L 4 R 4208/15

Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Rentenversicherung
Abteilung
4
1. Instanz
SG Karlsruhe (BWB)
Aktenzeichen
S 8 R 2728/14
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 4 R 4208/15
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Karlsruhe vom 23. September 2015 wird zurückgewiesen.

Außergerichtliche Kosten auch des Berufungsverfahrens sind nicht zu erstatten.

Tatbestand:

Der Kläger begehrt eine Rente wegen Erwerbsminderung auf Zeit ab dem 1. April 2013.

Der am 1958 in Italien geborene Kläger, der keinen Beruf erlernte, war nach seiner endgültigen Übersiedlung in die Bundesrepublik Deutschland zum 1. Februar 1995 als Bauhelfer und zuletzt bis zum 17. Oktober 2004 im Straßenbau versicherungspflichtig beschäftigt. Anschließend bezog er Kranken- und Arbeitslosengeld und seit dem 15. Mai 2006 durchgehend Arbeitslosengeld II.

Ein Grad der Behinderung von 70 und das Merkzeichen G sind seit 26. Oktober 2005 zuerkannt. Mit Bescheid des Landratsamtes K. vom 31. Oktober 2013 wurde der Grad der Behinderung zum 5. August auf 90 erhöht. Seit dem 1. Januar 2007 bezieht der Kläger eine Invaliditätsrente vom italienischen Rentenversicherungsträger.

Einen ersten Antrag auf Rente wegen Erwerbsminderung vom 21. Dezember 2006 lehnte die Beklagte mangels Erwerbsminderung mit Bescheid vom 14. Mai 2007 ab. Den dagegen eingelegten Widerspruch nahm der Kläger zurück. Ein hierauf gerichteter Überprüfungsantrag vom 17. Dezember 2007 blieb erfolglos (Bescheid der Beklagten vom 2. Januar 2008 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 7. April 2008).

Im Rahmen eines zweiten Rentenantrags vom 18. Januar 2010 erstattete Dr. R., Fachärztin für Arbeitsmedizin, im Auftrag der Beklagten am 7. Mai 2010 ein sozialmedizinisches Gutachten. In diesem beschrieb sie eine chronische rezidivierende Lumbalgie bei nur mäßigen degenerativen Veränderungen ohne Hinweis auf Wurzelreizung, eine leichtgradige Funktionseinschränkung beider Hüftgelenke bei allenfalls mittelgradiger Belastungsminderung im Alltag bei Zustand nach Hüft-Totalendoprothese (H-TEP) links 2000, rechts 2005, eine Adipositas per magna (BMI 40,5), eine unter antiobstruktiver Medikation mäßige Ventilationsstörung der Lunge ohne Hinweis auf Störung der Blutgase bei bekannter chronischer Bronchitis und fortgesetztem Nikotinabusus, eine mittel- bis hochgradige Schwerhörigkeit beidseits ohne wesentliche Beeinträchtigung im Alltag bei beidseitiger Hörgeräteversorgung, eine nächtliche, durch Maskenbeatmung signifikant gebesserte Atemstörung sowie eine medikamentös therapierte Hypertonie. Leichte bis mittelschwere Tätigkeiten könne der Kläger bei Beachtung qualitativer Ausschlüsse noch vollschichtig verrichten. Mit Bescheid vom 11. Juni 2010 wurde der Rentenantrag abgelehnt. Den dagegen eingelegten Widerspruch nahm der Kläger zurück. Ein hierauf gerichteter Überprüfungsantrag vom 20. Juli 2010 blieb erfolglos (Bescheid der Beklagten vom 14. Februar 2011 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 19. Juni 2012).

Am 2. April 2013 stellte der Kläger den streitgegenständlichen Antrag auf Rente wegen verminderter Erwerbsfähigkeit und gab an, seit 2006 erwerbsgemindert zu sein. Mit Bescheid vom 15. Juli 2013 lehnte die Beklagte diesen Antrag ab, da der Kläger Tätigkeiten auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt mindestens sechs Stunden täglich verrichten könne, die ihm aufgrund seines beruflichen Werdeganges auch zumutbar seien. Volle oder teilweise Erwerbsminderung oder Berufsunfähigkeit lägen daher nicht vor.

Auf den dagegen eingelegten Widerspruch hin ließ die Beklagte den Kläger durch den Nervenfacharzt Dr. Br. begutachten, der unter dem 23. Juni 2014 Persönlichkeitsakzentuierungen beschrieb: einfach strukturiert, wenig reflektiert, mit sicherlich nur geringer Konfliktfähigkeit – bei gleichzeitig nur niedrigem Persönlichkeitsstrukturniveau (keine hirnorganische Symptomatik, keine depressive Störung, auch kein Anhalt etwa für Psychose). Die Persönlichkeitsakzentuierungen stellten im engeren Sinne keine krankheitswerte Störung dar, aus ihnen resultierten jedoch gewisse qualitative Leistungseinschränkungen. Als weitere Beschwerdekomplexe seien zu beschreiben ein CPAP behandeltes Schlafapnoe-Syndrom, ein Diabetes mellitus (klinisch wie elektrophysiologisch ohne Anhalt für polyneuropathische Komplikationen), eine Adipositas (104 kg/160 cm), eine Hypakusis (gut kompensiert), H-TEP beidseits (2000 bzw. 2005), Kniegelenksbeschwerden ohne neurologische Komplikationen, Lendenwirbelsäulen (LWS)-Beschwerden (klinisch wie elektrophysiologisch ohne Anhalt für neurologische, radikuläre Komplikationen) sowie ein berichtetes Asthma-Leiden bei fortdauerndem Nikotinabusus. Körperlich leichte bis mittelschwere, geistig eher anspruchslose Tätigkeiten könne der Kläger noch vollschichtig verrichten. Nicht mehr leidensgerecht seien Tätigkeiten mit überdurchschnittlich fordernden sozialen Interaktionen, Anforderungen an die Konfliktfähigkeit, besonderen Anforderungen an die Introspektionsfähigkeit, in Wechsel- oder Nachtschicht mit Klettern oder Steigen, mit Absturzgefahr und unter besonderem Zeitdruck.

Mit Widerspruchsbescheid vom 22. Juli 2014 wies die Widerspruchsstelle der Beklagten den Widerspruch als unbegründet zurück, da weder volle oder teilweise Erwerbsminderung noch Berufsunfähigkeit vorliege.

Hiergegen erhob der Kläger am 14. August 2014 Klage beim Sozialgericht Karlsruhe (SG) und führte zur Begründung aus, sein Leistungsvermögen sei überwiegend durch Gesundheitsstörungen des orthopädischen und des internistischen Fachgebietes aufgehoben. Der behandelnde Facharzt für Orthopädie und Unfallchirurgie Z. beschränke aufgrund der von ihm diagnostizierten 19 Krankheitsbilder ihm (dem Kläger) noch mögliche leichte körperliche Tätigkeiten auf max. zwei bis vier Stunden täglich. Im Wesentlichen werde diese Beurteilung auch durch den Befundbericht des behandelnden Arztes für Neurologie und Psychiatrie Dr. W. bestätigt. Aufgrund der von diesen mitgeteilten Befunde sei ihm, dem Kläger, nur noch eine Wegstrecke von weniger als 1000 m möglich.

Die Beklagte trat der Klage unter Vorlage einer sozialmedizinischen Stellungnahme vom 10. Februar 2015 entgegen. Aus den im Klageverfahren vorgelegten medizinischen Befundunterlagen ergäben sich keine weiteren, bislang nicht berücksichtigte medizinische Sachverhalte.

