für ihre Mutter sei keine Pflegestufe beantragt worden. Der instabile Gesundheitszustand des Vaters der Klägerin werde auch darin deutlich, dass dieser erst letzte Woche stationär aufgenommen werden musste (Gallenblasenentzündung). Von einem operativen Eingriff sei aber angesichts des Alters und des Gesamtgesundheitszustandes Abstand genommen worden. Andere Familienangehörige stünden auch nicht zur Verfügung. Die Klägerin lasse ihren Vater keinen Tag allein. Sie lasse sich nicht zwingen, diese unmittelbare Verantwortung auch nur tageweise an irgendwelche Fremdpersonen abzugeben oder ihn gar in einem Pflegeheim unterzubringen. In Erwiderung machte die Beklagte zunächst geltend, die Klage sei unzulässig, da der Prozessbevollmächtigte des Klägers mit Schriftsatz vom 06.11.2015 formuliert habe " Die Klageerhebung erfolgt zunächst zur Fristwahrung und nur soweit der genannte Widerspruchsbescheid nicht bereits Gegenstand des Verfahrens Az. S 38 KA 201/15 am Sozialgericht München ist". Denn ein Klageantrag müsse "unbedingt" gestellt werden. Es sei die Trennung zwischen der Zuordnung zum Bereitschaftsdienst einerseits und der Entscheidung/den Entscheidungen über Anträge auf Befreiung vom Bereitschaftsdienst zu beachten. Deshalb ersetze der Widerspruchsbescheid vom 30.09.2015, der sich mit der Befreiung vom Bereitschaftsdienst befasse, nicht den Widerspruchsbescheid vom 04.02.2015, der sich mit der Zuordnung zum Bereitschaftsdienst befasse. Er werde des-halb nicht Gegenstand des Verfahrens unter dem Az. S 38 KA 201/15. In materieller Hinsicht bestehe seitens der Beklagten die Auffassung, es gebe keinen Anspruch auf Befreiung nach § 14 BDO-KVB. Denn das Maß des Zumutbaren sei noch nicht überschritten. Immerhin würden die Dienstpläne für den Bereitschaftsdienst ein halbes Jahr im Voraus aufgestellt, so dass eine frühzeitige Beauftragung Dritter, beispielsweise des Pflegedienstes ohne weiteres möglich sein müsste. In der mündlichen Verhandlung am 20.09.2016 machte die Vertreterin der Beklagten darauf aufmerksam, dass die Bereit-schaftsdienstbereiche neu geordnet worden seien. Sie seien jetzt wesentlich größer mit der Folge, dass wesentlich mehr Ärzte am Bereitschaftsdienst teilnähmen, so in der Pilotregion A-Stadt mehr als 200 Ärzte. Dies bringe es mit sich, dass jeder einzelne Arzt in geringerem Umfang als bisher zum vertragsärztlichen Bereitschaftsdienst eingeteilt werde. So müsse die Klägerin bis zum Jahresende 2016 lediglich nur mehr drei Dienste leisten, nämlich am 16. Oktober, 24. November und 5. Dezember. Ab 04.10.2016 sei außerdem die Bereitschaftsdienstpraxis am Krankenhaus A-Stadt angesiedelt. Dort finde der sogenannte Sitzdienst statt. Von dort aus erfolge auch der Fahrdienst. In der mündlichen Verhandlung am 20.09.2016 stellte der Prozessbevollmächtigte der Klägerin die Anträge aus seinem Schriftsatz vom 08.12.2015. Die Vertreterin der Beklagten beantragte, die Klage abzuweisen. Beigezogen und Gegenstand der mündlichen Verhandlung war die Beklagtenakte, sowie die Klageakte im Verfahren S 38 KA 201/15. Im Übrigen wird auf den sonstigen Akteninhalt, insbesondere Schriftsätze der Beteiligten, sowie die Sitzungsniederschrift vom 20.09.2016 verwiesen.
