Land
Nordrhein-Westfalen
Sozialgericht
SG Münster (NRW)
Sachgebiet
Sozialhilfe
Abteilung
2
1. Instanz
SG Münster (NRW)
Aktenzeichen
S 2 AY 62/12
Datum
2. Instanz
LSG Nordrhein-Westfalen
Aktenzeichen
L 20 AY 90/13
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
B 7 AY 2/14 R
Datum
Kategorie
Urteil
Die Klage wird abgewiesen. Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten. Die Berufung wird zugelassen.
Tatbestand:
Der Kläger begehrt die Übernahme der Kosten für einen Sprachkurs.
Der im Jahre 1983 geborene Kläger besitzt die Staatsangehörigkeit von Guinea. Seine Muttersprache ist Voula. Daneben beherrscht der Kläger auch die französische Sprache.
Er reiste im Jahre 2011 in das Bundesgebiet ein und beantragte die Anerkennung als Asylberechtigter. Dieser Antrag blieb erfolglos. Dem Kläger wurde für die Durchführung des Asylverfahrens eine Aufenthaltsgestattung erteilt. Seit dem 07.10.2011 ist der Kläger vollziehbar ausreisepflichtig. Augenblicklich wird sein Aufenthalt im Bundesgebiet geduldet.
Der Kläger wurde der Beklagten mit Bescheid der Bezirksregierung B. vom 31.08.2011 zugewiesen. Er ist in einem Asylbewerberwohnheim mit Menschen verschiedenster Nationalitäten untergebracht. Er erhält Leistungen nach § 3 AsylbLG.
Im Februar 2012 beantragte der Kläger die Übernahme der Kosten für einen Sprachkurs "Deutsch". Zur Begründung seines Antrags machte er geltend, er habe keine eigenen Mittel für die Übernahme der Kosten des Sprachkurses. Er möchte die deutsche Sprache lernen, um nach Erfüllung der Ein-Jahres-Frist arbeiten zu können.
Die Beklagte lehnte mit Bescheid vom 03.05.2012 eine Kostenübernahme ab. Der Kläger erhob gegen diesen Bescheid Widerspruch. Zur Begründung seines Widerspruchs machte er geltend, es sei sinnvoll, dass er die deutsche Sprache lerne. Die Beklagte wies den Widerspruch des Klägers mit Widerspruchsbescheid vom 21.05.2012 als unbegründet zurück. Zur Begründung führte die Beklagte aus, der Umfang des Leistungsanspruchs richte sich nach §§ 3 bis 6 AsylbLG. Aus diesem Grund scheide ein Anspruch nach den Vorschriften des SGB II, des SGB XII oder nach § 43 AufenthG aus. Ein Sprachkurs gehöre nicht zum Leistungsspektrum des AsylbLG. Die Spracheförderung setze erst mit der Anerkennung als Asylberechtigter ein. Eine frühere Sprachförderung sei nicht sinnvoll, da das dauerhafte Aufenthaltsrecht im Bundesgebiet nicht sichergestellt sei.
Der Kläger hat am 22.06.2012 Klage erhoben. Zur Begründung seiner Klage trägt er vor, er sei wegen der Verhältnisse in seinem Heimatland nicht bereit, freiwillig auszureisen. Das Bundesverfassungsgericht habe in seiner Entscheidung vom 08.07.2012 ausgeführt, dass die Höhe der Geldleistungen nach § 3 AsylbLG auch die Sicherung der Möglichkeit zur Pflege zwischenmenschlicher Beziehungen und ein Mindestmaß an der Teilhabe am gesellschaftlichen, kulturellen und politischen Leben beinhalte. Er könne die Kosten für einen Deutschkurs nicht finanzieren. Der Hinweis der Beklagten auf die Fördermöglichkeiten anerkannter Asylbewerber sei mit der Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts nicht zu vereinbaren.
Der Kläger beantragt,
den Bescheid vom 03.05.2012 in der Fassung des Widerspruchsbescheids vom 21.05.2012 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, die Kosten für seine Teilnahme an einem Sprachkurs "Deutsch" zu übernehmen.