Das SG holte schriftliche Aussagen der behandelnden Ärzte des Klägers als sachverständige Zeugen ein. Ärztin für Innere Medizin F. gab in ihrer Stellungnahme vom 20. Oktober 2014 eine seit 2012 unverändert bestehende mittelschwere kombinierte Ventilationsstörung und ein schweres obstruktives relevantes Schlaf-Apnoesyndrom mit laufender CPAP-Therapie an. Eine körperlich leichte und nervlich wenig belastende Tätigkeit ohne Schicht- und Akkordarbeit sei dem Kläger im Rahmen einer Fünftagewoche bis sechs Stunden täglich möglich. Dr. W. nannte unter dem 22. Oktober 2014 ein chronisches Schmerzsyndrom im Bereich von Rumpf und Hüften, einen Zustand nach H-TEP beidseits (2000, 2005), eine Adipositas (152 cm, 102 kg, BMI 40,5), einen Nikotinismus, ein Schlafapnoe-Syndrom, eine depressive Störung multifaktorieller Genese, ein Hyperventilationssyndrom bei Adipositas, eine chronisch-obstruktive Bronchitis und einen Diabetes mellitus Typ II. Trotz entsprechender analgetischer und antidepressiver Behandlung sei es nicht zu einer wesentlichen Änderung im Gesundheitszustand des Klägers gekommen, lediglich zu einer leichten Verringerung seiner Beschwerden. Facharzt für Orthopädie Z. berichtete unter dem 16. November 2014 über Behandlungen wegen bestehender und rezidivierender Schmerzen im rechten Kniegelenk und im LWS-Bereich sowie einer Behandlung eines Außenmeniskusrisses mittels arthroskopischer Außenmeniskusteilresektion am 25. April 2013. Als Diagnosen nannte er: deutliche Gonarthrose medial und lateral des rechten Kniegelenks, Retropatellararthrose, Zustand nach Außenmeniskusläsion mit Arthroskopie, chronische Lumbalgie, Lendenlordose und Spondylarthrose der LWS, Baastrup-Phänomen im Bereich L4/5 und L5/S1, Spondylolisthesis L5/S1, Wurzelreizsyndrom L4/5, Bandscheibenprotrusion, Spondylarthrose, Adipositas per magna, H-TEP beidseits, Hypertonie, Allergie auf Voltaren, Schlafapnoe-Syndrom, chronische Bronchitis, Claudicatio spinalis, Kopfschmerzen und depressive Episode. Wegen des Druckschmerzen im gesamten rechten Kniegelenk, Schwellung, schmerzhaften und kleinschrittiges Gangbildes auch aufgrund der H-TEP beidseits und der bestehenden und rezidivierenden Schmerzen im Bereich der LWS könne der Kläger derzeit eine leichte körperliche Tätigkeit zwei bis maximal vier Stunden täglich ausüben. Des Weiteren zog das SG die Krankenunterlagen des hausärztlich behandelnden Facharzt für Allgemeinmedizin Sc. beigezogen, der u.a. Arztbriefe der Ärztin F. vom 2. Dezember 2013 und 29. September 2014 (chronisch obstruktive Bronchitis Stadium III Grad D bzw. C, obstruktiv relevantes Schlafapnoe-Syndrom, CPAP-Therapie, Nikotinabusus) vorlegte.

Das SG bestellte den Facharzt für Orthopädie und Unfallchirurgie, Chirotherapie und Sportmedizin Dr. Scha. zum gerichtlichen Sachverständigen. In seinem aufgrund einer Untersuchung des Klägers am 5. Mai 2015 unter dem 18. Mai 2015 erstatteten Gutachten beschrieb dieser ein muskuläres Reizsyndrom der Halswirbelsäule ohne Funktionsbeeinträchtigungen oder radikuläre Reizerscheinungen bei insgesamt altersdurchschnittlichen degenerativen Veränderungen, eine leichte Fehlstatik der Rumpfwirbelsäule (skoliotische Fehlhaltung) mit muskulärem Reizsyndrom der LWS und endgradigen Funktionsschmerzen ohne wesentliche Funktionsbehinderung oder radikuläre Reizerscheinungen und leichten degenerativen Veränderungen, einen Zustand nach Hüft-endoprothetischer Versorgung beidseits bei nativ-radiologisch festem Sitz der Prothesen ohne Funktionsbehinderung, eine beginnende Kniegelenkarthrose beidseits bei leichter X-Fehlstellung ohne Funktionseinschränkung sowie Adipositas per magna. Schwere körperliche und dauerhaft mittelschwere Tätigkeiten seien nicht mehr leidensgerecht. Gleiches gelte für Arbeiten mit Heben und Tragen von Lasten über 15 bis 20 kg, über Kopf bzw. mit dauerhafter Haltung des Kopfes in Nackenlage, in Nässe und Kälte, mit Zwangshaltungen der Rumpfwirbelsäule, auf unebenen Böden, Leitern und Gerüsten bzw. in kniender oder hockender Stellung sowie Tätigkeiten mit schnellem Richtungswechsel, Fließband- und Akkordarbeiten. Leichte körperliche Arbeiten mit mittelschweren Spitzen in trockenen und beheizten Räumen, im Wechsel zwischen Sitzen, Gehen und Stehen, überwiegend im Sitzen sowie mit Lastgewichten bis max. 15 kg könne der Kläger sechs Stunden und mehr arbeitstäglich verrichten. Wegstrecken von 500 m und mehr könne der Kläger bei angemessenem Zeitaufwand von jeweils 20 Minuten zu Fuß zurücklegen. Öffentliche und auch private Verkehrsmittel könnten benutzt werden.

Mit Urteil vom 23. September 2015 wies das SG die Klage ab. Die Voraussetzungen einer Gewährung einer Rente wegen Erwerbsminderung lägen nicht vor. Der Einschätzung von Dr. Scha., Dr. Br. und der Ärztin F. folgend sei der Kläger unter Berücksichtigung qualitativer Einschränkungen in der Lage, mindestens sechs Stunden täglich einer Erwerbstätigkeit nachzugehen. Eine pathologische Gesundheitsstörung auf psychiatrischem Gebiet, die über die festgestellten Persönlichkeitsakzentuierungen hinausgingen, sei nicht nachgewiesen. Den orthopädischen Gesundheitsstörungen und Funktionsbeeinträchtigungen sei durch im Einzelnen genannte qualitative Ausschlüsse ausreichend Rechnung getragen. Die Schmerzen behandle der Kläger mit Schmerzmedikation auf Stufe I des WHO-Stufenschemas; eine Schmerztherapie finde nicht statt. Das Schlafapnoe-Syndrom erfordere zwar nachts eine Maskenbeatmung; eine Tagesmüdigkeit oder Einschlafneigung lägen beim Kläger indes nicht vor. Die mittelschwere kombinierte Ventilationsstörung sei seit 2012 unverändert. Der von Dr. Sc. übermittelte Befundbericht der Ärztin F. (vom 2. Dezember 2013) zeige nur leichte funktionelle Einschränkungen, die eine leichte körperliche Tätigkeit zuließen. Die Wegefähigkeit des Klägers sei nicht aufgehoben. Der Kläger habe auch keinen Anspruch auf eine Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung bei Berufsunfähigkeit, da die zuletzt ausgeübte Tätigkeit als Bauhelfer keinen besonderen Berufsschutz vermittle und der Kläger über keine Berufsausbildung verfüge.

