Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Rentenversicherung
Abteilung
10
1. Instanz
SG Mannheim (BWB)
Aktenzeichen
S 18 R 2300/14
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 10 R 2666/15
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Berufung der Klägerin gegen den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Mannheim vom 18.05.2015 wird zurückgewiesen.
Außergerichtliche Kosten sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten.
Tatbestand:
Zwischen den Beteiligten ist streitig, ob der Klägerin eine Rente wegen Erwerbsminderung zusteht.
Die am 1956 geborene, aus der T. stammende Klägerin siedelte im Jahr 1970 in die Bundesrepublik Deutschland über. Sie erlernte keinen Beruf und war ihren Angaben zufolge ab 1972 als Arbeiterin versicherungspflichtig beschäftigt, zuletzt in einer Farbenfabrik als Produktionshelferin. Seit der im Mai 2012 eingetretenen Arbeitsunfähigkeit war die Klägerin nicht mehr beruflich tätig. Zwischenzeitlich ist ihr von der Beklagten ab 01.11.2016 Altersrente für schwerbehinderte Menschen bewilligt worden.
Die Klägerin leidet seit vielen Jahren an einer depressiven Symptomatik. Im Mai/Juni 2010 wurde sie im Rahmen einer stationäre Rehabilitationsmaßnahme in der Klinik am S. in Bad N. behandelt (Diagnosen: rezidivierende depressive Störung, gegenwärtig leichtgradig, Schulter-Armsyndrom beidseits, Harninkontinenz) und mit einem Leistungsvermögen für leichte bis mittelschwere Tätigkeiten im Umfang von täglich sechs Stunden und mehr entlassen. Nachfolgend begab sich die Klägerin im Juli 2010 in die ambulante Behandlung des Psychiatrischen Zentrums N. in W. (ZfP), wo eine muttersprachliche Komplettbehandlung eingeleitet wurde.
Ihren im Dezember 2010 gestellten Antrag auf Gewährung von Rente wegen Erwerbsminderung lehnte die Beklagte nach Einholung eines Gutachtens bei dem Internisten Dr. B. , der die Leistungseinschätzung der behandelnden Ärzte der Klinik am S. teilte, ab. Der dagegen eingelegte Widerspruch blieb erfolglos.
Im Juni 2013 beantragte die Klägerin erneut die Gewährung einer Rente wegen Erwerbsminderung. Ihren Antrag begründete sie mit Fibromyalgie, Gelenkschmerzen, Lähmung eines Sehnervs sowie Depressionen. Die Beklagte veranlasste eine nochmalige gutachtliche Untersuchung durch Dr. B. , der diagnostisch von einer anhaltenden somatoformen Schmerzstörung, einer rezidivierenden depressiven Störung, zuletzt mittelgradige Episode, einem leichtgradigen Impingement-Syndrom der linken Schulter sowie einer androiden Adipositas ausging. Er erachtete die Erwerbsfähigkeit der Klägerin für gefährdet und schlug die Durchführung einer vorzeitigen psychotherapeutisch-psychosomatischen Rehabilitationsmaßnahme vor. Die daraufhin von der Beklagten bewilligte stationäre Maßnahme zur Rehabilitation führte die Klägerin im Dezember 2013/Januar 2014 in der M. klinik am S. in Bad N. unter den Diagnosen chronische Schmerzstörung mit somatischen und psychischen Faktoren, Hyperthyreose (substituiert), Diabetes mellitus Typ II, essentielle Hypertonie durch. Ausweislich des entsprechenden Abschlussberichts erachteten die behandelnden Ärzte die Klägerin für fähig, die zuletzt ausgeübte Tätigkeit ebenso wie sonstige mittelschwere Tätigkeiten des allgemeinen Arbeitsmarktes täglich sechs Stunden und mehr zu verrichten. Zu vermeiden seien Tätigkeiten mit Zwangshaltungen und dem Heben, Tragen und Bewegen von Lasten ohne Hilfsmittel, Tätigkeiten mit erhöhter Unfallgefahr und solche, die mit Vibrationen einhergehen sowie Tätigkeiten mit erhöhten Anforderungen an die Sehkraft. Gestützt hierauf lehnte die Beklagte den Antrag der Klägerin mit Bescheid vom 31.01.2014 und Widerspruchsbescheid vom 04.07.2014 mit der Begründung ab, die Klägerin könne unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes noch zumindest sechs Stunden täglich erwerbstätig sein und sei daher weder voll noch teilweise erwerbsgemindert und auch nicht berufsunfähig.
Am 30.07.2014 hat die Klägerin dagegen beim Sozialgericht Mannheim (SG) Klage erhoben und geltend gemacht, nicht mehr über ein zumindest sechsstündiges berufliches Leistungsvermögen zu verfügen. Sie hat u.a. auf ihre langjährige Behandlung im ZfP verwiesen.
Das SG hat das Gutachten des Facharztes für Neurologie, Psychiatrie und Psychotherapeutische Medizin Dr. W. auf Grund Untersuchung der Klägerin im Dezember 2014 eingeholt. Der Sachverständige hat auf seinem Fachgebiet eine chronische Schmerzstörung mit psychofunktioneller Überlagerung im Sinne einer Somatisierung mit Ausgestaltung und sekundärem Krankheitsgewinn, eine kombinierte Persönlichkeitsstörung, geklagte Schmerzen seitens des Stütz- und Bewegungsapparates ohne aktuelles neurologisches Defizit, eine Adipositas, einen Nikotinabusus, eine leichte sensible Polyneuropathie, ein flaches Meningeom links fronto-parietal (ohne Hinweis auf Befundprogredienz) und ein Migräneleiden beschrieben und dargelegt, dass die Klägerin ihre Beschwerden überzeichnet, ausgestaltet und nicht plausibel vorgebracht habe. Die Klägerin könne bei Anspannung der ihr zumutbaren Willensanstrengung eine leichte berufliche Tätigkeit in wechselnder Körperhaltung zumindest sechs Stunden täglich verrichten. Zu vermeiden seien Tätigkeiten mit besonderer Stressbelastung und mit Publikumsverkehr. Das SG hat sodann den Facharzt für Psychiatrie und Neurologie R. , Funktionsbereichsleiter im ZfP, schriftlich als sachverständigen Zeugen angehört. Dieser hat über Vorstellungen der Klägerin seit Juli 2010 in vier- bis sechswöchigen Abständen wegen einer diagnostizierten rezidivierenden depressiven Störung und einer chronischen Schmerzstörung mit somatischen und psychischen Faktoren berichtet und die Klägerin aus psychiatrisch-psychotherapeutischer Sicht für in der Lage erachtet, leichte, psychisch wenig belastende Tätigkeiten überwiegend im Sitzen bis zu sechs Stunden täglich zu verrichten. Zu vermeiden seien dementsprechend Nacht- und Wechselschicht sowie überdurchschnittlicher Zeitdruck, insbesondere taktgebundene Tätigkeiten. Nicht leidensgerecht seien ferner Tätigkeiten mit Wirbelsäulenzwangshaltung, monotonem Gebrauch der Arme, häufige Überkopfarbeiten sowie häufiges Bücken und Knien.