Entscheidungsgründe:
Die zum Sozialgericht München eingereichte Klage ist zulässig, jedoch im Wesentlichen unbegründet. Es handelt sich um eine kombinierte Anfechtungs-und Verpflichtungsklage nach § 54 SGG. Entgegen der Auffassung der Beklagten ist die Klage als unbedingt an-zusehen und deshalb als zulässig zu erachten. Die Formulierung im Schriftsatz vom 06.11.2015 mag zwar zunächst auf eine Bedingung hindeuten, jedoch spricht nach Auslegung mehr dafür, sie als Ankündigung zu verstehen, wonach die Klage dann zurückge-nommen wird, wenn der Widerspruchsbescheid vom 30.09.2015 Gegenstand des Verfahrens unter dem Aktenzeichen S 38 KA 201/15 nach § 96 SGG würde. Die angefochtenen Bescheide sind bis auf Ziff. II. des Bescheidtenors (Widerspruchsbe-scheid) rechtmäßig und verletzen die Klägerin nicht in ihren Rechten. Die Klägerin hat keinen Anspruch auf Befreiung vom Bereitschaftsdienst. Wie das Bundessozialgericht unter Hinweis auf § 75 Abs. 1 SGB V (BSG, Urteil vom 06.09.2006, Az. B 6 KA 43/05 R) ausführte, ist die "Sicherstellung von Not-bzw. Bereitschaftsdienst eine gemeinsame Aufgabe aller Ärzte, die nur erfüllt werden kann, wenn grundsätzlich alle zugelassenen Ärzte" daran teilnehmen. Vor diesem Hintergrund sind die in der BDO-KVB vorgesehenen Befreiungstatbestände restriktiv auszulegen. Nach § 14 Abs. 1 Satz 1 BDO-KVB kann ein Vertragsarzt oder ein angestellter Arzt aus schwer-wiegenden Gründen ganz, teilweise (z.B. nur vom Fahrdienst) oder vorübergehend vom ärztlichen Bereitschaftsdienst befreit werden. In § 14 Absatz 1 Satz 2 BDO-KVB werden beispielhaft schwerwiegende Gründe aufgezählt. Es handelt sich bei der Entscheidung über die Befreiung vom ärztlichen Bereitschaftsdienst um eine Ermessensentscheidung. Die unter § 14 Abs. 1 lit.a bis e BDO-KVB möglichen Befreiungstatbestände sind nicht ab-schließend, wie sich aus der Formulierung "insbesondere" ergibt. Lediglich bei einer Ermessensreduzierung auf Null besteht ein Anspruch auf Befreiung. Die Klägerin beruft sich auf § 14 Abs. 1 Satz 2 b) BDO-KVB. Danach wird als Befreiungs-grund angesehen, wenn die Teilnahme am Ärztlichen Bereitschaftsdienst aufgrund nach-gewiesener besonderer belastender familiärer Pflichten dem Arzt nicht zuzumuten ist. Nach dem Vortrag der Klägerin hat sie zum Teil die Pflege Ihres Vaters übernommen. Dieser leide an einer 100%igen Schluckstörung und sei als Risikopatient anzusehen. In dem Zusammenhang wies die Klägerseite auf das Pflegegutachten von M-Firma, sowie auf die "persönliche Erklärung" zur Pflege ihres Vaters vom 28.04.2015 hin. Die Klägerin ist als Antragstellerin nachweispflichtig für das Vorliegen eines schwerwiegenden Grundes im Sinne von § 14 Absatz 1 Satz 2 BDO-KVB, wie sich aus § 14 Abs. 2 BDO-KVB ergibt. Zwar ist der Klägerin in ihrer Eigenschaft als Ärztin nicht abzusprechen, dass sie eine eigene Befundung durchführen und diese vorlegen kann. Nach Auffassung der mit zwei Ärzten fachkundig besetzten Kammer genügt die "persönliche Erklärung" der Klägerin inhaltlich nicht den Anforderungen an die Nachweispflicht des § 14 Abs. 2 BDO-KVB. Denn es finden sich auch zum Großteil Ausführungen zum Krankheitsverlauf des Vaters der Klägerin, was für die Beurteilung der Frage, ob ein Befreiungsgrund vorliegt, unwesentlich ist. Hinzu kommt, dass, was bei einer Beurteilung durch einen Familienangehörigen auf der Hand liegt, eine solche Beurteilung nie frei von subjektiven Elementen sein kann. Auch das vorgelegte Pflegegutachten von M-Firma ist wenig erhellend. Es enthält lediglich Angaben zum Pflegeaufwand und zur Pflegestufe (eins). Der der Klägerin zugeordnete Pflegeaufwand von 34 Minuten täglich lässt sich mit den sonstigen Angaben der Klägerin nur teilweise in Übereinstimmung bringen. Insofern bestehen Zweifel an der Aussagekraft dieser Nachweise. Andere Nachweise wurden nicht vorgelegt. Für das Gericht ist dies nicht nachvollziehbar, zumal sich der Vater der Klägerin auch in Behandlung durch seinen Hausarzt, einem Internisten befindet. Es hätte sicherlich keinen allzu großen Aufwand dargestellt, den Nachweis mittels einer aussagekräftigen, objektiven Befundung durch den Hausarzt zu führen. Zusammenfassend ist das Gericht daher der Auffassung, dass möglicherweise der Befreiungstatbestand erfüllt ist, jedoch der Nachweis nach § 14 Abs. 2 BDO-KVB nicht geführt wurde. Nach § 14 Abs. 1 Satz 2 Buchstabe d BDO-KVB ist auch eine Befreiung möglich, wenn der Arzt einen besonderen Versorgungsauftrag im Rahmen der Sicherstellung der vertragsärztlichen Versorgung erfüllt. Ausgehend davon, dass auch die Klägerin vertraglich in die Kooperation mit dem Krankenhaus A-Stadt eingebunden ist - dies ist zwar nicht unmittelbar dem Kooperationsvertrag aus dem Jahr 1998 zu entnehmen, kann aber aufgrund der Erklärung des Gemeinschaftspraxispartners und des Krankenhausträgers angenommen werden, spricht allein gegen das Tätigwerden der Klägerin im Rahmen der Sicherstellung der vertragsärztlichen Versorgung der Umstand, dass