Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Unfallversicherung
Abteilung
10
1. Instanz
SG Freiburg (BWB)
Aktenzeichen
S 8 U 2367/13
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 10 U 228/14
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Berufung der Klägerin gegen den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Freiburg vom 03.01.2014 wird zurückgewiesen.
Außergerichtliche Kosten sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten.
Tatbestand:
Zwischen den Beteiligten ist im Zugunstenwege die Anerkennung einer Berufskrankheit (BK) nach der Nr. 2108 (im Folgenden BK 2108) der Anlage zur Berufskrankheiten-Verordnung (BKV) streitig.
Die am 1952 geborene Klägerin war nach dem Besuch einer Krankenpflegeschule nach ihren Angaben von 1974 bis 1976 im Stationsdienst und von 1976 bis 1979 im OP-Dienst als Krankenpflegehelferin beschäftigt. Von 1979 bis zum Eintritt von Arbeitsunfähigkeit im September 1993 war sie als Dauernachtwache eingesetzt und hierbei ab November 1989 lediglich noch im Umfang von 50 % der vollen Arbeitszeit tätig.
Im April 1995 wandte sich die Klägerin an die Beklagte und beantragte unter Anerkennung u.a. der BK 2108 die Gewährung von Verletztenrente. Sie machte geltend, als Folge ihrer Tätigkeit als Krankenpflegehelferin unter erheblichen Wirbelsäulenproblemen zu leiden. In dem ihr übersandten Formular gab sie, die Beschwerden hätten sich erstmals vor ca. zehn bis zwölf Jahren beim Heben, Tragen und Bücken bemerkbar gemacht. Seit April 1993 stehe sie in Behandlung des Dr. K ...
Im Zuge der medizinischen Sachaufklärung holte die Beklagte von Dr. K. einen Behandlungsbericht ein, in dem dieser von einer Betreuung der Klägerin seit 15.04.1994 berichtete, wobei diese bei der Erstvorstellung über Nacken-, Rücken- und Kreuzschmerzen geklagt und er Röntgenaufnahmen der HWS, BWS und LWS gefertigt habe (vgl. Behandlungsbericht vom 18.10.1995, Bl. 46 VerwA). Ausweislich des seinerzeit gefertigten Arztbriefes vom 15.04.1994 (Bl. 71/72 VerwA) ging Dr. K. diagnostisch von einem chronisch-rezidivierendes Cervicalsyndrom sowie chronischen Dorsalgien und Lumbalgien bei Wirbelsäulenfehlstatik und Adipositas aus. In Bezug auf die durchgeführten röntgenologischen Untersuchungen beschrieb er für die LWS eine Spondylarthrose und führte weiter aus, die degenerativen Veränderungen im LWS-Bereich lägen in der Altersnorm. Die Beklagte zog darüber hinaus die Vorerkrankungsverzeichnisse bei, wobei diese für die Arbeitsunfähigkeit der Klägerin ab 22.09.1993 als Diagnosen eine Gastroenteritis, ein Ulcus duodeni, eine Ovarialzyste, eine Miktionsstörung sowie eine Cholecystolithiasis auswiesen. Die darüber hinaus vom damaligen Versorgungsamt Freiburg beigezogene, über die Klägerin geführte Schwerbehindertenakte wies aus, dass diese unter Auflistung einer Vielzahl von Erkrankungen die Anerkennung der Schwerbehinderteneigenschaft geltend machte. Aktenkundig war ferner u.a. das im Hinblick auf den seinerzeitigen Antrag der Klägerin auf Gewährung von Rente wegen Erwerbsunfähigkeit von der damalige Bundesversicherungsanstalt für Angestellte (BfA) eingeholte Gutachten des Arztes für Orthopädie Dr. R. , der diagnostisch von einer Bandscheibendegeneration der Hals- und Lendenwirbelsäule ohne Funktionseinbuße, einem beginnenden Verschleiß des linken Hüftgelenks ohne Funktionseinbuße, Krampfadern beider Beine, rechts betont, und einer Adipositas ausging, Hinweise auf eine funktionelle Überlagerung der geklagten Beschwerden sah und die Klägerin in der Tätigkeit als Krankenpflegehelferin nicht mehr für einsatzfähig erachtete. Die Röntgenaufnahmen des Dr. K. vom 15.04.1994 befundete er hinsichtlich der LWS im Sinne einer "beginnenden Osteochondrose und Spondylose der unteren Lendenwirbelsäule" (Bl. 111 VerwA).
Die Beklagte holte die beratungsärztliche Stellungnahme des Arztes für Orthopädie Dr. N. ein, der das Vorliegen einer BK 2108 ausschloss. Eine wesentliche bandscheibenbedingten Erkrankung sei nicht zu erkennen. Die von der Klägerin seit 12 Jahren in allen Wirbelsäulenabschnitten geklagten Beschwerden seien überwiegend nicht bandscheibenbedingt, sondern eher auf die mehrfach beschriebenen muskulären Verspannungen im gesamten Rückenbereich zurückzuführen. Wenngleich die von Dr. K. und Dr. R. dokumentierten Röntgenbefunde etwas divergierten, sei davon auszugehen, dass wesentliche Veränderungen nicht vorlägen; in keinem Fall seien diese als vorauseilende Bandscheibenschäden zu werten. Zudem seien die geringen röntgenologischen Veränderungen, die auf beginnende oder leichte Bandscheibenschäden hindeuten könnten, in allen Wirbelsäulenabschnitten gleichermaßen vorzufinden.
Mit Bescheid vom 23.05.1996 lehnte die Beklagte die Anerkennung einer BK 2108 ab. Im Widerspruchsverfahren holte die Beklagte eine Stellungnahme ihres Präventionsdienstes ein, wonach die arbeitstechnischen Voraussetzungen für die Dauer der Vollzeittätigkeit der in Rede stehenden BK erfüllt seien (Bl. 199 ff. VerwA). Sodann veranlasste sie das Gutachten des Prof. Dr. R. , Chefarzt der Klinik für Orthopädie und Orthopädische Rheumatologie im Klinikum O. , der nach Untersuchung der Klägerin am 16.10.1997 das Vorliegen einer bandscheibenbedingten Erkrankung im Sinne der BK 2108 verneinte. Seinen Ausführungen zufolge zeigten die gefertigten Röntgenaufnahmen der LWS altersentsprechende Degenerationszeichen auf allen Segmenten mit ventralen Osteophyten und Spondylose sowie eine Zwischenwirbelraumerniedrigung im Segment LWK1/LWK2 und auch ansonsten einen altersentsprechenden Befund. Die bei der klinischen Untersuchung gefundene Bewegungseinschränkung der LWS und BWS als Zeichen einer degenerativen Veränderung sei altersentsprechend. Nach nochmaliger Auswertung der Röntgenaufnahmen vom 16.10.1997 durch den Arzt für Radiologie Dr. B. , der lediglich eine geringgradig ausgeprägte Spondylose betont bei L3/4 befundete, wies die Beklagte den Widerspruch der Klägerin mit Widerspruchsbescheid vom 10.02.1998 zurück. In dem sich anschließenden Klageverfahren S 9 U 666/98 vor dem Sozialgericht Freiburg (SG) verwies die Klägerin auf den zwischenzeitlich in dem gegen die BfA geführten Rechtsstreit S 11 An 946/96 geschlossenen Vergleich, wonach ihr auf Grund eines im April 1994 eingetretenen Leistungsfalls Berufsunfähigkeitsrente gewährt werde. Bei ihr lägen durchaus über das Altersmaß hinausgehende Veränderungen an der Wirbelsäule vor und sie gehöre insbesondere zur risikogefährdeten Gruppe für Wirbelsäulenerkrankungen. Das Eintreten von Berufsunfähigkeit mit 42 Jahren sei nicht altersentsprechend. Mit Urteil vom 22.02.2000 wies das SG die Klage ab.