Mit Gerichtsbescheid vom 18.05.2015 hat das SG die Klage mit der Begründung abgewiesen, die Klägerin verfüge bei Berücksichtigung qualitativer Einschränkungen noch über ein Leistungsvermögen von zumindest sechs Stunden täglich und sei daher weder voll noch teilweise erwerbsgemindert und auch nicht berufsunfähig. Es hat sich dabei auf die Einschätzung des Sachverständigen Dr. W. gestützt, die mit der Beurteilung der behandelnden Ärzte der M. -Klinik am S. übereinstimme und darüber hinaus insbesondere auch durch die Auskunft des Funktionsbereichsleiter R. bestätigt worden sei.
Gegen den ihren Bevollmächtigten am 27.05.2015 zugestellten Gerichtsbescheid hat die Klägerin am 24.06.2015 beim Landessozialgericht (LSG) Berufung eingelegt und geltend gemacht, Dr. W. berücksichtige nicht hinreichend, dass bei ihr eine "Kombination aus chronischer Schmerzerkrankung und psychischer Erkrankung" vorliege, was ein sechsstündiges Leistungsvermögen ausschließe. In Bezug auf die Schmerzerkrankung habe er insbesondere auch die psychischen und sozialen Folgen der Symptomatik nicht herausgearbeitet. Dies hätte einer speziellen Schmerz- und Behandlungsanamnese, der Erhebung der Einschränkungen in den Aktivitäten des täglichen Lebens, der Partizipation in verschiedenen Lebensbereichen, einer Selbsteinschätzung und einer Fremdanamnese bedurft. Insoweit sei das Gutachten des Dr. W. unvollständig, weshalb sich das SG hierauf nicht hätte stützen dürfen.
Die Klägerin beantragt,
den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Mannheim vom 18.05.2015 aufzuheben und die Beklagte unter Aufhebung des Bescheids vom 31.01.2014 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 04.07.2014 zu verurteilen, ihr Rente wegen Erwerbsminderung ab Antragstellung zu gewähren.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie hält die angefochtene Entscheidung für zutreffend.
Auf Antrag der Klägerin gemäß § 109 des Sozialgerichtsgesetzes (SGG) hat der Senat das Gutachten des Arztes für Neurochirurgie Prof. Dr. M. eingeholt. Der Sachverständige ist diagnostisch von einem Meningeom links parietal, einem kleinen medialen Bandscheibenvorfall HWK 5/6 und einer somatoformen Störung ausgegangen und hat ausgeführt, dass die vorliegende Störung konsistente Auswirkungen in allen Lebensbereichen habe und eine Chronifizierung trotz intensiver Inanspruchnahme des Gesundheitswesens nicht habe verhindert werden können. Zusammen mit der Komorbidität sei die Klägerin aktuell nicht arbeitsfähig.
Die Beteiligten haben auf die Durchführung einer mündlichen Verhandlung verzichtet.
Zur weiteren Darstellung des Sachverhalts sowie des Vorbringens der Beteiligten wird auf den Inhalt der Verwaltungsakten der Beklagten sowie der Akten beider Rechtszüge Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die gemäß § 151 Abs. 1 SGG form- und fristgerecht eingelegte und gemäß den §§ 143, 144 SGG statthafte Berufung der Klägerin, über die der Senat mit dem Einverständnis der Beteiligten gemäß § 124 Abs. 2 SGG ohne mündliche Verhandlung entscheidet, ist zulässig; die Berufung der Klägerin ist jedoch nicht begründet.
Das SG hat die Klage zu Recht abgewiesen. Denn der Bescheid der Beklagten vom 31.01.2014 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 04.07.2014 ist rechtmäßig und verletzt die Klägerin nicht in ihren Rechten. Die Klägerin ist im Sinne der maßgeblichen gesetzlichen Regelungen weder voll noch teilweise erwerbsgemindert und auch nicht berufsunfähig. Ihr steht daher weder Rente wegen voller noch wegen teilweiser Erwerbsminderung, auch nicht bei Berufsunfähigkeit, zu.
Das SG hat die rechtlichen Grundlagen des geltend gemachten Anspruchs auf Gewährung von Rente wegen voller bzw. teilweiser Erwerbsminderung gemäß § 43 des Sechsten Buches des Sozialgesetzbuchs (SGB VI) im Einzelnen dargelegt und mit zutreffender Begründung ausgeführt, dass die Klägerin diese Voraussetzungen nicht erfüllt, weil ihr die Ausübung leichter beruflicher Tätigkeiten unter Berücksichtigung qualitativer Einschränkungen zumindest noch sechs Stunden täglich zugemutet werden kann und mit diesem Leistungsvermögen weder volle noch teilweise Erwerbsminderung vorliegt. Dabei ist das SG zutreffend davon ausgegangen, dass bei der Klägerin eine chronische Schmerzstörung im Vordergrund steht. Einwände hiergegen hat die Klägerin nicht vorgebracht. Entsprechend hat sich das SG zu Recht auf das schlüssige und überzeugende Gutachten des Dr. W. gestützt, dessen Einschätzung im Wesentlichen auch in Einklang steht mit der Leistungsbeurteilung der behandelnden Ärzte der M. -Klinik am S. und des behandelnden Facharztes für Psychiatrie und Neurologie R ... Der Senat sieht insoweit deshalb gemäß § 153 Abs. 2 SGG von einer weiteren Darstellung der Entscheidungsgründe ab und weist die Berufung aus den Gründen der angefochtenen Entscheidung zurück. Zu ergänzen sind die Ausführungen des SG um die bei der Ausübung einer beruflichen Tätigkeit zu berücksichtigenden qualitativen Einschränkungen, wie sie von dem Sachverständigen Dr. W. , dem behandelnden Arzt R. und im Abschlussbericht der M. -Klinik aufgeführt wurden. Entsprechend kommen für die Klägerin Nacht- und Wechselschicht, Tätigkeiten mit besonderer Stressbelastung (überdurchschnittlicher Zeitdruck, taktgebundene Tätigkeiten, Publikumsverkehr), Tätigkeiten mit Wirbelsäulenzwangshaltung, Heben, Tragen und Bewegen von Lasten ohne Hilfsmittel, monotonem Gebrauch der Arme, häufige Überkopfarbeiten, häufiges Bücken und Knien, Tätigkeiten mit Vibrationen, mit erhöhter Unfallgefahr und mit erhöhten Anforderungen an die Sehkraft nicht mehr in Betracht.