diese für den Kranken-hausträger tätig ist und von diesem auch die erbrachten Leistungen honoriert erhält. Selbst wenn von der Klägerin behandelte Notfallpatienten in der Notfallambulanz des Krankenhauses A-Stadt, soweit sie nicht stationär aufgenommen werden, als ambulant anzusehen wären und das Tätigwerden der Klägerin im Rahmen der Kooperation auch die vertragsärztliche Versorgung sicherstellt, darf nicht übersehen werden, dass die Kooperation schwerpunktmäßig dem stationären Versorgungsauftrag zu dienen bestimmt ist. Für eine faktische generelle Verlagerung des Bereitschaftsdienstes zur Versorgung von Patienten in einer Notfallambulanz eines Krankenhauses gibt es keinerlei Anhaltspunkte. Deshalb gelangt das Gericht zu dem Ergebnis, dass der Befreiungstatbestand von § 14 Abs. 1 Satz 2 Buchstabe d BDO-KVB nicht erfüllt ist. Wie bereits ausgeführt, sind die in § 14 genannten Befreiungstatbestände nicht abschließend. Bei einem weiteren Befreiungstatbestand muss es sich jedoch um einen solchen handeln, der von der Bedeutung und Tragweite den in § 14 BDO-KVB beispielhaft aufgeführten Befreiungstatbeständen entspricht. Gewiss dürfte die Kooperation mit dem Krankenhaus A-Stadt nicht zuletzt aus wirtschaftlichen Gründen sinnvoll sein und dient auch der besseren Verzahnung der stationären Versorgung mit der ambulanten Versorgung, was aber nicht dazu führt, das Tätigwerden der Klägerin beispielsweise einer belegärztlichen Tätigkeit gleichzustellen. Von der Möglichkeit einer Befreiung vom vertragsärztlichen Bereitschaftsdienst ist nur ausnahmsweise und restriktiv Gebrauch zu machen. Nicht unproblematisch erscheint auch, dass die Klägerin auf der einen Seite ihre Tätigkeit im Rahmen der Kooperation mit der Pflege des Vaters offensichtlich vereinbaren kann, auf der anderen Seite eine Teilnahme am vertragsärztlichen Bereitschaftsdienst für in-kompatibel hält. Denn nach § 76 Absatz 1 Satz 2 SGB V ist die ambulante Versorgung von Notfällen in Krankenhäusern subsidiär. Außerdem genießt der vertragsärztliche Bereitschaftsdienst Vorrang vor Nebentätigkeiten, auch solchen im Rahmen einer Kooperation mit einem Krankenhaus (vgl. BSG, Urteil vom 15.09.1977, Az. 6 Rka 12/77). Hinzu kommt, dass zwar die radiologische Befunde und Ansicht im Rahmen der Kooperation größtenteils über Computer erfolgt und deshalb eine Anwesenheit vor Ort (Krankenhaus) nicht erforderlich ist, während der Bereitschaftsdienst auch Besuche beim Patienten mit einschließt. Dies wird aber kompensiert durch den im Rahmen der Kooperation ungleich höheren Tätigkeitsumfang (Rund-um-die-Uhr- Bereitschaftsdienste für das Krankenhaus die Hälfte des Monats, 24 Stunden täglich). Im Ergebnis stellt daher nach Auffassung des Gerichts auch die Kooperation mit dem Krankenhausträger keinen Befreiungsgrund im Sinne von § 14 BDO-KVB dar. Selbst wenn man bei dem vorliegenden Sachverhalt von einem oder sogar mehreren aus-reichenden Befreiungsgründen ausgehen würde, erwächst daraus nicht automatisch ein Anspruch auf Befreiung vom vertragsärztlichen Bereitschaftsdienst. Denn bei der Regelung des § 14 BDO- KVB handelt es sich um eine Ermessensvorschrift. In dem Zusammenhang wäre zu prüfen, ob der Klägerin Teilnahme am vertragsärztlichen Bereitschaftsdienst zumutbar ist. Angesichts der Dienstfrequenz – die Klägerin ist bis zum Jahresende lediglich dreimal zum vertragsärztlichen Bereitschaftsdienst eingeteilt - nach der Neustrukturierung der Bereitschaftsdienstbereiche verbunden mit der Teilnahme einer wesentlich größeren Anzahl von Ärzten (Pilotregion A-Stadt: Teilnahme von 200 Ärzten) und des Umstandes, dass die Dienstpläne für den Bereitschaftsdienst ein halbes Jahr im Voraus bekannt sind, stellt die Teilnahme der Klägerin nach Auffassung des Gerichts selbst unter Berücksichtigung der im Rahmen der Kooperation zu erbringenden Leistungen und Würdigung des Umstandes, dass die Klägerin in die Pflege Ihres Vaters im dargestellten Umfang eingebunden ist, keine solche erhebliche Erschwernis und Belastung dar, dass von einer Unzumutbarkeit gesprochen werden könnte. Durch frühzeitig eingeleitete organisatorische Maßnahmen dürften die in Folge der Teilnahme am Bereitschaftsdienst entstehenden Vakanzen keine erheblichen Auswirkungen auf die Tätigkeit der Klägerin im Rahmen der Kooperation und auf die Pflege ihres Vaters haben. Aus diesen Gründen war die Klage in der Hauptsache abzuweisen. Dagegen konnte sich die Kammer nicht der Auffassung der Beklagten anschließen, wo-nach die Hinzuziehung eines Rechtsanwalts im Vorverfahren nicht notwendig sei. Auch aus der ex-ante-Sicht (BSG, Urteil vom 09.05.2012 – B 6 KA 19/11 R) reichten rein medizinische Erläuterungen bzw. Hinweise auf die Kooperation mit dem Krankenhausträger durch die Klägerin nicht aus. Vielmehr war eine Kenntnis der einschlägigen Regelungen vorauszusetzen. Somit liegen die Voraussetzungen des § 63 Abs. 2 SGB X vor.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 197a SGG i.V.m. § 154 VwGO.