Gegen dieses ihm am 1. Oktober 2015 zugestellte Urteil hat der Kläger am 6. Oktober 2015 Berufung beim Landessozialgericht (LSG) Baden-Württemberg eingelegt und zur Begründung auf die Einschätzung des Orthopäden Z., die beigezogenen hausärztlichen Unterlagen sowie das im Berufungsverfahren erstattete Gutachten des Internisten und Ärztlichen Psychotherapeuten Dr. W. (dazu unten) verwiesen. Eine regelmäßige Erwerbstätigkeit im Umfang von wenigstens sechs Stunden arbeitstäglich sei ausgeschlossen. Damit habe er Anspruch auf Rente wegen voller Erwerbsminderung auf Zeit.

Der Kläger beantragt (sachdienlich gefasst),

das Urteil des Sozialgerichts Karlsruhe vom 23. September 2015 abzuändern und die Beklagte unter Aufhebung des Bescheides vom 15. Juli 2013 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 22. Juli 2014 zu verurteilen, ihm Rente wegen voller, hilfsweise teilweiser Erwerbsminderung auf Zeit ab dem 1. April 2013 zu gewähren.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Sie hält die angefochtene Entscheidung für rechtmäßig. Über ihr bisheriges Vorbringen hinaus hat sie unter Vorlage sozialmedizinischer Stellungnahmen des Arztes Bätz vom 17. März 2016 und des Facharztes für Chirurgie U. vom 15. Juli 2016 ausgeführt, der Leistungseinschätzung von Dr. W. könne nicht gefolgt werden. Angaben zu Tagesablauf und Mobilitätsgestaltung, die eine Längsschnittbeurteilung erlaubten, fehlten. Der klinische internistische, neurologogische und orthopädische Untersuchungsstatus stelle sich im Längsschnitt zu den Vorbegutachtungen unverändert dar. Die Blutdruckeinstellung sei nunmehr grenzwertig hyperton bei reduzierter diesbezüglicher Medikation, aber ohne messbare Veränderung hinsichtlich indirekter Kreislaufinsuffizienzzeichen (Beinödeme). Weiter differenzierende Angaben hierzu seien nicht erfragt, weitere Untersuchungen nicht durchgeführt worden. Die durchgeführte Belastungsuntersuchung sei diskrepant zu den Vorbefunden und der aktuellen klinischen Beschwerdesymptomatik. Das angenommene Ausmaß der Gesundheitsstörungen und Fähigkeitsstörungen sowohl auf nervenärztlichem als auch auf orthopädischem Fachgebiet stehe in Widerspruch zur fehlenden diagnostisch-therapeutischen Aktivität des Klägers. Die im Entlassbericht von Dr. La., Klinik B. (dazu unten), wiedergegeben Befunde stünden ebenfalls im Gegensatz zu den Ausführungen von Dr. W ... Eine koronare Zweigefäßerkrankung sei dort leitliniengerecht behandelt worden.

Der Senat hat auf Antrag des Klägers nach § 109 Sozialgerichtsgesetz (SGG) Dr. W. zum gerichtlichen Sachverständigen bestellt. In seinem aufgrund einer Untersuchung des Klägers am 19. Februar 2016 am selben Tag erstatteten Gutachten diagnostizierte er eine arterielle Hypertonie mit akutem Korrekturbedarf, ein Schlafapnoesyndrom mit Maskenbeatmung und klinischen Korrekturbedarf in den letzten sechs Monaten, eine COPD Stadium III mit Dauertherapiebedarf, eine Gonarthrose rechts mit Dauerbehandlungsbedarf seit Monaten, eine Hüft-TEP beidseits, eine chronische Coxalgie rechts bei Spondylolisthesis und Protrusion L4/5 mit akutem Interventionsbedarf, eine Adipositas per magna (BMI 40,74 kg/m²), eine schwere depressive Erkrankung mit akutem Interventionsbedarf, einen entgleisten Diabetes mellitus mit akutem Korrekturbedarf sowie ein Fibromyalgiesyndrom. Bei der im Belastungstest erreichten Leistungsfähigkeit von 25 Watt sei der Kläger nicht mehr auf dem Arbeitsmarkt einsetzbar. Er könne keinerlei leichte Tätigkeiten mehr verrichten. Allenfalls sei aus körperlicher Sicht eine sitzende Tätigkeit denkbar. Diese sei aufgrund der erheblichen kognitiven Verlangsamung im Rahmen der depressiven, aktuell nicht behandelten Erkrankung mit deutlicher Somatisierung nicht möglich. Eine Gehstrecke von 500 m könne er nicht zurücklegen. Die Benutzung öffentlicher Verkehrsmittel mit Ein- und Ausstieg sowie Treppenüberwindung sei nicht möglich. Die kardiopulmonale Leistungseinschränkung bei 25 Watt bestehe mindestens seit der Neueinstellung des nächtlichen Beatmungsdrucks im Oktober 2015. Sowohl die Schmerzsymptomatik als auch die depressive Erkrankung habe sich seit Anfang letzten Jahres zunehmend verschlechtert.

Der Senat hat die behandelnden Ärzte des Klägers ergänzend als sachverständige Zeugen schriftlich befragt. Ärztin F. hat unter dem 22. April 2016 mitgeteilt, der Zustand des Klägers sei seit Januar 2015 unverändert. Die Beschwerden entsprächen der Dauerdiagnose chronisch obstruktive Bronchitis Stadium III Grad C und obstruktiv relevantes Schlafapnoe-Syndrom. Die Therapie sei seit 2015 nicht geändert worden. Die Gesundheitsstörungen entsprächen der deutlichen Verminderung der Leistungsfähigkeit des Klägers. Dr. W. hat unter dem 4. April 2016 über monatliche Behandlungen des Klägers auch seit Januar 2015 berichtet. Bei Schwankungen in Befindlichkeit und Verhalten hätten sich in diesem Zeitraum keine grundlegenden Veränderungen eingestellt; die depressive Störung sei mal ausgeprägter, mal geringer. Es erfolge eine unveränderte medikamentöse analgetische und antidepressive Behandlung. Die festgestellten Gesundheitsveränderungen verringerten die körperliche Leistungsfähigkeit, so dass der Kläger nicht mehr in der Lage sei, durchgehend mittelschwere oder schwere Tätigkeiten zu verrichten. Ausgeschlossen seien weiter Tätigkeiten mit Treppensteigen, häufigem Bücken, ständigem Gehen oder Stehen, in Wechsel zwischen Tag- und Nachtschicht, an gefährdenden Maschinen, unter Zeitdruck, am Fließband oder in Akkord sowie unter Einfluss von Dämpfen oder Gasen. Aufgrund der komplexen Schmerzkrankheit und der depressiven Störung sei das psychophysische Durchhaltevermögen verringert. Des Weiteren hat er eine Dauerdiagnosen- und Dosierübersicht von Dr. Sc. vom 18. Mai 2016 sowie den vorläufigen Entlassbericht von Dr. La., F.-S.-Klinik B., vom 12. April 2016 über die dortige stationäre Behandlung einer koronaren Zweigefäßerkrankung vom 11. bis 12. April 2016 vorgelegt.

Die Beteiligten haben sich mit einer Entscheidung ohne mündliche Verhandlung einverstanden erklärt.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird auf den Inhalt der Verwaltungsakten der Beklagten sowie der Verfahrensakten des SG und des Senats Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

1. Die nach § 151 Abs. 1 und 2 SGG form- und fristgerecht eingelegte Berufung des Klägers, über die der Senat mit Einverständnis der Beteiligten durch Urteil ohne mündliche Verhandlung entscheidet (§ 124 Abs. 2 SGG), ist zulässig. Die Berufung bedurfte nicht der Zulassung. Denn der Kläger begehrt laufende Leistungen für mehr als ein Jahr (§ 144 Abs. 1 Satz 2 SGG).