Nicht zu beanstanden ist im Übrigen, dass das SG auch einen Anspruch auf Gewährung einer Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung bei Berufsunfähigkeit verneint hat.
Nach § 240 Abs. 1 SGB VI haben Anspruch auf Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung bei Erfüllung der sonstigen Voraussetzungen bis zur Vollendung des 65. Lebensjahres Versicherte, die vor dem 02.01.1961 geboren und berufsunfähig sind.
Berufsunfähig sind nach § 240 Abs. 2 SGB VI Versicherte, deren Erwerbsfähigkeit wegen Krankheit oder Behinderung im Vergleich zur Erwerbsfähigkeit von körperlich, geistig und seelisch gesunden Versicherten mit ähnlicher Ausbildung und gleichwertigen Kenntnissen und Fähigkeiten auf weniger als sechs Stunden gesunken ist. Der Kreis der Tätigkeiten, nach denen die Erwerbsfähigkeit von Versicherten zu beurteilen ist, umfasst alle Tätigkeiten, die ihren Kräften und Fähigkeiten entsprechen und ihnen unter Berücksichtigung der Dauer und des Umfangs ihrer Ausbildung sowie ihres bisherigen Berufs und der besonderen Anforderungen ihrer bisherigen Berufstätigkeit zugemutet werden können. Zumutbar ist stets eine Tätigkeit, für die die Versicherten durch Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben mit Erfolg ausgebildet oder umgeschult worden sind. Berufsunfähig ist nicht, wer eine zumutbare Tätigkeit mindestens sechs Stunden täglich ausüben kann; dabei ist die jeweilige Arbeitsmarktlage nicht zu berücksichtigen.
Zu Recht hat das SG einen solchen Anspruch bereits im Hinblick auf den beruflichen Werdegang der Klägerin verneint, weshalb der Senat auch insoweit von einer weiteren Darstellung der Entscheidungsgründe absieht und die Berufung der Klägerin aus den Gründen der angefochtenen Entscheidung zurückweist (§ 153 Abs. 2 SGG).
Soweit die Klägerin im Berufungsverfahren Einwände gegen das Gutachten des Sachverständigen Dr. W. erhoben hat, lassen diese keine Zweifel an der Überzeugungskraft des Gutachtens aufkommen. So ist bereits das Vorbringen der Klägerin nicht nachvollziehbar, dass der Sachverständige nicht hinreichend berücksichtigt habe, dass bei ihr eine "Kombination aus chronischer Schmerzerkrankung und psychischer Erkrankung" vorliege, was ein sechsstündiges Leistungsvermögen ausschließe. Dabei hat die Klägerin ihre Behauptung nicht näher konkretisiert. Soweit der Sachverständige eine chronische Schmerzstörung mit psychofunktioneller Überlagerung im Sinne einer Somatisierung beschrieben hat, handelt es sich um ein psychiatrisches Krankheitsbild. Denn Art und Ausmaß der von der Klägerin beklagten Schmerzen im Bereich des Stütz- und Bewegungsapparates lassen sich mit entsprechenden somatischen Erkrankungen von orthopädischer Seite gerade nicht erklären. Dementsprechend leidet die Klägerin nicht an einer Kombination aus Schmerzerkrankung und psychischer Erkrankung, sondern an einer dem psychiatrischen Fachgebiet zuzuordnenden Erkrankung. Hiervon sind sämtliche am Verfahren beteiligten Ärzte ausgegangen, wobei Dr. B. die Erkrankung im Sinne einer anhaltenden somatoformen Schmerzstörung eingeordnet hat und die behandelnden Ärzte der M. -Klinik am S. ebenso wie der behandelnde Arzt im ZfP R. diagnostisch von einer chronischen Schmerzstörung mit somatischen und psychischen Faktoren ausgegangen sind. Dass die untersuchenden Ärzte insoweit keine identischen Diagnosen stellen, ist ohne rechtliche Relevanz. Denn die Beurteilung des beruflichen Leistungsvermögens richtet sich nach den aus der Erkrankung resultierenden funktionellen Einschränkungen, vorliegend daher nach der Schwere der bei der Klägerin vorliegenden Schmerzsymptomatik. Insoweit sind sämtliche mit der Leistungsfähigkeit befassten Ärzte jedoch davon ausgegangen, dass bei der Klägerin eher leichtgradige Störungen vorliegen, denen mit der Berücksichtigung qualitativer Einschränkungen Rechnung getragen werden kann und die kein rentenbegründendes Ausmaß erreichen. Hiervon geht insbesondere auch der behandelnde Arzt R. aus, der in seiner dem SG erteilten Auskunft als sachverständiger Zeuge ausgeführt hat, dass es sich bei dem Störungsbild der Klägerin um eine eher leichtgradige neurotische Erkrankung handele, wobei sie die neurotischen Hemmungen durch freie Willensentschlüsse und zumutbare Willensanspannung überwinden könnte. Damit hat dieser gerade auch die zuvor schon von dem Sachverständigen Dr. W. vertretene Auffassung bestätigt. Dass und aus welchen Gründen der Leistungsbeurteilung nicht das Beschwerdevorbringen der Klägerin bei dem Sachverständigen zu Grunde gelegt werden kann, hat das SG ausführlich begründet und tritt offensichtlich zu Tage, wenn die Klägerin zu ihrem Tagesablauf angibt, sich nicht setzen zu können, deshalb ständig herumlaufe oder sich hinlege und eigentlich nur aufstehe, wenn sie Durst habe oder auf die Toilette müsse (vgl. Bl. 37 SG-Akte), andererseits dann aber im Rahmen der zweistündigen Anamneseerhebung bei dem Sachverständigen Dr. W. ohne erkennbare Probleme oder verbalisierte Klagen zu Sitzen vermag (vgl. Bl. 44 SG-Akte).