II. Die Hinzuziehung eines Rechtsanwaltes im Vorverfahren wird für notwendig erklärt.
III. Die Klägerin trägt die Kosten des Verfahrens.
Tatbestand:
Gegenstand der zum Sozialgericht München eingelegten Klage sind die Bescheide der Beklagten in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 30.09.2015. Mit den Bescheiden wurden die Anträge der Klägerin auf Befreiung vom vertragsärztlichen Bereit-schaftsdienst vom 24.06.2014 (angegebener Befreiungsgrund: Kooperation mit dem Krankenhaus A-Stadt) und vom 26.03.2015 (angegebener Befreiungsgrund: erhebliche familiäre Belastung-Pflege des Vaters der Klägerin) zurückgewiesen. Unter Ziff. II des Bescheides wurde die Hinzuziehung eines Rechtsanwalts im Vorverfahren nicht für notwendig erachtet. Zur Begründung führte die Beklagte aus, ihres Erachtens lägen die Voraussetzungen für eine Befreiung nach § 14 BDO-KVB nicht vor. Dies gelte sowohl für den angegebenen Befreiungsgrund "Kooperation mit dem Krankenhaus A-Stadt", als auch für den angegebenen Befreiungsgrund "erhebliche familiäre Belastung-Pflege des Vaters der Klägerin". Was die Kooperation mit dem Krankenhaus A-Stadt betreffe, so sei bereits unklar, ob die Klägerin aufgrund des Kooperationsvertrages vom 18.09.1998 überhaupt verpflichtet sei, Leistungen für den Krankenhausträger zu erbringen. Abgesehen davon stelle die Kooperationstätigkeit für den Krankenhausträger keine Tätigkeit im Bereich der vertragsärztlichen Versorgung dar. Denn die Klägerin erhalte Entgelt vom Krankenhaus. Die Tätigkeit sei freiwillig. Dagegen bestehe für alle Ärzte eine Teilnahmepflicht am Bereitschaftsdienst. Dieser habe Vorrang vor Nebentätigkeiten. Im Übrigen würden die Krankenhäuser bei der ambulanten Versorgung von Notfällen subsidiär tätig werden, wie sich aus § 76 Abs. 1 Satz 2 SGB V ergebe. Selbst wenn man von einer ambulanten Versorgung ausgehe, so liege doch der Schwerpunkt im Rahmen der Kooperation bei der stationären Versorgung. Die Tätigkeit aufgrund der Kooperation sei auch nicht mit einer belegärztlichen Tätigkeit gleichzusetzen. Hinsichtlich des geltend gemachten Befreiungsgrundes "erhebliche familiäre Belastung-Pflege des Vaters der Klägerin" spreche im konkreten Fall wegen der nach Auffassung der Beklagten zeitlichen und persönlich noch handhabbaren Belastung mehr für eine Ablehnung des Befreiungsantrages. Die Klägerin habe zwar die Umstände, wie es zu der Pflegebedürftigkeit ihres Vaters gekommen sei, geschildert, auch den weiteren Verlauf der Entwicklung und den aktuellen vorliegenden Befund über den Gesundheitszustand ihres Vaters. Es handle sich hierbei um eine Selbstattestierung, was im Hinblick auf die Nachweispflicht gemäß § 14 Abs. 2 BDO-KVB als problematisch anzusehen sei. Die An-gaben der Klägerin würden auch keine Stütze in dem Pflegegutachten von M-Firma er-fahren. Dort ist die Rede von Pflegestufe 1 für den Vater der Klägerin. Der pflegerische zeitliche Aufwand der Klägerin wurde mit 34 Minuten täglich angegeben. Sinngemäß vertrat die Beklagte die Auffassung, es sei auch nicht nachvollziehbar, weshalb das Tätigkeitwerden im Rahmen der Kooperation mit der Pflege vereinbar sein solle, nicht aber der Bereitschaftsdienst. Im Vorfeld war auch die Zuordnung der Klägerin, die als Radiologin in Gemeinschaftspraxis mit einem weiteren Arzt zugelassen ist und am Krankenhaus A-Stadt ambulante radiologische Leistungen erbringt, aber auch für den Krankenhausträger tätig ist, da dort keine radiologische Abteilung vorgehalten wird, strittig. Denn die Klägerin wurde nach der neuen BDO-KVB grundsätzlich dem Bereitschaftsdienst zugeordnet. Eine dagegen eingelegte Klage unter dem Aktenzeichen S 38 KA 201/15 wurde nach Hinweis des Gerichts auf die Rechtsprechung der Sozialgerichte in der mündlichen Verhandlung am 20.09.2016 zurückgenommen. Gegen die Bescheide der Beklagten in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 30.09.2015 ließ die Klägerin durch ihren Prozessbevollmächtigten Klage zum Sozialgericht