Im November 2012 beantragte die Klägerin eine Überprüfung des Bescheids vom 23.05.1996. Sie nahm Bezug auf die "Rechtsprechung des Bundessozialgerichts aus dem Oktober 2007 und den danach ergangenen veränderten Konsenspapieren" und machte geltend, dass dadurch nun Raum für die Anerkennung einer BK 2108 sei. Mit Bescheid vom 05.12.2012 lehnte die Beklagte den Antrag - sinngemäß - ab. Sie verwies auf die Bestandskraft des Bescheides vom 23.05.1996, dessen Richtigkeit auch durch das Urteil des SG vom 22.02.2000 bestätigt worden sei. Die Klägerin habe keine neuen Tatsachen oder Erkenntnisse vorgetragen, die eine Überprüfung gemäß § 44 des Zehnten Buches des Sozialgesetzbuchs (SGB X) rechtfertigen würden. Die wohl angesprochene Entscheidung des Bundessozialgerichts, mit denen die Kriterien nach dem Mainz-Dortmunder-Dosismodells relativiert worden seien, stehe im Falle der Klägerin nicht zur Debatte, da die arbeitstechnischen Voraussetzungen als erfüllt angesehen worden seien. Unter Anwendung der Konsensempfehlungen entspreche das Krankheitsbild der Klägerin im Übrigen der Konstellation A1, was bedeute, dass bei ausreichender Exposition eine bandscheibenbedingte Erkrankung nicht vorliege. Den dagegen eingelegten Widerspruch der Klägerin wies die Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 23.04.2012 (richtigerweise 23.04.2013, vgl. Begleitschreiben Bl. 316 VerwA) zurück.
Am 23.05.2013 hat die Klägerin dagegen beim SG Klage erhoben und die Auffassung vertreten, dass die Beklagte bei ordnungsgemäßer Prüfung der Sach- und Rechtslage zu einem anderen Ergebnis als im Jahr 1996 gekommen wäre. Mit Gerichtsbescheid vom 03.01.2014 hat das SG die Klage unter Bezugnahme auf die Ausführungen der Beklagten im Widerspruchsbescheid abgewiesen. Es sei nicht ersichtlich, warum sich in tatsächlicher oder rechtlicher Sicht eine Änderung im Vergleich zu der früheren Entscheidung ergeben haben soll.
Am 16.01.2014 hat die Klägerin dagegen beim Landessozialgericht (LSG) Berufung eingelegt und geltend gemacht, das Vorgehen des SG sei völlig unverständlich, nachdem schon die Beklagte keine Überprüfung vorgenommen habe. Diese wäre angesichts der verminderten Voraussetzungen für die Anerkennung einer BK 2108 durch die zwischenzeitlich erheblich veränderten Konsensempfehlungen zu einem für sie günstigen Ergebnis gelangt. Darin seien die Sklerose, die Chondrose und die Spondylose genannt, die bei ihr festgestellt worden seien.
Die Klägerin beantragt,
den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Freiburg vom 03.01.2014 aufzuheben und die Beklagte unter Aufhebung des Bescheids vom 05.12.2012 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 23.04.2013 zu verurteilen, den Bescheid vom 23.05.1996 zurückzunehmen und eine Berufskrankheit nach Nr. 2108 der Anlage zur Berufskrankheiten-Verordnung anzuerkennen.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie hält die angefochtene Entscheidung für richtig.
Auf Antrag der Klägerin gemäß § 109 des Sozialgerichtsgesetzes (SGG) hat der Senat das Gutachten des Prof. Dr. B.-A. , Facharzt für Arbeitsmedizin/Umweltmedizin, nebst Zusatzgutachten des Dr. B. , Facharzt für Diagnostische Radiologie, und des Dr. O. , Facharzt für Neurologie, auf Grund Untersuchung der Klägerin im Februar 2016 nebst ergänzender Stellungnahme eingeholt. Prof. Dr. B.-A. hat das Vorliegen einer bandscheibenbedingten Erkrankung der LWS im Sinne der BK 2108 auch zum Zeitpunkt der Untersuchung verneint. Dies stehe in Einklang mit den früheren Röntgenbefunden.
Die Beteiligten haben auf die Durchführung einer mündlichen Verhandlung verzichtet.
Zur weiteren Darstellung des Sachverhalts sowie des Vorbringens der Beteiligten wird auf den Inhalt der Verwaltungsakten der Beklagten sowie die Akten beider Rechtszüge Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die gemäß § 151 Abs. 1 SGG form- und fristgerecht eingelegte und gemäß den §§ 143, 144 SGG statthafte Berufung der Klägerin, über die der Senat mit dem Einverständnis der Beteiligten gemäß § 124 Abs. 2 SGG ohne mündliche Verhandlung entscheidet, ist zulässig; die Berufung der Klägerin ist jedoch nicht begründet.
Die hier vorliegende kombinierte Anfechtungs- und Verpflichtungsklage ist zulässig. Mit dieser Anfechtungsklage nach § 54 Abs. 1 SGG begehrt die Klägerin die Aufhebung der angefochtenen Bescheide, mit denen die Beklagte eine Rücknahme jenes Bescheides ablehnte, mit dem sie die streitige BK ablehnte und mit der Verpflichtungsklage zum einen die Verpflichtung der Beklagten zur Rücknahme des die streitige BK bestandskräftig ablehnenden Bescheides vom 23.05.1996 und zum anderen die Verpflichtung der Beklagten, nach erfolgter Rücknahme dieses Bescheides die streitige BK anzuerkennen. Auch letzteres ist zulässig. Denn nach der Rechtsprechung des BSG kann der Versicherte an Stelle gerichtlicher Feststellung (§ 55 Abs. 1 Nr. 1 SGG, vgl. hierzu u.a. BSG, Urteil vom 07.09.2004, B 2 U 46/03 R in SozR 4-2700 § 2 Nr. 3) auch die Verurteilung der Beklagten zur Anerkennung eines Versicherungsfalles - Arbeitsunfall oder Berufskrankheit, vgl. § 7 Abs. 1 SGB VII - als Element eines jeglichen Leistungsanspruchs im Wege der Verpflichtungsklage verlangen (Urteil vom 05.07.2011, B 2 U 17/10 R in SozR 4-2700 § 11 Nr. 1 mit weiteren Ausführungen zur Anspruchsgrundlage; speziell zur Anerkennung eines Arbeitsunfalles und damit auf eine Berufskrankheit übertragbar BSG, Urteil vom 15.05.2012, B 2 U 8/11 R in SozR 4-2700 § 2 Nr. 20). Soweit die Kläger im Klageverfahren darüber hinausgehend auch die Verurteilung der Beklagten zur Gewährung von Verletztenrente beantragt hat, hat sie ihr diesbezügliches Begehren im Berufungsverfahren nicht mehr aufrecht erhalten.
Das SG hat die Klage zu Recht abgewiesen. Denn der Bescheid der Beklagten vom 05.12.2012 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 23.04.2012 (richtig 23.04.2013) ist rechtmäßig und verletzt die Klägerin nicht in ihren Rechten. Mit diesen Bescheiden lehnte es die Beklagte im Ergebnis zu Recht ab, bei der Klägerin unter Rücknahme des Bescheids vom 23.05.1996 das Vorliegen einer BK 2108 anzuerkennen. Der Senat kann dahingestellt sein lassen, ob sich die Beklagte entsprechend ihrer Begründung tatsächlich ohne weitere Sachprüfung auf die Bestandskraft des Bescheids vom 23.05.1996 berief, weil die Klägerin - so die Beklagte - keine neuen Tatsachen oder Erkenntnisse vorgetragen habe, die eine Überprüfung nach § 44 SGB X rechtfertigen würde oder ob sie ungeachtet dessen gleichwohl eine Sachprüfung vornahm (und damit sinngemäß die Rücknahme des Bescheides vom 23.05.1996 ablehnte), weil sie ausführte, dass das Krankheitsbild der Klägerin unter Berücksichtigung der sog. Konsensempfehlungen der Konstellation A1 entspreche, d.h. bei ausreichender Exposition eine bandscheibenbedingten Erkrankung der LWS nicht vorliege. Denn jedenfalls liegen die Voraussetzungen für eine Rücknahme des Bescheids vom 23.05.1996 nicht vor.