2. Gegenstand des Berufungsverfahrens ist das Begehren des Klägers auf Gewährung einer Rente wegen voller, hilfsweise wegen teilweiser Erwerbsminderung auf Zeit ab dem 1. April 2013. Die Beschränkung des Begehrens auf eine Zeitrente ergibt sich aus dem ausdrücklich darauf gerichteten Antrag im Schriftsatz des Prozessbevollmächtigten des Klägers vom 26. Oktober 2015 und dessen weiterer Begründung ("Damit hat er Anspruch auf Rente wegen voller Erwerbsminderung auf Zeit"). Dem ist auch zu entnehmen, dass der Kläger im Berufungsverfahren eine Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung bei Berufsunfähigkeit gemäß § 240 Sechstes Buch Sozialgesetzbuch (SGB VI) nicht mehr geltend macht. Eine solche wird weder im formulierten Antrag noch in der weiteren Begründung genannt. Der Kläger hat nicht zum Ausdruck gebracht, dass er sich gegen das vom SG angenommene Fehlen eines BerufsschU.es mit der Folge einer breiten Verweisbarkeit auf den allgemeinen Arbeitsmarkt wendet (§ 153 Abs. 1 i.V.m. § 123 SGG). Streitbefangen im genannten Umfang ist der Bescheid vom 15. Juli 2013 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 22. Juli 2014.

3. Die Berufung des Klägers ist nicht begründet. Das SG hat die kombinierte Anfechtungs- und Leistungsklage zu Recht abgewiesen. Der Kläger hat keinen Anspruch auf Gewährung einer Rente wegen voller oder teilweiser Erwerbsminderung auf Zeit ab dem 1. April 2013. Der streitbefangene Bescheid vom 15. Juli 2013 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 22. Juli 2014 ist im noch angefochtenen Umfang rechtmäßig und verletzt den Kläger nicht in seinen Rechten.

a) Versicherte haben nach § 43 Abs. 2 Satz 1 SGB VI Anspruch auf Rente wegen voller Erwerbsminderung und nach § 43 Abs. 1 Satz 1 SGB VI Anspruch auf Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung bis zum Erreichen der Regelaltersgrenze (insoweit mit Wirkung zum 1. Januar 2008 geändert durch Artikel 1 Nr. 12 RV-Altersgrenzenanpassungsgesetz vom 20. April 2007, BGBl. I, S. 554), wenn sie voll bzw. teilweise erwerbsgemindert sind (Nr. 1), in den letzten fünf Jahren vor Eintritt der Erwerbsminderung drei Jahre Pflichtbeiträge für eine versicherte Beschäftigung oder Tätigkeit haben (Nr. 2) und vor Eintritt der Erwerbsminderung die allgemeine Wartezeit erfüllt haben (Nr. 3). Voll erwerbsgemindert sind nach § 43 Abs. 2 Satz 2 SGB VI Versicherte, die wegen Krankheit oder Behinderung auf nicht absehbare Zeit außer Stande sind, unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarkts mindestens drei Stunden täglich erwerbstätig zu sein. Teilweise erwerbsgemindert sind nach § 43 Abs. 1 Satz 2 SGB VI Versicherte, die wegen Krankheit oder Behinderung auf nicht absehbare Zeit außer Stande sind, unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarkts mindestens sechs Stunden täglich erwerbstätig zu sein. Sowohl für die Rente wegen teilweiser als auch für die Rente wegen voller Erwerbsminderung ist Voraussetzung, dass die Erwerbsfähigkeit durch Krankheit oder Behinderung gemindert sein muss. Entscheidend ist darauf abzustellen, in welchem Umfang ein Versicherter durch Krankheit oder Behinderung in seiner körperlichen und geistigen Leistungsfähigkeit beeinträchtigt wird und in welchem Umfang sich eine Leistungsminderung auf die Fähigkeit, erwerbstätig zu sein, auswirkt. Bei einem Leistungsvermögen, das dauerhaft eine Beschäftigung von mindestens sechs Stunden täglich bezogen auf eine Fünf-Tage-Woche ermöglicht, liegt keine Erwerbsminderung im Sinne des § 43 Abs. 1 und Abs. 2 SGB VI vor. Wer noch sechs Stunden unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarkts arbeiten kann, ist nicht erwerbsgemindert; dabei ist die jeweilige Arbeitsmarktlage nicht zu berücksichtigen (§ 43 Abs. 3 SGB VI).

b) Nach diesen Maßstäben steht für den Senat aufgrund der im Verwaltungs- und Gerichtsverfahren durchgeführten Beweisaufnahme fest, dass der Kläger in der Lage ist, zumindest leichte Tätigkeiten des allgemeinen Arbeitsmarktes wenigstens sechs Stunden täglich zu verrichten. Zwar liegen bei ihm gesundheitliche und daraus resultierende funktionelle Einschränkungen vor. Diese mindern seine berufliche Leistungsfähigkeit jedoch nur in qualitativer, nicht aber in quantitativer Hinsicht.

(1) Beim Kläger bestehen auf orthopädischem Fachgebiet ein muskuläres Reizsyndrom der Halswirbelsäule ohne Funktionsbeeinträchtigungen oder radikuläre Reizerscheinungen bei insgesamt altersdurchschnittlichen degenerativen Veränderungen, eine leichte Fehlstatik der Rumpfwirbelsäule (skoliotische Fehlhaltung) mit muskulärem Reizsyndrom der LWS und endgradigen Funktionsschmerzen ohne wesentlichen Funktionsbehinderung oder radikuläre Reizerscheinungen und leichten degenerativen Veränderungen, ein Zustand nach hüft-endoprothetischer Versorgung beidseits bei festem Sitz der Prothesen ohne Funktionsbehinderung und eine beginnende Kniegelenkarthrose beidseits bei leichter X Fehlstellung ohne Funktionseinschränkung. Zu berücksichtigen ist hierbei auch eine Adipositas per magna. Dies entnimmt der Senat insbesondere dem überzeugenden Gutachten von Dr. Scha. sowie hinsichtlich der neurologischen Gesichtspunkte auch dem bereits im Widerspruchsverfahren von Dr. Br. erstatteten Gutachten, der Senat im Wege des Urkundsbeweises verwerten konnte (vgl. etwa Bundessozialgericht [BSG], Beschluss vom 14. November 2013 – B 9 SB 10/13 B – juris, Rn. 6; BSG, Urteil vom 5. Februar 2008 – B 2 U 8/07 R – juris, Rn. 51). Dr. Scha. hat in Ergänzung des umfangreich erhobenen klinischen Befundes eigene Röntgenaufnahmen aller drei Wirbelsäulenabschnitte in zwei Ebenen, des Beckens und der Kniegelenke angefertigt, deren Ergebnis er ausführlich dargestellt und im Einzelnen ausgewertet hat. Danach ließ sich die vom behandelnden Orthopäden Z. angegebene Spondylolisthesis L5/S1 nicht feststellen. Gleiches gilt im Ergebnis auch unter Berücksichtigung des klinischen Befundes für das von diesem ebenfalls angegebene Wurzelreizsyndrom L4/5 und ein Baastrup-Phänomen bei L4/5 und L5/S1. Dabei handelt es sich nach anschaulicher Darstellung von Dr. Scha. um eine Berührung der Dornfortsätze mit daraus resultierender Periostreizung. Die von ihm gefertigten Röntgenaufnahmen ließen eine solche Veränderung nicht erkennen. Des Weiteren konnte eine Claudicatio spinalis weder radiologisch noch nach den anamnestischen Angaben des Klägers angenommen werden. Die diesbezügliche Kritik von Dr. W. am Gutachten von Dr. Scha. ist nicht nachvollziehbar. Soweit er darauf verweist, die von Dr. Scha. ausgeschlossene Spondylolisthesis sei bereits 2005 bei einer MRT nachgewiesen worden, stimmt dies nicht mit der Aktenlage überein. In dem in Bezug genommenen Befundbericht vom 20. April 2005 werden eine mäßige Spondylosis deformans im thorakolumbalen Übergangsbereich, Spondylarthrosen im Bereich der unteren LWS mit leichter Pseudospondylolisthesis in Höhe L5/S1 und eine leichte Protrusion in gleicher Höhe beschrieben, aber keine Spondylolisthesis. Die von ihm aufgegriffene Angabe einer Spondylolisthesis findet sich auch nicht in einem "Schreiben der Rentenversicherung" aus 2006. Bei diesem in Bezug genommenen Schreiben handelt es sich vielmehr um einen hausärztlichen Befundbericht von Dr. Sc. vom 10. Dezember 2006. Hingegen hat Dr. Scha. eigene Röntgenaufnahmen aktuell angefertigt und ausgewertet; auf diese geht Dr. W., der selbst keine entsprechenden Untersuchungen durchgeführt hat, gar nicht ein. Gleiches gilt für die von ihm als unzutreffend bezeichnete Angabe des Dr. Scha., dass radikuläre Reizerscheinungen nicht vorlägen. Diese wird durch den von ihm selbst und dem zuvor von Dr. Br. erhobenen klinischen Befund gestützt. Dr. W. hat radikuläre Ausstrahlungen verneint. Dr. W. selbst hat ebenfalls keinen Befund erhoben, der radikuläre Reizerscheinungen belegen könnte. Sensomotorische Defizite an den oberen und unteren Extremitäten hat er selbst ausgeschlossen. Ausdrücklich gab er die Sensibilität im Bereich der Arme und Hände sowie im Bein/Fußbereich als normal an und verneinte Paresen, Atrophien und pathologische Reflexe. Demnach kommt dem Verweis auf eine nur im bildgebenden Verfahren 2006 beschriebene Kompression der Wurzeltasche durch eine Protrusion an L4/5 (Arztbrief Dr. Sommer vom 6. September 2006) keine Relevanz zu.