München einlegen. In mehreren, teilweise sehr ausführlichen Schriftsätzen und ergänzt in der mündlichen Verhandlung am 20.09.2016 wurde die Sach-und Rechtslage aus der Sicht der Klägerseite dargestellt. So wurde unter Hinweis auf Erklärungen des Krankenhauses und des Gemeinschaftspraxispartners ausgeführt, die Klägerin sei sehr wohl in den Kooperationsvertrag mit eingebunden. Auf der Grundlage dieses Vertrages stelle die Klägerin eine "höchstpersönliche radiologische Rund-um-die-Uhr-und Notfall-Versorgung von ambulanten Notfallpatienten (Krankenhaus-Notfall-Ambulanz), Belegarztpatienten und anderen stationären Patienten sicher". So erbringe die Gemeinschaftspraxis im Quartal zwischen 300 und 400 CT´s außerhalb der regulären Dienstzeiten (Rund-um-die-Uhr- Bereitschaftsdienste für das Krankenhaus die Hälfte des Monats, 24 Stunden täglich). Es handle sich hauptsächlich um radiologische Befundungen, die ihre Anwesenheit vor Ort (Krankenhaus A-Stadt) nicht erforderten, sondern vielmehr über Computer möglich seien. Insofern sei die Tätigkeit anders zu beurteilen als die im Rahmen des vertragsärztlichen Bereitschaftsdienstes. Indem sie die radiologische Notfallversorgung in der Notfallambulanz des Krankenhauses übernehme, werde sie im Bereich der vertragsärztlichen Versorgung gemäß § 76 Absatz 1 Satz 2 SGB V tätig. Es sei davon auszugehen, dass durch das Tätigwerden im Rahmen des Bereitschaftsdienstes die Patienten der radiologischen Notfallversorgung im Landkreis A-Stadt gefährdet würden. Im Ergebnis er-bringe die Klägerin durch ihre Tätigkeit im Rahmen des Kooperationsvertrages mit der Tätigkeit als Belegarzt vergleichbare Leistungen, so dass der Befreiungstatbestand im Sinne von § 14 BDO- KVB erfüllt sei. Unter Hinweis auf die "persönliche Erklärung" zur Pflege ihres Vaters vom 28.04.2015 machte die Klägerseite geltend, auch insofern sei die Klägerin von der Teilnahme am vertragsärztlichen Bereitschaftsdienst nach § 14 BDO-KVB zu befreien. Infolge eines Unfalls leide der Vater der Klägerin an einer 100%igen Schluckstörung. Er könne überhaupt nicht schlucken und daher auch nicht selbstständig Flüssigkeiten zu sich nehmen. Insgesamt sei er ein Hochrisikopatient (Schlaganfall-und Herzinfarktgefährdung, Vorhofflimmern). Zusammen mit dem Hausarzt, einem Internisten, führe sie die ärztliche Weiterbehandlung durch, führe allein die Krankengymnastik weiter und verabreichte bzw. organisiere die totale künstliche Ernährung. Sie überwache auch die medikamentöse Einstellung. Eine Unterstützung durch ihre betagte Mutter sei wegen deren spastischer Gehstörung nicht oder nur bedingt möglich. Auf Nachfrage des Gerichts in der mündlichen Verhandlung wurde mitgeteilt, für ihre Mutter sei keine Pflegestufe beantragt worden. Der instabile Gesundheitszustand des Vaters der Klägerin werde auch darin deutlich, dass dieser erst letzte Woche stationär aufgenommen werden musste (Gallenblasenentzündung). Von einem operativen Eingriff sei aber angesichts des Alters und des Gesamtgesundheitszustandes Abstand genommen worden. Andere Familienangehörige stünden auch nicht zur Verfügung. Die Klägerin lasse ihren Vater keinen Tag allein. Sie lasse sich nicht zwingen, diese unmittelbare Verantwortung auch nur tageweise an irgendwelche Fremdpersonen abzugeben oder ihn gar in einem Pflegeheim unterzubringen. In Erwiderung machte die Beklagte zunächst geltend, die Klage sei unzulässig, da der Prozessbevollmächtigte des Klägers mit Schriftsatz vom 06.11.2015 formuliert habe " Die Klageerhebung erfolgt zunächst zur Fristwahrung und nur soweit der genannte Widerspruchsbescheid nicht bereits Gegenstand des Verfahrens Az. S 38 KA 201/15 am Sozialgericht München ist". Denn ein Klageantrag müsse "unbedingt" gestellt werden. Es sei die Trennung zwischen der Zuordnung zum Bereitschaftsdienst einerseits und der Entscheidung/den Entscheidungen über Anträge auf Befreiung vom Bereitschaftsdienst zu beachten. Deshalb ersetze der Widerspruchsbescheid vom 