Rechtsgrundlage für das Begehren der Klägerin ist § 44 Abs. 1 SGB X. Danach ist ein Verwaltungsakt, auch nachdem er unanfechtbar geworden ist, mit Wirkung für die Vergangenheit zurückzunehmen, soweit bei dessen Erlass das Recht unrichtig angewandt oder von einem Sachverhalt ausgegangen worden ist, der sich als unrichtig erweist, und soweit deshalb Sozialleistungen zu Unrecht nicht erbracht worden sind. Die Bestimmung ermöglicht eine Abweichung von der Bindungswirkung sozialrechtlicher Verwaltungsakte.
Zwar wurde im bestandskräftig gewordenen Bescheid vom 23.05.1996 an sich nicht über Leistungen entschieden, sondern (nur) die Anerkennung der streitigen BK 2108 abgelehnt, so dass durch diesen Bescheid unmittelbar nicht "Sozialleistungen zu Unrecht nicht erbracht worden sind", wie dies § 44 Abs. 1 Satz 1 SGB X voraussetzt. Für die Anwendung dieser Regelung spricht jedoch, dass es bei der Anerkennung einer BK letztendlich in der Regel doch (mittelbar) um Leistungsansprüche geht. Dabei ist im Anwendungsbereich des Abs. 1 eine gebundene Entscheidung über die Korrektur mit Wirkung für die Vergangenheit zu treffen, während der Behörde im Anwendungsbereich des Abs. 2 insoweit, was die Vergangenheit anbelangt, ein Ermessensspielraum zusteht. Dadurch würde der die Feststellung einer BK begehrende potentielle Leistungsempfänger - was die Rücknahme des bestandskräftigen Bescheides für die Vergangenheit anbelangt - schlechter gestellt, als wenn im bestandskräftigen Bescheid unmittelbar konkrete Leistungsansprüche abgelehnt worden wären. Ein Grund für diese unterschiedliche Behandlung von schlussendlich doch sozialleistungsbezogener Überprüfungsverfahren ist nicht ersichtlich.
Die Voraussetzungen für eine Rücknahme des Bescheides vom 23.05.1996 liegen nicht vor. Denn die Beklagte wandte bei Erlass der Entscheidung vom 23.05.1996 weder das Recht unrichtig an, noch ist sie von einem Sachverhalt ausgegangen, der sich nachträglich als unrichtig erweist. Die Beklagte lehnte es vielmehr zu Recht ab, eine BK 2108 anzuerkennen.
Nach der bis zum 31.12.1996 noch anzuwendenden Regelung des § 551 Abs. 1 Satz 1 der Reichsversicherungsordnung (RVO) galt als Arbeitsunfall auch eine BK. BKen waren die Krankheiten, welche die Bundesregierung durch Rechtsverordnung mit Zustimmung des Bundesrates bezeichnete und die ein Versicherter bei einer der in den §§ 539 , 540 und 543 bis 545 RVO genannten Tätigkeiten erlitt (versicherte Tätigkeit). Durch § 551 Abs. 1 Satz 3 RVO war die Bundesregierung ermächtigt, in der Rechtsverordnung solche Krankheiten zu bezeichnen, die nach den Erkenntnissen der medizinischen Wissenschaft durch besondere Einwirkungen verursacht worden sind, denen bestimmte Personengruppen durch ihre Arbeit in erheblich höherem Maße als die übrige Bevölkerung ausgesetzt waren. Das geschah in der Berufskrankheiten-Verordnung (BKVO), der in der Anlage 1 eine Liste der entschädigungspflichtigen BKen angefügt war. Zu den vom Verordnungsgeber bezeichneten BKen gehörte nach Nr. 2108 der Anlage 1 zur BKVO auch eine bandscheibenbedingte Erkrankung der LWS durch langjähriges Heben oder Tragen schwerer Lasten oder durch langjährige Tätigkeiten in extremer Rumpfbeugehaltung, die zur Unterlassung aller Tätigkeiten gezwungen hat, die für die Entstehung, die Verschlimmerung oder das Wiederaufleben der Krankheit ursächlich waren oder sein können.
Für die Anerkennung und Entschädigung einer Erkrankung nach Nr. 2108 der Anlage 1 zur BKVO mussten folgende Tatbestandsmerkmale gegeben sein: Bei dem Versicherten musste eine bandscheibenbedingte Erkrankung der Lendenwirbelsäule vorliegen, die durch langjähriges berufsbedingtes Heben oder Tragen schwerer Lasten oder durch langjährige berufsbedingte Tätigkeiten in extremer Rumpfbeugehaltung (so genannte arbeitstechnische Voraussetzungen) entstanden ist. Die Erkrankung musste den Zwang zur Unterlassung aller gefährdenden Tätigkeiten herbeigeführt haben, und als Konsequenz aus diesem Zwang musste die Aufgabe dieser Tätigkeiten tatsächlich erfolgt sein.
Dabei müssen die anspruchsbegründenden Tatsachen, nämlich die versicherte Tätigkeit, die schädigende Einwirkung und die als Folge geltend gemachte Gesundheitsstörung - hier also eine bandscheibenbedingte Erkrankung - erwiesen sein, d.h. bei vernünftiger Abwägung des Gesamtergebnisses des Verfahrens muss der volle Beweis für das Vorliegen der genannten Tatsachen als erbracht angesehen werden können (vgl. u. a. BSG, Urteil vom 30.04.1985, 2 RU 43/84 in SozR 2200 § 555a Nr. 1). Hingegen genügt hinsichtlich des ursächlichen Zusammenhangs zwischen der versicherten Tätigkeit und der schädigenden Einwirkung (haftungsbegründende Kausalität) sowie der schädigenden Einwirkung und der Erkrankung (haftungsausfüllende Kausalität) eine hinreichende Wahrscheinlichkeit (vgl. BSG, Urteil vom 30.04.1985, a.a.O.); das bedeutet, dass bei vernünftiger Abwägung aller wesentlichen Gesichtspunkte des Einzelfalls mehr für als gegen einen Ursachenzusammenhang sprechen muss, wobei dieser nicht schon dann wahrscheinlich ist, wenn er nicht auszuschließen oder nur möglich ist (vgl. BSG, Urteil vom 02.11.1999, B 2 U 47/98 R in SozR 3-1300 § 48 Nr. 67; Urteil vom 02.05.2001, B 2 U 16/00 R in SozR 3-2200 § 551 Nr. 16). Kommen mehrere Ursachen in Betracht (konkurrierende Kausalität), so sind nur solche Ursachen als rechtserheblich anzusehen, die wegen ihrer besonderen Beziehung zum Erfolg zu dessen Eintritt wesentlich beigetragen haben (vgl. BSG, Urteil vom 28.06.1988, 2/9b RU 28/87 in SozR 2200 § 548 Nr. 91). Kann ein behaupteter Sachverhalt nicht nachgewiesen oder der ursächliche Zusammenhang nicht wahrscheinlich gemacht werden, so geht dies nach dem im sozialgerichtlichen Verfahren geltenden Grundsatz der objektiven Beweislast zu Lasten des Beteiligten, der aus diesem Sachverhalt Rechte herleitet, bei den anspruchsbegründenden Tatsachen also zu Lasten des jeweiligen Klägers (vgl. BSG, Urteil vom 27.06.1991, 2 RU 31/90 in SozR 3-2200 § 548 Nr. 11).
