Land
Hessen
Sozialgericht
SG Marburg (HES)
Sachgebiet
Vertragsarztangelegenheiten
Abteilung
12
1. Instanz
SG Marburg (HES)
Aktenzeichen
S 12 KA 421/15
Datum
2. Instanz
Hessisches LSG
Aktenzeichen
L 4 KA 6/17 B
Datum
-
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Gerichtsbescheid
Leitsätze
Von einer „außergewöhnlich starken“ Erhöhung der Fallzahlen ist im Rahmen einer Sonderregelung für das Regelleistungsvolumen (hier: Quartale I bis IV/09) erst ab einer Steigerungsrate von etwa 10 % auszugehen (Anschluss an SG Hamburg, Urt. v. 12.08.2015 - S 27 KA 250/12 -www.sozialgerichtsbarkeit.de = juris Rdnr. 30).
Bemerkung
u.a. Az., mit Berichtigungsbeschluss der Tabelle 1, die nicht dargestellt werden kann.
1. Die Klagen werden abgewiesen.
2. Die Klägerin hat die notwendigen Verfahrenskosten zu tragen.
3. Der endgültige Streitwert wird für jedes Verfahren auf 5.000,00 EUR festgesetzt.
Tatbestand:
Die Beteiligten streiten um die Honorarbescheide für die Quartale I und II/09 sowie um eine Sonderregelung zu den Regelleistungsvolumina für die Quartale I bis IV/09 und hierbei insb. um die für das RLV relevante Fallzahl.
Die Klägerin ist eine Berufsausübungsgemeinschaft mit zwei Ärztinnen mit Praxissitz in A-Stadt. Frau Dr. med. A1 ist seit dem 01.07.1989 als Fachärztin für Allgemeinmedizin zur vertragsärztlichen Versorgung zugelassen. Seit 01.01.1999 ist Frau A2 als Fachärztin für Allgemeinmedizin zur vertragsärztlichen Versorgung zugelassen. Zusammen bilden sie die klagende Berufsausübungsgemeinschaft.
Die Beklagte setzte das Regelleistungsvolumen für die streitbefangenen Quartale mit Bescheid wie folgt fest:
Tabelle 1
Es folgt eine Tabelle, die aus technischen Gründen nicht dargestellt werden kann.
Gegen die Festsetzungen der Regelleistungsvolumina legte die Klägerin für das Quartal I/09 am 10.12.2008, für das Quartal II/09 am 12.03.2009, für das Quartal III/09 am 05.06.2009 und für das Quartal IV/09 am 02.09.2009 Widerspruch ein. Sie trug vor, ihr dürfe ein Anwachsen auf den Fachgruppendurchschnitt nicht verwehrt werden. Auch sei in ihrer direkten Nachbarschaft im Sommer 2008 eine allgemeinärztliche Praxis geschlossen worden. Sie habe viele der Patienten übernommen.
Die Beklagte wertete die Widersprüche als Antrag auf Sonderregelung zu den Regelleistungsvolumina.
Für das Quartal I/09 lehnte sie den Antrag mit Bescheid vom 10.12.2009 ab. Zur Begründung führte sie aus, die Zulassung des Herrn Dr. A4 habe zum 29.02.2008 geendet. Der Arztsitz sei von Frau A5 übernommen worden, die seit 01.03.2008 als angestellte Ärztin in der Praxis in der Praxis von Frau Dr. A6 in C-Stadt tätig sei. Frau Dr. A7 habe ihre Tätigkeit zum 30.06.2008 beendet. Der Arztsitz sei von Frau A8 zum 01.01.2009 übernommen worden, die als angestellte Ärztin in der Praxis in der Praxis von Herrn Dr. A9 in D-Stadt tätig sei. Bei den Fallzahlen sei ein leichter Anstieg zu verzeichnen. Eine Sicherstellungsproblematik ergebe sich nicht, da beide Arztsitze wieder neu besetzt worden seien und C-Stadt und D-Stadt ebf. im Landkreis A-Kreis lägen.
Hiergegen legte die Klägerin am 16.12.2009 Widerspruch ein.
Für die übrigen Quartale II bis IV/09 lehnte sie den Antrag mit Bescheid vom 24.11.2014 ab. Bzgl. der Fallzahlerhöhung wies sie wie zuvor für das Quartal I/09 darauf hin, dass auch für die Quartale II bis IV/09 eine Vakanz nicht zu verzeichnen sei.
Hiergegen legte die Klägerin am 18.12.2014 Widerspruch ein.
In den streitbefangenen Quartalen nahm die Beklagte mit Honorarbescheid folgende Festsetzungen vor:
Quartal I/09 II/09 III/09 IV/09
Honorarbescheid vom 20.07.2009 11.10.2009 23.12.2009 25.03.2010
Nettohonorar gesamt in EUR 59.847,56 57.601,33
Bruttohonorar PK + EK in EUR 61.354,23 59.208,19 63.818,81 63.061,94
Fallzahl PK + EK 1.015 967 1.020 1.057
Honorar Regelleistungsvolumen in EUR 37.872,58 38.257,52 41.425,82 43.090,55
Honorar quotiertes RLV in EUR 1.878,70 2.086,97 435,16 917,38
Fallwertzuschläge zu RLV in EUR 2.221,71 2.053,63 2.183,72 2.066,30
Übrige Leistungen innerhalb der morbiditätsbedingten Gesamtvergütung (MGV) 13.169,57 10.314,30 13.237,63 8.814,24
Leistungen außerhalb der morbiditätsbedingten Gesamtvergütung (MGV 6.211,67 6.495,77 6.536,48 8.173,47
RLV
Obergrenze 39.865,86 40.259,30 43.584,46 45.320,28
Angefordert 48.745,70 45.976,45 45.460,95 48.236,53
Überschreitung 8.879,84 5.717,15 1.876,49 2.916,25
Überschreitung FWZ 1.226,80 738,95 0,00 0,00
Überschreitung RLV + FWZ 10.106,64 6.456,10 1.876,49 2.916,25
Frau A2
Arztfälle 709 722
Bruttohonorar PK + EK in EUR 22.905,10 25.745,11
RLV
Obergrenze 19.932,93 20.129,65
Angefordert 18.512,40 21.984,87
Über-/Unterschreitung - 1.420,53 + 1.855,22
Frau Dr. A1
Arztfälle 885 767
Bruttohonorar PK + EK in EUR 38.449,13 33.463,08
RLV
Obergrenze 19.932,93 20.129,65
Angefordert 30.233,30 23.991,58
Über-/Unterschreitung + 10.300,37 + 3.861,93
Gegen die Honorarbescheide für die Quartale I und II/09 legte die Klägerin am 02.09.2009 und 15.12.2009 Widerspruch ein.