Eine dauerhaft bestehende depressive Erkrankung vermag der Senat nicht festzustellen. Dr. Br. beschreibt Persönlichkeitsakzentuierungen (einfach strukturiert, wenig reflektiert, mit nur geringer Konfliktfähigkeit, bei gleichzeitig nur niedrigem Persönlichkeitsstrukturniveau). Eine depressive Störung im eigentliche Sinne hat er nach den von ihm erhobenen Befunden ausgeschlossen. Der Kläger zeigte sich dort wirklich munter-vergnüglich, immer auch ein wenig verschmitzt, humorvoll, auch mit herzlich lachenden Anmerkungen zu Nebenthemen bei zweifellos ausgeglichener Grundstimmung. Erhoben wurde eine ungestörte Antriebslage. Auffassung, Konzentration, Gedächtnis und Aufmerksamkeit waren in der fast zweieinhalbstündigen Untersuchung samt testpsychologischer Diagnostik bis zuletzt ungestört. Ein richtungsweisendes Vermeidungsverhalten hat Dr. Br. nachvollziehbar unter Verweis auf den außerberuflichen Alltag des Klägers mit Spazierengehen, Essengehen, selbst Kochen, Besuch von und bei Freunden nachvollziehbar verneint. Es bestanden enge Beziehungen zu den Mitgliedern seiner Kernfamilie. Der Kläger berichtete über einen großen Freundeskreis verschiedener Nationalitäten. Man trinke zusammen Kaffee, erzähle und rauche zusammen. Überzeugend kam Dr. Br. danach zu dem Ergebnis, dass eine depressive Symptomatik nicht zu beschreiben sei. Auch gegenüber Dr. Scha. berichtete der Kläger über einen geregelten Tagesablauf mit morgendlichem Frühaufstehen. Nach dem Frühstück fahre er selbst mit dem Auto zum Einkaufen. Danach gehe er regelmäßig ein bis zwei Stunden ohne Gehhilfen in gemütlichem Tempo mit gelegentlichen Hinsetzen spazieren. Dies wiederhole er nachmittags. Dr. W. hat im sozialgerichtlichen Verfahren in seiner Stellungnahme vom 22. Oktober 2014 psychiatrisch lediglich eine wiederkehrende missmutig-traurigen Verstimmung und Unzufriedenheit angegeben. Auch in seiner Auskunft im Berufungsverfahren vom 4. April 2016 hat er ausgeführt, bei Schwankungen in Befindlichkeit und Verhalten hätten sich auch seit Januar 2015 keine grundlegenden Veränderungen eingestellt; die depressive Störung sei mal ausgeprägter, mal geringer. Es erfolgt eine unveränderte medikamentöse antidepressive Behandlung. Abweichende Befunde gegenüber Dr. Br. zu Antriebslage, kognitiver Leistungsfähigkeit und Durchhaltefähigkeit hat er nicht beschrieben und abweichende Angaben zur Alltagsgestaltung nicht erhoben.

Nicht zu folgen vermag der Senat der Einschätzung von Dr. W., es bestehe eine schwere depressive Erkrankung mit akutem Interventionsbedarf. Der von ihm wiedergegebene psychiatrische Befund erschöpft sich in der Feststellung, dass der Kläger deutlich dysphorisch, enttäuscht und verzweifelt gewirkt habe. Im Übrigen werden lediglich subjektive Beschwerdeangaben des Klägers – übersetzt durch dessen Tochter – wiedergegeben. Auch die Durchführung zweier Testverfahren erfolgte lediglich in Übersetzung durch die Tochter. Die Angaben zur Tagesgestaltung beschränken sich unter dem Stichwort "körperliche Belastung" auf "spazieren gehen, kein Sport, Rückzug, wenig Kontakte, ist viel allein". Häufigkeit und Umfang des Spazierengehens wurden nicht erfragt. Gleiches gilt für Einzelheiten zu dem angegebenen Rückzug. Welche Kontakte in welchem Umfang noch bestehen, ist dem nicht zu entnehmen. Dabei ist insbesondere zu berücksichtigen, dass der Kläger gegenüber Dr. Br. noch über Besuche von und bei zahlreichen Freunden sowie sehr guten Beziehungen in der Kernfamilie mit vielen gemeinsamen Unternehmungen berichtet hatte. Angaben zur Haushaltsführung und zum Einkaufen fehlen im Gutachten von Dr. W. völlig, während dies sowohl von Dr. Br. als auch Dr. Scha. ausdrücklich vermerkt worden war. Nicht überzeugend führt Dr. W. die unterschiedlichen Einschätzungen einerseits auf eine unzureichende Ausdrucksfähigkeit des Klägers in deutscher Sprache und andererseits auf eine wesentliche Verschlechterung des Zustandes zurück. Im Gutachten von Dr. Br. zeigten sich keine Anhaltspunkte, dass die sprachlichen Fähigkeiten des Klägers für eine Begutachtung nicht ausreichten. Andernfalls hätten auch die im Gutachten ausführlich wiedergegebenen Angaben des Klägers so nicht erhoben werden können. Ein ausreichendes Sprachverständnis und Ausdrucksvermögen wird auch an den Stellen im Gutachten deutlich, in denen die humorvollen oder lachenden Anmerkungen des Klägers anschaulich dargestellt werden. Ausdrücklich vermerkte Dr. Br. ausreichende Deutschkenntnisse, um die sozialmedizinisch relevante Anamnese zu berichten. Der Kontakt sei sofort unkompliziert möglich und die Konversation spontan munter gewesen. Dass Angehörige bei der Anamneseerhebung und Begutachtung nicht anwesend waren, spricht gerade für die Authentizität der von Dr. Br. verwerteten Angaben des Klägers. Auch der den Kläger regelmäßig monatlich behandelnde Dr. W. hat keine solche Sprachbarriere berichtet. Nicht nachvollziehbar ist das Argument von Dr. W., Spaziergänge seien dem Kläger physikalisch und kardiopulmonal nicht möglich, so dass dessen Angaben diesbezüglich von den Vorgutachtern falsch verstanden worden seien. Entsprechende Angaben über Spaziergänge hatte der Kläger jedoch gegenüber zwei Gutachtern unabhängig voneinander gemacht und im Übrigen gegenüber Dr. W. nach dem Inhalt dessen Gutachtens ausdrücklich wiederholt, ohne dass es von diesem in Frage gestellt oder näher diskutiert worden wäre. Der Stellungnahme von Dr. W. vom 4. April 2016 ist auch zu entnehmen, dass eine wesentliche Verschlechterung des psychischen Zustandes nicht eingetreten ist; dementsprechend wurde eine Änderung der Therapie nicht vorgenommen. Dem äußerst knappen psychiatrischen Befunddarstellung von Dr. W. kann eine solche Verschlechterung ebenfalls nicht entnommen werden. Eine Konsistenzprüfung durch Abgleich mit der Alltagsgestaltung erfolgte ersichtlich nicht, zumal Angaben hierzu nicht erhoben wurden. Angaben zu einer Einschränkung oder einem Nachlassen der Konzentration oder Durchhaltefähigkeit sowie zu einer frühzeitigen Ermüdung finden sich im Gutachten nicht.