Von einer in Bezug auf die Leistungsfähigkeit der Klägerin relevanten depressiven Erkrankung vermag sich der Senat nicht zu überzeugen. Zwar findet sich eine solche Diagnose in verschiedenen ärztlichen Berichten, zuletzt in der sachverständigen Zeugenaussage des Funktionsbereichsleiters R ... Indessen hat Dr. W. eine derartige (eigenständige) Diagnose in seinem Gutachten - wie im Übrigen bereits die Ärzte der M. -Klinik - gerade nicht bestätigt. Dies ist angesichts des von ihm erhobenen Befundes auch nachvollziehbar. Er hat nämlich einen weitgehend unauffälligen psychischen Befund beschrieben. Hinsichtlich der Einzelheiten, die bereits das SG im angefochtenen Gerichtsbescheid dargelegt hat, wird auf Bl. 43 ff. SG-Akte Bezug genommen. Insbesondere ist die Stimmungslage der Klägerin und ihr Antriebsvermögen ausreichend gewesen, lediglich die Interessen und das Freudevermögen ist eingeschränkt - und damit nicht aufgehoben - gewesen. Dr. W. hat sogar ein gutes emotionales Schwingungsvermögen beschrieben, pathologische affektive Schwankungen sind nicht aufgefallen und haben sich auch für den Tagesrhythmus nicht eruieren lassen. Die Klagsamkeit der Klägerin hat Dr. W. vor diesem Hintergrund und angesichts des von ihm dokumentierten aggravativen Verhaltens überzeugend einer Ausgestaltung vor dem Hintergrund eines sekundären Krankheitsgewinns (s. seine Diagnose) zugeordnet. Aber selbst wenn man von einer (eigenständigen) depressiven Erkrankung ausginge, ließe sich hieraus keine rentenrelevante Leistungseinschränkung ableiten. Denn gerade der Funktionsbereichsleiter R. hat - wie bereits erwähnt - die von ihm beschriebenen Störungen - also eine depressive Störung und eine Schmerzstörung - als eher leichtgradige neurotische Erkrankungen angesehen, die einer sechsstünden Tätigkeit nicht entgegenstehen.
Soweit die Klägerin tabellarisch nach verschiedenen Gesichtspunkten aufgelistet hat, welche umfangreichen Kriterien im Rahmen einer Begutachtung von Patienten mit Schmerzen zu berücksichtigen seien, denen das Gutachten des Dr. W. nicht Rechnung trage, ist darauf hinzuweisen, dass das Gutachten diesen Anforderungen ohne Weiteres Rechnung trägt. So finden sich auf den Seiten 33 bis 41 umfangreiche Darlegungen zur Schmerz- und Behandlungsanamnese, den Aktivitäten des täglichen Lebens, der Partizipation in den verschiedenen Lebensbereichen und zur Selbsteinschätzung. Gründe, weshalb es darüber hinaus auch noch der Erhebung einer Fremdanamnese bedurft hätte, sieht der Senat nicht. Darüber hinaus bedarf es auch keines schematischen Abarbeitens von in Lehrbüchern aufgeführten Einzelkriterien.
Die im Berufungsverfahren durchgeführten weiteren Ermittlungen rechtfertigen keine abweichende Beurteilung. Denn aus dem auf Antrag der Klägerin gemäß § 109 SGG eingeholten Gutachten des Arztes für Neurochirurgie Prof. Dr. M. vermag der Senat eine für die Klägerin günstige Entscheidung nicht herzuleiten. Die Ausführungen dieses Sachverständigen zu der bei der Klägerin im Vordergrund stehenden und für ihn fachfremden psychiatrischen Erkrankung (nach seiner Diagnose "somatoforme Störung") überzeugen den Senat nicht. Die Darlegungen des Sachverständigen beschränken sich auf Ausführungen zu "Relevante Daten aus der Vorgeschichte", "aktuelle Beschwerden" und "Klinische Untersuchung am 11.03.2016" in einem Umfang von insgesamt lediglich eineinhalb Seiten, wodurch sich für den Senat nicht einmal erschließt, woraus der Sachverständige die gestellte Diagnose einer somatoformen Störung konkret herleitet. So erschöpft sich die Schmerzanamnese in der Dokumentation, dass die Schmerzen der Klägerin immer mehr würden und insbesondere die Kopfschmerzen in den Vordergrund träten, im Prinzip aber ein Ganzkörperschmerz bestehe und die Klägerin müde, lustlos sowie immer schwach und immer kaputt sei. Mit der dann erfolgten Beschreibung, dass bei der Untersuchung der Klägerin alle Bewegungen sehr schwach und unsicher gewesen seien, hat der Sachverständige angesichts des beklagten Ganzkörperschmerz auch keinen verwertbaren Befund im Hinblick auf die Bewegungsfähigkeit der Klägerin bzw. ihre Einschränkungen im Bereich des Halte- und Bewegungsapparates dokumentiert. Einen psychischen Befund hat Prof. Dr. Maurer ohnehin nicht dokumentiert. Zu Recht hat Dr. S. in seiner sozialmedizinischen Stellungnahme für die Beklagte daher darauf hingewiesen, dass sich mit dem letztlich einzig brauchbaren Befund eines Intentionstremors im Finger-Nase- und Finger-Finger-Versuch sowie der angegebenen Einschränkung der Temperaturempfindung an der linken Hand und der Gefühlsminderung an den Fingern III bis V links und im Trigeminusbereich links weder eine somatoforme Schmerzstörung noch ein hieraus resultierend rentenrelevant gemindertes Leistungsvermögen überzeugend begründen lässt, zumal der Sachverständige sich auch nicht zur Schwere des diagnostizierten Krankheitsbildes geäußert hat. Schließlich vermag der Senat dem Gutachten auch nicht zu entnehmen, von welchen konkreten funktionellen Einschränkungen der Sachverständige ausgegangen ist und inwieweit sich diese seines Erachtens im Rahmen einer beruflichen Tätigkeit nachteilig auswirken. Eine rentenrelevante Einschränkung der beruflichen Leistungsfähigkeit der Klägerin lässt sich insbesondere nicht aus der von Prof. Dr. M. beschriebenen, zwischenzeitlich eingetretenen Chronifizierung der Erkrankung herleiten. Denn auch die Chronifizierung einer somatoformen Störung belegt weder deren für eine rentenbegründende Leistungsminderung erforderlichen Schweregrad noch die rentenrelevante Leistungseinschränkung als solche.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Für eine Zulassung der Revision besteht keine Veranlassung.