Die Beklagte fasste die Widerspruchsverfahren bezüglich einer Sonderregelung im Rahmen des Regelleistungsvolumens für das Quartal I/09 sowie gegen den Honorarbescheid für das Quartal I/09 zusammen und wies die Widersprüche mit Widerspruchsbescheid vom 28.07.2010 als unbegründet zurück. Zur Begründung verwies sie auf die rechtlichen Vorgaben zum Regelleistungsvolumen und erläuterte die Berechnung des Fallwerts. Sie führte weiter aus, im Quartal I/08 habe die Klägerin 947 regelleistungsvolumenrelevante Fälle abgerechnet. Pro Arzt ergebe dies eine Fallzahl von 474 Fällen. Hinsichtlich der Praxisschließung in direkter Nachbarschaft wiederholte sie ihre bisherigen Ausführungen.
Hiergegen hat die Klägerin am 25.08.2010 zum Az.: S 12 KA 701/10 die Klage erhoben. Die Kammer hat mit Beschluss vom 23.03.2012 auf Antrag der Beteiligten das Ruhen angeordnet. Auf Antrag der Beklagten hat sie das Verfahren am 08.09.2015 wieder aufgerufen.
Die Beklagte fasste die Widerspruchsverfahren bezüglich einer Sonderregelung im Rahmen des Regelleistungsvolumens für die Quartale II bis IV/09 sowie gegen den Honorarbescheid für das Quartal II/09 zusammen und wies die Widersprüche mit Widerspruchsbescheid vom 01.07.2015 als unbegründet zurück. Zur Begründung wiederholte sie bzgl. einer Fallzahlerhöhung im Wesentlichen die Ausführungen des Ausgangsbescheids.
Hiergegen hat die Klägerin am 03.08.2015 zum Az.: S 12 KA 356/15 die Klage erhoben. Die Kammer hat mit Beschluss vom 05.08.2015 die Verfahren bzgl. der Quartale III und IV/09 unter den Az.: S 12 KA 388/15 und S 12 KA 389/15 abgetrennt.
Zur Begründung ihrer Klagen weist die Klägerin erneut darauf hin, sie müsse als unterdurchschnittliche Praxis die Möglichkeit zum Wachsen haben. Nach der zwischenzeitlich ergangenen Rechtsprechung des Bundessozialgerichts werde die Klage allerdings hierauf nicht mehr gestützt. Ferner weist sie auf die Praxisschließung hin. Eine tatsächliche Praxisnachfolge habe nicht stattgefunden. Von A-Y-Stadt dauere die Fahrstrecke noch ca. 30 Minuten. Zwischen C-Stadt und A-Stadt gebe es keine direkte Verbindung mit den öffentlichen Verkehrsmitteln, die Fahrdauer betrage einfach 1,5 Stunden. Die von der Beklagten angegebene durchschnittliche Fallzahl von 894 Fällen beziehe sich auf einen einzelnen Arzt. Im Jahr 2009 sei die Fallzahl gegenüber 2008 kontinuierlich um 6 % gestiegen. Der Anstieg bewege sich nicht im Rahmen der quartalsüblichen Schwankungsbreite. Dies zeige der Anstieg von durchschnittlich 950 Fällen im Quartal im Jahr 2008 auf 1.014 im Jahr 2009.
Die Klägerin beantragt
zum Az.: S 12 KA 421/15, den Honorarbescheid für das Quartal I/09 und den Bescheid vom 10.12.2009, beide in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 28.07.2010 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, ihr ein Regelleistungsvolumen für das Quartal I/09 von 1.015 Behandlungsfällen zuzuweisen und sie entsprechend über ihr Honorar neu zu bescheiden,
hilfsweise
die Beklagte zu verurteilen, sie unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichtes neu zu bescheiden,
zum Az.: S 12 KA 356/15,
den Honorarbescheid für das Quartal II/09 und den Bescheid vom 24.11.2014, beide in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 01.07.2015 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, ihr ein Regelleistungsvolumen für das Quartal II/09 in Höhe von 45.976,45 EUR zuzuweisen und sie entsprechend über ihr Honorar neu zu bescheiden,
hilfsweise
die Beklagte zu verurteilen, sie unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichtes neu zu bescheiden,
zum Az.: S 12 KA 388 und 389/15,
den Bescheid vom 24.11.2014 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 01.07.2015 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, ihr ein Regelleistungsvolumen für das Quartal III/09 in Höhe von 45.460,95 EUR und für das Quartal IV/09 in Höhe von 48.236,53 EUR zuzuweisen,
hilfsweise
die Beklagte zu verurteilen, sie unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichtes neu zu bescheiden.
Die Beklagte beantragt,
die Klagen abzuweisen.