Die Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Zur Begründung ihres Antrags trägt die Beklagte vor, das Bundesverfassungsgericht habe nur Feststellungen zur Verfassungswidrigkeit der Höhe der Regelbedarfe getroffen. Die übrigen Bestimmungen des AsylbLG seien nicht für verfassungswidrig erklärt worden. Die Regelungen in anderen Gesetzen seien zu berücksichtigen. §§ 43, 44 AufenthG regelten die Teilnahme an Integrationskursen für Ausländer mit einem dauerhaften Bleiberecht im Bundesgebiet. Nach dem Willen des Gesetzgebers solle eine Sprachförderung erst mit Erhalt eines dauerhaften Aufenthaltsrechts erfolgen. Das Regelbedarfsermittlungsgesetz (RBEG) differenziere zwischen dem physischen und dem soziokulturellen Existenzminimum. Das RBEG enthalte keine Anteile für einen Sprachkurs.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstands wird auf die Gerichtsakte und die den Kläger betreffende Verwaltungsakte der Beklagten Bezug genommen. Diese Unterlagen sind Gegenstand der mündlichen Verhandlung vom 22.05.2013 gewesen.
Entscheidungsgründe:
Die statthafte, form- und fristgerecht erhobene Klage ist zulässig, jedoch nicht begründet. Die mit der Klage angefochtenen Bescheide sind rechtmäßig. Die Beklagte ist nicht verpflichtet, dem Kläger die Kosten für die Teilnahme an einem Sprachkurs "Deutsch" zu erstatten.
Ein Anspruch nach dem AsylbLG besteht nicht. § 3 AsylbLG regelt die Deckung der Kosten für den notwendigen Bedarf an Ernährung, Unterhalt, Heizung, Kleidung, Gesundheits- und Körperpflege und Gebrauchs- und Verbrauchsgütern des Haushalts. Diese Bedarfe entstehen regelmäßig. Kosten für einen Sprachkurs werden hiervon nicht erfasst. Selbst wenn dies der Fall sein sollte, ergebe sich hieraus kein selbständiger Kostenerstattungsanspruch des Klägers, da in diesem Fall die Kosten für einen Sprachkurs im Regelbedarf enthalten wären.
Auch § 6 AsylbLG begründet keinen Leistungsanspruch des Klägers. Diese Bestimmung regelt die Gewährung sonstiger Leistungen. Diese können nach Abs. 1 der Vorschrift gewährt werden, wenn sie im Einzelfall zur Sicherung des Lebensunterhalts oder der Gesundheit unerlässlich sind, zur Deckung besonderer Bedürfnisse von Kindern geboten oder zur Erfüllung einer verwaltungsrechtlichen Mitwirkungspflicht erforderlich sind. § 6 Abs. 1 AsylbLG ermöglicht eine abweichende Leistungsgewährung bei besonderen Bedarfslagen (Frerichs in Juris PK – SGB XII, § 6 AsylbLG Rdnr. 20). Die durch die fehlenden Sprachkenntnisse resultierende Notwendigkeit des Erwerbs von Kenntnissen deutscher Sprache ist jedoch keine besondere Bedarfslage im Sinne des § 6 AsylbLG. Vielmehr sind fehlende Kenntnisse der deutschen Sprache bei der überwiegenden Anzahl der Bezieher von Leistungen nach dem AsylbLG an der Tagesordnung.
Ein Anspruch auf Förderung eines Sprachkurses lässt sich auch nicht unmittelbar aus der Verfassung, insbesondere aus Art. 1 GG ableiten. Der Gesetzgeber ist vielmehr zu Recht davon ausgegangen, dass solche Förderleistungen nur für die rechtmäßig auf Dauer im Bundesgebiet lebenden Ausländern gewährt werden können. Entsprechende Regelungen enthalten §§ 43, 44 AufenthG. Zu dem in diesen Vorschriften genannten Personenkreis zählt der Kläger jedoch nicht.
Auch § 5 RBEG sieht keine Verbrauchsausgaben für Sprachkurse vor. In der Abteilung 10 zu § 5 dieses Gesetzes werden Kosten für Bildung in Höhe von maximal 1,39 Euro monatlich festgelegt. In diesem Betrag sind keine Kosten für die Teilnahme an Sprachkursen enthalten. Da das Bundesverfassungsgericht im Urteil vom 18.07.2012, Az.: 1 BvL 1/10 und 1 BvL 2/11 auf die Regelungen des RBEG abgestellt hat, um Kriterien für die Bedarfsermittlung zu erhalten, und da in den vom Bundesverfassungsgericht angewandten Regelungen die Kosten für Sprachkurse nicht enthalten sind, kann der Kläger seinen Klageanspruch nicht auf die maßgebliche Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts stützen. Ohne einen Verstoß gegen Art. 1 GG oder andere Normen des GG war der Gesetzgeber befugt, den Anspruch auf Übernahme der Kosten für Integrationsmaßnahmen, zu denen auch ein Sprachkurs gehört, auf den in §§ 43, 44 AufenthG genannten Personenkreis zu beschränken.