Außergerichtliche Kosten sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten.
Tatbestand:
Zwischen den Beteiligten ist streitig, ob der Klägerin eine Rente wegen Erwerbsminderung zusteht.
Die am 1956 geborene, aus der T. stammende Klägerin siedelte im Jahr 1970 in die Bundesrepublik Deutschland über. Sie erlernte keinen Beruf und war ihren Angaben zufolge ab 1972 als Arbeiterin versicherungspflichtig beschäftigt, zuletzt in einer Farbenfabrik als Produktionshelferin. Seit der im Mai 2012 eingetretenen Arbeitsunfähigkeit war die Klägerin nicht mehr beruflich tätig. Zwischenzeitlich ist ihr von der Beklagten ab 01.11.2016 Altersrente für schwerbehinderte Menschen bewilligt worden.
Die Klägerin leidet seit vielen Jahren an einer depressiven Symptomatik. Im Mai/Juni 2010 wurde sie im Rahmen einer stationäre Rehabilitationsmaßnahme in der Klinik am S. in Bad N. behandelt (Diagnosen: rezidivierende depressive Störung, gegenwärtig leichtgradig, Schulter-Armsyndrom beidseits, Harninkontinenz) und mit einem Leistungsvermögen für leichte bis mittelschwere Tätigkeiten im Umfang von täglich sechs Stunden und mehr entlassen. Nachfolgend begab sich die Klägerin im Juli 2010 in die ambulante Behandlung des Psychiatrischen Zentrums N. in W. (ZfP), wo eine muttersprachliche Komplettbehandlung eingeleitet wurde.
Ihren im Dezember 2010 gestellten Antrag auf Gewährung von Rente wegen Erwerbsminderung lehnte die Beklagte nach Einholung eines Gutachtens bei dem Internisten Dr. B. , der die Leistungseinschätzung der behandelnden Ärzte der Klinik am S. teilte, ab. Der dagegen eingelegte Widerspruch blieb erfolglos.
Im Juni 2013 beantragte die Klägerin erneut die Gewährung einer Rente wegen Erwerbsminderung. Ihren Antrag begründete sie mit Fibromyalgie, Gelenkschmerzen, Lähmung eines Sehnervs sowie Depressionen. Die Beklagte veranlasste eine nochmalige gutachtliche Untersuchung durch Dr. B. , der diagnostisch von einer anhaltenden somatoformen Schmerzstörung, einer rezidivierenden depressiven Störung, zuletzt mittelgradige Episode, einem leichtgradigen Impingement-Syndrom der linken Schulter sowie einer androiden Adipositas ausging. Er erachtete die Erwerbsfähigkeit der Klägerin für gefährdet und schlug die Durchführung einer vorzeitigen psychotherapeutisch-psychosomatischen Rehabilitationsmaßnahme vor. Die daraufhin von der Beklagten bewilligte stationäre Maßnahme zur Rehabilitation führte die Klägerin im Dezember 2013/Januar 2014 in der M. klinik am S. in Bad N. unter den Diagnosen chronische Schmerzstörung mit somatischen und psychischen Faktoren, Hyperthyreose (substituiert), Diabetes mellitus Typ II, essentielle Hypertonie durch. Ausweislich des entsprechenden Abschlussberichts erachteten die behandelnden Ärzte die Klägerin für fähig, die zuletzt ausgeübte Tätigkeit ebenso wie sonstige mittelschwere Tätigkeiten des allgemeinen Arbeitsmarktes täglich sechs Stunden und mehr zu verrichten. Zu vermeiden seien Tätigkeiten mit Zwangshaltungen und dem Heben, Tragen und Bewegen von Lasten ohne Hilfsmittel, Tätigkeiten mit erhöhter Unfallgefahr und solche, die mit Vibrationen einhergehen sowie Tätigkeiten mit erhöhten Anforderungen an die Sehkraft. Gestützt hierauf lehnte die Beklagte den Antrag der Klägerin mit Bescheid vom 31.01.2014 und Widerspruchsbescheid vom 04.07.2014 mit der Begründung ab, die Klägerin könne unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes noch zumindest sechs Stunden täglich erwerbstätig sein und sei daher weder voll noch teilweise erwerbsgemindert und auch nicht berufsunfähig.
Am 30.07.2014 hat die Klägerin dagegen beim Sozialgericht Mannheim (SG) Klage erhoben und geltend gemacht, nicht mehr über ein zumindest sechsstündiges berufliches Leistungsvermögen zu verfügen. Sie hat u.a. auf ihre langjährige Behandlung im ZfP verwiesen.
Das SG hat das Gutachten des Facharztes für Neurologie, Psychiatrie und Psychotherapeutische Medizin Dr. W. auf Grund Untersuchung der Klägerin im Dezember 2014 eingeholt. Der Sachverständige hat auf seinem Fachgebiet eine chronische Schmerzstörung mit psychofunktioneller Überlagerung im Sinne einer Somatisierung mit Ausgestaltung und sekundärem Krankheitsgewinn, eine kombinierte Persönlichkeitsstörung, geklagte Schmerzen seitens des Stütz- und Bewegungsapparates ohne aktuelles neurologisches Defizit, eine Adipositas, einen Nikotinabusus, eine leichte sensible Polyneuropathie, ein flaches Meningeom links fronto-parietal (ohne Hinweis auf Befundprogredienz) und ein Migräneleiden beschrieben und dargelegt, dass die Klägerin ihre Beschwerden überzeichnet, ausgestaltet und nicht plausibel vorgebracht habe. Die Klägerin könne bei Anspannung der ihr zumutbaren Willensanstrengung eine leichte berufliche Tätigkeit in wechselnder Körperhaltung zumindest sechs Stunden täglich verrichten. Zu vermeiden seien Tätigkeiten mit besonderer Stressbelastung und mit Publikumsverkehr. Das SG hat sodann den Facharzt für Psychiatrie und Neurologie R. , Funktionsbereichsleiter im ZfP, schriftlich als sachverständigen Zeugen angehört. Dieser hat über Vorstellungen der Klägerin seit Juli 2010 in vier- bis sechswöchigen Abständen wegen einer diagnostizierten rezidivierenden depressiven Störung und einer chronischen Schmerzstörung mit somatischen und psychischen Faktoren berichtet und die Klägerin aus psychiatrisch-psychotherapeutischer Sicht für in der Lage erachtet, leichte, psychisch wenig belastende Tätigkeiten überwiegend im Sitzen bis zu sechs Stunden täglich zu verrichten. Zu vermeiden seien dementsprechend Nacht- und Wechselschicht sowie überdurchschnittlicher Zeitdruck, insbesondere taktgebundene Tätigkeiten. Nicht leidensgerecht seien ferner Tätigkeiten mit Wirbelsäulenzwangshaltung, monotonem Gebrauch der Arme, häufige Überkopfarbeiten sowie häufiges Bücken und Knien.