30.09.2015, der sich mit der Befreiung vom Bereitschaftsdienst befasse, nicht den Widerspruchsbescheid vom 04.02.2015, der sich mit der Zuordnung zum Bereitschaftsdienst befasse. Er werde des-halb nicht Gegenstand des Verfahrens unter dem Az. S 38 KA 201/15. In materieller Hinsicht bestehe seitens der Beklagten die Auffassung, es gebe keinen Anspruch auf Befreiung nach § 14 BDO-KVB. Denn das Maß des Zumutbaren sei noch nicht überschritten. Immerhin würden die Dienstpläne für den Bereitschaftsdienst ein halbes Jahr im Voraus aufgestellt, so dass eine frühzeitige Beauftragung Dritter, beispielsweise des Pflegedienstes ohne weiteres möglich sein müsste. In der mündlichen Verhandlung am 20.09.2016 machte die Vertreterin der Beklagten darauf aufmerksam, dass die Bereit-schaftsdienstbereiche neu geordnet worden seien. Sie seien jetzt wesentlich größer mit der Folge, dass wesentlich mehr Ärzte am Bereitschaftsdienst teilnähmen, so in der Pilotregion A-Stadt mehr als 200 Ärzte. Dies bringe es mit sich, dass jeder einzelne Arzt in geringerem Umfang als bisher zum vertragsärztlichen Bereitschaftsdienst eingeteilt werde. So müsse die Klägerin bis zum Jahresende 2016 lediglich nur mehr drei Dienste leisten, nämlich am 16. Oktober, 24. November und 5. Dezember. Ab 04.10.2016 sei außerdem die Bereitschaftsdienstpraxis am Krankenhaus A-Stadt angesiedelt. Dort finde der sogenannte Sitzdienst statt. Von dort aus erfolge auch der Fahrdienst. In der mündlichen Verhandlung am 20.09.2016 stellte der Prozessbevollmächtigte der Klägerin die Anträge aus seinem Schriftsatz vom 08.12.2015. Die Vertreterin der Beklagten beantragte, die Klage abzuweisen. Beigezogen und Gegenstand der mündlichen Verhandlung war die Beklagtenakte, sowie die Klageakte im Verfahren S 38 KA 201/15. Im Übrigen wird auf den sonstigen Akteninhalt, insbesondere Schriftsätze der Beteiligten, sowie die Sitzungsniederschrift vom 20.09.2016 verwiesen.
Entscheidungsgründe:
Die zum Sozialgericht München eingereichte Klage ist zulässig, jedoch im Wesentlichen unbegründet. Es handelt sich um eine kombinierte Anfechtungs-und Verpflichtungsklage nach § 54 SGG. Entgegen der Auffassung der Beklagten ist die Klage als unbedingt an-zusehen und deshalb als zulässig zu erachten. Die Formulierung im Schriftsatz vom 06.11.2015 mag zwar zunächst auf eine Bedingung hindeuten, jedoch spricht nach Auslegung mehr dafür, sie als Ankündigung zu verstehen, wonach die Klage dann zurückge-nommen wird, wenn der Widerspruchsbescheid vom 30.09.2015 Gegenstand des Verfahrens unter dem Aktenzeichen S 38 KA 201/15 nach § 96 SGG würde. Die angefochtenen Bescheide sind bis auf Ziff. II. des Bescheidtenors (Widerspruchsbe-scheid) rechtmäßig und verletzen die Klägerin nicht in ihren Rechten. Die Klägerin hat keinen Anspruch auf Befreiung vom Bereitschaftsdienst. Wie das Bundessozialgericht unter Hinweis auf § 75 Abs. 1 SGB V (BSG, Urteil vom 06.09.2006, Az. B 6 KA 43/05 R) ausführte, ist die "Sicherstellung von Not-bzw. Bereitschaftsdienst eine gemeinsame Aufgabe aller Ärzte, die nur erfüllt werden kann, wenn grundsätzlich alle zugelassenen Ärzte" daran teilnehmen. Vor diesem Hintergrund sind die in der BDO-KVB vorgesehenen Befreiungstatbestände restriktiv auszulegen. Nach § 14 Abs. 1 Satz 1 BDO-KVB kann ein Vertragsarzt oder ein angestellter Arzt aus schwer-wiegenden Gründen ganz, teilweise (z.B. nur vom Fahrdienst) oder vorübergehend vom ärztlichen Bereitschaftsdienst befreit werden. In § 14 Absatz 1 Satz 2 BDO-KVB werden beispielhaft schwerwiegende Gründe aufgezählt. Es handelt sich bei der Entscheidung über die Befreiung vom ärztlichen Bereitschaftsdienst um eine Ermessensentscheidung. Die unter § 14 Abs. 1 lit.a bis e BDO-KVB möglichen Befreiungstatbestände sind nicht ab-schließend, wie sich aus der Formulierung "insbesondere" ergibt. Lediglich bei einer Ermessensreduzierung auf Null besteht ein Anspruch auf Befreiung. Die Klägerin beruft sich auf § 14 Abs. 1 Satz 2 b) BDO-KVB. Danach wird