Ob neben den durch die orthopädischen Gesundheitsstörungen bedingten Schmerzen noch eine eigenständige Schmerzerkrankung besteht, wie von Dr. W. und Dr. W. (Fibromyalgie) diagnostiziert, kann offenbleiben, da es keinen zusätzlichen Einfluss auf die berufliche Leistungsfähigkeit des Klägers hat (dazu unten).

Internistisch bestehen beim Kläger eine mittelschwere kombinierte Ventilationsstörung (Dauerdiagnose chronisch obstruktive Bronchitis Stadium III Grad C) und ein obstruktiv relevantes Schlafapnoesyndrom mit laufender CPAP-Therapie. Dies entnimmt der Senat den Auskünften der Ärztin F. vom 20. Oktober 2014 und 22. April 2016. Bereits bei der im Rahmen der Begutachtung von Dr. R. durch Lungenarzt Dr. H. durchgeführten Lungenfunktionsprüfung vom 17. März 2010 wurde eine COPD (chronic obstructive pulmonary disease) im Stadium III und ein Schlafapnoe-Syndrom mit Maskenbehandlung beschrieben. Eine wesentliche Änderung seit der Neueinstellung des nächtlichen Beatmungsdrucks im Oktober 2015 konnte Ärztin F. entgegen der Angabe von Dr. W. bei ihrer danach am 9. Dezember 2015 durchgeführten Untersuchung nicht feststellen. Eine Lungenfunktionsprüfung oder Blutgasanalyse hat Dr. W. zur Stützung seiner Angabe nicht durchgeführt, worauf bereits in der sozialmedizinischen Stellungnahme des Arztes Bätz hingewiesen wurde. Des Weiteren bestand beim Kläger eine koronare Zweigefäßerkrankung, die jedoch im April 2016 in der F.-S.-Klinik leitliniengerecht und komplikationslos mittels PTCA (Perkutane Transluminale Coronare Angioplastie) und zweifach DE-Stentimplantation des Ramus marginalis/LCX (left circumflex artery) behandelt wurde. Echokardiographisch zeigte sich ein hypertrophierter linker Ventrikel mit global leichtgradig eingeschränkter Pumpfunktion bei Hypokinesie inferior und inferoseptal. Als kardiovaskuläre Risikofaktoren bestehen ein arterieller Hypertonus mit hypertensiver Herzerkrankung, ein Diabetes mellitus Typ 2, Adipositas und Nikotinabusus. Dies entnimmt der Senat dem Entlassbericht von Dr. La. vom 12. April 2016.

Eine beidseitige Schwerhörigkeit ist mittels beidseitiger Hörgeräteversorgung kompensiert.

(2) Die festgestellten Gesundheitsstörungen schränken das berufliche Leistungsvermögen des Klägers in qualitativer Hinsicht ein. Ausgeschlossen sind aufgrund der orthopädischen Gesundheitsstörungen schwere körperliche und dauerhaft mittelschwere Tätigkeiten, für Arbeiten mit Heben und Tragen von Lasten über 15 bis 20 kg, über Kopf bzw. mit dauerhafter Haltung des Kopfes in Nackenlage, in Nässe und Kälte, mit Zwangshaltungen der Rumpfwirbelsäule, auf unebenen Böden, Leitern und Gerüsten bzw. in kniender oder hockende Stellung sowie Tätigkeiten mit schnellem Richtungswechsel, Fließband- und Akkordarbeiten. Dies entnimmt der Senat den überzeugenden Folgerungen von Dr. Scha ... Ein Ausschluss auch mittelschwerer körperlicher Tätigkeiten ergibt sich allerdings nach der schlüssigen Einschätzung der Ärztin F. aufgrund der mittelschweren kombinierten Ventilationsstörung. Diesbezüglich hält der Senat, der Einschätzung von Dr. W. folgend, auch Arbeiten unter Einfluss von Dämpfen oder Gasen nicht mehr für leidensgerecht. In psychiatrischer Hinsicht sind Tätigkeiten mit überdurchschnittlich fordernden sozialen Interaktionen, Anforderungen an die Konfliktfähigkeit, besonderen Anforderungen an die Introspektionsfähigkeit, in Wechsel- oder Nachtschicht mit Klettern oder Steigen, mit Absturzgefahr, unter besonderem Zeitdruck (z.B. Fließband, Akkord) sowie an gefährdenden Maschinen nicht mehr zumutbar. Dies entnimmt der Senat den übereinstimmenden Beurteilungen von Dr. Br. und Dr. W ...

(3) Die beim Kläger als rentenrelevant zu berücksichtigen Gesundheitsstörungen führen jedoch nicht zu einem Absinken des tatsächlichen Restleistungsvermögen auf ein unter sechsstündiges Maß; er ist weiterhin in der Lage, zumindest leichte Tätigkeiten sechs Stunden und mehr täglich auszuüben.