Unter Wiederholung ihrer Ausführungen in dem angefochtenen Widerspruchsbescheid trägt sie ergänzend vor, die Klägerin überschreite die durchschnittliche Fallzahl von 894 Fällen. Allerdings habe die einzelne Ärztin unterhalb der durchschnittlichen Fallzahl abgerechnet. Nach der zwischenzeitlich ergangenen Rechtsprechung des Bundessozialgerichts reiches es aus, dass sich Fallzahlsteigerungen erst im Folgejahr auswirkten. Die kurativ-ambulanten Fallzahlen der Klägerin stellten sich wie folgt dar:
Quartal kurativ-ambulante Fallzahl
I/07 992
II/07 926
III/07 917
IV/07 883
I/08 948
II/08 900
III/08 963
IV/08 990
I/09 1.013
II/09 967
III/09 1.020
IV09/ 1.057
I/10 1.014
II/10 1.000
III/10 1.058
IV/10 1.071
Im Quartal I/09 wäre die RLV-Fallzahl 1.009, der maximale Unterschied zu 948 Fällen also 61 Fälle. Der Unterschied bewege sich erkennbar im Rahmen der quartalsüblichen Schwankungsbreite, wie der Vergleich der Quartale IV/07 und I/08 zeige. Eine Sonderregelung komme aber nur bei einer außergewöhnlich starken Erhöhung in Betracht. Auch seien die Sitze neu besetzt worden, so dass es an einer Vakanz fehle. Eine Sonderregelung sei längstens für vier Quartale zu gewähren, also allenfalls bis zum Quartal II/09.
Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den übrigen Inhalt der Gerichts- und beigezogenen Verwaltungsakte Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die Kammer konnte ohne mündliche Verhandlung durch Gerichtsbescheid nach § 105 SGG entscheiden. Die Sache hat keine Schwierigkeiten tatsächlicher oder rechtlicher Art, und der Sachverhalt ist geklärt. Die Kammer hat die Beteiligten hierzu mit Verfügung vom 11.10.2016 angehört. Ein Einverständnis der Beteiligten hierzu wird vom Gesetz nicht verlangt.
Die Klagen sind zulässig, denn sie sind insb. form- und fristgerecht bei dem zuständigen Sozialgericht erhoben worden.
Die Klagen sind aber unbegründet. Der angefochtene Honorarescheid für das Quartal I/09 und der Bescheid der Beklagten vom 10.12.2009, beide in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 28.07.2010, sowie der Honorarescheid für das Quartal II/09 und der Bescheid vom 24.11.2014, beide in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 01.07.2015 sind rechtmäßig und waren daher nicht aufzuheben. Die Klägerin hat keinen Anspruch auf Festsetzung der begehrten Regelleistungsvolumina für die Quartale I bis IV/09 und auf Festsetzung eines entsprechenden Honorars für die Quartale I und II/09, sie hat auch keinen Anspruch auf Neubescheidung ihrer Regelleistungsvolumina für die Quartale I bis IV/09 und ihres Honorars für die Quartale I und II/09 unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichtes. Die Klagen waren in den Haupt- und Hilfsanträgen abzuweisen.
Die Beteiligten streiten nur noch um die Erhöhung der RLV-relevanten Fallzahl für die Quartale I bis IV/09 und hierauf beschränkt um eine höhere Vergütung für die Quartale I und II/09. Als Anspruchsgrundlage kommt Abschnitt II Ziff. 3.4 "Kriterien zur Ausnahme von der Abstaffelung" des zwischen der beklagten Kassenärztliche Vereinigung Hessen und den Verbänden der Primärkassen sowie den Ersatzkassen geschlossenen Honorarvertrags vom 13.12.2008 für die Zeit ab 01.01.2009 (im Folgenden: HVV) in Betracht, der auf der Grundlage der gesetzlichen Vorgaben nach §§ 87b und 87c Sozialgesetzbuch, 5. Buch, Gesetzliche Krankenversicherung i.d.F. des Gesetzes zur Stärkung des Wettbewerbs in der gesetzlichen Krankenversicherung (GKV-Wettbewerbsstärkungsgesetz - GKV-WSG) mit Geltung ab 01.04.2007, BGBl. I S. 378 beruht. Abschnitt II Ziff. 3.4 HVV beruht wiederum auf Teil F 3.4 des Beschlusses des Erweiterten Bewertungsausschusses gemäß § 87 Abs. 4 SGB V zur Neuordnung der vertragsärztlichen Vergütung in seiner 7. Sitzung am 27. und 28. August 2008. Die Voraussetzungen des Abschnitt II Ziff. 3.4 HVV liegen aber für den gesamten streitbefangenen Zeitraum nicht vor, weil eine außergewöhnlich starke Erhöhung der Zahl der behandelten Versicherten nicht festzustellen ist. Insofern kommt es nicht darauf an, ob die Zunahme der Behandlungsfälle auf die von der Klägerin genannten Praxisschließungen zurückzuführen ist.
Nach Abschnitt II Ziff. 3.4 HVV gilt folgendes:
Auf Antrag des Arztes und nach Genehmigung durch die Kassenärztliche Vereinigung Hessen können Leistungen über das arzt-/praxisbezogene Regelleistungsvolumen hinaus mit den Preisen der regionalen Euro-Gebührenordnung vergütet werden. Dies gilt insbesondere für folgende Fallgestaltungen: Bei einer außergewöhnlich starken Erhöhung der Zahl der behandelten Versicherten aufgrund
- urlaubs- und krankheitsbedingter Vertretung eines Arztes der eigenen Berufsausübungsgemeinschaft
- urlaubs- und krankheitsbedingter Vertretung eines Arztes einer Arztpraxis in der näheren Umgebung der Arztpraxis
- Aufgabe einer Zulassung oder genehmigten Tätigkeit eines Arztes der eigenen Berufsausübungsgemeinschaft
- Aufgabe einer Zulassung oder genehmigten Tätigkeit eines Arztes in der näheren Umgebung der Arztpraxis
- eines außergewöhnlichen und/oder durch den Arzt unverschuldeten Grundes, der zu einer niedrigeren Fallzahl des Arztes im Aufsatzquartal geführt hat. Hierzu zählt z. B. Krankheit des Arztes.