Die dargelegten Voraussetzungen lagen zum Zeitpunkt der Entscheidung der Beklagten im Jahr 1996 schon deshalb nicht vor, weil die Klägerin schon nicht an einer bandscheibenbedingten Erkrankung der LWS litt. Hiervon ging die Beklagte auf der Grundlage der röntgenologischen Untersuchungen des Dr. K. vom 15.04.1994 und des Prof. Dr. R. vom 16.10.1997 zu Recht aus. Dr. K. sah auf Grund der von ihm gefertigten Röntgenaufnahmen in Bezug auf die LWS die degenerativen Veränderungen in der Altersnorm. Auch Prof. Dr. R. fand bei der nachfolgend im Oktober 1997 erfolgten röntgenologischen Untersuchung im Bereich der LWS altersentsprechende Degenerationszeichen auf allen Segmenten mit ventralen Osteophyten und Spondylose. Soweit er auch von einer Zwischenwirbelraumerniedrigung im Segment LWK1/LWK2 ausging, bestätigte dies der Arzt für Radiologie Dr. B. , der die Röntgenaufnahmen auf Veranlassung der Beklagten erneut befundete, gerade nicht. Er beschrieb lediglich eine geringgradig ausgeprägte Spondylose, betont bei L3/4. Schließlich ging auch Prof. Dr. H. , der im Rahmen seines in dem Verfahren S 11 An 946/96 erstatteten Gutachtens diese Röntgenaufnahmen auswertete, lediglich von einer geringfügigen ventralen Spondylose der unteren LWS und im Übrigen von einem Normalbefund aus. Mit diesen Befunden ist eine bandscheibenbedingte Erkrankung der LWS nicht nachgewiesen. Hiervon ging die Beklagte zu Recht aus und die Richtigkeit dessen bestätigte auch das SG mit seinem die Klage abweisenden Urteil vom 22.02.2000 in dem Verfahren S 9 U 666/98.
Nichts anderes ergibt sich aus dem Gutachten des auf Antrag der Klägerin gemäß § 109 SGG im Berufungsverfahren hinzugezogenen Sachverständigen Prof. Dr. B.-A ... Der Sachverständige hat neue Röntgenaufnahmen veranlasst, die wiederum keine altersuntypischen degenerativen Veränderungen im Bereich der LWS gezeigt haben. Soweit er ausgehend hiervon und unter Berücksichtigung der dokumentierten Röntgenbefunde aus den Jahren 1993 bis 1997 das Vorliegen einer bandscheibenbedingten Erkrankung der LWS für den Zeitpunkt der Aufgabe der wirbelsäulenbelastenden Tätigkeit im September 1993 dann für nicht nachgewiesen erachtet hat, begegnet dies keinen Bedenken. Damit lässt sich auch aus den sog. Konsensempfehlungen zur Zusammenhangsbegutachtung, der auf Anregung des Hauptverbandes der gewerblichen Berufsgenossenschaften (HVBG) eingerichteten interdisziplinären Arbeitsgruppe keine für die Klägerin günstige Entscheidung herleiten. Ohnehin enthalten diese lediglich medizinische Beurteilungskriterien zur bandscheibenbedingten Erkrankung der LWS, wobei darin die wissenschaftlichen Erkenntnisse für die Zusammenhangsbegutachtungen bei LWS-Erkrankungen zusammengetragen, gesichtet und bewertet wurden, um eine einheitliche Rechtsanwendung der BK 2108 (bandscheibenbedingte Wirbelsäulenerkrankung der Lendenwirbelsäule) zu erreichen. Diese enthalten daher zwar Kriterien, die das Schadensbild der BK 2108 näher beschreiben, eine Neubestimmung der Tatbestandsvoraussetzungen dieser BK war damit jedoch nicht verbunden, so dass der fehlende Nachweis einer bandscheibenbedingte Erkrankung der LWS auch vor dem Hintergrund der Konsensempfehlungen keine für die Klägerin günstigere Beurteilung zulässt.
Nur der Vollständigkeit halber sei darauf hingewiesen, dass der Berentung der Klägerin Anfang der 90-er Jahre im Hinblick auf die vorliegend in Rede stehende BK 2108 keinerlei Bedeutung beizumessen ist. Schon das SG hat in seinem Urteil vom 22.02.2000 deutlich gemacht, dass sich die Frage der Berufsunfähigkeit nach gänzlich anderen Kriterien bemisst als die im Streit stehende BK 2108. Während diese das Vorliegen einer beruflich verursachten bandscheibenbedingten Erkrankung voraussetzt, kann Berufsunfähigkeit durch jegliche Art von Erkrankung verursacht werden, die die Ausübung des maßgeblichen Berufes als unzumutbar erscheinen lässt. Hinweise darauf, dass die BfA sich in dem Verfahren S 11 An 946/96 gerade wegen einer bei der Klägerin bestehenden bandscheibenbedingten Erkrankung der LWS bereit erklärte, ihr Rente wegen Berufsunfähigkeit zu gewähren, lassen sich der gesamten Akte jedenfalls nicht entnehmen. Im Übrigen wäre selbst dies für die hier vorzunehmende originäre Prüfung ohne Bedeutung.
Soweit die Klägerin zuletzt (Schriftsatz vom 08.12.2016, Bl. 191a LSG-Akte) beantragt hat, von Amts wegen bei Dr. I. ein radiologisches Gutachten über die Lendenwirbelsäule einzuholen, lehnt der Senat diesen Antrag ab. Zwar hat Prof. Dr. B.-A. insbesondere in seiner ergänzenden Stellungnahme dargelegt, dass es in Bezug auf die Frage des Vorliegens einer (Osteo)Chondrose in den Jahren 1993 bis 1994 entsprechende Auswertungen durch Orthopäden gab, eine solche aber durch die nachfolgende fachradiologische Auswertung der Röntgenaufnahmen von 1997 durch den Oberarzt des radiologischen Instituts des Klinikums O. Dr. B. für den Bereich der LWS (anders als für die HWS, vgl. Bl. 230 f. VerwA) ausgeschlossen wurde. Damit liegt eine fachradiologische Auswertung der zeitnah zur tatsächlich erfolgten Aufgabe der Tätigkeit angefertigten Röntgenaufnahmen vor. Schon aus diesem Grund sieht der Senat keinen Anlass zu weiterer Sachaufklärung. Im Übrigen besteht auch aktuell kein Krankheitsbild, das die Voraussetzungen für eine bandscheibenbedingte Erkrankung i.S. der BK 2108 erfüllt. Prof. Dr. B.-A. hat in seiner ergänzenden Stellungnahme überzeugend dargelegt, dass im Rahmen des radiologischen Zusatzgutachtens des Dr. B. und den von ihm aktuell angefertigten Röntgenaufnahmen gerade keine "klinisch relevante" Chondrose beschrieben worden ist. Damit hat der gerichtliche Sachverständige inhaltlich auf die von ihm seinem Gutachten beigefügten "Konsensempfehlungen" Bezug genommen, nach denen (Seite 215 = Bl. 123 LSG-Akte) ein bildgebender Nachweis eines Bandscheibenschadens nur eine Voraussetzung für den Nachweis einer bandscheibenbedingten Erkrankung ist und eine korrelierende klinische Symptomatik hinzukommen muss. Letzteres hat Prof. Dr. B.-A. aber sogar für das Jahr 2016 verneint. Die von der Klägerin angesprochene Begleitspondylose hat Dr. B. - auch hierauf hat Prof. Dr. B.-A. in seiner ergänzenden Stellungnahme hingewiesen - ausgeschlossen. Vor diesem Hintergrund - zeitnahe fachradiologische Auswertung der zeitnah zur Tätigkeitsaufgabe angefertigten Röntgenbilder ohne Nachweis einer bandscheibenbedingten Erkrankung einerseits und hiermit im Wesentlichen übereinstimmender Befund in der radiologischen Auswertung der aktuell angefertigten Röntgenbilder andererseits - sieht der Senat keinen Anlass zu weiterer Sachaufklärung.
Soweit die Klägerin den Beweisantrag in Bezug auf das radiologische Gutachten auf § 109 SGG stützt, lehnt der Senat auch diesen Beweisantrag ab.
Zwar muss nach Abs. 1 Satz 1 dieser Vorschrift auf Antrag des Versicherten ein bestimmter Arzt gutachtlich gehört werden. Indessen hat die Klägerin dieses Antragsrecht verbraucht. Denn der Senat hat auf Antrag der Klägerin nach § 109 SGG bereits das radiologische Gutachten des Dr. B. eingeholt. Dabei ist anerkannt (vgl. nur Keller in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, SGG, 11. Aufl., § 109 Rdnrn. 10b, 11b), dass einem wiederholten Antrag nur unter besonderen Umständen gefolgt werden muss. Derartige besondere Umstände sind nicht ersichtlich.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Für die Zulassung der Revision besteht keine Veranlassung.