Mit Gerichtsbescheid vom 18.05.2015 hat das SG die Klage mit der Begründung abgewiesen, die Klägerin verfüge bei Berücksichtigung qualitativer Einschränkungen noch über ein Leistungsvermögen von zumindest sechs Stunden täglich und sei daher weder voll noch teilweise erwerbsgemindert und auch nicht berufsunfähig. Es hat sich dabei auf die Einschätzung des Sachverständigen Dr. W. gestützt, die mit der Beurteilung der behandelnden Ärzte der M. -Klinik am S. übereinstimme und darüber hinaus insbesondere auch durch die Auskunft des Funktionsbereichsleiter R. bestätigt worden sei.
Gegen den ihren Bevollmächtigten am 27.05.2015 zugestellten Gerichtsbescheid hat die Klägerin am 24.06.2015 beim Landessozialgericht (LSG) Berufung eingelegt und geltend gemacht, Dr. W. berücksichtige nicht hinreichend, dass bei ihr eine "Kombination aus chronischer Schmerzerkrankung und psychischer Erkrankung" vorliege, was ein sechsstündiges Leistungsvermögen ausschließe. In Bezug auf die Schmerzerkrankung habe er insbesondere auch die psychischen und sozialen Folgen der Symptomatik nicht herausgearbeitet. Dies hätte einer speziellen Schmerz- und Behandlungsanamnese, der Erhebung der Einschränkungen in den Aktivitäten des täglichen Lebens, der Partizipation in verschiedenen Lebensbereichen, einer Selbsteinschätzung und einer Fremdanamnese bedurft. Insoweit sei das Gutachten des Dr. W. unvollständig, weshalb sich das SG hierauf nicht hätte stützen dürfen.
Die Klägerin beantragt,
den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Mannheim vom 18.05.2015 aufzuheben und die Beklagte unter Aufhebung des Bescheids vom 31.01.2014 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 04.07.2014 zu verurteilen, ihr Rente wegen Erwerbsminderung ab Antragstellung zu gewähren.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie hält die angefochtene Entscheidung für zutreffend.
Auf Antrag der Klägerin gemäß § 109 des Sozialgerichtsgesetzes (SGG) hat der Senat das Gutachten des Arztes für Neurochirurgie Prof. Dr. M. eingeholt. Der Sachverständige ist diagnostisch von einem Meningeom links parietal, einem kleinen medialen Bandscheibenvorfall HWK 5/6 und einer somatoformen Störung ausgegangen und hat ausgeführt, dass die vorliegende Störung konsistente Auswirkungen in allen Lebensbereichen habe und eine Chronifizierung trotz intensiver Inanspruchnahme des Gesundheitswesens nicht habe verhindert werden können. Zusammen mit der Komorbidität sei die Klägerin aktuell nicht arbeitsfähig.
Die Beteiligten haben auf die Durchführung einer mündlichen Verhandlung verzichtet.
Zur weiteren Darstellung des Sachverhalts sowie des Vorbringens der Beteiligten wird auf den Inhalt der Verwaltungsakten der Beklagten sowie der Akten beider Rechtszüge Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die gemäß § 151 Abs. 1 SGG form- und fristgerecht eingelegte und gemäß den §§ 143, 144 SGG statthafte Berufung der Klägerin, über die der Senat mit dem Einverständnis der Beteiligten gemäß § 124 Abs. 2 SGG ohne mündliche Verhandlung entscheidet, ist zulässig; die Berufung der Klägerin ist jedoch nicht begründet.
Das SG hat die Klage zu Recht abgewiesen. Denn der Bescheid der Beklagten vom 31.01.2014 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 04.07.2014 ist rechtmäßig und verletzt die Klägerin nicht in ihren Rechten. Die Klägerin ist im Sinne der maßgeblichen gesetzlichen Regelungen weder voll noch teilweise erwerbsgemindert und auch nicht berufsunfähig. Ihr steht daher weder Rente wegen voller noch wegen teilweiser Erwerbsminderung, auch nicht bei Berufsunfähigkeit, zu.
Das SG hat die rechtlichen Grundlagen des geltend gemachten Anspruchs auf Gewährung von Rente wegen voller bzw. teilweiser Erwerbsminderung gemäß § 43 des Sechsten Buches des Sozialgesetzbuchs (SGB VI) im Einzelnen dargelegt und mit zutreffender Begründung ausgeführt, dass die Klägerin diese Voraussetzungen nicht erfüllt, weil ihr die Ausübung leichter beruflicher Tätigkeiten unter Berücksichtigung qualitativer Einschränkungen zumindest noch sechs Stunden täglich zugemutet werden kann und mit diesem Leistungsvermögen weder volle noch teilweise Erwerbsminderung vorliegt. Dabei ist das SG zutreffend davon ausgegangen, dass bei der Klägerin eine chronische Schmerzstörung im Vordergrund steht. Einwände hiergegen hat die Klägerin nicht vorgebracht. Entsprechend hat sich das SG zu Recht auf das schlüssige und überzeugende Gutachten des Dr. W. gestützt, dessen Einschätzung im Wesentlichen auch in Einklang steht mit der Leistungsbeurteilung der behandelnden Ärzte der M. -Klinik am S. und des behandelnden Facharztes für Psychiatrie und Neurologie R ... Der Senat sieht insoweit deshalb gemäß § 153 Abs. 2 SGG von einer weiteren Darstellung der Entscheidungsgründe ab und weist die Berufung aus den Gründen der angefochtenen Entscheidung zurück. Zu ergänzen sind die Ausführungen des SG um die bei der Ausübung einer beruflichen Tätigkeit zu berücksichtigenden qualitativen Einschränkungen, wie sie von dem Sachverständigen Dr. W. , dem behandelnden Arzt R. und im Abschlussbericht der M. -Klinik aufgeführt wurden. Entsprechend kommen für die Klägerin Nacht- und Wechselschicht, Tätigkeiten mit besonderer Stressbelastung (überdurchschnittlicher Zeitdruck, taktgebundene Tätigkeiten, Publikumsverkehr), Tätigkeiten mit Wirbelsäulenzwangshaltung, Heben, Tragen und Bewegen von Lasten ohne Hilfsmittel, monotonem Gebrauch der Arme, häufige Überkopfarbeiten, häufiges Bücken und Knien, Tätigkeiten mit Vibrationen, mit erhöhter Unfallgefahr und mit erhöhten Anforderungen an die Sehkraft nicht mehr in Betracht.