Die Kostenentscheidung beruht auf §§183, 193 SGG.
Die Kammer hat nach § 144 Abs. 1 S. 1 SGG die Berufung zugelassen.
Tatbestand:
Der Kläger begehrt die Übernahme der Kosten für einen Sprachkurs.
Der im Jahre 1983 geborene Kläger besitzt die Staatsangehörigkeit von Guinea. Seine Muttersprache ist Voula. Daneben beherrscht der Kläger auch die französische Sprache.
Er reiste im Jahre 2011 in das Bundesgebiet ein und beantragte die Anerkennung als Asylberechtigter. Dieser Antrag blieb erfolglos. Dem Kläger wurde für die Durchführung des Asylverfahrens eine Aufenthaltsgestattung erteilt. Seit dem 07.10.2011 ist der Kläger vollziehbar ausreisepflichtig. Augenblicklich wird sein Aufenthalt im Bundesgebiet geduldet.
Der Kläger wurde der Beklagten mit Bescheid der Bezirksregierung B. vom 31.08.2011 zugewiesen. Er ist in einem Asylbewerberwohnheim mit Menschen verschiedenster Nationalitäten untergebracht. Er erhält Leistungen nach § 3 AsylbLG.
Im Februar 2012 beantragte der Kläger die Übernahme der Kosten für einen Sprachkurs "Deutsch". Zur Begründung seines Antrags machte er geltend, er habe keine eigenen Mittel für die Übernahme der Kosten des Sprachkurses. Er möchte die deutsche Sprache lernen, um nach Erfüllung der Ein-Jahres-Frist arbeiten zu können.
Die Beklagte lehnte mit Bescheid vom 03.05.2012 eine Kostenübernahme ab. Der Kläger erhob gegen diesen Bescheid Widerspruch. Zur Begründung seines Widerspruchs machte er geltend, es sei sinnvoll, dass er die deutsche Sprache lerne. Die Beklagte wies den Widerspruch des Klägers mit Widerspruchsbescheid vom 21.05.2012 als unbegründet zurück. Zur Begründung führte die Beklagte aus, der Umfang des Leistungsanspruchs richte sich nach §§ 3 bis 6 AsylbLG. Aus diesem Grund scheide ein Anspruch nach den Vorschriften des SGB II, des SGB XII oder nach § 43 AufenthG aus. Ein Sprachkurs gehöre nicht zum Leistungsspektrum des AsylbLG. Die Spracheförderung setze erst mit der Anerkennung als Asylberechtigter ein. Eine frühere Sprachförderung sei nicht sinnvoll, da das dauerhafte Aufenthaltsrecht im Bundesgebiet nicht sichergestellt sei.
Der Kläger hat am 22.06.2012 Klage erhoben. Zur Begründung seiner Klage trägt er vor, er sei wegen der Verhältnisse in seinem Heimatland nicht bereit, freiwillig auszureisen. Das Bundesverfassungsgericht habe in seiner Entscheidung vom 08.07.2012 ausgeführt, dass die Höhe der Geldleistungen nach § 3 AsylbLG auch die Sicherung der Möglichkeit zur Pflege zwischenmenschlicher Beziehungen und ein Mindestmaß an der Teilhabe am gesellschaftlichen, kulturellen und politischen Leben beinhalte. Er könne die Kosten für einen Deutschkurs nicht finanzieren. Der Hinweis der Beklagten auf die Fördermöglichkeiten anerkannter Asylbewerber sei mit der Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts nicht zu vereinbaren.
Der Kläger beantragt,
den Bescheid vom 03.05.2012 in der Fassung des Widerspruchsbescheids vom 21.05.2012 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, die Kosten für seine Teilnahme an einem Sprachkurs "Deutsch" zu übernehmen.
Die Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Zur Begründung ihres Antrags trägt die Beklagte vor, das Bundesverfassungsgericht habe nur Feststellungen zur Verfassungswidrigkeit der Höhe der Regelbedarfe getroffen. Die übrigen Bestimmungen des AsylbLG seien nicht für verfassungswidrig erklärt worden. Die Regelungen in anderen Gesetzen seien zu berücksichtigen. §§ 43, 44 AufenthG regelten die Teilnahme an Integrationskursen für Ausländer mit einem dauerhaften Bleiberecht im Bundesgebiet. Nach dem Willen des Gesetzgebers solle eine Sprachförderung erst mit Erhalt eines dauerhaften Aufenthaltsrechts erfolgen. Das Regelbedarfsermittlungsgesetz (RBEG) differenziere zwischen dem physischen und dem soziokulturellen Existenzminimum. Das RBEG enthalte keine Anteile für einen Sprachkurs.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstands wird auf die Gerichtsakte und die den Kläger betreffende Verwaltungsakte der Beklagten Bezug genommen. Diese Unterlagen sind Gegenstand der mündlichen Verhandlung vom 22.05.2013 gewesen.