Außergerichtliche Kosten sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten.
Tatbestand:
Zwischen den Beteiligten ist im Zugunstenwege die Anerkennung einer Berufskrankheit (BK) nach der Nr. 2108 (im Folgenden BK 2108) der Anlage zur Berufskrankheiten-Verordnung (BKV) streitig.
Die am 1952 geborene Klägerin war nach dem Besuch einer Krankenpflegeschule nach ihren Angaben von 1974 bis 1976 im Stationsdienst und von 1976 bis 1979 im OP-Dienst als Krankenpflegehelferin beschäftigt. Von 1979 bis zum Eintritt von Arbeitsunfähigkeit im September 1993 war sie als Dauernachtwache eingesetzt und hierbei ab November 1989 lediglich noch im Umfang von 50 % der vollen Arbeitszeit tätig.
Im April 1995 wandte sich die Klägerin an die Beklagte und beantragte unter Anerkennung u.a. der BK 2108 die Gewährung von Verletztenrente. Sie machte geltend, als Folge ihrer Tätigkeit als Krankenpflegehelferin unter erheblichen Wirbelsäulenproblemen zu leiden. In dem ihr übersandten Formular gab sie, die Beschwerden hätten sich erstmals vor ca. zehn bis zwölf Jahren beim Heben, Tragen und Bücken bemerkbar gemacht. Seit April 1993 stehe sie in Behandlung des Dr. K ...
Im Zuge der medizinischen Sachaufklärung holte die Beklagte von Dr. K. einen Behandlungsbericht ein, in dem dieser von einer Betreuung der Klägerin seit 15.04.1994 berichtete, wobei diese bei der Erstvorstellung über Nacken-, Rücken- und Kreuzschmerzen geklagt und er Röntgenaufnahmen der HWS, BWS und LWS gefertigt habe (vgl. Behandlungsbericht vom 18.10.1995, Bl. 46 VerwA). Ausweislich des seinerzeit gefertigten Arztbriefes vom 15.04.1994 (Bl. 71/72 VerwA) ging Dr. K. diagnostisch von einem chronisch-rezidivierendes Cervicalsyndrom sowie chronischen Dorsalgien und Lumbalgien bei Wirbelsäulenfehlstatik und Adipositas aus. In Bezug auf die durchgeführten röntgenologischen Untersuchungen beschrieb er für die LWS eine Spondylarthrose und führte weiter aus, die degenerativen Veränderungen im LWS-Bereich lägen in der Altersnorm. Die Beklagte zog darüber hinaus die Vorerkrankungsverzeichnisse bei, wobei diese für die Arbeitsunfähigkeit der Klägerin ab 22.09.1993 als Diagnosen eine Gastroenteritis, ein Ulcus duodeni, eine Ovarialzyste, eine Miktionsstörung sowie eine Cholecystolithiasis auswiesen. Die darüber hinaus vom damaligen Versorgungsamt Freiburg beigezogene, über die Klägerin geführte Schwerbehindertenakte wies aus, dass diese unter Auflistung einer Vielzahl von Erkrankungen die Anerkennung der Schwerbehinderteneigenschaft geltend machte. Aktenkundig war ferner u.a. das im Hinblick auf den seinerzeitigen Antrag der Klägerin auf Gewährung von Rente wegen Erwerbsunfähigkeit von der damalige Bundesversicherungsanstalt für Angestellte (BfA) eingeholte Gutachten des Arztes für Orthopädie Dr. R. , der diagnostisch von einer Bandscheibendegeneration der Hals- und Lendenwirbelsäule ohne Funktionseinbuße, einem beginnenden Verschleiß des linken Hüftgelenks ohne Funktionseinbuße, Krampfadern beider Beine, rechts betont, und einer Adipositas ausging, Hinweise auf eine funktionelle Überlagerung der geklagten Beschwerden sah und die Klägerin in der Tätigkeit als Krankenpflegehelferin nicht mehr für einsatzfähig erachtete. Die Röntgenaufnahmen des Dr. K. vom 15.04.1994 befundete er hinsichtlich der LWS im Sinne einer "beginnenden Osteochondrose und Spondylose der unteren Lendenwirbelsäule" (Bl. 111 VerwA).
Die Beklagte holte die beratungsärztliche Stellungnahme des Arztes für Orthopädie Dr. N. ein, der das Vorliegen einer BK 2108 ausschloss. Eine wesentliche bandscheibenbedingten Erkrankung sei nicht zu erkennen. Die von der Klägerin seit 12 Jahren in allen Wirbelsäulenabschnitten geklagten Beschwerden seien überwiegend nicht bandscheibenbedingt, sondern eher auf die mehrfach beschriebenen muskulären Verspannungen im gesamten Rückenbereich zurückzuführen. Wenngleich die von Dr. K. und Dr. R. dokumentierten Röntgenbefunde etwas divergierten, sei davon auszugehen, dass wesentliche Veränderungen nicht vorlägen; in keinem Fall seien diese als vorauseilende Bandscheibenschäden zu werten. Zudem seien die geringen röntgenologischen Veränderungen, die auf beginnende oder leichte Bandscheibenschäden hindeuten könnten, in allen Wirbelsäulenabschnitten gleichermaßen vorzufinden.
Mit Bescheid vom 23.05.1996 lehnte die Beklagte die Anerkennung einer BK 2108 ab. Im Widerspruchsverfahren holte die Beklagte eine Stellungnahme ihres Präventionsdienstes ein, wonach die arbeitstechnischen Voraussetzungen für die Dauer der Vollzeittätigkeit der in Rede stehenden BK erfüllt seien (Bl. 199 ff. VerwA). Sodann veranlasste sie das Gutachten des Prof. Dr. R. , Chefarzt der Klinik für Orthopädie und Orthopädische Rheumatologie im Klinikum O. , der nach Untersuchung der Klägerin am 16.10.1997 das Vorliegen einer bandscheibenbedingten Erkrankung im Sinne der BK 2108 verneinte. Seinen Ausführungen zufolge zeigten die gefertigten Röntgenaufnahmen der LWS altersentsprechende Degenerationszeichen auf allen Segmenten mit ventralen Osteophyten und Spondylose sowie eine Zwischenwirbelraumerniedrigung im Segment LWK1/LWK2 und auch ansonsten einen altersentsprechenden Befund. Die bei der klinischen Untersuchung gefundene Bewegungseinschränkung der LWS und BWS als Zeichen einer degenerativen Veränderung sei altersentsprechend. Nach nochmaliger Auswertung der Röntgenaufnahmen vom 16.10.1997 durch den Arzt für Radiologie Dr. B. , der lediglich eine geringgradig ausgeprägte Spondylose betont bei L3/4 befundete, wies die Beklagte den Widerspruch der Klägerin mit Widerspruchsbescheid vom 10.02.1998 zurück. In dem sich anschließenden Klageverfahren S 9 U 666/98 vor dem Sozialgericht Freiburg (SG) verwies die Klägerin auf den zwischenzeitlich in dem gegen die BfA geführten Rechtsstreit S 11 An 946/96 geschlossenen Vergleich, wonach ihr auf Grund eines im April 1994 eingetretenen Leistungsfalls Berufsunfähigkeitsrente gewährt werde. Bei ihr lägen durchaus über das Altersmaß hinausgehende Veränderungen an der Wirbelsäule vor und sie gehöre insbesondere zur risikogefährdeten Gruppe für Wirbelsäulenerkrankungen. Das Eintreten von Berufsunfähigkeit mit 42 Jahren sei nicht altersentsprechend. Mit Urteil vom 22.02.2000 wies das SG die Klage ab.