Nicht zu beanstanden ist im Übrigen, dass das SG auch einen Anspruch auf Gewährung einer Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung bei Berufsunfähigkeit verneint hat.
Nach § 240 Abs. 1 SGB VI haben Anspruch auf Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung bei Erfüllung der sonstigen Voraussetzungen bis zur Vollendung des 65. Lebensjahres Versicherte, die vor dem 02.01.1961 geboren und berufsunfähig sind.
Berufsunfähig sind nach § 240 Abs. 2 SGB VI Versicherte, deren Erwerbsfähigkeit wegen Krankheit oder Behinderung im Vergleich zur Erwerbsfähigkeit von körperlich, geistig und seelisch gesunden Versicherten mit ähnlicher Ausbildung und gleichwertigen Kenntnissen und Fähigkeiten auf weniger als sechs Stunden gesunken ist. Der Kreis der Tätigkeiten, nach denen die Erwerbsfähigkeit von Versicherten zu beurteilen ist, umfasst alle Tätigkeiten, die ihren Kräften und Fähigkeiten entsprechen und ihnen unter Berücksichtigung der Dauer und des Umfangs ihrer Ausbildung sowie ihres bisherigen Berufs und der besonderen Anforderungen ihrer bisherigen Berufstätigkeit zugemutet werden können. Zumutbar ist stets eine Tätigkeit, für die die Versicherten durch Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben mit Erfolg ausgebildet oder umgeschult worden sind. Berufsunfähig ist nicht, wer eine zumutbare Tätigkeit mindestens sechs Stunden täglich ausüben kann; dabei ist die jeweilige Arbeitsmarktlage nicht zu berücksichtigen.
Zu Recht hat das SG einen solchen Anspruch bereits im Hinblick auf den beruflichen Werdegang der Klägerin verneint, weshalb der Senat auch insoweit von einer weiteren Darstellung der Entscheidungsgründe absieht und die Berufung der Klägerin aus den Gründen der angefochtenen Entscheidung zurückweist (§ 153 Abs. 2 SGG).
Soweit die Klägerin im Berufungsverfahren Einwände gegen das Gutachten des Sachverständigen Dr. W. erhoben hat, lassen diese keine Zweifel an der Überzeugungskraft des Gutachtens aufkommen. So ist bereits das Vorbringen der Klägerin nicht nachvollziehbar, dass der Sachverständige nicht hinreichend berücksichtigt habe, dass bei ihr eine "Kombination aus chronischer Schmerzerkrankung und psychischer Erkrankung" vorliege, was ein sechsstündiges Leistungsvermögen ausschließe. Dabei hat die Klägerin ihre Behauptung nicht näher konkretisiert. Soweit der Sachverständige eine chronische Schmerzstörung mit psychofunktioneller Überlagerung im Sinne einer Somatisierung beschrieben hat, handelt es sich um ein psychiatrisches Krankheitsbild. Denn Art und Ausmaß der von der Klägerin beklagten Schmerzen im Bereich des Stütz- und Bewegungsapparates lassen sich mit entsprechenden somatischen Erkrankungen von orthopädischer Seite gerade nicht erklären. Dementsprechend leidet die Klägerin nicht an einer Kombination aus Schmerzerkrankung und psychischer Erkrankung, sondern an einer dem psychiatrischen Fachgebiet zuzuordnenden Erkrankung. Hiervon sind sämtliche am Verfahren beteiligten Ärzte ausgegangen, wobei Dr. B. die Erkrankung im Sinne einer anhaltenden somatoformen Schmerzstörung eingeordnet hat und die behandelnden Ärzte der M. -Klinik am S. ebenso wie der behandelnde Arzt im ZfP R. diagnostisch von einer chronischen Schmerzstörung mit somatischen und psychischen Faktoren ausgegangen sind. Dass die untersuchenden Ärzte insoweit keine identischen Diagnosen stellen, ist ohne rechtliche Relevanz. Denn die Beurteilung des beruflichen Leistungsvermögens richtet sich nach den aus der Erkrankung resultierenden funktionellen Einschränkungen, vorliegend daher nach der Schwere der bei der Klägerin vorliegenden Schmerzsymptomatik. Insoweit sind sämtliche mit der Leistungsfähigkeit befassten Ärzte jedoch davon ausgegangen, dass bei der Klägerin eher leichtgradige Störungen vorliegen, denen mit der Berücksichtigung qualitativer Einschränkungen Rechnung getragen werden kann und die kein rentenbegründendes Ausmaß erreichen. Hiervon geht insbesondere auch der behandelnde Arzt R. aus, der in seiner dem SG erteilten Auskunft als sachverständiger Zeuge ausgeführt hat, dass es sich bei dem Störungsbild der Klägerin um eine eher leichtgradige neurotische Erkrankung handele, wobei sie die neurotischen Hemmungen durch freie Willensentschlüsse und zumutbare Willensanspannung überwinden könnte. Damit hat dieser gerade auch die zuvor schon von dem Sachverständigen Dr. W. vertretene Auffassung bestätigt. Dass und aus welchen Gründen der Leistungsbeurteilung nicht das Beschwerdevorbringen der Klägerin bei dem Sachverständigen zu Grunde gelegt werden kann, hat das SG ausführlich begründet und tritt offensichtlich zu Tage, wenn die Klägerin zu ihrem Tagesablauf angibt, sich nicht setzen zu können, deshalb ständig herumlaufe oder sich hinlege und eigentlich nur aufstehe, wenn sie Durst habe oder auf die Toilette müsse (vgl. Bl. 37 SG-Akte), andererseits dann aber im Rahmen der zweistündigen Anamneseerhebung bei dem Sachverständigen Dr. W. ohne erkennbare Probleme oder verbalisierte Klagen zu Sitzen vermag (vgl. Bl. 44 SG-Akte).