Darüber hinaus kann auf Beschluss des Vorstandes der Kassenärztlichen Vereinigung Hessen in begründeten Ausnahmefällen (Urlaub, Krankheit etc.) anstelle des entsprechenden Vergleichsquartals des Vorjahres ein anderes Quartal als Referenzquartal zugrunde gelegt werden. Der Vorstand der Kassenärztlichen Vereinigung Hessen kann außerdem im Hinblick auf die Sicherstellung der ärztlichen Versorgung von einer Abstaffelung in Ausnahmefällen und auf Antrag ganz oder teilweise absehen und in begründeten Fällen Sonderregelungen beschließen. Dies gilt insbesondere für Praxisbesonderheiten, die sich aus einem besonderen Versorgungsauftrag oder einer besonderen, für die Versorgung bedeutsamen fachlichen Spezialisierung ergeben, wenn zusätzlich eine aus den Praxisbesonderheiten resultierende Überschreitung des durchschnittlichen Fallwertes der Arztgruppe von mindestens 30% vorliegt.
Absatz 1 wurde mit Wirkung ab 01.07.2009 um folgenden Satz ergänzt: Bei der Festsetzung der Praxisbesonderheiten ist die Verrechnung mit Unterschreitungen des durchschnittlichen Fallwertes einer Arztgruppe bei anderen Ärzten derselben Praxis möglich.
Wann "eine außergewöhnlich starke Erhöhung der Zahl der behandelten Versicherten" vorliegt, wird weder vom Bewertungsausschuss noch vom HVM vorgegeben. Bereits die Formulierung "starke Erhöhung", die weiter verstärkt wird durch das Adjektiv "außergewöhnlich" deutet auf eine Fallzahlsteigerung hin, die jedenfalls deutlich über der üblichen Schwankungsbreite von Fallzahlen liegen muss. Nicht jede Schwankung in der Zahl der behandelten Versicherten rechtfertigt es, zur Sicherstellung der Versorgung eine Anpassung des RLV/QZV vorzunehmen.
Die kurativ-ambulanten Fallzahlen der Klägerin stellen sich nach den nicht bestrittenen Angaben der Beklagten wie folgt dar, wobei das Verhältnis zum Vorjahresquartal auf Berechnungen der Kammer beruht:
Quartal kurativ-ambulante Fallzahl Zu Vorjahresquartal
I/07 992
II/07 926
III/07 917
IV/07 883
I/08 948 95,6
II/08 900 97,2
III/08 963 105,0
IV/08 990 112,2
I/09 1.013 106,9
II/09 967 107,4
III/09 1.020 105,9
IV09/ 1.057 106,8
I/10 1.014 100,1
II/10 1.000 103,4
III/10 1.058 103,7
IV/10 1.071 101,3
Hieraus wird deutlich, dass für den hier streitbefangenen Zeitraum zwar ein Anstieg der Fallzahlen zwischen 5,9 % und 6,8 % zu verzeichnen ist, der vielleicht noch als "stark" bezeichnet werden kann, jedenfalls aber nicht als "außergewöhnlich stark". So zeigen gerade z. B. die Quartale I und II/08 einen Rückgang der Fallzahlen um 4,4 % bzw. 2,8 %. Insofern dürfte von einer "außergewöhnlich starken" Erhöhung der Fallzahlen erst ab einer Steigerungsrate von etwa 10 % auszugehen sein (vgl. SG Hamburg, Urt. v. 12.08.2015 - S 27 KA 250/12 -www.sozialgerichtsbarkeit.de = juris Rdnr. 30). Soweit die möglicherweise auf die Praxisschließungen zurückzuführenden Fallzahlsteigerungen sich in der Folgezeit ab dem Quartal I/10 stabilisieren, liegt keine Fortdauer einer "Benachteiligung" vor, da die Regelleistungsvolumina nunmehr an den erhöhten Fallzahlen anknüpfen. Insofern gilt bei keinen "außergewöhnlich starken" Erhöhungen der Fallzahl der allgemeine Grundsatz, dass eine Praxis grundsätzlich eine Zeit lang an ihrem Praxis- und Honorierungsumfang festgehalten werden darf und das Moratorium von einem Jahr nicht zu beanstanden ist (vgl. BSG, Urt. v. 17.07.2013 - B 6 KA 44/12 R - SozR 4-2500 § 87b Nr. 2, juris Rdnr. 43). Ferner hat ein von der Beklagten vorgenommener Patientenabgleich der klägerischen Praxis für das Quartal I/09 mit der Praxis A7/A4 für das Quartal I/08 eine Übereinstimmung von 28 Patienten ergeben, von denen 9 bereits im Quartal I/08 auch von der klägerischen Praxis behandelt worden waren und damit in das Regelleistungsvolumen eingeflossen sind. Dies bestätigt das sich bereits aus der Fahlzahlentwicklung ergebende Ergebnis, dass eine außergewöhnlich starke Fahlzahlerhöhung nicht feststellbar ist. Von daher kann auch dahinstehen, ob für die Klage bzgl. der Quartale III und IV/09 überhaupt ein Rechtsschutzbedürfnis besteht, da die Honorarbescheide für diese Quartale bestandskräftig geworden sind (vgl. LSG Hessen, Urt. v. 28.11.2012 - L 4 KA 73/11 - juris Rdnr. 23 m.w.N.).
Nach allem war die Klage in den Haupt- und Hilfsanträgen abzuweisen.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 197a SGG i. V. m. § 154 Abs. 1 VwGO. Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens.
Die Streitwertfestsetzung erfolgte durch Beschluss des Vorsitzenden.