Im November 2012 beantragte die Klägerin eine Überprüfung des Bescheids vom 23.05.1996. Sie nahm Bezug auf die "Rechtsprechung des Bundessozialgerichts aus dem Oktober 2007 und den danach ergangenen veränderten Konsenspapieren" und machte geltend, dass dadurch nun Raum für die Anerkennung einer BK 2108 sei. Mit Bescheid vom 05.12.2012 lehnte die Beklagte den Antrag - sinngemäß - ab. Sie verwies auf die Bestandskraft des Bescheides vom 23.05.1996, dessen Richtigkeit auch durch das Urteil des SG vom 22.02.2000 bestätigt worden sei. Die Klägerin habe keine neuen Tatsachen oder Erkenntnisse vorgetragen, die eine Überprüfung gemäß § 44 des Zehnten Buches des Sozialgesetzbuchs (SGB X) rechtfertigen würden. Die wohl angesprochene Entscheidung des Bundessozialgerichts, mit denen die Kriterien nach dem Mainz-Dortmunder-Dosismodells relativiert worden seien, stehe im Falle der Klägerin nicht zur Debatte, da die arbeitstechnischen Voraussetzungen als erfüllt angesehen worden seien. Unter Anwendung der Konsensempfehlungen entspreche das Krankheitsbild der Klägerin im Übrigen der Konstellation A1, was bedeute, dass bei ausreichender Exposition eine bandscheibenbedingte Erkrankung nicht vorliege. Den dagegen eingelegten Widerspruch der Klägerin wies die Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 23.04.2012 (richtigerweise 23.04.2013, vgl. Begleitschreiben Bl. 316 VerwA) zurück.
Am 23.05.2013 hat die Klägerin dagegen beim SG Klage erhoben und die Auffassung vertreten, dass die Beklagte bei ordnungsgemäßer Prüfung der Sach- und Rechtslage zu einem anderen Ergebnis als im Jahr 1996 gekommen wäre. Mit Gerichtsbescheid vom 03.01.2014 hat das SG die Klage unter Bezugnahme auf die Ausführungen der Beklagten im Widerspruchsbescheid abgewiesen. Es sei nicht ersichtlich, warum sich in tatsächlicher oder rechtlicher Sicht eine Änderung im Vergleich zu der früheren Entscheidung ergeben haben soll.
Am 16.01.2014 hat die Klägerin dagegen beim Landessozialgericht (LSG) Berufung eingelegt und geltend gemacht, das Vorgehen des SG sei völlig unverständlich, nachdem schon die Beklagte keine Überprüfung vorgenommen habe. Diese wäre angesichts der verminderten Voraussetzungen für die Anerkennung einer BK 2108 durch die zwischenzeitlich erheblich veränderten Konsensempfehlungen zu einem für sie günstigen Ergebnis gelangt. Darin seien die Sklerose, die Chondrose und die Spondylose genannt, die bei ihr festgestellt worden seien.
Die Klägerin beantragt,
den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Freiburg vom 03.01.2014 aufzuheben und die Beklagte unter Aufhebung des Bescheids vom 05.12.2012 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 23.04.2013 zu verurteilen, den Bescheid vom 23.05.1996 zurückzunehmen und eine Berufskrankheit nach Nr. 2108 der Anlage zur Berufskrankheiten-Verordnung anzuerkennen.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie hält die angefochtene Entscheidung für richtig.
Auf Antrag der Klägerin gemäß § 109 des Sozialgerichtsgesetzes (SGG) hat der Senat das Gutachten des Prof. Dr. B.-A. , Facharzt für Arbeitsmedizin/Umweltmedizin, nebst Zusatzgutachten des Dr. B. , Facharzt für Diagnostische Radiologie, und des Dr. O. , Facharzt für Neurologie, auf Grund Untersuchung der Klägerin im Februar 2016 nebst ergänzender Stellungnahme eingeholt. Prof. Dr. B.-A. hat das Vorliegen einer bandscheibenbedingten Erkrankung der LWS im Sinne der BK 2108 auch zum Zeitpunkt der Untersuchung verneint. Dies stehe in Einklang mit den früheren Röntgenbefunden.
Die Beteiligten haben auf die Durchführung einer mündlichen Verhandlung verzichtet.
Zur weiteren Darstellung des Sachverhalts sowie des Vorbringens der Beteiligten wird auf den Inhalt der Verwaltungsakten der Beklagten sowie die Akten beider Rechtszüge Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die gemäß § 151 Abs. 1 SGG form- und fristgerecht eingelegte und gemäß den §§ 143, 144 SGG statthafte Berufung der Klägerin, über die der Senat mit dem Einverständnis der Beteiligten gemäß § 124 Abs. 2 SGG ohne mündliche Verhandlung entscheidet, ist zulässig; die Berufung der Klägerin ist jedoch nicht begründet.
Die hier vorliegende kombinierte Anfechtungs- und Verpflichtungsklage ist zulässig. Mit dieser Anfechtungsklage nach § 54 Abs. 1 SGG begehrt die Klägerin die Aufhebung der angefochtenen Bescheide, mit denen die Beklagte eine Rücknahme jenes Bescheides ablehnte, mit dem sie die streitige BK ablehnte und mit der Verpflichtungsklage zum einen die Verpflichtung der Beklagten zur Rücknahme des die streitige BK bestandskräftig ablehnenden Bescheides vom 23.05.1996 und zum anderen die Verpflichtung der Beklagten, nach erfolgter Rücknahme dieses Bescheides die streitige BK anzuerkennen. Auch letzteres ist zulässig. Denn nach der Rechtsprechung des BSG kann der Versicherte an Stelle gerichtlicher Feststellung (§ 55 Abs. 1 Nr. 1 SGG, vgl. hierzu u.a. BSG, Urteil vom 07.09.2004, B 2 U 46/03 R in SozR 4-2700 § 2 Nr. 3) auch die Verurteilung der Beklagten zur Anerkennung eines Versicherungsfalles - Arbeitsunfall oder Berufskrankheit, vgl. § 7 Abs. 1 SGB VII - als Element eines jeglichen Leistungsanspruchs im Wege der Verpflichtungsklage verlangen (Urteil vom 05.07.2011, B 2 U 17/10 R in SozR 4-2700 § 11 Nr. 1 mit weiteren Ausführungen zur Anspruchsgrundlage; speziell zur Anerkennung eines Arbeitsunfalles und damit auf eine Berufskrankheit übertragbar BSG, Urteil vom 15.05.2012, B 2 U 8/11 R in SozR 4-2700 § 2 Nr. 20). Soweit die Kläger im Klageverfahren darüber hinausgehend auch die Verurteilung der Beklagten zur Gewährung von Verletztenrente beantragt hat, hat sie ihr diesbezügliches Begehren im Berufungsverfahren nicht mehr aufrecht erhalten.
Das SG hat die Klage zu Recht abgewiesen. Denn der Bescheid der Beklagten vom 05.12.2012 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 23.04.2012 (richtig 23.04.2013) ist rechtmäßig und verletzt die Klägerin nicht in ihren Rechten. Mit diesen Bescheiden lehnte es die Beklagte im Ergebnis zu Recht ab, bei der Klägerin unter Rücknahme des Bescheids vom 23.05.1996 das Vorliegen einer BK 2108 anzuerkennen. Der Senat kann dahingestellt sein lassen, ob sich die Beklagte entsprechend ihrer Begründung tatsächlich ohne weitere Sachprüfung auf die Bestandskraft des Bescheids vom 23.05.1996 berief, weil die Klägerin - so die Beklagte - keine neuen Tatsachen oder Erkenntnisse vorgetragen habe, die eine Überprüfung nach § 44 SGB X rechtfertigen würde oder ob sie ungeachtet dessen gleichwohl eine Sachprüfung vornahm (und damit sinngemäß die Rücknahme des Bescheides vom 23.05.1996 ablehnte), weil sie ausführte, dass das Krankheitsbild der Klägerin unter Berücksichtigung der sog. Konsensempfehlungen der Konstellation A1 entspreche, d.h. bei ausreichender Exposition eine bandscheibenbedingten Erkrankung der LWS nicht vorliege. Denn jedenfalls liegen die Voraussetzungen für eine Rücknahme des Bescheids vom 23.05.1996 nicht vor.