als Befreiungs-grund angesehen, wenn die Teilnahme am Ärztlichen Bereitschaftsdienst aufgrund nach-gewiesener besonderer belastender familiärer Pflichten dem Arzt nicht zuzumuten ist. Nach dem Vortrag der Klägerin hat sie zum Teil die Pflege Ihres Vaters übernommen. Dieser leide an einer 100%igen Schluckstörung und sei als Risikopatient anzusehen. In dem Zusammenhang wies die Klägerseite auf das Pflegegutachten von M-Firma, sowie auf die "persönliche Erklärung" zur Pflege ihres Vaters vom 28.04.2015 hin. Die Klägerin ist als Antragstellerin nachweispflichtig für das Vorliegen eines schwerwiegenden Grundes im Sinne von § 14 Absatz 1 Satz 2 BDO-KVB, wie sich aus § 14 Abs. 2 BDO-KVB ergibt. Zwar ist der Klägerin in ihrer Eigenschaft als Ärztin nicht abzusprechen, dass sie eine eigene Befundung durchführen und diese vorlegen kann. Nach Auffassung der mit zwei Ärzten fachkundig besetzten Kammer genügt die "persönliche Erklärung" der Klägerin inhaltlich nicht den Anforderungen an die Nachweispflicht des § 14 Abs. 2 BDO-KVB. Denn es finden sich auch zum Großteil Ausführungen zum Krankheitsverlauf des Vaters der Klägerin, was für die Beurteilung der Frage, ob ein Befreiungsgrund vorliegt, unwesentlich ist. Hinzu kommt, dass, was bei einer Beurteilung durch einen Familienangehörigen auf der Hand liegt, eine solche Beurteilung nie frei von subjektiven Elementen sein kann. Auch das vorgelegte Pflegegutachten von M-Firma ist wenig erhellend. Es enthält lediglich Angaben zum Pflegeaufwand und zur Pflegestufe (eins). Der der Klägerin zugeordnete Pflegeaufwand von 34 Minuten täglich lässt sich mit den sonstigen Angaben der Klägerin nur teilweise in Übereinstimmung bringen. Insofern bestehen Zweifel an der Aussagekraft dieser Nachweise. Andere Nachweise wurden nicht vorgelegt. Für das Gericht ist dies nicht nachvollziehbar, zumal sich der Vater der Klägerin auch in Behandlung durch seinen Hausarzt, einem Internisten befindet. Es hätte sicherlich keinen allzu großen Aufwand dargestellt, den Nachweis mittels einer aussagekräftigen, objektiven Befundung durch den Hausarzt zu führen. Zusammenfassend ist das Gericht daher der Auffassung, dass möglicherweise der Befreiungstatbestand erfüllt ist, jedoch der Nachweis nach § 14 Abs. 2 BDO-KVB nicht geführt wurde. Nach § 14 Abs. 1 Satz 2 Buchstabe d BDO-KVB ist auch eine Befreiung möglich, wenn der Arzt einen besonderen Versorgungsauftrag im Rahmen der Sicherstellung der vertragsärztlichen Versorgung erfüllt. Ausgehend davon, dass auch die Klägerin vertraglich in die Kooperation mit dem Krankenhaus A-Stadt eingebunden ist - dies ist zwar nicht unmittelbar dem Kooperationsvertrag aus dem Jahr 1998 zu entnehmen, kann aber aufgrund der Erklärung des Gemeinschaftspraxispartners und des Krankenhausträgers angenommen werden, spricht allein gegen das Tätigwerden der Klägerin im Rahmen der Sicherstellung der vertragsärztlichen Versorgung der Umstand, dass diese für den Kranken-hausträger tätig ist und von diesem auch die erbrachten Leistungen honoriert erhält. Selbst wenn von der Klägerin behandelte Notfallpatienten in der Notfallambulanz des Krankenhauses A-Stadt, soweit sie nicht stationär aufgenommen werden, als ambulant anzusehen wären und das Tätigwerden der Klägerin im Rahmen der Kooperation auch die vertragsärztliche Versorgung sicherstellt, darf nicht übersehen werden, dass die Kooperation schwerpunktmäßig dem stationären Versorgungsauftrag zu dienen bestimmt ist. Für eine faktische generelle Verlagerung des Bereitschaftsdienstes zur Versorgung von Patienten in einer Notfallambulanz eines Krankenhauses gibt es keinerlei Anhaltspunkte. Deshalb gelangt das Gericht zu dem Ergebnis, dass der Befreiungstatbestand von § 14 Abs. 1 Satz 2 Buchstabe d BDO-KVB nicht erfüllt ist. Wie bereits ausgeführt, sind die in § 14 genannten Befreiungstatbestände nicht abschließend. Bei einem weiteren Befreiungstatbestand muss es sich jedoch um einen solchen handeln, der von der Bedeutung und