In Verfahren vor den Gerichten der Sozialgerichtsbarkeit ist, soweit nichts anderes bestimmt ist, der Streitwert nach den sich aus dem Antrag des Klägers für ihn ergebenden Bedeutung der Sache nach Ermessen zu bestimmen. Bietet der Sach- und Streitwert für die Bestimmung des Streitwerts keine genügenden Anhaltspunkte, so ist ein Streitwert von 5.000,00 Euro anzunehmen (§ 52 Abs. 1 und 2 GKG). Der Streitwert für eine Klage auf höheres Honorar ist pro Quartal auf den Regelstreitwert festzusetzen, soweit - was vorliegend der Fall ist - keine hinreichenden Anhaltspunkte für eine konkrete Abschätzung des wirtschaftlichen Werts des Begehrens ersichtlich sind (vgl. BSG, Beschl. v. 28.01.2009 - B 6 KA 66/07 B - juris).
2. Die Klägerin hat die notwendigen Verfahrenskosten zu tragen.
3. Der endgültige Streitwert wird für jedes Verfahren auf 5.000,00 EUR festgesetzt.
Tatbestand:
Die Beteiligten streiten um die Honorarbescheide für die Quartale I und II/09 sowie um eine Sonderregelung zu den Regelleistungsvolumina für die Quartale I bis IV/09 und hierbei insb. um die für das RLV relevante Fallzahl.
Die Klägerin ist eine Berufsausübungsgemeinschaft mit zwei Ärztinnen mit Praxissitz in A-Stadt. Frau Dr. med. A1 ist seit dem 01.07.1989 als Fachärztin für Allgemeinmedizin zur vertragsärztlichen Versorgung zugelassen. Seit 01.01.1999 ist Frau A2 als Fachärztin für Allgemeinmedizin zur vertragsärztlichen Versorgung zugelassen. Zusammen bilden sie die klagende Berufsausübungsgemeinschaft.
Die Beklagte setzte das Regelleistungsvolumen für die streitbefangenen Quartale mit Bescheid wie folgt fest:
Tabelle 1
Es folgt eine Tabelle, die aus technischen Gründen nicht dargestellt werden kann.
Gegen die Festsetzungen der Regelleistungsvolumina legte die Klägerin für das Quartal I/09 am 10.12.2008, für das Quartal II/09 am 12.03.2009, für das Quartal III/09 am 05.06.2009 und für das Quartal IV/09 am 02.09.2009 Widerspruch ein. Sie trug vor, ihr dürfe ein Anwachsen auf den Fachgruppendurchschnitt nicht verwehrt werden. Auch sei in ihrer direkten Nachbarschaft im Sommer 2008 eine allgemeinärztliche Praxis geschlossen worden. Sie habe viele der Patienten übernommen.
Die Beklagte wertete die Widersprüche als Antrag auf Sonderregelung zu den Regelleistungsvolumina.
Für das Quartal I/09 lehnte sie den Antrag mit Bescheid vom 10.12.2009 ab. Zur Begründung führte sie aus, die Zulassung des Herrn Dr. A4 habe zum 29.02.2008 geendet. Der Arztsitz sei von Frau A5 übernommen worden, die seit 01.03.2008 als angestellte Ärztin in der Praxis in der Praxis von Frau Dr. A6 in C-Stadt tätig sei. Frau Dr. A7 habe ihre Tätigkeit zum 30.06.2008 beendet. Der Arztsitz sei von Frau A8 zum 01.01.2009 übernommen worden, die als angestellte Ärztin in der Praxis in der Praxis von Herrn Dr. A9 in D-Stadt tätig sei. Bei den Fallzahlen sei ein leichter Anstieg zu verzeichnen. Eine Sicherstellungsproblematik ergebe sich nicht, da beide Arztsitze wieder neu besetzt worden seien und C-Stadt und D-Stadt ebf. im Landkreis A-Kreis lägen.
Hiergegen legte die Klägerin am 16.12.2009 Widerspruch ein.
Für die übrigen Quartale II bis IV/09 lehnte sie den Antrag mit Bescheid vom 24.11.2014 ab. Bzgl. der Fallzahlerhöhung wies sie wie zuvor für das Quartal I/09 darauf hin, dass auch für die Quartale II bis IV/09 eine Vakanz nicht zu verzeichnen sei.
Hiergegen legte die Klägerin am 18.12.2014 Widerspruch ein.
In den streitbefangenen Quartalen nahm die Beklagte mit Honorarbescheid folgende Festsetzungen vor:
Quartal I/09 II/09 III/09 IV/09
Honorarbescheid vom 20.07.2009 11.10.2009 23.12.2009 25.03.2010
Nettohonorar gesamt in EUR 59.847,56 57.601,33
Bruttohonorar PK + EK in EUR 61.354,23 59.208,19 63.818,81 63.061,94
Fallzahl PK + EK 1.015 967 1.020 1.057
Honorar Regelleistungsvolumen in EUR 37.872,58 38.257,52 41.425,82 43.090,55
Honorar quotiertes RLV in EUR 1.878,70 2.086,97 435,16 917,38
Fallwertzuschläge zu RLV in EUR 2.221,71 2.053,63 2.183,72 2.066,30
Übrige Leistungen innerhalb der morbiditätsbedingten Gesamtvergütung (MGV) 13.169,57 10.314,30 13.237,63 8.814,24
Leistungen außerhalb der morbiditätsbedingten Gesamtvergütung (MGV 6.211,67 6.495,77 6.536,48 8.173,47
RLV
Obergrenze 39.865,86 40.259,30 43.584,46 45.320,28
Angefordert 48.745,70 45.976,45 45.460,95 48.236,53
Überschreitung 8.879,84 5.717,15 1.876,49 2.916,25
Überschreitung FWZ 1.226,80 738,95 0,00 0,00
Überschreitung RLV + FWZ 10.106,64 6.456,10 1.876,49 2.916,25
Frau A2
Arztfälle 709 722
Bruttohonorar PK + EK in EUR 22.905,10 25.745,11
RLV
Obergrenze 19.932,93 20.129,65
Angefordert 18.512,40 21.984,87
Über-/Unterschreitung - 1.420,53 + 1.855,22
Frau Dr. A1
Arztfälle 885 767
Bruttohonorar PK + EK in EUR 38.449,13 33.463,08
RLV
Obergrenze 19.932,93 20.129,65
Angefordert 30.233,30 23.991,58
Über-/Unterschreitung + 10.300,37 + 3.861,93
Gegen die Honorarbescheide für die Quartale I und II/09 legte die Klägerin am 02.09.2009 und 15.12.2009 Widerspruch ein.