Rechtsgrundlage für das Begehren der Klägerin ist § 44 Abs. 1 SGB X. Danach ist ein Verwaltungsakt, auch nachdem er unanfechtbar geworden ist, mit Wirkung für die Vergangenheit zurückzunehmen, soweit bei dessen Erlass das Recht unrichtig angewandt oder von einem Sachverhalt ausgegangen worden ist, der sich als unrichtig erweist, und soweit deshalb Sozialleistungen zu Unrecht nicht erbracht worden sind. Die Bestimmung ermöglicht eine Abweichung von der Bindungswirkung sozialrechtlicher Verwaltungsakte.
Zwar wurde im bestandskräftig gewordenen Bescheid vom 23.05.1996 an sich nicht über Leistungen entschieden, sondern (nur) die Anerkennung der streitigen BK 2108 abgelehnt, so dass durch diesen Bescheid unmittelbar nicht "Sozialleistungen zu Unrecht nicht erbracht worden sind", wie dies § 44 Abs. 1 Satz 1 SGB X voraussetzt. Für die Anwendung dieser Regelung spricht jedoch, dass es bei der Anerkennung einer BK letztendlich in der Regel doch (mittelbar) um Leistungsansprüche geht. Dabei ist im Anwendungsbereich des Abs. 1 eine gebundene Entscheidung über die Korrektur mit Wirkung für die Vergangenheit zu treffen, während der Behörde im Anwendungsbereich des Abs. 2 insoweit, was die Vergangenheit anbelangt, ein Ermessensspielraum zusteht. Dadurch würde der die Feststellung einer BK begehrende potentielle Leistungsempfänger - was die Rücknahme des bestandskräftigen Bescheides für die Vergangenheit anbelangt - schlechter gestellt, als wenn im bestandskräftigen Bescheid unmittelbar konkrete Leistungsansprüche abgelehnt worden wären. Ein Grund für diese unterschiedliche Behandlung von schlussendlich doch sozialleistungsbezogener Überprüfungsverfahren ist nicht ersichtlich.
Die Voraussetzungen für eine Rücknahme des Bescheides vom 23.05.1996 liegen nicht vor. Denn die Beklagte wandte bei Erlass der Entscheidung vom 23.05.1996 weder das Recht unrichtig an, noch ist sie von einem Sachverhalt ausgegangen, der sich nachträglich als unrichtig erweist. Die Beklagte lehnte es vielmehr zu Recht ab, eine BK 2108 anzuerkennen.
Nach der bis zum 31.12.1996 noch anzuwendenden Regelung des § 551 Abs. 1 Satz 1 der Reichsversicherungsordnung (RVO) galt als Arbeitsunfall auch eine BK. BKen waren die Krankheiten, welche die Bundesregierung durch Rechtsverordnung mit Zustimmung des Bundesrates bezeichnete und die ein Versicherter bei einer der in den §§ 539 , 540 und 543 bis 545 RVO genannten Tätigkeiten erlitt (versicherte Tätigkeit). Durch § 551 Abs. 1 Satz 3 RVO war die Bundesregierung ermächtigt, in der Rechtsverordnung solche Krankheiten zu bezeichnen, die nach den Erkenntnissen der medizinischen Wissenschaft durch besondere Einwirkungen verursacht worden sind, denen bestimmte Personengruppen durch ihre Arbeit in erheblich höherem Maße als die übrige Bevölkerung ausgesetzt waren. Das geschah in der Berufskrankheiten-Verordnung (BKVO), der in der Anlage 1 eine Liste der entschädigungspflichtigen BKen angefügt war. Zu den vom Verordnungsgeber bezeichneten BKen gehörte nach Nr. 2108 der Anlage 1 zur BKVO auch eine bandscheibenbedingte Erkrankung der LWS durch langjähriges Heben oder Tragen schwerer Lasten oder durch langjährige Tätigkeiten in extremer Rumpfbeugehaltung, die zur Unterlassung aller Tätigkeiten gezwungen hat, die für die Entstehung, die Verschlimmerung oder das Wiederaufleben der Krankheit ursächlich waren oder sein können.
Für die Anerkennung und Entschädigung einer Erkrankung nach Nr. 2108 der Anlage 1 zur BKVO mussten folgende Tatbestandsmerkmale gegeben sein: Bei dem Versicherten musste eine bandscheibenbedingte Erkrankung der Lendenwirbelsäule vorliegen, die durch langjähriges berufsbedingtes Heben oder Tragen schwerer Lasten oder durch langjährige berufsbedingte Tätigkeiten in extremer Rumpfbeugehaltung (so genannte arbeitstechnische Voraussetzungen) entstanden ist. Die Erkrankung musste den Zwang zur Unterlassung aller gefährdenden Tätigkeiten herbeigeführt haben, und als Konsequenz aus diesem Zwang musste die Aufgabe dieser Tätigkeiten tatsächlich erfolgt sein.
Dabei müssen die anspruchsbegründenden Tatsachen, nämlich die versicherte Tätigkeit, die schädigende Einwirkung und die als Folge geltend gemachte Gesundheitsstörung - hier also eine bandscheibenbedingte Erkrankung - erwiesen sein, d.h. bei vernünftiger Abwägung des Gesamtergebnisses des Verfahrens muss der volle Beweis für das Vorliegen der genannten Tatsachen als erbracht angesehen werden können (vgl. u. a. BSG, Urteil vom 30.04.1985, 2 RU 43/84 in SozR 2200 § 555a Nr. 1). Hingegen genügt hinsichtlich des ursächlichen Zusammenhangs zwischen der versicherten Tätigkeit und der schädigenden Einwirkung (haftungsbegründende Kausalität) sowie der schädigenden Einwirkung und der Erkrankung (haftungsausfüllende Kausalität) eine hinreichende Wahrscheinlichkeit (vgl. BSG, Urteil vom 30.04.1985, a.a.O.); das bedeutet, dass bei vernünftiger Abwägung aller wesentlichen Gesichtspunkte des Einzelfalls mehr für als gegen einen Ursachenzusammenhang sprechen muss, wobei dieser nicht schon dann wahrscheinlich ist, wenn er nicht auszuschließen oder nur möglich ist (vgl. BSG, Urteil vom 02.11.1999, B 2 U 47/98 R in SozR 3-1300 § 48 Nr. 67; Urteil vom 02.05.2001, B 2 U 16/00 R in SozR 3-2200 § 551 Nr. 16). Kommen mehrere Ursachen in Betracht (konkurrierende Kausalität), so sind nur solche Ursachen als rechtserheblich anzusehen, die wegen ihrer besonderen Beziehung zum Erfolg zu dessen Eintritt wesentlich beigetragen haben (vgl. BSG, Urteil vom 28.06.1988, 2/9b RU 28/87 in SozR 2200 § 548 Nr. 91). Kann ein behaupteter Sachverhalt nicht nachgewiesen oder der ursächliche Zusammenhang nicht wahrscheinlich gemacht werden, so geht dies nach dem im sozialgerichtlichen Verfahren geltenden Grundsatz der objektiven Beweislast zu Lasten des Beteiligten, der aus diesem Sachverhalt Rechte herleitet, bei den anspruchsbegründenden Tatsachen also zu Lasten des jeweiligen Klägers (vgl. BSG, Urteil vom 27.06.1991, 2 RU 31/90 in SozR 3-2200 § 548 Nr. 11).