Entscheidungsgründe:
Die statthafte, form- und fristgerecht erhobene Klage ist zulässig, jedoch nicht begründet. Die mit der Klage angefochtenen Bescheide sind rechtmäßig. Die Beklagte ist nicht verpflichtet, dem Kläger die Kosten für die Teilnahme an einem Sprachkurs "Deutsch" zu erstatten.
Ein Anspruch nach dem AsylbLG besteht nicht. § 3 AsylbLG regelt die Deckung der Kosten für den notwendigen Bedarf an Ernährung, Unterhalt, Heizung, Kleidung, Gesundheits- und Körperpflege und Gebrauchs- und Verbrauchsgütern des Haushalts. Diese Bedarfe entstehen regelmäßig. Kosten für einen Sprachkurs werden hiervon nicht erfasst. Selbst wenn dies der Fall sein sollte, ergebe sich hieraus kein selbständiger Kostenerstattungsanspruch des Klägers, da in diesem Fall die Kosten für einen Sprachkurs im Regelbedarf enthalten wären.
Auch § 6 AsylbLG begründet keinen Leistungsanspruch des Klägers. Diese Bestimmung regelt die Gewährung sonstiger Leistungen. Diese können nach Abs. 1 der Vorschrift gewährt werden, wenn sie im Einzelfall zur Sicherung des Lebensunterhalts oder der Gesundheit unerlässlich sind, zur Deckung besonderer Bedürfnisse von Kindern geboten oder zur Erfüllung einer verwaltungsrechtlichen Mitwirkungspflicht erforderlich sind. § 6 Abs. 1 AsylbLG ermöglicht eine abweichende Leistungsgewährung bei besonderen Bedarfslagen (Frerichs in Juris PK – SGB XII, § 6 AsylbLG Rdnr. 20). Die durch die fehlenden Sprachkenntnisse resultierende Notwendigkeit des Erwerbs von Kenntnissen deutscher Sprache ist jedoch keine besondere Bedarfslage im Sinne des § 6 AsylbLG. Vielmehr sind fehlende Kenntnisse der deutschen Sprache bei der überwiegenden Anzahl der Bezieher von Leistungen nach dem AsylbLG an der Tagesordnung.
Ein Anspruch auf Förderung eines Sprachkurses lässt sich auch nicht unmittelbar aus der Verfassung, insbesondere aus Art. 1 GG ableiten. Der Gesetzgeber ist vielmehr zu Recht davon ausgegangen, dass solche Förderleistungen nur für die rechtmäßig auf Dauer im Bundesgebiet lebenden Ausländern gewährt werden können. Entsprechende Regelungen enthalten §§ 43, 44 AufenthG. Zu dem in diesen Vorschriften genannten Personenkreis zählt der Kläger jedoch nicht.
Auch § 5 RBEG sieht keine Verbrauchsausgaben für Sprachkurse vor. In der Abteilung 10 zu § 5 dieses Gesetzes werden Kosten für Bildung in Höhe von maximal 1,39 Euro monatlich festgelegt. In diesem Betrag sind keine Kosten für die Teilnahme an Sprachkursen enthalten. Da das Bundesverfassungsgericht im Urteil vom 18.07.2012, Az.: 1 BvL 1/10 und 1 BvL 2/11 auf die Regelungen des RBEG abgestellt hat, um Kriterien für die Bedarfsermittlung zu erhalten, und da in den vom Bundesverfassungsgericht angewandten Regelungen die Kosten für Sprachkurse nicht enthalten sind, kann der Kläger seinen Klageanspruch nicht auf die maßgebliche Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts stützen. Ohne einen Verstoß gegen Art. 1 GG oder andere Normen des GG war der Gesetzgeber befugt, den Anspruch auf Übernahme der Kosten für Integrationsmaßnahmen, zu denen auch ein Sprachkurs gehört, auf den in §§ 43, 44 AufenthG genannten Personenkreis zu beschränken.
Die Kostenentscheidung beruht auf §§183, 193 SGG.
Die Kammer hat nach § 144 Abs. 1 S. 1 SGG die Berufung zugelassen.
Rechtskraft
Aus
Login
NRW
Saved