Von einer in Bezug auf die Leistungsfähigkeit der Klägerin relevanten depressiven Erkrankung vermag sich der Senat nicht zu überzeugen. Zwar findet sich eine solche Diagnose in verschiedenen ärztlichen Berichten, zuletzt in der sachverständigen Zeugenaussage des Funktionsbereichsleiters R ... Indessen hat Dr. W. eine derartige (eigenständige) Diagnose in seinem Gutachten - wie im Übrigen bereits die Ärzte der M. -Klinik - gerade nicht bestätigt. Dies ist angesichts des von ihm erhobenen Befundes auch nachvollziehbar. Er hat nämlich einen weitgehend unauffälligen psychischen Befund beschrieben. Hinsichtlich der Einzelheiten, die bereits das SG im angefochtenen Gerichtsbescheid dargelegt hat, wird auf Bl. 43 ff. SG-Akte Bezug genommen. Insbesondere ist die Stimmungslage der Klägerin und ihr Antriebsvermögen ausreichend gewesen, lediglich die Interessen und das Freudevermögen ist eingeschränkt - und damit nicht aufgehoben - gewesen. Dr. W. hat sogar ein gutes emotionales Schwingungsvermögen beschrieben, pathologische affektive Schwankungen sind nicht aufgefallen und haben sich auch für den Tagesrhythmus nicht eruieren lassen. Die Klagsamkeit der Klägerin hat Dr. W. vor diesem Hintergrund und angesichts des von ihm dokumentierten aggravativen Verhaltens überzeugend einer Ausgestaltung vor dem Hintergrund eines sekundären Krankheitsgewinns (s. seine Diagnose) zugeordnet. Aber selbst wenn man von einer (eigenständigen) depressiven Erkrankung ausginge, ließe sich hieraus keine rentenrelevante Leistungseinschränkung ableiten. Denn gerade der Funktionsbereichsleiter R. hat - wie bereits erwähnt - die von ihm beschriebenen Störungen - also eine depressive Störung und eine Schmerzstörung - als eher leichtgradige neurotische Erkrankungen angesehen, die einer sechsstünden Tätigkeit nicht entgegenstehen.
Soweit die Klägerin tabellarisch nach verschiedenen Gesichtspunkten aufgelistet hat, welche umfangreichen Kriterien im Rahmen einer Begutachtung von Patienten mit Schmerzen zu berücksichtigen seien, denen das Gutachten des Dr. W. nicht Rechnung trage, ist darauf hinzuweisen, dass das Gutachten diesen Anforderungen ohne Weiteres Rechnung trägt. So finden sich auf den Seiten 33 bis 41 umfangreiche Darlegungen zur Schmerz- und Behandlungsanamnese, den Aktivitäten des täglichen Lebens, der Partizipation in den verschiedenen Lebensbereichen und zur Selbsteinschätzung. Gründe, weshalb es darüber hinaus auch noch der Erhebung einer Fremdanamnese bedurft hätte, sieht der Senat nicht. Darüber hinaus bedarf es auch keines schematischen Abarbeitens von in Lehrbüchern aufgeführten Einzelkriterien.
Die im Berufungsverfahren durchgeführten weiteren Ermittlungen rechtfertigen keine abweichende Beurteilung. Denn aus dem auf Antrag der Klägerin gemäß § 109 SGG eingeholten Gutachten des Arztes für Neurochirurgie Prof. Dr. M. vermag der Senat eine für die Klägerin günstige Entscheidung nicht herzuleiten. Die Ausführungen dieses Sachverständigen zu der bei der Klägerin im Vordergrund stehenden und für ihn fachfremden psychiatrischen Erkrankung (nach seiner Diagnose "somatoforme Störung") überzeugen den Senat nicht. Die Darlegungen des Sachverständigen beschränken sich auf Ausführungen zu "Relevante Daten aus der Vorgeschichte", "aktuelle Beschwerden" und "Klinische Untersuchung am 11.03.2016" in einem Umfang von insgesamt lediglich eineinhalb Seiten, wodurch sich für den Senat nicht einmal erschließt, woraus der Sachverständige die gestellte Diagnose einer somatoformen Störung konkret herleitet. So erschöpft sich die Schmerzanamnese in der Dokumentation, dass die Schmerzen der Klägerin immer mehr würden und insbesondere die Kopfschmerzen in den Vordergrund träten, im Prinzip aber ein Ganzkörperschmerz bestehe und die Klägerin müde, lustlos sowie immer schwach und immer kaputt sei. Mit der dann erfolgten Beschreibung, dass bei der Untersuchung der Klägerin alle Bewegungen sehr schwach und unsicher gewesen seien, hat der Sachverständige angesichts des beklagten Ganzkörperschmerz auch keinen verwertbaren Befund im Hinblick auf die Bewegungsfähigkeit der Klägerin bzw. ihre Einschränkungen im Bereich des Halte- und Bewegungsapparates dokumentiert. Einen psychischen Befund hat Prof. Dr. Maurer ohnehin nicht dokumentiert. Zu Recht hat Dr. S. in seiner sozialmedizinischen Stellungnahme für die Beklagte daher darauf hingewiesen, dass sich mit dem letztlich einzig brauchbaren Befund eines Intentionstremors im Finger-Nase- und Finger-Finger-Versuch sowie der angegebenen Einschränkung der Temperaturempfindung an der linken Hand und der Gefühlsminderung an den Fingern III bis V links und im Trigeminusbereich links weder eine somatoforme Schmerzstörung noch ein hieraus resultierend rentenrelevant gemindertes Leistungsvermögen überzeugend begründen lässt, zumal der Sachverständige sich auch nicht zur Schwere des diagnostizierten Krankheitsbildes geäußert hat. Schließlich vermag der Senat dem Gutachten auch nicht zu entnehmen, von welchen konkreten funktionellen Einschränkungen der Sachverständige ausgegangen ist und inwieweit sich diese seines Erachtens im Rahmen einer beruflichen Tätigkeit nachteilig auswirken. Eine rentenrelevante Einschränkung der beruflichen Leistungsfähigkeit der Klägerin lässt sich insbesondere nicht aus der von Prof. Dr. M. beschriebenen, zwischenzeitlich eingetretenen Chronifizierung der Erkrankung herleiten. Denn auch die Chronifizierung einer somatoformen Störung belegt weder deren für eine rentenbegründende Leistungsminderung erforderlichen Schweregrad noch die rentenrelevante Leistungseinschränkung als solche.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Für eine Zulassung der Revision besteht keine Veranlassung.
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