Die dargelegten Voraussetzungen lagen zum Zeitpunkt der Entscheidung der Beklagten im Jahr 1996 schon deshalb nicht vor, weil die Klägerin schon nicht an einer bandscheibenbedingten Erkrankung der LWS litt. Hiervon ging die Beklagte auf der Grundlage der röntgenologischen Untersuchungen des Dr. K. vom 15.04.1994 und des Prof. Dr. R. vom 16.10.1997 zu Recht aus. Dr. K. sah auf Grund der von ihm gefertigten Röntgenaufnahmen in Bezug auf die LWS die degenerativen Veränderungen in der Altersnorm. Auch Prof. Dr. R. fand bei der nachfolgend im Oktober 1997 erfolgten röntgenologischen Untersuchung im Bereich der LWS altersentsprechende Degenerationszeichen auf allen Segmenten mit ventralen Osteophyten und Spondylose. Soweit er auch von einer Zwischenwirbelraumerniedrigung im Segment LWK1/LWK2 ausging, bestätigte dies der Arzt für Radiologie Dr. B. , der die Röntgenaufnahmen auf Veranlassung der Beklagten erneut befundete, gerade nicht. Er beschrieb lediglich eine geringgradig ausgeprägte Spondylose, betont bei L3/4. Schließlich ging auch Prof. Dr. H. , der im Rahmen seines in dem Verfahren S 11 An 946/96 erstatteten Gutachtens diese Röntgenaufnahmen auswertete, lediglich von einer geringfügigen ventralen Spondylose der unteren LWS und im Übrigen von einem Normalbefund aus. Mit diesen Befunden ist eine bandscheibenbedingte Erkrankung der LWS nicht nachgewiesen. Hiervon ging die Beklagte zu Recht aus und die Richtigkeit dessen bestätigte auch das SG mit seinem die Klage abweisenden Urteil vom 22.02.2000 in dem Verfahren S 9 U 666/98.
Nichts anderes ergibt sich aus dem Gutachten des auf Antrag der Klägerin gemäß § 109 SGG im Berufungsverfahren hinzugezogenen Sachverständigen Prof. Dr. B.-A ... Der Sachverständige hat neue Röntgenaufnahmen veranlasst, die wiederum keine altersuntypischen degenerativen Veränderungen im Bereich der LWS gezeigt haben. Soweit er ausgehend hiervon und unter Berücksichtigung der dokumentierten Röntgenbefunde aus den Jahren 1993 bis 1997 das Vorliegen einer bandscheibenbedingten Erkrankung der LWS für den Zeitpunkt der Aufgabe der wirbelsäulenbelastenden Tätigkeit im September 1993 dann für nicht nachgewiesen erachtet hat, begegnet dies keinen Bedenken. Damit lässt sich auch aus den sog. Konsensempfehlungen zur Zusammenhangsbegutachtung, der auf Anregung des Hauptverbandes der gewerblichen Berufsgenossenschaften (HVBG) eingerichteten interdisziplinären Arbeitsgruppe keine für die Klägerin günstige Entscheidung herleiten. Ohnehin enthalten diese lediglich medizinische Beurteilungskriterien zur bandscheibenbedingten Erkrankung der LWS, wobei darin die wissenschaftlichen Erkenntnisse für die Zusammenhangsbegutachtungen bei LWS-Erkrankungen zusammengetragen, gesichtet und bewertet wurden, um eine einheitliche Rechtsanwendung der BK 2108 (bandscheibenbedingte Wirbelsäulenerkrankung der Lendenwirbelsäule) zu erreichen. Diese enthalten daher zwar Kriterien, die das Schadensbild der BK 2108 näher beschreiben, eine Neubestimmung der Tatbestandsvoraussetzungen dieser BK war damit jedoch nicht verbunden, so dass der fehlende Nachweis einer bandscheibenbedingte Erkrankung der LWS auch vor dem Hintergrund der Konsensempfehlungen keine für die Klägerin günstigere Beurteilung zulässt.
Nur der Vollständigkeit halber sei darauf hingewiesen, dass der Berentung der Klägerin Anfang der 90-er Jahre im Hinblick auf die vorliegend in Rede stehende BK 2108 keinerlei Bedeutung beizumessen ist. Schon das SG hat in seinem Urteil vom 22.02.2000 deutlich gemacht, dass sich die Frage der Berufsunfähigkeit nach gänzlich anderen Kriterien bemisst als die im Streit stehende BK 2108. Während diese das Vorliegen einer beruflich verursachten bandscheibenbedingten Erkrankung voraussetzt, kann Berufsunfähigkeit durch jegliche Art von Erkrankung verursacht werden, die die Ausübung des maßgeblichen Berufes als unzumutbar erscheinen lässt. Hinweise darauf, dass die BfA sich in dem Verfahren S 11 An 946/96 gerade wegen einer bei der Klägerin bestehenden bandscheibenbedingten Erkrankung der LWS bereit erklärte, ihr Rente wegen Berufsunfähigkeit zu gewähren, lassen sich der gesamten Akte jedenfalls nicht entnehmen. Im Übrigen wäre selbst dies für die hier vorzunehmende originäre Prüfung ohne Bedeutung.
Soweit die Klägerin zuletzt (Schriftsatz vom 08.12.2016, Bl. 191a LSG-Akte) beantragt hat, von Amts wegen bei Dr. I. ein radiologisches Gutachten über die Lendenwirbelsäule einzuholen, lehnt der Senat diesen Antrag ab. Zwar hat Prof. Dr. B.-A. insbesondere in seiner ergänzenden Stellungnahme dargelegt, dass es in Bezug auf die Frage des Vorliegens einer (Osteo)Chondrose in den Jahren 1993 bis 1994 entsprechende Auswertungen durch Orthopäden gab, eine solche aber durch die nachfolgende fachradiologische Auswertung der Röntgenaufnahmen von 1997 durch den Oberarzt des radiologischen Instituts des Klinikums O. Dr. B. für den Bereich der LWS (anders als für die HWS, vgl. Bl. 230 f. VerwA) ausgeschlossen wurde. Damit liegt eine fachradiologische Auswertung der zeitnah zur tatsächlich erfolgten Aufgabe der Tätigkeit angefertigten Röntgenaufnahmen vor. Schon aus diesem Grund sieht der Senat keinen Anlass zu weiterer Sachaufklärung. Im Übrigen besteht auch aktuell kein Krankheitsbild, das die Voraussetzungen für eine bandscheibenbedingte Erkrankung i.S. der BK 2108 erfüllt. Prof. Dr. B.-A. hat in seiner ergänzenden Stellungnahme überzeugend dargelegt, dass im Rahmen des radiologischen Zusatzgutachtens des Dr. B. und den von ihm aktuell angefertigten Röntgenaufnahmen gerade keine "klinisch relevante" Chondrose beschrieben worden ist. Damit hat der gerichtliche Sachverständige inhaltlich auf die von ihm seinem Gutachten beigefügten "Konsensempfehlungen" Bezug genommen, nach denen (Seite 215 = Bl. 123 LSG-Akte) ein bildgebender Nachweis eines Bandscheibenschadens nur eine Voraussetzung für den Nachweis einer bandscheibenbedingten Erkrankung ist und eine korrelierende klinische Symptomatik hinzukommen muss. Letzteres hat Prof. Dr. B.-A. aber sogar für das Jahr 2016 verneint. Die von der Klägerin angesprochene Begleitspondylose hat Dr. B. - auch hierauf hat Prof. Dr. B.-A. in seiner ergänzenden Stellungnahme hingewiesen - ausgeschlossen. Vor diesem Hintergrund - zeitnahe fachradiologische Auswertung der zeitnah zur Tätigkeitsaufgabe angefertigten Röntgenbilder ohne Nachweis einer bandscheibenbedingten Erkrankung einerseits und hiermit im Wesentlichen übereinstimmender Befund in der radiologischen Auswertung der aktuell angefertigten Röntgenbilder andererseits - sieht der Senat keinen Anlass zu weiterer Sachaufklärung.
Soweit die Klägerin den Beweisantrag in Bezug auf das radiologische Gutachten auf § 109 SGG stützt, lehnt der Senat auch diesen Beweisantrag ab.
Zwar muss nach Abs. 1 Satz 1 dieser Vorschrift auf Antrag des Versicherten ein bestimmter Arzt gutachtlich gehört werden. Indessen hat die Klägerin dieses Antragsrecht verbraucht. Denn der Senat hat auf Antrag der Klägerin nach § 109 SGG bereits das radiologische Gutachten des Dr. B. eingeholt. Dabei ist anerkannt (vgl. nur Keller in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, SGG, 11. Aufl., § 109 Rdnrn. 10b, 11b), dass einem wiederholten Antrag nur unter besonderen Umständen gefolgt werden muss. Derartige besondere Umstände sind nicht ersichtlich.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Für die Zulassung der Revision besteht keine Veranlassung.
Rechtskraft
Aus
Login
BWB
Saved