Den orthopädischen Gesundheitsstörungen kann mit den oben genannten qualitativen Ausschlüssen ausreichend Rechnung getragen werden. Eine darüber hinausgehende Einschränkung des Leistungsvermögens in zeitlicher Hinsicht rechtfertigen sie nicht. Dies entnimmt der Senat der überzeugenden Einschätzung von Dr. Scha ... Der abweichenden Leistungseinschätzung des behandelnden Orthopäden Z. kann der Senat nicht folgen. Wie oben bereits dargestellt, liegen nicht alle von diesem angeführte Gesundheitsstörungen tatsächlich vor. Schlüssig hat Dr. Scha. insoweit darauf hingewiesen, dass die verbleibenden Diagnosen die von diesem angenommene stärker eingeschränkte Leistungsfähigkeit nicht rechtfertigen. Der Kläger zeigte in der dortigen Untersuchungssituation, aber auch anschließend auf dem Gehweg ein schwerfälliges Gangbild, das nach anschaulicher Darstellung von Dr. Scharfen jedoch in erster Linie durch die ausgeprägte Adipositas bedingt war. Zeitweise zeigte sich aber des Weiteren ein leichtes Hinken rechts, übereinstimmend mit den vom Kläger angegebenen Knieschmerzen. Die Funktion der Halswirbelsäule war in allen Richtungen frei; lediglich endgradig bestanden Schmerzen besonders bei der Rotation nach links und der Seitneigung nach rechts. Bei der Funktionsprüfung der Rumpfwirbelsäule erreichte er einen Finger-Boden-Abstand von 16 cm. Das Zeichen nach Schober lag bei 10/15 cm und das Zeichen nach Ort bei 30/33 cm. Diese Werte liegen nach der fachkundigen Darstellung von Dr. Scha. jeweils im normalen Bereich, so dass er überzeugend von einer freien Funktion der Rumpfwirbelsäule ausging. Schmerzen in der mittleren und unteren LWS wurden insbesondere bei der Rotation angegeben. Die Funktion der Schultern und oberen Extremitäten war nicht eingeschränkt. Es bestanden weder pathologische Reflexe noch Gefühlsstörungen. Die grobe Kraft war seitengleich. Zum Ablegen der Oberbekleidung setzte der Kläger den Schultergürtel regelrecht ein. Die Hose zog er im Stehen aus. Weder an den oberen noch den unteren Gliedmaßen bestanden radikuläre Reizerscheinungen. Der Zehenspitzen- und Hackengang war beidseits kräftig. Das Einnehmen der tiefen Hocke gelang maximal zur Hälfte der Norm, wobei der Kläger auf Knieschmerzen rechts hinwies. Die Funktion war beidseits regelrecht bis auf eine eingeschränkte Beugung wegen der abdominellen Adipositas. Bei endgradiger Innenrotation zunächst angegebene Schmerzen in der Leiste beidseits traten bei wiederholter Prüfung nicht auf. Eine Krepitation oder Fehlgängigkeit war nicht festzustellen. Auch radiologisch beschrieb Dr. Scha. einen guten Implantatsitz der Hüft-endoprothesen beidseits. In den Kniegelenken bestand eine freie Streckung und Beugung ohne Überbeugeschmerz. Eine synovitische Reizung oder Ergussbildung konnte nicht festgestellt werden. Das Patellaspiel war beidseits frei. Die allgemeinen Meniskuszeichen waren negativ, der Bandhalt stabil. Gefühlsstörungen wurden an den unteren Gliedmaßen nicht angegeben. Die Muskeleigenreflexe ließen sich beidseits schwach bis Mittel lebhaft auslösen. Das Zeichen nach Lasègue war beidseits negativ. Dabei hat der gerichtliche Sachverständige überzeugend auch einen Abgleich mit der Alltagsgestaltung des Klägers (Teilnahme am sozialen Leben, Einkaufen, tägliche Spaziergänge) vorgenommen. Wie oben bereits dargelegt, ist die Kritik von Dr. W. an dieser Einschätzung nicht nachvollziehbar. Im Übrigen beschreibt auch er einen Finger-Boden-Abstand von 18 bis 20 cm. Angegebene Bewegungseinschränkungen vornehmlich an der rechten Hüfte werden nicht spezifiziert. Bei angegebenen Schmerzen im rechten Knie wird eine Schwellung, jedoch keine Überwärmung und kein Erguss beschrieben. Bewegungsmaße werden nicht erhoben.

Die psychiatrischen Beeinträchtigungen bedingen auch im Zusammenspiel mit einer Schmerzstörung keine Einschränkung des Leistungsvermögens für leichte Tätigkeiten in zeitlicher Hinsicht. Dies entnimmt der Senat dem überzeugenden Gutachten von Dr. Br ... Auch Dr. W. hat in seiner Stellungnahme vom 4. April 2016 lediglich qualitative Ausschlüsse formuliert. Maßgeblich für die Beurteilung des Leistungsvermögens ist zunächst die Schwere einer Erkrankung sowie die daraus resultierenden Funktionsbeeinträchtigungen im Alltag. Diese hat Dr. Br. eingehend erhoben und – wie oben bereits dargestellt – in Abgleich mit der Alltagsgestaltung des Klägers, insbesondere seinem tatsächlichen Tagesablauf, bei der Beurteilung der Leistungsfähigkeit berücksichtigt. Der abweichenden Einschätzung von Dr. W. vermag der Senat bereits hinsichtlich des angenommenen Schweregrades aus oben genannten Gründen nicht zu folgen. Ein Abgleich mit den tatsächlichen Teilhabeeinschränkungen ist nicht erfolgt.

Die koronare Herzkrankheit wurde am 11. April 2016 leitliniengerecht und komplikationslos behandelt. Wie dem Entlassbericht von Dr. La. zu entnehmen ist, war der Kläger jederzeit hämodynamisch stabil und beschwerdefrei. Bei der vor dem Eingriff am 31. März 2016 durchgeführten transthorakalen Echokardiographie zeigte sich eine lediglich leichtgradige eingeschränkte Pumpfunktion. Die am selben Tag durchgeführte Fahrradergometrie wurde bei einer Belastung von 75 W und 80% der Zielfrequenz wegen Knieschmerzen abgebrochen. Angina pectoris-Beschwerden waren ebenso wenig aufgetreten wie Dyspnoe oder ischämietypische Streckensenkungen. Dies zeigt, dass es sich bei der von Dr. W. beschriebenen Einschränkung der Leistungsfähigkeit im Walking Test auf eine Belastbarkeit von 25 Watt nicht um einen dauerhaften Befund handelte. Insoweit folgt der Senat der schlüssigen Leistungsbeurteilung des Arztes U. in dessen Stellungnahme vom 15. Juli 2016, dass sich aufgrund der zuletzt erhobenen Befunde im Entlassbericht von Dr. La. eine zeitliche Einschränkung des Leistungsvermögens für leichte Tätigkeiten nicht ableiten lässt.