Die Beklagte fasste die Widerspruchsverfahren bezüglich einer Sonderregelung im Rahmen des Regelleistungsvolumens für das Quartal I/09 sowie gegen den Honorarbescheid für das Quartal I/09 zusammen und wies die Widersprüche mit Widerspruchsbescheid vom 28.07.2010 als unbegründet zurück. Zur Begründung verwies sie auf die rechtlichen Vorgaben zum Regelleistungsvolumen und erläuterte die Berechnung des Fallwerts. Sie führte weiter aus, im Quartal I/08 habe die Klägerin 947 regelleistungsvolumenrelevante Fälle abgerechnet. Pro Arzt ergebe dies eine Fallzahl von 474 Fällen. Hinsichtlich der Praxisschließung in direkter Nachbarschaft wiederholte sie ihre bisherigen Ausführungen.
Hiergegen hat die Klägerin am 25.08.2010 zum Az.: S 12 KA 701/10 die Klage erhoben. Die Kammer hat mit Beschluss vom 23.03.2012 auf Antrag der Beteiligten das Ruhen angeordnet. Auf Antrag der Beklagten hat sie das Verfahren am 08.09.2015 wieder aufgerufen.
Die Beklagte fasste die Widerspruchsverfahren bezüglich einer Sonderregelung im Rahmen des Regelleistungsvolumens für die Quartale II bis IV/09 sowie gegen den Honorarbescheid für das Quartal II/09 zusammen und wies die Widersprüche mit Widerspruchsbescheid vom 01.07.2015 als unbegründet zurück. Zur Begründung wiederholte sie bzgl. einer Fallzahlerhöhung im Wesentlichen die Ausführungen des Ausgangsbescheids.
Hiergegen hat die Klägerin am 03.08.2015 zum Az.: S 12 KA 356/15 die Klage erhoben. Die Kammer hat mit Beschluss vom 05.08.2015 die Verfahren bzgl. der Quartale III und IV/09 unter den Az.: S 12 KA 388/15 und S 12 KA 389/15 abgetrennt.
Zur Begründung ihrer Klagen weist die Klägerin erneut darauf hin, sie müsse als unterdurchschnittliche Praxis die Möglichkeit zum Wachsen haben. Nach der zwischenzeitlich ergangenen Rechtsprechung des Bundessozialgerichts werde die Klage allerdings hierauf nicht mehr gestützt. Ferner weist sie auf die Praxisschließung hin. Eine tatsächliche Praxisnachfolge habe nicht stattgefunden. Von A-Y-Stadt dauere die Fahrstrecke noch ca. 30 Minuten. Zwischen C-Stadt und A-Stadt gebe es keine direkte Verbindung mit den öffentlichen Verkehrsmitteln, die Fahrdauer betrage einfach 1,5 Stunden. Die von der Beklagten angegebene durchschnittliche Fallzahl von 894 Fällen beziehe sich auf einen einzelnen Arzt. Im Jahr 2009 sei die Fallzahl gegenüber 2008 kontinuierlich um 6 % gestiegen. Der Anstieg bewege sich nicht im Rahmen der quartalsüblichen Schwankungsbreite. Dies zeige der Anstieg von durchschnittlich 950 Fällen im Quartal im Jahr 2008 auf 1.014 im Jahr 2009.
Die Klägerin beantragt
zum Az.: S 12 KA 421/15, den Honorarbescheid für das Quartal I/09 und den Bescheid vom 10.12.2009, beide in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 28.07.2010 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, ihr ein Regelleistungsvolumen für das Quartal I/09 von 1.015 Behandlungsfällen zuzuweisen und sie entsprechend über ihr Honorar neu zu bescheiden,
hilfsweise
die Beklagte zu verurteilen, sie unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichtes neu zu bescheiden,
zum Az.: S 12 KA 356/15,
den Honorarbescheid für das Quartal II/09 und den Bescheid vom 24.11.2014, beide in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 01.07.2015 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, ihr ein Regelleistungsvolumen für das Quartal II/09 in Höhe von 45.976,45 EUR zuzuweisen und sie entsprechend über ihr Honorar neu zu bescheiden,
hilfsweise
die Beklagte zu verurteilen, sie unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichtes neu zu bescheiden,
zum Az.: S 12 KA 388 und 389/15,
den Bescheid vom 24.11.2014 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 01.07.2015 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, ihr ein Regelleistungsvolumen für das Quartal III/09 in Höhe von 45.460,95 EUR und für das Quartal IV/09 in Höhe von 48.236,53 EUR zuzuweisen,
hilfsweise
die Beklagte zu verurteilen, sie unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichtes neu zu bescheiden.
Die Beklagte beantragt,
die Klagen abzuweisen.
Unter Wiederholung ihrer Ausführungen in dem angefochtenen Widerspruchsbescheid trägt sie ergänzend vor, die Klägerin überschreite die durchschnittliche Fallzahl von 894 Fällen. Allerdings habe die einzelne Ärztin unterhalb der durchschnittlichen Fallzahl abgerechnet. Nach der zwischenzeitlich ergangenen Rechtsprechung des Bundessozialgerichts reiches es aus, dass sich Fallzahlsteigerungen erst im Folgejahr auswirkten. Die kurativ-ambulanten Fallzahlen der Klägerin stellten sich wie folgt dar:
Quartal kurativ-ambulante Fallzahl
I/07 992
II/07 926
III/07 917
IV/07 883
I/08 948
II/08 900
III/08 963
IV/08 990
I/09 1.013
II/09 967
III/09 1.020
IV09/ 1.057
I/10 1.014
II/10 1.000
III/10 1.058
IV/10 1.071
Im Quartal I/09 wäre die RLV-Fallzahl 1.009, der maximale Unterschied zu 948 Fällen also 61 Fälle. Der Unterschied bewege sich erkennbar im Rahmen der quartalsüblichen Schwankungsbreite, wie der Vergleich der Quartale IV/07 und I/08 zeige. Eine Sonderregelung komme aber nur bei einer außergewöhnlich starken Erhöhung in Betracht. Auch seien die Sitze neu besetzt worden, so dass es an einer Vakanz fehle. Eine Sonderregelung sei längstens für vier Quartale zu gewähren, also allenfalls bis zum Quartal II/09.
Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den übrigen Inhalt der Gerichts- und beigezogenen Verwaltungsakte Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die Kammer konnte ohne mündliche Verhandlung durch Gerichtsbescheid nach § 105 SGG entscheiden. Die Sache hat keine Schwierigkeiten tatsächlicher oder rechtlicher Art, und der Sachverhalt ist geklärt. Die Kammer hat die Beteiligten hierzu mit Verfügung vom 11.10.2016 angehört. Ein Einverständnis der Beteiligten hierzu wird vom Gesetz nicht verlangt.
Die Klagen sind zulässig, denn sie sind insb. form- und fristgerecht bei dem zuständigen Sozialgericht erhoben worden.
Die Klagen sind aber unbegründet. Der angefochtene Honorarescheid für das Quartal I/09 und der Bescheid der Beklagten vom 10.12.2009, beide in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 28.07.2010, sowie der Honorarescheid für das Quartal II/09 und der Bescheid vom 24.11.2014, beide in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 01.07.2015 sind rechtmäßig und waren daher nicht aufzuheben. Die Klägerin hat keinen Anspruch auf Festsetzung der begehrten Regelleistungsvolumina für die Quartale I bis IV/09 und auf Festsetzung eines entsprechenden Honorars für die Quartale I und II/09, sie hat auch keinen Anspruch auf Neubescheidung ihrer Regelleistungsvolumina für die Quartale I bis IV/09 und ihres Honorars für die Quartale I und II/09 unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichtes. Die Klagen waren in den Haupt- und Hilfsanträgen abzuweisen.
Die Beteiligten streiten nur noch um die Erhöhung der RLV-relevanten Fallzahl für die Quartale I bis IV/09 und hierauf beschränkt um eine höhere Vergütung für die Quartale I und II/09. Als Anspruchsgrundlage kommt Abschnitt II Ziff. 3.4 "Kriterien zur Ausnahme von der Abstaffelung" des zwischen der beklagten Kassenärztliche Vereinigung Hessen und den Verbänden der Primärkassen sowie den Ersatzkassen geschlossenen Honorarvertrags vom 13.12.2008 für die Zeit ab 01.01.2009 (im Folgenden: HVV) in Betracht, der auf der Grundlage der gesetzlichen Vorgaben nach §§ 87b und 87c Sozialgesetzbuch, 5. Buch, Gesetzliche Krankenversicherung i.d.F. des Gesetzes zur Stärkung des Wettbewerbs in der gesetzlichen Krankenversicherung (GKV-Wettbewerbsstärkungsgesetz - GKV-WSG) mit Geltung ab 01.04.2007, BGBl. I S. 378 beruht. Abschnitt II Ziff. 3.4 HVV beruht wiederum auf Teil F 3.4 des Beschlusses des Erweiterten Bewertungsausschusses gemäß § 87 Abs. 4 SGB V zur Neuordnung der vertragsärztlichen Vergütung in seiner 7. Sitzung am 27. und 28. August 2008. Die Voraussetzungen des Abschnitt II Ziff. 3.4 HVV liegen aber für den gesamten streitbefangenen Zeitraum nicht vor, weil eine außergewöhnlich starke Erhöhung der Zahl der behandelten Versicherten nicht festzustellen ist. Insofern kommt es nicht darauf an, ob die Zunahme der Behandlungsfälle auf die von der Klägerin genannten Praxisschließungen zurückzuführen ist.
Nach Abschnitt II Ziff. 3.4 HVV gilt folgendes:
Auf Antrag des Arztes und nach Genehmigung durch die Kassenärztliche Vereinigung Hessen können Leistungen über das arzt-/praxisbezogene Regelleistungsvolumen hinaus mit den Preisen der regionalen Euro-Gebührenordnung vergütet werden. Dies gilt insbesondere für folgende Fallgestaltungen: Bei einer außergewöhnlich starken Erhöhung der Zahl der behandelten Versicherten aufgrund
- urlaubs- und krankheitsbedingter Vertretung eines Arztes der eigenen Berufsausübungsgemeinschaft
- urlaubs- und krankheitsbedingter Vertretung eines Arztes einer Arztpraxis in der näheren Umgebung der Arztpraxis
- Aufgabe einer Zulassung oder genehmigten Tätigkeit eines Arztes der eigenen Berufsausübungsgemeinschaft
- Aufgabe einer Zulassung oder genehmigten Tätigkeit eines Arztes in der näheren Umgebung der Arztpraxis
- eines außergewöhnlichen und/oder durch den Arzt unverschuldeten Grundes, der zu einer niedrigeren Fallzahl des Arztes im Aufsatzquartal geführt hat. Hierzu zählt z. B. Krankheit des Arztes.
Darüber hinaus kann auf Beschluss des Vorstandes der Kassenärztlichen Vereinigung Hessen in begründeten Ausnahmefällen (Urlaub, Krankheit etc.) anstelle des entsprechenden Vergleichsquartals des Vorjahres ein anderes Quartal als Referenzquartal zugrunde gelegt werden. Der Vorstand der Kassenärztlichen Vereinigung Hessen kann außerdem im Hinblick auf die Sicherstellung der ärztlichen Versorgung von einer Abstaffelung in Ausnahmefällen und auf Antrag ganz oder teilweise absehen und in begründeten Fällen Sonderregelungen beschließen. Dies gilt insbesondere für Praxisbesonderheiten, die sich aus einem besonderen Versorgungsauftrag oder einer besonderen, für die Versorgung bedeutsamen fachlichen Spezialisierung ergeben, wenn zusätzlich eine aus den Praxisbesonderheiten resultierende Überschreitung des durchschnittlichen Fallwertes der Arztgruppe von mindestens 30% vorliegt.