Tragweite den in § 14 BDO-KVB beispielhaft aufgeführten Befreiungstatbeständen entspricht. Gewiss dürfte die Kooperation mit dem Krankenhaus A-Stadt nicht zuletzt aus wirtschaftlichen Gründen sinnvoll sein und dient auch der besseren Verzahnung der stationären Versorgung mit der ambulanten Versorgung, was aber nicht dazu führt, das Tätigwerden der Klägerin beispielsweise einer belegärztlichen Tätigkeit gleichzustellen. Von der Möglichkeit einer Befreiung vom vertragsärztlichen Bereitschaftsdienst ist nur ausnahmsweise und restriktiv Gebrauch zu machen. Nicht unproblematisch erscheint auch, dass die Klägerin auf der einen Seite ihre Tätigkeit im Rahmen der Kooperation mit der Pflege des Vaters offensichtlich vereinbaren kann, auf der anderen Seite eine Teilnahme am vertragsärztlichen Bereitschaftsdienst für in-kompatibel hält. Denn nach § 76 Absatz 1 Satz 2 SGB V ist die ambulante Versorgung von Notfällen in Krankenhäusern subsidiär. Außerdem genießt der vertragsärztliche Bereitschaftsdienst Vorrang vor Nebentätigkeiten, auch solchen im Rahmen einer Kooperation mit einem Krankenhaus (vgl. BSG, Urteil vom 15.09.1977, Az. 6 Rka 12/77). Hinzu kommt, dass zwar die radiologische Befunde und Ansicht im Rahmen der Kooperation größtenteils über Computer erfolgt und deshalb eine Anwesenheit vor Ort (Krankenhaus) nicht erforderlich ist, während der Bereitschaftsdienst auch Besuche beim Patienten mit einschließt. Dies wird aber kompensiert durch den im Rahmen der Kooperation ungleich höheren Tätigkeitsumfang (Rund-um-die-Uhr- Bereitschaftsdienste für das Krankenhaus die Hälfte des Monats, 24 Stunden täglich). Im Ergebnis stellt daher nach Auffassung des Gerichts auch die Kooperation mit dem Krankenhausträger keinen Befreiungsgrund im Sinne von § 14 BDO-KVB dar. Selbst wenn man bei dem vorliegenden Sachverhalt von einem oder sogar mehreren aus-reichenden Befreiungsgründen ausgehen würde, erwächst daraus nicht automatisch ein Anspruch auf Befreiung vom vertragsärztlichen Bereitschaftsdienst. Denn bei der Regelung des § 14 BDO- KVB handelt es sich um eine Ermessensvorschrift. In dem Zusammenhang wäre zu prüfen, ob der Klägerin Teilnahme am vertragsärztlichen Bereitschaftsdienst zumutbar ist. Angesichts der Dienstfrequenz – die Klägerin ist bis zum Jahresende lediglich dreimal zum vertragsärztlichen Bereitschaftsdienst eingeteilt - nach der Neustrukturierung der Bereitschaftsdienstbereiche verbunden mit der Teilnahme einer wesentlich größeren Anzahl von Ärzten (Pilotregion A-Stadt: Teilnahme von 200 Ärzten) und des Umstandes, dass die Dienstpläne für den Bereitschaftsdienst ein halbes Jahr im Voraus bekannt sind, stellt die Teilnahme der Klägerin nach Auffassung des Gerichts selbst unter Berücksichtigung der im Rahmen der Kooperation zu erbringenden Leistungen und Würdigung des Umstandes, dass die Klägerin in die Pflege Ihres Vaters im dargestellten Umfang eingebunden ist, keine solche erhebliche Erschwernis und Belastung dar, dass von einer Unzumutbarkeit gesprochen werden könnte. Durch frühzeitig eingeleitete organisatorische Maßnahmen dürften die in Folge der Teilnahme am Bereitschaftsdienst entstehenden Vakanzen keine erheblichen Auswirkungen auf die Tätigkeit der Klägerin im Rahmen der Kooperation und auf die Pflege ihres Vaters haben. Aus diesen Gründen war die Klage in der Hauptsache abzuweisen. Dagegen konnte sich die Kammer nicht der Auffassung der Beklagten anschließen, wo-nach die Hinzuziehung eines Rechtsanwalts im Vorverfahren nicht notwendig sei. Auch aus der ex-ante-Sicht (BSG, Urteil vom 09.05.2012 – B 6 KA 19/11 R) reichten rein medizinische Erläuterungen bzw. Hinweise auf die Kooperation mit dem Krankenhausträger durch die Klägerin nicht aus. Vielmehr war eine Kenntnis der einschlägigen Regelungen vorauszusetzen. Somit liegen die Voraussetzungen des § 63 Abs. 2 SGB X vor.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 197a SGG i.V.m. § 154 VwGO.
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