Gleiches gilt für die chronisch obstruktive Bronchitis Stadium III Grad C und das obstruktiv relevantes Schlafapnoe-Syndrom. Der Senat entnimmt dies den Auskünften der Ärztin F ... Soweit diese unter dem 15. April 2016 angegeben hat, die Gesundheitsstörungen entsprächen der deutlichen Verminderung der Leistungsfähigkeit des Klägers, ist dies im Zusammenhang mit ihrer Stellungnahme vom 20. Oktober 2014 zu sehen. In dieser hatte sie ein sechsstündiges Leistungsvermögen des Klägers für eine körperlich leichte und nervlich wenig belastende Tätigkeit ausdrücklich bejaht. Dies entspricht der Leistungseinschätzung im Gutachten von Dr. R. vom 7. Mai 2010, dem ausweislich der Lungenfunktionsprüfung durch Dr. H. bereits eine COPD Stadium III zugrunde lag. Diese Einschätzungen sind überzeugend. Ein aufgehobenes Leistungsvermögen auch für leichte körperliche Tätigkeit besteht bei einer schweren Dyspnoe schon bei geringer Belastung, einer maximalen ergometrischen Belastbarkeit unter 50 Watt, einer Einsekundenkapazität (FEV1) unter 50% vom Soll oder unter 1,0 Liter, einer relativen Einsekundenkapazität (FEV1 in % der VC) unter 40%, einer Resistance von über 1,0kPa/l s oder einer Minderung des Transferfaktors unter 50% vom Soll. Des Weiteren insbesondere bei schwerer Ruhedyspnoe und klinisch oder apparativ nachgewiesener Rechtsherzkompensation trotz adäquater Therapie (Leitlinien für die sozialmedizinische Begutachtung, Leistungsfähigkeit bei chronisch obstruktiver Lungenkrankheit und Asthma bronchiale, Deutsche Rentenversicherung, Januar 2010, S. 36). Solche Werte oder Befunde wurden beim Kläger nicht erhoben. Bei der zuletzt durchgeführten Fahrradergometrie am 31. März 2016 trat bei Belastung bis 75 W keine Dyspnoe auf. In der Dauerdiagnosen- und Dosierungsübersicht von Dr. Sc. vom 18. April 2016 ist zum COPD festgehalten: FEV1 )= 50% und ( 70 % des Sollwertes. Dies stimmt mit den in den Arztbriefen der Ärztin F. vom 2. Dezember 2013 und 29. September 2014 berichteten Ergebnisse von Bodyplethysmographien am 2. Dezember 2013 und 24. September 2014 überein. Leichte körperliche Arbeiten können hingegen zugemutet werden bei mittelgradigen Funktionsstörungen der Einsekundenkapazität zwischen 50 und 70% vom Soll (S. 36 der Leitlinie), wie sie hier beschrieben wurden. Der abweichenden Auffassung von Dr. W., der keine eigene Bodyplethysmographie oder Blutgasanalyse durchgeführt hat, vermag der Senat nicht zu folgen. Das Schlafapnoe-Syndrom ist einer – tatsächlich auch durchgeführten – Behandlung zugänglich. Eine relevante Tagesmüdigkeit hatte bereits Dr. Br. aufgrund ausführlicher Begutachtung ausgeschlossen. Es hatte sich keinerlei Erschöpfung oder Ermüdung während der für jeden Probanden überdurchschnittlich anstrengenden gutachterlichen Untersuchungsprozedur – noch dazu an einem extrem heißen Untersuchungstag – gezeigt. Das behandelte Schlafapnoe-Syndrom habe – auch bei gezielter Befragung – keine Einschlafneigung zur Folge gehabt; dies stimmt mit den Angaben des Klägers überein, problemlos Autofahren zu können. Abweichende Angaben zu einem Nachlassen der Konzentration oder Durchhaltefähigkeit sowie zu einer frühzeitigen Ermüdung finden sich – auch bei Dr. W. – nicht. Der Diabetes mellitus und die arterielle Hypertonie sind, wie auch Dr. W. darstellt, einer Behandlung zugänglich und begründen angesichts des Ergebnisses des letzten Belastungs-EKG keine dauerhafte zeitliche Beschränkung des Leistungsvermögen.

(4) Ob dem Kläger ein Arbeitsplatz vermittelt werden kann oder nicht, ist für den geltend gemachten Anspruch auf Rente wegen Erwerbsminderung nicht erheblich. Die jeweilige Arbeitsmarktlage ist nicht zu berücksichtigen (§ 43 Abs. 3 SGB VI). Maßgebend ist, ob der Kläger mit dem ihm verbliebenen Restleistungsvermögen – wenn auch mit qualitativen Einschränkungen – in der Lage ist, zumindest körperlich leichte Tätigkeiten arbeitstäglich für mindestens sechs Stunden zu verrichten, er also in diesem zeitlichen Umfang unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarkts erwerbstätig sein kann, wovon im Regelfall ausgegangen werden kann (vgl. z.B. BSG, Urteil vom 19. Oktober 2010 – B 13 R 78/09 R – juris, Rn. 31). Dies bejaht der Senat wie zuvor dargelegt.

(5) Eine Summierung ungewöhnlicher Leistungseinschränkungen oder eine schwere spezifische Leistungsbehinderung liegen nicht vor. In einem solchen Fall kann der Arbeitsmarkt selbst bei einem noch vorhandenen sechsstündigen Leistungsvermögen ausnahmsweise als verschlossen gelten (siehe – auch zum Folgenden – etwa Urteil des Senats vom 21. November 2014 – L 4 R 4797/13 – nicht veröffentlicht). Dem liegt der Gedanke zugrunde, dass eine Verweisung auf noch vorhandenes Restleistungsvermögen nur dann möglich ist, wenn nicht nur die theoretische Möglichkeit besteht, einen entsprechenden Arbeitsplatz zu erhalten.

Dies ist hier nicht der Fall. Die qualitativen Leistungseinschränkungen des Klägers (siehe oben) sind nicht als ungewöhnlich zu bezeichnen. Darin ist weder eine schwere spezifische Leistungsbehinderung noch eine Summierung ungewöhnlicher Leistungseinschränkungen zu sehen. Eine schwere spezifische Leistungsbehinderung liegt nur vor, wenn bereits eine erhebliche (krankheitsbedingte) Behinderung ein weites Feld von Verweisungsmöglichkeiten versperrt. Hierzu können – unter besonderer Berücksichtigung der jeweiligen Einzelfallumstände beispielsweise Einäugigkeit, Einarmigkeit und Einschränkungen der Arm- und Handbeweglichkeit sowie besondere Schwierigkeiten hinsichtlich der Gewöhnung und Anpassung an einen neuen Arbeitsplatz zählen (vgl. BSG, Urteil vom 9. Mai 2012 – B 5 R 68/11 R – juris, Rn. 28 m.w.N.). Keine dieser Fallkonstellationen ist hier gegeben.

(6) Auch die Wegefähigkeit des Klägers war und ist gegeben. Neben der zeitlich ausreichenden Einsetzbarkeit eines Versicherten am Arbeitsplatz gehört zur Erwerbsfähigkeit auch das Vermögen, eine Arbeitsstelle in zumutbarer Zeit aufsuchen zu können. Das BSG hat dieses Vermögen nur dann für gegeben erachtet, wenn es dem Versicherten möglich ist, Entfernungen von über 500 Metern zu Fuß zurückzulegen, weil davon auszugehen ist, dass derartige Wegstrecken üblicherweise erforderlich sind, um Arbeitsstellen oder Haltestellen eines öffentlichen Verkehrsmittels zu erreichen (zum Ganzen z.B. BSG, Urteil vom 17. Dezember 1991 – 13/5 RJ 73/90 – juris, Rn. 16 ff.; Urteil vom 12. Dezember 2011 – B 13 R 21/10 R – juris, Rn. 21 f.; Urteil vom 12. Dezember 2011 – B 13 R 79/11 R – juris, Rn. 19 f.). Der Kläger ist in der Lage, eine Gehstrecke von 500 Metern viermal in weniger als 20 Minuten täglich zurückzulegen und öffentliche Verkehrsmittel zu benutzen. Dies entnimmt der Senat dem überzeugenden Gutachten von Dr. Scha ... Danach sind die orthopädischen Funktionsbeeinträchtigungen von Seiten der endoprothetisch versorgten Hüftgelenke und des rechten Kniegelenks nicht so ausgeprägt, dass dem Kläger eine solche Wegstrecke nicht mehr möglich oder zumutbar wäre. Dies ist angesichts der erhobenen, oben bereits dargestellten Bewegungsmaße, des beschriebenen Gangbildes mit lediglich leichtem Hinken rechts ohne Gehhilfen und den eigenen Angaben des Klägers über längere Spaziergänge nachvollziehbar. Die abweichende Einschätzung von Dr. W. überzeugt den Senat nicht. Das Ergebnis des Walking Tests rechtfertigt, wie ausgeführt, nicht die Annahme einer dauerhaften Leistungsminderung in internistischer Hinsicht. Orthopädisch und neurologisch hat er keine abweichenden Befunde an den unteren Extremitäten beschreiben. Im Übrigen ist der mit dem eigenen Kraftfahrzeug mobil, wie sich aus seinen Angaben gegenüber Dr. Br. und der Anreise zur dortigen Untersuchung mit dem eigenen, selbstgesteuerten Auto ergibt.

4. Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 Abs. 1 Satz 1 SGG.

5. Die Revision war nicht zuzulassen, da Gründe hierfür (vgl. § 160 Abs. 2 SGG) nicht vorliegen.
Rechtskraft
Aus
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