Absatz 1 wurde mit Wirkung ab 01.07.2009 um folgenden Satz ergänzt: Bei der Festsetzung der Praxisbesonderheiten ist die Verrechnung mit Unterschreitungen des durchschnittlichen Fallwertes einer Arztgruppe bei anderen Ärzten derselben Praxis möglich.
Wann "eine außergewöhnlich starke Erhöhung der Zahl der behandelten Versicherten" vorliegt, wird weder vom Bewertungsausschuss noch vom HVM vorgegeben. Bereits die Formulierung "starke Erhöhung", die weiter verstärkt wird durch das Adjektiv "außergewöhnlich" deutet auf eine Fallzahlsteigerung hin, die jedenfalls deutlich über der üblichen Schwankungsbreite von Fallzahlen liegen muss. Nicht jede Schwankung in der Zahl der behandelten Versicherten rechtfertigt es, zur Sicherstellung der Versorgung eine Anpassung des RLV/QZV vorzunehmen.
Die kurativ-ambulanten Fallzahlen der Klägerin stellen sich nach den nicht bestrittenen Angaben der Beklagten wie folgt dar, wobei das Verhältnis zum Vorjahresquartal auf Berechnungen der Kammer beruht:
Quartal kurativ-ambulante Fallzahl Zu Vorjahresquartal
I/07 992
II/07 926
III/07 917
IV/07 883
I/08 948 95,6
II/08 900 97,2
III/08 963 105,0
IV/08 990 112,2
I/09 1.013 106,9
II/09 967 107,4
III/09 1.020 105,9
IV09/ 1.057 106,8
I/10 1.014 100,1
II/10 1.000 103,4
III/10 1.058 103,7
IV/10 1.071 101,3
Hieraus wird deutlich, dass für den hier streitbefangenen Zeitraum zwar ein Anstieg der Fallzahlen zwischen 5,9 % und 6,8 % zu verzeichnen ist, der vielleicht noch als "stark" bezeichnet werden kann, jedenfalls aber nicht als "außergewöhnlich stark". So zeigen gerade z. B. die Quartale I und II/08 einen Rückgang der Fallzahlen um 4,4 % bzw. 2,8 %. Insofern dürfte von einer "außergewöhnlich starken" Erhöhung der Fallzahlen erst ab einer Steigerungsrate von etwa 10 % auszugehen sein (vgl. SG Hamburg, Urt. v. 12.08.2015 - S 27 KA 250/12 -www.sozialgerichtsbarkeit.de = juris Rdnr. 30). Soweit die möglicherweise auf die Praxisschließungen zurückzuführenden Fallzahlsteigerungen sich in der Folgezeit ab dem Quartal I/10 stabilisieren, liegt keine Fortdauer einer "Benachteiligung" vor, da die Regelleistungsvolumina nunmehr an den erhöhten Fallzahlen anknüpfen. Insofern gilt bei keinen "außergewöhnlich starken" Erhöhungen der Fallzahl der allgemeine Grundsatz, dass eine Praxis grundsätzlich eine Zeit lang an ihrem Praxis- und Honorierungsumfang festgehalten werden darf und das Moratorium von einem Jahr nicht zu beanstanden ist (vgl. BSG, Urt. v. 17.07.2013 - B 6 KA 44/12 R - SozR 4-2500 § 87b Nr. 2, juris Rdnr. 43). Ferner hat ein von der Beklagten vorgenommener Patientenabgleich der klägerischen Praxis für das Quartal I/09 mit der Praxis A7/A4 für das Quartal I/08 eine Übereinstimmung von 28 Patienten ergeben, von denen 9 bereits im Quartal I/08 auch von der klägerischen Praxis behandelt worden waren und damit in das Regelleistungsvolumen eingeflossen sind. Dies bestätigt das sich bereits aus der Fahlzahlentwicklung ergebende Ergebnis, dass eine außergewöhnlich starke Fahlzahlerhöhung nicht feststellbar ist. Von daher kann auch dahinstehen, ob für die Klage bzgl. der Quartale III und IV/09 überhaupt ein Rechtsschutzbedürfnis besteht, da die Honorarbescheide für diese Quartale bestandskräftig geworden sind (vgl. LSG Hessen, Urt. v. 28.11.2012 - L 4 KA 73/11 - juris Rdnr. 23 m.w.N.).
Nach allem war die Klage in den Haupt- und Hilfsanträgen abzuweisen.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 197a SGG i. V. m. § 154 Abs. 1 VwGO. Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens.
Die Streitwertfestsetzung erfolgte durch Beschluss des Vorsitzenden.
In Verfahren vor den Gerichten der Sozialgerichtsbarkeit ist, soweit nichts anderes bestimmt ist, der Streitwert nach den sich aus dem Antrag des Klägers für ihn ergebenden Bedeutung der Sache nach Ermessen zu bestimmen. Bietet der Sach- und Streitwert für die Bestimmung des Streitwerts keine genügenden Anhaltspunkte, so ist ein Streitwert von 5.000,00 Euro anzunehmen (§ 52 Abs. 1 und 2 GKG). Der Streitwert für eine Klage auf höheres Honorar ist pro Quartal auf den Regelstreitwert festzusetzen, soweit - was vorliegend der Fall ist - keine hinreichenden Anhaltspunkte für eine konkrete Abschätzung des wirtschaftlichen Werts des Begehrens ersichtlich sind (vgl. BSG, Beschl. v. 28.01.2009 - B 6 KA 66/07 B - juris).
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